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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen November/Dezember 2012 11/12

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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

November/Dezember 2012 11/12

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Zeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

64. Jahrgang

November/Dezember 2012

Heft 11/12

Inhalt

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 313

BLBS-AKTUELL

Sitzung des Bundeshauptvorstands:Vorbereitung des 24. Deutschen Berufsschultages 315

Pressemitteilung des BLBS:Berufliche Schulen stärken – die beruflichen Schulen einbinden! 317

THEMEN

Cordula Petsch, Kerstin Norwig, Reinhold Nickolaus

Individuelle Förderung in der beruflichen Grundbildung: Das berufsbezogene Strategietraining BEST 317

Thomas Hochleitner

B-Klasse – eine erfolgreiche Kooperation im Übergang zwischen Mittel- und Berufsschule 324

Hubert Sporer

Dualer Studiengang Mechatronik in AugsburgMechatroniker/-in und Bachelor of Engineering – Mechatronik in 4,5 Jahren in Augsburg (hochschule dual) 327

Marcel Köhler, Kathleen Beensen

Qualitätsentwicklung in beruflichen SchulenEine Analyse interner Evaluationsinstrumente 330

UNTERRICHT

Andrea Scheungrab

Eine Unterrichtseinheit zum Thema DistributionspolitikEntscheidung über den Verkauf von Levi’s-Jeanszwischen Eigenverkauf und Rack Jobber: Eine handlungsorientierte Berechnung der beiden Verkaufsarten 335

BLBS-NACHRICHTEN

Seminar für Gesundheit und Soziales 338

Südkoreanische Delegation zu Gast beim BLBS in Berlin 340

Delegation aus China beim BLBS 340

NACHRICHTEN AUS DEN LÄNDERN 341

NACHRICHTEN 343

PERSÖNLICHES

Felix Dorwarth verstorben 345

Rudolf Karrasch gestorben 345

LITERATUR 346

24. Deutscher Berufsschultag

Berufliche Schulen sichern Zukunft

25. bis 27. April 2013 in Potsdam

Anmeldung und Information:BLBS-Bundesgeschäftsstelle

Friedrichstraße 169/170, 10117 BerlinE-Mail: [email protected]

Internet: www.blbs.de

Impressum

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 314

Die berufsbildende SchuleZeitschrift des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen

Schriftleitung: Aufsätze (Themen, Unterricht), Diskussion, Literatur – Geschäftsführung:Professor Dr. Andreas ScheltenLehrstuhl für Pädagogik, Technische Universität München,Lothstraße 17, D-80335 MünchenTelefon (0 89) 28 92 42 77, Fax (0 89) 28 92 43 13E-Mail: [email protected]://www.paed.edu.tum.de

Berichte, Nachrichten, Recht, Veranstaltungen, Persönliches:Oberstudiendirektor Heiko PohlmannKapellenstraße 82, D-82239 AllingTelefon (0 81 41) 81 85 24, Fax (0 81 41) 5 37 24 05E-Mail: [email protected]

Autoren/Autorinnen dieses Heftes:

Petsch, Cordula, Dipl.-Gwl., wissenschaftl. Mitarbeiterin, Universität Stuttgart, Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie, Abteilung Berufs-, Wirtschafts- und Technikpädagogik, Geschwister-Scholl-Straße 24 D, 70174 Stuttgart, E-Mail: [email protected]

Norwig, Kerstin, Dipl.-Gwl., Dipl.-Ing., wissenschaftl. Mitarbeiterin, Universität Stuttgart, Institut für Erziehungswissenschaftund Psychologie, Abteilung Berufs-, Wirtschafts- und Technikpädagogik, Geschwister-Scholl-Straße 24 D, 70174 Stuttgart, E-Mail: [email protected]

Nickolaus, Reinhold, Dr., Prof., Universität Stuttgart, Institut für Erziehungswissenschaften und Psychologie, Abteilung Berufs-,Wirtschafts- und Technikpädagogik, Geschwister-Scholl-Straße 24 D, 70174 Stuttgart, E-Mail: [email protected]

Hochleitner, Thomas, StD, Institut für Schulqualität und Bildungsforschung, Abt BES, Schellingstraße 155, 80797 München, E-Mail: [email protected]

Sporer, Hubert, OStD a. D., Herbststraße 2, 86507 Kleinaitingen, E-Mail: [email protected]

Köhler, Marcel, Dipl.-Berufspäd., Technische Universität Dresden, Institut für Berufspädagogik, Professur für Didaktik beruflichen Lernens, Weberplatz 5, 01217 Dresden, E-Mail: [email protected]

Beensen, Kathleen, Bachelor of Education, Hauptstraße 174, 09603 Großschirma, E-Mail: [email protected]

Scheungrab, Andrea, Dipl.-Handelskauffrau, Berufsschule Freising, Wippenhauser Straße 57, 85354 Freising, E-Mail: [email protected]

Pohlmann, Heiko, OStD, Kapellenstraße 82, 82239 Alling, E-Mail: [email protected]

Kleinschmidt, Gottfried, Dr., Prof., Einsteinstraße 21, 71229 Leonberg-Ramtel

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Schriftleitung wieder. Offizielle Äußerungen des Bundes verbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen werden als solche gekennzeichnet.

Herausgeber: Bundesverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS), Geschäftsstelle: Friedrichstraße 169/170, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 40 81-66 50, Fax (0 30) 40 81-66 51, Internet: www.blbs.de, E-Mail: [email protected]: Oberstudiendirektor Berthold Gehlert, E-Mail: [email protected]

Verlag: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Telefon (0 30) 7 26 19 17-0, Sparkasse Köln/Bonn, Konto 21 006903, Commerzbank Berlin, Konto 073 399 800. Versand ort: Geldern. Auflieferort: Duisburg.

Herstellung und: dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin, Internet: www.dbbverlag.de, E-Mail: [email protected] Anzeigen: dbb verlag gmbh, Mediacenter, Dechenstr. 15 A, 40878 Ratingen. Telefon (0 21 02) 7 40 23-0,

Fax (0 21 02) 7 40 23-99, E-Mail: [email protected]. Anzeigenleitung: Petra Optiz-Hannen,Telefon (0 21 02) 7 40 23-7 15. Anzeigendisposition: Jutta Hammacher, Telefon (0 21 02) 7 40 23-7 10.Druckauflage: 20.000 Exemplare. Es gilt Anzeigenpreisliste Nr. 50, gültig ab 1.10.2012. ISSN 0005-951X.

Erscheinungsweise Die Zeitschrift erscheint 10-mal jährlich. Bezugspreis jährlich 34,90 Euro, Einzelheft 3,90 Euro, jeweils zuzüglich Porto.

und Bezug: Bestellungen bei Buchhandlungen oder dbb verlag GmbH, Friedrichstraße 165, 10117 Berlin. Für Mitglieder des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen ist der Bezugspreis im Mitglieds-beitrag enthalten. Abonnementskündigungen müssen bis zum 10. Dezember beim dbb verlag GmbH, Friedrichstraße165, 10117 Berlin, eingegangen sein, sonst muss der Bezugspreis für das nächste Jahr bezahlt werden.

Einsendungen: Manuskripte und Leserzuschriften zu den Rubriken der Zeitschrift sind an den jeweiligen Schriftleiter zu senden. Unaufgefordert eingesandte Bücher werden nicht zurückgeschickt.

Zum Titelbild: Siehe den Beitrag „Individuelle Förderung in der beruflichen Grundbildung: Das berufsbezogene Strategietraining BEST“, S. 317 ff.(Gestaltung des Titelbildes: Jutta Köhler)

BLBS-aktuell

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 315

Sitzung des Bundeshauptvorstands

Vorbereitung des 24. Deutschen BerufsschultagesDie letzte Sitzung des Bundeshauptvorstandes fand in Pots-dam statt und diente hauptsächlich dazu, den 24.  Deut-schen Berufsschultag vorzubereiten, der vom 25. bis 27.April 2013 in Potsdam stattfindet.

Das Organisationsteam vor Ort hat schon wichtige Eck-punkte festgelegt, denen der Bundeshauptvorstand vorbe-haltlos zugestimmt hat, Details müssen allerdings noch ge-klärt werden.

Besichtigung der Räumlichkeiten

Dazu führte der Schulleiter Larsen Hähle die Mitglieder desBundeshauptvorstandes durch das Oberstufenzentrums  ITechnik. Hier finden außer der Hauptveranstaltung und demFestabend alle weiteren Veranstaltungen statt, so auch dieDelegiertenversammlung.

Im nahe gelegenen Hotel DORINT konnten die Räume be-sichtigt werden, in denen die Lehr- und Lernmittelausstel-lung, die Hauptveranstaltung und der Festabend stattfin-det.

Ehrbare Berufe für coole Jungs von Prof. Dr. Ute Clement

Prof. Dr. Ute Clement, Professorin für Berufs- und Wirt-schaftspädagogik an der Universität Kassel, stellte ihr Buch„Ehrbare Berufe für coole Jungs“ vor. Sie geht darin der Fra-ge nach, wie eine qualifizierte Ausbildung gelingen kann, wieman „schwache Jugendliche“ für eine qualifizierte Ausbil-dung begeistern kann, wenn diese Jugendlichen aufgrund ih-rer Erfahrungen für nichts „Ordentliches“ zu begeistern sind.Als Lösung dazu stellte sie den Begriff „Ehre“ deutlich in denVordergrund, untersuchte ihn von verschiedenen Seiten undkommt zu dem Schluss, dass diese Jugendlichen ehrenvolleAufgaben erhalten müssen und die Teilhabe an der Ehre un-terstrichen werden muss. Dazu müssten neue Autoritätenan der Berufsschule aufgebaut werden.

Informationen aus den Bundesländern

Bei den Informationen aus den Bundesländern wurdenhauptsächlich folgende Probleme deutlich:– Es besteht in vielen Bundesländern ein großer Bedarf an

Lehrern in Metall- und Elektrotechnik.– Die berufliche Bildung steht in einigen Bundesländern

nicht im Fokus der Regierung, sie wird sogar manchmalabgebaut.

– Das Urteil zur Mehrarbeit hat ergeben, dass eine Gegen-rechnung der Mehrarbeitsstunden z. B. aufgrund von Ab-

> BLBS-aktuell

Der Bundeshauptvorstand stellt sich bei der Besichtigung des Oberstufenzentrums I Technik in Potsdam dem Fotografen.

BLBS-aktuell

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 316

schlussprüfungen mit sogenannten „Ausfallstunden“dann unzulässig ist, wenn beides in unterschiedlichenMonaten liegt (II.  Instanz Landesarbeitsgericht Hamm 11 Sa 556/11). Ausgenommen sind hier lediglich Mehr-arbeit aus erteiltem Blockunterricht sowie Mehrarbeitaus einer anderen Blockphase des Unterrichts.

– In den nächsten Jahren soll die Anzahl der beruflichenSchulen in einigen Bundesländern reduziert werden, dieBerufsfachschulen sollen abgebaut werden.

– Da viele Bundesländer in den nächsten Jahren schulden-frei sein wollen, müssen jährlich Millionen Euro einge-spart werden. Dabei ist der Bildungshaushalt meist kom-plett unterfinanziert.

– Die Wirtschaftsministerkonferenz hat bei ihrer Sitzungam 04./05.06.2012 im Punkt 5.4 der Tagesordnung „Über-gang Schule – Beruf optimieren“ unter Punkt 4 beschlos-sen, die KMK zu bitten, „darauf hinzuwirken, dass voll-zeitschulische Ausbildungsgänge, für die es ausreichendregionale Angebote an betrieblichen Ausbildungsplätzengibt, eingestellt werden“. Unter Punkt 5 bittet die Wirt-schaftsministerkonferenz die Bundesregierung „zu prü-fen, inwieweit für vollzeitschulische Ausbildungsgänge,die derzeit landesrechtlich geregelt sind und kein Äqui-valent im dualen System haben, entsprechende duale An-gebote geschaffen werden können“.

Verabschiedung von Erwin Fiske

Berthold Gehlert verabschiedete Erwin Fiske nach vielen Jah-ren erfolgreicher Arbeit als Vertreter der Freien und Hanse-stadt Hamburg im Bundeshauptvorstand des BLBS, die ermit großem Engagement als hervorragender Mitarbeiter imTeam durchgeführt hat. Von 2004 bis 2011 war er stellver-tretender Vorsitzender des DLH-Hamburg und Vorsitzenderdes VLBS-Hamburg und damit Mitglied des Bundeshaupt-vorstands des BLBS.

Erwin Fiske, Jahrgang 1945, hat nach seinem Realschulab-schluss die Berufsaufbauschule (BAS) während der Berufs-ausbildung zum Kfz-Mechaniker in Abendform besucht.Abgeschlossen hat er anschließend sein Studium zum Flug-zeug- und Kraftfahrzeugingenieur. Als echter Hamburgerist er während seines Ingenieurstudiums auf eigenenWunsch ein Jahr lang als Ingenieurassistent zur See gefah-ren. Darauf folgte das Studium zum Lehrer an Berufsbil-denden Schulen in den Fächern Metall- und Maschinen-technik sowie Mathematik und er war dann von 1976 biszu seiner Pensionierung im Jahre 2010 als Berufsschulleh-rer tätig.

Im Jahre 1982 wurde er Mitglied im DLH-Hamburg und istseit 1986 aktiv in der Vorstandsarbeit des VLBS-Hamburg tä-tig, war sieben Jahre Mitglied im Bildungspolitischen Aus-schuss des DLH-Hamburg, von 1996 bis 2004 stellvertre-tender Vorsitzender des VLBS-Hamburg, den er danach alsVorsitzender leitete.

Beim BLBS hat er seit 2004 im Bundeshauptvorstand mit-gewirkt und dort nicht nur die Hansestadt Hamburg ver-treten, sondern hat seine kritische Meinung auch in allenbildungspolitischen Fragen und Problemen mit Argumen-ten vertreten, die immer beachtenswert waren. Im BLBS warer sechs Jahre Mitglied im Ausschuss „Lehrerbildung“ undist seit 2011 Mitglied im Ausschuss Versorgungsrecht derPensionäre und der Fachlehrer.

Der BLBS bedankt sich für seine Arbeit im Bundeshauptvor-stand, die er mit viel Engagement durchgeführt hat undwünscht ihm für seine Zukunft, auch für die Arbeit in denbeiden Ausschüssen des BLBS, viel Erfolg und persönlich ei-ne hervorragende Gesundheit und weiterhin alles Gute.

Deutscher Qualifikationsrahmen

Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ist bisher nichtin Kraft getreten. Zur Einordnung der sogenannten Anker-qualifikationen ist festzustellen, dass die Abschlüsse auf derersten Aufstiegsfortbildungsebene dem Niveau 5 des DQRentsprechen und die Abschlüsse der zweiten Aufstiegsfort-bildungsebene dem Niveau 6 des DQR entsprechen sollen.Die Abschlüsse der dritten Aufstiegsfortbildungsebene sol-len dem Niveau  7 des DQR entsprechen, schulische Ab-schlüsse, auch die der BFS im Gesundheitswesen, sind abernicht erwähnt. Ferner muss eine Bund-Länder-Koordinie-rungsstelle DQR (B-L-KS DQR) eingerichtet werden. Die B-L-KS DQR soll aus sechs Personen bestehen und hat fol-gende Struktur:

Vorsitz:– Bundesministerium für Bildung und Forschung und– Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder.

Mitglieder:– Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder,– Bundesministerium für Bildung und Forschung,– Wirtschaftsministerkonferenz und– Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.

Heiko PohlmannBerthold Gehlert (rechts) verabschiedet Erwin Fiske (links).

BLBS-aktuell/Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 317

1 Ausgangslage und FörderbedarfDie Förderung leistungsschwächerer Auszubildender ist einThema, mit dem sich Lehrende an beruflichen Schulen na-hezu täglich auseinandersetzen müssen. Besonders in eini-gen Bauberufen weisen hohe Anteile der Schülerschaft er-hebliche Leistungsschwächen auf, die im regulären Unter-richt meist nur unzureichend berücksichtigt und behobenwerden können. Ausbildungsabbruch bzw. das Scheitern imersten Lehrjahr sind häufig die Folge (vgl. Bundesinstitut fürBerufsbildung 2011). Im Rahmen eines an der UniversitätStuttgart durchgeführten Forschungsprojekts wurde daherdas Fördertraining BEST entwickelt und in zwei aufeinan-derfolgenden Interventionsstudien (kurz BEST I und BEST II)in mehreren Fliesenleger-, Stuckateur- und Maurerklassender einjährigen Berufsfachschule Bautechnik (Vollzeit) er-probt.

Vor Beginn des Fördertrainings wurde anhand einer umfas-senden Eingangsdiagnostik geklärt, welcher konkrete För-derbedarf bei der Zielgruppe besteht bzw. an welche Fähig-keiten angeknüpft werden kann. Neben einigen soziode-mografischen Daten wurden v. a. auch wichtige kognitiveMerkmale wie die kognitive Grundfähigkeit (CFT-20R Weiß2006), die mathematischen Fähigkeiten (eigene Testent-wicklung in Anlehnung an den RTBS von Hinze/Probst 2007)und das bautechnische Vorwissen (eigene Testentwicklung)der Schüler erfasst.1 Um die Ergebnisse der eher leistungs-schwächeren Fliesenleger, Stuckateure und Maurer objektiveinordnen zu können, wurden die gleichen Daten auch inmehreren Zimmerklassen erhoben, die durchschnittlichmeist deutlich leistungsstärker sind und daher im Allge-meinen keine Probleme mit den Ausbildungsanforderungenhaben.

Pressemitteilung des BLBS

Berufliche Bildung stärken – dieberuflichen Schulen einbinden!Bundesbildungsministerin Schavan hat eine Initiative zumExport der beruflichen Bildung vorgestellt, da die Nachfra-ge nach einer Kooperation mit Deutschland in der Berufs-bildung stetig steigt. Dazu wird das Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) eine Zentralstelle für inter-nationale Berufsbildungskooperation beim Bundesinstitutfür Berufsbildung (BIBB) einrichten.

„Wesentliche Säule des deutschen dualen Berufsbildungs-systems sind die beruflichen Schulen, deshalb müssen ihreVertreter auch institutionell eingebunden werden, wenn esbeworben werden soll“, so Berthold Gehlert, Bundesvorsit-zender des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer an

beruflichen Schulen (BLBS). Und er fügt an: „Wer die Duali-tät von Schule und Betrieb zuhause nicht konstruktiv lebt,kann das duale System auch im Ausland nicht überzeugenddarstellen!“

Der BLBS fordert, dass auch Vertreter der beruflichen Schu-len– an der Zentralstelle für internationale Berufsbildungsko-

operation in Zusammenarbeit mit dem BMBF, dem Deut-schen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und demZentralverband des deutschen Handwerks (ZDH) betei-ligt sind und

– zu dem geplanten Berufsbildungsgipfel in Berlin, bei demüber eine Modernisierung der beruflichen Bildung inEuropa diskutiert werden und ein konkreter Fahrplan er-arbeitet werden soll, eingeladen werden.

Heiko Pohlmann

> Themen

Cordula Petsch, Kerstin Norwig, Reinhold Nickolaus

Individuelle Förderung in der beruflichenGrundbildung: Das berufsbezogene Strategietraining BESTAufgrund erheblicher Probleme vieler Auszubildender, die schulischen Ausbildungsanforderungen der Grundstufe zu be-wältigen, wurde im Rahmen eines Forschungsprojekts das berufsbezogene Strategietraining BEST entwickelt. Zwei Inter-ventionsstudien bestätigen, dass es mit dem Training tatsächlich gelingt, die Jugendlichen zum selbstständigen Lösenberufsfachlicher problemhaltiger Aufgaben zu befähigen und ihre Fachkompetenzentwicklung zu fördern. Im Folgendensollen neben den Ergebnissen der Studien vor allem das Förderkonzept und die konkrete Umsetzung in der schulischenPraxis näher erläutert werden.

Individuelle Förderung in der beruflichen Grundbildung

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 318

Insgesamt bestätigt die Eingangsdiagnostik das erwarteteBild: Die meisten Fliesenleger, Stuckateure und Maurer ver-fügen lediglich über einen Hauptschulabschluss (vgl.Abb. 1). Trotz der kürzeren Schulzeit sind sie im Schnitt er-heblich älter als die Vergleichsgruppe, was u. a. auf eine eherschwierige Schullaufbahn zurückzuführen sein dürfte. ImHinblick auf die Förderung ist auch der vergleichsweise ho-he Anteil von Jugendlichen mit Migrationshintergrund zuberücksichtigen, da hier u. U. verstärkt mit sprachlichen Pro-blemen wie eingeschränktem Wortschatz und eher man-gelhaftem Leseverständnis zu rechnen ist.

Das geringe bautechnische Vorwissen sowie fehlende ma-thematische Fähigkeiten führen häufig dazu, dass der wei-tere Wissensaufbau nachhaltig beeinträchtigt wird und sichbestehende Wissens- und Fähigkeitslücken im Laufe der Aus-bildung vergrößern bzw. neue hinzukommen. Neben den be-schriebenen Leistungsproblemen zeichnet sich bei diesenschwächeren Schülern ein weiterer Problembereich ab: derMangel an systematischem und strategischem Vorgehen. Sokann beobachtet werden, dass leistungsschwache Schülerbeim Lernen bzw. bei der Aufgabenbearbeitung meist plan-los und unsystematisch vorgehen, bei Problemen oder Hin-dernissen keine geeigneten Strategien einsetzen und ihr Vor-gehen generell kaum oder nur unzureichend überwachen(vgl. z. B. Lauth et al. 2004). Dies wiederum führt dazu, dassdas Lernen zusätzlich erschwert und die Lösung von Aufga-ben für die Schüler oftmals unmöglich wird. Lernerfolge undKompetenzerleben sind infolgedessen äußert selten und ei-ne Abwärtsspirale aus negativen Emotionen, geringer Moti-vation und noch geringerem Lernerfolg wird in Gang gesetzt.

2 Förderansatz – Die Kombinierte Strategieförderung

Um den leistungsschwächeren Schülern der GrundstufeBautechnik zu helfen, die Lücken in den unterschiedlichenProblembereichen auszugleichen und aus einer möglichenAbwärtsspirale wieder in eine Aufwärtsspirale zu gelangen,wurde das berufsbezogene Strategietraining BEST entwi-ckelt. Im Anschluss an die Eingangsdiagnostik sind die Zie-le des Fördertrainings, (1) notwendige bautechnische, tech-nisch-mathematische bzw. technisch-darstellende Fähig-keiten aufzubauen, (2) die methodischen Fähigkeiten imUmgang mit problemhaltigen Fachaufgaben zu trainieren,um schließlich (3) die Auszubildenden schrittweise an dasselbstständige Lösen von beruflichen Problemaufgaben he-ranzuführen und hierdurch die bautechnische Fachkompe-tenz der Schüler zu fördern. Mit dem Zusatz „berufsbezogen“wird betont, dass das Strategietraining direkt mit dem fach-bezogenen Lernfeldunterricht bzw. den Fachinhalten ver-knüpft ist und anhand konkreter beruflicher Problemstel-lungen erfolgt. Auch in anderen Studien erwies sich diesedirekte Anbindung an den Anwendungskontext als günstig(vgl. z.  B. Hasselhorn 1992; Mähler/Hasselhorn 2001;Nüesch/Metzger 2010).

