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Hubertus Brantzen, »Füllt die Krüge« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017 8. »Sturm auf dem See« – Von Stürmen des Lebens Bibelstelle: Mk 4,35–26 Symbole: Boot, Sturm, Meer, Kreuz Gottesdienste: Wort-Gottes-Feier in der Gemeinde; Anregungen zu Grup- pengottesdiensten. Gedankenlinie zu dem Bibeltext und Impulse für eine Ansprache In diesem Gottesdienst, der die Stillung des Sturms auf dem See Genezaret betrach- tet, soll in vier großen Schritten die Wirkungsgeschichte des Textes im Mittelpunkt stehen. 1. Da ist zunächst die Situation der Jünger auf dem Schiff und deren Angst um ihr Leben sowie die Rettung durch Jesus. 2. In einem zweiten Schritt wird betrachtet, welche Wirkung die Erzählung auf die Christengemeinden zu der Zeit hatte, als diese um das Jahr 70 n. Chr. in das Evangelium nach Markus aufgenommen wurde. 3. In einem weiteren Schritt wird die Situation der Christen in heutigen Verfol- gungssituationen angesprochen. 4. Schließlich geht es um unseren eigenen Umgang mit dem Glauben an Jesus Christus. Der Sturm auf dem See ΐ Die Beruhigung des Sturms steht am Beginn einer Reihe von Wundererzählun- gen, in denen es um die Einsicht geht: Jesus Christus ist der Herr über Menschen und Natur, über Leben und Tod. Er ist der Retter.

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Hubertus Brantzen, »Füllt die Krüge« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

8. »Sturm auf dem See« – Von Stürmen des Lebens

– Bibelstelle: Mk 4,35–26– Symbole: Boot, Sturm, Meer, Kreuz– Gottesdienste: Wort-Gottes-Feier in der Gemeinde; Anregungen zu Grup-

pengottesdiensten.

Gedankenlinie zu dem Bibeltext und Impulse für eine Ansprache

In diesem Gottesdienst, der die Stillung des Sturms auf dem See Genezaret betrach-tet, soll in vier großen Schritten die Wirkungsgeschichte des Textes im Mittelpunkt stehen. 1. Da ist zunächst die Situation der Jünger auf dem Schiff und deren Angst um ihr

Leben sowie die Rettung durch Jesus.2. In einem zweiten Schritt wird betrachtet, welche Wirkung die Erzählung auf

die Christengemeinden zu der Zeit hatte, als diese um das Jahr 70 n. Chr. in das Evangelium nach Markus aufgenommen wurde.

3. In einem weiteren Schritt wird die Situation der Christen in heutigen Verfol-gungssituationen angesprochen.

4. Schließlich geht es um unseren eigenen Umgang mit dem Glauben an Jesus Christus.

Der Sturm auf dem See

ΐ Die Beruhigung des Sturms steht am Beginn einer Reihe von Wundererzählun-gen, in denen es um die Einsicht geht: Jesus Christus ist der Herr über Menschen und Natur, über Leben und Tod. Er ist der Retter.

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ΐ Die Jünger befinden sich in einer lebensbedrohlichen Situation. Einer der ge-fährlichen Fallwinde am See Genezaret schüttelt das Boot. Jesus schläft in al-ler Seelenruhe. Die Jünger wecken Jesus und werfen ihm vor, er kümmere sich nicht um sie.

ΐ Jesus spricht den Sturm wie eine Person an: »Schweig, sei still!« Wie sonst den Dämonen, so erteilt er jetzt dem Sturm ein Schweigegebot. Und der gehorcht aufs Wort.

ΐ Eine große, fast unheimliche Stille tritt ein. Jesus zeigt sich mit einer Machtfülle ausgestattet, die sonst nur Jahwe zugesprochen wird.

ΐ Jesus gibt nach der Beruhigung des Sturmes jenen Vorwurf an die Jünger zu-rück und hält ihnen seinerseits vor, dass sie trotz seiner Anwesenheit furchtsam sind und keinen Glauben und kein Vertrauen aufbringen können. Eigentlich müssten sie doch wissen, dass seine Nähe und Gegenwart sie schützt. Doch ihr Glaube ist noch so klein. Er hält nicht stand, wenn elementare Ängste sie befal-len. Jesus wirft den Jüngern sogar vor, sie hätten gar keinen Glauben.

