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223 Kapitel 4 4 Untersuchung der Nerven H. Kele 4.1 Anamnese und klinische Unter- suchung bei Erkrankungen peripherer Nerven 4.1.1 Anamnese Die Anamneseerhebung soll wie bei Erkran- kungen anderer Organsysteme Auskunft über die Art und Lokalisation der Beschwer- den, deren erstmalige Manifestation, den zeitlichen Verlauf und die daraus resultieren- de funktionelle Behinderung geben. Im All- gemeinen richten sich die Fragen bei Ver- dacht auf eine periphere Neuropathie auf die motorische, sensible sowie vegetative Funk- tion des betroffenen Nerven. Das Auftreten einzelner Symptome ist jedoch von der Art des Nervs (gemischt, motorisch, sensibel) abhängig. Als initiales Symptom treten häufig Parästhesien und Schmerzen auf. Die Erstge- nannten sind topisch-diagnostisch zuverläs- siger, da sie meist dem Ausbreitungsgebiet der kutanen Sensibilität des betroffenen Nervs entsprechen und von Patienten als Kribbeln, Ameisenlaufen oder Eingeschla- fensein beschrieben werden. Sie werden zu Unrecht häufig als Folge von Durchblu- tungsstörungen angesehen, obwohl sie letzt- lich stets neurogen sind. Treten sie symme- trisch auf, ist auch an spinal-medulläre oder polyneuropathische Erkrankungen zu den- ken. Die Schmerzen werden als stechend, brennend oder elektrisierend bezeichnet. Sie sind häufig von starker Intensität und reagie- ren schwach auf übliche Analgetika. Im Gegensatz zu den Parästhesien können sie diffus sein und sich auch bei distalen Läsio- nen weit nach proximal auf die ganze Extre- mität ausdehnen, wie etwa die Brachialgie beim Karpaltunnelsyndrom. Bei Kompres- sionssyndromen treten die Symptome häu- fig nachts auf. Bei geschädigten Nerven kön- nen Parästhesien und Schmerzen leichter durch Druck (z.B. bei Aufstützen des Ellenbo- gens beim Kubitaltunnelsyndrom), Schlag (beim Vorliegen eines Tumors oder traumati- schen Neuroms) oder bestimmte Bewegun- gen (z.B. Luxation des N. ulnaris vom Sulcus bei Ellenbogenflexion) ausgelöst werden. Bei einigen Krankheiten treten sie vorwiegend in bestimmten Positionen oder bei Tätigkei- ten auf, wie die beim Gehen oder Stehen auf- tretenden Schmerzen bei einer Morton- Metatarsalgie. Mit Fortschreiten der Er- krankung sind sensible Ausfallerscheinungen, die von Patienten als ein Taubheitsgefühl geschildert werden, verbunden. Nur im extremen Fall, z.B. bei Schnittverletzung eines peripheren Nervs, kann das abhängige Areal ohne vorangehende Schmerzen anäs- thetisch oder analgetisch werden. Schädigungen gemischter Nerven wer- den regelmäßig von einer muskulären Schwä- che begleitet. In den Anfangsstadien wird dies oftmals als Ungeschicklichkeit, z.B. erschwertes Schließen von Knöpfen beim Karpaltunnelsyndrom, empfunden. Beson- ders bei älteren Menschen oder Patienten mit einer zusätzlichen generalisierten Neu- ropathie, z.B. diabetische Neuropathie, wer- den die Parästhesien oder eine Muskel- schwäche nicht wahrgenommen und der Arzt erst nach Auftreten von Atrophien auf- gesucht.

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4 Untersuchung der Nerven

H. Kele

4.1 Anamnese und klinische Unter-suchung bei Erkrankungenperipherer Nerven

4.1.1 Anamnese

Die Anamneseerhebung soll wie bei Erkran-kungen anderer Organsysteme Auskunftüber die Art und Lokalisation der Beschwer-den, deren erstmalige Manifestation, denzeitlichen Verlauf und die daraus resultieren-de funktionelle Behinderung geben. Im All-gemeinen richten sich die Fragen bei Ver-dacht auf eine periphere Neuropathie auf diemotorische, sensible sowie vegetative Funk-tion des betroffenen Nerven. Das Auftreteneinzelner Symptome ist jedoch von der Artdes Nervs (gemischt, motorisch, sensibel)abhängig.

Als initiales Symptom treten häufigParästhesien und Schmerzen auf. Die Erstge-nannten sind topisch-diagnostisch zuverläs-siger, da sie meist dem Ausbreitungsgebietder kutanen Sensibilität des betroffenenNervs entsprechen und von Patienten alsKribbeln, Ameisenlaufen oder Eingeschla-fensein beschrieben werden. Sie werden zuUnrecht häufig als Folge von Durchblu-tungsstörungen angesehen, obwohl sie letzt-lich stets neurogen sind. Treten sie symme-trisch auf, ist auch an spinal-medulläre oderpolyneuropathische Erkrankungen zu den-ken. Die Schmerzen werden als stechend,brennend oder elektrisierend bezeichnet. Siesind häufig von starker Intensität und reagie-ren schwach auf übliche Analgetika. ImGegensatz zu den Parästhesien können sie

diffus sein und sich auch bei distalen Läsio-nen weit nach proximal auf die ganze Extre-mität ausdehnen, wie etwa die Brachialgiebeim Karpaltunnelsyndrom. Bei Kompres-sionssyndromen treten die Symptome häu-fig nachts auf. Bei geschädigten Nerven kön-nen Parästhesien und Schmerzen leichterdurch Druck (z.B. bei Aufstützen des Ellenbo-gens beim Kubitaltunnelsyndrom), Schlag(beim Vorliegen eines Tumors oder traumati-schen Neuroms) oder bestimmte Bewegun-gen (z.B. Luxation des N. ulnaris vom Sulcusbei Ellenbogenflexion) ausgelöst werden. Beieinigen Krankheiten treten sie vorwiegendin bestimmten Positionen oder bei Tätigkei-ten auf, wie die beim Gehen oder Stehen auf-tretenden Schmerzen bei einer Morton-Metatarsalgie. Mit Fortschreiten der Er-krankung sind sensible Ausfallerscheinungen,die von Patienten als ein Taubheitsgefühlgeschildert werden, verbunden. Nur imextremen Fall, z.B. bei Schnittverletzungeines peripheren Nervs, kann das abhängigeAreal ohne vorangehende Schmerzen anäs-thetisch oder analgetisch werden.

Schädigungen gemischter Nerven wer-den regelmäßig von einer muskulären Schwä-che begleitet. In den Anfangsstadien wirddies oftmals als Ungeschicklichkeit, z.B.erschwertes Schließen von Knöpfen beimKarpaltunnelsyndrom, empfunden. Beson-ders bei älteren Menschen oder Patientenmit einer zusätzlichen generalisierten Neu-ropathie, z.B. diabetische Neuropathie, wer-den die Parästhesien oder eine Muskel-schwäche nicht wahrgenommen und derArzt erst nach Auftreten von Atrophien auf-gesucht.

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Die Störung der vegetativen Funktionwird am häufigsten als permanente Kälte ei-nes Extremitätenabschnitts, z.B. asymme-trisch kalte Fußsohle beim Tarsaltunnelsyn-drom, geschildert.

Zur Klärung der Ätiologie der Erkrankungsind Fragen bezüglich verschiedener inter-nistischer Erkrankungen (v.a. aus dem endo-krinen, metabolischen und rheumatischenFormenkreis) zu stellen. Die Sozialanamnesemit Beschreibung der beruflichen Tätigkei-ten sowie eine detaillierte Traumaanamnesebei Unfällen (zeitliche Zusammenhänge, Artder Gewalteinwirkung, ggf. angewandte ope-rative Methoden) dürfen bei der Befragungdes Patienten auch nicht fehlen.

4.1.2 Klinische Untersuchung

Die Diagnose einer Läsion eines peripherenNerven setzt den Nachweis objektiv fassbarerAusfälle innerhalb des Innervationsbereichsdes betroffenen Nerven voraus. Man wirdnach Paresen, u.U. mit Muskelatrophien,Reflexausfällen, Sensibilitätsstörungen oderDefekten der vegetativ gesteuerten Funktio-nen, wie Schweißabsonderung, Piloarrektionund Vasomotorik, suchen.

Die motorischen Symptome einer periphe-ren Nervenläsion stellen sich als eine schlaf-fe Parese dar. Nach Verteilungsmuster derParesen kann die Schädigung lokalisiert undnach deren Ausprägung der Schweregradabgeschätzt werden. Bei schweren Läsionenkommen nach etwa 3 Wochen beginnendeMuskelatrophien hinzu. Faszikulationen tre-ten bei Läsionen peripherer Nerven seltenauf. Dagegen ist eine Abschwächung oderAufhebung der entsprechenden Muskelei-genreflexe, die ebenfalls lokalisatorischwichtig sind, obligatorisch. Die detaillierteklinische Untersuchungstechnik der Motorikwurde bereits im Kapitel 2.1.2 beschrieben.

Die Sensibilität ist gemäß dem kutanenInnervationsgebiet gestört. Es sind alle Qua-

litäten mehr oder weniger gleichmäßig befal-len, und die Zonengrenzen (im Gegensatz zuden Wurzelläsionen) sind scharf. Um eingewisses Maß an Objektivität zu erreichen,erfordert die Prüfung der Sensibilität vonsei-ten des Untersuchers Sorgfalt und Geduldund setzt die Mitarbeit des Patienten voraus.Man testet mit den beabsichtigten Reizenzunächst ein Gebiet, in dem wahrscheinlichkeine Störungen vorliegen, um das Gefühlder Normalempfindung beim Patienten zuerwecken. Dann setzt man Reize im Zentrumdes potenziell gestörten Bezirks oder beiasymmetrischen Erkrankungen auf der ge-sunden Körperseite, um den Unterschied zumnormalen Gefühl hervorzuheben. Danachversucht man, die Grenzen des gestörtenGebiets von den gesunden als auch betroffe-nen Arealen aus zu erfassen. Es sind nicht nurdie quantitativen Unterschiede in der Wahr-nehmung wichtig, sondern auch Missempfin-dungen oder Angaben über ein „Andersemp-finden“ zu berücksichtigen. Die Befundesollten stets mehrfach reproduzierbar sein.

