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54 > DAS PTA MAGAZIN --- Ausgabe 08-2017 < BERUF _ Verätzt >REZEPTUR< Serie Keine Angst vor Augentropfen Herr Meyer* kommt in die Heidelberg Apotheke und überreicht Sarah Siegler ein Rezept seines Augenarztes mit Acetylcystein- (ACC)Augentropfen. Über dem rechten Auge trägt er eine Augen- klappe. Im Chemielabor, in dem der Stammkunde arbeitet, hatte es eine Havarie gegeben. Dabei wurde sein rechtes Auge mit einer Che- mikalie verätzt und die Hornhaut geschädigt. Da er die Augentropfen drei Mal täglich anwenden soll, hat ihm der Arzt gleich zehn Fläsch- chen zu je zehn Milliliter aufgeschrieben. Routine nötig-- Sarah Siegler und PTA-Praktikantin Lena sind in der Rezeptur. „Wir machen nachher Augentropfen“, sagt Sarah zu Lena. Diese wundert sich, als sie das Rezept liest. „ACC in Augentropfen – ich kenne das nur als Husten- mittel. Wie wirkt ACC im Auge?“. Sarah Siegler hat die Rezeptur schon einmal hergestellt und dafür ausführlich recherchiert. Sie erklärt: „Wenn die Hornhaut des Auges geschädigt ist, etwa durch eine bakterielle Infektion oder eine Verätzung, können sich Ulcera (Geschwüre) bilden. Um diesen Prozess zu stoppen, wird ACC eingesetzt. Es hemmt im Auge das Enzym Kolla- genase, das die Hornhaut nach und nach abbauen würde. Man bezeichnet diesen Prozess, auch als „Einschmelzen“. Durch ACC regeneriert sich die Hornhaut wieder. Außer- dem können ACC-Augentropfen eingesetzt werden, um Schleim und verklebte Teilchen im Auge aufzulösen, denn der Wirkstoff spaltet Disulfidbrücken zwischen Mukopro- teinen“. Lena ist beeindruckt. Und freut sich auf die Her- stellung, denn Augentropfen-Rezepturen kommen im Apothekenalltag eher selten vor. Allerdings hat sie auch ein wenig „Bammel“, denn die Herstellung gilt als schwierig. „Das liegt aber daran, dass viele PTA zu wenig Routine da- rin haben“, beruhigt Sarah Siegler ihre Kollegin. Die PTA-- Sarah Siegler arbeitet in der Heidelberg Apotheke, Bisingen. Ihr Aufgaben- gebiet ist groß und vielfältig. Neben der Abgabe von Medikamenten an Kunden und der Beratung ist sie die Hauptverantwortliche für Rezeptur, Defektur und Labor. FÜR UNSERE SERIE BEFRAGT DR. CLAUDIA BRUHN DIE PTA SARAH SIEGLER, WIE SIE DEFEKTUREN UND REZEPTUREN HERSTELLT UND NACH DEN GESETZLICHEN VORSCHRIFTEN PRÜFT. IN DIESEM BEITRAG GEHT ES UM ACETYLCYSTEIN-AUGENTROPFEN. Musterkasse X Musterpatient Musterstr. 0 00.00.0000 00000 Musterstadt 00.00.0000 Acetylcystein-Augentropfen 2,5 %, 10 x 10 ml Acetylcystein 0,25 g Trometamol 0,27 g Edetathaltige Benzalkoniumchlorid-Lösung 0,1 % NRF S.18. 1,00 g Wasser für Injektionszwecke 8,48 g S.: 3 x täglich 1 Tropfen in das rechte Auge © FotografiaBasica / Getty Images / iStock | © Ertelt-Apotheken / Foto-Vogt Bisingen

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Verätzt>REZEPTUR< Serie

Keine Angst vor AugentropfenHerr Meyer* kommt in die Heidelberg Apotheke und überreichtSarah Siegler ein Rezept seines Augenarztes mit Acetylcystein-(ACC)Augentropfen. Über dem rechten Auge trägt er eine Augen-klappe. Im Chemielabor, in dem der Stammkunde arbeitet, hatte eseine Havarie gegeben. Dabei wurde sein rechtes Auge mit einer Che-mikalie verätzt und die Hornhaut geschädigt. Da er die Augentropfendrei Mal täglich anwenden soll, hat ihm der Arzt gleich zehn Fläsch-chen zu je zehn Milliliter aufgeschrieben.