Die verfolgten Christen in Rom

ΐ Markus schrieb sein Evangelium wohl besonders für die Christengemeinden in Rom. Zur Zeit der Abfassung des Evangeliums gab es in Rom wie in Teilen des Römischen Reiches Christenverfolgungen. Einen ersten Höhepunkt erreichten die Verfolgungen nach dem Stadtbrand in Rom im Jahr 64 n. Chr.

ΐ In dieser Situation erlebten die Christen, wie das Boot ihrer Gemeinde vom Sturm in der Gesellschaft hin- und hergerissen wurde. Sie hatten Angst wie die Jünger im Schiff.

ΐ Die Erzählung von der Stillung des Sees wird die Christen in ihrer Situation aufgerüttelt, aber auch getröstet und gestärkt haben.

Die verfolgten Christen heute

ΐ Sehr oft kam es im Laufe der Geschichte zu Verfolgungen der Christen. Im vergangenen Jahrhundert wurden Christen während der Zeit des Nationalsozi-alismus, dann auch in den Staaten unter kommunistischer Herrschaft verfolgt.

ΐ Heute sind die Christen in vielen Ländern massiv unter Druck gesetzt. Von den

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Angriffen auf Christen und ihre Kirchen durch islamistische Terrorbanden hö-ren wir oft in den Nachrichten.

ΐ Besonders für diese verfolgten Christen wird die Botschaft des Evangeliums Trost und Stärkung bedeuten.

Unser Vertrauen in Jesus

ΐ Für uns heute ist es nicht lebensgefährlich, an Christus zu glauben. In unserem Land setzen Christen nicht ihr Leben aufs Spiel, doch leicht ihren Ruf. Sie müs-sen damit rechnen, belächelt, nicht ernst genommen, auch lächerlich gemacht zu werden.

ΐ In einer Zeit, in der wissenschaftliche Erkenntnis überprüfbare Tatsachen unter-sucht, ist der Glaube an einen unsichtbaren Gott wenig gefragt.

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Bilder – Lieder – Texte

Bilder

Eugène Delacroix, Jesus schläft während des Sturms

Fest Erscheinung des Herrn und der Taufe Jesu in Eritrea

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Lieder

»Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« (JuGoLo 23)»Macht weit die Pforten in der Welt« (GL 360, 4. Strophe)»Herr, du bist mein Leben« (GL 456)»Erhör, o Gott, mein Flehen« (GL 439, besonders 2. Strophe)»Von guten Mächten treu und still umgeben« (GL 430)»Bewahre uns Gott« (GL 453)

Texte

Zum Thema Christenverfolgung

Brief des Plinius über die Christen an Kaiser Trajan (Briefe X, 96 f.):Einstweilen bin ich mit denen, die bei mir als Christen angezeigt wurden, folgen-dermaßen verfahren: Ich habe sie gefragt, ob sie Christen seien. Die Geständigen habe ich unter Androhung der Todesstrafe ein zweites und drittes Mal gefragt. Die dabei blieben, ließ ich abführen. Denn ich war der Überzeugung, was auch immer es sei, was sie damit eingestanden, dass auf alle Fälle ihr Eigensinn und ihre unbeug-same Halsstarrigkeit bestraft werden müsse. Es gab auch noch andere mit ähnlichem Wahn, die ich, weil sie römische Bürger waren, zur Überstellung nach Rom vorge-merkt habe. Während der Verhandlung breitete sich gewöhnlich die Anschuldigung weiter aus und es ergaben sich mehrere verschieden gelagerte Fälle.Antwort des Kaisers Trajan an Plinius:Du hast, bei der Untersuchung der Fälle derer, die bei dir als Christen angezeigt wur-den, die Verfahrensweise befolgt, die notwendig war. Denn etwas allgemein Gültiges, das gleichsam einen festen Rahmen bietet, kann nicht festgelegt werden. Nach ihnen fahnden soll man nicht. Wenn sie angezeigt und überführt werden, müssen sie be-straft werden, jedoch so, dass, wer leugnet, Christ zu sein, und dies durch eine ent-sprechende Handlung beweist, nämlich durch die Anrufung unserer Götter, wegen seiner Reue Verzeihung erhält, selbst wenn er für die Vergangenheit verdächtig bleibt. Anonym vorgelegte Klageschriften dürfen bei keiner Straftat Platz haben, denn das wäre ein schlechtes Beispiel und passt nicht zu unserer Zeit.

