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Kapitel 5 – Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft
Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012/ 13 Internationale Makroökonomik 1
5. Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen Volkswirtschaft
5.1 Das Mundell-Fleming-Modell für eine SMOPEC
Fleming, J. Marcus (1962): Domestic Financial Policies under Fixed and under Floating Exchange Rates, IMF Staff Papers 9: 369-379.
Mundell, Robert (1963): Capital Mobility and Stabilization Policy under Fixed an Flexible Exchange Rates, Canadian Journal of Economics and Political Science 29: 475-485.
Harms, Kap. IX, insbesondere S. 367-390
Gärtner/Lutz, Kap. 2 und 3
Erweiterung des ISLM-Modells um offene Volkswirtschaft
Motivation:
Analyse der Wirkungsweise von Geld- und Fiskalpolitik in einer offenen VW.
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Annahmen:
Güterpreisniveau P konstant
Keynes: Unterbeschäftigung bzw. unterausgelasteten Kapazitäten;
Neu-keynesianische Makro: Preisrigiditäten infolge von Menu costs
Veränderungen der nominalen Geldmenge M immer auch eine Veränderung der
realen Geldmenge M/P. Damit hat Geldpolitik reale Effekte.
aggregierte Güternachfrage bestimmt den Output: waagerechte AS-Kurve
kleines Land (ausländische Größen exogen)
statische Wechselkurserwartungen, d.h. der jeweils aktuelle Wechselkurs wird auch für die Zukunft erwartet; Wechselkursänderungserwartungen sind Null:
Komplexere Modellvarianten:
- Zwei-Länder-Modell (siehe Abschnitt 5.2)
- Berücksichtigung von Anpassungsprozessen (siehe Overshooting-Ansatz)
- Berücksichtigung von Stock-Größen
0)( 1 ttt eeE
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Drei Bausteine:
Gütermarkt (IS-Kurve), Geldmarkt (LM-Kurve), Devisenmarkt (FE-Kurve)
IS-Kurve: Gütermarktgleichgewicht
In logarithmierter Form:
(1)
),,()()( **
YYP
ePNXGiIYCY
** )( yppegiyy
IS
y
i
g, e, p*, p, y*
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LM-Kurve: Geldmarktgleichgewicht
In logarithmierter Form:
(2)
),()()(
YiLP
M
iypm
i
LM
y
pm ;
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Prof. Dr. Jochen Michaelis WS 2012/ 13 Internationale Makroökonomik 5
FE-Kurve: Devisenmarktgleichgewicht
Die FE-Kurve beschreibt das außenwirtschaftliche Gleichgewicht, d.h. diejenige
Kombination von Zins und Einkommen, bei der die Zahlungsbilanz ausgeglichen ist
(Devisenbilanz-Saldo gleich Null).
Annahme:
perfekte Kapitalmobilität und perfekte Substituierbarkeit in- und ausländischer
Wertpapiere
Dann erfordert die Gültigkeit der ungedeckten Zinsparität:
0))((),,( 1
***
ttt eeEiiKBYYP
ePNXFE
0FE
ttt eeEii )( 1
*
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Aus Annahme statischer Wechselkurserwartungen folgt:
(3)
*ii
i
y
*i FE
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Simultanes binnen- und außenwirtschaftliches Gleichgewicht
i
LM
y
IS
FE
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Zusammenfassung des Mundell-Fleming-Modells:
(1)
(2)
(3)
feste Wechselkurse:
endogen: i, y, m exogen:
flexible Wechselkurse:
endogen: i, y, e exogen:
** )( yppegiyy
iypm
*ii
eiyppg ,,,,, ***
miyppg ,,,,, ***
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Modelllösung für System fester WK:
(4)
(5)
*** )(1
1yppeigy
***
1
)1(
1
1)(
1ipypegm
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Geldpolitik
AD y
in B Kapitalexporte ( ) Dollarnachfrage ZB verkauft Dollar
altes und neues Gleichgewicht identisch
Geldpolitik bei festen Wechselkursen unwirksam
B
A
i LM0
y
IS
FE
LM1
m i BA*ii m
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Geldmenge muss so angepasst werden, dass der feste Wechselkurs erhalten bleibt. Es bleibt kein Raum für die Beeinflussung von Zins oder Einkommen durch Geldpolitik.
