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SWR2 Musikstunde, Mittwoch, 18. Mai 2011, 09.05 – 10.00 54´30 „Quid possit musica“. Von den Wirkungen der Musik Teil 3: Musik als Klangrede. Die Rhetorik der Affekte.“ Aus Baden-Baden: Signet Macht der Musik/Musikstunde: „... Musikstunde...“ SvD: Ansage „... mit Wolfgang Scherer: Quid possit musica. Von den Wirkungen der Musik. Teil 3: Musik als Klangrede. Die Rhetorik der Affekte.“ Aus Freiburg: MusikstundenMusik: steht in Digas FR Kultur: „Scherer: Capriccio für Gitarre“ Emilia Giuliani, Capriccio
Musik 0´20 stehen lassen, dann darüber:
Die Vorstellungen von der Macht der Musik, meine Damen und Herren, wie wir sie in
den beiden vorausgegangenen “Musikstunden“ kennen gelernt haben, gehören zum
Grundbestand der europäischen Kulturgeschichte. Die antiken Mythen von Orpheus,
von den Sirenen und von Pythagoras bleiben bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts
ebenso beweiskräftig wie die biblische Erzählung von David, den die mittelalterliche
Musica Disciplina als Spielmann Gottes begreift, dessen Saitenspiel den von
Dämonen besessenen Saul – das Urbild des Melancholikers - besänftigt. Bis gegen
1700 beteuern die musiktheoretischen Traktate in schöner Übereinstimmung, es sei
zum Beispiel „keine Fabel, sondern eine wahrhaftige Geschichte, dass Orpheus die
wilden Tiere mit dem Gesang bezaubert habe.“ Die sei ein Zeugnis für jene „Krafft,
welche die Musik auch über die allerwildesten Tiere hat.“ Dem nicht genug, begegnet
man sogar der Versicherung, „Elephanten ließen sich durch Gesang und Pauken
versöhnen und zahm machen.“ Hinzu kommen im Verlauf des 17. Jahrhunderts
mannigfache Zeugnisse über die nun medizinisch begründete Heilkraft der Musik, die
sich auf den physischen Zustand des menschlichen Körpers richtet. Und es
erscheinen die ersten medizinischen Dissertationen, die sich mit der Wirkung von
Musik beschäftigen. Auf diese Weise wird die seit dem Mittelalter theologisch
angelegte Vorstellung von der Wirkungsmacht der Musik nach und nach von einem
naturphilosophischen Denken her untermauert, in dessen Experimenten sich bereits
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die Anfänge der modernen Naturwissenschaften abzeichnen. Die Antike erkannte in
der Macht der Musik das Wirken des kosmischen Logos, das Mittelalter das Wirken
des allmächtigen Gottes, das Zeitalter des Barock entdeckt in den Wirkungen der
Musik das Walten einer Natur, die den Gesetzen der göttlichen Schöpfung gehorcht.
Eine Anschauung, die dem Wirkungswillen der Musiker-Komponisten des Barock
entgegenkommt. Ihre Ästhetik ist darauf angelegt, die wunderbaren Kräfte der Musik
zu ergründen, zu entfesseln, und ihr die volle Gewalt über den Menschen und seine
Affekte zurückzugewinnen. Mit 16 Vokal- und 35 Instrumentalstimmen, 2 Orgeln und
reichbesetztem Basso continuo spiegelt die musikalische Architektur der „Salzburger
Messe“ von Heinrich Ignaz Franz von Biber, die des dortigen Doms und zugleich -:
den göttlichen Bauplan der Welt.
(Ca.: 2´59)
Musik 1 / take 1 Achtung kürzen, nur von 0´00 – 3´13 dann ausblenden ! 3´13 Heinrich Ignaz Franz von Biber Anfang des „Kyrie“ aus: Missa Salisburgensis La Stagione Armonica, Ltg.: Sergio Balestracci NCA 60192, LC 122281
La Stagione Armonica unter Leitung von Sergio Balestracci war das mit einem
Ausschnitt aus dem “Kyrie“ der Missa Salisburgensis von Heinrich Ignaz Franz von
Biber, dem späteren Kapellmeister des Salzburger Erzbischofs.