Abb. 1: Soziodemografische Merkmale der Auszubildenden im Vergleich.

Zusätzlich verfügt die Gruppe über durchschnittlich sehrschwache kognitive Grundfähigkeiten (vgl. Abb. 2) und er-reicht mit knapp 90 IQ-Punkten einen Mittelwert deutlichunter dem Durchschnitt der Grundgesamtheit der Bevölke-rung, der bei 100 IQ-Punkten liegt. Die schwachen kogniti-ven Voraussetzungen spiegeln sich dann auch in den Ergeb-nissen der beiden Leistungstests wider. Im Mathematiktest,der ausnahmslos sehr einfache und für bautechnische Fra-gestellungen notwendige Grundlagen abfragt, können dieFliesenleger, Stuckateure und Maurer nicht einmal 50 % derAufgaben lösen. Bereits bei der Berechnung einer Dreiecks-fläche oder eines Quadervolumens treten z. T. erheblicheProbleme auf und es ist insbesondere im mathematischenBereich ein enormer Förderbedarf feststellbar.

Abb. 2: Kognitive und leistungsbezogene Eingangsvoraussetzungen der Auszu-bildenden im Vergleich.

Neben den schwachen mathematischen Basiskompetenzenverfügt die kognitiv schwache Gruppe zudem über ein sehrgeringes bautechnisches Vorwissen, d. h. hier besteht schonzu Beginn der Ausbildung ein deutlicher Rückstand auf dieVergleichsgruppe der Zimmerer. Dieser Rückstand ist weni-ger auf Schwächen im Bereich des Fachwissens zurückzu-führen als auf Schwierigkeiten bei der Bearbeitung komple-xerer beruflicher Problemaufgaben, die von den leistungs-schwachen Auszubildenden oftmals gar nicht oder mit völ-lig ungeeigneten Lösungsansätzen bearbeitet werden. Be-merkenswert sind in beiden Leistungstests (d. h. Mathema-tik und Bautechnik) zudem die durchgängig sehr hohenStandardabweichungen (Abkürzung SD). Diese zeigen, dassdie Unterschiede innerhalb der betrachteten Berufsgruppenebenfalls beträchtlich sind und demzufolge von einer sehrheterogenen Schülerschaft in den einzelnen Klassen auszu-gehen ist, was die Situation im Unterricht für den Lehren-den zusätzlich erschwert, aber auch den Bedarf an einer dif-ferenzierenden, d. h. individuellen Förderung untermauert.

Abb. 3: Die Grundkonzeption des berufsbezogenen Strategietrainings BEST.

Die Grundkonzeption des Förderansatzes basiert im Kernauf der kombinierten Strategieförderung (vgl. Abb. 3), bei derkognitive und metakognitive Strategien parallel gefördertwerden (vgl. Hasselhorn 1992). Unter metakognitiven Stra-tegien werden im Allgemeinen übergeordnete Strategien

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 319

bzw. Aktivitäten verstanden, die der Lernende einsetzt, umseinen Lern- bzw. Problemlöseprozess zu planen, zu kon-trollieren und zu regulieren (vgl. z. B. Brown 1983; Leopold2009). Da das Training v. a. darauf abzielt, die Fähigkeit zumLösen fachlicher Problemaufgaben zu fördern, beziehen sichdie metakognitiven Strategien im Training insbesondere aufden Problemlöseprozess und können daher auch als allge-meine Problemlösestrategien bezeichnet werden. Diese all-gemeinen Strategien beinhalten Techniken und Vorgehens-weisen zur planvollen Lösung von problemhaltigen Fach-aufgaben. Sie sind bereichsübergreifend, d.  h. sie könnenauch außerhalb des Fachs Bautechnik eingesetzt werden,und sie sind in ihrer Anzahl auf einige zentrale Strategienbegrenzbar. Trotzdem handelt es sich um so genannte„schwache Strategien“, da sie nicht direkt zur Lösung derProblemaufgabe führen, sondern nur hilfreiche „Werkzeu-ge“ bei der Problemlösung darstellen (vgl. z. B. Funke 2003).Entsprechend des Ablaufs bei der Aufgabenbearbeitungkönnen die allgemeinen Problemlösestrategien den dreiPhasen (1) Planung, (2) Ausführung und Überwachung so-wie (3) Bewertung zugeordnet werden (in Anlehnung an z. B.Brown 1983, Schreblowski/Hasselhorn 2006). Strategiender Planung wären bspw. das genaue Lesen der Problem-stellung oder das Klären unbekannter Begriffe. Zu den Stra-tegien der Ausführung und Überwachung zählen z. B. dasschrittweise Vorgehen, die Beobachtung des Lösungspro-zesses oder die Überprüfung und Korrektur von Zwi-schenergebnissen, während die Strategien der Bewertungu. a. das Überprüfen des Ergebnisses auf Vollständigkeit undPlausibilität sowie das Einprägen und abschließende Be-werten des eigenen Lösungswegs umfassen.

Das Pendant zu den metakognitiven Strategien bilden diekognitiven Strategien. Hierunter werden untergeordneteStrategien verstanden, die sich im Gegensatz zu den meta-kognitiven Strategien nicht auf die Steuerung des Lernpro-zesses, sondern auf die direkte Verarbeitung des Lernstoffesbeziehen. Im Trainingskontext wird das weite Feld der kog -nitiven Strategien auf die fachspezifischen (bautechnischen)Problemlösestrategien eingegrenzt, die jeweils das Vorge-hen zur Lösung einer bestimmten fachlichen Problemauf-gabe beschreiben. Eine relativ typische bautechnische Pro-blemlösestrategie wäre bspw. das Vorgehen zur Ermittlungdes Baustoffbedarfs. Wie aus dem Beispiel ersichtlich wird,sind die bautechnischen Strategien (1) bereichs- und auf-gabenspezifisch, (2) in ihrer Anzahl relativ unbegrenzt und(3) so genannte „starke“ Strategien, da sie einen direkten Lö-sungsweg beinhalten.

Durch die kombinierte Förderung von allgemeinen und bau-technischen Problemlösestrategien werden folglich sowohlmethodische (metakognitive) Fähigkeiten im Umgang mitProblemaufgaben als auch zentrale bautechnische Vorge-hensweisen erlernt, die in ihrer wechselseitigen Ergänzungerfolgreiches Problemlösen anbahnen sollen. Zusätzlichmüssen, wie eingangs erwähnt, auch bestehende Lücken imBereich erforderlicher Basiskompetenzen geschlossenwerden, weshalb im Training systematisch diejenigentechnisch-mathematischen und technisch-darstellendenGrundlagen eingebunden werden, die zur Lösung der f ach-lichen Problemaufgaben notwendig sind.

3 Erprobung des Förderansatzes –Die Interventionsstudien BEST I und BEST II

Auch wenn die Entwicklung des berufsbezogenen Strate-gietrainings theoriegeleitet und auf Basis empirisch ge-prüfter Förderkonzepte erfolgte, stellt dies keineswegs si-cher, dass sich die angestrebten Ziele im Zuge der prakti-schen Umsetzung tatsächlich auch erreichen lassen. DerFörderansatz wurde daher in zwei aufeinanderfolgenden In-terventionsstudien in der schulischen Praxis umgesetzt undauf seine Wirksamkeit überprüft (vgl. Norwig et al. 2010;Petsch et al. 2011).

Die erste Interventionsstudie (kurz BEST I) wurde im Schul-jahr 2008/09 durchgeführt. Da diese Studie eher klein an-gelegt war, wurde das Training zunächst nur in zwei Stu-ckateur- und Fliesenlegerklassen der einjährigen Berufs-fachschule Bautechnik umgesetzt, wobei jeweils alle Schü-ler der Klassen am Training teilnahmen. Das Training wurdeins Stundenkontingent des Lernfeldunterrichts integriert,so dass pro Woche 45 Minuten Trainingszeit zur Verfügungstanden. Die Interventionsdauer betrug in dieser ersten Stu-die nur sieben Monate, d.  h. das Training endete bereitsvor Schuljahresende (Mitte März). Es konnten insgesamt20 Trainingsstunden realisiert werden, die allerdings nichtvon den Lernfeldlehrenden, sondern von Lehramtsstudie-renden höherer Semester mit Hauptfach Bautechnik gelei-tet wurden. Der Einsatz von Studierenden ermöglichte es,die Klassen in Gruppen von jeweils drei bis vier Schülern auf-zuteilen und das Konzept im Rahmen einer Kleingruppen-förderung umzusetzen.

Insgesamt erwies sich das Training als sehr erfolgreich2: ImVergleich zu Schülern der gleichen Ausbildungsberufe, diekein Training erhielten, erzielten die Schüler der Trainings-gruppe signifikant höhere Lernzuwächse und konnten in ih-rer bautechnischen Fachkompetenzentwicklung bis zumEnde des Trainings deutlich gefördert werden. Besonderseindrucksvoll zeigt sich der Trainingserfolg bei der Bearbei-tung komplexer fachlicher Problemlöseaufgaben, bei denendie Trainingsschüler eine doppelt so hohe Lösungsquote wiedie berufsgleichen Kontrollschüler erreichten und damit dasgleiche Ergebnis wie die kognitiv viel stärkeren Zimmerer er-zielten. Genaue Aufgabenanalysen belegen zudem, dass diegeförderten Schüler in Folge des Trainings nicht nur erheb-lich mehr Aufgaben richtig lösten, sondern auch mehr Auf-gaben überhaupt bearbeiteten, d.  h. es gelang durch dasTraining vermutlich zusätzlich, Bearbeitungsängste und-hemmungen der Schüler abzubauen und positiv auf das Fä-higkeitsselbstkonzept einzuwirken. Kritisch einzuschätzenist hingegen der Kompetenzverlauf nach Trainingsende:Während die kognitiv etwas stärkeren Trainingsschüler3 sichauch ohne Förderung weiterhin positiv entwickeln, stag -niert die Entwicklung der kognitiv schwächsten Trainings-schüler und es sind bis zum Schuljahresende in dieser Grup-pe keine weiteren Kompetenzzuwächse zu verzeichnen. Ins-besondere für die besonders schwachen Schüler müsste dasTraining folglich über die gesamte Grundbildung hinweg an-geboten werden.

Anschließend an diese bemerkenswerten Fördererfolgewurde im Rahmen einer zweiten, etwas größer angelegten

Individuelle Förderung in der beruflichen Grundbildung

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Folgestudie (kurz BEST II) überprüft, ob das berufsbezogeneStrategietraining großflächiger umgesetzt, d.  h. für mehrSchüler nutzbar gemacht werden kann und sich trotzdemähnlich positive Ergebnisse realisieren lassen. Diesem An-spruch folgend wurden zunächst einige zentrale Rahmen-bedingungen verändert: Die Trainingsgruppe wurde auf ins-gesamt fünf Fliesenleger-, Stuckateur und Maurerklassender einjährigen Berufsfachschule erweitert. Wiederum nah-men alle Schüler der Klassen am Training teil. Allerdings ver-lief das Training (auch in Anbetracht der Ergebnisse ausBEST I) nun über das gesamte Schuljahr, so dass insgesamt36 Trainingsstunden von je 90 Minuten Dauer umgesetztwerden konnten. Die Trainingsstunden wurden im Stütz-und Ergänzungsunterricht (SE-Unterricht) platziert und wa-ren somit fester Bestandteil der wöchentlichen Stundenta-fel, was dem Training auch aus Sicht der Schüler zu mehr Prä-senz verhalf. Da eine breitflächige Umsetzung der Förde-rung mit Lehramtsstudierenden nicht möglich gewesen wä-re, wurde das Training in BEST II von Fachlehrenden geleitet.Infolgedessen konnten zwar keine Kleingruppen gebildetwerden, allerdings ermöglichte die Verortung im SE-Unter-richt, das Training in halben Klassen durchzuführen.

schwächste Gruppe im Ausgleich eine intensive individuel-le Unterstützung vom Lehrenden erhält und nur die mittle-re Gruppe weder von dem einen noch dem anderen ausrei-chend profitieren kann.

4 Umsetzung des Förderansatzes im Rahmenvon BEST II

Für die Umsetzung des Förderansatzes wurden sechs Trai-ningsmodule entwickelt (siehe Abb. 5), die das Training überden Schuljahresverlauf zeitlich und inhaltlich strukturieren.Das erste Modul dient zunächst der Einführung in das plan-volle Aufgabenlösen bzw. die allgemeinen Problemlösestra-tegien. Hier erfolgt noch keine inhaltliche Anbindung an denLernfeldunterricht. Die Module 2 bis 6 fokussieren dann aufdie eigentliche kombinierte Strategieförderung, d. h. nebenden allgemeinen Problemlösestrategien werden auch diebautechnischen Problemlösestrategien gezielt gefördert.

4.1 Einführung in die allgemeinenProblemlösestrategien – Modul 1

Modul 1 umfasst etwa drei Doppelstunden und beginnt miteiner Einführung der Schüler in das Thema „Planvolles Auf-gabenlösen“. Um die Auszubildenden für diese ihnen oft-mals fremde Idee zu sensibilisieren und gleichzeitig die Re-levanz und den Nutzen planvollen Vorgehens zu verdeutli-chen, werden zunächst praxisbezogene Beispiele planlosenHandelns gezeigt und diskutiert. Aufbauend auf dem vor-handenen Schülervorwissen werden anschließend die zen-tralen allgemeinen Problemlösestrategien zusammenge-stellt, evtl. vom Lehrenden vervollständigt und auf einemWandposter festgehalten. Um vom reinen Wissen über Stra-tegien zur konkreten Anwendung zu gelangen, schließt sicheine intensive Übungsphase an, in der die Problemlösestra-tegien zunächst einzeln anhand einfacher Aufgabenstel-lungen eingeübt werden. Die Übungen werden von denSchülern selbstständig und in ihrem individuellen Tempobearbeitet und sind so gestaltet, dass die Konzentrationganz auf die jeweilige Strategie gelenkt wird (z. B. Aufga-benziel bestimmen) und keine nennenswerten bautechni-schen oder mathematischen Anforderungen bewältigt wer-den müssen. Anschließend werden die Schüler mit der Ab-folge der Strategien im Zusammenhang einer Aufgabe ver-traut gemacht. Dazu erhalten sie eine Checkliste, auf der dieallgemeinen Problemlösestrategien nacheinander aufge-führt sind, und die sie während des gesamten Trainings da-bei unterstützt, die erlernten Strategien zur Lösung an-spruchsvoller bautechnischer Problemaufgaben anzuwen-den. Bevor die Schüler die Strategien im Gesamtzusam-menhang einer Aufgabe anwenden, modelliert der Lehren-de das Vorgehen an einer Beispielaufgabe und verbalisiertdabei seine Gedanken „laut denkend“. Erst im Anschluss da-ran üben die Schüler den Strategieeinsatz an ähnlich um-fassenden Aufgaben selbst. Zum Abschluss von Modul  1wird der Strategieeinsatz schließlich bewusst reflektiert.Hierbei wird verdeutlicht, dass nicht das schematische An-wenden aller Strategien zum Erfolg führt, sondern die Stra-tegien adaptiv, d. h. angepasst an die jeweilige Aufgabe, dieeigenen Fähigkeiten und den gewählten Lösungsweg, ein-gesetzt werden müssen.

Abb. 4: Entwicklung der bautechnischen Fachkompetenz bis zum Zwischentest(BEST II).

Da das Projekt zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abge-schlossen ist, kann vorerst nur die Entwicklung der Schülervom Eingangstest (ET) bis zum Zwischentest (ZT), d. h. bisEnde Januar, bewertet werden. Hier zeigen sich allerdingsbereits sehr erfreuliche Ergebnisse (vgl. Abb. 4): Auch unterden veränderten Rahmen- und Trainingsbedingungen ent-wickelte sich die bautechnische Fachkompetenz der geför-derten Schüler (Experimentalgruppe, kurz EG) deutlich bes-ser als die der berufsgleichen Kontrollgruppe (KG), d. h. durchdas berufsbezogene Strategietraining konnten wiederumweitaus größere Lernzuwächse erzielt werden. Feinanaly-sen deuten darauf hin, dass die individuelle Förderung vorallem für die kognitiv stärksten (IQ > 95) sowie die kog nitivschwächsten Schüler (IQ ≤ 83) sehr gut gelang. Die mittlereGruppe (IQ zwischen 84 und 95) konnte dagegen zunächstweniger vom Training profitieren.4 Eine mögliche Erklärungwäre, dass die kognitiv stärkste Gruppe gestützt durch dieentwickelten Materialien selbstständig, kompetent und„ungebremst“ im Training voranschreiten kann, die kognitiv

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4.2 Kombinierte Strategieförderung –Berufsbezogene Module 2 bis 6

Nachdem die Schüler in Modul 1 die allgemeinen Werkzeu-ge zur Problemlösung kennengelernt haben, folgt die kom-binierte Strategieförderung durch die berufsbezogenenModule 2 bis 6 (Dauer jeweils ca. fünf bis sechs Doppel-stunden). Wie in Abb. 5 zu sehen ist, sind diese Module in-haltlich an die fünf verbleibenden Lernfelder der Grundstu-fe angelehnt und greifen jeweils zentrale Lernfeldanforde-rungen auf. Jedes Modul wird thematisch von einem klei-nen, realitätsnahen Bauauftrag bestimmt; Modul 5 hat z. B.passend zu Lernfeld 5 („Herstellen einer Holzkonstruktion“)das Thema „Bau einer Terrassenüberdachung aus Holz“. DerModulablauf folgt dabei einer stets gleichbleibenden Struk-tur (vgl. Abb.  6): (1) Gemeinsame Moduleinführung, (2)Selbstständige Bearbeitung des Bauauftrags und (3) Ge-meinsamer Modulabschluss.

ger Abbildungen und kurzer Aufgaben den Bauauftrag unddie zugehörigen Planunterlagen kennenlernen.

In der anschließenden zweiten Modulphase bearbeiten dieSchüler den Bauauftrag selbstständig und in ihrem indivi-duellen Tempo. Ziel der zweiten Modulphase ist entspre-chend des Förderansatzes die kombinierte Strategieförde-rung. Diese wird dadurch angebahnt, dass die Schüler ei-nerseits die allgemeinen Problemlösestrategien als Werk-zeuge zur Lösung des Bauauftrags anwenden und hierdurchihren Strategieeinsatz sukzessive trainieren und verbes-sern.5 Andererseits können durch die Bearbeitung des Bau-auftrags zentrale fachbezogene Lösungsstrategien wieder-holt, geübt und bestehende Probleme bzw. Verständnislü-cken im Lösungsprozess gezielt aufgegriffen und behobenwerden. Da es sich bei der Trainingsgruppe wie eingangs ge-zeigt um durchschnittlich leistungsschwächere Jugendlichehandelt, wurde der Bauauftrag in kleinere Teilziele unter-

gliedert, die die Fähigkeit derSchüler zum selbstständigen Ar-beiten nicht überfordern. EinTeilziel umfasst meist eine bau-technische Problemlösestrate-gie. Im oben genannten Modul 5zum Bau einer Terrassenüberda-chung wäre ein Teilziel bspw. dieHolzbestellung und damit die Er-stellung einer Holzliste, wasgleichzeitig eine wichtige bau-technische Anforderung desLernfelds 5 darstellt.

Die Förderung der Schüler sollaufgrund der Gruppenstärke so-wie der gegebenen Gruppenhe-terogenität (vgl. Befunde der Ein-gangsdiagnostik) individuell,d. h. entsprechend dem jeweili-gen Leistungsstand bzw. Förder-bedarf des einzelnen Schülers er-folgen. Um den Lehrenden hier-bei zu unterstützen bzw. eine in-

dividuelle Förderung von bis zu 15 leistungsschwächeren Ju-gendlichen überhaupt erst zu ermöglichen, wurden nebenden Modulaufgaben unterschiedliche binnendifferenzie-

Abb. 5: Trainingsablauf BEST II.

Abb. 6: Modulablauf und Hilfsmaterialien.

Die Moduleinführung wird unter Leitung des Lehrenden mitder gesamten Trainingsgruppe durchgeführt und hat zumZiel, dass die Schüler anhand eines Einführungstextes, eini-

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rende Hilfs- und Fördermaterialien entwickelt. Diese Mate-rialien sichern einerseits, dass jeder Schüler entsprechendseines eigenen Lerntempos und seines eigenen Leistungs-niveaus im Bauauftrag voranschreiten kann. Andererseitsgewinnt der Lehrende mehr Zeit und Kapazitäten, um dieeinzelnen Schüler in ihrem Lösungsprozess zu begleiten undbei auftretenden Schwierigkeiten zu helfen. Insgesamt exis-tieren vier unterschiedliche Typen von Hilfs- und Förderma-terialien.

Zum einen wurden Impulskarten entwickelt, auf denen dieSchüler jeweils einen kurzen Lösungshinweis finden, mitdem sie anschließend die Aufgabenbearbeitung im bestenFall selbstständig fortsetzen können. Ein Lösungsimpulskann z. B. der Hinweis zum Nachschlagen eines Fachbegriffsoder einer Formel im Fach- oder Tabellenbuch sein, sozusa-gen eine Hilfe zur Selbsthilfe. Hinweise können aber auchkurze Erklärungen, Veranschaulichungen oder die Aufforde-rung zum Lesen eines Grundlagenblatts sein.

Grundlagenblätter stellen ein weiteres und sehr viel aus-führlicheres Fördermaterial dar. Auf Grundlagenblätternwerden Schritt für Schritt, in sehr einfacher Sprache und aufanschauliche Art und Weise grundlegende Sachverhalte er-klärt, die zur Lösung der Problemaufgaben unentbehrlichsind. Zur Erstellung der Holzliste muss der Schüler z. B. dieHölzer der Terrassenüberdachung den unterschiedlichenSchnittholzarten zuordnen können. Da dies für leistungs-schwächere Schüler durchaus eine ernstzunehmende Hür-de sein kann, wurde hierzu ein Grundlagenblatt entwickelt.Die Inhalte der Grundlagenblätter stammen jedoch nichtausschließlich aus dem Fachbereich Bautechnik, sondernbeziehen sich häufig auch auf darstellende und v. a. mathe-matische Grundlagen, wie z.  B. auf die Erklärung vonMaßstäben, die Flächen- oder Volumenberechnung.

Zu jedem Grundlagenblatt existiert ein korrespondierendesÜbungsblatt, auf dem das neue Wissen angewendet undeingeübt werden kann. Zentral ist hierbei, dass die Schülerdie für sie problematischen Anforderungen losgelöst vonder komplexen Problemaufgabe in einfachen Kontexten so-wie ausgehend von sehr leichten Anforderungen (wie bspw.dem nochmaligen Nachschlagen der Formel im Tabellen-buch) üben können. Hierdurch erhalten auch die schwä-cheren Schüler die Chance, sich als kompetent zu erfahren,woraus wiederum Motivationsanreize zur Weiterbearbei-tung der Problemaufgabe erwachsen können. Impulskar-ten, Grundlagenblätter und Übungsblätter sollen den be-sonders schwachen Schülern helfen, bestehende Verständ-nisprobleme zu beheben und individuelle Barrieren im Lö-sungsprozess weitestgehend selbstständig zu überwinden.

