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4 S 18/15 VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WÜRTTEMBERG Beschluss In der Verwaltungsrechtssache - Antragsteller - - Beschwerdeführerin - prozessbevollmächtigt: gegen Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl, Kinzigallee 1, 77694 Kehl, Az: - Antragsgegner - - Beschwerdegegner - wegen Rücknahme der Ernennung zur Beamtin auf Widerruf hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Feldmann und die Richterin am Verwaltungsgerichts- hof Dr. Hecht am 28. Januar 2015 beschlossen:

4s18.15b - NPD-Klage abgewiesen - Kein Recht zum Studieren

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Verwaltungsgerichtshof Mannheim Urteil der Klageabweisung gegen NPD-Studentin Verwaltungshochschule Kehl - Nationalisten/innen dürfen in der BRD nicht mehr studieren!

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  • 4 S 18/15

    VERWALTUNGSGERICHTSHOF BADEN-WRTTEMBERG

    B e s c h l u s s

    In der Verwaltungsrechtssache

    - Antragsteller - - Beschwerdefhrerin -

    prozessbevollmchtigt:

    gegen

    Land Baden-Wrttemberg, vertreten durch die Hochschule fr ffentliche Verwaltung Kehl, Kinzigallee 1, 77694 Kehl, Az:

    - Antragsgegner - - Beschwerdegegner -

    wegen Rcknahme der Ernennung zur Beamtin auf Widerruf hier: Antrag nach 80 Abs. 5 VwGO hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Wrttemberg durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schefzik, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Feldmann und die Richterin am Verwaltungsgerichts-hof Dr. Hecht am 28. Januar 2015 beschlossen:

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    Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe fr das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsge-richts Freiburg vom 28. November 2014 - 1 K 2613/14 - wird zurckgewiesen. Die Antragstellerin trgt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.356,34 EUR festgesetzt.

    Grnde

    Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die

    Rechtsverfolgung aus den nachfolgenden Grnden keine hinreichende Aus-

    sicht auf Erfolg bietet ( 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. 114 Abs. 1 Satz 1

    ZPO).

    Die rechtzeitig eingelegte ( 147 Abs. 1 VwGO) und fristgerecht begrndete

    ( 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Er-

    folg. Die mit der Beschwerde dargelegten Grnde, aus denen die Entschei-

    dung des Verwaltungsgerichts abzundern sein soll und auf deren Prfung

    sich der Senat nach 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschrnken hat, ergeben

    nicht, dass das Verwaltungsgericht ihren Antrag auf Wiederherstellung der

    aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die fr sofort vollziehbar

    erklrte Verfgung des Antragsgegners vom 03.11.2014, mit der ihre Ernen-

    nung zur Beamtin auf Widerruf mit Wirkung fr die Vergangenheit zurckge-

    nommen wurde, zu Unrecht abgelehnt hat. Das Verwaltungsgericht hat darge-

    legt, es komme aufgrund der im Verfahren nach 80 Abs. 5 VwGO vorzu-

    nehmenden umfassenden Interessenabwgung zu dem Ergebnis, dass das

    ffentliche Interesse daran, dass die rechtsgestaltenden Wirkungen der

    Rcknahmeverfgung sofort eintrten, das entgegenstehende Interesse der

    Antragstellerin berwiege, davon zunchst verschont zu bleiben, bis ber die

    Rechtmigkeit der Rcknahmeverfgung in der Hauptsache endgltig ent-

    schieden sei. Die Rcknahme der Ernennung zur Beamtin auf Widerruf mit

    Wirkung fr die Vergangenheit erweise sich bei der gebotenen und allein

    mglichen summarischen berprfung der Sach- und Rechtslage als aller Vo-

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    raussicht nach rechtmig. Auch das besondere ffentliche Interesse an der

    sofortigen Vollziehung sei zu bejahen. Dies wird durch das Beschwerdevor-

    bringen nicht erschttert. Auch der Senat vermag danach ein berwiegendes

    Interesse der Antragstellerin, einstweilen vom sofortigen Vollzug der Rck-

    nahmeverfgung verschont zu bleiben, nicht zu erkennen.