Generell:
Alle monetären Schocks werden bei festen Wechselkursen perfekt absorbiert, d.h. keine Übertragung auf die reale Sphäre der Volkswirtschaft.
Erweiterung: Large Country-Fall
Ausgangspunkt A
y
neu:
neues Gleichgewicht liegt zwischen A und B: Geldpolitik partiell wirksam
m i BA
i *i FE
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Fiskalpolitik
AD Geldnachfrage i A B
Kapitalimporte Dollarangebot ZB kauft Dollar LM0 LM1
neues Gleichgewicht in Punkt C bei höherem Einkommen
Fiskalpolitik bei festen Wechselkursen wirksam
C
B
A
i LM0
y IS0
FE
IS1
LM1
g
m
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Generell:
Schocks in der IS-Kurve werden durch die endogene Geldmenge noch verstärkt, es resultiert ein maximaler Outputeffekt bzw. die Outputvarianz ist maximal (größer als in geschlossener Volkswirtschaft).
Geldpolitik ist gewissermaßen im Schlepptau der Fiskalpolitik
Resultat der wirksamen Fiskalpolitik sollte nicht zu voreiligen Schlussfolgerungen verleiten, da
konstante Preise angenommen (mittelfristig irreal)
nichts über die Finanzierung der zusätzlichen Ausgaben gesagt wurde.
weitere Maßnahmen bzw. Schocks:
Abwertung (e)
Preisniveau im Ausland steigt
Preisniveau im Inland steigt
Einkommen im Ausland steigt
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Modelllösung für System flexibler Wechselkurse
(6)
(7)
*1ipmy
***)1(111
ypgipme
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Geldpolitik
AD y
in B: Kapitalexporte ( ) Dollarnachfrage (Abwertung)
NX
Geldpolitik bei flexiblen Wechselkursen wirksam
C
B
A
i LM0
y IS0
FE
IS1
LM1
m i BA*ii e
10 ISIS CB y
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Die expansive Geldpolitik generiert eine Abwertung, die die Nettoexporte und damit
die Güternachfrage und das gleichgewichtige Einkommen erhöht.
Generell:
Schocks im monetären Bereich (LM-Schocks) schlagen auf die reale Sphäre durch.
Bei monetären Störungen sind flexible Wechselkurse eher ein Schockverstärker und
kein Schockabsorber.
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Fiskalpolitik
AD Geldnachfrage i A B
in B: Kapitalimporte Dollarangebot (Aufwertung)
Fiskalpolitik bei flexiblen Wechselkursen unwirksam
yg
B
A
i LM
y IS0
FE
IS1
NX 01 ISIS AB
e
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Fiskalpolitik führt zu einem Zinsanstieg, der infolge von Kapitalimporten eine
Aufwertung bewirkt. Der damit einhergehende Rückgang der Nettoexporte macht den
ursprünglichen Anstieg von y wieder rückgängig.
Generell:
Schocks auf den Gütermärkten werden bei flexiblen Wechselkursen perfekt
absorbiert.
Beispiel: Kapitalimporte
(Aufwertung)
flexible Wechselkurse schirmen das Inland gegenüber Konjunkturschwankungen
im Ausland ab!
*y NX y L i
e NX y
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Was passiert bei Erhöhung des Auslandszinses ?
flexible WK: Kapitalexport (Abwertung) Punkt B
feste WK: Kapitalexport ZB verkauft Dollar Punkt C
Für Länder mit flexiblen Wechselkursen ist Anstieg von ein positiver Schock, für Länder mit festen Wechselkursen hingegen ist er kontraktiv!