In seinem utopischen Reisebericht Nova Atlantis beschreibt Francis Bacon 1638
auch die „akustischen Werkstätten“ der fiktiven Insel. Dort würden die Gesetze des
Schalls untersucht, wunderbare Reflektoren erprobt, Echos übertragen und
Hilfsmittel für das Gehör ersonnen. Was Bacon hier an akustischen Wunderdingen
auflistet, ist längst keine ferne Zukunftsmusik mehr. Derlei naturphilosophische
Forschungen werden die Royal Society London ab 1660 und ihre französische
Rivalin, die Académie des Sciences in Paris ab 1666 in ganz ähnlichen Werkstätten
tatsächlich durchführen. In beispielloser enzyklopädischer Weise zusammengefasst
hat das damalige Wissen um Akustik und Musik der Jesuit Athanasius Kircher, einer
der schillerndsten Universalgelehrten seiner Zeit. In seiner 1650 erschienenen
Musurgia Universalis beschreibt er die magische „Wunder-Würckung der Musik“ als
eine Kraft, die in der Natur verborgen und dort wirksam ist. Dabei stellt er das
Schöpfungswerk der Natur, die Architektur des Kosmos als eine gewaltige Welten-
Orgel vor. Auf dieser Weltmaschine des Kosmos spielt Gott als größter „deus artifex“.
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(Ca.: 1´45)
Musik 2 / take 14 ! Achtung ! Nach 2´42 am End von take 14 rasch ausblenden! 2´42 Johann Sebastian Bach “Toccata” d-moll BWV 565 Günter Metz
Günter Metz spielte die „Toccata d-moll“ BWV 565. Zurück zu Athanasius Kirchers
Welten-Orgel, meine Damen und Herren: So wie Gott als allmächtiger Organist die
Tasten der Welten-Orgel drückt und damit die harmonischen Gesetze der Natur in
einem Spiel aus Konsonanz und Dissonanz bewegt, so soll der gute Komponist die
Klaviatur der menschlichen Affekte und Leidenschaften bedienen. „Krafft“ und
„Würkung“ sind Kernbegriffe der barocken Natur- und Musiklehre - ganz ähnlich wie
heute Ursache und Wirkung. Die Kraft der Musik löst eine spezifische Bewegung
aus, mit der Wirkung, dass Leib und Seele des Hörers erfasst werden. So bewegt –
wie es bei Athanasius Kircher weiter heißt – der harmonische nummerus, also das
seit der Antike in Zahlenverhältnissen gedachte Intervall, die menschlichen Affekte.
Leicht abweichend von René Descartes, dessen systematischer Versuch über die
Affekte: Les passions de l´ame, „Von den Leidenschaften der Seele“, ein Jahr vor
Kirchers Musurgia Universalis erschienen war, listet der gelehrte Jesuit acht Affekte
auf: Liebe, Leid, Freude, Zorn, Mitleid, Furcht, Frechheit und Verwunderung. Mit dem
Repertoire dieser Affekte, das gelegentlich variiert, manchmal erweitert, manchmal
verringert wird, mit der Erregung dieser Leidenschaften und ihrer Darstellung, spielt
die europäische Musik als musica pathetica bis gegen die Mitte des 18.
Jahrhunderts. Ihre Rhetorik ist emotionaler Appells an ihre Hörer.
(Ca.: 1´53)
Musik 3 / take 1 2´20 Johann Heinrich Schmelzer „Preludio“ aus: Sonata a-moll Hélène Schmitt, Violine Alpha 109
Hélène Schmitt war das mit dem “Preludio” aus der Sonata a-moll von Johann
Heinrich Schmelzer, in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts einer der
bedeutendsten Geiger am Habsburger Hof. Für die Musik dieser Zeit war die
Entwicklung der Oper – seit Monteverdis L´Orfeo - einer der wichtigsten Impulse.