    1. Die Antragstellerin macht geltend, die Rcknahme der Ernennung sei be-

    reits deshalb rechtswidrig, weil sie nicht innerhalb der Frist des 13 Abs. 2

    Satz 3 LBG erfolgt sei. Nach dieser Vorschrift, die fr das Verfahren der auf

    12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG gesttzten Rcknahme anzuwenden ist, kann die

    Ernennung nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten zurckgenommen

    werden, nachdem die fr die Rcknahme zustndige Behrde Kenntnis vom

    Grund der Rcknahme erlangt hat. Diese Frist ist eine Entscheidungsfrist.

    Magebend fr den Beginn der Frist ist die sichere Kenntnis der Vorausset-

    zungen einer Rcknahme nach 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG. Dazu gehren

    alle objektiven und subjektiven Tatumstnde dieser Bestimmung. Selbst

    schuldhafte Unkenntnis steht der Kenntnis nicht gleich. Vermutungen oder ein

    bloer Verdacht gengen nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.09.1985 - 2 C

    30.84 -, Buchholz 237.5 14 LBG Hessen Nr. 2, und OVG Nordrhein-

    Westfalen, Beschluss vom 17.12.2009 - 1 B 1175/09 -, Juris, jeweils zu in-

    haltsgleichen Bestimmungen).

    Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht entschieden, hier sei die

    sechsmonatige Frist fr die Rcknahme der Ernennung gewahrt. Die Hoch-

    schule habe als fr die Rcknahme zustndige Behrde erstmals im Juli

    2013 durch die Stadt L. Kenntnis von den Aktivitten der Antragstellerin in

    der NPD und in deren Jugendorganisation (JN) erlangt. Die daraufhin von der

    Hochschule eingeleiteten Ermittlungen htten aber erst durch das bei ihr am

    26.08.2014 eingegangene Schreiben des Landesamts fr Verfassungsschutz

    Baden-Wrttemberg, mit dem ein frheres Schreiben konkretisiert worden

    sei, die fr die Rcknahme erforderliche sichere Kenntnis davon ergeben,

    dass die Antragstellerin bereits im Zeitpunkt ihrer Ernennung der rechtsex-

    tremistischen Szene angehrt habe. Damit habe die Frist erst am

    26.08.2014 zu laufen begonnen und sei durch die Aushndigung der ange-

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    fochtenen Verfgung an die Antragstellerin am 03.11.2014 gewahrt worden.

    Dem hlt die Antragstellerin entgegen, das Verwaltungsgericht habe verkannt,

    dass die sichere Kenntnis der Voraussetzungen der Rcknahme bei dem An-

    tragsgegner schon aufgrund der Berichterstattung in ffentlichen Medien ab

    dem 14.06.2013, dem Schreiben der Stadtverwaltung L. mit Anlage und dem

    in der Folge zwischen dem Rektor und ihr gefhrten Gesprch (Aktenvermerk

    vom 20.11.2013) gegeben gewesen sei, jedenfalls aber mit ihrem Schreiben

    vom 28.11.2013. Schon mit Schreiben des Innenministeriums vom 18.09.2013

    sei der Hochschule auch bekannt gewesen, dass fr eine Rechtfertigung der

    Entlassung insbesondere Tatumstnde nach der Begrndung des Beamten-

    verhltnisses ausschlaggebend seien, weshalb sich der Antragsgegner auch

    nicht darauf berufen knne, dass es fr seine Entscheidung erheblich gewe-

    sen sei, Kenntnis darber zu haben, dass sie bereits zum Zeitpunkt ihrer Er-

    nennung beweisbar der rechtsextremistischen Szene angehrt habe.