Bei der Untersuchung sollten mehreresensible Qualitäten geprüft werden. So istdas Berührungsempfinden mit Watte oderdurch Berührung der Fingerkuppen zu analy-sieren. Das Schmerzempfinden ist am ein-fachsten mit einem abgebrochenen Holz-stäbchen oder Zahnstocher zu überprüfen.Wenn man zwischen zwei Fingernägeln eineHautfalte kneift, kann man sowohl dasSchmerz- als auch Berührungsempfindentesten. Differenzialdiagnostisch ist wichtig,dass bei monoradikulären Läsionen aus-schließlich ein eng begrenzter hypo- bisanalgetischer Streifen besteht, wogegen beiperipheren Nervenläsionen alle Qualitätengleichmäßig betroffen sind. Das Temperatur-empfinden wird durch Berührung mit jeeiner gläsernen Eprouvette, die kaltes bzw.warmes Wasser enthält, begutachtet. Orien-tierend kann zur Untersuchung die Schlag-seite des neurologischen Reflexhammers alsein kalter Stimulus und der Hammerstiel als

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ein warmer Stimulus verwendet werden. DasVibrationsempfinden ist mit einer 128- oder256-Hertz-Stimmgabel zu testen. Abgesehenvon Polyneuropathien wird bei Erkrankun-gen peripherer Nerven die Untersuchung desVibrationsempfindens zusammen mit denquantitativen Methoden (Semmes-Wein-stein-Nylonmonofilamente) oder funktio-nellen Analysen (2-Punkte-Diskrimination)hauptsächlich für Studienzwecke benützt.

Vegetative Störungen der Haut sind beikompletten Läsionen peripherer Nervenbesonders ausgeprägt und wirken sich anden Akren der Extremitäten am stärkstenaus. Die Atrophie der Haut ist am eindrucks-vollsten an den Fingerspitzen zu sehen. DieFinger erscheinen zugespitzt, wie „abge-lutscht“. Nicht selten sind Hyperkeratosenbis zu borkigen, von Rissen durchzogenenHautauflagerungen zu finden. Derart verän-derte Haut ist sehr vulnerabel gegenübermechanischen und thermischen Schädigun-gen und zeigt eine schlechte Heilungsten-denz. Oft entdeckt man auch Wachstumsstö-rungen an den Nägeln, meistens in Formvon Querwülsten oder aber als weißliche,sog. Mees-Nagelbänder. Das Nagelbettzei-

chen von Alföldi, bei dem die unmittelbarunter dem Nagelende befindliche Haut leis-tenartig verdickt und nach vorne gezogenerscheint, kann häufig bei Ulnarisläsionenbeobachtet werden. Eine Störung der Vaso-motorik kann sich initial als Rötung miterhöhter Hauttemperatur, später als Zyanosemit Hautunterkühlung, manifestieren (z.B.beim Sudeck-Syndrom). Ein Ausfall derSchweißsekretion gilt als Ausdruck der Durch-trennung der sudorisekretorischen Fasern.

Die Untersuchung sollte mit Provoka-tionsmanövern, bei denen die Symptome aus-gelöst werden können, abgeschlossen wer-den. Die bekannteste und am häufigsteneingesetzte Methode ist das sog. Hoffmann-Tinel-Zeichen. Dabei wird der betroffeneNervenstamm mit einem Finger beklopft,was an der Läsionsstelle, im Laufe der Re-innervation auch weiter distal, Parästhesienin dem peripheren Areal des Nerven hervor-ruft. Von den anderen Provokationstestssind insbesondere der Phalen-Test beim Kar-paltunnelsyndrom und die Untersuchungder Luxation des N. ulnaris vom Sulcus n.ulnaris zu nennen.

2254.1 Anamnese und klinische Untersuchung bei Erkrankungen peripherer Nerven KKaappiitteell 44

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4.2 Sonographische Untersuchungder Nerven

Läsionen peripherer Nerven werden konven-tionell anhand der Anamnese, der klinisch-neurologischen sowie der elektrophysiologi-schen Untersuchung diagnostiziert. Mitdiesen Methoden werden der funktionelleStatus des betrachteten Nerven erhoben undInformationen über das Vorliegen einer Ner-venschädigung, deren zeitliche Zuordnung(akut/chronisch), Charakter (axonal/demye-linisierend) und etwaige Regenerationspro-zesse gewonnen. Aussagen über den mor-phologischen Status des Nerven selbst undder umgebenden Strukturen, die zur Klärungder Ätiologie der Neuropathie führen kön-nen, sind jedoch nur eingeschränkt möglich.Moderne Schnittbildverfahren wie die Sono-graphie und die Magnetresonanztomogra-phie (MRT) ermöglichen die direkte Darstel-lung von peripheren Nerven und erlaubenhäufig eine pathomorphologische Zuord-nung der Nervenläsion. Mit ihrer Hilfe lässtsich dann die Diagnose genauer spezifizierenund somit ein adäquates therapeutischesVorgehen vorgeben.

Solbiati et al. [1985] haben Mitte der80er-Jahre als erste die sonographische Dar-stellung eines Nerven dokumentiert (N.laryngeus recurrens). Bereits zuvor wurde dieAbbildung benigner Tumoren des N. ischia-dicus beschrieben, die Darstellung des Ner-ven selbst gelang jedoch nicht [Hoddick etal. 1984]. Nachfolgend wurden Studien überden Einsatz der Sonographie in der Diagnos-tik von Tumoren [Hughes und Wilson 1986]und Entzündungen peripherer Nerven [For-nage 1988] sowie Engpasssyndromen [Calle-ja Cancho et al. 1989] veröffentlicht. Endeder 90er-Jahre wurde durch den technischenFortschritt und Einführung hochfrequenterSchallsonden ein neuer Impuls in die Ent-wicklung der Methode gegeben, sodass auchdie diagnostischen Möglichkeiten und Aus-

sagekraft der Untersuchung auf allen bisdahin erforschten Gebieten verbessert wur-den. Die Evaluation traumatischer Läsionenperipherer Nerven erweiterte das Diagnose-spektrum nochmals [Peer et al. 2001].

Die Sonographie der Nerven ist heuteeine der sich am schnellsten entwickelndenMethoden auf dem Gebiete der „peripheren“Neurologie. Trotz einiger mittlerweile eta-blierter Indikationen bleiben noch viele Fra-gestellungen offen, worin der potenziellwichtige Beitrag der Methode bestehenkönnte. In den folgenden Kapiteln werdender heutige Wissensstand der Methodik, dieDurchführung sowie die klinischen Anwen-dungen der Nervensonographie dargestellt.

4.2.1 Technische Voraussetzungen

Zur Untersuchung peripherer Nerven mit derSonographie müssen gewisse Mindestanfor-derungen an die apparative Ausstattungerfüllt werden, da von dieser im Wesentli-chen die Auflösung und somit auch die Dar-stellbarkeit der Strukturen und Verwertbar-keit der Bild gebenden Informationabhängen.

In erster Linie ist es notwendig, einenmöglichst hochfrequenten Linearschallkopfzur Verfügung zu haben, da sich das Auflö-sungvermögen mit steigender Sendefre-quenz verbessert. Allerdings verringert sichdie Eindringtiefe, sodass die Wahl der Sende-frequenz auch vom zu untersuchenden Ner-ven und dessen Lokalisation abhängt. EinBreitbandschallkopf (z.B. 8–14 MHz) istdaher besonders vorteilhaft. Für oberfläch-lich gelegene Strukturen (z.B. N. medianusim Karpaltunnel oder sensible Nerven) wirdmindestens ein 10-MHz-Schallkopf empfoh-len. Ein Zuwachs an Auflösung und Präzi-sion der Zeichnung der Strukturen wirdbereits bei einer Erhöhung der Frequenz auf12 oder 14 MHz deutlich. Solche hohen Fre-quenzen sind jedoch nur bis zu einer Tiefe

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von etwa 2 cm anwendbar. Für tiefer gelege-ne Strukturen (z.B. N. ischiadicus oder N. medianus am proximalen Unterarm) oderbei adipösen Patienten wird die Sendefre-quenz bis auf 8 MHz gesenkt. In der älterenLiteratur wurde über den Einsatz von Schall-köpfen mit 5 oder sogar 3,5 MHz berichtet[Graif et al. 1991], was jedoch bei Verwen-dung moderner Geräte nicht mehr erforder-lich ist. In diesen Fällen erlaubt die Untersu-chung nur eine grobe Beurteilung, wie etwaden Ausschluss von Raumforderungen, dadie Auflösung eine ausreichende Darstellungdes Nerven und seiner Struktur nicht gestat-tet.

Neben der Schallkopfsendefrequenz istauch die Auflagefläche des Schallkopfs(Schallkopfbreite) zu beachten. Diesebestimmt das dargestellte Schallfenster (fieldof view). Breite Sonden (über 45 mm) bietenin Transversalschnitten eine sehr gute Über-sicht im untersuchten Gewebe. Auf Longitu-dinalschnitten ist es dagegen oftmalsschwierig, den Nerven wegen seines häufignicht geradlinigen Verlaufs auf einemSchnittbild abzubilden. In einigen Körperre-gionen (z.B. Darstellung des N. ulnaris imSulcus) kann die Handhabung einer breitenSonde umständlich sein, und ein Teil derAuflagefläche kann den Kontakt mit derHaut verlieren (s. Video 1). Das Gegenteil zudem oben Aufgeführten gilt für Schallköpfemit schmaler Auflagefläche. Ein Schallkopfsollte jedoch mindestens 30 mm breit sein,da sonst das Schallfenster zu eng ist und dieUntersuchung in beiden Ebenen unüber-sichtlich wird. Neuerdings bieten einige Her-steller Schallköpfe an, bei denen das Schall-fenster digital erweitert werden kann(Virtual-Format-Imaging).

