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Dr. Gabriele Minz Gesamtleitung Young Euro Classic Grußwort der Patin Claudia Roth Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Konzerteinführung per Podcast Alexander Gilman Violine und Künstlerische Leitung Martin James Bartlett Klavier IVÁN FISCHER (*1951) • „Young Euro Classic festival hymn“ (2011) AIRAT ICHMOURATOV (*1973) • Concerto grosso “Liechtenstein” op. 68 (Uraufführung) Allegro agitato – Largo – Allegro giocoso ASTOR PIAZZOLLA (1921-1992) • “Cuatro Estaciones Porteñas” (1965-1970, arr. Leonid Desyatnikov) Otoño Porteño (Herbst in Buenos Aires) – Invierno Porteño (Winter in Buenos Aires) – Primavera Porteña (Frühling in Buenos Aires) – Verano Porteño (Som- mer in Buenos Aires) PHILIP GLASS (*1937) • Klavierkonzert Nr. 1 „Tirol Concerto“ (2000) * Pandemiebedingt finden diese beliebten Elemente des Abends im digi- talen Raum, via Podcast bzw. Videobotschaft statt. Alles zu den Konzerteinführungen finden Sie unter yecl.de/podcasts. Die Ansprache der Konzertpaten finden Sie auf der jeweiligen Veranstal- tungsseite, spätestens am Veranstaltungstag. Viel Spaß beim Einstimmen auf Ihren Konzertabend! Das Konzert wird von rbb kultur in Berlin und Brandenburg am 04.09.2021 um 18.03 h in der Sendung „Talente und Karrieren“ ausgestrahlt. 20 Uhr Gemeinsam. Ins Konzert. Live. Lange wa- ren diese drei Aspekte nicht zusammen zu bringen. Jetzt rückt ihre Zusammen- führung in greifbare Nähe. Wir freuen uns ungemein, mit Ihnen die Rückkehr zu einer gewissen Normalität zu feiern. Hier spielt die Zukunft – endlich wieder! Nachdem Young Euro Classic 2020 pan- demiebedingt die Gelegenheit genutzt hat, Schätze der Kammermusik zu heben, erleben wir in diesem Jahr großartige Ju- gendorchester, wie sie am liebsten spie- len: in symphonischer Besetzung, getra- gen von der einzigartigen Stimme ihrer musikalischen Botschaft. Die Rückkehr auf die Bühne ist gerade für die jungen Mit- wirkenden ein magischer Moment, den wir mit Freude und Dankbarkeit teilen. Auch mit jenen, die aufgrund begrenzter Kapazitäten keinen Platz mehr bekom- men haben: 5 der 16 Konzerte werden live auf den Gendarmenmarkt übertragen. Ob Greek Youth Symphony Orchestra, Schleswig-Holstein Festival Orchestra oder Orquesta del Lyceum de La Habana: Für jene Orchester, die für 2020 einge- plant waren und deren Konzerte abge- sagt werden mussten, stand von Anfang an fest, dass sie Wege finden wollen, 2021 dabei zu sein. Was sind schon Rei- sebeschränkungen, Abstandsvorschrif- ten und Maskenpflicht, wenn man dafür wieder vor echtem Publikum – vor Ihnen! – spielen kann! Mit bemerkenswerter Verve haben sie sich in die Planung eines Programms gestürzt, das bestens ohne gewaltig besetzte Werke auskommt. Die Rückkehr zu klassisch-romantischen Di- mensionen ist auch für sie eine willkom- mene Chance, Ihnen diesmal auf andere Art und Weise Bekanntes, Unbekanntes und Neues zu bieten. Sogar die Tradition der bi-nationalen Orchestergründungen konnte wiederaufgenommen werden: So- wohl bei Young Euro Classic als auch bei Next Generation, dem Festival für den Nachwuchs des Nachwuchses, entsteht ein deutsch-französischer Fokus für Be- gegnung und Verständigung. Wir sprechen wohl im Namen aller Be- teiligten, wenn wir sagen: Das wird ein besonderes Wiedersehen. Wir freuen uns auf Sie und eine wundervolle Zeit bei Young Euro Classic, YOUNG EURO CLASSIC 2021 30. JULI BIS 15. AUGUST KONZERTHAUS BERLIN Mi 11 Prof. Dr. Dieter Rexroth Künstlerischer Leiter Young Euro Classic Ulrich Deppendorf 2. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis europäischer Jugendorchester e.V. Dr. Willi Steul 1. Vorsitzender Deutscher Freundeskreis europäischer Jugendorchester e.V. Online* © LGT Young Soloists LGT YOUNG SOLOISTS INTERNATIONAL

