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Seite 14 LEBEN IM RHEIN-ERFT-KREIS Oktober 2013 Die Frechenerinnen Anni Kitselar (links) und Elisabeth Klein bringen gemeinsam 180 Lebensjahre und 70 Jahre Krankenhaus-Besuchsdienst zusammen. Foto: Christina Stemmermann Wenn Patienten im Krankenhaus keinen Besuch bekommen, vergeht die Zeit wäh- rend des Aufenthaltes nur allzu langsam. Einen Krankenhaus-Besuchsdienst hat deshalb bereits in 1978 die Kirchenge- meinde St. Audomar für das St.-Kathari- nen-Hospital in Frechen eingerichtet. Von Anfang an sind Elisabeth Klein und Anni Kitselar, beide nunmehr 90 Jahre alt, Mit- glieder des ehrenamtlichen Besuchsdiens- tes im St.-Katharinen-Hospital. Bei einem telefonisch vereinbarten Treffen im Foyer des Hauses sind die beiden nicht so leicht auszumachen. Weit und breit sind keine Damen zu erkennen, denen man die neun Jahrzehnte Leben ansehen könnte. Nach- dem sich herausstellt, dass es die beiden Frauen sind, die man eher für zwei ver- gnügte junge Frauen denn für gestandene 90-Jährige halten könnte, finden wir uns im Besprechungszimmer ein. Rund 35 Jahre kommen Elisabeth Klein und Anni Kitselar nun schon wöchentlich ins Haus, um Kranken aus der katholischen Kir- chengemeinde St. Audomar – inzwischen auch der Gemeinde St. Maria Königin – die Zeit etwas angenehmer zu machen. „Ge- spräche, Trost spenden, gemeinsam lachen oder kleine Handreichungen vornehmen“, beschreibt Kitselar die Aufgaben, die alle im Sinne von Nachbarschaftshilfe ange- legt sind. Besonders diejenigen, die keinen oder kaum Besuch erhalten, sind dankbar. „Früher haben wir auf Wunsch auch mal die Wäsche gewaschen. Das können wir heute aber nicht mehr.“ Das gemeinsame Kaffeetrinken im An- schluss an den Besuch irgendwo in Frechen ist hingegen nach wie vor obligatorisch. Nicht jede Patientengeschichte sei leicht zu verdauen. „Je nachdem, was man gehört oder erlebt hat, ist es schön, sich danach gegenseitig auf andere Gedanken zu brin- gen.“ Mit einer Flasche 4711 Kölnisch Was- ser als kleines Geschenk im Gepäck seien sie früher noch zu Fuß gestartet. „Heutzu- tage fährt uns Annis Mann mit dem Auto“, ergänzt Klein. Auch er besucht von Zeit zu Zeit einige Kranke im Hospital. Ein Gäste- handtuch mit Genesungswünschen vom Dechanten ist mittlerweile als Mitbringsel dabei. Acht Personen stellen derzeit das Team, das im Wechsel auf Besuchstour geht. Die Hälfte der Ehrenamtlichen ist ebenfalls im fortgeschrittenen Alter, die Jüngeren seien um die 50 bis 60 Jahre. »» 4711 und Genesungs- wünsche vom Dechanten Engagement ist bunt. Wir sind es auch. SonntagsPost Brühler Schloss Bote werbekurier Über drei Jahrzehnte im ehrenamtlichen Einsatz Geselligkeit nach getaner Arbeit darf nicht fehlen

4711 und Genesungs- wünsche vom Dechanten · Oktober 2013 LEBEN IM RHEIN-ERFT-KREIS Seite 16 Helmut Arntz in seinem „Chaos-Zimmer“, wie er sein Arbeitszimmer umschreibt

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Seite 14 LEBEN IM RHEIN-ERFT-KREIS Oktober 2013

Die Frechenerinnen Anni Kitselar (links) und Elisabeth Klein bringen gemeinsam 180 Lebensjahre und 70 Jahre Krankenhaus-Besuchsdienst zusammen. Foto: Christina Stemmermann

Wenn Patienten im Krankenhaus keinen Besuch bekommen, vergeht die Zeit wäh-rend des Aufenthaltes nur allzu langsam. Einen Krankenhaus-Besuchsdienst hat deshalb bereits in 1978 die Kirchenge-meinde St. Audomar für das St.-Kathari-nen-Hospital in Frechen eingerichtet. Von Anfang an sind Elisabeth Klein und Anni Kitselar, beide nunmehr 90 Jahre alt, Mit-glieder des ehrenamtlichen Besuchsdiens-tes im St.-Katharinen-Hospital. Bei einem telefonisch vereinbarten Treffen im Foyer des Hauses sind die beiden nicht so leicht auszumachen. Weit und breit sind keine Damen zu erkennen, denen man die neun Jahrzehnte Leben ansehen könnte. Nach-dem sich herausstellt, dass es die beiden Frauen sind, die man eher für zwei ver-gnügte junge Frauen denn für gestandene 90-Jährige halten könnte, finden wir uns im Besprechungszimmer ein.