Zu den optimalen Untersuchungsbedin-gungen gehört neben hochfrequentenSchallköpfen der Einsatz eines hochwertigenUltraschallgeräts mit vielfältigen Prä- undPostprocessing-Einrichtungen. So erfolgt dieEinstellung der Untersuchungsparameter

automatisch durch die Verwendung der vomHersteller installierten Software zur Betrach-tung von Weichteilen (Small-parts-Soft-ware). Die Möglichkeit des gleichzeitigenEinsatzes der Farb-Duplexsonographie (rich-tungskodierte Blutflussdarstellung in Echt-zeit) und der Power-Dopplersonographie(richtungsunabhängige Darstellung vongeringen Blutflüssen) sollte auch zur Verfü-gung stehen. Der Einsatz des Photopic-Ima-ging (digitale Umwandlung des Graustufen-bilds in ein farbangereichertes Bild)ermöglicht die Identifikation auch subtilerVeränderungen bei allen Lichtverhältnissen.Das Compound-Imaging (digitale Bildkom-position von Einzelbildern, die aus mehrerenEbenen stammen) verringert wesentlich dasVorkommen von Artefakten und führt zurbesseren Diskriminierung durch Erhöhungdes Kontrasts zwischen den einzelnen Gewe-ben. Die Anwendung von 3-D-Verfahrenkönnte, obgleich bislang nicht für Nervenbeschrieben, für die Bestimmung vonTumordimensionen hilfreich sein. Da amBewegungsapparat in vielen Fällen wichtigeBefunde nur in der Bewegung erkannt wer-den, ist es sinnvoll, einige Einrichtungen,wie z.B. das sog. „Cine-Mode“, oder bessereine (digitale) Videoaufzeichnung zu ver-wenden. Die Panoramaverfahren sind zurAufzeichnung von Nervenverläufen odervon langstreckigen Läsionen dienlich. Zureinfachen Dokumentation kann ein Ther-modrucker benutzt werden. Die Möglichkeitdigitaler Speicherung von Einzelbildern undinsbesondere von bewegten Bildern in Formvon Videos bietet jedoch deutlich mehr Vor-teile.

Am Ende muss betont werden, dass eineorientierende Untersuchung auch ohne denEinsatz modernster apparativer Ausstattungmöglich ist. Das Spektrum der Diagnosensowie die Aussagekraft der Untersuchungsind jedoch geringer. So lassen sich z.B.Tumoren peripherer Nerven auch mit einem8-MHz- oder noch niedriger frequenten

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Schallkopf und einem Standardgerät dia-gnostizieren. Die Beurteilung feiner morpho-logischer Auffälligkeiten, wie in der prä- undpostoperativen Evaluation von Nerventrau-mata, bei der Kompression der Nerven durchNarbengewebe, in der Darstellung kleinerNervenäste oder in der Untersuchung sensib-ler Nerven, gelingt allerdings nur mit einerhochwertigen Ausstattung.

4.2.2 Allgemeine Untersuchungstechnik

Neben der entsprechenden technischen Aus-stattung sind gute anatomische Kenntnissedie zweite wichtige Voraussetzung für dieUntersuchung peripherer Nerven. Daher istbesonders für Anfänger der Gebrauch vonanatomischen Atlanten vor als auch wäh-rend der Untersuchung empfehlenswert. Diespezielle Untersuchungstechnik ist von demzu betrachtenden Nerven abhängig und wirdausführlich im Kapitel 4.3 dargestellt. Hiersoll lediglich auf allgemeine Aspekte derUntersuchung eingegangen werden.

Die Lagerung des Patienten erfolgtzweckmäßig so, dass ein möglichst langerNervenabschnitt, mindestens 10 cm proxi-mal sowie distal der betroffenen Region,erfasst werden kann. Sie soll für den Patien-ten und Untersucher gleichermaßen komfor-tabel sein, da die Untersuchung einiger Fra-gestellungen langwierig ausfallen kann. DieVerwendung einer Vorlaufstrecke halten wirbei Anwendung moderner Schallköpfe miteinstellbarem Fokus nicht für erforderlich.Zur guten akustischen Kopplung solltejedoch reichlich Ultraschallgel verwendetwerden.

Im Allgemeinem sollte die Darstellungdes peripheren Nerven und selbstverständ-lich auch die eines möglichen pathologi-schen Befunds auf Transversal- als auch Lon-gitudinalschnitten erfolgen. Bezüglich derinitialen Ansicht des Nerven werden wegender besseren Übersicht Transversalschnitte

empfohlen. Der untersuchte Nerv wirdzunächst an einer Stelle dargestellt, an der ersicher identifiziert werden kann. Dies sindmeistens Bereiche mit bekannten anatomi-schen Merkmalen, in etwa in der Nähe vonKnochen oder Bändern (z.B. der N. medianusim Karpaltunnel oder der N. ulnaris im Sul-cus n. ulnaris). Schließlich lassen sich dieNerven durch Hoch- und Herunterfahrender Schallsonde in ihrem weiteren Verlaufverfolgen. Besonders bei Untersuchungenvon Erkrankungen im unübersichtlichenTerrain (z.B. traumatische Zustände mit Nar-benbildung) wird empfohlen, den Nerv ausdem gesunden Gewebe heraus bis hin zumLäsionsort zu verfolgen. Wir raten, auch beidifferenzierten Fragestellungen einen mög-lichst langen Nervenverlauf zu untersuchen(z.B. beim Karpaltunnelsyndrom die Darstel-lung des N. medianus mindestens bis zumEllenbogen), da in seltenen Fällen andereUrsachen für die vermeintlich typischenSymptome entdeckt werden können [Mar-quardt et al. 2001, Kele und Verheggen2003b]. In diagnostisch ungeklärten oderatypischen Fällen sollte immer die Betrach-tung des gesamten Verlaufs in der Extremitätdurchgeführt werden.

Auf Transversalschnitten wird die Größeder peripheren Nerven entweder durch Mes-sung des anteroposterioren und mediolatera-len Diameters oder der Nervenquerschnitts-flächen bestimmt. Zur Quantifizierungpathologischer Veränderungen bei kompres-siven oder generalisierten Neuropathienempfehlen wir die Messung der Nervenquer-schnittsflächen, am besten durch Umfahrendes Nerven und Errechnung der Flächedurch die integrierte Gerätesoftware. Ein-heitliche Referenzwerte für die Nervengrößegibt es in der Literatur nicht, da diese von derangewandten apparativen Ausstattung sowieder Messmethodik abhängig sind (s. auchKap. 4.4.1.1). Referenzgrößen für die Nervenan typischen Stellen können den zahlrei-chen Veröffentlichungen zu den einzelnen

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Erkrankungen, hauptsächlich zu den Kom-pressionssyndromen, entnommen werden.Einige augewählte Referenzwerte sind imTabellenanhang aufgeführt.

Die Darstellung auf Longitudinalschnit-ten ist schwieriger, da sich die Ultraschall-sonde nicht immer parallel zum Nervenver-lauf auf der Hautoberfläche ansetzen lässt.Der Nerv kann daher oftmals nicht auf demganzen Bild gezeigt werden, weiterhin kannes leichter zu Verwechslungen mit anderenStrukturen kommen, wie etwa den Muskel-faszien oder Septen im Unterhautfettgewebebei Beschallung oberflächlicher Hautnerven.Ein geschicktes und geduldiges Arbeiten mitdem Schallkopf ist daher notwendig. Ameinfachsten gelingt der Wechsel vom Trans-versal- zum Longitudinalschnitt so, dass derNerv zunächst in der Mitte des Bildes imTransversalschnitt dargestellt und unterSichtkontrolle die Sonde vorsichtig um 90°gedreht wird.

Analog zur Untersuchung von Muskelnund Sehnen ist eine Prüfung der kontralate-ralen asymptomatischen Seite unbedingtdurchzuführen. Die Diagnose einer Nerven-erkrankung ist nicht selten durch die Dar-stellung feiner Veränderungen in der Ner-vengröße oder Echotextur, die erst imSeitenvergleich eindeutig auffällig sind,möglich. Speziell bei der Betrachtung kom-pressiver Neuropathien, wenn eine Messungder Nervendiameter oder Nervenquer-schnittsflächen erforderlich ist, ist dies zubeachten. Aufgrund der interindividuellenVariabilität der Nervenmaße und bisher feh-lenden Referenzgrößen einzelner Nervendient die asymptomatische Körperseite alsoptimaler Vergleichswert.

Ein besonderes Merkmal der Sonogra-phie ist die dynamische Untersuchung.Durch Bewegung der Gliedmaßen könnenpathologische Befunde ausgelöst und leich-ter erkannt werden (z.B. Luxation des N.ulnaris vom Sulcus). Auch die Differenzie-rung der Nerven von anderen Strukturen

(z.B. Sehnen, Muskelfaszien) und die Beurtei-lung der Beziehung zu Nachbargeweben (z.B.Fehlen der Beweglichkeit des Nerven durchEinschnürung im Narbengewebe) können soerörtert werden.

Die Anwendung der farbkodiertenDuplexsonographie oder der Power-Doppler-sonographie ermöglicht zusätzlich zur B-Bild-Darstellung die Beurteilung der vasku-lären Versorgung eines Nerven. Diese ist v.a.bei der Bewertung von entzündlichen Zustän-den, des Nerventraumas oder kompressiverNeuropathien nützlich, wenn eine deutlicheVaskularisation zum Vorschein kommt. Beider Untersuchung von Nerventumoren kanndie Darstellung abnormer Vaskularisation beiSchwannomen, im Gegensatz zu den Neurofi-bromen, die Differenzialdiagnose erleichtern.Martinoli et al. [2000a] empfehlen die Einstel-lung der Farb-Duplexsonographie auf schwa-che Signale von Gefäßen mit langsamen Flüs-sen (Pulsrepetitionsfrequenz 1 kHz, Band-passfilter 50 Hz). Die Farb-Duplexsonographieist auch beim Auffinden größerer Nerven (siewerden häufig von Gefäßen begleitet) oderbei der Abgrenzung kleiner Nerven vonGefäßstrukturen hilfreich.

Zusammenfassung

Die Ultraschalluntersuchung der peripherenNerven sollte möglichst mit einem hochfre-quenten Breitbandlinearschallkopf vorge-nommen werden (z.B. 8–14 MHz). BeiBeschallung oberflächlicher Nerven wirdeine möglichst hohe Sendefrequenz (10–15MHz) angewandt, für die Darstellung tiefergelegener Strukturen kann die Frequenz bisauf 8 MHz – allerdings zulasten der Auflö-sung – gesenkt werden. Neben den Schall-köpfen bewirkt der Einsatz eines hochwerti-gen Ultraschallgeräts mit vielfältigen Prä-und Postprocessing-Einrichtungen eine opti-male Bildqualität und somit auch eine guteAussagekraft der Untersuchung.