Daher nimmt es nicht Wunder, dass die wirkungsästhetischen Fragen zu Musik und
Affekt zumeist im Zusammenhang mit der Vokalmusik debattiert wurden. Hier folgte
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die musikalische Erfindung mit mancherlei Figuren, Manieren und Verzierungen dem
affektbedingten Duktus und Rhythmus der Sprache. Auf diese Weise entstand ganz
allmählich ein regelrechter Katalog melodischer, rhythmischer und harmonischer
Vokabeln, die zuerst in Verbindung mit Texten, dann ohne Text bestimmten Affekten
zugeordnet werden konnten. Berühmt geworden ist die sogenannte Frost-Szene aus
Henry Purcells Semi-Opera „King Arthur“ mit der Arie des „Cold Genius“, die zu den
am meisten bewunderten Kompositionen der Barock-Oper gehört. Hier kommt er,
jener zähneklappernde „Geist der bitteren Kälte“, dem kein noch so frivoler Cupido
das eiskalte Herz erwärmen kann:
(Ca.: 1´20)
Musik 4 / take 20 2´32 Henry Prucell Arie des Cold genius aus King Arthur Peter Harvey, Bass Le Concert spirituel, Ltg.: Hervé Niquwr Glossa , GCD 921608, LC 00690
Peter Harvey und Le Concert spirituel waren das mit der berühmten Arie des
zähneklappernden “Cold Genius” aus Henry Purcells „King Arthur“. Eine
musikalische Darstellung von Kälte, Frost und Frieren, die vielfach nachgeahmt
wurde und Eingang gefunden hat in den barocken Katalog der Affektdarstellung.
Wenn Vivaldi im „Vier Jahreszeiten-Zyklus“ den Eindruck von Winter und Kälte
hervorrufen will, greift er genau auf diese Figur zurück. Seine Darstellung in einem
Violin-Concerto kann nun aber auf die Worte verzichten, denn längst hatten die Hörer
gelernt, diese musikalische Figur zu verstehen.
(Ca.: 0´30)
Musik 5 / take 10 3´26 Antonio Vivaldi “Allegro” aus Concerto Nr. 4 (RV 297) f-moll „Der Winter“ Freiburger Barockorchester, Gottfried von der Goltz, Violine und Leitung Deutsche Harmonia Mundi, BMG, DHM 05472 77384 2, LC 0761
Der erste Satz aus dem Concerto Nr. 4 „Der Winter“ aus op. 8 von Antonio Vivaldi,
mit Gottfried von der Goltz und dem Freiburger Barockorchester. So lernten die Hörer
allmählich, einen immer komplexeren Katalog von Affekten, ein immer
ausdifferenzierteres Repertoire musikalischer Figuren zu identifizieren. Und die
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Komponisten konnten fortan bei ihrer Darstellung von Naturereignissen oder
Seelenzuständen ganz auf Wort und Text verzichten. Auf diese Weise wurde reine
Instrumentalmusik zu jener Klang-Rede, wie sie der Hamburger Musikdirektor,
Komponist und Universalgelehrte Johann Mattheson in seinem Kompendium „Der
vollkommene Capellmeister“ auf den Begriff bringt: „Weil nun die Instrumentalmusik
nichts anders ist als eine Ton-Sprache oder Klang-Rede“, schreibt er, „so muss sie
ihre eigentliche Absicht allemal auf eine gewisse Gemütsbewegung richten, welche
zu erregen wohl in Acht genommen werden muss. Der Komponist muss wahrhaftig
alle Neigungen des Herzens durch bloße ausgesuchte Klänge und deren geschickte
Zusammenfügung ohne Worte dergestalt auszudrücken wissen, dass der Zuhörer
daraus, als ob es eine wirkliche Rede wäre, den Trieb, den Sinn, die Meinung und
den Nachdruck völlig begreifen und deutlich verstehen möge.“ Hier ist die Sonata
„Sieg der Christen über die Türken“ in a-moll von Heinrich Ignaz Franz von Biber mit
den Abschnitten: „Der Türken Abmarsch“, „Der Türcken Belägerung der Stadt Wien“,
„Der Türken Stürmen, „Anmarsch der Christen“, „Treffen der Christen“, „Durchgang
der Christen“ und „Victori der Christen“. Eigentlich schildert diese Sonata in Bibers
Rosenkranz-Zyklus die Kreuzigung Christi, meine Damen und Herren. Aber Andreas
Anton Schmelzer, Sohn übrigens des Habsburger Hofkapellmeisters Johann
Schmelzer, hat sie bearbeitet und auf die aktuellen Ereignisse des Jahres 1683
bezogen. Offenbar war ihr Bearbeiter der Ansicht, Programme und Affekte
austauschen zu können.