30. JULI BIS 15. AUGUST CLASSIC 2021 KONZERTHAUS BERLIN …

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Page 1: 30. JULI BIS 15. AUGUST CLASSIC 2021 KONZERTHAUS BERLIN …

Dr. Gabriele Minz Gesamtleitung Young Euro Classic

Grußwort der PatinClaudia RothVizepräsidentin des Deutschen Bundestages

Konzerteinführung per Podcast

Alexander Gilman Violine und Künstlerische LeitungMartin James Bartlett Klavier

IVÁN FISCHER (*1951) • „Young Euro Classic festival hymn“ (2011)

AIRAT ICHMOURATOV (*1973) • Concerto grosso “Liechtenstein” op. 68 (Urauff ührung)Allegro agitato – Largo – Allegro giocoso

ASTOR PIAZZOLLA (1921-1992) • “Cuatro Estaciones Porteñas” (1965-1970, arr. Leonid Desyatnikov) Otoño Porteño (Herbst in Buenos Aires) – Invierno Porteño (Winter in Buenos Aires) – Primavera Porteña (Frühling in Buenos Aires) – Verano Porteño (Som-mer in Buenos Aires)

PHILIP GLASS (*1937) • Klavierkonzert Nr. 1 „Tirol Concerto“ (2000)

* Pandemiebedingt finden diese beliebten Elemente des Abends im digi-talen Raum, via Podcast bzw. Videobotschaft statt.Alles zu den Konzerteinführungen finden Sie unter yecl.de/podcasts. Die Ansprache der Konzertpaten finden Sie auf der jeweiligen Veranstal-tungsseite, spätestens am Veranstaltungstag. Viel Spaß beim Einstimmen auf Ihren Konzertabend!

Das Konzert wird von rbb kultur in Berlin und Brandenburg am 04.09.2021 um 18.03 h in der Sendung „Talente und Karrieren“ ausgestrahlt.

20 Uhr

Gemeinsam. Ins Konzert. Live. Lange wa-ren diese drei Aspekte nicht zusammen zu bringen. Jetzt rückt ihre Zusammen-führung in greifbare Nähe. Wir freuen uns ungemein, mit Ihnen die Rückkehr zu einer gewissen Normalität zu feiern. Hier spielt die Zukunft – endlich wieder!

Nachdem Young Euro Classic 2020 pan-demiebedingt die Gelegenheit genutzt hat, Schätze der Kammermusik zu heben, erleben wir in diesem Jahr großartige Ju-gendorchester, wie sie am liebsten spie-len: in symphonischer Besetzung, getra-gen von der einzigartigen Stimme ihrer musikalischen Botschaft. Die Rückkehr auf die Bühne ist gerade für die jungen Mit-wirkenden ein magischer Moment, den wir mit Freude und Dankbarkeit teilen. Auch mit jenen, die aufgrund begrenzter Kapazitäten keinen Platz mehr bekom-men haben: 5 der 16 Konzerte werden live auf den Gendarmenmarkt übertragen.

Ob Greek Youth Symphony Orchestra, Schleswig-Holstein Festival Orchestra oder Orquesta del Lyceum de La Habana: Für jene Orchester, die für 2020 einge-plant waren und deren Konzerte abge-

sagt werden mussten, stand von Anfang an fest, dass sie Wege fi nden wollen, 2021 dabei zu sein. Was sind schon Rei-sebeschränkungen, Abstandsvorschrif-ten und Maskenpfl icht, wenn man dafür wieder vor echtem Publikum – vor Ihnen! – spielen kann! Mit bemerkenswerter Verve haben sie sich in die Planung eines Programms gestürzt, das bestens ohne gewaltig besetzte Werke auskommt. Die Rückkehr zu klassisch-romantischen Di-mensionen ist auch für sie eine willkom-mene Chance, Ihnen diesmal auf andere Art und Weise Bekanntes, Unbekanntes und Neues zu bieten. Sogar die Tradition der bi-nationalen Orchestergründungen konnte wiederaufgenommen werden: So-wohl bei Young Euro Classic als auch bei Next Generation, dem Festival für den Nachwuchs des Nachwuchses, entsteht ein deutsch-französischer Fokus für Be-gegnung und Verständigung.