2294.2 Sonographische Untersuchung der Nerven KKaappiitteell 44

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Mit einer geeigneten apparativen Ausstat-tung lassen sich alle wichtigen Nerven derExtremitäten untersuchen. Die Abbildung klei-ner Nervenäste sowie sensibler Nerven gelingtunregelmäßig und bedarf auch einer gewissenErfahrung des Untersuchers. Der gesunde Nervsowie jeder pathologische Befund sollten inzwei zueinander senkrechten Ebenen darge-stellt werden, um die Gefahr der Verwechslun-gen mit Artefakten zu minimieren. Bei asym-metrischen Erkrankungen empfiehlt es sich,beide Körperseiten miteinander zu verglei-chen, da die nicht oder weniger betroffeneExtremität als Referenz dienen kann.

Die dynamische Untersuchung kann zurIdentifikation der Nerven eingesetzt werden.Einige pathologische Zustände können erstbei Bewegungen der Gliedmaßen ausgelöstoder erkannt werden. Der Einsatz der Farb-Duplexsonographie und des Power-Doppler-verfahrens ermöglicht die Beurteilung dervaskulären Versorgung eines Nerven, wasbesonders bei der Betrachtung von kompres-siven oder traumatischen Neuropathien hilf-reich sein kann.

4.2.3 Normaler sonographischer Befund

Die gesunden Nerven sind aus einem kabel-artigen Strang von Faszikeln unterschiedli-cher Größe, die in ihrem Längsverlauf ple-xusartig miteinander in Verbindung stehen,zusammengesetzt. Faszikel werden von meh-reren Nervenfasern gebildet, die jeweils ausAxonen mit deren Myelinscheide sowieSchwannzellen bestehen. Die Anzahl undGröße der Faszikel ist nicht einheitlich undhängt von der Größe und Art des Nerven,dessen Entfernung vom Ursprung und vomumgebenden Gewebe ab. Die einzelnen Ner-venfasern werden vom Endoneurium, dieeinzelnen Nervenfaszikel vom Perineuriumumhüllt. Das Epineurium stellt die gemein-same Hülle des Nerven dar. Histologisch istes ein lockeres, fettreiches, durch Kollagenfa-

sern verstärktes Bindegewebe. Man unter-scheidet ein äußeres Epineurium, das denNervenstrang umschließt, und ein inneresoder interfaszikuläres Epineurium, welchesdie Räume zwischen den Faserbündeln aus-füllt. Das Epineurium verbindet die Nervenmit dem umliegenden Gewebe. In Muskello-gen oder in der Nähe von Gelenken ist dieVerbindung locker, und die Nerven könnendarin gut gleiten. Nur an wenigen Stellensind die Nervenstämme durch angrenzendesGewebe fixiert und damit in besonderemMaße mechanischen Läsionen ausgesetzt.Im Epineurium befinden sich, abgesehenvon Nervenfaszikeln, die Vasa nervorum, diefür die Gefäßversorgung zuständig sind. Grö-ßere Nervenstämme verlaufen häufig zusam-men mit größeren Arterien und Venen ineiner gemeinsamen Bindegewebsscheide insog. Nerv-Gefäß-Bündeln.

Bei der sonographischen Untersuchunghaben die Nerven auf Transversalschnitteneine runde bis ovale Form. Das typischesonographische Reflexmuster (Echotextur)der Nerven, das sich auf Transversalschnit-ten wabenförmig darstellt, ist durch kleinerunde echoarme Areale, die in einem echo-reichen Hintergrund eingebettet sind, ge-kennzeichnet (s. Abb. 4.1). Die Korrelationmit der Histologie hat gezeigt, dass die echo-armen Areale den Nervenfaszikeln und derechoreiche Hintergrund dem interfaszikulä-ren Epineurium entsprechen [Silvestri et al.1995]. Häufig lässt sich ein echoreicher Randals Abgrenzung zur Umgebung darstellen,der in vitro mit dem Epineurium überein-stimmt [Graif et al. 1991, Silvestri et al.1995]. In vivo und besonders an anatomi-schen Engstellen lassen sich die äußerenGrenzen des Nerven nicht immer eindeutigbestimmen. Der echoreiche Rand kann näm-lich sowohl als epifaszikuläres Epineuriumals auch als perineurales Fettgewebe, dasähnlich echoreich erscheinen kann, gedeu-tet werden [Martinoli et al. 2000b, 2002a].Daher ist zu beachten, dass die Messung der

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Nervenquerschnittsflächen immer inner-halb des echoreichen Randes durchgeführtwird [Duncan, Sullivan und Lomas 1999].Die Größe der Nerven korreliert nicht mitder Körpergröße, dem Gewicht undGeschlecht [Martinoli et al. 2000a].

Auf Longitudinalschnitten lässt sich dietypische faszikuläre Echotextur der Nervendarstellen. Diese wird durch multiple echoar-me, parallel verlaufende diskontinuierlicheAreale, die durch echoreiche Linien getrenntsind, gekennzeichnet (s. Abb. 4.1). KleinereNerven (z.B. R. profundus n. radialis odersensible Nerven) erscheinen eher echoarm,die typische faszikuläre Echotextur lässt sich

2314.2 Sonographische Untersuchung der Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.1: Normalbefund des N. medianus (Pfeil)am distalen Unterarm. Im Transversalschnitt ((a)lässt sich die typische wabenförmige Echotexturmit einzeln abgrenzbaren Faszikeln betrachten,im Longitudinalschnitt ((b) kommt die faszikulä-re Echotextur deutlich zum Vorschein. Es ist zubeachten, dass das epifaszikuläre und das inter-faszikuläre Epineurium gleichermaßen echo-reich aussehen. FDS = M. flexor digitorum super-ficialis. FDP = M. flexor digitorum profundus.

a

b

nicht konstant erkennen. Aus histosonogra-phischen Untersuchungen geht hervor, dassdie Anzahl der visualisierten Faszikel mit dersteigenden Schallkopfsendefrequenz inZusammenhang steht. Dennoch werdenauch bei Anwendung hoher Frequenzen (15 MHz) sonographisch weniger Faszikelsichtbar, als mikroskopisch festzustellensind. Begründen kann man dieses Faktumzum einen dadurch, dass benachbarte Faszi-kel ähnlicher Echogenität aufgrund unzurei-chender lateraler Auflösung zusammenflie-ßen und als eine Einheit erscheinen. Einezweite Erklärungsmöglichkeit beruht auf derTatsache, dass der Faszikel und das dazuge-hörige interfaszikuläre Epineurium bei nichtsenkrechter Beschallung aufgrund des undu-lierenden Verlaufs echoarm wirken,wodurch einige Faszikel nicht differenziertwerden können [Silvestri et al. 1995]. Hier-mit hängt auch das Phänomen der sog. An-isotropie, die für die Nerven sowie Sehnentypisch ist, eng zusammen. Aufgrund diesesUmstands ist nur bei senkrechter Beschal-lung eine maximal echoreiche Darstellunggegeben. Schräg getroffene Nerven und Seh-nen präsentieren sich artifiziell echoarm,was z.B. zu einer Verwechslung mit Nerven-schwellung bzw. Tenosynovitis oder gar zuverfehlter Erkennbarkeit der Struktur führenkann (s. Abb. 4.17, Video 2). Im Falle einesbogenförmigen Nervenverlaufs muss derSchallkopf angewinkelt werden, um alleAnteile korrekt wiedergeben zu können.

Die Identifizierung von Nerven kann inmanchen Fällen schwer fallen, wobei eineVerwechslung v.a. mit den Sehnen, Faszienund seltener auch mit Gefäßen möglich ist.Die Sehnen sind auf Longitudinalschnittendurch ihre feine fibrilläre Echotextur, diesich von der faszikulären Echotextur derNerven wesentlich unterscheidet, zu diffe-renzieren. Des Weiteren sind Form undGröße der Nerven im Verlauf variabel. Beider dynamischen Untersuchung werdendie Nerven im Gegensatz zu den Sehnen

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nur passiv mitbewegt. Im Longitudinal-schnitt können Muskelfaszien besondersdie Identifikation kleiner Nerven erschwe-ren. Eine konsequente Beschallung in zweiEbenen, die dynamische Untersuchungsowie die Verfolgung des Verlaufs der darge-stellten Struktur schaffen Klarheit. BeiBeschallung kleiner sensibler Nerven kön-

nen auch Gefäße, meistens Venen, Konfu-sion verursachen. Mithilfe der Anwendungder Farb-Duplexsonographie sowie durchDarstellung der Komprimierbarkeit derVenen gelingt die Identifikation sicher. DieKriterien zur Differenzierung der Nervengegenüber anderen Strukturen sind in derTabelle 4.1 resümiert.

232 4 Untersuchung der Nerven

Tab. 4.1: Differenzierung der Nerven von anderen Strukturen

SonographischesMerkmal

Nerv Sehne Faszie Gefäß

Konfiguration im Transversalschnitt

rund bis oval,manchmal unregelmäßig

rund bis oval bandförmig rund

Konfiguration imLongitudinalschnitt

bandförmig bandförmig bandförmig bandförmig

Echogenität echoarm bis echoreich echoreich echoreich echofrei

Echotextur trans-versal

wabenförmig bzw.grobe Punkte

feine Punkte nur eine starke echoreiche Linie;manchmal dün-nes echoarmes Band zwischen parallelen echo-reichen Linien

echofreies Areal mit echoreichem Rand

Echotextur longi-tudinal

faszikulär – parallel verlaufende, diskonti-nuierliche echoarme Bänder, getrenntdurch echoreiche Linien

fibrillär – feine parallel verlau-fende, echorei-che Linien,getrennt durch echoarme Linien

nur eine starke echoreiche Linie;manchmal dün-nes echoarmes Band zwischen parallelen echo-reichen Linien

echofreies Band zwischen zwei echoreichen Linien

dynamische Untersuchung

passive Mitbewegung Bewegung Bewegung keine Bewegung

Vaskularisation in der Farb-Duplex-sonographie

bei Verstärkung schwacher Signale geringe Mikrozirku-lation

keine keine Flusssignal im Lumen

Besonderheiten Anisotropie; Form und Maße im Verlauf variabel

Anisotropie ähnliches Aus-sehen im Trans-versal- und Longitudinal-schnitt

Komprimierbarkeitder Venen;Pulsation der Arterien

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Zusammenfassung

Gesunde periphere Nerven erscheinen aufTransversalschnitten als runde bis ovale vor-wiegend Strukturen mit echoreichem Rand.Sie besitzen eine typische wabenförmigeEchotextur. Dabei entsprechen die rundli-chen echoarmen Areale den Nervenfaszikelnund der echoreiche Hintergrund, in den sieeingebettet sind, dem interfaszikulären Epi-neurium. Der echoreiche Rand kann sowohldem epifaszikulären Epineurium als auchdem perineuralen Fettgewebe entsprechen.