Rund 35 Jahre kommen Elisabeth Klein und Anni Kitselar nun schon wöchentlich ins Haus, um Kranken aus der katholischen Kir-chengemeinde St. Audomar – inzwischen auch der Gemeinde St. Maria Königin – die Zeit etwas angenehmer zu machen. „Ge-spräche, Trost spenden, gemeinsam lachen

oder kleine Handreichungen vornehmen“, beschreibt Kitselar die Aufgaben, die alle im Sinne von Nachbarschaftshilfe ange-legt sind. Besonders diejenigen, die keinen oder kaum Besuch erhalten, sind dankbar. „Früher haben wir auf Wunsch auch mal die Wäsche gewaschen. Das können wir heute aber nicht mehr.“

Das gemeinsame Kaffeetrinken im An-schluss an den Besuch irgendwo in Frechen ist hingegen nach wie vor obligatorisch. Nicht jede Patientengeschichte sei leicht zu verdauen. „Je nachdem, was man gehört oder erlebt hat, ist es schön, sich danach gegenseitig auf andere Gedanken zu brin-gen.“ Mit einer Flasche 4711 Kölnisch Was-ser als kleines Geschenk im Gepäck seien sie früher noch zu Fuß gestartet. „Heutzu-tage fährt uns Annis Mann mit dem Auto“, ergänzt Klein. Auch er besucht von Zeit zu Zeit einige Kranke im Hospital. Ein Gäste-handtuch mit Genesungswünschen vom Dechanten ist mittlerweile als Mitbringsel dabei. Acht Personen stellen derzeit das Team, das im Wechsel auf Besuchstour geht. Die Hälfte der Ehrenamtlichen ist ebenfalls im fortgeschrittenen Alter, die Jüngeren seien um die 50 bis 60 Jahre. »»

4711 und Genesungs-

wünsche vom Dechanten

Engagement ist bunt. Wir sind es auch.

SonntagsPost Brühler Schloss Bote

werbekurier Über drei Jahrzehnte im ehrenamtlichen Einsatz

Geselligkeit nach getaner Arbeit darf nicht fehlen

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Oktober 2013 LEBEN IM RHEIN-ERFT-KREIS Seite 15

Man wolle nicht lästig sein und auch keineswegs missionieren, betonen Kitselar und Klein. Ein Gespür dafür, ob jemand ein we-nig Unterhaltung möchte oder nicht, habe man längst entwi-ckelt. „Zurückweisungen gibt es natürlich auch. Die respektieren wir dann voll und ganz. Die Meisten freuen sich aber über unser Angebot.“ Fragen nach besonders schönen Erlebnissen mit Pati-enten weichen die beiden konsequent aus. Verschwiegenheit ist offenbar oberste Pflicht – selbst wenn die anonymisierte Erzäh-lung auf niemanden zurückführbar wäre, ist nichts zu erfahren. Genauso freimütig, wie sie aus ihrer eigenen reichen Lebensge-schichte erzählen, schweigen sie sich über ihre Besuchsdiens-terlebnisse aus. Höchstens, dass selbst junge Männer es gut finden, wenn ihnen eine ältere Dame mal zuhört, ist zu entlo-cken.

Der persönliche Glaube als Motivation und Lebensbasis

Eigene Krankenhausaufenthalte, Schicksalsschläge und das tägliche Allerlei hätten sie selbst immer verbunden im christli-chen Glauben bewältigt. Der sei ihre Basis im Leben. Warum sie angefangen haben, sich ehrenamtlich zu engagieren? „Man hat uns seinerzeit zum richtigen Zeitpunkt gefragt – also machen wir dat!“ Warum sie sich heute noch derart engagieren? „Wir wollten längst aufhören, aber wir können nicht!“ Verschmitztes Gelächter, verschworener Blickwechsel. Das Gefühl gebraucht zu werden, helfen zu können und für andere da zu sein, sei ihr größter Lohn. „Wahrscheinlich fallen wir hier irgendwann mal zusammen“, lachen Anni Kitzelar und Elisabeth Klein.

Ein Schutzengel für kranke

Kinder Helmut Arntz engagiert sich für den

Mukoviszidose Verein

Muko was? So oder ähnlich war noch vor vielen Jahren die Re-aktion, wenn die Rede von Mukoviszidose war. Viele hatten weder je davon gehört, geschweige denn wussten sie, was für eine Krankheit sich hinter diesem schwierig auszusprechenden medizinischen Fachbegriff verbarg. Helmut Arntz aus Berren-dorf hat viel dazu beigetragen, dass die angeborene Stoffwech-selkrankheit hier im Rhein-Erft-Kreis und der Region in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt und für die Menschen zum Begriff wurde. Rund 8.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene leben in Deutschland mit dieser bisher unheilbaren Krankheit. Chronischer Husten, schwere Lungenentzündungen, Verdauungsstörungen und Untergewicht gehören zum Krank-heitsbild. Infolge eines Gendefektes wird in vielen Organen des Körpers ein zäher Schleim produziert. Die Lebenserwartung liegt derzeit bei 30 Jahren. Dank fortgeschrittener Therapien steigt die Lebenserwartung der Betroffenen kontinuierlich. Ein heute Neugeborenes mit Mukovizidose hat eine gute Chance, das Ren-tenalter zu erreichen.