Wir sprechen wohl im Namen aller Be-teiligten, wenn wir sagen: Das wird ein besonderes Wiedersehen. Wir freuen uns auf Sie und eine wundervolle Zeit bei Young Euro Classic,

YOUNG EURO CLASSIC 2021

30. JULI BIS 15. AUGUST KONZERTHAUS BERLIN

Mi 11

Dr. Gabriele Minz Gesamtleitung Young Euro Classic

Prof. Dr. Dieter RexrothKünstlerischer Leiter Young Euro ClassicKünstlerischer Leiter Young Euro Classic

Ulrich Deppendorf2. Vorsitzender Deutscher Freundeskreiseuropäischer Jugendorchester e.V.

Dr. Willi Steul1. Vorsitzender Deutscher Freundeskreiseuropäischer Jugendorchester e.V.

Gesamtleitung Young Euro Classic

Online*

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LGT YOUNG SOLOISTSINTERNATIONAL

Page 2: 30. JULI BIS 15. AUGUST CLASSIC 2021 KONZERTHAUS BERLIN …

LGT YOUNG SOLOISTS International2013 von Alexander Gilman gegründet, set-zen sich die LGT Young Soloists aus jungen Musiker_innen zwischen 14 und 23 Jahren zu-sammen, die aus mehr als 15 Nationen stam-men. Als reines Streicher-Ensemble haben es sich das Ensemble zur Aufgabe gemacht, den hochtalentierten Musiker_innen zusätzliche professionelle Betreuung und attraktive Auf-trittsmöglichkeiten zu bieten. In den vergan-genen Saisons konzertierte das Ensemble u.a. in der Philharmonie Berlin, Elbphilharmonie Hamburg, Tonhalle Zü rich, De Doelen Rotter-dam, Philharmonie Luxemburg, Victoria Hall Singapur und bei renommierten Festivals wie dem Rheingau Musik Festival, den Dresdner Musikfestspielen und bei Abu Dhabi Classics. Als erstes Jugendorchester weltweit haben die LGT Young Soloists bei Sony Music/RCA Red Seal vier Alben veröff entlicht: Souvenir (2019), Nordic Dream (2018), Russian Soul (2017) und Italian Journey (2015). Ihr neustes Album trägt den Titel Beethoven Recomposed. Der Name LGT verweist auf die Unterstützung des Ensembles durch die im Besitz der Liechtensteiner Fürstenfamilie befi ndliche Privatbank LGT.

lgtyoungsoloists.com

Alexander Gilman Violine und künstlerische LeitungDer Geiger Alexander Gilman, geboren 1982 in Bam-berg, wuchs in einer Musikerfamilie auf und gab bereits als Sechsjähriger sein Debüt im Münchner Gasteig. Mit 16 Jahren wechselte er an die Juilliard School in New York zu der legendären Lehrerin Doro-thy DeLay; später schloss Gilman sein Studium an der Hochschule für Musik in Köln in der Meisterklasse von Zakhar Bron mit Auszeichnung ab. Inzwischen unter-richtet er selbst seit 2019 als Dozent am Royal College of Music in London und an der Kalaidos Musikhoch-

schule in der Schweiz. Als Solist hat der 39-Jährige mit namhaften Dirigenten wie Neeme Järvi, Kristjan Järvi, David Zinman, Bernard Haitink, Mario Venzago und Michael Sanderling zusammengearbeitet. Zu seinen Kammermusikpartnern zählen u.a. der Cellist Maximilian Hornung und der Bratschist Nils Mönkemeyer. Sein besonderes pädagogisches Interesse manifestiert sich neben seiner Lehrtätigkeit in seinem Engagement für das Ensemble LGT Young Soloists, das 2013 von Gilman gegründet wurde.

alexandergilman.com

Martin James Bartlett KlavierDer junge britische Pianist Martin James Bartlett, Jahrgang 1996, machte den ersten Karriereschritt im Jahr 2014, als ihm die Aus-zeichnung BBC Young Musician of the Year zugesprochen wurde. Bereits 2015 trat er mit Gershwins Rhapsody in Blue zusammen mit dem Royal Philharmonic Orchestra erstmals bei den BBC Proms auf, ein Jahr später wirkte er am Festkonzert in der St. Paul’s Cathedral zum 90. Geburtstag von Königin Elizabeth II. mit. Inzwischen wurde er bereits zu weiteren namhaften Orchestern wie dem City of Birming-ham Orchestra und dem Tokyo Symphony Orchestra eingeladen, außerdem trat er bei den Festspielen in Mecklenburg-Vorpommern und Verbier auf. 2019 erschien bei Warner Classics seine Debüt-CD Love and Death mit Klavierwerken von Bach, Schumann, Wagner, Liszt und Prokofjew. Derzeit absolviert Bartlett sein Abschlussjahr am Royal College of Music in London.