Zur Förderung der leistungsstärkeren Schüler wurden vier-tens so genannte Profiaufgaben entwickelt. Hierbei handeltes sich um weiterführende und schwierigere fachliche Pro-blemaufgaben. Je Teilziel existieren mehrere Profiaufgaben,so dass eine Differenzierung nach oben gewährleistet ist unddie schwächeren Schüler der Gruppe ausreichend Zeit zur Be-wältigung des Modulziels bzw. des Bauauftrags besitzen.

Nachdem die Schüler alle Teilziele (ca. drei je Modul) bear-beitet haben, findet ein gemeinsamer Modulabschluss statt,

der dazu dient, den Bauauftrag bzw. die erledigten Lö-sungsschritte nochmals sichtbar zusammenzufassen. Diesgeschieht anhand einer meist produktorientierten Ab-schlussaufgabe wie z. B. der Gestaltung eines Wandpostersoder einem einfachen Modellbau, der auch in Kooperationmit den Schulwerkstätten oder den Betrieben durchgeführtwerden kann. Da die Schüler während der Modulbearbei-tung fast ausschließlich für sich alleine und viel mit textbe-zogenen Materialien arbeiten, stehen beim Modulabschlussdie kreativen, motorischen und kooperativen Fähigkeitender Schüler im Vordergrund.

4.3 Unterstützungsmethoden und Aufgaben desLehrenden

Ziel der entwickelten Trainings- und Fördermaterialien ist es,den Lehrenden soweit zu entlasten, dass er sich währenddes Trainings intensiv um die Betreuung einzelner Schülerkümmern kann. Grundvoraussetzung dafür ist, dass dieSchüler sämtliche Materialien tatsächlich möglichst selbst-ständig, d. h. ohne weitere Unterstützung nutzen. Um dieszu erleichtern, sollte der Lehrende die Materialien vor Be-ginn des Trainings übersichtlich aufbereiten und sich Mög-lichkeiten einer strukturierten Darbietung überlegen. Zu-dem ist es sehr hilfreich, wenn der Lehrende sich vor Trai-ningsbeginn ein erstes Bild über den Leistungsstand undden Förderbedarf der einzelnen Schüler verschafft (z. B. übereinfache, selbstentwickelte Testaufgaben für den fachlichenbzw. mathematischen Bereich), um gezielter auf den Bedarfder einzelnen Schüler eingehen zu können.

Während des Trainings übernimmt der Lehrende dannhauptsächlich drei Aufgaben: (1) Die Beobachtung der ein-zelnen Schüler bei der Aufgabenbearbeitung, (2) die indivi-duelle und adaptive Unterstützung der Schüler bei auftre-tenden Problemen und (3) die persönliche Lernzielkontrolle.Die Beobachtung der Schüler dient dazu, das Arbeitsverhal-ten, den Umgang mit den Materialien und die eigentlicheAufgabenbearbeitung der Schüler im Blick zu behalten undzu erkennen, wann Bedarf besteht, motivierend bzw. unter-stützend einzugreifen. Zur individuellen und adaptiven Un-terstützung der Schüler wird vorwiegend auf zwei MethodenBezug genommen, zum einen auf die Methode des LautenDenkens (vgl. Ericsson/Simon 1980; Dörner 1981), zum an-deren auf Elemente der kognitiven Meisterlehre (vgl. Collinset al. 1989). Beim Lauten Denken werden die Schüler durchgezielte Fragen (wie bspw. „Was hast du als Erstes gemacht?“oder „Warum bist du so vorgegangen?“) angeregt, ihren bis-herigen Lösungsweg und ihre Gedanken in Worte zu fassen.Dabei vollziehen die Schüler ihren Lösungsprozess nach undes gelingt ihnen ggf., Probleme oder Fehler selbst zu erken-nen und zu korrigieren (vgl. Protokolle zum Lauten Denkenin Kunz 2011). Darüber hinaus erfährt der Lehrende, wo dieSchwächen – aber auch die Stärken – des Schülers liegen bzw.welche konkreten Fehlkonzepte vorhanden sind und kann inFolge gezielt auf diese eingehen.

Die Unterstützung selbst sollte bedarfsbezogen, d. h. im Sin-ne einer „Hilfe zur Selbsthilfe“ erfolgen. Bei kleineren Proble-men genügt ggf. ein Hinweis auf die Hilfs- und Fördermate-rialien oder die Erinnerung an die allgemeinen Problemlöse-

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strategien. Bei grundlegenden Verständnisproblemen müs-sen meist zusätzliche Erklärungen erfolgen bzw. kann es nö-tig sein, dem Schüler das Vorgehen nochmals vorzumachen(sogenanntes „Scaffolding“ bzw. „Modelling“ im Anschlussan die kognitive Meisterlehre). Insbesondere leseschwacheSchüler benötigen darüber hinaus oft Hilfe und Unterstüt-zung beim Umgang mit den textbasierten Materialien.6

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die individuelle Lernziel-kontrolle. Bei Beendigung eines Teilziels werden die Schülerim Modulheft aufgefordert, die Aufgaben mit dem Lehren-den zu besprechen. Die Methode des Lauten Denkens kannauch hierbei dazu beitragen, wichtige Einblicke in die Denk-prozesse der Schüler zu gewinnen bzw. Fehlschlüsse aufzu-decken und zu beheben. Schließlich sollte dem Lehrendenwährend des gesamten Trainings bewusst sein, dass das Zielder Förderung, die kombinierte Strategieförderung ist. Diesbedeutet, dass die allgemeinen Problemlösestrategien auchwährend der berufsbezogenen Module nicht hinter die bau-technischen Lösungsstrategien zurückfallen dürfen und esdaher Aufgabe des Lehrenden ist, immer wieder an das plan-volle Problemlösen zu erinnern.

5 Transfermöglichkeiten und AusblickAuch wenn das berufsbezogene Strategietraining für denEinsatz in der vollzeitschulischen, bautechnischen Grundbil-dung entwickelt wurde, sind doch einige Wege denkbar, dasTraining gleichermaßen auf andere Bereiche zu übertragen.Aufgrund der modularisierten Struktur wäre die Verwen-dung einzelner Trainingsmodule im Rahmen der dual orga-nisierten Grundbildung ebenso denkbar wie der Einsatz inüberbetrieblichen Ausbildungsstätten. Eine Übertragungdes Trainingskonzepts auf andere Fachbereiche mit ähnlichleistungsschwachen Schülern wäre wünschenswert, ist je-doch mit einigem Aufwand verbunden. Während Modul 1nahezu ohne Veränderung auch für andere Berufsgruppengenutzt werden kann, wären die Transferleistungen bei denberufsbezogenen Modulen 2 bis 6 deutlich größer. Hier kön-nen zwar Konzept, Materialstruktur und Unterstützungs-methoden beibehalten werden, sämtliche Inhalte, d. h. dierahmenden Aufträge, die Teilziele bzw. Modulaufgaben so-wie die Hilfs- und Fördermaterialien müssten jedoch ange-passt an die jeweiligen berufsspezifischen Anforderungenbzw. kognitiven Problemlösestrategien neu entwickelt wer-den. Möglich wäre dies am ehesten in größeren Lehrer-teams, die sich ggf. auch über mehrere Schuljahre mit dersukzessiven Entwicklung der einzelnen Module beschäfti-gen könnten.

Für den Baubereich wird derzeit angestrebt, das BEST-Kon-zept und die dazugehörigen Materialien in einem Schul-buchverlag zu veröffentlichen, so dass beides für die Praxiszugänglich wird und tatsächlich ein breitflächiger Einsatzrealisiert werden kann.

Anmerkungen1 Die im Folgenden dargestellten Befunde sind der zweiten Interventions-

studie (BEST II) entnommen.

2 Für detaillierte Ergebnisse zu BEST I siehe Norwig et al. 2010 und Petschet al. 2011.

3 Für diese Analysen wurde die Trainingsgruppe entsprechend der erhobe-nen kognitiven Grundfähigkeit in zwei Subgruppen unterteilt: Eine kogni-tiv stärkere Gruppe (IQ > 92) und eine kognitiv schwächere Gruppe(IQ ≤ 92).

4 Da die Trainingsgruppe in der zweiten Studie deutlich größer war, konn-ten hier wiederum nach der erhobenen kognitiven Grundfähigkeit dreiSubgruppen gebildet werden.

5 In die Modulaufgaben sind zu diesem Zweck auch immer wieder Hinwei-se und Aufforderungen zur Anwendung bzw. Reflektion der allgemeinenProblemlösestrategien eingearbeitet.

6 Zur Förderung der Lesekompetenz in der beruflichen Bildung sieheGschwendtner 2012.

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Collins, A./Brown, J. S./Newman, S. E. 1989: Cognitive Apprenticeship: Teachingthe Crafts of Reading, Writing, and Mathematics. In: Resnick, L. B. (Ed.) 1989:Knowing, learning, and instruction. Essays in honor of Robert Glaser. Hills -dale, N. J., p. 453–494.

Dörner, D. 1981: Kognitive Prozesse und die Organisation des Handelns. In:International Congress of Psychology (Hrsg.) 1981: Proceedings of the XXIIndInternational Congress of Psychology: Leipzig, GDR, July 6-12, 1980.

Ericsson, K.  A./Simon, H.  A. 1980: Verbal Reports as Data. In: PsychologicalReview 87(1980)3, p. 215–251.

Funke, J. 2003: Problemlösendes Denken. Stuttgart.

Gschwendtner, T. 2012. Dissertation. Universität Stuttgart. Abteilung Berufs-,Wirtschafts- und Technikpädagogik.

Hasselhorn, M. 1992: Metakognition und Lernen. In: Nold, G. Hrsg. 1992: Lern-bedingungen und Lernstrategien. Welche Rolle spielen kognitive Verstehens-strukturen? Tübingen, S. 35–63.

Hinze, R./Probst, H. 2007: Rechentest Berufsschule – RTBS Version 1. Erkennenund Förderung mathematischer Grundkenntnisse beim Berufsschulstart.Wetzlar.

Kunz, B. 2011: Fehlkonzepte von Auszubildenden in der BautechnischenGrundbildung – ein qualitative empirische Studie. Diplomarbeit. UniversitätStuttgart. Abteilung Berufs-, Wirtschafts- und Technikpädagogik.

Lauth, G.  W./Brunstein, J.  C./Grünke, M. 2004: Lernstörungen im Überblick:Arten, Klassifikationen, Verbreitung und Erklärungsperspektiven. In: Lauth,G.  W./Grünke, M./Brunstein, J.  C. (Hrsg.) 2004: Interventionen bei Lernstö-rungen. Förderung, Training und Therapie in der Praxis. Göttingen, S. 13–23.

Leopold, C. 2009: Lernstrategien und Textverstehen. Spontaner Einsatz undFörderung von Lernstrategien. Münster u. a.

Mähler, C./Hasselhorn, M. 2001: Lern- und Gedächtnistraining bei Kindern. In:Klauer, K. J. (Hrsg.) 2001: Handbuch kognitives Training. 2. überarb. und erw.Aufl. Göttingen, S. 407–429.

Norwig, K./Petsch, C./Nickolaus, R. 2010: Förderung lernschwacher Auszubil-dender – Effekte des berufsbezogenen Strategietrainings (BEST) auf die Ent-wicklung der bautechnischen Fachkompetenz. In: Zeitschrift für Berufs- undWirtschaftspädagogik 106(2010)2, S. 220–239.

Nüesch, C./Metzger, C. 2010: Lernkompetenzen und ihr Zusammenhang mitmotivationalen Überzeugungen und Lernleistungen in der kaufmännischenBerufsausbildung. In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik106(2010)1, S. 36–51.

Petsch, C./Norwig, K./Nickolaus, R. 2011: (Wie) Können Auszubildende aus Feh-lern lernen? Eine empirische Interventionsstudie in der Grundstufe Bautech-nik. In: Nickolaus, R./Pätzold, G. (Hrsg.) 2011: Lehr-Lernforschung in der ge-werblich-technischen Berufsbildung. Zeitschrift für Berufs- und Wirtschafts-pädagogik, Beiheft 25, S. 129–146.

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B-Klasse – eine erfolgreiche Kooperation

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1 AusgangslageVon den etwa 270.000 Berufsschülern im Schuljahr 2010/11(vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenerhe-bung Schuldaten Herbst 2010) fallen immerhin noch 14.133unter den Begriff Jugendliche ohne Ausbildungsplatz (JoA).2

Die Tendenz ist in den letzten Jahren deutlich fallend, jedochmit 5,2 % unter dem Fokus „… jedem Kind in Bayern schuli-sche und berufliche Perspektiven [zu] eröffnen“ (Spaenle2011) immer noch zu hoch. Auch in Hinblick auf die sinken-den Schülerzahlen bei gleichzeitig steigendem Bedarf anFachkräften müssen besondere Anstrengungen unternom-men werden, um die Zahl der Jugendlichen, die den direk-ten Übergang in eine Berufsausbildung nicht schaffen, zuminimieren. Besonders zu berücksichtigen ist, dass hier derAnteil an Jugendlichen aus der Mittelschule (speziell auchohne erfolgreichen Abschluss) in Bezug auf die Absolven-tenzahlen besonders groß ist.

Eine Gruppe von Jugendlichen taucht in diesem Zusam-menhang jedoch gar nicht auf. Das sind die freiwilligen Wie-derholer der Abschlussklassen der Mittelschulen. Speziellmit diesen Jugendlichen befasst sich der Schulversuch B-Klasse in Kooperation mit Klassen des BVJ/k. „Die jungenMenschen beider Bildungsangebote verfolgen das Ziel, denÜbergang in eine Ausbildung zu meistern und – falls er ih-nen noch fehlt – den erfolgreichen oder qualifizierendenHauptschulabschluss zu erreichen“ (Spaenle 2011).

2 Schulversuchskonstruktion

2.1 Ziele

„Berufsorientierungsklassen eröffnen jungen Menschen ei-ne zweite Chance zum Schulabschluss und unterstützen sieim Übergang in den Beruf“ (Spaenle 2011). Den Überlegun-gen folgend wurde eine Reihe von Zielen für diesen Schul-versuch formuliert:1. Der Anteil der Schüler, die im Rahmen des Besuchs einer

allgemeinbildenden Schule (mindestens) den erfolgrei-chen Hauptschulabschluss erreichen, soll erhöht wer-den.

2. Schülerinnen und Schüler sollen bei der Berufsorientie-rung sowie bei der Suche nach einem Ausbildungsplatzunterstützt werden.

3. Der Übergang zwischen Mittelschule und Berufsschulesoll erleichtert werden.

4. Die Kooperation soll für beide Partnerschulen zu Syner-gieeffekten führen.

5. Die pädagogische und fachliche Qualität des Unterrichtssoll durch die Kooperation von Lehrkräften beider Schul-arten gesteigert werden.

Eine Sicherstellung und Dokumentation der Ziele bzw. derZielerreichung und der Auswertung der Erfahrungen soll un-ter anderem durch die Evaluation der Schulen (Fragebögen,Interviews), regelmäßige Schulbesuche und Tagungen allerBeteiligten erreicht werden.

2.2 Maßnahmen

Auf der Grundlage der Erfahrungen aus dem BLK-Modell-versuch JoA Jugendliche ohne Ausbildungsplatz(2005–2008) (vgl. Schelten/Zöller 2010) wurden die frei-willigen Wiederholer der 9. Klasse Mittelschule und Schü-lerinnen und Schüler des BGJ/k in jeweils einer eigenenKlasse an der Berufsschule beschult. Die Lehrkräfte kom-men sowohl aus der Mittel- als auch aus der Berufsschu-le. Unterstützt wird die Maßnahme, bei der die Jugendli-chen pro Woche zwei bis drei Tage an der Berufsschule undzwei bis drei Tage an einem Berufspraktikum teilnehmen,durch einen Sozialpädagogen. In diesem tripolaren Bezie-hungsfeld können bei entsprechender Zusammenarbeitdie Synergieeffekte besonders den Schülern zugutekom-men.

Der Unterricht findet grundsätzlich an der Berufsschulestatt, die Verwaltung der B-Klasse-Schüler liegt jedoch beider Mittelschule. Unterrichtet wird von beiden Lehrern je-weils der schulartspezifische Bereich. Neben dem Unter-richt werden die Jugendlichen im und vor dem Praktikumvon den Sozialpädagogen unterstützt. Der Leistungsum-fang beinhaltet neben der Vorbereitung auf Praktika, derPraktikumsplatzakquise, der Betreuung während der Prak-tika (even tuell auch bei Praktikumswechsel) auch die Be-ratung während des Unterrichts. Diese liegt dabei in derHand des Kooperationspartners, der über eine Ausschrei-bung zu Beginn des Schuljahres gefunden wird. Die Aus-führung und die Schwerpunkte sind je nach Kooperati-onspartner und Konzept von Schule zu Schule sehr unter-schiedlich und auch auf die individuellen Verhältnisse vorOrt abgestimmt.

Während dieses Jahres können die Jugendlichen den Haupt-schulabschluss bzw. den qualifizierenden Hauptschulab-schluss nachholen, eine vertiefte Berufsfindung erleben undden Einstieg in eine Ausbildung direkt erfahren. Abb. 1 zeigtdie beteiligten Schulen im Schuljahr 2011/12.

Thomas Hochleitner

B-Klasse – eine erfolgreiche Kooperation imÜbergang zwischen Mittel- und BerufsschuleUm Jugendliche im Übergang von der Mittelschule zur Berufsausbildung zu unterstützen, wurde der Schulversuch B-Klas-se ins Leben gerufen. Dort werden freiwillige Wiederholer der 9. Jahrgangsstufe in Kooperation mit Schülern1 des koope-rativen Berufsvorbereitungsjahrs (BVJ/k) speziell beschult.

Themen

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3 Erste Untersuchungsergebnisse

3.1 Evaluation vor Ort

Zur Unterstützung der Schulen und für den nachhaltigenKompetenztransfer auch nach Beendigung des Schulver-suchs wird diese Maßnahme durch das Staatsinstitut fürSchulqualität und Bildungsforschung (ISB) begleitet undevaluiert. Jede der Schulen wurde im ersten Projektjahr voneinem gemeinsamen Team des Kultusministeriums und desISB besucht. Vor Ort konnten sowohl Lehrer, Schüler und al-le beteiligten Kooperationspartner befragt werden.

Jenseits der regionalen Variabilität der Durchführung konn-ten sowohl eine Reihe von Standards und Gelingensbedin-gungen als auch einzelne Problembereiche festgehaltenwerden. Diese Erkenntnisse haben direkten Einfluss auf dieModifizierung des weiteren Schulversuchsablaufs und einerspäteren eventuellen Freigabe als Regelangebot:– Das Team Mittelschullehrer, Berufsschullehrer und Sozi-

alpädagoge bilden das Kernteam und sind in hohem Ma-ße für den Erfolg des Schulversuchs verantwortlich.

– Im Bereich der Rahmenbedingungen spielt die Zusam-menarbeit der beiden Schulleitungen mit dem zuständi-gen Schulamt und der jeweiligen Regierung eine ent-scheidende Rolle.

– Der Schulortwechsel ist für den Großteil der Jugendlichenein neuer Impuls und wird als Chance gesehen, schulische„Altlasten“ hinter sich zu lassen.

– Das intensive Praktikum wird von allen Beteiligten als inhohem Maße zielführend angesehen. Es bedarf jedochder flankierenden Begleitung durch den Sozialpädago-gen.

– Eine langfristige Bindung der Partner – insbesondere desKooperationspartners – wird für eine nachhaltige Pro-jektplanung als notwendig gesehen.

– Der Freiraum, um regionale und schülerspezifische Vari-anten des Ursprungsmodells umzusetzen, wird als sehrhilfreich angesehen. Der Rahmen sollte deshalb nicht en-ger gesteckt werden.

– Die Chance auf Synergieeffekte durch die enge Zusam-menarbeit der Schularten wird erkannt und auch genutzt.

– Trotz hoher Erfolgsquoten muss konstatiert werden, dassnicht alle Schüler zum erwünschten Erfolg kommen. Un-terschiedliche Faktoren (oft extern) führen bei einzelnenJugendlichen trotz aller Unterstützung zum Abbruch.

(Auszug aus den Ergebnissen der Befragungen vor Ort)

3.2 Befragungsbögen

Zum Ende des ersten Projektjahres fand eine umfangreicheSchülerbefragung statt. Es wurden die Jugendlichen an al-len zwölf Standorten befragt. Die ausgewählten Ergebnis-se stellen sich wie folgt dar:– Eltern haben einen großen Einfluss auf die Entscheidun-

gen der Berufswahl der Schüler im Schulversuch.– Schüler verfolgen zumeist klare Ziele beim Besuch der

Klassen des Schulversuchs.– Die Erwartungen der Schüler werden im Schulversuch voll

erfüllt.– In der Berufsorientierung sind die Schüler meist sicher,

aber noch nicht immer realistisch (und hoffentlich nichtresignativ).

– Im Schulversuch ist den Schülern ihr berufliches Ziel deut-lich klarer geworden.

Kooperierende Berufsschule (BS) – BVJ/k Kooperierende Mittelschule (MS) – B-Klasse

Staatl. BS I Mühldorf MS Mühldorf

Staatl. BS I Traunstein Franz-von-Kohlbrenner-MS Traunstein

Staatl. BS Fürstenfeldbruck MS Fürstenfeldbruck an der Theodor-Heuss-Straße

Staatl. BS Altötting MS Neuötting Max-Fellermeier-Schule

Staatl. BS I Straubing MS Straubing-Alburg

Staatl. BS Vilshofen MS Vilshofen

Staatl. BS Waldkirchen/Grafenau Propst-Seyberer-MS Grafenau

Städt. BS II Regensburg Pestalozzi-MS Regensburg

Staatl. BS I Bayreuth Albert-Schweitzer-MS Bayreuth

Staatl. BS Kronach Gottfried-Neukam-MS Kronach

Staatl. BS Rothenburg-Dinkelsbühl Valentin-Ickelsamer-MS Rothenburg

Staatl. BS I Schweinfurt Frieden-MS Schweinfurt

Staatl. BS I Aschaffenburg MS Hösbach

Staatl. BS I Memmingen Bismarckschule MS Memmingen

Staatl. BS I Kempten Robert-Schumann-MS Sankt Mang Kempten

Abb. 1: Beteiligte Schulen im Schuljahr 2011/12

B-Klasse – eine erfolgreiche Kooperation

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– Die Anschlüsse an den Schulversuchsklassen sind über-durchschnittlich gut.

3.3 Ergebnisse aus der Schulstatistik

„Über 90 % der teilnehmenden Schülerinnen und Schülerkonnten am Schuljahresende 2010/11 den erfolgreichenHauptschulabschluss vorweisen, über 50 % sogar den qua-lifizierenden Hauptschulabschluss. Im selben Schuljahr ge-lingt es rund 72 % der Schülerinnen und Schüler in den B-Klassen, einen beruflichen oder schulischen Anschluss zufinden“ (Spaenle 2011).