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Helmut Arntz in seinem „Chaos-Zimmer“, wie er sein Arbeitszimmer umschreibt. Hier ist er umgeben von Fotos und Plakaten, Pokalen und Orden, Erinnerungen an Prominen-te, die ihn bei seinem Engagement unterstützt haben. Foto: Thiele-Effertz

Helmut Arntz engagiert sich seit 1998 für die Mukoviszidose e.V. In diesem Jahr wur-de sein Enkel Julian mit dieser Erkrankung geboren. „Mein Augenmerk war von Anfang an, die Forschung der Krankheit zu unter-stützen“, berichtet Helmut Arntz.Bis zu Julians Geburt hatte sich der heute 70-jährige ehemalige Hauptschullehrer in

den Dienst der Kinder-Krebshilfe gestellt. Unvergessen sind die Promikalender, die er gemeinsam mit seinen Schülern der Hauptschule Horrem-Sindorf zusammen-gestellt und verkauft hat. Prominente wurden angeschrieben und aufgefordert, etwas zu malen. „Es gibt keinen Bundes-präsidenten und keinen Bundeskanzler,

der sich gesträubt hätte“, blickt Arntz zu-rück. Benefizkonzerte mit seiner Band „De Brelleschlange“ und Auktionen, Arntz hatte immer neue Ideen, um Spendengelder zu-sammenzutrommeln. 420.000 Euro waren seine Bilanz für die Kinderkrebshilfe. Bei der Mukoviszidose ist er mittlerweile schon bei 170.000 Euro angekommen.

Wesselinger Straße 1750321 BrühlTel. (02232) 15950Fax (02232) 15 95 40www.tm-bruehl.deE-Mail: [email protected]

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Ein Highlight der Arbeit mit seinen Schülern war das Poesieal-bum der Prominenten, die sich dort mit handgeschriebenen Po-esiealbumsprüchen für den guten Zweck verewigten. Die abso-lute Krönung war ein Eintrag von Michail Gorbatschow.Helmut Arntz ist Bundesverdienstkreuzträger, hat den Ver-dienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen erhalten und ist Ehrenschutzengel der Mukoviszidose.„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, definiert er den Motor, der ihn antreibt, sich ehrenamtlich zu engagieren, auch über alle persönlichen Schicksalsschläge hinweg. Im Jahr als Julian gebo-ren wurde, starb seine 53-jährige Frau Kristina an Krebs. Vor wenigen Wochen hat Julian seinen Kampf gegen die Muko-viszidose verloren. Wie hält man als Großvater aus zu wissen, dass das Enkelkind nur eine kurze Zeit im Leben sein wird? „In der Anfangszeit habe ich gedacht, ich möchte es nicht erleben, dass er stirbt, bevor er 20 Jahre alt ist“, erinnert sich Helmut Arntz. Als Julian noch kein Jahr alt war, hat er ein Lied für ihn geschrieben: „Halte durch, kleiner Mann!“

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“

Jedes Konzert der „Brelleschlange“, mit denen Helmut Arntz nach fast 33 Jahren 2006 Abschied von den großen Bühnen des Rheinlandes nahm, endete mit diesem Lied. Das ist vorbei! „Ich bin nicht mehr in der Lage, dieses Lied zu singen“, sagt Helmut Arntz traurig, aber nicht entmutigt und hoffnungslos. „Ich werde weiter alles tun, dass Kinder, die an Mukoviszidose leiden, äl-ter werden“, blickt Arntz in die Zukunft. Und so wird er mit den „Brelleschlange“ auch dieses Jahr an den Adventswochenenden Konzerte auf Weihnachtsmärkten und in Kaufhäusern geben, Veranstaltungen der AWO- oder VDK-Ortsvereine moderieren und zum Schluss mit der Sammelbüchse durch die Reihen gehen und um Spenden für die Mukoviszidose bitten. Egal ob im Urlaub auf Mallorca oder bei der Kölschen Woche in Hintertux, Helmut Arntz gelingt es im wieder aufs Neue, „Promis“ für seine Projek-te zugunsten der Mukoviszidose zu gewinnen. So traf er kürzlich während eines privaten Besuchs in Heilbronn den bekannten deutschen Maler, Grafiker und Bildhauer Markus Lüpertz, der dort eine Ausstellung eröffnete. Kurz vor der Vernissage hatte Lüpertz noch Zeit, eine kleine Zeichnung, persönlich signiert, für Arntz‘ Projekte anzufertigen.„Ich kämpfe weiter“ hat er allen, die ihn unterstützt haben, in seiner Todesanzeige für Enkel Julian versprochen. Und nächstes Jahr feiern seine „Brelleschlange“ 40-jähriges Bühnenjubiläum. Es gibt für Helmut Arntz doch immer wieder einen Anlass oder eine Idee, Gutes zu tun! TexT/FoTos: MarTina Thiele-eFFerTz

Helmut Arntz und Malerfürst Markus Lüpertz bei dessen Ausstellungseröffnung in Heilbronn.