Auf Longitudinalschnitten zeigt sich einetypische faszikuläre Echotextur, welchedurch das Vorkommen multipler echoarmerAreale, die durch echoreiche Bändergetrennt sind, gekennzeichnet ist. Die Ner-ven weisen eine sog. Anisotropie auf, wobeidie nicht senkrechte Beschallung ein echoar-mes Artefakt verursacht und somit zur Ver-wechslung mit pathologischen Zuständen,wie der Nervenschwellung, führen kann. BeiBewegung der Gliedmaßen werden die Ner-ven passiv mitbewegt. Die Vaskularisationkann mit Einsatz der Farbduplexsonographiedargestellt werden.

Die Nerven können anhand dieser Merk-male von anderen Strukturen wie Sehnen,Muskelfaszien oder Gefäßen sicher differen-ziert werden.

4.2.4 Befundbeschreibung

Die Beschreibung des Befunds der neuroso-nographischen Untersuchung muss einigebasale Informationen beinhalten. Zunächst

müssen der Umfang der Darstellung desuntersuchten Nerven, die Art der pathologi-schen Veränderung, deren Lokalisation undMaße mit Seitenangabe dokumentiert wer-den. Zur genaueren Schilderung der Lokali-sation können bekannte anatomische Struk-turen, wie Knochen, Muskeln, Sehnen undGefäße herangezogen werden. Die Angabezur Ausdehnung der Abweichung sollte stan-dardmäßig zumindest in zwei Ebenen erfol-gen und in SI-Einheiten (am besten in Milli-metern) angegeben werden. Zur besserenIllustration sind auch zusätzliche verglei-chende Äußerungen sinnvoll (z.B. Vergröße-rung der Querschnittsfläche auf das Zweifa-che im Vergleich zur Gegenseite). DieBeschreibung des Befunds erfolgt in üblichersonographischer Terminologie. So werdensonomorphologische Merkmale wie Oberflä-chenkontur, Abgrenzung (scharf/unscharf),Verdickung/Ausdünnung, Kalibersprung undDefektbildung beschrieben.

Echogenitätsveränderungen werden quanti-tativ als echofrei, echoarm oder echoreich,die Verteilung der Echogenität als homogenoder inhomogen mitgeteilt. Besonderheitender Schallausbreitung wie Schallschatten unddorsale Schallverstärkung sollten nicht uner-wähnt bleiben. Veränderungen der Echotex-tur (verminderte Erkennbarkeit oder Fehlen)sollten ebenfalls dokumentiert werden. DesWeiteren werden Auffälligkeiten bei der dyna-mischen Untersuchung sowie der Betrach-tung mit der Farb-Duplexsonographie aufge-zählt. Am Ende des Befunds wird eine kurzepathomorphologische Beurteilung mit Äuße-rung zur Diagnose niedergelegt.

2334.2 Sonographische Untersuchung der Nerven KKaappiitteell 44

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4.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven

Die Darstellung peripherer Nerven mit Ultra-sonographie ist nicht einfach. Die Wertigkeitder Untersuchung ist neben der apparativenAusrüstung in hohem Maße vom Untersu-cher anhängig. In erfahrenen Händen wirdjedoch die Sonographie als die am einfach-sten durchführbare, schnellste, aussagekräf-tigste und kostengünstigste Untersuchungs-methode zur Beurteilung peripherer Nervenangesehen [Martinoli et al. 2000b]. Zwei derwenigen Nachteile sind dabei neben demschwächeren Auflösungsvermögen bei Dar-stellung tiefer gelegener Strukturen geradedie Abhängigkeit vom Untersucher und einerelativ lange Lernkurve zur Erreichung dia-gnostischer Kompetenzen. Die Einzigartig-keit der Sonographie besteht darin, dassSchnittbilder in realer Zeit in multiplen Ebe-nen sowie in der Bewegung erstellt werdenkönnen. Um diese beurteilen zu können, sindfundierte Kenntnisse in der regionalen topo-graphischen Anatomie eine unabdingbareVoraussetzung. Besonders für den Anfänger,aber auch für den Erfahrenen, insbesonderebei Beurteilung schwieriger Fragestellungenoder Aufsuchen sensibler Nerven (z.B. beiNerventrauma), ist der Gebrauch von anato-mischen Atlanten vor und während derUntersuchung zu empfehlen.

Im Folgenden wird die spezielle Untersu-chungstechnik einzelner peripherer Nervenvorgestellt. Soweit Standardschnittebenenfür die einzelnen Nerven definiert sind, wur-den die Nerven in diesen Lokalisationenabgebildet. Zur Veranschaulichung der Maßeder Befunde sowie zur Orientierung bzgl. derTiefe (bei abgebildeter Oberfläche) sind beivielen Abbildungen die Messskalen reprodu-ziert worden, der Abstand zwischen denLinien beträgt jeweils 5 mm. Alle Abbildun-gen wurden soweit nicht naders angegebenmit einem hochauflösenden 8- bis 14-MHz-

234 4 Untersuchung der Nerven

Schallkopf angefertigt. Neben den Bildernsind die Videos auf der beigefügten CD-ROMunbedingt zu beachten, da oftmals nur in derBewegung wichtige Details erkannt werdenkönnen. Insgesamt können alle wichtigenExtremitätennerven auch von dem wenigerErfahrenen sicher identifiziert und analysiertwerden, wenn man die Anleitung zur Unter-suchung im Text berücksichtigt.

4.3.1 Plexus brachialis

Der Plexus brachialis entsteht aus den Ramianteriores der Spinalnerven C5 bis Th1, miteinem kleinen Anteil von C4. Diese vereini-gen sich in die Primärstränge (Trunci) meis-tens in der interskalenischen Lücke zwi-schen dem M. scalenus anterior undmedialis, tauschen mehrfach die Fasern undwerden infraklavikulär zu Sekundärsträngen(Fasciculi), aus denen einzelne periphereNerven entstehen, die die obere Extremitätversorgen. Die Darstellung sowohl dessupra- wie auch infraklavikulären Plexusbrachialis ist sonographisch möglich. VonNachteil ist, dass, anders als bei den Extre-mitätennerven, eine kontinuierliche An-sicht nicht möglich ist, da die Klavikula diesverhindert. Die supraklavikulären Plexusan-teile lassen sich am besten bei einem liegen-den Patienten, der den Kopf zur Gegenseitewendet, darstellen. Bei Untersuchung desinfraklavikulären Anteils wird der Armabduziert oder hochgehoben. Die initialeDarstellung der Trunci des Plexus wird inHöhe des interskalenischen Spalts durchge-führt. Strukturen des Plexus brachialiserscheinen auf Transversalschnitten als run-de echoarme Knötchen und auf Longitudi-nalschnitten als tubuläre echoarme Struktu-ren (s. Abb. 4.2). Das echoarme Aussehen istim Gegensatz zu dem eher echoreichenErscheinen der Extremitätennerven mögli-cherweise durch eine andere histologischeZusammensetzung (Verhältnis zwischen

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Nervenfaszikel und Nervenbindegewebe)oder durch eine unterschiedliche Echogeni-tät der Umgebung bedingt [Yang, Chuli undMetreweli 1998]. Die Verwechslung mit denauf Transversalschnitten ähnlich wirkendensupraklavikulären Lymphknoten lässt sichdurch das konsequente Anfertigen von Lon-gitudinalschnitten vermeiden. Aufgrund desgeringen Kontrasts zur Umgebung lassensich die einzelnen Nerven, v.a. solche, diedie Schulter- und Brustmuskulatur versorgen(z.B. Nn. thoracodorsalis und thoracicus lon-gus), nur in Ausnahmefällen darstellen.

Die Anwendung der Sonographie des Ple-xus brachialis besteht hauptsächlich in derregionalen Plexusanästhesie. Entsprechendden verschiedenen anästhesiologischenZugängen wurden sonographische Techni-ken bei der interskalenischen, supraklaviku-lären, infraklavikulären und axillären Ple-xusanästhesie in den aufgeführten Ver-öffentlichungen beschrieben [Kapral et al.1994, Ootaki, Hayashi und Amano 2000,Sheppard, Iyer und Fenstermacher 1998,Yang, Chuli und Metreweli 1998, Martinoliet al. 2002c].

2354.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.2: Supraklavikulärer Plexus brachialis. ImTransversalschnitt lassen sich die Faszikel alsrunde echoarme Strukturen wabenförmigerEchotextur (Pfeile) in Begleitung der A. subcla-via (A) erkennen. Die nervalen Strukturen kon-trastieren schwach zur Umgebung, daher solltezu deren Identifikation die Schallsonde mehr-fach hoch- und heruntergefahren werden. Pfeil-spitzen = Clavicula.

Die Beurteilung feiner Veränderungen,wie z.B. Kompression der Plexusanteile beimThoracic-outlet-Syndrom, wurde bislangnicht beschrieben. Aufgrund der tiefen Lageund des schwachen Umgebungkontrasts istdiese Aufgabe mit der aktuellen apparativenAusstattung kaum durchführbar. Tumorendes Plexus brachialis lassen sich dagegen gutsonographisch darstellen (s. Video 3).