    Die Antragstellerin lsst jedoch auer Betracht, dass hier nicht eine Entlas-

    sung aus dem Beamtenverhltnis in Rede steht, sondern die an andere Vo-

    raussetzungen geknpfte Rcknahme der Ernennung wegen arglistiger Tu-

    schung. Diesbezglich hat auch das Innenministerium in dem von der Antrag-

    stellerin in Bezug genommenen Schreiben vom 18.09.2013 zutreffend ausge-

    fhrt, dass insoweit die Umstnde der Ernennung in den Blick zu nehmen

    sind. Die sichere Kenntnis von allen Voraussetzungen einer Rcknahme, bei

    einer Rcknahme wegen arglistiger Tuschung wie hier also die sichere

    Kenntnis von allen objektiven und subjektiven Tatumstnden der Arglistigkeit

    der Tuschung, setzt auch die Kenntnis davon voraus, dass die Antragstelle-

    rin bereits zum Zeitpunkt ihrer Ernennung der rechtsextremistischen Szene

    angehrte. Dass sich dies den von ihr benannten Umstnden (etwa Akten-

    vermerk vom 20.11.2013, Schreiben vom 28.11.2013) entnehmen lsst, legt

    die Antragstellerin nicht dar; dies ist auch nicht erkennbar. Dass die Antrag-

    stellerin dem Rektor gegenber keineswegs ihre Mitgliedschaft in der JN

    bzw. NPD verschwiegen, sondern diese offenbart hat, hat auch das Verwal-

    tungsgericht gesehen. Die Antragstellerin hat jedoch - auch in ihrem Antwort-

    schreiben vom 28.11.2013 - eine nhere zeitliche Konkretisierung nicht vor-

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    genommen. Hinreichend sichere Kenntnis davon, dass sie bereits zum Zeit-

    punkt ihrer Ernennung der rechtsextremistischen Szene angehrte, hatte der

    Antragsgegner nach derzeitigem Erkenntnisstand erst mit Eingang des

    Schreibens des Landesamts fr Verfassungsschutz vom 21.08.2014. Soweit

    die Antragstellerin meint, der Antragsgegner knne sich auf dieses Schreiben

    aber auch deshalb nicht berufen, weil er ber die vom Landesamt fr Verfas-

    sungsschutz erbetenen Informationen jedenfalls schon mit dessen Schreiben

    vom 26.02.2014 verfgt habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Die

    Antragstellerin macht geltend, in dem Schreiben vom 21.08.2014 werde zu

    der dann erfolgten Mitteilung, dass sie bereits zum Zeitpunkt ihrer Ernennung

    am 15.12.2011 der rechtsextremistischen Szene angehrt habe, auf den Be-

    richt vom 26.02.2014 und die mit diesem mitgeteilte Polizeierkenntnis vom

    13.02.2010, die zeitlich vor der Ernennung liege, verwiesen. Das heie, dass

    das Landesamt fr Verfassungsschutz den Schluss, sie habe bereits bei ihrer

    Ernennung der rechtsextremistischen Szene angehrt, auf seine Angaben im

    Bericht vom 26.02.2014, insbesondere die dort nher ausgefhrte Polizeier-

    kenntnis vom 13.02.2010, sttze. Dies trifft nicht zu. Das Landesamt fr Ver-

    fassungsschutz hat die erstmals in dem Schreiben vom 21.08.2014 getroffene

    Feststellung, dass die Antragstellerin bereits zum Zeitpunkt ihrer Ernennung

    der rechtsextremistischen Szene angehrt habe, keineswegs auf die Angaben

    im Bericht vom 26.02.2014 gesttzt und auch auf die Polizeierkenntnis vom

    13.02.2010 nur aus Grnden des Quellenschutzes verwiesen. Im brigen rei-

    chen auch Mutmaungen fr die erforderliche sichere Kenntnis nicht aus.