4 AusblickNeben einer intensiven Berücksichtigung der individuellenGegebenheiten der Jugendlichen einerseits und der organi-satorischen Rahmenbedingungen andererseits konnten ei-ne Reihe von Konstanten festgestellt werden, die bei fast je-der Schule einen Beitrag zum Erfolg geleistet hatten. „Fol-gende Gestaltungselemente haben zum Erfolg der Koope-ration von B-Klasse und BVJ/k beigetragen:– Im regulären Unterricht unterrichten sowohl Lehrkräfte

der Mittelschule als auch Lehrkräfte der Berufsschule;hierbei werden die Schülerinnen und Schüler in allge-meinbildenden Fächern primär von Lehrkräften der Mit-telschule unterrichtet. In Unterrichtsfächern mit fach-praktischen und fachtheoretischen Inhalten unterrichtenüberwiegend Berufsschullehrkräfte.

– Schülerinnen und Schüler sammeln in intensiven Prakti-ka, welche fast 50 % der Unterrichtszeit umfassen, Be-rufserfahrung und werden während dieser Zeit von Sozi-alpädagogen unterstützt“ (Spaenle 2011).

Wichtige Eckpunkte waren auch die besondere Bedeu-tung der Unterstützung und vertrauensvollen Zusam-menarbeit von Schulleitungen, Schulämtern und den zu-ständigen Regierungen, die den Bemühungen der Kolle-ginnen und Kollegen vor Ort eine hohe Priorität im Rah-men der pädagogischen Arbeit zugestanden hatten. Dassalle Beteiligten voneinander lernen können, wurde immerwieder in den Gesprächen betont. „Gerade von der Bün-delung der Kompetenzen beider Schulen können die jun-gen Menschen profitieren. Zahlreiche Schülerinnen undSchüler können durch die Kooperation beider Bildungs-angebote den angestrebten schulischen Abschluss errei-chen und den Übergang in eine Ausbildung schaffen“(Spaenle 2011).

Als ein besonderes Unterscheidungsmerkmal zum her-kömmlichen Unterricht an der Mittelschule sahen viele Ju-gendliche der B-Klasse die Praktika, die neben den Praxis-anteilen des Berufsschulunterrichts fast die Hälfte der Un-terrichtszeit einnahmen und kontinuierlich während desgesamten Schuljahres besucht wurden. Sowohl die Dauerals auch die intensive Betreuung und Vorbereitung durchdie Sozialpädagogen sicherten einen nachhaltigen Erfolgder Praktika, der sich in hohem Maße auch auf die Über-nahmequote während des Schuljahres auswirkte. Dies wur-de auch in früheren Untersuchungen des DJI bestätigt. „DerBetrieb als Ort der Förderung auch von benachteiligten Ju-

gendlichen steht derzeit hoch in Kurs. Allerdings ist der Be-trieb allein noch kein pädagogisches Programm. Damit Ju-gendliche und Betrieb von diesem Ansatz profitieren, be-darf es einer flankierenden Begleitung.“ (Förster et altera2006, S. 239)

4.1 Auswirkungen in Hinblick auf die demografischeEntwicklung

„Weniger Fachkräfte führen schon aus rein ökonomischenGesichtspunkten dazu, dass wir uns künftig einen ,drop-out‘aus Bildungs- und Beschäftigungssystemen und somit ausder Gesellschaft noch weniger leisten können als heute“(Prager u. a. 2007, S. 208 f.). Die besonders leistungsfähigenJugendlichen werden durch den sehr hohen Mangel im In-genieurbereich in den MINT-Fächern zunehmend von denHochschulen absorbiert. Dies zeigen auch die steigendenAbsolventenzahlen von Fachschulen und der beruflichenOberschule. Ausbaufähig ist das Angebot an Fachkräftendurch die Verkürzung von Warteschleifen und die Minimie-rung der oben genannten drop-out-Quote. Wege zur Ver-ringerung dieser Zahlen sind kostenintensiv, aber auf langeSicht – neben der sozialen Verantwortung – auch aus öko-nomischer Sicht lohnend.

„Für die neuen Schwerpunkte (z. B. Langzeitpraktika, nach-haltige Partnerschaften zwischen Schulen und Betrieben)ist vielfach ein langer Atem erforderlich. Der Einsatz lohntsich: Er hilft den Betrieben bei der Sicherung ihres Fachkräf-tenachwuchses und den Jugendlichen beim Einstieg in dasBerufsleben“ (Pahl, DIHK-Bildungsbericht 2011, S. 9). Nachvielen Jahren des Bewerberüberschusses beginnt sich dieWaage zu Gunsten der Bewerber zu neigen. 2010 konntenschon 24 % der Betriebe in Deutschland ihre angebotenenAusbildungsplätze nicht besetzen (vgl. DIHK-Bildungsbe-richt 2011, S. 8 f.). Deshalb ist es dringend notwendig, im Bereich der Jugendlichen mit Förderbedarf durch geeigneteMaßnahmen das Potenzial, das in ihnen steckt, zu entde-cken und zu nutzen.

4.2 Weiterentwicklungspotenzial des Schulversuchs B-Klasse

Ob der Schulversuch in Zukunft zum Regelangebot wird,scheint nach den ersten Ergebnissen kaum mehr in Frage zustehen. Wichtig erscheint es, die aufgezeigten Gelingens-bedingungen nicht nur in diesem Angebot zu verstetigen,sondern auf weitere Angebote zu übertragen, um bei allerpositiver Vielfalt die Basiskonditionen zu vereinheitlichenund die durch viele Untersuchungen (vgl. Schreiber, E. et al-tera 2007) verifizierten Wege sicher zu stellen. Der Schul-versuch B-Klasse stellt sicher einen guten Weg weg von ei-nem sich ausbreitenden Übergangssektor und hin zu einerzielgerichteten Qualifizierung bzw. Vorqualifizierung vonJugendlichen dar. Gründe für den Erfolg scheinen zum einendie intensive Betreuung durch Sozialpädagogen und die Zu-sammenarbeit von Mittelschul-, Berufsschullehrern undden Sozialpädagogen zu sein, auf der anderen Seite auch einneuer Motivationsschub der Jugendlichen durch den Be-schulungsortwechsel und das intensive und längerfristigePraktikum. Viele Jugendliche bekamen bei den Betrieben

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 327

auch die Möglichkeit, über einen längeren Zeitraum zu zei-gen, was sie trotz oft mäßiger Schulnoten in realen Be-triebsabläufen zu leisten fähig und bereit sind. „Viele Ju-gendliche mit schlechten Schulnoten sind in der betriebli-chen Praxis motiviert und leistungsfähig“ (DIHK-Bildungs-bericht 2001, S. 8). Daneben können die Jugendlichen sichdurch die Erhöhung ihres Bildungsabschlusses auch nochweitere Berufsmöglichkeiten erschließen. Die Schulmüdig-keit und die Fehlzeiten konnten in dem Schulversuch starkreduziert werden. Zusammengenommen bewirkten diesekleinen Verbesserungen einen positiven Sog, der sich in dervergleichsweise sehr hohen Vermittlungsquote zeigte. Auchandere Projekte widmen sich derzeit diesem Themenfeld. Ei-nen bemerkenswerten Weg, der sich auch auf Teile desSchulversuchs B-Klasse übertragen lassen könnte, zeigt dasProjekt „Chance plus“ der Deutschen Bahn. Hier wird derKompetenzerwerb während der Einstiegsqualifizierung mitLeistungspunkten bewertet und dann im Rahmen der Pilot-initiative DECVET des BMBF auf die betriebliche Ausbildungangerechnet (vgl. hierzu auch: Richter/Laubersheimer2011).

Anmerkungen1 Zur einfacheren Lesbarkeit werden im Text die männlichen Formen be-

nutzt. Die weiblichen Formen sind natürlich immer gleichwertig mit an-gesprochen.

2 Inklusive Schüler in vollzeitschulischen Maßnahmen der Berufsvorbereitung

LiteraturBayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2010: StatistischeBerichte: Berufsschulen in Bayern Schuljahr 2010/11, Herbst 2010.

Förster, H./Kuhnke, R./Skrobanek, J. (Hrsg.) 2006: Am Individuum ansetzen.Deutsches Jugendinstitut. München.

Pahl, T. 2011: Ausbildungspakt mit neuen Zielen. In: Grupe, S./Mertens, M.(Hrsg.) 2011: DIHK-Bildungsbericht 2011. Berlin. S. 8–9.

Prager, J./Wieland, C. (Hrsg.) 2007: Duales Ausbildungssystem. Quo vadis? Gü-tersloh.

Richter, M./Laubersheimer, J. 2011: Durchlässigkeit zwischen Berufsvorberei-tung und Berufsausbildung verbessern. In: Berufsbildung in Wissenschaft undPraxis 40(2011)5, S. 47–50.

Schelten, A./Zöller A. 2010: Praxishandbuch JoA: Jugendliche ohne Ausbil-dungsplatz. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung. München.

Schreiber, E. et altera 2007: Schulabbrüche und Ausbildungslosigkeit. Deut-sches Jugendinstitut. München.

Spaenle, L. 2011: Pressemitteilung StMUK Nr. 220, 30.09.2011.

1 EinleitungIm Frühjahr 2012 haben die ersten elf Studenten/Studen-tinnen sehr erfolgreich ihren gesamten Ausbildungsgangmit dem Abschluss „Bachelor of Engineering – Mechatro-nik“ an der Hochschule Augsburg (früher Fach-Hochschule)beendet. Zwei müssen noch wenige Prüfungen schreiben,einer ist schon am Anfang ausgestiegen. Drei streben in wei-teren 1,5 Jahren den Master an.

Das Verbundstudium ist ein dritter Weg zwischen akademi-scher und beruflicher Bildung mit dem Ziel, qualifizierte jun-ge Fach- und Führungskräfte mit Berufsausbildung Mecha-troniker/-in (IHK-Abschluss) und gleichzeitigem Studium(Bachelor of Engineering – Mechatronik) in einem verkürz-ten, integrierten Bildungsgang in 4,5 statt ca. sieben Jahrenzu gewinnen. Angesprochen werden besonders leistungs-fähige und motivierte Schulabgänger mit Hochschulzu-gangsberechtigung, die Ingenieure werden wollen. Es gibtzwei prinzipielle Ausbildungswege: 1. Berufsabschluss mitBerufsschulbesuch und Studium (ausbildungsintegrierend), 2. erweitertes Praktikum und Studium.

Im September 2007 haben 14 Auszubildende mit der erstenAusbildungsvariante begonnen. Beteiligt sind dabei die

Hochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg mitdem Lehrstuhl Elektrotechnik unter Prof. Dr. Raps und die Be-rufsschule Augsburg I für Metalltechnik und die Berufsschu-le VII für Elektrotechnik. Da im 2. bis 5. Jahr der Studienortwesentlich für die räumliche Zuordnung ist, ist dieser auchentscheidend für den Berufsschulstandort. Vorteilhaft ist inAugsburg die jeweilige Nähe der schulischen bzw. studenti-schen Ausbildungsorte. Die Berufsschulen sind im selbenHaus an der Haunstetter Straße und die Hochschule ist zweiStraßenbahnhaltestellen (ca. 1 km) entfernt von diesen.

2 Voraussetzung ist die Hochschul-ZulassungVoraussetzung ist, dass man über eine Hochschulzugangs-berechtigung verfügt (Abitur, fachgebundene Hochschulrei-fe oder Fachhochschulreife) und einen Ausbildungsvertragzum Mechatroniker/-in nachweisen kann, in dem die Teil-nahme am dualen Studiengang vereinbart ist. Der Teilneh-mer/Die Teilnehmerin bewirbt sich vor Ausbildungsbeginnfür einen Studienplatz an der Hochschule. Bei Erfüllung derZulassungsvoraussetzungen – insbesondere des NumerusClausus (NC) – gibt die Hochschule die Zusage für einen Stu-dienplatz zum Wintersemester des folgenden Jahres. Für Teil-

Hubert Sporer

Dualer Studiengang Mechatronik in AugsburgMechatroniker/-in und Bachelor of Engineering – Mechatronik in4,5 Jahren in Augsburg (hochschule dual)Der folgende Beitrag veranschaulicht exemplarisch einen Dualen Studiengang mit Beteiligung einer Berufsschule.

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 328

Dualer Studiengang Mechatronik

nehmer am Verbundstudium besteht ein zusätzliches Zulas-sungs-Kontingent. Bei einer Zeugnisgesamtnote von 2,5 oderbesser ist eine Zulassung zugesichert. Zwischen Auszubil-dendem/Auszubildender bzw. Studenten/Studentin werdenein Bildungsvertrag über den kombinierten Bildungsgangund ein Berufsausbildungsvertrag gemäß Berufsbildungsge-setz mit der Ausbildungsfirma abgeschlossen. Die Verbund-ausbildung kann nur zu Beginn eines Schuljahres erfolgen.

3 Berufsausbildung an der BerufsschuleDie Grundlage des Berufsschulunterrichts ist die Stundenta-fel des Lehrplans bzw. der Lehrplanrichtlinien für Fachklassendes Ausbildungsberufs Mechatroniker/-in. Da Schüler mitHochschulzugangsberechtigung berufsschulberechtigt sind,werden sie vom Unterricht in Religion, Sport, Deutsch und So-zialkunde befreit. Sozialkunde ist jedoch ein Prüfungsfach.Die Vorbereitung auf die Sozialkundeprüfung in der Ab-schlussprüfung (Teil 2) führt die Hochschule durch. So wer-den ausschließlich berufsrelevante Lernfelder an der Berufs-schule erteilt und so auch im Abschlusszeugnis der Berufs-schule nach den Regelungen der BSO ausgewiesen. Aufgrundder hervorragenden Zusammenarbeit zwischen der Berufs-schule und den betroffenen Gremien der Hochschule war dieAbstimmung der Lerninhalte und der zeitlichen Abfolge desBildungsganges schnell geklärt. Das Studium erfolgt an denHochschulen in sechs Studien- und einem Praxissemester.

1. Jahr– Ausbildung zum/r Mechatroniker/-in im Betrieb vom

01.09. bis zum 30.09. des Folgejahres.– Der Unterricht an der Berufsschule I erfolgt in Teilzeit-

form: ein Schultag pro Woche plus zehn Sondertage (d. h.ca. 1,25 Tage/Woche) im 1. Ausbildungsjahr.Kein Unterricht in Deutsch, Religion und Sozialkunde.

– Vorbereitung auf die Zwischenprüfung* und z. T. Vorho-lung der Lernfelder höherer Jahrgänge. IHK-Zwischen-prüfung* nach einem Jahr im September/Oktober.

2. Jahr– 1. und 2. Semester: reguläres Studium an der Hochschule.– Englisch bzw. eine lebende Sprache ist Pflicht im 1. Se-

mester.

– Während der vorlesungsfreien Zeit findet weiterhin dieAusbildung im Betrieb statt.

– Zusätzlich ½ Tag pro Woche Unterricht an der Berufs-schule I oder VII (derzeit jeweils freitags von 12.00 bis ca.16.00 Uhr).

3. Jahr– 3. und 4. Semester: reguläres Studium an der Hochschule.– Während der Semesterferien weiter Ausbildung im Be-

trieb.– Zusätzlich ½ Tag pro Woche (mittwochs 8.00 bis 12.00

Uhr) Unterricht an der Berufsschule I oder VII.

4. Jahr– 5. Semester– 20 Wochen Praxissemester sind in die betriebliche Aus-

bildungszeit integriert. Im Januar und Februar speziell in-genieurnahe Tätigkeiten im Betrieb; damit ist die Aner-kennung als Praxissemester möglich. Einführung in eineselbstständige, eigenverantwortliche Ingenieurtätigkeitanhand konkreter Aufgabenstellungen entsprechend desStudiengangs.

– Aus den nachfolgenden Gebieten sind höchstens dreiauszuwählen:– Entwicklung, Konstruktion, Projektierung– Arbeitsvorbereitung, Fertigung, Vertrieb– Betriebsorganisation, Mitarbeit an DV-Projekten– Inbetriebnahme

– Zusätzlich eine Blockwoche vor Beginn des regulären Stu-diensemesters Unterricht an der Berufsschule I oder VIIzur Prüfungsvorbereitung.

– Praxisbegleitende/-ergänzende Lehrveranstaltungenfinden jeden Freitag an der Hochschule statt (z. B. Quali-tätssicherung, Sicherheitstechnik, Sozialkunde).

– Das Fach Sozialkunde (Arbeitsrecht) wird als praxiser-gänzendes Vertiefungsfach über einen Lehrauftrag derHochschule abgedeckt. Um die Anerkennung zu gewähr-leisten, findet am Ende eine Prüfung statt, die aber gleich-zeitig der Vorbereitung für die Abschlussprüfung (künftigTeil 2) der IHK in diesem Fach dient.

Jahr Mon. Okt Nov Dez Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Mon.

1 Betrieb

1. 12 Betriebliche Ausbildung (Betrieb, Berufsschule) IHK-Prüfung Teil 1*

2. 3 1. Semester Hochschule Betrieb 2. Semester Hochschule Betrieb 9

3. 3 3. Semester Hochschule Betrieb 4. Semester Hochschule Betrieb 9

4. 7,5 5. Praxis-Semester HS, betriebl. Praxis, 6. Semester Hochschule Betriebliche 4,5IHK-Prüfung Teil 2* Praxis

5. 7. Semester HS, Bachelor-Arbeit 4,5

26,5 Monate betriebliche Ausbildung/Praxis Studium 27 Monate

* Die „Gestreckte Abschlussprüfung“ mit der Aufteilung in zwei zeitlich auseinander liegende Teile findet erstmals für Aus-zubildende mit einem Vertrag ab 01.08.2011 statt. Teil 1 ersetzt die bisherige Zwischenprüfung und zählt 40 % zum Gesamtergebnis, Teil 2 ist am Ende der Ausbildungszeit.

Abb. 1: Ablauf der Ausbildung

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Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 329

– Die IHK-Abschlussprüfung (Teil 2) ist Anfang Dezember.– 6. Semester– reguläres Studium an der Hochschule

5. Jahr– 7. Semester: reguläres Studium an der Hochschule– Bachelor-Arbeit (vorrangig im Ausbildungsbetrieb)– Abschluss Bachelor of Engineering

4 Inhalte beim Studium der Mechatronik ander Hochschule

1. Semester: Mathematik 1, Physik, Elektrotechnik 1, Me-chanik und Konstruktion 1, Englisch.

2. Semester: Mathematik 1, Elektrotechnik 1, Mechanik undKonstruktion 1, Informatik 1, Schaltungstech-nik 1, Messtechnik 1.

3. Semester: Mathematik 2, Elektrotechnik 2, Mechanik undKonstruktion 2, Informatik 2, Schaltungstech-nik 2, Messtechnik 2, Werkstofftechnik.

4. Semester: Mechanik und Konstruktion 2, Informatik 2,Schaltungstechnik 2, Automatisierung, Me-chatronik, SWP-Fächer (Fachspezifische Wahl-pflichtfächer).

5. Semester: Praxisseminar, Fachübergreifende Kompeten-zen.

6. Semester: Computertechnik, Systems Engineering, Auto-matisierung, Mechatronik, SWP-Fächer (Fach-spezifische Wahlpflichtfächer).

7. Semester: Computertechnik, Systems Engineering, Auto-matisierung, Mechatronik, SWP-Fächer (Fach-spezifische Wahlpflichtfächer), Bachelor-Arbeit.

Von der Möglichkeit, gegenseitig zwischen Berufsschule undHochschule Leistungen anzuerkennen, durch z. B. Erlass vonPrüfungen oder Lehrveranstaltungen oder Anrechnung vonECTS-Punkten, wird bei der Verbundausbildung zum/r Me-chatroniker/-in in Augsburg – derzeit noch – nicht Gebrauchgemacht. Ausnahme: Im Januar/Februar sind im 5. Semes-ter ingenieurnahe Tätigkeiten im Betrieb vorgesehen. Damitwird dies vollständig als Praktikumssemester anerkannt (24Credits entsprechen 11,4 % des Gesamtstudiums).

Beim endgültigen Nichtbestehen einer Prüfung oder bei derBeendigung des Studiums an der Hochschule oder bei Nicht-bestehen der IHK-Abschlussprüfung endet der kombinierteBildungsgang mit sofortiger Wirkung. Der Betrieb kann al-lerdings einer Verlängerung zustimmen. Im Fall der Beendi-gung des Studiums wird die kombinierte Ausbildung in einnormales Berufsausbildungsverhältnis umgewandelt unddieses in einer regulären Fachklasse des jeweiligen Ausbil-dungsberufs fortgesetzt. Sollte das Berufsausbildungsver-hältnis abgebrochen werden, kann das Studium im norma-len Bachelor-Studiengang Mechatronik fortgesetzt werden.So ist es möglich, dass, wenn ein Teil des kombinierten Bil-dungsganges abgebrochen wird, dennoch der jeweils ande-re Teil erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die Bildungvon Schwerpunkten im Studium wird durch Wahlmodule imUmfang von 18 Credit-Points ermöglicht (ein Semester = 30

Credit-Points). Die Studienschwerpunkte sind vom Teilneh-mer/von der Teilnehmerin mit dem Betrieb abzustimmen.Ein Auslandssemester ist während des Studiums möglich.

5 Vergütung/StipendiumDas Studium endet mit dem Bachelor of Engineering – Me-chatronik und kann bei entsprechenden Leistungen – No-tenschnitt nicht schlechter als 2,5 – mit der Masterausbil-dung fortgesetzt werden. Jedoch ist hier die Zustimmungdes Ausbildungsbetriebs notwendig, da der Teilnehmer/dieTeilnehmerin sich vertraglich verpflichtet hat, nach Beste-hen der Bachelor-Prüfung ein Beschäftigungsverhältnis mitdem Betrieb für mindestens zwei oder drei Jahre einzuge-hen, wenn ihm/ihr dies angeboten wird. Bei Nichtannahmedes Arbeitsvertrages oder Kündigung ist eine (anteilige)Rückzahlung des Stipendiums, das oftmals nach Bestehender IHK-Abschlussprüfung gezahlt wird, vereinbart.

6 Integriert dual StudierendeDas Interesse von Betrieben und Studenten/-innen an dop-pelqualifizierenden Ausbildungen wächst schnell. Da je-doch bei der Einführung neuer Verbundstudiengänge oftkeine zwölf Studierende – geschweige denn 16 – vorhandensind, kann an der Berufsschule keine eigenständige Klassegebildet werden. Hier erfolgt die Integration in normale Be-rufsschulklassen. Jedoch findet für die „Verbundschüler“nur ein Schultag pro Woche statt, an dem fast ausschließ-lich berufsbezogene Themen behandelt werden. Vom Un-terricht in Religion, Deutsch, Englisch und Sozialkunde sindauch diese Schüler befreit. Im 2. und 3. Ausbildungsjahr fin-det die allein verbleibende fachliche Unterrichtung an je-weils einem halben Schultag statt. Bei Bedarf werden zu-sätzliche Termine zur Vorbereitung auf die Zwischenprü-fung eingeschoben (siehe Erläuterung unter Abbildung 1).

Im Schuljahr 2011/2012 werden mehrere kombinierte Bil-dungsgänge „hochschule dual“ an der Berufsschule I derStadt Augsburg angeboten in Zusammenarbeit mit derHochschule für angewandte Wissenschaften Augsburg –Lehrstuhl Maschinenbau – mit Professor Thalhofer. Dies sindseit 2009 die Fluggerätmechaniker (zwei bis drei Kandida-ten) und seit 2011 ein Zerspanungsmechaniker. Geplant ist,dass mit dem Schuljahr 2012/2013 eine Eingangsklasse mitIndustriemechanikern/hochschule dual gebildet werdenkann. Am Lehrstuhl Maschinenbau werden keine beruflicherworbenen Inhalte auf das Studium angerechnet. Es gibtauch keine Anerkennung als Praxissemester.