Routine nötig-- Sarah Siegler und PTA-Praktikantin Lena sind in der Rezeptur.„Wir machen nachher Augentropfen“, sagt Sarah zu Lena. Diese wundert sich,als sie das Rezept liest. „ACC in Augentropfen – ich kenne das nur als Husten-mittel. Wie wirkt ACC im Auge?“. Sarah Siegler hat die Rezeptur schon einmal

hergestellt und dafür ausführlich recherchiert. Sie erklärt:„Wenn die Hornhaut des Auges geschädigt ist, etwa durcheine bakterielle Infektion oder eine Verätzung, können sichUlcera (Geschwüre) bilden. Um diesen Prozess zu stoppen,wird ACC eingesetzt. Es hemmt im Auge das Enzym Kolla-genase, das die Hornhaut nach und nach abbauen würde.Man bezeichnet diesen Prozess, auch als „Einschmelzen“.Durch ACC regeneriert sich die Hornhaut wieder. Außer-dem können ACC-Augentropfen eingesetzt werden, umSchleim und verklebte Teilchen im Auge aufzulösen, dennder Wirkstoff spaltet Disulfidbrücken zwischen Mukopro-teinen“. Lena ist beeindruckt. Und freut sich auf die Her-stellung, denn Augentropfen-Rezepturen kommen imApothekenalltag eher selten vor. Allerdings hat sie auch einwenig „Bammel“, denn die Herstellung gilt als schwierig.„Das liegt aber daran, dass viele PTA zu wenig Routine da-rin haben“, beruhigt Sarah Siegler ihre Kollegin.

Die PTA-- Sarah Siegler arbeitet in derHeidelberg Apotheke, Bisingen. Ihr Aufgaben-gebiet ist groß und vielfältig. Neben derAbgabe von Medikamenten an Kunden undder Beratung ist sie die Hauptverantwortlichefür Rezeptur, Defektur und Labor.

FÜR UNSERE SERIE BEFRAGT DR. CLAUDIA BRUHN DIE PTA SARAH SIEGLER, WIE SIEDEFEKTUREN UND REZEPTUREN HERSTELLT UND NACH DEN GESETZLICHEN VORSCHRIFTENPRÜFT. IN DIESEM BEITRAG GEHT ES UM ACETYLCYSTEIN-AUGENTROPFEN.

Die DokumentationWährend Lena sich die Techniken zu Augentropfen, diesie in der PTA-Schule gelernt hat, wieder ins Gedächtnisruft, bereitet Sarah Siegler die Dokumentation vor.Plausibilitätsprüfung-- Da es sich um eine NRF-Rezeptur(NRF 15.33.) handelt, könnte diese entfallen. Dennochcheckt Sarah Siegler, ob die Verordnung des Arztes wirk-lich mit der NRF-Zubereitung übereinstimmt undkreuzt bei den Fragen zur Unbedenklichkeit der Inhalts-stoffe, zur Richtigkeit der verordneten Therapiekon-zentrationen und zur Stabilität jeweils ein „Ja“ an.