    Deshalb greift auch der Einwand der Antragstellerin nicht, wenn es im Wider-

    spruchsbescheid in Bezug auf die im Schreiben vom 26.02.2014 angefhrten

    Aktivitten heie, dabei handele es sich berwiegend um Aktivitten, die nach

    ihrer Ernennung stattgefunden htten, folge hieraus, dass die Aktivitten zwar

    berwiegend nach der Ernennung stattgefunden htten, es aber somit auch

    Aktivitten vor der Ernennung gegeben haben msse und somit also ab dem

    Zeitpunkt des Schreibens vom 26.02.2014 auf Seiten des Antragsgegners be-

    kannt gewesen sei, dass sie auch zum Zeitpunkt ihrer Ernennung der rechts-

    extremistischen Szene angehrt habe. Ohne weitere Sachaufklrung war der

    Antragsgegner zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, ber die Rcknahme zu

    entscheiden. Soweit die Antragstellerin den Verweis des Verwaltungsgerichts

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    auf ihre Einladung als Sttzpunktleiterin vom 30.06.2012 in Bezug nimmt,

    lsst sie schon unbercksichtigt, dass das Verwaltungsgericht hierauf in an-

    derem Zusammenhang und auch nur ergnzend verwiesen hat. Die fr die

    Rcknahmeentscheidung erforderliche vollstndige und sichere Tatsachen-

    kenntnis war auf Seiten des Antragsgegners aller Voraussicht nach erst nach

    dem Erhalt des Schreibens vom 21.08.2014 gegeben.

    2. Die Antragstellerin macht weiter geltend, ein Grund fr die Rcknahme

    nach 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG sei nicht gegeben, weil sie ihre Ernennung

    nicht durch arglistige Tuschung herbeigefhrt habe. Die Annahme des Ver-

    waltungsgerichts, dass sie bereits zum mageblichen Zeitpunkt ihrer Ernen-

    nung zur Beamtin auf Widerruf am 01.03.2012 aktives Mitglied der NPD und

    der JN gewesen sei, sei nicht zutreffend. Tatschlich aktiv sei sie erst mit

    bernahme der Funktion der Sttzpunktleitern H. der JN ab Juli 2012 gewor-

    den. Zuvor habe es de facto einen solchen Sttzpunkt in H. nicht gegeben.

    Vor Juli 2012 habe sie auch an keinen weiteren Veranstaltungen auer den

    zwei schon genannten (genannt worden sind Veranstaltungen in Dresden

    und Pirna) teilgenommen, wobei es bei sich der Demonstration in Dresden

    um keine von der NPD organisierte Veranstaltung gehandelt habe. Damit

    vermag die Antragstellerin, die einrumt, dass sie am 01.06.2011 in die NPD

    eingetreten ist, schon im Ansatz ihre Zugehrigkeit zur rechtsextremistischen

    Szene nicht in Zweifel zu ziehen. Unerheblich ist, von wem die Veranstaltung

    in Dresden organisiert worden ist. Das Landesamt fr Verfassungsschutz

    fhrt dazu im Bericht vom 26.02.2014 im brigen aus, dass von Rechtsex-

    tremisten regelmig Demonstrationen zum Jahrestag der Bombardierung

    Dresdens im Zweiten Weltkrieg organisiert wrden, zuletzt am 14.02.2012.

    Ausschlielich Rechtsextremisten htten daran teilgenommen.

    Das Verwaltungsgericht hat weiter dargelegt und detailliert begrndet, der

    Antragsgegner gehe aller Voraussicht nach zu Recht davon aus, dass es sich

    bei der NPD und ihrer Jugendorganisation (JN) um eine Partei mit verfas-

    sungsfeindlichen Bestrebungen und Zielsetzungen handelt. Das ergebe sich

    fr die Kammer aus den mit zahlreichen Belegen versehenen Verfassungs-

    schutzberichten des Landes Baden-Wrttemberg. Damit stehe fr die Kam-

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    mer mit hoher Wahrscheinlichkeit fest, dass die aktive Mitgliedschaft in der

    NPD und in ihrer Jugendorganisation bereits im Zeitpunkt der Ernennung mit

    der von der Antragstellerin zu fordernden Verfassungstreue unvereinbar sei.