Anmerkungena) Bei den Fluggerätmechanikern gibt es in Augsburg auch das 2. Studien-

modell mit erweitertem Praktikum.

b) An der Berufsschule VII läuft seit diesem Schuljahr analog der Mechatro-niker-Ausbildung der duale Studiengang Elektroniker für Betriebstechnikbzw. Elektroniker für Geräte und Systeme.

Weiterführende Informationen zum dualen Studium finden Sie auch auf derHomepage von „hochschule dual“ unter http://www.hochschule-dual.de oderwww.schwaben.ihk.de/aus_und_weiterbildung/. Regelungen, die die Berufs-schulen bezüglich Klassenbildung, Zeugnis etc. betreffen, finden sich im KMSvom 20.03.2012 Nr. VII.1–5 S 9214–7b. 23523.

Siehe auch „Duales Studium in der Diskussion“. In: „Die berufsbildende Schu-le“ 64(2012)2, S. 62 f.

Qualitätsentwicklung in beruflichen Schulen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 330

1 Qualitätsentwicklungin beruflichen Schulen

Dem Thema Qualitätsentwicklung in Schulen wird gegen-wärtig in der deutschen Bildungspolitik große Aufmerk-samkeit gewidmet. In diesem Zuge rücken Evaluations-,Qualitätssicherungs- sowie Qualitätsentwicklungsmaß-nahmen zunehmend in den Mittelpunkt der teilweise kon-troversen wissenschaftlichen und pädagogisch-praktischenDiskussion (vgl. Terhart 2002, S. 42). Der Diskurs zu diesemThema hat seinen Ursprung allerdings bereits in den 1970er-Jahren, als die Erarbeitung von Kriterien „guter Schulen“erstmals angestrebt wurde.

Die aktuelle Debatte und die intendierte Steigerung schuli-scher Qualität dienen allerdings keinem Selbstzweck. Viel-mehr gibt es für deren Notwendigkeit vielfältige Ursachen.Von zentraler Bedeutung für die aus heutiger Sicht nötigeQualitätsentwicklung an Schulen sind unter anderem die Er-kenntnisse der Schulforschung. Diese zeigen, dass mit einerSteigerung von Quantitäten, worunter in diesem Kontextdie vermehrte Errichtung von Schulen oder die Einstellungvon mehr Lehrkräften zu verstehen ist, nicht zwangsläufigeine Steigerung der Schulqualität einhergeht. Derartige Er-kenntnisse konnten unter anderem aus den Ergebnissen in-ternationaler Vergleichsstudien wie PISA oder TIMSS ge-wonnen werden (vgl. ebd. S. 43 f.).

Obwohl deren Untersuchungsbereich die allgemeinbilden-den Schulen sind, ergeben sich aufgrund des nur durch-schnittlichen Abschneidens der deutschen Schüler im inter-nationalen Vergleich auch für die beruflichen Schulen For-derungen zur Verbesserung hinsichtlich deren Qualität (vgl.Euler 2005, S. 5). So wandeln sich durch sich ändernde undwachsende Bildungsanforderungen moderner Produktions-und Dienstleistungsstrukturen die Ansprüche an Lernendebzw. Auszubildende. Aber auch Veränderungen der sozialenBedingungen sowie strukturelle und pädagogische Proble-me und der Einbezug von schulischer Bildung als Wirt-schaftsfaktor erfordern die systematische Weiterentwick-lung von Schule zu einer „lernenden Organisation“ (vgl. Holtappels 2005, S. 27).

Dabei steht nicht nur die Ebene des Systems Schule im Mit-telpunkt der Erneuerungsprozesse, sondern auch die Ebeneder einzelnen Schulen und die der innerschulischen Weiter-

entwicklung, auf welcher die Schulentwicklung in den Be-reichen Unterrichts-, Personal- und Organisationsentwick-lung stattfindet. Die systematische Schulentwicklung ver-folgt das Ziel, dass einerseits sowohl in dem System Schuleals auch in den einzelnen Schulen durch die Verbesserungder Anpassungs- und Problemlösefähigkeit die Selbster-neuerungsfähigkeit gesichert wird und außerdem nachneuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen die pädagogi-schen Gestaltungsmöglichkeiten optimal ausgeschöpftwerden können, um somit dem Bildungsauftrag der Schu-len gerecht zu werden. Andererseits können durch syste-matische Schulentwicklung die Vergleichbarkeit von Bil-dung in verschiedenen Regionen gesichert und die Bedin-gungen für gleiche Bildungschancen für die Lernenden ver-bessert werden sowie auch die Schulen bei der Entwicklungeigener Profile und somit bei der Erarbeitung eigener päda-gogischer Gestaltungskonzepte unterstützt werden (vgl.ebd. S. 28).

Allerdings werden schulische Qualitätsentwicklung und ins-besondere erforderliche evaluatorische Maßnahmen nichtnur unter dem Fokus der Verbesserung betrachtet. Häufigentstehen Befürchtungen zunehmender Arbeitsbelastungund damit das Abschweifen von der Kernaufgabe des (be-ruflichen) Schulbetriebs – dem Lehren und Lernen. Auch dieWahrnehmung von Evaluation als Kontroll- bzw. Machtin-strument und die damit einhergehende Einschränkung pä-dagogischer Freiheit sowie die Verschiebung der traditio-nellen Bewertungsweise der Lernenden durch den Lehren-den hin zu einer weniger asymmetrischen Bewertungskul-tur und ein damit möglicher Autoritätsverlust werden in die-sem Zusammenhang immer wieder als Bedenken ange-führt. Die Integration von Evaluation zur systematischenschulischen Qualitätsentwicklung in das Aufgabenspek-trum von Lehrerinnen und Lehrern erfordert vor dem ein-gangs geschilderten Hintergrund ein grundlegendes Um-denken (vgl. Bürger/Schmid 2005, S. 3).

In Sachsen wurden Qualitätsentwicklung und Qualitätssi-cherung im Bildungsbereich in den letzten Jahren sowohl fürallgemeinbildende als auch für berufsbildende Schulen vo-rangetrieben. Mit der Novellierung des Schulgesetzes im Jahr2004 wurde die allgemeine Verpflichtung zur Evaluation ein-geführt. Neben der externen Evaluation, die im Schulgesetz(§ 59a) verankert wurde, spielt bei der Einschätzung der Re-

Marcel Köhler, Kathleen Beensen

Qualitätsentwicklung in beruflichen SchulenEine Analyse interner EvaluationsinstrumenteObwohl weithin Konsens darüber besteht, dass, basierend auf internen und externen Evaluationsergebnissen, Qualitäts-sicherungs- und Entwicklungsmaßnahmen in Schulen entwickelt und umgesetzt werden sollen, ist die gegenwärtige Da-tenlage zu schulinternen Evaluationsinstrumenten in mehrfacher Hinsicht defizitär. Aufgrund des Bestrebens des Berufli-chen Schulzentrums für Gesundheit und Sozialwesen „Karl-August-Lingner“ in Dresden, die schulinterne Evaluationspra-xis zu verbessern, wurden im Rahmen einer Kooperation mit dem Institut für Berufspädagogik der TU Dresden die Evalua-tionsinstrumente des BSZ erfasst, analysiert und ausgewertet.

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 331

sultate der pädagogischen Arbeit auf der Basis des Schulpro-grammes die interne Evaluation eine zentrale Rolle (vgl. Säch-sisches Bildungsinstitut [SBI] 2008, S. 5). Mit dieser gesetzli-chen Neuerung wurde den Schulen dahingehend eine grö-ßere Eigenverantwortung übertragen, als dass sie „in der La-ge sein müssen, systematisch und nachvollziehbar über dieErgebnisse ihrer pädagogischen Arbeit zu reflektieren unddies auch zu dokumentieren“ (ebd. S. 5). Mit dem systemati-schen Erfassen sowie der Aus- und Bewertung von Informa-tionen und Daten über das Lernen, den Unterricht und dieSchule wird der Prozess der internen Evaluation angespro-chen, unter dem nach Altrichter et. al. (2006) Evaluationsvor-haben zu verstehen sind, „in denen Personen, Gruppen oderInstitutionen ihre eigene Tätigkeit selbst untersuchen“.

Die Bewertung der eigenen Praxis nach selbst gewähltenKriterien erfolgt unter der Zielstellung der langfristigenQualitätssicherung und -steigerung. Da die Schule die in-terne Evaluation in Eigenverantwortung durchführt, kannsie selbst bestimmen, was sie konkret evaluieren möchteund mit welchen Evaluationsinstrumenten oder -methodendie Evaluation umgesetzt werden soll (vgl. SBI 2008, S. 8). Al-lerdings ist es dafür unabdinglich, dass sich die Schule zu-vor auf ein schulspezifisches Qualitätsverständnis einigtund „in einem innerschulischen Konsens [...] Werte und Ziel-vorstellungen fest[legt], nach denen sie sich selbst beur-teilt“ (Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsfor-schung München 2007, S. 11). Dahingehend wird den Schu-len geraten, sich nach externen Leitlinien hinsichtlich eineseinheitlichen Qualitätsverständnisses, wie dem sächsi-schen Schulgesetz oder dem Leitbild für Schulentwicklungzu richten, um die Verzahnung der internen und externenEvaluation zu ermöglichen und dadurch Maßnahmen zurSchulentwicklung zielführend gestalten zu können.

Allerdings ist die gegenwärtige Datenlage zu den einzelnenschulspezifischen Erhebungsinstrumenten in mehrfacherHinsicht defizitär: Bis dato fehlt eine Bestandsaufnahme dereinzelnen Instrumente ebenso wie wissenschaftsmethodi-sche Untersuchungen zur Gestaltung und zur schulspezifi-schen Schwerpunktsetzung in der internen Evaluation so-wie Wirksamkeitsanalysen zu den in den Schulen einge-setzten Evaluationsinstrumenten.

Da von Seiten des Beruflichen Schulzentrums (BSZ) für Ge-sundheit und Sozialwesen „Karl-August-Lingner“ in Dres-den das Interesse bestand, die interne Evaluationspraxis zusystematisieren und zu optimieren, wurden im Rahmen ei-ner Kooperation mit der Professur für Didaktik beruflichenLernens des Instituts für Berufspädagogik der TU Dresdenim Schuljahr 2010/2011 die internen Evaluationsinstru-mente des BSZ erfasst und anschließend hinsichtlich ihresAufbaus analysiert und ausgewertet.

2 Zum QualitätsverständnisEs ist nicht verwunderlich, dass die Debatte um die Qualitätvon Schulen seit mehreren Jahrzehnten geführt wird, da derQualitätsbegriff in seiner eigentlichen Bedeutung wer-tungsfrei ist und lediglich über die Beschaffenheit bzw. dieEigenschaften eines Gegenstandes Aussagen trifft (vgl. Ter-

hart 2002, S. 69). Demgegenüber geht ein spezifisches Qua-litätsverständnis von Schule über die Beschreibung derenBeschaffenheit und Eigenschaften hinaus. Vielmehr sollenAussagen über die Güte von Schule bzw. schulischer Pro-zesse getroffen werden.

Die Ausprägung der Qualität spiegelt sich in diesem Kontextanhand der Einordnung der Ergebnisse von Bewertungen ineiner Skala wider und ist nicht als eine beobachtbare Eigen-schaft oder die Beschaffenheit eines Gegenstandes zu ver-stehen. Folglich sind Bezugspunkte bzw. Kriterien erforder-lich, anhand derer eine Bewertung von schulischer Qualitätvorgenommen werden kann. Da Schule in einem Wirkungs-und Interessengefüge mehrerer Akteure verortet werdenkann und die Qualitätsdiskussion auf mehreren gesell-schaftlichen Ebenen stattfindet, erfolgt die Wahl dieser Be-zugspunkte interessengebunden, woraus häufig ein unter-schiedliches Qualitätsverständnis der einzelnen Akteure,zum Beispiel dem Bildungsträger oder den Lernenden, re-sultiert (vgl. Euler 2005, S. 13 f.). Vor diesem Hintergrund wirddeutlich, dass Qualität zum einen keine stabile, sondern ei-ne mittels der Beurteilung bewusst gesetzter Kriterien zu-geschriebene Eigenschaft von Schule ist, und zum anderensomit immer relativ zu dem Beurteilenden bzw. dessen so-zialen Kontexten zu verstehen ist (vgl. Terhart 2002, S. 51 ff.).

Die vollständige und objektive Erfassung bzw. Darstellungvon schulischer Qualität ist demzufolge nicht möglich. Viel-mehr wird Qualität in diesem Kontext als ein an den offi-ziellen Zwecksetzungen des Bildungssystems ausgerichtetervereinbarter Gütemaßstab gesehen, anhand dessen die Wir-kungen von Bildungseinrichtungen ermittelt und verglichenwerden können (vgl. ebd. S. 51). Zur Begründung der verein-barten Qualitätsziele können mehrere Legitimationsquellenherangezogen werden. So tragen Rechtsquellen wie dasBBiG, die jeweiligen Berufsgesetze, die Schulgesetze der Län-der und auch schul- und betriebspolitische Vorgaben sowieForschungsergebnisse über qualitätsrelevante Zusammen-hänge anhand wissenschaftlicher Theorien bzw. empirischerBefunde einen maßgeblichen Anteil zur Begründung derQualitätsziele bei. Darüber hinaus können anerkannte Qua-litätsentwicklungskonzepte der Bereitstellung von Quali-tätszielen und -dimensionen dienen (vgl. Euler 2005, S. 16).

Im Rahmen der externen Evaluation an sächsischen Schulenveröffentlichte das SBI 2008 einen Kriterienkatalog, in demsowohl das Qualitätsverständnis des SBI als auch die diesemzugrunde liegenden Qualitätsmerkmale und -kriterien aus-gewiesen und beschrieben werden (vgl. SBI 2008). Im Zugeder externen Evaluation werden Erhebungen und Auswer-tungen der Prozess- und Ergebnisqualität an sächsischenSchulen durchgeführt. Die Input- sowie die Outcome-Qua-lität der Schulen werden allerdings bei dem Evaluationsvor-haben des SBI gegenwärtig weniger berücksichtigt. Im Vor-dergrund soll die Ergebnis- bzw. Output-Qualität der Schu-len stehen, zu deren Weiterentwicklung und Verbesserungunter anderem Aussagen über die Qualität der an den Schu-len stattfindenden Prozesse notwendig sind, da vor allemdurch eine Optimierung des schulischen Handelns die Er-gebnisqualität verbessert werden kann (vgl. ebd. S. 6 f.). DemBereich der Prozessqualität wurden von Seiten des SBI fol-

Qualitätsentwicklung in beruflichen Schulen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 332

gende fünf Qualitätsbereiche zugeordnet: „Lehren und Ler-nen“, „Schulkultur“, „Entwicklung der Professionalität“,„Management und Führung“ sowie „Kooperation“. DieseQualitätsbereiche wurden in Qualitätsmerkmale unterteilt,denen wiederum Qualitätskriterien zugeordnet wurden. Indiesen wird konkret beschrieben, was schulische Qualitätauf der Prozessebene kennzeichnet. Des Weiteren wird derBereich der Ergebnisqualität in dem Kriterienkatalog aus-gewiesen, der ebenso in Qualitätsmerkmale und -kriterienuntergliedert wurde. Die in diesem Bereich festgehaltenenErgebnisse gehen aus den schulischen Prozessen hervor. DieAuswahl und die Beschreibung der Qualitätskriterien basie-ren dabei auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und orien-tieren sich an dem Stand der Forschung zu einschlägigen Er-folgsfaktoren schulischen Wirkens (vgl. ebd. S. 6).

Für die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung durch-zuführende Analyse bestehender Evaluationsinstrumentedes BSZ „Karl-August-Lingner“ und die im Folgenden ange-strebte Verbesserung der Verzahnung interner und externerEvaluation, wurde das Qualitätsverständnis des SBI zugrun-de gelegt:

„Die Qualität eines Ergebnisses oder Prozesses gilt dann als ge-geben, wenn sie den Anforderungen und Erwartungen ent-spricht. In die Definition schulischer Qualität fließen Anforde-rungen und Erwartungen in Form von Wert- und Zielvorstel-lungen aller an Bildung interessierten Gruppierungen ein. Schu-lische Qualität wird somit in einem politischen Aushandlungs-prozess definiert. Die Anforderungen und Erwartungen an dieErgebnisse schulischer Arbeit sind im gesetzlich fixierten Erzie-hungs- und Bildungsauftrag festgelegt. Die Anforderungen andie Prozesse, die innerhalb der Schulen zur erfolgreichen Erfül-lung des Erziehungs- und Bildungsauftrages führen, lassen sichaus wissenschaftlichen Erkenntnissen ableiten.“ (ebd. S. 5).

3 Untersuchungsgegenstand und DatenbasisAusgangspunkt des Vorhabens bilden die in den einzelnenFachbereichen des BSZ bereits verwendeten Evaluationsin-strumente. Die interne Evaluation in einem BSZ stellt da-hingehend eine Besonderheit dar, als dass nicht nur mehre-

re Ausbildungsgänge, sondern auch mehrere Schultypen Be-rücksichtigung finden müssen. In das BSZ für Gesundheitund Sozialwesen „Karl-August-Lingner“ sind sowohl eineBerufsschule und eine Berufsfachschule als auch eine Fach-schule, eine Fachoberschule und ein Berufliches Gymnasi-um integriert. Bei dem BSZ handelt es sich um eine öffent-liche Schule, deren Träger das Schulverwaltungsamt Dres-den ist. Gegenwärtig absolvieren 1.650 Schülerinnen undSchüler ihre Ausbildung an diesem BSZ.

Seit Anfang 2007 ist das BSZ „Karl-August-Lingner“ in einemfünfteiligen Gebäudekomplex untergebracht, welcher sichin ein Hauptgebäude und einen Anbau sowie eine Turnhal-le und ein Gebäude für die Schulaula sowie eine Mensa glie-dert. Des Weiteren gehört diesem Komplex eine Sportanla-ge an. Die Gebäude wurden für die Unterbringung des BSZsaniert bzw. neu errichtet und die Ausstattung der Räum-lichkeiten an den Bedarf der an dem BSZ angebotenen Aus-bildungsgänge angepasst. Für den theoretischen und fach-praktischen Unterricht stehen den Lehrenden und Lernen-den Fachkabinette und ausbildungsgangspezifische Praxis-räume mit einer modernen Ausstattung zur Verfügung.Auch eine Schulbibliothek ist vorhanden. Die Klassenräumesind standardmäßig jeweils mit einer Tafel, einem Over-head-Projektor und einem Fernsehgerät ausgestattet. DesWeiteren ist eine Vielzahl an Laptops verfügbar und in meh-reren Klassenräumen sind Beamer bzw. interaktive Tafeln in-stalliert. Zusätzlich können die Lehrkräfte für den Unterrichtauf mehrere transportable Beamer zurückgreifen. Für dieLernenden besteht die Möglichkeit, auch außerhalb des In-formatikunterrichtes die fünf vorhandenen Computerkabi-nette im Rahmen anderer Unterrichtsstunden zu nutzen.

Die einzelnen Ausbildungsgänge sind am BSZ „Karl-August-Lingner“ jeweils einem von vier Fachbereichen zugeordnet.Sowohl für die Richtung Gesundheit als auch für die Rich-tung Sozialwesen wurden jeweils zwei Fachbereiche einge-richtet, wobei für jeden Fachbereich eine Lehrkraft als Fach-richtungsleiter/-in verantwortlich ist. An den jeweiligenSchultypen dieses BSZ werden die in Abbildung  1 aufge-führten Ausbildungsgänge angeboten.

Abb. 1: Ausbildungsgänge.

Themen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 333

Insgesamt wurden der TU Dresden im Rahmen der Untersu-chung 13 interne Evaluationsinstrumente aus den vier Fach-bereichen des BSZ zur Verfügung gestellt. Diese wurden vonden jeweils verantwortlichen Pädagogen fachbereichs- undausbildungsgansspezifisch mit individuellen Zielstellungenentwickelt und umfassen daher breit gefächerte Fragen zumehreren Qualitätsmerkmalen und -kriterien.

Der Großteil der vorhandenen Instrumente erstreckte sichauf Fragebögen, jedoch wurden zur Datenerhebung auchEntwicklungsgespräche genutzt. Die befragte Zielgruppebestand zum Großteil aus den Lernenden des BSZ. Darüberhinaus wurden in einem Fachbereich auch Ausbilderinnenund Ausbilder befragt, bei denen die Schülerinnen und Schü-ler den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. Zu ge-genseitigen Evaluationen der Lehrkräfte und zur Bewertungder Schuladministration waren zum Zeitpunkt der Untersu-chung keine Instrumente zur Datengewinnung vorhanden.

Die Fragen der Erhebungsinstrumente zielten, unabhängigvom jeweiligen Ausbildungsgang, in vielen Fällen auf dasVerständnis von Unterrichtsinhalten, auf die Zufriedenheitmit der Ausbildung, auf schulkulturelle Aspekte wie denUmgang miteinander im Klassenverband und das Wohlbe-finden der Schülerinnen und Schüler an der Schule, aberauch auf die Möglichkeiten, das in der Schule erworbeneWissen in der Praxis anwenden zu können. Auch Daten zuOrganisationsformen des Unterrichts wie bspw. Projektwo-chen waren in den Erhebungsinstrumenten enthalten.

4 AnalyseinstrumentariumDas Analyseinstrumentarium bestand im Rahmen dieserUntersuchung einerseits aus dem vom SBI erarbeiteten Mo-

dell schulischer Qualität (vgl. Abb. 2) und dem damit ver-bundenen Qualitätskriterienkatalog (vgl. Abb. 3 auf S. 334).Da sich die externe Evaluation an sächsischen Schulen andem Modell Q2E (Qualität durch Evaluation und Entwick-lung) orientiert, welches im Sinne eines ganzheitlichen Qua-litätsmanagements explizit für Schulen entwickelt wurdeund in vielen Bundesländern für diesen Zweck unterstüt-zend Anwendung findet, wurde im Rahmen dieser Unter-suchung ebenfalls auf dieses Modell zurückgegriffen.

Die Wahl dieser Instrumente war einerseits erforderlich, dadas Qualitätsverständnis der Schule mit den Vorgaben desSBI einhergeht und sich letzteres an dem Q2E-Modell bei derErarbeitung der Qualitätsbereiche, -merkmale und -krite-rien orientierte. Andererseits ergaben sich aus dem Einsatzdieses Analyseinstrumentariums mehrere Vorteile. Die vor-handenen Evaluationsinstrumente konnten so gezielt mitden externen Qualitätsmerkmalen und -kriterien verglichenwerden, woraus resultierend die Möglichkeiten einer bes-seren Verzahnung von interner und externer Evaluation ge-schaffen werden können. Darüber hinaus konnten mit die-sem Vorgehen die Grundlagen für die Vergleichbarkeit derermittelten Daten auf Landes- und ggf. Bundesebene ge-schaffen werden, da das Q2E-Modell in mehreren Bundes-ländern Anwendung findet. Ähnlichkeiten in den Entwick-lungslinien der inhaltlichen Schwerpunktsetzung und derAusgestaltung der Erhebungsinstrumente bei internen Eva-luationen mehrerer Schulen können an dieser Stelle nichtpostuliert werden, jedoch können die erhobenen Daten undgewonnenen Erkenntnisse die Grundlage für weiterführen-de Untersuchungen bieten.