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8.1 Wort-Gottes-Feier mit der Gemeinde

Vorbereitung – Wenn möglich ein kleines Boot in der Kirche / im Gottesdienstraum aufstellen. – Bilder bereitstellen: Sturmstillung, Gottesdienst in Eritrea. – Sturmgeräusche (aus YouTube). – Ein großes Kreuz bereitstellen. – Kopien des Liedes »Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« austeilen. – Leser/innen für Rollen vereinbaren: Jesus (J), drei Jünger (Jü), Aaron (A); für die

Fürbitten (F 1) und (F 2). – Für die Sprecher von Jesus und den Jüngern können lange Gewänder bereitgestellt

werden.

Lied»Ich lobe meinen Gott« (GL 383)

Eröffnung und HinführungL: Im Namen Gottes, der die Menschen immer wieder aus Not und Bedrängnis

retten will, sind wir hier versammelt – im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.Liebe Schwestern und Brüder, jede und jeder von uns kennt stürmische Zeiten, kennt Not und Sorgen, ist manchmal aufgewühlt und ängstlich. Es gibt in un-serem Leben immer wieder Situationen, denen wir uns nicht gewachsen fühlen, in denen wir vielleicht sogar in Panik geraten.Und schauen wir auf die Christen in unserer heutigen Welt: Viele Christen sind wegen ihres Glaubens bedrängt, werden verfolgt und ermordet.Wenn eine Not über uns hereinbricht, dann fühlen wir uns wie auf einem schwankenden Boot, das von der stürmischen See hin- und hergerissen wird. Um diese Erfahrung geht es in unserem Gottesdienst heute.

KyrieL: Doch als Christinnen und Christen dürfen wir glauben, dass Jesus mitten im

Boot unseres Lebens und im Boot unserer Gemeinde gegenwärtig ist. So wollen wir zu Beginn unseres Gottesdienstes Jesus Christus in unserer Mitte begrüßen:

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V: Jesus Christus, unser Bruder und Freund und Herr, du hast uns versprochen, alle Tage unseres Lebens bis ans Ende der Welt bei uns zu sein:

A: Kyrie, eleison.V: Jesus Christus, unser Bruder und Freund und Herr, manchmal bricht ein mäch-

tiger Sturm über unser Leben herein:A: Christe, eleison.V: Jesus Christus, unser Bruder und Freund und Herr, sei immer bei uns im Schiff

unseres Lebens und im Schiff unserer Gemeinde.A: Kyrie, eleison.

GebetL: Großer Gott, der du unser Leben begleitest,

sieh auf unser Leben, auf das Leben der Christenund auf das Leben aller Menschen.Zeige dich besonders in all den Momenten unseres Lebens, in denen wir in Not geraten und Hilfe benötigen.Lass uns in Freude und mehr noch im Leiddeine tröstende Gegenwart und Nähe erfahren.Das bitten wir durch Jesus Christus,unseren Bruder und Freund und Herrn. Amen.

Bildbetrachtung

Das Bild vorstellen.

L: Wir haben ein Bild von Eugène Delacroix ausgesucht. Ferdinand Victor Eugène Delacroix war einer der bedeutendsten französischen Maler, der von 1798 bis 1863 lebte. Er gilt als Wegbereiter des Impressionismus. Er empfand sich in der Nachfolge Michelangelos, der z. B. die Sixtinische Kapelle in Rom ausmalte.Wir sehen die intensiven Farben und können den aufgewühlten See und die Emotionen der Jünger im Boot entdecken, während Jesus in aller Seelenruhe schläft.Wir hören nun den Text aus der Bibel, der die Szene beschreibt.