    Die Antragstellerin drfte deshalb bereits im Zeitpunkt der Ernennung nicht

    die von ihr zu fordernde Gewhr dafr geboten haben, jederzeit fr die frei-

    heitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzu-

    treten. Gem Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG sei die Entscheidung ber die Ver-

    fassungsmigkeit oder Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei dem

    Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Ein Verbot der NPD sei vom Bun-

    desverfassungsgericht bisher nicht ausgesprochen worden. Es sei in der

    Rechtsprechung aber anerkannt, dass das sog. Parteienprivileg den Brger

    lediglich bei seiner parteioffiziellen Ttigkeit von Sanktionen freistelle um des

    ungestrten und unbehinderten Funktionierens der Partei willen. Dagegen

    schtze es ihn nicht in anderen besonderen rechtlichen Stellungen. Das gelte

    insbesondere fr den Beamtenstatus.

    Dies wird nicht dadurch erschttert, dass die Antragstellerin meint, das vom

    Verwaltungsgericht zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts betreffe

    einen anderen Sachverhalt. Dies hat das Verwaltungsgericht nicht in Abrede

    gestellt. Es hat ausdrcklich dargelegt, dass dieses Urteil die Entlassung ei-

    nes NPD-Kreisvorsitzenden aus dem Grundwehrdienst betrifft (BVerwG, Ur-

    teil vom 07.07.2004 - 6 C 17.03 -, NJW 2005, 85), und hat auch nicht ber-

    sehen, dass die Antragstellerin nicht Angehrige der Bundeswehr ist. Die an

    sie als Beamtin zu stellenden Anforderungen an die Verfassungstreue erge-

    ben sich aus dem Gesetz ( 7 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG).

    Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts werden auch nicht dadurch in

    Zweifel gezogen, dass die Antragstellerin vortrgt, die am 06.09.2011 von ihr

    unterzeichnete Belehrung und Erklrung bzw. die dort von ihr abgegebene

    Versicherung, Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische

    Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien gerichtet sei-

    en, nicht zu untersttzen und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichteten

    Organisation gewesen zu sein, seien jedenfalls zum fraglichen Zeitpunkt rich-

    tig gewesen; nach der Eigendarstellung der NPD verfolge sie keine Bestre-

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    bungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet sei-

    en, auch sie selbst sei zum fraglichen Zeitpunkt jedenfalls davon ausgegan-

    gen, dass solche Bestrebungen von der NPD nicht untersttzt wrden; auch

    sie, die erst am 01.06.2011 in die Partei eingetreten sei, untersttze solche

    Bestrebungen nicht. Dies entkrftet die Feststellungen des Verwaltungsge-

    richts schon nicht im Ansatz.

    Auch die Rge der Antragstellerin, sie habe die ihr gestellte Frage (subjektiv)

    wahrheitsgem beantwortet und nicht arglistig getuscht, greift nicht. Eine

    arglistige Tuschung gem 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG liegt vor, wenn der