4.3.2 N. medianus

Die Lagerung des Patienten erfolgt zweckge-mäß entsprechend dem zu untersuchendenNervenabschnitt. Bei Betrachtung des Ner-venverlaufs vom Ellenbogen nach distalempfiehlt es sich, wenn der Patient demArzt gegen-übersitzt und die Hände auf eineUnterlage in leicht dorsalflektierte Stellunglegt (s. Abb. 4.3). Der Verlauf am Oberarmbis zur Axilla ist in liegender Position mitabduziertem Arm einfach zu untersuchen.Die initiale Darstellung des N. medianus istin Höhe der distalen Handgelenksfalte zuempfehlen. Hier liegt der Nerv ganz an derOberfläche und ist auf Transversalschnittenals eine ovale Struktur mit wabenförmigerEchotextur und oft echoreichem Rand iden-tifizierbar (s. Abb. 4.4). Anatomisch gese-hen, befindet sich diese Stelle am radiokar-palen Gelenk, unmittelbar distal folgt der

Abb. 4.3: Untersuchungsposition zur Darstel-lung des N. medianus am Handgelenk.

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Übergang zum Eingang in den Karpaltunnel.Da sich hier rund um den Nerven mehrereSehnen befinden, kann für den Anfänger dieIdentifizierung manchmal schwer fallen. Alsgute Hilfe erweist sich die Darstellung descharakteristischen Nervenverlaufs, wenn dieSonde etwa 3 cm nach proximal vor- undzurückgefahren wird. Hierbei wird gezeigt,wie der Nerv als einzige Struktur in einemBogen gegen den Uhrzeigersinn von derOberfläche auf die Faszie zwischen dem tie-fen und oberflächlichen Fingerbeugerabsteigt (s. Video 4). Nach der sicheren Iden-tifikation in Höhe der Handgelenksfalte istder Nerv weiter nach distal im Karpaltunnelbis zu seiner Teilung distal des Retinaculumflexorum zu verfolgen. Auf die Einzelheitender Darstellung im Karpaltunnel wird imKapitel 4.4.1 eingegangen. Mit hochwertigerapparativer Ausstattung gelingt es, auch dieNn. digitales palmares communes und dieeinzelnen Digitalnerven abzubilden. DieIdentifikation wird durch die Betrachtungder begleitenden Arterien erleichtert.

Der Verlauf des N. medianus vom Hand-gelenk nach proximal ist am besten im Vi-deo 4 zu studieren. Der N. medianus liegt amUnterarm an der Faszie zwischen dem ober-flächlichen und tiefen Fingerbeuger und

erreicht am proximalen Unterarm unter demM. pronator teres seinen tiefsten Punkt. Hierist es erforderlich, die Sendefrequenz zu ver-ringern (bei adipösen Patienten bis auf 8 MHz), wodurch zugleich die Binnenstruk-tur und die Abgrenzung des Nerven unpräzi-ser zur Darstellung kommen. Im weiterenVerlauf wird der Nerv von der A. cubitalisüber den Ellenbogen begleitet. Am Oberarmbildet der N. medianus zusammen mit der A. brachialis und den Venae brachiales einneurovaskuläres Bündel. In der Oberarmmit-te schließen sich diesem noch der N. ulnaris,der N. cutaneus antebrachii medialis sowiedie V. basilica an, um gemeinsam bis zurAxilla zu verlaufen. Der proximalste Punkt,an dem der Nerv noch gezeigt werden kann,befindet sich meist in Höhe des M. pectoralismajor. Bei schlanken Patienten lässt er sichjedoch mitunter bis zu den infraklavikulärenAnteilen des Plexus brachialis darstellen.

Der Verlauf des N. medianus auf Longitu-dinalschnitten lässt sich im Video 2 ersehen.Die initiale Darstellung gelingt am besten,wenn nach dem Transversalschnitt in Höheder distalen Handgelenksfalte der Schallkopflangsam um 90° gedreht wird. Der Nerv liegthier als oberflächlichste Struktur mit typi-scher faszikulärer Echotextur über den fibril-

236 4 Untersuchung der Nerven

Abb. 4.4: Normalbefunddes N. medianus in Höhedes radiokarpalenGelenks. Der Transversal-schnitt zeigt den N. me-dianus als eine echoar-me ovale Struktur mittypischer wabenförmi-ger Echotextur (Pfeil). Erbefindet sich unmittel-bar unter der Fasciaantebrachii (Punkte), dieals ein dünnes echoar-mes Band zwischen zweiechoreichen Linienerscheint. Von links nachrechts sind mehrere Beu-gesehnen markiert (F):

Sehnen des M. flexor carpi radialis und des M. flexor pollicis longus sowie einige Sehnen des M. flexordigitorum superficialis. Charakteristisch ist der bogenförmige Reflex des Os lunatum (Pfeilspitzen).Doppelte Pfeilspitzen = Radius.

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lär erscheinenden Sehnen und läuft nachdistal in den Karpaltunnel hinein. Nach pro-ximal ist die Verfolgung des Nerven bis aufzwei Stellen einfach. Am distalen Unterarmmüssen die Sehnen sowie Faszien abgegrenztwerden, was durch die Beurteilung der Echo-textur oder mittels dynamischer Untersu-chung gelingt. Am proximalem Unterarmwird die Darstellung durch den schrägen Ver-lauf erschwert, weshalb der Nerv nicht aufeinem Schnittbild präsentiert werden kann.Durch geduldiges Manövrieren mit demSchallkopf gelingt dies jedoch auch. AmOberarm lässt sich der Nerv bis zur Axilla hinverfolgen, die Anwendung der Farb-Duplex-sonographie erleichtert wesentlich die Orien-tierung durch die Ansicht der Gefäße.

4.3.3 N. ulnaris

Der N. ulnaris kann durch drei Zugängeuntersucht werden, deren Auswahl von demzu betrachtenden Nervenabschnitt abhängigist. Bei Begutachtung des Verlaufs distal desSulcus ist die Lagerung des Patienten mit derfür die Untersuchung des N. medianus iden-tisch. Initial wird der N. ulnaris beim sitzen-den Patienten am Handgelenk in Transver-salschnitten am Eingang in den distalen

Ulnaristunnel (sog. Loge-de-Guyon) darge-stellt. Als sonographischer Anhaltspunkt die-nen der Reflex des Os pisiforme und die pul-sierende A. ulnaris (s. Abb. 4.5, Video 5,Video 14, Video 15). Der Nerv lässt sich zwi-schen diesen beiden Strukturen, auf demRetinaculum flexorum liegend, gut erken-nen. Das Dach des Tunnels bilden der M. pal-maris brevis sowie Fett und fibröses Gewebeder Hypothenareminenz. Im Verlauf vonproximal nach distal bilden die Sehnen derFingerflexoren, das Lig. carpi transversumund der Hamulus ossis hamati die radialeBegrenzung des Tunnels und sind damit guteOrientierungspunkte. Die ulnare Wand wirddurch die Sehne des M. flexor carpi ulnaris,das Os pisiforme und den M. abductor digitiminimi bestimmt. Mit einem guten Ultra-schallgerät lässt sich die Teilung in den R. superficialis und den R. profundus, derauch über eine kurze Strecke in der Hohl-hand zu verfolgen ist, darstellen. Zusammenmit dem Nerven ist auch die Teilung der A. ulnaris als auch die Lage des bei der endo-skopischen Karpalbandspaltung verletzbarenArcus palmaris superficialis sichtbar. Bei deretwas kniffeligeren Untersuchung in derLongitudinalschnittebene sollte stets auf dieAbgrenzung des Nerven von der Sehne desM. flexor carpi ulnaris geachtet werden.

2374.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.5: Normalbe-fund des N. ulnaris amHandgelenk. DerTransversalschnittzeigt den N. ulnaris(Pfeil) in Begleitungder A. ulnaris (Pfeil-kopf) beim Eintritt indie Guyon-Loge. DerAnsatz des Retinacu-lum flexorum (Punkte)auf dem Os pisiforme(Pfeilspitzen) ist guterkennbar. Unter demRetinakulum sind dieechoreichen Beuge-sehnen sichtbar. M =M. palmaris brevis.

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Bei der Verfolgung vom Handgelenknach proximal verläuft der Nerv bis zurUnterarmmitte mit der A. ulnaris zusam-men, um später wieder alleine zwischen demM. flexor digitorum superficialis, dem M. fle-xor digitorum profundus und dem M. flexorcarpi ulnaris über den Kubitaltunnel bis hinzum Ellenbogen zu gelangen. Zur Untersu-chung des Nerven in dieser Region sowievon weiter proximal gelegenen Abschnittenwird der Patient auf den Rücken mit etwa 90°abduziertem Oberarm und leicht flektiertemEllenbogen gelegt. Die Anwendung einesSchallkopfs mit schmaler Breite ist hier auf-grund der guten Manövrierbarkeit von Vor-teil. Zur guten akustischen Kopplung solltereichlich Ultraschallgel verwendet werden.

238 4 Untersuchung der Nerven

Abb. 4.6: Normalbefund des N. ulnaris im Sul-cus (11-MHz-Schallkopf)). Der Transversalschnitt((a) zeigt den Nerven als eine runde echoarmeStruktur mit echoreichem Rand (Pfeil), die zwi-schen dem Epicondylus medialis (Em) und demOlecranon (Ol) liegt. Die einzelnen Faszikel sindansatzweise erkennbar. Im Longitudinalschnitt((b) ist der Eintritt des Nerven (Pfeile) in den M.flexor carpi ulnaris (Punkte) gut sichtbar. DerNerv erscheint aufgrund der Anisotropie imMaximum des bogenförmigen Verlaufs echo-arm. Es lassen sich einige Faszikel wahrneh-men. Pfeilspitzen = Ulna.