Evangelium I»Plötzlich erhob sich ein heftiger Sturm.« (Text I: Mk 4,35–41)

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Drei Rollen: Erzähler (E), Jesus (J), drei Jünger (Jü)Sturmgeräusche anstellen, eine Zeit wirken lassen, dann leiser und den Text vorlesen.

E: Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu ihnen: J: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. E: Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß,

weg; und andere Boote begleiteten ihn. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbel-sturm, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen:

Jü: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? E: Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: J: Schweig, sei still! E: Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: J: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? E: Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: J: Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?

AuslegungS 1: Das kann man den Jüngern gut nachfühlen: Sie haben Todesangst, ihr Schiff

könnte kentern und sie alle könnten ertrinken. Solche Stürme können auf dem gar nicht so großen See Genezaret auftreten. Starke Winde fallen von den um-liegenden Bergen herab und wühlen das Wasser auf.

S 2: Und Jesus liegt in aller Seelenruhe im Boot und schläft. Das bringt die Jünger auf. Sie wecken Jesus und machen ihm Vorwürfe.

S 1: Jesus reagiert sofort und spricht den Wind an wie einen Menschen. Er gibt ihm den Befehl: »Schweig, sei still!« Und der Wind gehorcht ihm tatsächlich.

S 2: Jesus erweist sich einmal mehr als der souveräne Herr über Menschen und Natur. Jesus, der Kranke, Aussätzige und Gelähmte heilt, er kann auch mit der Natur umgehen. Er hat die Jünger angesprochen und sie gerufen, ihm nachzufolgen. Nun ruft er den Wind und befiehlt ihm zu schweigen.

S 1: Doch das, worauf es in der Erzählung am meisten ankommt, sind die folgen-den Sätze an die Jünger: »Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?«

S 2: Das bedeutet doch: Wer richtig und intensiv an Jesus glaubt, der braucht keine Angst zu haben, auch nicht vor einem Sturm. Aber die Jünger bibbern und zit-

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tern vor Angst. So stellt Jesus fest, dass sie noch keinen Glauben haben, obwohl sie schon so lange bei ihm sind.

S 1: Haben die Jünger eigentlich diesen Vorwurf Jesu gehört? Davon steht nichts im Text. Sie sind einfach vom dem, was sie erlebt haben, überwältigt. Sie sind über-wältigt von diesem Menschen Jesus. Sie fragen sich wieder einmal, wer er wohl sei.

S 2: Die Bibel weiß es und wir wissen es: Jesus ist der Sohn und Gesandte Gottes.

Lied»Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« (JuGoLo 23 / EG 589, alle Strophen)

L: Das Schiff der Gemeinde Jesu fährt, wie wir gesungen haben, durch das Meer der Zeit. Wir sind nun eingeladen, uns in unserer Vorstellung nach Rom zu begeben. Etwa um das Jahr 70 n. Chr. leben dort Christen in kleinen Hauskir-chen und Gemeinschaften. Und sie fühlen sich wie die Jünger damals wie auf einer stürmischen See. Die Christen werden nämlich wegen ihres Glaubens im Römischen Reich verfolgt. Auf einem Ölgemälde von Jean-Léon Gérôme (1863–1883) ist dargestellt, wie eine Gruppe von Christen den Löwen vorgeworfen wird. Sie sprechen ein letz-tes Gebet, bevor sie sterben. Was ist der geschichtliche Hintergrund? Die Christen weigerten sich, die staat-lich vorgeschriebenen Abgaben und Dienste zu leisten, insbesondere was den Kaiserkult betraf. Sie wollten nicht an die römischen Götter glauben und den Kaiser nicht als Gott verehren. Für sie gab es nur den einen Gott und dessen Sohn Jesus Christus. Bis 313 n. Chr. dauerten diese Verfolgungen, wenn sie auch nicht immer und überall stattfanden.Etwa um das Jahr 70 schrieb Markus die Erzählung von der Stillung des Sturms auf. Was mögen die Christen in ihrer großen Not damals gedacht haben? Sie haben aus der Geschichte gelernt: Jesus ist mit uns im Boot, gleichgültig, was mit uns geschieht.