Abb. 2: Rahmenmodell schulischer Qualität (SBI, 2008, S. 7)

Qualitätsentwicklung in beruflichen Schulen

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 334

5 Zusammenfassung der Ergebnisse undSchlussfolgerungen

Im Ergebnis zeigte die Analyse der einzelnen Evaluationsin-strumente, dass alle enthaltenen Fragen auf Qualitäts-merkmale zielen, die auch von Seiten des SBI in der exter-nen Evaluation Verwendung finden, wobei die Gewichtungder Fragen auf Input-, Prozess- sowie Output-/Outcome-Faktoren schulischer Qualität innerhalb der einzelnen Fach-bereiche unterschiedlich ausfiel. Insbesondere zu den Lehr-und Lernprozessen, der Lehr- und Lernorganisation sowieder Schulzufriedenheit wurden Daten erhoben. Es flossenjedoch auch Fragen zur Erfüllung des Bildungs- und Erzie-hungsauftrages, dem Schulerfolg der Lernenden und der in-dividuellen Förderung in die Erhebungsinstrumente ein.Auffällig waren vertiefte Fragen zum Theorie-Praxis-Trans-fer und der Lernortkooperation in zwei der vier Fachberei-che des BSZ „Karl-August-Lingner“. Ein weiterer umfassenduntersuchter Aspekt fand sich im Schul- und Klassenklima,welches in einem Großteil der Erhebungsinstrumente auf-gegriffen wurde.

Die Indikatoren der einzelnen Qualitätskriterien wurdenfachbereichsspezifisch unterschiedlich tiefgreifend opera-tionalisiert. Daraus ergeben sich Entwicklungspotenziale inder Erarbeitung und Ausgestaltung von Maßnahmen zur ge-zielten Qualitätsentwicklung. Darüber hinaus wurde deut-lich, dass Fragestellungen sowie Skalen an einigen Stellender Fragebögen einer Überarbeitung bedürfen. Insbesonde-re der mehrfache Wechsel von Nominal- und Ordinalskaleninnerhalb eines Erhebungsinstrumentes sowie deren wech-selnder Differenzierungsgrad fielen in diesem Zusammen-hang ins Auge. Bei der Untersuchung der Frageformulie-rungen fiel auf, dass bereits ein Großteil der Fragen zielge-nau formuliert wurde. Dennoch bedürfen einige Instru-mente der Überarbeitung, insbesondere im Hinblick auf dieAnzahl und das Verhältnis von offenen zu halboffenen undgeschlossenen Fragen, dem Auflösen von Kettenfragen so-wie die im Verhältnis zur Menge der Fragen stehende An-zahl der zu evaluierenden Qualitätsbereiche.

Insgesamt ergab die Untersuchung das Bild einesheterogenen Fundus an Erhebungsinstrumenten,die bereits gut operationalisiert wurden und fürwelche eine fachbereichsspezifische Auswertunggut möglich ist. Für die Systematisierung der Da-tenerhebungen zur besseren Gestaltung gezielteingesetzter Qualitätsentwicklungsmaßnahmenam BSZ „Karl-August-Lingner“ wurde gemeinsamder Vorschlag erarbeitet, die Instrumente dahin-gehend neu zu gestalten, dass in einem ersten Teilder folgenden Evaluationen Fragen zu Qualitäts-bereichen gestellt werden, die fachbereichsüber-greifend zur Geltung kommen wie bspw. zur Schul-kultur. Im zweiten Teil der Erhebungsinstrumentewerden, unter Berücksichtigung der Analyseer-gebnisse, fachbereichsspezifische Daten erhoben,um anknüpfend die konkrete Ausgestaltung vonQualitätsentwicklungsmaßnahmen zu unterstüt-zen. Die Entwicklung von Erhebungsinstrumenten

zur gegenseitigen Bewertung der Lehrkräfte und zur inter-nen Evaluation der Schuladministration wird angestrebt.Mit der Überarbeitung der bestehenden Erhebungsinstru-mente soll einerseits die Auswertung der gewonnenen Da-ten erleichtert und andererseits (systematische) Fehler inder Datengewinnung u. a. durch sinkende Aufmerksamkeitder Befragten oder durch verzerrte Antwortbilder vermie-den werden. Die überarbeiteten Evaluationsinstrumentekommen erstmals im Schuljahr 2011/2012 zum Einsatz.

Anhand der Erhebung der Daten und der vorgenommenenAnalyse konnten erste Erkenntnisse darüber gewonnenwerden, welche Schwerpunkte bei schulinternen Evaluati-onsinstrumenten gesetzt und wie diese ausgestaltet wer-den. Um interne und externe Evaluation zukünftig stärkermiteinander zu verschränken und damit den Qualitätsent-wicklungsprozess an Schulen positiv zu beeinflussen, sindallerdings weiterführende und umfassendere Untersu-chungen schulinterner Evaluationsinstrumente im Hinblickauf schulübergreifende Schwerpunktsetzung und derenWirksamkeit erforderlich.

LiteraturAltrichter, H. et al. 2006: Schulen evaluieren sich selbst: Ein Leitfaden. Seelze.

Bürger, R./Schmid, K. 2005: Einführung in die interne Evaluation – Theorie undMaterialien. In: http://www.modus21.forschung.uni-erlangen.de/menu/frameset_materialien.htm; Zugriff: 10.11.2011.

Euler, D. 2005: Qualitätsentwicklung in der Berufsausbildung. St. Gallen.

Holtappels, H. G./Höhmann, K. (Hrsg.) 2005: Schulentwicklung und Schul-wirksamkeit. Weinheim, München.

Sächsisches Bildungsinstitut (SBI) (Hrsg.) 2007: Handreichung zum Verfahrender externen Evaluation an sächsischen Schulen – Grundschule, Mittelschuleund Gymnasium – Regelverfahren 2007/08. Radebeul.

Sächsisches Bildungsinstitut (SBI) (Hrsg.) 2008: Schulische Qualität im FreistaatSachsen: Kriterienbeschreibung. Radebeul.

Sächsisches Bildungsinstitut (SBI) 2008: Interne Evaluation an sächsischenSchulen. Positionspapier. Radebeul.

Sächsisches Staatsministerium für Kultur (Hrsg.) 2008: Schulgesetz für den Frei-staat Sachsen (SchulG) vom 16.07.2004. Rechtsbereinigt mit Stand vom28.12.2008. Dresden.

Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München 2007: QmbS.Qualitätsmanagement an beruflichen Schulen in Bayern. München.

Terhart, E. 2002: Nach Pisa – Bildungsqualität entwickeln. Hamburg.

Abb. 3: Übersicht über die Bereiche und Merkmale schulischer Qualität (vgl. SBI,2008, S. 8 ff.)

Unterricht

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 335

1 Lehrplanbezug

Die Unterrichtsstunde ist dem Lernfeld „Mit Marketingkon-zepten Kunden gewinnen und binden“ zugeordnet und ge-hört zum Themengebiet „Marketing-Mix“, genauer zurLerneinheit „Distributionspolitik“. Aus Abbildung 1 wird dieEinbettung der Stunde in den Gesamtkontext der Distribu-tionspolitik deutlich. Die Schüler und Schülerinnen, Fach-richtung Einzelhandel, 2. Ausbildungsjahr, betrachten die je-weiligen Handlungssituationen aus Sicht der Auszubilden-den Josepha und Gustav, die im Warenhaus Ambiente AGihre Ausbildung absolvieren.

bei entsteht ein Tafelbild mit Möglichkeiten des direktenund indirekten Absatzes. Zudem sollen sich die Schüler/-innen in die Rollen von Josepha (Einzelhandel) und HerrnPauli (Levi’s) versetzen und Argumente für ihre Form des Ab-satzes finden. Diese Argumente sollen in einem Rollenspielvorgeführt werden.

In der zweiten Unterrichtseinheit entscheidet sich Levi’snun, im Bereich Mühldorf ihre Marke doch im Einzelhandelabzusetzen, da in diesem Bereich wenig Umsatz erzielt wird.In der vorliegenden Stunde werden aus Sicht des Waren-hauses Ambiente AG verschiedene Formen des Absatzes fürdie Levi’s-Jeans „Grey“ betrachtet. Die Schüler/-innen ent-scheiden sich anhand von Fakten für eine Art des Verkaufes.In ihre Überlegungen beziehen sie außerdem Vor- und Nach-teile für das Warenhaus Ambiente AG für jede Verkaufsformmit ein.

2 Didaktische Vorüberlegungenund didaktische Reduktion

2.1 Sachanalyse

Die Einnahmen- und Gewinnsteigerung ist eines der wich-tigsten Ziele eines Einzelhandelsunternehmens. Die ver-schiedenen Möglichkeiten des Marketing-Mix haben u. a.zum Ziel, sich eine unverwechselbare Marktposition zuschaffen, neue Kunden anzuwerben sowie diese an das Ge-schäft zu binden. Der Gewinn kann beim Verkauf durch dieFestsetzung des Verkaufspreises variieren. Allerdings hat derEinzelhandel durch die Konkurrenzsituation oftmals nureingeschränkte Handlungsmöglichkeiten, den Verkaufs-preis zu bestimmen. Beim Einkauf der Waren von Herstel-lern und Großhändlern hat der Einzelhandel allerdings einehöhere Verhandlungsmacht.

In der Distributionspolitik wird von Unternehmen oft einVergleich zwischen Handelsvertreter und Reisender durch-

Andrea Scheungrab

Eine Unterrichtseinheitzum Thema DistributionspolitikEntscheidung über den Verkauf von Levi’s-Jeans zwischen Eigenver-kauf und Rack Jobber: Eine handlungsorientierte Berechnung derbeiden VerkaufsartenIm Lernfeld „Mit Marketingkonzepten Kunden gewinnen und binden“ erhalten die Schüler Einblick in die einzelnen Ele-mente des Marketing-Mix. Die Inhalte sind hierbei oft abstrakt und kaum greifbar. Durch Rechenelemente in der Unter-richtseinheit werden die Resultate der relevanten Inhalte fassbarer und in schülergerechter Form dargestellt. Die vorlie-gende Unterrichtseinheit „Wir entscheiden uns beim Verkauf der Levi’s-Jeans zwischen Eigenverkauf und Rack Jobber“zeigt deshalb deutlich, wie eine Quantifizierung eines Themas mit mathematischen Methoden ermöglicht wird.

> Unterricht

Abb. 1: Auszug aus der didaktischen Jahresplanung: Distributionspolitik.

Wie in Abbildung 1 dargestellt wird in der 1. Unterrichts-stunde die Distributionspolitik eingeführt. Die Auszubil-denden des Warenhauses Ambiente AG, Josepha und Gus-tav, besuchten hierbei zusammen mit ihrem Abteilungslei-ter Herrn Morgenstern die Modemesse in München. AmStand von Levi’s trifft Josepha Herrn Pauli. Josepha weiß,dass Herr Morgenstern die Marke Levi’s gern in seinem Sor-timent einführen möchte. Herr Pauli gibt ihr jedoch zu ver-stehen, dass Levi’s sich aus dem Einzelhandel zurückziehenwird, um den Umsatz mit dem eigenen Ladennetz und demOnlineshop zu stabilisieren. Die Schüler/-innen sind in die-ser Unterrichtseinheit aufgefordert, in zwei Gruppen wei-tere Möglichkeiten des Absatzes für Levi’s zu finden. Hier-

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 336

Unterrichtseinheit zum Thema Distributionspolitik

geführt. Durch eine Gegenüberstellung der Kosten für Rei-senden und Handelsvertreter kann der kritische Umsatz be-rechnet werden. Abbildung 2 zeigt die zeichnerische Lösung.

Diese Form der Distribution wird vor allem von Herstellerngenutzt, jedoch nicht vom Einzelhandel. Die ModellfirmaWarenhaus Ambiente AG steht nicht vor dem Problem, sichentweder für einen Reisenden oder einen Handelsvertreterzu entscheiden.

Allerdings hat auch der Einzelhandel verschiedene Mög-lichkeiten, die Ware zu vertreiben. Zwei relevante Verkaufs-formen sollen hier kurz angesprochen werden:

Eigenverkauf des Warenhauses Ambiente AG, d. h., die Warewird vom Hersteller bezogen und nach entsprechender Kal-kulation für einen bestimmten Bruttoverkaufspreis ver-kauft.

Rack Jobber: Der Großhändler bzw. Hersteller, in diesem FallLevi’s, fungiert als Rack Jobber und mietet ein Regal im Ein-zelhandel an. Er sorgt selbst für die Befüllung dieses Regals.Der Einzelhandel erhält dafür die Regalmiete sowie eineUmsatzprovision.

Der Einzelhandel entscheidet sich für die Alternative, die ammeisten Gewinn verspricht, bezieht allerdings auch nicht fi-nanzielle Aspekte mit ein.

2.2 Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung der Thematikfür die Schüler/-innen

Sowohl im privaten als auch im beruflichen Alltag stehendie Schüler/-innen vor dem Problem, Kosten oder Gewinnbzw. Einnahmen miteinander zu vergleichen und sich für ei-ne Alternative zu entscheiden. Es ist davon auszugehen, dasseinige Schüler/-innen zudem im Anschluss an ihre Ausbil-dung und nach einigen Jahren Berufstätigkeit eine leitendePosition in einer Abteilung oder eines Geschäfts überneh-men. Hier müssen Entscheidungen getroffen werden, wo-bei der Vergleich von Kosten oder Gewinn bzw. Einnahmen,abhängig von einer bestimmten Absatzmenge, eine zentra-le Rolle spielt.

2.3 Didaktische Reduktion

Auf die Berechnung des kritischen Umsatzes, wie er in derSachanalyse dargestellt wurde, wird in der Lehrprobenstun-de verzichtet. Deshalb werden jeweils zwei Absatzmengenvorgegeben. Eine geringere Absatzmenge zeigt, dass die Ver-kaufsform Rack Jobber die lohnendere Alternative darstellt.

Bei einer höheren Absatzmenge wird deutlich, dass durchden Verkauf im Einzelhandel ein höherer Gewinn erzielt wird.Dadurch wird das Modell des „kritischen Umsatzes“ verein-facht dargestellt. Die Schüler/-innen erkennen, dass auchdurch eine weitere Steigerung des Absatzes der Einzelhan-del die bessere Möglichkeit des Absatzes darstellt.

3 Methodische VorüberlegungenBei der Aufgliederung der Unterrichtsstunde nach den me-thodischen Schritten wird folgendes Artikulationsschemazugrunde gelegt. Der Einstieg in Form einer Einstiegsfoliewird von Schülern in verteilten Rollen vorgetragen. An-schließend folgt die Thematisierung in einem Lehrer-Schü-ler-Gespräch. Die Erarbeitung, in welcher die Schüler/-innen anhand von zwei unterschiedlichen Arbeitsaufträ-gen die beiden Möglichkeiten der Distribution berechnen,wird in Partnerarbeit durchgeführt, wobei jeweils der eineTeil der Klasse den Verkauf durch den Einzelhandel berech-net, der andere Teil den Verkauf durch Rack Jobber. Die Auf-teilung erfolgt hier zufällig. Einige zufällig ausgewählteSchüler tragen der Klasse in der Phase Präsentation ihre Er-gebnisse vor. Diese haben vorher ihre Ergebnisse auf Appli-kationen verfasst. Als Vertiefung dient eine E-Mail an HerrnMorgenstern mit einer Empfehlung, welche Art der Distri-bution durchgeführt werden soll. Abschließend werden ineiner Übung für einen weiteren Monat die gleiche Berech-nung für einen ähnlichen Sachverhalt die Rechenmethodenwiederholt.

4 UnterrichtsverlaufDie Schüler werden vorerst im Einstieg durch das Lesen ei-nes auf Folie festgehaltenen Telefonats mit dem Thema ver-traut gemacht. Abbildung 3 zeigt die in der Stunde verwen-

Abb. 2: Vergleich Reisender und Handelsvertreter.

Abb. 3: Einstiegssituation.

Unterricht

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 337

dete Folie. Wie in allen vorangegangenen Stunden betrach-ten die Schüler/-innen die Situation aus Sicht der Auszubil-denden Josepha des Warenhauses Ambiente AG. Die Aus-zubildende Josepha erhält von ihrem Abteilungsleiter HerrnMorgenstern in dem Telefonat wichtige Informationen überdie beiden Möglichkeiten des Verkaufes der Levi’s-Jeans. DasWarenhaus hat laut Herrn Morgenstern die Möglichkeit, dieLevi’s-Jeans „Grey“ über Eigenverkauf oder aber über RackJobber zu verkaufen. Dadurch wird eine sehr praxisnaheGrundsituation geschaffen.

In der sich anschließenden Phase der Thematisierung wer-den im Lehrer-Schüler-Gespräch die wichtigen Punkte desDialogs zur Berechnung des Gewinns durch Eigenverkaufoder Rack Jobber herausgearbeitet und an der linken Sei-tentafel gesammelt. Es wird wiederholt, dass sich der Ge-winn grundsätzlich durch die Rechnung „Umsatz abzüglichKosten“ errechnet. Es wird hier deutlich, dass weitere Zah-lenmaterialien zur begründeten Entscheidung fehlen.

In der Erarbeitungsphase erhalten die Schüler zur Entschei-dungsfindung neben der Ausgangssituation eine Prognosefür den Absatz der Levi’s-Jeans und Daten der Finanzabtei-lung als Infoblatt, anhand derer sie für je eine Absatzmen-ge jeweils den Gewinn für Eigenverkauf und Rack Jobber be-rechnen können. Der Arbeitsauftrag wird arbeitsteilig ( je-weils eine Hälfte der Klasse) bearbeitet. Die Schüler berech-nen somit in Partnerarbeit entweder den Gewinn für RackJobber und Eigenverkauf für 50 Stück oder den Gewinn fürbeide Verkaufsformen für 70 Stück. Dadurch wird gewähr-leistet, dass innerhalb der vorgegebenen Zeit die Rechnun-gen durchgeführt werden können. Hier wird die Form derPartnerarbeit gewählt, so dass sich die Schüler gegenseitigbei der Berechnung des Gewinns unterstützen können. Soll-te es Probleme mit der Brutto-Netto-Berechnung des Um-satzes geben, wird an der rechten Seitentafel eine Neben-rechnung erstellt. Die Schüler berechnen nun die jeweiligenGewinne. Die Lehrkraft wählt vier Schüler, die anschließendpräsentieren, aus. Dabei händigt sie denjenigen Schülernweiße Applikationen aus. Die betreffenden Schüler schrei-ben ihren Rechenweg auf diese Applikationen.

Die ausgewählten Schüler präsentieren ihre Zahlen, indemsie ihre Applikationen erklären und an die Tafel anheften.Die Lehrkraft ergänzt das Tafelbild durch verschiedenfarbi-ge Applikationen für die beiden Berechnungen Eigenverkaufund Rack Jobber. Aufgrund dieser Berechnung ist für eineStückzahl von 70 Stück sowie der prognostizierten Tendenzzur Absatzsteigerung der Eigenverkauf durch das Waren-haus Ambiente AG sinnvoll. Abbildung 4 stellt das geplanteTafelbild dar.

Als Gesamtsicherung werden die Ergebnisse von den Schü-lern in die Unterlagen übertragen. In der Vertiefungsphasebeziehen die Schüler/-innen Vor- und Nachteile der beidenAbsatzformen für das Warenhaus Ambiente AG mit ein. DieSchüler entscheiden sich somit auch aufgrund nicht finan-zieller Aspekte für eine Verkaufsform und begründen diese.Die Schüler werden nun aufgefordert, über Erfahrungen imeigenen Betrieb zu berichten. Sie teilen Herrn Morgensternin einer E-Mail eine eigene Empfehlung mit. Einige Schülerlesen diese vor.

Eine abschließende Übungsaufgabe vertieft die relevanteBerechnung. Die neuen Verhandlungen des WarenhausesAmbiente mit Levi‘s Anfang des Jahres 2012 ergaben neueMieten und Provisionen beim Verkauf durch Rack Jobber. Ei-ne neue Jeans, die „Blue-Jeans Exclusive“ soll ins Sortimentder Ambiente AG aufgenommen werden. Es soll berechnetwerden, welche Absatzform jetzt den höheren Gewinn ver-spricht. Hier wird innerlich differenziert: Die Schüler/-innenerhalten je nach Leistungsstand unterschiedliche Übungs-aufgaben, das zu berechnende Ergebnis ist das gleiche. AmLösungstisch ist die Lösung der Aufgabe einsehbar. Optio-nal erhalten die Schüler/-innen die gleiche Übungsaufgabeund unterstützen sich gegenseitig, indem leistungsstärke-re Schüler/-innen leistungsschwächeren Schüler/-innen beider Berechnung als Tutor zur Seite stehen.

5 ReflexionDie geplanten Inhalte und Methoden konnten in der Stun-de sehr gut umgesetzt werden. Die Einstiegssituation, wel-che alle wichtigen Rechenschritte der Stunde beinhaltete,

Abb. 4: Geplantes Tafelbild.

Unterrichtseinheit zum Thema Distributionspolitik/BLBS-Nachrichten

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 338

konnte die Schüler motivieren, das Thema zu verfolgen undHerrn Morgenstern mit seinem geschilderten Problem be-hilflich zu sein. Es wurde sehr schnell deutlich, dass weite-res Zahlenmaterial fehlt, um die Berechnung durchführenzu können. In der sich anschließenden Partnerarbeit war esder Lehrkraft dank der kleinen Schülergruppe möglich, deneinzelnen Paaren intensiv Aufmerksamkeit schenken zukönnen. Benötigte Hilfestellungen seitens der Lehrkraft wa-ren somit immer möglich. Auf eine handlungsorientierteVorgehensweise mit schüleraktiven Elementen und einereher beratenden und unterstützenden Rolle der Lehrkraftwurde bereits in allen vorangegangenen Stunden Wert ge-legt, was sich in dieser Stunde deutlich bemerkbar machte.Die Klasse zeichnet sich außerdem durch sehr gute Präsen-tationstechniken aus, es macht fast allen Schülern viel Spaß,der Klasse die eigenen Ergebnisse zu präsentieren. Die Pha-se der Problematisierung, also den Einbezug auch nicht-fi-nanzieller Aspekte, verlief sehr rege, die Schüler beteiligtensich gerne an der Diskussion, wie Herrn Morgenstern in die-

ser speziellen Situation geholfen werden kann, und brach-ten ihre Meinung anschließend nochmals durch das Vorle-sen der E-Mail mit ein. Die abschließende Übungsaufgabe,in der die Schüler einen ähnlichen Problemfall bearbeitensollten, verlief durch die in den verschiedenen Phasen ein-gelernten und wiederholten Techniken problemlos.

Auf eine zeichnerische Lösung wurde hier bewusst verzich-tet, um dem Leistungsstand der Schüler und Schülerinnengerecht zu werden. Je nach Leistungsstand der Klasse könn-te dies entweder in die Stunde integriert oder in einer sichanschließenden Unterrichtseinheit ergänzt werden.