Der N. ulnaris wird zunächst auf Trans-versalschnitten in der Ulnarisrinne darge-stellt (s. Abb. 4.6). Er erscheint als eine run-de bis ovale echoreiche Struktur zwischendem bogenförmigen Reflex des Epicondylusmedialis (liegt diesem an) und dem Olecra-non. Er wird regelmäßig von einem echorei-chen Rand umgeben. Eine mehr oder weni-ger starke Pulsation einer begleitenden Arterie ist mit der Farb-Duplexsonographiezu sehen. Bei langsamer Verfolgung nachdistal verläuft der N. ulnaris in einem osteo-fibrösen Tunnel, dem Kubitaltunnel, und isthier von einer mehr oder weniger stark aus-gebildeten Faszienverdickung, dem Lig. epi-condyloolecranicum, überdacht, das sichzwischen dem Epicondylus medialis unddem Olecranon erstreckt. Die medialeBegrenzung des Tunnels erfolgt durch dasLig. collaterale ulnare. Anschließend gelangter zwischen den Köpfen des M. flexor carpiulnaris, die vom Epicondylus medialis bzw.vom Olecranon entspringen und häufigeine bindegewebige Arkade, das Lig. arcua-tum, bilden, auf die Beugeseite des Unter-arms. Die Ligg. epicondyloolecranicum undarcuatum sind selten sonographisch darstel-len. Im englischsprachigen Schrifttum wer-den sie gemeinsam als die humeroulnareArkade bezeichnet und für die Nervenkom-pression beim Kubitaltunnelsyndrom ver-antwortlich gemacht [Campbell 2000]. DieVerdickung dieser Bänder lässt sich manch-mal beim Kubitaltunnelsyndrom beobach-ten. Die exakte Abgrenzung des N. ulnariskann im Kubitaltunnel und besonders beimEintritt in den M. flexor carpi ulnarisschwierig sein, da die äußeren Nervengren-zen zum umgebenden fettreichen Gewebeschwach kontrastieren und sich nicht ein-fach auseinander halten lassen. Der Nervkann hier bei leichter Ellenbogenflexionauch bei Gesunden etwas abgeflacht wirken[Okamoto et al. 2000a, 2000b]. Auf Longitu-dinalschnitten lässt sich jedoch im Normal-fall im Gegensatz zum Befund beim Kubital-

a

b

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tunnelsyndrom keine abrupte Änderung desNervendiameters darstellen (s. Kap. 4.4.1).

Die Beurteilung von Kompressionszei-chen beim Kubitaltunnelsyndrom gelingtwegen der besseren Manövrierbarkeit mitdem Schallkopf besser, wenn der Patient mitadduziertem Oberarm auf dem Bauch liegt.Bei gleichzeitiger Streckung und Pronationim Ellenbogen nimmt der Nerv vom Ober-arm bis zum Unterarm einen nahezu geradli-nigen Verlauf an, was wichtig für die Unter-suchung in der Longitudinalebene ist. Dabekannt ist, dass schon bei leichter Ellenbo-genflexion der Nerv auch bei Gesundenabgeflacht erscheinen kann [Okamoto et al.2000a, 2000b], sind die Messungen der Ner-venmaße am gestreckten Elenbogen durch-zuführen. Ein Nachteil dieser Lagerungsposi-tion ist, dass sich nicht der ganzeNervenverlauf beurteilen lässt.

In der Rückenlage lässt sich eine Subluxa-tion bzw. Luxation des Nerven vom Sulcusoptimal untersuchen (s. Video 1). Hierbeiwird der Nerv im Sulcus zunächst beigestrecktem Ellenbogen augesucht und derArm konsekutiv maximal flektiert. Bei nor-malen Verhältnissen übersteigt er die Konve-xität des Epicondylus medialis nicht. Wich-tig ist zu beachten, dass kein übermäßigerDruck mit dem Schallkopf ausgeübt wird, daansons-ten eine Dislokation des Nerven ver-hindert werden könnte.

Nach der Darstellung in der Ellenbogen-region ist die Verfolgung des N. ulnaris amOberarm relativ einfach. Der Nerv schließtsich dem gemeinsamen neurovaskulärenBündel mit dem N. medianus, der A. brachia-lis, der Vv. brachiales sowie der V. basilica anund lässt sich bis zur Axilla hin darstellen.

4.3.4 N. radialis

Der N. radialis lässt sich am besten untersu-chen, wenn der Patient, der seinen Armlocker flektiert auf einem Kissen hält, dem

Untersucher gegenübersitzt. Der Nerv ziehtvon der Axilla als Endast des Fasciculus poste-rior des Plexus brachialis zum Humerus undwindet sich in Begleitung von A. und V. bra-chii profunda im sog. Schraubenkanal (Sul-cus n. radialis, Canalis spiralis) um den Ober-armknochen herum. Die initiale Darstellungerfolgt auf Transversalschnitten in der Ober-armmitte im Schraubenkanal (s. Abb. 4.7,Video 6), wo der Nerv als eine runde Strukturmit echoreichem Rand, die aus mehrerenechoarmen Faszikeln besteht, erscheint. Erwird hier von der A. profunda brachii beglei-tet, deren Sichtung mittels der Farb-Duplex-sonographie ein schnelles Auffinden des Ner-ven ermöglicht. Der Nerv liegt dem Periostdes Humerus ungepolstert auf und ist dahergegenüber Druck und Frakturen besondersexponiert. Im Verlauf des Schraubenkanalsentspringt in variabler Höhe der N. cutaneusantebrachii posterior (s. Video 6). Der N. radi-alis taucht anschließend, von fettreichemGewebe umgeben und auf der ventrolatera-len Oberarmseite gelegen, zwischen dem M. brachialis und dem M. brachioradialis ab.Aufgrund der tiefen Lage (je nach Habitus 2–5 cm) muss die Schallkopfsendefrequenzbis auf 8 MHz verringert werden. Die Diffe-renzierung der exakten Nervengrenzengelingt unter Vergrößerung des Bildes, jedochmit entsprechend schlechterer Auflösung.Meistens in Höhe des Humeroradialgelenkserfolgt die Teilung des N. radialis in den dün-neren sensiblen R. superficialis und dendickeren, überwiegend motorischen R. pro-fundus (s. Abb. 4.8). In Höhe der Teilung,manchmal jedoch auch distal davon, über-kreuzt den Nerv eine Gruppe von Gefäßen,namentlich die Aa. recurrentes radiales (imenglischsprachigem Raum auch „leash ofHenry“ genannt).

Der R. profundus n. radialis, im eng-lischsprachigem Schrifttum als der N. inter-osseus posterior bezeichnet, verläuft distalder Teilung in Höhe des Epicondylus lateralishumeri bis zum proximalen Rand des ober-

2394.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

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flächlichen Supinatorkopfs zwischen M. bra-chialis medial und M. brachioradialis lateralim sog. Radialistunnel. Der Abschnitt vomproximalen bis zum distalen Rand des M.supinator wird als Supinatorloge oder Supina-tortunnel deklariert. Im Supinatortunnel sindaufgrund der tiefen Lage die Untersuchungdes Nerven und die Beurteilung etwaigerKompressionszeichen schwierig und gelin-gen nur mit einer hochwertigen apparativenAusstattung. Mit entsprechender Ausrüstunglässt sich der R. profundus manchmal sogardistal des M. supinator darstellen.

Der R. superficialis n. radialis steigtnach der Trennung vom Radialishaupt-stamm entlang des M. brachioradialis zurOberfläche auf und lässt sich hier, an der Fas-

240 4 Untersuchung der Nerven

Abb. 4.7: Normalbefund des N. radialis amOberarm. (a) Die Untersuchungsposition desNerven beim sitzenden Patienten. (b) Im Trans-versalschnitt stellt sich der Nerv (Pfeil) als run-de echoarme Struktur dar. Er taucht von derHumerusoberfläche (Pfeilspitzen) in den M.brachialis (Br) ein. Einzelne Faszikel sind gutabgrenzbar. (c) Korrespondierender Befund imLongitudinalschnitt. Tc = M. triceps brachii.SF = Subkutangewebe.

a

b c

Abb. 4.8: Teilung des N. radialis am lateralenEllenbogen. Im Longitudinalschnitt wird die Teilung des Nerven (Pfeil) in die Rr. profundus(Doppelpfeile) und superficialis (dicke Pfeile)wiedergegeben. BR = M. brachioradialis,SF = Subkutanfettgewebe.

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cia antebrachii im Subkutanfettgewebe lie-gend, bis zum Handgelenk verfolgen. DieDarstellung ist jedoch, wie bei allen sensi-blen Nerven, schwierig und gelingt nichtregelmäßig.

Die Untersuchung des N. radialis aufLongitudinalschnitten bedarf aufgrund desspiralförmigen Verlaufs am Oberarm sowiebei Aufsuchen der Teilung eines besondersgeduldigen Arbeitens. Trotz dieser Schwierig-keit ist die Wiedergabe in zwei Ebenen unbe-dingt anzustreben, da eine etwaige Verdi-ckung der Faszikel des echoarmen Nerven alsHinweis auf eine axonale Schwellung, z.B.im Rahmen von Läsionen des N. radialis beiOberarmfrakturen, hierdurch besser zu erfas-sen ist (s. Abb. 4.40) [Bodner et al. 2001].

4.3.5 N. femoralis

Der N. femoralis entstammt aus den Rr. ante-riores der Nn. lumbales II–IV unterhalb derMuskelmasse des M. psoas major. Retroperito-neal gelegen, zieht der Nerv einige Zentimeterproximal des Leistenbands am lateralen Randdes M. psoas major abwärts in Richtung Trigo-num femorale. In der Inguinalregion kannder Nerv am leichtesten identifiziert werden.Hier erscheint er in Transversalschnitten als

2414.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.9: Normalbefund des N. femoralis knappdistal des Inguinalbands. Der Nerv (Pfeil) zeigtsich als eine rundliche Struktur in Nachbar-schaft zur A. femoralis (A). Trotz des schwachenKontrasts zum umgebenden Gewebe, sind dieFaszikel ansatzweise erkennbar. V = V. femoralis.

eine ovale, gelegentlich dreiecksförmigeechoreiche Struktur lateral der pulsierendenA. femoralis (s. Abb. 4.9). Auf einer Streckevon bis zu 10 cm kann der Nerv nach proxi-mal verfolgt und der intrapelvine Abschnittbeurteilt werden. Auf Longitudinalschnittenlässt er sich bei gutem Kontrast zum Psoassicher erkennen [Sener et al. 1991]. Distal desLeistenbands ist aufgrund der frühen Auf-zweigung die Darstellung schwierig und nurauf einer kurzen Strecke möglich. Die mus-kelversorgenden Äste lassen sich mit deraktuellen apparativen Ausstattung nichtabbilden [Gruber et al. 2003].

Die Darstellung des sensiblen Astes, desN. saphenus, ist uns bislang nur bei schlan-ken Patienten gelungen. Hier kann der Nervim Subkutanfettgewebe auf der medialenKnieseite häufig dorsomedial der V. saphenamagna identifiziert werden. Aufgrund desgeringen Kontrasts zur Umgebung gelingendas Aufsuchen und die weitere Verfolgungnach distal nicht regelmäßig. Bei Untersu-chung von pathologischen Zuständen, z.B.im Rahmen traumatischer Neurome nachVenenstripping, ist die Darstellung dagegeneinfacher (s. Abb. 4.35).