Airat Ichmouratov KomponistDer 1973 im russischen Kasan geborene Komponist Airat Ichmouratov studierte zuerst Klarinette. Schon als 20-Jäh-riger übernahm er eine Stelle als stellvertretender Solo-Klarinettist an der Tatarischen Oper und dem Ballet sowie dem Nationalen Symphonieorchester Tatarstans. Darüber hinaus begann seine internationale solistische Karriere, bis sich Ichmouratov 1998 in Kanada niederließ. Im Jahr 2000 gründete er das Muczynski-Trio für Klarinette, Violoncello und Klavier, im selben Jahr schloss er sich der Klezmer-Gruppe Kleztory an, mit der er mehr als 1000 Konzerte weltweit unternahm. Seitdem hat er parallel eine intensive kompositorische Tätigkeit entwickelt: Zahlreichen Concerti für Soli und Orchester stehen Streichquartette, Musik für Kinder sowie Klezmer-Musik zur Seite. „Airat ist ein Kommunikator im besten Sinne des Wortes. Seine Musik packt den Hörer, und eine Reise beginnt: eine spannende Geschichte, Landschaften, Emotionen...“, so das Urteil des Dirigenten Yannick Nézet-Séguin.

airatichmouratov.com

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VIRTUOSE STREICHERKLÄNGE ZWISCHEN ALPEN UND ARGENTINIEN

Einen besonderen Hang zu populärer Streichorchester-Literatur kann man den LGT Young Solists und seinem Künstlerischen Leiter Alexander Gilman beim besten Willen nicht vorwerfen. Ganz im Gegenteil: Auf dem Programm ihres Young Euro Classic-

Debüts steht nicht nur eine veritable Uraufführung, sondern auch ein Klavierkonzert von Phi-lip Glass, das erst zur Jahrtausendwende das Licht der Musikwelt erblickte, sowie – bestens terminiert zum 100. Geburtstag des Komponisten Astor Piazzolla – dessen Tango-bewegte „Vier Jahreszeiten aus Buenos Aires“.

Die Uraufführung, ein Concerto grosso, hat der russisch-kanadische Komponist Ai-rat Ichmouratov, geboren 1973 in Kasan, beigesteuert, als Auftragswerk des Spon-sors und Namensgebers des Ensembles, der LGT Privatbank in Liechtenstein. Dazu

schreibt der Komponist: „Ich habe dieses Concerto Grosso Liechtenstein genannt, weil die magische Schönheit der Natur großen Eindruck auf mich gemacht hat. Die überwältigenden Berge und Seen des Landes, das Gezwitscher der Vögel waren wichtige Inspirationsquellen während meines Kompositionsprozesses. Ich wollte ein Stück schreiben, das zugleich aufregend und freudig, energetisch und sehr herausfordernd ist, das aus sehr schlichten, lyrischen Melodien be-steht, besonders im zweiten Satz. Es gibt drei sehr unterschiedlichen Sätze, komponiert für zwei Sologeigen, eine Soloviola, ein Solovioloncello und ein Streichensemble. Mit Alexander Gilman, dem Leiter des Ensembles, waren wir uns sofort einig, dass es mindestens vier Soli geben müsse: Jedes Mitglied der LGT Young Soloists ist schließlich ein wahrhaftiger Virtuose.“

Mit dem Zyklus Le quattro stagioni (Die vier Jahreszeiten) machte sich der Barock-komponist Antonio Vivaldi unsterblich. Auf seinen Spuren wandelte der Argen-tinier Astor Piazzolla, der Erfinder der Tango Nuevo, und schuf zwischen 1965

und 1970 seine Lesart, die Cuatro estaciones porteñas, womit er dem Lebensgefühl der Einwohner von Buenos Aires ein musikalisches Denkmal setzte. Hier geben das Bandoneon und die E-Gitarre den Ton an, während Vivaldi sich für vier Violinkonzerte entschieden hatte. Eine salomonische Lösung, um beides miteinander zu verbinden, fand Ende der 1990er-Jahre der russische Komponist Leonid Desyatnikov, als er Piazzollas „Jahreszeiten“ für Violine und Streicher bearbeitete und zugleich ein paar Takte Vivaldi einschmuggelte!