Wir hören nun aus einer Schrift, die nicht in die Bibel aufgenommen wurde. Es ist ein Brief an die Gemeinden in Rom, geschrieben von Ignatius, der Bischof in der Stadt Antiochien war. Er wurde unter Kaiser Trajan verurteilt und in Rom im Jahr 113 den Löwen vorgeworfen. Er schrieb den Brief als Gefangener wäh-rend der Reise nach Rom.

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Lesung IIE: Ich schreibe an alle Kirchen und schärfe allen ein, dass ich freiwillig für Gott

sterbe, wenn anders ihr es nicht verhindert. So flehe ich euch an, dass euer Wohlwollen mir keine Schwierigkeiten bereite. Lasst mich eine Speise der wilden Tiere werden; durch sie ist es mir möglich, zu Gott zu kommen …(Während der Reise nach Rom,) von Syrien bis nach Rom kämpfe ich mit Bes-tien, zu Wasser und zu Land, bei Tag und Nacht, gefesselt an zehn Leoparden, das heißt an eine Abteilung Soldaten, die auf empfangene Wohltaten hin nur noch bösartiger werden. Unter ihren Misshandlungen werde ich umso besser geschult, aber deshalb bin ich nicht gerechtfertigt … Mir können nichts nützen die Weiten der Erde, nichts die Königreiche dieser Welt. Für mich ist es besser, durch den Tod zu Christus Jesus zu kommen, als König zu sein bis an die Grenzen der Erde. Ihn suche ich, der für uns gestorben ist; ihn will ich, der unseretwillen auferstanden ist. Mir steht die Geburt [zu neuem Leben] bevor […

Folgender Text kann je nach Zielgruppe ausgelassen werden:Lasst mich reines Licht empfangen. Wenn ich dort angelangt bin, werde ich erst wirklich Mensch sein. Erlaubt mir, ein Nachahmer des Leidens meines Gottes zu sein. Wer ihn in sich trägt, wird verstehen, was ich will, und wird Mitleid mit mir haben, da er meine Bedrängnis kennt.Meine Liebe zur Welt ist gekreuzigt, und in mir ist kein Feuer, das nach Sinn-lichem glüht, wohl aber lebendiges Wasser, das in mir redet und im Inneren zu mir spricht: Auf, zum Vater! Ich habe keine Freude mehr an vergänglicher Speise, noch auch an den Vergnügungen dieses Lebens.

Aus dem Brief des heiligen Ignatius von Antiochien an die Römer Abschnitt 4–8

AuslegungS 1: Dieser Bischof hatte offensichtlich keine Angst vor dem Tod. Er wurde auf dem

Schiff nicht nur von den Wellen hin- und hergeworfen, sondern auch von Sol-daten schikaniert. Doch scheint ihm alles nicht wirklich etwas auszumachen.

S 2: Er freut sich vielmehr, bei Christus zu sein zu dürfen. Er ist ihm mehr wert als die Königreiche dieser Welt.

S 1: Das Schiff der jungen Christengemeinden wird also vom Sturm der Christen-verfolgungen geplagt. Und wieder steht das Wort Jesu vor den Christen, wie damals vor den Jüngern: »Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?«

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Das bereitgestellte Kreuz in den Mittelpunkt stellen.

S 2: Bischof Ignatius erlebt sehr genau, wie das Kreuz Christi über den jungen Chris-tengemeinden steht. Diese müssen das Kreuz der Verfolgung annehmen oder ihren Glauben an Jesus Christus verleugnen. Ignatius geht den anderen Christen mit einem festen Glauben voran und ist ihnen Ermutigung und Vorbild.