4.3.6 N. ischiadicus, N. tibialis,N. peronaeus

Der N. ischiadicus ist der größte periphereNerv im menschlichen Körper. Nach demAustritt aus dem Foramen infrapiriformezieht er, unter dem M. glutaeus maximusgelegen, nach distal. Im Oberschenkel befin-det er sich auf dem M. adductor magnus undwird von den Mm. semitendinosus und semi-membranosus bedeckt. Die sonographischeDarstellung gelingt am besten in Transversal-schnitten im proximalen Oberschenkeldrittel(s. Abb. 4.10). Der Nerv erscheint als eineovale und vor dem Hintergrund der echoar-men Muskulatur echoreiche Struktur miteinem mittleren mediolateralen Diameter

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von ca. 7 mm [Graif et al. 1991]. Er lässt sichnach proximal problemlos bis zur Glutäalfal-te, bei schlanken Personen sogar bis zum Aus-tritt aus dem Foramen infrapiriforme verfol-gen. In der Longitudinalschnittebene müssendie ähnlich aussehenden, parallel-linearenReflexe der Muskelfaszien und Muskelbündel-züge differenziert werden. Da der Nerv konti-nuierlich in der Tiefe verweilt, muss dieSchallkopfsendefrequenz während der Unter-suchung bis auf 8 MHz gesenkt werden. DieAufteilung des N. ischiadicus in den N. tibia-lis und den N. peronaeus communis erfolgt invariabler Höhe, meistens jedoch im distalenOberschenkel.

242 4 Untersuchung der Nerven

Abb. 4.10: Normalbefund des N. ischiadicus amproximalem Oberschenkel. Im Transversal-schnitt ((a) erscheint der Nerv (Pfeil) als ovale,etwa 5 x 10 mm große, echoreiche Struktur mitgut erkennbaren Faszikeln. Er liegt auf dem M.adductor magnus und wird von den Kniebeu-gern gedeckt. Im Longitudinalschnitt ((b) tritt dietypische faszikuläre Echotextur deutlich hervor.

Der N. peronaeus communis verläuftnach seiner Abzweigung schräg nach lateralentlang des M. biceps femoris bis zumAnsatz dessen Sehne am Caput fibulae. Hierlässt er sich sonographisch am besten dar-stellen, wie er zwischen die beiden Köpfe desM. peronaeus longus eintritt und sich in denvorwiegend motorischen N. peronaeus pro-fundus und den vorwiegend sensiblen N.peronaeus superficialis aufteilt. Der Nerverscheint als ovale und eher echoarme Struk-tur mit echoreichem Rand. Auf dem Collumfibulae ist er abgeflacht, befindet sich naheder Oberfläche und ist gegen den Knochenverschieblich. Die Faszikeln lassen sich auchbei Gesunden nicht immer abgrenzen (s.Abb. 4.11, Video 7). Die Darstellung der Pul-sation einer begleitenden Arterie mit derFarb-Duplexsonographie erleichtert häufigseine Identifikation. Die weitere Verfolgungdes N. peronaeus profundus in der Tiefe derUnterschenkelmuskulatur ist aufgrund desgeringen Kontrasts zur Umgebung schwie-rig. Der N. peronaeus superficialis ist eben-falls trotz Anwendung hochwertiger appara-tiver Ausstattung nicht regelmäßig imganzen Verlauf sichtbar.

Der N. tibialis bewegt sich nach derAbzweigung vom N. ischiadicus im Gegen-satz zum N. peronaeus gerade nach distalzwischen die Köpfe des M. gastrocnemius.Am Unterschenkel erstreckt er sich, auf dentiefen Fuß- und Zehenflexoren gelegen, bishin zum Malleolus medialis. Hinter diesemkann er sonographisch in Begleitung der A. und Vv. tibialis posterior relativ einfachidentifiziert und nach proximal verfolgtwerden (s. Abb. 4.12). Nach distal tritt er inden sog. Tarsaltunnel ein, um sich in oderdistal von diesem in seine Endäste, die Nn. plantaries medialis und lateralis, aufzu-teilen. Im Fußbereich lassen sich sowohl dieEndäste des N. tibialis als auch die des N.peronaeus aufgrund ihrer geringen Größe(etwa 1 mm) nur schwierig abbilden.

b

a

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2434.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.11: Normalbefund des N. peronaeus communis. (a) Der Transversalschnitt zeigt den N. pero-naeus communis (Pfeil) als ovale echoarme Struktur in der Nähe des Fibulaköpfchens (Pfeilspitzen).Durch die dicke Schicht des Subkutanfettgewebes (SF) ist die Darstellung undeutlicher, die Faszikellassen sich nicht erkennen. links = medul. (b) Im Longitudinalschnitt wirkt der Nerv wie ein echoar-mes Band; die faszikuläre Echotextur ist ansatzweise sichtbar. links = proximal

a

b

a

b

Abb. 4.12: Normalbe-fund des N. tibialis amdistalen Unterschenkel.(a) Im Transversal-schnitt lässt sich derNerv (Pfeil) in Beglei-tung der tibialen Gefä-ße (Sternchen) identifi-zieren. Pfeilspitzen =Tibia.(b) Im Longitudinal-schnitt kann die faszi-kuläre Echotextur desNerven von der fibrillä-ren Echotextur der dar-unter liegenden Sehneder Zehenflexoren(Pfeilköpfe) differen-ziert werden.

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4.3.7 Sonstige Nerven

HirnnervenDie sonographische Darstellung des extra-kraniellen Verlaufs der Hirnnerven ist auf-grund ihrer geringen Größe und schwachenKontrasts zum umgebenden Gewebe schwie-rig. Dennoch ist es möglich, Anteile der Nn.facialis, vagus und accessorius wiederzuge-ben.

Der N. facialis kann sonographisch nurmit Einsatz von mindestens 14-MHz-Schall-köpfen nach seinem Austritt aus dem Ostemporale hinter dem Ramus mandibulaeidentifiziert werden. Der Nerv erscheintechoarm, die typische faszikuläre Echotexturlässt sich nicht differenzieren. Eine Darstel-lung in der Glandula parotis, wo sich der

244 4 Untersuchung der Nerven

Abb. 4.13: Normalbefund des N. vagus im Trigo-num caroticum. (a) Der Transversalschnitt zeigtden Nerv (Pfeil) zwischen der V. jugularis inter-na (VJI) und der A. carotis communis (ACC). ImLongitudinalschnitt (b) ist die faszikuläre Echo-textur gut erkennbar.

a

b

Nerv in seine Endäste aufzweigt, ist äußerstschwierig.

Giovagnorio und Martinoli [2002]haben die sonographische Untersuchungs-technik des N. vagus beschrieben. Er lässtsich im Bereich des Sinus caroticum zwi-schen der V. jugularis interna und A. carotiscommunis darstellen (s. Abb. 4.13). Von hiergelingt inkonstant die Verfolgung nach pro-ximal bis zum Os hyoideum und nach distalbis zum Truncus brachiocephalicus rechtsund dem Ursprung der A. carotis communislinks. Die gleichen Autoren berichtetenauch über die Darstellung verschiedenerpathologischer Befunde, wie der sehr selte-nen benignen Tumoren des N. vagus sowiedessen Kompression durch hyperplastischeKnötchen der Schilddrüse. Der überhauptals erster sonographisch dargestellte Nerv,der N. laryngeus recurrens [Solbiati et al.1985], ist aufgrund eines variablen Verlaufsnur unregelmäßig zu identifizieren.

Der R. externus des N. accessorius kannam einfachsten in der lateralen zervikalenRegion identifiziert werden. Nach Darstel-lung der M. trapezius und M. sternocleido-mastoideus als anatomische Orientierungs-merkmale wird der Nerv auf der medialenSeite des Margo superior m. trapezii, bevorer in diesen eintritt, verfolgt. Aufgrund derkleinen Größe ist die typische Echotexturim Longitudinalschnitt kaum erkennbar,und der Nerv erscheint als ein echoarmesBand mit echoreichem Rand (s. Abb. 4.14).Dazu erzeugt das lockere Fett- und Bindege-webe in der lateralen zervikalen Region Arte-fakte, wodurch die Wiedergabe nochmalserschwert wird [Bodner et al. 2002b].

Sensible NervenDie sonographische Untersuchung sensiblerNerven ist eine anspruchsvolle Aufgabe fürden Untersucher als auch für die technischeAusstattung. Da sie oberflächlich verlaufen,gelingt ihre Darstellung nur unter Einsatzhochfrequenter Schallköpfe (mindestens

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2454.3 Untersuchungstechnik einzelner peripherer Nerven KKaappiitteell 44

Abb. 4.14: Normalbefund des N. accessorius inder lateralen Halsregion. Der Transversal- ((a) und Longitudinalschnitt ((b) zeigen den etwa1 mm dünnen Nerv (Pfeile) ventral des M. trape-zius (Tr) auf den Mm. scaleni (Sc) liegend.

a

b

10 MHz). Die bereits oben beschriebene Dar-stellung des R. superficialis n. radialis oderdes R. superficialis n. peronaei glückt besser,da diese von großen Extremitätennervenentspringen und sich daher leichter verfol-gen lassen. Bei anderen sensiblen Nerven istman bei der Suche auf den vermuteten Ver-lauf anhand der anatomischen Atlantenangewiesen. Die Identifikation erschwertzum einen, dass die Nerven, im Subkutan-fettgewebe liegend, gegenüber der Umge-bung schwach kontrastieren. So kann esleicht zur Verwechslung mit Septen des Sub-kutanfettgewebes oder Faszienzügen kom-men. Zum anderen lässt sich aufgrund ihrergeringen Größe die typische Echotextur invielen Fällen nicht darstellen. Die Nervenwirken somit auf Transversalschnitten alsrunde echoarme Areale mit echoreichemRand und auf Longitudinalschnitten alsechoarme Bänder zwischen parallel verlau-fenden echoreichen Linien. Bei einigenpathologischen Zuständen, wie etwa derMorton-Metatarsalgie oder bei den trauma-tischen Neuromata, lassen sich diese Verän-derungen zusammen mit den Nervenjedoch sonographisch gut untersuchen (s. Abb. 4.28, Abb. 4.34, Abb. 4.35) [Peer etal. 2002].