*i
*i
*i
e NX
M
*i
C
B
A
i LM
y
IS
FE0
FE1
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Zusammenfassung:
flexible
Wechselkurse
feste
Wechselkurse
Geldpolitik
LM-Schocks
wirksam
Schockverstärker
unwirksam
Schockabsorber
Fiskalpolitik
IS-Schocks
unwirksam
Schockabsorber
wirksam
Schockverstärker
*i y y
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5.2 Zwei große offene Volkswirtschaften
Die SMOPEC-Annahme ist gut für die Abbildung kleiner Länder wie Schweiz,
Belgien oder auch Deutschland, aber gilt sie auch für Euroland und/oder USA?
Jetzt:
Zwei-Länder-Modell
Neu:
Zinssatz endogen
Güter- und Geldmarkt im In- und Ausland beachten!
*i
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Modell:
Gütermarkt Inland:
(8)
Gütermarkt Ausland:
(9)
Annahme: Strukturparameter in beiden Ländern gleich
Geldmarkt Inland:
(10)
Geldmarkt Ausland:
(11)
Devisenmarktgleichgewicht: (IRP bei perfekter Kapitalmobilität):
(12)
** )( yppegiyy
yppegiyy )( *****
iypm
**** iypm
*ii
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Annahmen:
setze zur Vereinfachung
flexible Wechselkurse
endogen:
exogen:
Modelllösung mit Hilfe der Aoki (1981)-Methode:
1. Betrachtung der Summe (des Aggregats)
2. Betrachtung der Länderdifferenzen
3. Ermittlung der nationalen Größen anhand von 1. und 2.
0* pp
** ,,,, iieyy** ,,, ggmm
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Zum Aggregat:
(13)
(14)
Der Wechselkurs hat keinen Einfluss auf die Welt-Produktion, der WK entscheidet
also nur über die Aufteilung der Produktion auf die Länder!
Zu den Länderdifferenzen:
(15)
(16)
iyymm 2)( **
)()(2)( **** yyggiyyyy
)(2))(1( ** ggiyy
)( ** yymm
)(2)()( **** yyeggyyyy
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Aus (15) und (16) lässt sich sofort der Wechselkurs e ermitteln:
(17)
Der WK steigt (= Abwertung) im Falle einer expansiven inländischen Geldpolitik,
eine expansive Fiskalpolitik führt zu einer Aufwertung (analog zur SMOPEC).
Forme (13) um nach i und setze in (14) ein:
(18)
mit
)()(
1
2
1 ** ggmme
)()()()( **** ggmmyyyy
0)1(
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Forme (15) nach und setze ein in (18):
(19)
Für das Auslandseinkommen folgt:
(20)
Hauptresultate:
Fiskalpolitik auch bei flexiblen WK jetzt wirksam; die Aufwertung der eigenen Währung neutralisiert nicht den Anstieg der Staatskäufe
Geldpolitik ist beggar-thy-neighbour (!), d.h. das inländische Einkommen steigt, aber das ausländische Einkommen sinkt
Anreiz zur Koordination
Anreiz zur Sanktion
*y
)()(2)(2)(2
2 ** ggmmy
)()(2)(2)(2
2 *** ggmmy
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Kritik am Mundell-Fleming-Modell
• Prognosen anhand der genannten Zusammenhänge waren relativ schlecht
Outputausweitung im Fall einer expansiven Geldpolitik bei flexiblen WK oder
infolge einer Abwertung konnte in der Realität nicht festgestellt werden
kein Nachweis für positive Outputwirkung einer expansiven Fiskalpolitik und
die damit theoretisch verbundene Aufwertung (eher im Gegenteil: steigende
Budgetdefizite gingen meist mit Abwertungen einher).
• Preise und Löhne sind in der Realität nicht konstant
• Erwartungen insbesondere über Wechselkurse in der Realität nicht statisch
• Nicht-Berücksichtigung von Stocks und Flows
• keine Mikrofundierung der Verhaltensgleichungen
• keine Wohlfahrtsanalyse möglich