Lied»Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« (JuGoLo 23 / EG 589, 1. Strophe)

L: Das Schiff der Kirche fährt weiter durch die Zeit. Immer wieder gab es in vielen Ländern der Erde Verfolgungen und schwere Zeiten für die Christen. Auch in unserem Land ist es noch nicht so lange her, dass unter der nationalsozialisti-schen Herrschaft Gemeinden bespitzelt wurden. Wenn zum Beispiel ein Pfar-rer eine für die Nazis falsche Predigt hielt, wurde er in ein Konzentrationslager eingesperrt.Auch heute werden Christen verfolgt, zum Beispiel in Eritrea. Hier ein Bild vom Fest Erscheinung des Herrn in Eritrea. Bild zeigen.Auf der Website OpenDoors sind persönliche Berichte über Verfolgung gesam-melt. Wir hören jetzt einen Bericht eines jungen Mannes aus Eritrea.

Text IIIE: Aaron traf sich regelmäßig in seiner Wohnung mit anderen Christen. Als ein

Nachbar die Polizei darüber informierte, führte diese eine Razzia durch. Schwer bewaffnete Polizisten durchsuchten seine Wohnung und verhafteten alle Anwe-senden. Erst nach acht Monaten Untersuchungshaft begannen die Verhöre.

A: Wir wurden mit den unterschiedlichsten Leuten zusammengesperrt. Wir konn-ten kaum schlafen. Es gab keine Privatsphäre, und das bringt viele Demütigun-gen mit sich. Wir durften auch nur sonntags für 30 Minuten nach draußen in die Sonne.

E: Weil Aaron sich weigerte, Informationen über andere Christen preiszugeben, kettete man tagelang seine Beine zusammen. Die Strapazen der Haft führten dazu, dass er einen Schlaganfall erlitt und seither teilweise gelähmt ist. Nach zwei Jahren im Gefängnis fiel Aaron in eine tiefe Depression.Doch dann entschied er sich, ganz auf Jesus zu vertrauen. Ihm wurde bewusst, dass Gott auch in seiner schwierigen Lage gegenwärtig war. Dies gab ihm die

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Kraft, andere Christen zu ermutigen, die ebenfalls inhaftiert waren. Er freun-dete sich sogar mit den Gefängniswärtern an und betete mit ihnen. Inzwischen wurde er überraschend freigelassen.

www.opendoors.de

S 1: Auch heute, zur jetzigen Stunde werden Christen verfolgt. Man kann sogar sagen, dass zurzeit die größte Christenverfolgung aller Zeiten herrscht. Nach neuen Einschätzungen leiden mehr als 200 Millionen Christen unter einem hohen Maß an Verfolgung, weil sie an Jesus Christus glauben und sich zu ihm bekennen.

S 2: Um einige Länder zu nennen: Nordkorea, China, besonders in islamischen Staa-ten wie Syrien, Irak, Iran, Ägypten, Libyen, Saudi-Arabien, Pakistan, Afghanis-tan und anderen.

Text IVL: Das Schiff der Kirche, das Schiff unserer Gemeinde, mit Jesus Christus an Bord,

fährt weiter durch die Zeit. Nun schauen wir auf uns selbst. »Jeder muss sein Kreuz tragen«, sagen wir manchmal. Damit sind zunächst die alltäglichen Mühen gemeint. Für manche von uns kommt aber auch dazu, dass es nicht leicht sein mag, vor anderen erkennen zu geben, dass wir Christen sind und am Sonntag in die Kirche gehen. Christsein ist in manchen Gegenden un-seres Landes noch selbstverständlich, in anderen Gegenden und in der Öffent-lichkeit dagegen oft sehr schwer.Wir hören nun im Blick auf beides einen Text aus dem Jahr 1675 von Samuel Rodigast. Der Text strahlt so viel Zuversicht und Bereitschaft zum Glauben aus, dass wir ihn heute noch in unseren Gemeinde singen. Wir hören ihn aber zu-nächst als vorgetragenen Text.

Die beiden Sprecher lesen den Text langsam und besinnlich vor.

S 1: Was Gott tut, das ist wohlgetan,es bleibt gerecht sein Wille;wie er fängt seine Sachen an,will ich ihm halten stille.Er ist mein Gott, der in der Notmich wohl weiß zu erhalten;drum lass ich ihn nur walten.

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S 2: Was Gott tut, das ist wohlgetan,er wird mich nicht betrügen;er führet mich auf rechter Bahn;so lass ich mir genügenan seiner Huldund hab Geduld,er wird mein Unglück wenden,es steht in seinen Händen.