Dabei vergaß er nicht die klimatischen Unterschiede zwischen nördlicher und südli-cher Hemisphäre; so finden sich im sommerlichen Satz Piazzollas, dem „Verano Por-teño“, plötzlich Elemente aus Vivaldis Winterkonzert! Ansonsten zollt Desyatnikovs

Bearbeitung jedoch dem Original höchstes Tribut, das Streichorchester wird in allen Facetten gefordert: Die elegischen Passagen quellen über von herber Trauer, die plötzlich in fetzige Lebensfreude umschlägt. Die Solovioline ist pausenlos gefordert, mit gleißenden Glissando, verrückten Pizzicati und rhythmisch hinreißend aufgerauten Minikadenzen.

Eine Tangomelodie par excellence leitet den „Herbst“ ein, bis ein ausgedehntes Celloso-lo für den überraschenden Halt sorgt. Die Solovioline nimmt den melodischen Faden auf, doch nur für kurze Zeit – denn mit unaufhaltsamer Rasanz fegt der Satz dem

Ende zu. Behagliche Stimmung verbreiten die geteilten Celli zu Beginn des „Winter“, doch das Prinzip der Kontraste bleibt bestehen. Mit einem Ruck wird der Schalter umgelegt, mit breitem Strich werden die großen Emotionen ausgespielt, doch das Ende ist Vivaldi vorbe-halten, mit leichthändig hingezupften barocken Akkorden. Wieder ein anderes Gesicht zeigt der „Frühling“: lebenslustig, geradezu aggressiv die Attacken der Streicher im ersten Ab-schnitt, dann ein besinnliches Intermezzo, bevor sich der Tango mit schmerzlichen Seufzern erneut Bahn bricht und die Solovioline noch einmal alle virtuosen Register ziehen kann. Von besonderer rhythmischer Raffinesse geprägt, mit flirrenden Flageolett-Passagen und einem lustvollen Wechselspiel zwischen Orchester und Solovioline zieht der „Sommer“ ebenfalls alle Register, um sich zuletzt in einem wilden Piazzolla-Vivaldi-Mix zu verabschieden.

Der US-Amerikaner Philipp Glass, Jahrgang 1937, hält seit Jahrzehnten die Fahne der Minimal Music hoch. Spektakuläre Opernprojekte wie Einstein on the Beach, Echna-ton und die Gandhi-Oper Satyagraha machten ihn ebenso berühmt wie die Filmmu-

sik zu Koyannisqatsi und die Mediensatire The Truman Show. Sein Klavierkonzert Nr. 1 „Tirol Concerto“ steht in der langen Reihe von Orchesterwerken des außerordentlich produktiven Komponisten. In Auftrag gegeben wurde es, ungewöhnlich genug, von der „Tirol Werbung“ und erlebte dementsprechend auch seine Uraufführung im September 2000 im Rahmen des Festivals „Klangspuren“ im Tiroler Ort Jenbach.

Mag Philip Glass im Vorfeld auch Klänge und Noten aus den Tiroler Bergen studiert haben (der Musikwissenschaftler Wilhelm Delport verweist in diesem Zusammen-hang auf das Kirchenlied „Maria, hilf mir doch“, das sich in den Außensätzen

wiederfinde), so sucht man ein unverwechselbares alpenländisches Idiom vergebens. Alles bleibt zu hundert Prozent Philip Glass: die tonalitätsfreudigen Akkorde, die Toncluster, die sich in fast unendlicher Form repetieren, das immer gleiche metrische Schema, das nur in seinen Mikrostrukturen leicht aufgebrochen wird. Streichorchester und Solopart sind sym-biotisch miteinander verwoben, virtuose Ausbrüche bleiben aus – eine plötzliche Tonleiter mitten im langsamen Satz wird zum Ereignis und kündigt eine steigende Spannungskurve an, die nach dem Höhepunkt durch klangliche Ausdünnung wieder zurück in die Stille geführt wird. Von der originellsten Seite zeigt sich Glass im Schlusssatz, der mit Hilfe eines 7/8-Taktes rhythmisch aufgemischt wird. Verschobene Akzente, Dauereinsatz des Klaviers und jazzige Synkopen sichern einen rauschenden Abgang für den Solisten und das ihn uneigennützig unterstützende Orchester.

Michael Horst