Die zugehörigen Unterrichtsunterlagen können auf Anfra-ge zur Verfügung gestellt werden: [email protected].

LiteraturBeck, J./Mödinger, W./Schmid, S. 2006: Marketing. Grundlagen und Instru-mente, Haan-Gruiten.

> BLBS-Nachrichten

Seminar für Gesundheit undSoziales

Vom 08. bis 09.06.2012 fand in derdbb-Akademie in Königswinter-Tho-masberg das Seminar für Gesundheitund Soziales statt. Die Zusammen-kunft stand unter dem thematischenSchwerpunkt der aktuellen politi-schen Entwicklungen in den Gesund-heits- und Pflegeberufen. Vertretenwaren die Länderexpertinnen sowieInteressierte aus unterschiedlichenBundesländern: Wolfgang Lamprecht,Siegfried Wollny (Bayern), GabrieleDroste-Kühling (Niedersachsen), KarinPätzold (Schleswig-Holstein), Kath-leen Dilg, Elke Martin, Sabine Mesech,Michael Schubert (Sachsen), DetlefPlanert (Sachsen-Anhalt) und BrigitteHacker (Thüringen).

Einleitend referierte der Schulleiterdes Berufsbildungszentrums Gesund-heit Ingolstadt, Wolfgang Lamprecht,über die Implementierung eines Ba-chelor-Studiengangs „Pflegewissen-schaft“ in Kooperation mit der Fakultätfür Soziale Arbeit (FH) der Katholi-schen Universität Eichstätt-Ingol-stadt.1 Intention für die Einführung desStudiengangs war vor allem, die At-

traktivität der Pflegeberufe zu stei-gern und so für leistungsfähige sowiemotivierte Bewerber/-innen mit Hoch-schulzugangsberechtigungen akade-mische Karrierewege zu eröffnen. Ne-ben einer grundständigen, staatlichanerkannten Ausbildung, die es denStudierenden erlaubt, bereits nachsechs Semestern in das Berufslebeneinzusteigen, können sie zudem nachneun Semestern den ersten akademi-schen Abschluss „Bachelor of Science“erwerben.

Einen weiteren inhaltlichen Schwer-punkt des Seminars bildeten die Er-gebnisse der Bund-Länder-Arbeits-gruppe „Weiterentwicklung der Pfle-geberufe“,2 die als Grundlage für einneues Pflegeberufegesetz die Moder-nisierung der Pflegeberufe zu einergrundständigen, generalistisch ausge-richteten Pflegeausbildung vorantrei-ben sollen. Angedacht ist eine Ausbil-dung in Vollzeit über drei Jahre oder inTeilzeit bis zu fünf  Jahren mit insge-samt 4.600 Stunden, davon 2.100Stunden für den theoretischen undpraktischen Unterricht und 2.500Stunden für die praktische Ausbil-dung. Der Zugang soll über den mitt-leren Bildungsabschluss ermöglicht

werden. Da die reformierte Ausbil-dung auch diesmal nicht dem BBiG un-tergeordnet werden soll, obliegt dieGesamtverantwortung weiterhin denSchulen. Die angedachte Berufsbe-zeichnung („generalistische Pflege-fachkraft“ oder „Pflegefachkraft“), dieVerankerung der akademischen Pfle-geausbildung in einem Pflegeberufe-gesetz, die Aufteilung der praktischenEinsätze sowie die Finanzierung derzukünftigen Pflegeausbildung nah-men in der sich anschließenden Dis-kussion den breitesten Raum ein.

Das Eckpunktepapier wurde von allenTeilnehmern des Seminars grundsätz-lich begrüßt. Von den vier zur Diskus-sion stehenden Finanzierungsvarian-ten präferierten sie die Variante C, beider über einen Ausgleichsfond die ge-setzlichen Krankenkassen sowie dieKostenträger nach SGB  IX die Kostenfür die praktische Ausbildung und dieLandesregierungen die Schulkosten(Personal- und Sachkosten) überneh-men. Die Teilnehmer sprachen sich da-für aus, die Ausbildung aller bundes-rechtlich geregelten Gesundheitsfach-berufe konsequent in das Schulrechtder Länder einzuordnen. Das impliziertnicht nur die Schaffung einheitlicher

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 339

Standards für die Lehrerbildung, wiesie bereits für Lehrer an berufsbilden-den Schulen gelten, sondern es eröff-net zudem die Möglichkeit, neben be-rufsbildenden Abschlüssen ebensoAbschlüsse zu vergeben, die einenDurchstieg in eine akademische Aus-bildung ermöglichen. Die derzeitigeAusbildung von Pflegefachkräftenkann bereits heute dem europäischenVergleich standhalten. Eine aus-schließliche Ansiedlung im Hochschul-bereich (Akademisierungsinitiative)wird für nicht notwendig erachtet. Daskünftige Arbeitsfeld der Pflegendenverlangt vielmehr ein ausgewogenesAngebot von Pflegekräften auf ver-schiedenen Qualifikationsniveaus. Diebereits in vielen Bundesländern etab-lierte Pflegeausbildung an den Hoch-schulen wird daher als notwendige Er-gänzung betrachtet.

Die Einstufung der Gesundheitsfach-berufe, insbesondere der Pflegeberu-fe, in den Deutschen Qualifikations-rahmen (DQR) sowie der aktuell vor-liegende Vorschlag der EuropäischenKommission im Rahmen der Novellie-rung der EU-Berufsanerkennungs-richtlinie 2005/36/EG, die Zugangsbe-dingungen für die Aufnahme einerAusbildung zur Krankenschwester/zum Krankenpfleger bzw. zur Hebam-me/zum Entbindungspfleger von derderzeitigen zehnjährigen allgemeinenSchulbildung auf eine zwölfjährige all-gemeine Schulbildung anzuheben, bil-

deten die nächsten Schwerpunkte derDiskussion.

Die avisierte Einstufung der Pflegebe-rufe in den DQR auf Niveau 4 wurde alssehr problematisch eingeschätzt, dadurch diese Zuordnung, die rein input-orientierten Intentionen folgt, denEmpfehlungen der ExpertengruppeGesundheit widersprochen wird. Die-se hatte, dem kompetenzbasiertenAnsatz entsprechend, eine Zuordnungauf Niveau 5 vorgeschlagen. Die der-zeitigen Diskussionen um die Einord-nung der Pflegeberufe im DQR unter-laufen die deutschen Bemühungenum die Beibehaltung der gültigen Zu-gangsvoraussetzungen und schwä-chen die Position Deutschlands bei denVerhandlungen mit der EuropäischenKommission.

Zusammenfassend ist zu konstatie-ren, dass die Schaffung eines neuenPflegeberufegesetzes mit generalisti-scher Ausrichtung die Attraktivität derPflegeberufe erhöhen kann, wenn esgelingt, eine klare Abgrenzung zwi-schen beruflicher Pflegeausbildungund akademischer Pflegeausbildungzu ziehen, die EU-Kompatibilität zu er-halten und so die Durchlässigkeit undAnschlussfähigkeit beruflicher Bil-dungswege im Gesundheitssektor zusichern. Die Missverständnisse überdie Funktionen des DQR müssenschleunigst beseitigt werden. Er dientweder zur Dokumentation von Bil-

dungsbiografien noch schafft er Be-rechtigungen im Bildungs- und Be-schäftigungssystem. Der DQR ist einReferenzinstrument, mit dessen Hilfees gelingen soll, Qualifikationsniveausverschiedener Qualifikationssystemeim europäischen und internationalenKontext zu vergleichen und dadurchTransparenz zu sichern und Chancen-gleichheit in der wissensbasierten Ge-sellschaft herzustellen sowie die wei-tere Integration in den Arbeitsmarktzu fördern. Mehr ist der DQR nicht,aber auch nicht weniger. Insofern wirddie durch den BLBS formulierte Posi-tionierung zum DQR in vollem Umfangunterstützt.

Das Seminar stand unter einer ange-nehmen Arbeitsatmosphäre und wur-de durch einen regen Austausch zumaktuellen Stand und Perspektiven derGesundheitsfachberufe in den Bun-desländern und in der Bundesrepublikim Allgemeinen abgerundet. Es wur-den verschiedene Bereiche (Budgetie-rung der Schulen in Eigenverantwor-tung, Pflege dual, Festlegung einheit-licher Begrifflichkeiten, Sicherung derPflegequalität etc.) und ihre Konse-quenzen angesprochen. In Sachsen-Anhalt beispielsweise befindet sichder Masterstudiengang Lehramt anberufsbildende Schulen, FachrichtungGesundheit und Pflege an der Univer-sität Magdeburg in Planung.3

Die Einschätzung der Teilnehmer ver-lief dahingehend einhellig, dass dieAusbildung in den Gesundheitsfach-berufen, insbesondere in der Pflege-ausbildung, in den nächsten Jahrenaufgrund der demografischen und po-litischen Entwicklungen einem rasan-ten qualitativen und quantitativenWandel unterliegen wird. Eine konti-nuierliche Zusammenkunft auf Ver-bandsebene ist unablässig, um denpolitische Prozess durch den Verbandkontinuierlich zu begleiten.

Daher sind weitere Landesexpertin-nen und -experten schon heute herz-lich eingeladen und ausdrücklich auf-gefordert, am nächsten Seminar „Ge-sundheit und Soziales“ teilzunehmen.Dieses wird voraussichtlich vom 07. bis08.06.2013 stattfinden. Einen diesbe-züglichen Meilenstein bildet bereitsder in Potsdam stattfindende Berufs-schultag vom 25. bis 27.04.2013, auf

BLBS-Nachrichten

Die Teilnehmer stellen sich dem Fotografen.

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dem wir die aktuellen Themen in ent-sprechenden Workshops vertiefenwollen. In diesem Sinne freuen wir unsschon heute auf sehr anregende Dis-kussionen.

Elke MartinExpertin Gesundheits- und Sozialwesen

Kathleen DilgArbeitskreis Junge Berufspädagogen

Anmerkungen1 Nähere Informationen: http://www.bbz-

ingolstadt.de/ausbildungsberufe/pflege/krankenpflege/studiengang-pflegewissenschaften/ und http://www.ku.de/swf/bachelorstudiengang-pflegewissenschaft-teilzeit/; Abruf am 27.06.2012.

2 http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/P/Pflegeberuf/20120301_Endfassung_Eckpunktepapier_Weiterentwicklung_der_Pflegeberufe.pdf; Abruf am 27.06.2012.

3 http://www.ibbp.uni-magdeburg.de/studienangebot.html; Abruf am 26.06.2012.

Südkoreanische Delegation zuGast beim BLBS in Berlin

Am Montag, den 10.09.2012, trafensich der stellvertretende Bundesvorsit-zende Wolfgang Herbst und eine 50-köpfige Delegation aus Südkorea imAbgeordnetenhaus von Berlin.

Nach einer gemeinsamen Besichti-gung des Abgeordnetenhauses vonBerlin und einem kurzen einführendenReferat über die Organisation von Leh-rergewerkschaften, insbesondere desBLBS unter dem Dach des dbb, wurdenFragen beantwortet. Diese bezogensich in erster Linie auf das System derLehrerbildung, das Einstellungsver-fahren von Lehrern und auf Besol-

dungsfragen. Hier zeigten sich die gravierenden Unterschiede zwischenSüdkorea und Deutschland.

In Südkorea werden die Lehrer nachLeistung bezahlt und sind abhängigvom Votum des Schulträgers, Kollegi-ums und der Eltern. Entspricht die Eva-luation nicht den Anforderungen, wirddie Lehrkraft wieder entlassen. Das si-chere deutsche Beamtensystem in derLehrerschaft hinterließ starken Ein-druck. Auf Unverständnis und Ver-wunderung stieß das deutsche Tarif-system bei den Lehrkräften, obwohl essich in 16  Ländern und Bund ausei-nander dividiert.

Dass die berufliche Bildung eine we-sentliche Säule des Bildungssystemsist und ganz enorm zur Sicherung derFachkräfte und des Wirtschaftsstand-

orts Deutschland beiträgt, konnte derstellvertretende Bundesvorsitzendeüberzeugend darstellen.

Wolfgang Herbst

Delegation aus China beimBLBS

Am 02.08.2012 traf sich eine chinesi-sche Delegation von Berufsbildnernmit dem BLBS-Bundesvorsitzenden zueinem Gespräch im Berliner Abgeord-netenhaus. Berthold Gehlert zeigte indiesem Gespräch die Strukturen derdualen Berufsausbildungen inDeutschland auf und gab einen Über-blick über das Bildungssystem derBundesrepublik Deutschland.

Dr. Kathrin Urban

BLBS-Nachrichten

Berthold Gehlert informiert über das deutsche berufliche Schulsystem.

Wolfgang Herbst mit der Delegation aus Korea nach der Information über das deutsche berufliche Schulsystem.

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Baden-Württemberg

BLV warnt vor weiterer Kürzung der Einstiegsgehälterder Junglehrer

Bereits seit 2005 werden die Ein-stiegsgehälter der neu eingestelltenBeamtinnen und Beamten (ab Besol-dungsgruppe A 12) für drei Jahre um4 % gekürzt.

Die Vorsitzende des Berufsschullehrer-verbandes Baden-Württemberg (BLV),Margarete Schaefer, warnte die Lan-desregierung, die Einstiegsgehälterder Junglehrer um weitere 4 % zu kür-zen. Mit der Ankündigung von Minis-terpräsident Kretschmann macht dieKürzung 8 % des nach der Besoldungs-tabelle vorgesehenen Einstiegsge-halts aus.

Gerade die beruflichen Schulen seienaber darauf angewiesen, dass die Be-soldung der Berufsschullehrer mit denEinstiegsgehältern der Wirtschaftkonkurrieren kann. Für viele Lehrkräf-te mit ingenieur-, sozial- oder wirt-schaftswissenschaftlicher Ausbildungkäme als Alternative zum Schuldienstauch eine Tätigkeit in der Wirtschaft inFrage. „Wenn wir für die Ausbildungunserer Jugendlichen hervorragendqualifiziertes Personal einstellen wol-len, müssen wir auch ordentliche Ge-hälter zahlen“, so die BLV-VorsitzendeSchaefer abschließend.

BLV

BLV unterstützt Kammerforderungen zur Unterrichtsversorgung an beruflichen Schulen

„Der Berufsschullehrerverband (BLV)unterstützt die Forderung der IHKsnach jährlich 400 Neustellen für dienächsten drei Jahre“, so BLV-Vorsitzen-de Margarete Schaefer zu einer ent-sprechenden Pressemitteilung des Baden-Württembergischen Industrie-und Handelskammertages. Nur sokönnten der volle Berufsschulunter-richt erteilt, die Überstundenbugwelleschrittweise abgebaut und eine echteKrankheitsvertretung, die bislang nur

auf dem Papier besteht, aufgebautwerden.

Der von der Landesregierung unter-stellte Schülerrückgang von 15.000Schülerinnen und Schülern werde si-cherlich bei weitem nicht in diesemUmfang eintreten. Aufgrund von Rück-meldungen aus den Schulen rechnetder BLV damit, dass der Schülerrück-gang nur etwa ein Drittel der prognos-tizierten Zahl ausmacht.

Allerdings verwahrte sich BLV-Vorsit-zende Schaefer gegen die Kritik derIHKs an den beruflichen Vollzeitschu-len. Wenn Jugendliche über beruflicheVollzeitschulen höhere Bildungsab-schlüsse wie z.  B. die Fachhochschul-reife anstreben und dabei gleichzeitigwichtige berufliche Bildungsinhaltevermittelt bekommen, entsprechedies den steigenden Anforderungender ausbildenden Wirtschaft. VieleAusbildungsbetriebe stellen gerne Ab-solventen der Berufskollegs und Be-rufsfachschulen ein, weil sie hervorra-gend auf die Berufs- und Arbeitsweltvorbereitet sind.

BLV

Bayern

Mehr Lehrer, mehr Geld, mehr Zeit

Der Freistaat Bayern wird im Schuljahr2012/2013 seinen Schülerinnen undSchülern mehr Chancen eröffnen, dieeigenen Talente und Interessen zu ent-falten und höhere Bildungsabschlüsseerwerben zu können. Dazu tragenmehr Lehrkräfte ebenso bei wie dieMöglichkeit für Schülerinnen undSchüler, mehr Zeit für den eigenen Bil-dungsweg zu beanspruchen. Insofernrealisiert das Bayerische Kultusminis-terium zum neuen Schuljahr bessereBedingungen an den Schulen. Um Ver-besserung zu realisieren, investiertBayern mehr Geld und beschäftigtmehr Lehrkräfte. Bayern beschäftigt indiesem Schuljahr die höchste Zahl vonLehrkräften seit 1946.

Der Haushalt des Freistaats Bayern lie-fert durch die Initiative Aufbruch Bay-

ern die materielle Grundlage. Fastzehn Milliarden Euro stehen im Haus-haltsjahr 2012 für die schulische Bil-dung zur Verfügung, rund ein Viertelmehr als noch vor zehn Jahren. Es wur-den 15 Technikerschulen in ländlichenRegionen genehmigt. Weitere Grün-dungen beruflicher Schulen ergänzendie positive Entwicklung. Die Auswei-tung des Modellversuchs „Berufsschu-le plus“ auf 19 Standorte eröffnet zu-sätzliche Bildungschancen.

Der Freistaat Bayern konnte zumSchuljahr 2012/2013 auch die Unter-richtspflichtzeit für die Lehrkräfte in einem ersten Schritt reduzieren undsetzt diese im Schuljahr 2013/2014fort.

StMUK Bayern

Berufliche Oberschulen leisten zentralen Beitrag zur Durchlässigkeit des bayerischen Bildungswesens

Mehr als 42 % aller Hochschulzu-gangsberechtigungen werden in Bay-ern an beruflichen Schulen erworben.Ein Großteil der Schülerinnen undSchüler besucht dazu die Fachober-schule oder Berufsoberschule, einigeAbsolventen bereiten sich auch überdas Telekolleg auf die Abiturprüfungenvor. Diese Wege sind drei von über 30bayerischen Varianten, die Berechti-gung zum Studium an einer Hoch-schule zu erreichen.

Die Beruflichen Oberschulen Fach-oberschule (FOS) und Berufsoberschu-le (BOS) bauen in der Regel auf einemmittleren Schulabschluss auf und ver-mitteln in zwei bzw. drei Jahren eineallgemeine, fachtheoretische und ander FOS auch eine fachpraktische Bil-dung. Je nach Vorbildung, Besuchs-dauer und Nachweis von Fremdspra-chenkenntnissen kann die Fachhoch-schulreife, die fachgebundene Hoch-schulreife oder die allgemeine Hoch-schulreife erworben werden.

Um die Durchlässigkeit des bayeri-schen Bildungswesens im aktuellenSchuljahr 2012/2013 weiter zu erhö-

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hen, hat das Bayerische Kultusminis-terium im Bereich der BeruflichenOberschulen beispielsweise die Zahlder Vorklassen von drei auf 33 erhöht.Diese können die jungen Menschenmit mittlerem Bildungsabschluss alsVorbereitung auf den Besuch der Fach-oberschule besuchen.

StMUK Bayern

Niedersachsen

Schulen nutzen eifrig die Koordinierungsstelle Berufsorientierung

Die niedersächsischen Schulen neh-men die neue „KoordinierungsstelleBerufsorientierung“ (KOBO) im Kultus-ministerium sehr gut an. Die Service-stelle wurde vor einem Jahr eingerich-tet, um den allgemeinbildenden Schu-len geprüfte Angebote zur vertieftenBerufsorientierung zu vermitteln, diedie Bundesarbeitsagentur finanziert.Kultusminister Dr. Bernd Althusmannund Klaus Stietenroth, Vorsitzenderder Geschäftsführung der Regionaldi-rektion Niedersachsen-Bremen derBundesarbeitsagentur, haben jetztZwischenbilanz gezogen. Sie warensich einig, dass die KOBO Transparenzim „Maßnahme-Dschungel“ schafftund die Schulen vollständig von Orga-nisation, Vertragsfragen und Finanzie-rung entlastet. Die Nachfrage derSchulen habe die Erwartungen beiweitem übertroffen.

Bereits 55 % der Haupt-, Real-, Ober-und Gesamtschulen hätten im erstenJahr auf die Angebote zur vertieftenBerufsorientierung zurückgegriffen.Die Servicestelle sei als strukturierteErgänzung der Regelangebote vonSchule und Berufsberatung nicht mehrwegzudenken, sagte Althusmann. Diebisherigen Erfahrungen seien ermuti-gend und zeigten, dass der einge-schlagene Weg, Bildungsmodule in en-ger Kooperation mit Betrieben anzu-bieten, erfolgreich sei, betonte Stie-tenroth. Nach Befragung der bisheri-gen Teilnehmer/-innen hätten über90 % angegeben, ihre Berufswahlkom-petenz habe sich verbessert. Ziel allerMaßnahmen sei der möglichst nahtlo-se, erfolgreiche Übergang aus der all-gemeinbildenden Schule in Ausbil-

dung – erfolgreich auch in dem Sinne,dass die Berufswahl bewusst und fun-diert erfolge, um Ausbildungsabbrü-che zu vermeiden, sagte Stietenroth.

Mehr Informationen gibt es unterwww.kobo-online.de auf der Internet-seite der Koordinierungsstelle.

BLVN

Nordrhein-Westfalen

Berufskollegs vor dem Kollaps

Jährlich werden 79 Lehrkräfte mit derFachrichtung Elektrotechnik pensio-niert, 98 in der Fachrichtung Metall-technik. In beiden Fachrichtungen stan-den zum Schuljahr 2012/2013 nurneun fertig ausgebildete Referendarin-nen und Referendare NRW-weit für ei-ne Einstellung zur Verfügung. Die Nach-wuchssituation an den Hochschulenlässt keinerlei Besserung erwarten. Lan-desweit sind für Elektrotechnik in allenSemestern zusammengenommen nur60 Studierende eingeschrieben. Da blei-ben bei jährlich 79 Pensionierungen al-lein in der Fachrichtung Elektrotechnikfür das Referendariat kaum mehr als 8bis 10 Bewerber/-innen pro Jahr übrig –wenn alle durchhalten!

10-Punkte-Programm des vlbs-NRWgegen den Lehrermangel an Berufskollegs

1. Die Politik ist in der Pflicht, Arti-kel 15 der Landesverfassung um-zusetzen;

2. Bessere Bedingungen an den Uni-versitäten für Berufskollegstudie-rende;

3. Übergangs- und Anerkennungs-bedingungen für alle Bachelor-Absolventen;

4. Aufbaustudiengang für das Lehr-amt an Berufskollegs;

5. Kooperation zwischen Universitä-ten und Fachhochschulen;

6. Berufsbegleitendes Studium fürFachhochschul-Absolventen;

7. Kooperationen zwischen den Uni-versitäten im Bereich der Fachdi-daktik;

8. Attraktivitätssteigerung für dasLehramt an Berufskollegs;

9. Maßnahmen des Landes zur Be-darfssicherung;

10. Neben dem Master-Abschlussauch die Erste Staatsprüfung.

Um den zentralen Stellenwert der be-ruflichen Bildung und der Berufskol-legs für den WirtschaftsstandortNordrhein-Westfalen deutlich zu ma-chen, fordert der vlbs-NRW die Einrich-tung einer Enquete-Kommission zurRolle und Zukunft der beruflichen Bil-dung und der Berufskollegs in NRW.

vlbs-NRW

Gutachten zu sogenannten„Warteschleifen“ in Berufskollegs

Im Zusammenhang der Neugestal-tung der Ausbildungsvorbereitung anBerufskollegs in Nordrhein-Westfalenhat Professor Dr. Martin Baethge vomSoziologischen Forschungsinstitut ander Universität Göttingen (SOFI)Schulministerin Sylvia Löhrmann dasGutachten zur „Situation und Perspek-tiven der Ausbildungsvorbereitungvon Jugendlichen mit besonderem För-derbedarf“ übergeben.