Spr 1: Was Gott tut, das ist wohlgetan,er ist mein Licht und Leben,der mir nichts Böses gönnen kann;ich will mich ihm ergebenin Freud und Leid,es kommt die Zeit,da öffentlich erscheinet,wie treulich er es meinet.

S 2: Was Gott tut, das ist wohlgetan,dabei will ich verbleiben.Es mag mich auf die raue BahnNot, Tod und Elend treiben,so wird Gott michganz väterlichin seinen Armen halten;drum lass ich ihn nur walten. Samuel Rodigast

L: Nicht immer können wir an Gott so glauben und ihm so vertrauen, wie dieser Text es ausspricht. Wir empfinden unser tägliches Kreuz als lästig, würden es manchmal am liebsten abschütteln. Wir haben aber auch die Sehnsucht in un-serem Herzen, so glauben und vertrauen zu können, wie das Lied es beschreibt. Mit dieser Sehnsucht möchten wir nun gemeinsam dieses Lied auch singen.

Lied»Was Gott tut, das ist wohlgetan« (GL 416)

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GlaubensbekenntnisIn dem Vertrauen, das wir in dem Lied ausgedrückt haben, wollen wir jetzt unseren Glauben in den Worten bekennen, mit denen es die Christen durch die Jahrhunderte getan haben. Wir sprechen das Apostolische Glaubensbekenntnis:

Ich glaube an Gott … (GL 3,4)

FürbittenL: Im Psalm 107,28–29 lesen und beten wir: »Und sie schrien zum Herrn in ihrer

Bedrängnis, und er befreite sie aus all ihren Ängsten. Er stillte den Sturm zu sanfterem Wehen, und ruhig wurden die Wogen des Meeres.« Herr unser Gott, in jeder Not können wir uns an dich wenden. So rufen wir:

Oder:L: In den Ländern, von denen wir gesprochen haben, ist das Kreuz immer präsent.

Auf das aufgerichtete Kreuz hinweisen.

Das Kreuz bestimmt das Leben dieser Menschen. Wir kommen zu dir, Gott, und vertrauen dir diese verfolgten Christen an, die unser Gebet besonders brauchen.

Liedruf: Herr, erbarme dich unserer Zeit (JuGoLo 63)

F 1: Großer Gott, weil Menschen an deinen Sohn Jesus Christus glauben, nehmen sie bewusst Nachteile, Not und Verfolgung auf sich. Schenke ihnen Hilfe in ihren konkreten Sorgen. Herr, erbarme dich …

F 2: Befriede die Religionen untereinander, besonders das Christentum, das Juden-tum und den Islam, die sich alle auf dich berufen. Herr, erbarme dich …

F 1: Lenke die Machthaber und Politiker der ganzen Welt, dass sie nicht auf Kon-frontation, Unterdrückung und Krieg setzen, sondern auf Zusammenarbeit, Friede und Einheit aller Menschen. Herr, erbarme dich …

F 2: Schenke uns selbst ein friedvolles Herz, dass wir die Überzeugungen anderer achten und zugleich zu unserem eigenen Glauben stehen können. Herr, erbarme dich …

Gott, in deiner Nähe finden wir Ruhe und Zuflucht mit allem, was uns belastet. Wir danken dir heute und alle Tage. Amen.

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Hubertus Brantzen, »Füllt die Krüge« · © Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

GebetL: Großer Gott, um deines Namens willen haben Menschen immer wieder

großes Leid und den Tod auf sich nehmen müssen.Sie waren dazu bereit, weil sie dir vertrauten und die Hoffnung hatten,bei dir ganz daheim sein zu dürfen.Schenke auch uns in den Stürmen unserer Zeiteinen festen Glauben und ein unerschütterliches Vertrauen in dich und deine Begleitung.Das bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. Amen.

SegenL: Und dazu segne uns der gute und treue Gott, der Vater und der Sohn und der

Heilige Geist. Amen.

Lied»Von guten Mächten treu und still umgeben« (GL 430)Oder noch einmal: »Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt« (JuGoLo 23 / EG 589)