(Ca.: 2´25)
Musik 6 / take 1 9´39 Heinrich Ignaz Franz von Biber Sonata „Victori der Christen“ a-moll John Holloway, Violine; Aloysia Assenbaum, Orgel; ECM New Series 1837; 472 4322, LC 02516
John Holloway, Violine, und Aloysia Assenbaum, Orgel, spielten die Sonata „Victori
der Christen“ a-moll von Heinrich Ignaz Franz von Biber. Erstes Anliegen der
barocken Instrumentalmusik, meine Damen und Herren, ist die dramatische
Darstellung von Natur- oder Seelenzuständen; die Rhetorik ihrer Figuren zielt auf die
Erregung entsprechender Affekte beim Zuhörer. Wie dies am Besten zu erreichen ist,
erklärt Johann Joachim Quantz, der Flötenlehrer Friedrichs des Großen in seinem
Versuch einer Anweisung, die Flute Traversière zu spielen: „Die Erregung
abwechselnder Leidenschaften ist auch die Ursache, warum Dissonanzen überhaupt
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stärker als die Konsonanzen angeschlagen werden müssen. Die Konsonanzen
setzen das Gemüt in eine vollkommene Ruhe und Zufriedenheit; die Dissonanzen
hingegen erwecken im Gemüt einen Verdruss. Wie nun ein niemals unterbrochenes
Vergnügen unsere Empfindungskräfte dermaßen schwächen und erschöpfen würde,
dass das Vergnügen endlich aufhören würde, ein Vergnügen zu sein, also würden
auch lauter Konsonanzen dem Gehör endlich einen Ekel und Verdruss verursachen,
wenn sie nicht dann und wann mit Übelklängen, dergleichen die Dissonanzen sind,
vermischet würden. Je verdrüsslicher aber die Sache ist, welche unser Vergnügen
störet, je angenehmer kommt uns das darauf folgende Vergnügen vor.“ Dazu ein
Beispiel aus den Pariser Quartetten von Georg Philipp Telemann:
(Ca.:1´43)
Musik 7 / takes 2 und 3 3´10 Georg Philipp Telemann „Largo“ und „Presto“ aus Concerto Primo G-dur aus Pariser Quartette Freiburger BarockConsort Harmonia mundi , HMC 901787, LC 7045
“Largo” und “Presto” aus dem „Concerto Primo G-dur“ der Pariser Quartette von
Georg Philipp Telemann mit dem Freiburger BarockConsort. Als der Critische
Musicus an der Spree, Friedrich Wilhelm Marpurg 1762 noch einmal den Katalog der
Leidenschaften und das musikalische Vokabular ihrer Darstellungsmittel
systematisch auflistet, war die streng kanonisierte Affektenlehre längst Allgemeingut
einer inzwischen versinkenden Epoche. Nichts anderes belegt Marpurgs
Feststellung, dass „alle Tonsetzer heute in der Art des musikalischen Ausdrucks
übereinstimmen.“ Dass Musik als allgemein verständliche Klang-Rede reüssieren,
dass ihre Rhetorik Standard werden konnte, hat auch gute technische Gründe. Die
Rede ist vom wohltemperierten Klavier. Tasteninstrumente, die pro Oktave nur 12
verschiedene Töne haben, lassen sich bekanntlich nicht so stimmen, dass sie in
allen Tonarten mit reinen Intervallen gespielt werden können. Anders gesagt: Weil 12
übereinander getürmte reine Quinten größer sind als 7 Oktaven – diese Differenz
heißt übrigens pythagoreisches Komma -, war es bei rein gestimmten Clavieren gar
nicht möglich, durch alle Tonarten zu modulieren, ohne die Ohren zu beleidigen. Der
Klang-Rede waren also strenge Grenzen auferlegt. Erst die Schließung des
Quintenzirkels, die gleichmäßige Verteilung dieses „Rests“ auf alle 12 Halbtöne - also
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mathematisch gesprochen: der Siegeszug der 12ten Wurzel aus Zwei -, erlaubt das
Tastenspiel durch alle Tonarten, den musikalischen Gang durch alle Affektregionen.