    zu Ernennende durch Angaben, deren Unrichtigkeit ihm bewusst war oder de-

    ren Unrichtigkeit er fr mglich hielt, jedoch in Kauf nahm, oder durch Ver-

    schweigen wahrer Tatsachen bei einem an der Ernennung mageblich betei-

    ligten Bediensteten der Ernennungsbehrde einen Irrtum in dem Bewusstsein

    hervorrief, diesen durch Tuschung zu einer gnstigen Entschlieung zu be-

    stimmen. Unrichtige Angaben sind stets eine Tuschung unabhngig davon,

    ob die Ernennungsbehrde hiernach gefragt hat oder nicht. Das Verschwei-

    gen von Tatsachen ist eine Tuschung, wenn die Ernennungsbehrde nach

    Tatsachen gefragt hat oder der Ernannte auch ohne Befragung wei oder in

    Kauf nimmt, dass die verschwiegenen Tatsachen fr die Entscheidung der

    Ernennungsbehrde erheblich sind oder sein knnen. Eine arglistige Tu-

    schung liegt danach dann vor, wenn der Tuschende erkannt hat und in Kauf

    nimmt, dass die Ernennungsbehrde aufgrund seines Verhaltens fr sie we-

    sentliche Umstnde als gegeben ansieht, die in Wahrheit nicht vorliegen oder

    - umgekehrt - der Ernennung hinderliche Umstnde als nicht gegeben an-

    sieht, obwohl solche in Wahrheit vorliegen (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom

    18.09.1985, a.a.O.).

    Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht entschieden, die Erklrung der

    Antragstellerin, die sie am 06.09.2011 auf dem mit Belehrung und Erklrung"

    berschriebenen Blatt unterzeichnet habe, sei unrichtig. Sie versichere darin

    ausdrcklich, dass sie Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokrati-

    sche Grundordnung oder gegen eines ihrer grundlegenden Prinzipien gerich-

    tet seien, nicht untersttze und auch nicht Mitglied einer hiergegen gerichte-

    ten Organisation sei. Das habe deshalb nicht zugetroffen, weil sie bereits zu

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    diesem Zeitpunkt aktives Mitglied der NPD und deren Jugendorganisation

    gewesen sei. Zwar sei sie nach Aktenlage nicht ausdrcklich nach einer Mit-

    gliedschaft in dieser Partei gefragt worden. Es spreche jedoch alles dafr,

    dass die Antragstellerin erkannt oder jedenfalls billigend in Kauf genommen

    habe, dass durch die Nichtoffenbarung ihrer aktiven Mitgliedschaft in der NPD

    und in deren Jugendorganisation irrige Vorstellungen bei der Ernennungsbe-

    hrde entstehen oder aufrechterhalten wrden. Das folge fr die Kammer aus

    der eingehenden Belehrung in dem von der Antragstellerin unterschriebenen

    Vordruck. Auerdem verfge die Antragstellerin als Abiturientin mit einem

    berdurchschnittlich guten Zeugnis der allgemeinen Hochschulreife, das ins-

    besondere in den Fchern Geschichte und Gemeinschaftskunde sehr gute

    Noten ausweist, ber Kenntnisse zum politischen Geschehen in der Bundes-

    republik. Deshalb knne nicht angenommen werden, dass ihr die Einscht-

    zung der NPD und ihrer Jugendorganisation durch ihren knftigen Dienstherrn

    als verfassungsfeindliche Partei verborgen geblieben sei (zu den verfas-

    sungsfeindlichen Bestrebungen und Zielsetzungen der NPD vgl. OVG Nord-

    rhein-Westfalen, Beschluss vom 13.09.2012 - 6 B 878/12 -, Juris; VG Mn-

    chen, Urteil vom 13.11.2013 - M 7 K 12.2797 -, Juris, m.w.N.). Das Be-

    schwerdevorbringen und der Hinweis der Antragstellerin, das sie nicht aus-

    drcklich nach der Mitgliedschaft in der NPD befragt worden sei, rechtfertigen

    keine andere Bewertung.

    Nicht zu beanstanden vermag der Senat auch die Annahme des Verwaltungs-

    gerichts, es bestnden keine Zweifel daran, dass zwischen der arglistigen

    Tuschung und der vorgenommenen Ernennung der erforderliche urschliche

    Zusammenhang bestehe. Allein rechtserheblich ist in diesem Zusammenhang,

    ob die Ernennungsbehrde ohne die Tuschung von der Ernennung jedenfalls

    zum mageblichen Zeitpunkt Abstand genommen htte (BVerwG, Urteil vom

    18.09.1985, a.a.O.). Dass die Hochschule die Ernennung der Antragstellerin

    zur Beamtin auf Widerruf nicht mit Wirkung zum 01.03.2012 vorgenommen

    htte, wenn die Antragstellerin ihre aktive Mitgliedschaft in der NPD offenbart

    htte, liegt auf der Hand und wird auch durch die Behauptung der Antragstel-

    lerin, dass der Rektor der Hochschule ihr im Juli 2013 empfohlen habe, das

    Studium fortzusetzen, nicht erschttert.