In die vorgelegte qualitative empiri-sche Studie wurden zwölf Berufskol-legs einbezogen, die unterschiedlicheBildungs- und Arbeitsmarktkonstel-lationen NRWs repräsentieren undgroße Erfahrung in der Ausbildungs-vorbereitung aufweisen. Die Forschersehen immer dort besonderen Erfolgin der Arbeit mit den Jugendlichen,wo sich Berufskollegs entschiedenhaben, die Ausbildungsvorbereitungals eigene strukturelle Einheit zuetablieren, in der die Lehrerinnen undLehrer im Team zusammenarbeiten,sich in besonderer Weise fortbildenund sich Kompetenzen in Bezug aufdie Förderbedarfe der Jugendlichenaneignen.

Da nach Einschätzung der Forscher dieGruppe der Jugendlichen mit beson-derem Förderbedarf heterogen blei-ben und eher schwieriger werden wird,empfehlen sie, den Berufskollegs Mög-lichkeiten zur stärkeren Differenzie-rung und Flexibilisierung der Ausbil-dungsvorbereitung zu verschaffen. Eine Ausweitung der Professionalisie-

Nachrichten aus den Ländern

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rung in der Lehrerausbildung und inder Lehrerfortbildung müsse darüberhinaus einen besonderen Stellenwerterhalten, so die Forscher.

Professor Baethge sieht in dem Plan,bisher „zersplitterte berufsschulischeFormen der Ausbildungsvorbereitungin einem einheitlichen Ausbildungs-vorbereitungsjahr zusammenzufüh-ren und neu zu gestalten“, einen wich-tigen Beitrag zur Lösung des Pro-blems.

Das Gutachten finden Sie auf der Internetseite http://www.berufsbil-dung.nrw.de/cms/bildungsgangue-

bergreifende-themen/gutachten-zu-bildungspolitischen-und-berufspoliti-schen-themenstellungen.html

Ministeriums für Schule und Weiterbildung NRW

Thüringen/Mecklenburg-Vorpommern/Berlin

Beamtenstatus für Lehrer baldbundesweit?!

In Thüringen hat BildungsministerChristoph Matschie angekündigt, dassLehrer von August 2013 an wieder zuverbeamten sind. Er will damit die Ab-

wanderung von Lehrern aus dem Bun-desland stoppen, da vor allem der Be-amtenstatus Junglehrer bei der Suchenach geeigneten Stellen lockt. DieStrategie einiger Bundesländer, diemit Angestelltenverträgen sparenwollen, gehe damit nicht auf. In Meck-lenburg-Vorpommern sind ebenfallsTendenzen zur Stärkung des Beamten-status für Lehrkräfte zu erkennen. InBerlin bleibt weiterhin als einzigemBundesland das politisch erneuerteVerbeamtungsverbot für neu einge-stellte Lehrkräfte bestehen.

BBB-Nachrichten

Nachrichten aus den Ländern/Nachrichten

> Nachrichten

Betriebe halten an dualer Ausbildung fest

Mehr als ein Drittel der knapp 470.000ausbildenden Betriebe in Deutschlandhat inzwischen große Schwierigkeitenbei der Besetzung seiner Ausbildungs-stellen. Dennoch wollen die Unterneh-men nicht aus der betrieblichen Aus-bildung aussteigen oder ihr Ausbil-dungsstellenangebot reduzieren. ImGegenteil: Rund 75 % der vom Bun-desinstitut für Berufsbildung (BIBB)befragten Betriebe wollen in dennächsten drei Jahren unverändert anihren Ausbildungsaktivitäten festhal-ten, 16 % planen sogar eine Auswei-tung ihrer Kapazitäten. Lediglich 7,4 %sehen sich gezwungen, ihre Angebotezu reduzieren, und nur 1,4 % planenden vollständigen Ausstieg.

Das sind die Ergebnisse einer aktuellenUmfrage des BIBB-Qualifizierungspa-nels. Dabei schätzen die Unternehmendie aktuelle Situation auf dem Ausbil-dungsstellenmarkt durchaus realis-tisch ein: Drei von vier Betrieben rech-nen nämlich damit, dass die Probleme,ausreichend geeignete Bewerber fürihre Ausbildungsstellen zu finden,eher noch zunehmen werden. Generell– so die Autoren der Studie – wird sichder demografische Umbruch und derStrukturwandel unter den Schulab-

gängern mit der anhaltenden Tendenzzu höheren Schulabschlüssen nichtgleichmäßig auf die einzelnen Be-triebsgrößenklassen, Branchen undRegionen auswirken.

BIBB

Bedeutung der beruflichenWeiterbildung

Der Präsident des Bundesinstituts fürBerufsbildung (BIBB), Friedrich Hu-bert Esser, geht davon aus, dass sichdie nächsten zehn Jahre in Deutsch-land zu einer „Dekade der beruflichenWeiterbildung“ entwickeln. Gründehierfür lägen im demografischenWandel, im drohenden Fachkräfte-mangel und in der Verlängerung derLebensarbeitszeit. Die seit einigenJahren festzustellende Bildungsex-pansion unter der jungen Generationdarf nach Auffassung Essers auf kei-nen Fall an der beruflichen Bildungvorbeigehen.

Die duale Berufsausbildung und dieAufstiegsfortbildung müssten in Zu-kunft viel stärker als ein integriertesModell und als gleichwertiger Karrie-reweg zu Abitur und Studium bewor-ben werden, so Esser. Gleichzeitigmüsse die Verzahnung von beruflicher

Bildung, insbesondere der beruflichenWeiterbildung, mit der Hochschulbil-dung weiter vorangetrieben werden.

BIBB

Mitteilungen des StatistischenBundesamtes vom September2012

Häufigster Ausbildungsberuf 2011

Im Jahr 2011 schlossen insgesamt565.824 Jugendliche einen neuen Aus-bildungsvertrag ab. Dies waren 1,2 %mehr als im Vorjahr. Wie das Statisti-sche Bundesamt weiter mitteilt, warder Beruf Kaufmann/-frau im Einzel-handel mit 33.192 neu abgeschlosse-nen Ausbildungsverträgen erneut deram häufigsten gewählte Ausbildungs-beruf. Es folgten Verkäufer/-in, Büro-kaufmann/-frau, Kraftfahrzeugme-chatroniker/-in sowie Industriekauf-mann/-frau. Diese Berufe bilden be-reits seit sieben Jahren die Spitzen-gruppe. Gut ein Fünftel der neu abge-schlossenen Verträge konzentriertesich auf die fünf häufigsten Ausbil-dungsberufe in Deutschland.

Ausländische Hochschulabsolventen

Im Prüfungsjahr 2011 (Wintersemes-ter 2010/2011 und Sommersemester

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2011) erwarben 38.300 Absolventin-nen und Absolventen mit ausländi-scher Staatsangehörigkeit einenHochschulabschluss an deutschenHochschulen. Das waren 2.900 (+ 8 %)mehr als im Prüfungsjahr 2010. Wiedas Statistische Bundesamt weitermitteilt, wurden damit fast 10 % der392.200 Hochschulabschlüsse vonausländischen Absolventinnen undAbsolventen erreicht.

Statistisches Bundesamt

Einstiegsqualifizierung weiter-hin erfolgreiches Instrument

Die Einstiegsqualifizierung ist für jungeMenschen mit erschwerten Vermitt-lungsperspektiven ein Türöffner in einebetriebliche Ausbildung. Förderungsfä-higen Personen werden über eine Dau-er von 6 bis 12 Monaten in einem Be-trieb Grundlagen für den Erwerb beruf-licher Handlungsfähigkeit vermittelt.Das Bundesministerium für Arbeit undSoziales (BMAS) hat aktuell den Ab-schlussbericht der „Begleitforschungzur Einstiegsqualifizierung (EQ)“ mitpositiven Ergebnissen veröffentlicht:

Der Einstiegsqualifizierung wird einegute Wirksamkeit in Bezug auf dieQualifizierung der Teilnehmenden sowie den Übergang ehemaliger Teil-nehmender in Ausbildung beschei-nigt. Rund 44  % der Teilnehmendendes Jahrgangs 2009/2010 sind direktim Anschluss in eine Ausbildung beidem Betrieb übergegangen, in dem siedie Einstiegsqualifizierung absolvierthaben. 69 % der Teilnehmenden habenein halbes Jahr nach Beendigung eineAusbildung begonnen. Viele Teilneh-mende der Einstiegsqualifizierungdurchlaufen die anschließende Ausbil-dung mit verkürzter Dauer. Hinweiseauf größere Verdrängungs- und Sub-stitutionseffekte wurden nicht festge-stellt. Aktuell geht es darum, die EQnoch stärker auf leistungsschwächereJugendliche auszurichten.

KWB-News

Öffentlicher Dienst mussGleichstellung vorleben

Das Thema Chancengleichheit mussgesetzlich besser verankert werden.

Dies fordert die dbb bundesfrauenver-tretung in ihrer Stellungnahme zur öf-fentlichen Anhörung des Ausschussesfür Familie, Senioren, Frauen und Ju-gend zum Thema Gleichstellung derGeschlechter des Deutschen Bundes-tages. Egal ob über die wirtschaftlicheEntwicklung, Umweltpolitik, den de-mografischen Wandel oder die Gestal-tung einer familienfreundlichen Ar-beitswelt gesprochen werde, dieChancengleichheit der Geschlechtermüsse Teil der politischen Debatten-kultur werden. Wenn man einen Wan-del in der Gesellschaft herbeiführenwolle hin zu einer familien- und kin-derfreundlichen Gesellschaft und Ar-beitskultur, müssten sich alle Politik-bereiche dem Thema stellen. Aberauch die öffentlichen Verwaltungenseien aufgerufen, ihrer Vorbildfunkti-on Rechnung zu tragen. Sie müsstenGleichberechtigung am Arbeitsplatzvorleben, stellt Helene Wildfeuer, Vor-sitzende der dbb bundesfrauenvertre-tung, heraus.

In ihrer Stellungnahme spricht sich diedbb bundesfrauenvertretung unter an-derem für die Bekämpfung von Ent-geltunterschieden zwischen Männernund Frauen aus und verlangt Korrektu-ren an den Bezahlsystemen im Öffent-lichen Dienst. Die vollständige Stel-lungnahme im Internet unter http://www.frauen.dbb.de/pdf/positionen/121015_gleichstellunsbericht.pdf

dbb bundesfrauenvertretung

Jung und Alt arbeiten gut zusammen

Die Deutschen zeigen eine hohe Be-reitschaft, den demografischen Wan-del in der Arbeitswelt aktiv mitzuge-stalten. Das zeigt eine Umfrage desMeinungsforschungsinstitutes Forsarund um die Lebens- und Arbeitsweltim Auftrag des Bürgerdialogs Demo-grafischer Wandel des Bundesministe-riums für Bildung und Forschung.

So ist die überwiegende Mehrheit derDeutschen davon überzeugt, dass jün-gere und ältere Kollegen im Beruf gut(60 %) beziehungsweise sehr gut(22 %) zusammenarbeiten können.Weiterbildung wird als Schlüssel fürdie zukünftige Wettbewerbsfähigkeit

des Landes gesehen (91 %), ebenso dieIntegration von geringer Qualifizier-ten (60 %). Das erfordert entsprechen-de Rahmenbedingungen. Hier stehtdie Vereinbarkeit von Familie und Be-ruf an oberster Stelle (89 %).

Darauf richtet das BMBF seine Bil-dungs- und Forschungspolitik aus. Da-zu gehören insbesondere die genera-tionenübergreifende Arbeitsplatzge-staltung im Sinne eines lebenslangenLernens, die Innovationen für altersge-rechtes Wohnen und altersgerechteMobilität oder die Erforschung alters-bedingter Krankheiten. Zudem wirddas nächste Wissenschaftsjahr 2013dem Thema „Demografischer Wandel“gewidmet sein.

Weiterführende Informationen unterwww.bmbf.de/de/20112.php,www.buergerdialog-bmbf.de,www.wissenschaftsjahr2013.de.

BMBF

Vorzeitige Vertragslösung

Wird ein Ausbildungsvertrag vorzeitiggelöst, so bedeutet dies immer auch ei-nen Verlust von Ressourcen – von per-sonellen, aber vor allem auch von fi-nanziellen Ressourcen. Erstmals hat dasBundesinstitut für Berufsbildung(BIBB) Berechnungen vorgenommen,mit denen die Kosten von vorzeitigenVertragslösungen im dualen Ausbil-dungssystem beziffert werden können.

Für seine aktuellen Berechnungen hatdas BIBB 51 Berufe aus allen Branchenuntersucht. Bei diesen lag die Quoteder Vertragslösungen bei 20,5 %. Vor-zeitig beendet wurden die Vertrags-verhältnisse im Durchschnitt nach et-wa zwölf Monaten. Dabei verzeichne-ten die betrachteten Berufe im Hand-werk die höchste Vertragslösungsquo-te (rund 25 %), bei den Berufen im Öf-fentlichen Dienst waren es dagegennur etwa 7 %. In den freien Berufenwurden die Verträge im Durchschnittschon nach etwa zehn Monaten ge-löst, in den landwirtschaftlichen Beru-fen dagegen nach rund 15 Monaten.

Download kostenlos unterwww.bibb.de/bwp/kosten-vertragsloesung

BIBB

Nachrichten

Persönliches

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Rudolf Karrasch gestorbenDer Verband der Lehrer an beruflichen Schulen in Bayern(VLB) trauert um seinen Ehrenvorsitzenden Rudolf Karrasch.Er verstarb am 07.10.2012 im gesegneten Alter von 96 Jah-ren. Als Ehrenvorsitzender war er bis zu seinem Tode aktivim Beirat des Verbandes tätig. Der Freistaat Bayern verliehihm für seine um-fassenden Ver-dienste den Baye-rischen Ver-dienstorden. Von1957 bis 1976war Rudolf Kar-rasch Landesvor-sitzender desVBB, einer derVorläuferorgani-sationen des heu-tigen VLB. Er hatdieses Amt mitgroßem Engage-ment ausgeführt.

In seine Amtszeitfielen wichtigeverbandspoliti-sche Veränderun-gen, drei davonseien genannt:

– Im Jahre 1966 fand der 9. Deutsche Berufsschultag desdamaligen Deutschen Verbandes der Gewerbelehrer(DVG) unter hervorragender Vorbereitung und Mitwir-kung des VBB unter Leitung von Rudolf Karrasch in Mün-chen statt.

– Im Jahre 1969 wurde dann beim 10. Deutschen Berufs-schultag in Wiesbaden aus dem DVG der Bundesverbandder Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (BLBS).

– Im Jahre 1972 trat der damalige VBB unter der Führungvon Rudolf Karrasch dem BLBS bei. Damit war er von 1972bis 1976 Mitglied des Bundeshauptvorstandes des BLBS.

Vor der Lebensleistung des Verstorbenen verneigen wir unsin hohem Respekt und in großer Dankbarkeit. Wir werdenihm stets ein ehrendes Gedenken bewahren.

Heiko Pohlmann

> Persönliches

Felix Dorwarth verstorbenAm 10.09.2012 ist Oberstudiendirektor a. D. Felix Dorwarthgestorben. Eine große Trauergemeinde mit vielen langjäh-rigen Wegbegleitern nahm von ihm am Tag seines 88. Ge-burtstags Abschied.

„Sein Leben hatte Vorbildcharakter“, so überschrieb seineHeimatzeitung in Bretten den Beitrag über seinen Tod. 1924in Bretten geboren, studierte er nach dem Zweiten Weltkrieg

an der Techni-schen Hochschu-le in KarlsruheBauingenieurwe-sen und war von1969 bis 1989Schulleiter derBalthasar-Neu-mann-Schule inBruchsal.

Felix Dorwarthtrat 1951 in denGewerbeschul-dienst und fastgleichzeitig inden Verband –damals nochDeutscher Ver-band der Gewer-belehrer – Lan-desverband Ba-den ein. Von 1962

bis 1967 war er stellvertretender Bundesvorsitzender desDeutschen Verbandes der Gewerbelehrer (DVG), dem Vor-gänger des Bundesverbandes der Lehrerinnen und Lehrer anberuflichen Schulen (BLBS). In den Ausschuss „Beamten-recht“ wurde er 1967 gewählt. Von 1970 bis 1990 wirkte erals Mitglied im Bundeshauptvorstand des BLBS sehr aktiv inden Ausschüssen „Recht und Besoldung“, „Grundsatzfra-gen“ und „Versorgungsrecht“ mit. Besonders zu erwähnenist aber sein Beitrag „Die Geschichte des LandesverbandesBaden-Württemberg“ in der „Chronik des Bundesverbandesder Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen 1949 bis1999“.

Für seine Verdienste erhielt er im September 1984 als hoheAuszeichnung das Bundesverdienstkreuz am Bande. DerBLBS trauert um einen profunden und engagierten Kollegen,der sich um das berufliche Schulwesen verdient gemachthat. Dankbar, mit Respekt und großer Anerkennung nah-men wir Abschied von Felix Dorwarth. Wir werden ihm im-mer ein ehrendes Gedenken bewahren.

Literatur

Die berufsbildende Schule (BbSch) 64 (2012) 11/12 346

Paul Kirchhof: Deutschland im Schuldensog, Verlag C. H.Beck, München 2012, 309 Seiten, ISBN 978-3-406-64043-8,19,95 Euro

Deutschland ist, wie viele Staaten der Europäischen Unionund in der Welt, hoch verschuldet. Die Verschuldung der öf-fentlichen Hand beträgt in Deutschland über zwei BillionenEuro. Der dbb hat sich zur Aufgabe gemacht, die Verant-wortlichen darauf hinzuweisen, dass dagegen etwas getanwerden muss, denn ein so gewaltiger Schuldenabbau ist nurdurch eine nationale Kraftanstrengung möglich.

Die in diesem Buch veröffentlichte Untersuchung wurdevom Bundesvorsitzenden des dbb beamtenbund und tarifunion, Peter Heesen, angeregt. Prof. Dr. Kirchhof, Di-rektor des Instituts für Finanz- und Steuerrecht an der Uni-versität Heidelberg, stellt darin das Ergebnis seiner Unter-suchung vor, die verfassungsrechtliche, europarechtlichesowie steuerrechtliche Fragen erörtert. Ebenso schlägt er– und das ist sehr wichtig – Wege zum Abbau der Schul-den vor.

Da Deutschland bei dieser Gesamtschuldenlast von mehrals zwei Billionen Euro fast 800 Milliarden zurückzahlenmüsste, um die beschlossene 60-Prozent-Grenze zu errei-chen, ist das bei einem Gesamtsteueraufkommen von 530Milliarden nicht möglich. Daher sind, so Prof. Kirchhof, fürden Schuldenabbau unter anderem folgende Sondermaß-nahmen nötig.

Alle nominalen Haushaltszuwächse sollen für die Tilgungder Schulden reserviert, die Steuererträge einzelner Steuern– die Erträge des Solidaritätszuschlags und die Erbschafts-steuer – sollen für den Abbau der Schulden reserviert wer-den. Eine Finanztransaktionssteuer soll zur Erhöhung desSteueraufkommens beitragen, auch die Veräußerung vonStaatseigentum ist möglich.

Insgesamt ist die Untersuchung mit ihren dargestellten Er-gebnissen als sehr positiv zu bewerten und daher lesens-wert. Das insbesondere unter dem Aspekt des Schuldenab-baus, da Kandidaten bei Wahlen in Demokratien immer da-zu neigen, mehr Vergünstigungen zu versprechen, die in derRegel zu weiterer Verschuldung beitragen. Das Buch gibthervorragende Anregungen dazu, diese Entwicklung zudurchbrechen.

Heiko Pohlmann

Die Schulerfahrungen junger (neuer) Lehrerinnen und Lehrer.Ergebnisse aus TALIS 2008 (Teaching and Learning Interna-tional Survey). Ben Jensen, Andrés Sandoval-Hernández, Stef-fen Knoll, Eugenio J. Gonzalez. OECD Paris/Berlin (März 2012).116 Seiten, ISBN 978-92-64-12094-5, 30 €. Originaltitel: TheExperience of New Teachers – Results from TALIS 2008 (March2012). OECD-Distributor in Deutschland: UNO-Verlag im W.Bertelsmann Verlag Bielefeld und Turpin (United Kingdom).

Der neue OECD-TALIS-Report wird sowohl bei Entschei-dungsträgern der Bildungspolitik, Lehrerverbänden, Hoch-schullehrern und Lehrenden an den Studienseminaren diegewünschte und verdiente Beachtung finden. An der Un-tersuchung waren insgesamt dreiundzwanzig OECD-Länderbeteiligt.

„Neue Lehrer“ sind diejenigen, die nicht mehr als zwei Jah-re Unterrichtserfahrung haben. Die Erfahrungen dieser„New teachers“ werden mit denjenigen der „Experienced te-achers“ (erfahrene Lehrer) verglichen. Es besteht Konsens,dass die qualitativ hochwertige Arbeit der Lehrerinnen undLehrer entscheidend für den Lernerfolg der Schülerinnenund Schüler ist. In diesem Kontext wird der Begriff der„Selbstwirksamkeit“ ausführlich diskutiert. Berufsanfängerweisen im Durchschnitt eine wesentlich geringere Selbst-wirksamkeit auf als berufserfahrene Unterrichtspraktiker.Dieser Befund hängt damit zusammen, dass Junglehrernoch erhebliche Probleme mit der Schülerdisziplin und demManagement im Klassenzimmer haben. Junglehrer ver-wenden daher auch weniger Zeit für das Lehren und Lernenund mehr Zeit für die Disziplinierung der Schüler und die Un-terrichtsorganisation.

Die Selbstwirksamkeit der Junglehrer und ihre professio-nelle Selbsteinschätzung hängen eng mit der Effektivitätdes Lehrens und Lernens zusammen. An dieser Stelle wer-den zwei methodische Ansätze diskutiert: „Die direkte Me-thode“ und „die konstruktivistischen Methoden“. Die Be-rufs anfänger tendieren oftmals dazu, beide Methoden zukombinieren. Junglehrer bedauern, dass sie in den ersten Be-rufsjahren nur wenig Anerkennung und Feedback erhalten.Diese Feststellung betrifft die Schulleitung, das Kollegiumund die Eltern der Schülerinnen und Schüler. Gleichzeitigstellen 58 % der Berufsanfänger fest, dass Anerkennung undFeedback für die Berufszufriedenheit und das persönlicheEngagement sehr wichtig sind: „Fifty-eight per cent of new teachers reported that the appraisal and feedback they re-ceived increased their job satisfaction and increased theirjob security.“

Gottfried Kleinschmidt

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