Mit den von Andreas Werckmeister ab 1681 zur Diskussion gestellten verschiedenen
wohltemperierten Stimmungen wird der Tasten-Schwindel, Gis und As seien so
identisch wie Dis und Es zum state-of-the-art von Theorie und Praxis der Musik.
Fortan beruht alle Musik und alle Musikwirkung – strenggenommen, wohlgemerkt!–
auf Ohrentäuschung. Und alle barocke Affektenlehre, die ja mit dem harmonischen
nummerus, also mit pythagoreisch reinen Intervallen, anstatt mit irrationalen Zahlen
rechnet, gerät fortan zur Spekulation.
(Ca.: 2´34)
Musik 8 / CD 1 take 11!Achung gleich nach Ende take 11 blenden! 1´34 Johann Sebastian Bach Präludium VI d-moll BWV 875 aus Das Wohltemperierte Klavier, Buch II Masaaki Suzuki, Cembalo BIS CD 1513/14, LC 03240
Masa-aki Suzuki spielte „Präludium VI d-moll“ BWV 875 aus dem 2. Buch des
Wohltemperierten Klaviers von Johann Sebastian Bach. Aber das Zeitalter des
Barock kennt nicht nur die wohltemperierte Klang-Rede, die kanonisierte Musik-
Etikette einer streng reglementierten Figuren- und Formensprache. Ganz wie im
Mittelalter sind es immer noch die „Teufels-Musikanten, welche diese edle und
göttliche Musik missbrauchen zum Zunder den Wollust und fleischlicher Begierden“,
heißt es in Friedrich Erhardt Niedts Musicalischer Handleitung von 1700, und er fährt
fort: „Denn der Satan hat seine Lust solch schändliche Ding zu hören, ihm ist eine
solche Musik gut genug, aber in den Ohren Gottes ist es ein schändliches Geplär.“
Inzwischen waren es auch Klänge und Rhythmen aus der Neuen Welt, die als
„teuflisches Geplerr und Geleyer“ – wie es bei Johann Sebastian Bach heißt - über
Spanien und Italien in die südeuropäische Volksmusik vorgedrungen waren: hier
hatten sie wilde, zügellose und oft laszive exotische Tänze hervorgebracht: –
Sarabanda, Ciaconna, Passacaglia, Folia oder Fandango -, die sich allmählich einen
festen Platz in der südeuropäischen Folklore eroberten. Verbote, Strafen und harten
Maßregelungen waren nutzlos. Dieser Tanzmusik, die an die Veitstänze des
Mittelalters, an die große Tanzwut des 14. Jahrhunderts erinnerte, war nicht Herr zu
werden.
(Ca.: 1´19)
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Musik 9 / take 10 2´10 Santiago de Murcia La Jota Los Otros Deutsche harmonia mundi, DHM 05472 77861 2LC 00761
Los Otros waren das mit „La Jota“ von Santiago de Murcia. Aber so gut wie alle der
zuerst geschmähten exotischen Tänze finden im Verlauf des 17. Jahrhunderts
Eingang in den Formenkanon der europäischen Kunstmusik. Die eignet sich alles
Fremde, Exotische an; darin liegt ihre Stärke. Das gilt für die Chaconne ebenso wie
für Passacaglia, Folia oder Sarabande. Sie avancieren zu hochstilisierten kunstvollen
Sätzen, die in die Gattung der Suite eingebunden werden. Damit geht ihre
ursprüngliche, archaische Wirkungskraft verloren. In der Abfolge der zur Suite
gefassten höfischen Tanzsätze repräsentieren sie jetzt nur noch den Affekt, den sie
einst erregten. Hören Sie zum Schluss Andreas Staier mit Fandago-Variationen von
Félix Máximó López. Nicht für Gitarre, sondern für -: Cembalo.
(Ca.: 0´55)
Musik 10 / Digas 3´47 M0-011394 008 Félix Máximo López Variaciones del Fandango für Cembalo Andreas Staier, Cembalo