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    3. Schlielich ist auch die umfassende Interessenabwgung des Verwal-

    tungsgerichts, dessen Unvoreingenommenheit entgegen der Auffassung der

    Antragstellerin nicht zweifelhaft ist, nicht zu beanstanden.

    Die Antragstellerin rgt, es sei zu bercksichtigen, dass der Abschluss der

    Ausbildung und der Erwerb des Hochschulgrades Bachelor of Arts fr ihr

    berufliches Fortkommen eine weit grere Bedeutung habe, als das Verwal-

    tungsgericht dies angenommen habe. Indes ist der Umstand, dass die An-

    tragstellerin in einem Lebenslauf mitteilen msste, dass sie ihre Ausbildung

    nicht beenden konnte, weil ihre Ernennung zur Beamtin auf Widerruf rck-

    gngig gemacht worden sei, keine Folge des Sofortvollzugs und stellt das be-

    sondere Vollzugsinteresse nicht in Frage. Mit ihrem Einwand, an einem f-

    fentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung fehle es aber auch deshalb,

    weil sich die Hochschule seit der Kenntnis durch die Berichterstattung in den

    Medien nahezu 1,5 Jahre Zeit gelassen habe, bis sie den Bescheid erlassen

    habe, kann die Antragstellerin ebenfalls nicht durchdringen.

    Den zeitlichen Ablauf hat die Hochschule im Widerspruchsbescheid vom

    18.11.2014 detailliert dargestellt. Eine verzgerte Bearbeitung kann ihr da-

    nach nicht angelastet werden. Ihre Vorgehensweise war streng sachlich und

    von dem Bestreben geprgt, - wie geboten - auf einer hinreichend sicheren

    Tatsachengrundlage zu entscheiden. Diese Voraussetzungen waren aber

    erst, wie dargelegt, mit Eingang des Schreibens des Landesamts fr Verfas-

    sungsschutz am 26.08.2014 gegeben. Dass in der Folge noch eine Abstim-

    mung mit dem Ministerium fr Wissenschaft, Forschung und Kunst erfolgt ist,

    fhrt nicht darauf, dass sich die Hochschule mit der Anordnung des Sofort-

    vollzugs in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzte. Das Verwal-

    tungsgericht hat mageblich darauf abgestellt, dass das ffentliche Interesse

    angesichts der Tatsache, dass die Antragstellerin ihre Ernennung aller Vo-

    raussicht nach durch arglistige Tuschung herbeigefhrt, den Dienstherrn

    dadurch unlauter in seiner Willensbildung beeinflusst und dadurch den Eintritt

    in den Vorbereitungsdienst fr sich erst ermglicht habe, hher zu bewerten

    sei, wobei angesichts des Normzwecks des 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtStG das

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    ffentliche Interesse daran, dass die rechtsgestaltenden Wirkungen der aller

    Voraussicht nach rechtmigen Rcknahme der Ernennung sofort eintrten,

    besonderes Gewicht gewinne. Dies gilt in Ansehung des Beschwerdevorbrin-

    gens und vor dem Hintergrund des fortdauernden Loyalittsverstoes der An-

    tragstellerin weiter.

    Die Kostenentscheidung folgt aus 154 Abs. 2 VwGO.

    Die Streitwertfestsetzung beruht auf 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 52

    Abs. 1 GKG.

    Der Beschluss ist unanfechtbar ( 152 Abs. 1 VwGO).

    Schefzik Feldmann Dr. Hecht