Stabilität-- Die Stabilität dieser Rezeptur wird durch das ACC bestimmt. DerWirkstoff ist chemisch gesehen ein Reduktionsmittel, das heißt, er wird durchSauerstoffkontakt leicht zersetzt. Auch Temperaturerhöhung, Eisen- undKupferionen fördern die Zersetzung. „In so einem Fall verfärbt sich die ACC-Lösung zunächst violett, was noch unproblematisch ist. Sobald aber ein schwe-felartiger Geruch zu bemerken ist, darf das Arzneimittel nicht mehr verwendetwerden!“, erklärt Sarah Siegler ihrer Kollegin. Der Zusatz von Natriumedetatfördert die Stabilität, da die Substanz mit Metallionen Chelatkomplexe bildenund diese dadurch „wegfangen“ kann. ACC-Augentropfen können zur Ver-längerung der Haltbarkeit auch tiefgefroren werden.Konservierung-- Benzalkoniumchlorid dient in dieser Rezeptur dem Schutz vormikrobiellen Verunreinigungen. Es ist eine oberflächenaktive Substanz, diedie Zellwände der Bakterien angreift. Sie werden durchlässiger, und der Zellin-halt kann austreten. Benzalkoniumchlorid wirkt vor allem gegen grampositiveBakterien, aber nicht gegen Bakteriensporen und kaum gegen Viren und Pilze.Auch gegen gramnegative Bakterien wie Pseudomonas ist seine Wirkung ge-ring. Daher wird die antimikrobielle Wirkung von Benzalkoniumchlorid indieser Rezeptur durch Natriumedetat verstärkt. „Wenn wir eine Laminar-Flow-Box zur Verfügung hätten, könnte man die Augentropfen auch ohneKonservierungsmittel herstellen und in Eindosisbehältnisse abfüllen. Die un-geöffneten Behältnisse könnte der Patient dann im Kühlschrank eine Wochelagern“, erklärt Sarah Siegler.Pufferung-- Der Puffer Trometamol hat die Aufgabe, in der Lösung den physio-logischen pH von 7,4 aufrecht zu erhalten.Inprozesskontrolle-- Zur Kontrolle, ob der Sterilfilter funktioniert, dient derBubble-Point-Test. Dafür werden Filter und Kanüle abgenommen und circazehn Milliliter Luft in die Spritze aufgesogen. Filter und Kanüle werden wie-der aufgesetzt und in ein mit Wasser gefülltes Becherglas gesteckt. Die Luftmuss nun mindestens zur Hälfte zusammengepresst werden. Dabei dürfen kei-ne Luftblasen im Wasser sichtbar werden.Packmittel-- Wichtig ist es bei dieser Rezeptur außerdem, auf das Packmittel zuachten. Denn die Augentropfen dürfen auf keinen Fall in die handelsüblichenBraunglasflaschen mit Gummitropfer konfektioniert werden, da ACC mitGummi nicht verträglich ist. Vielmehr muss eine vorsterilisierte Augentropf-flasche aus Polyethylen verwendet werden, die in eine Schutzfolie verpacktwurde. Auch bei der Sterilfiltration ist darauf zu achten, dass keine Spritze mitGummiteilen zum Einsatz kommt.Herstellungsprotokoll-- Diesmal sind zwei Herstellungsprotokolle notwendig –eins für das Konservierungsmittel, die Benzalkoniumchlorid-Stammlösungnach NRF S.18., und eins für die Rezeptur selbst. Zum Schluss schreibt SarahSiegler eine Herstellungsanweisung, druckt alle Dokumente aus und lässt sievon ihrem Chef, Apotheker Johannes Ertelt, prüfen und unterschreiben.

Utensilien-- Da in der Apotheke keine Laminar-Flow-Box vorhanden ist, wird sterilfiltriert. Spritze,Kanüle, Filter und die in der Schutzfolie sterilisiertePolyethylen-Augentropfenflasche liegen bereit.

Desinfektion-- Vor der Herstellung von Augen-tropfen müssen die Arbeitsflächen in der Rezepturmittels Scheuer-Wisch-Desinfektion mit 70-prozen-tigem Isopropanol keimfrei gemacht werden.

Musterkasse

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Acetylcystein-Augentropfen 2,5 %, 10 x 10 ml

Acetylcystein 0,25 g

Trometamol 0,27 g

Edetathaltige Benzalkoniumchlorid-Lösung 0,1 % NRF S.18. 1,00 g

Wasser für Injektionszwecke 8,48 g

S.: 3 x täglich 1 Tropfen in das rechte Auge

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> DAS PTA MAGAZIN --- Ausgabe 08-2017 < 55

Die DokumentationWährend Lena sich die Techniken zu Augentropfen, diesie in der PTA-Schule gelernt hat, wieder ins Gedächtnisruft, bereitet Sarah Siegler die Dokumentation vor.Plausibilitätsprüfung-- Da es sich um eine NRF-Rezeptur(NRF 15.33.) handelt, könnte diese entfallen. Dennochcheckt Sarah Siegler, ob die Verordnung des Arztes wirk-lich mit der NRF-Zubereitung übereinstimmt undkreuzt bei den Fragen zur Unbedenklichkeit der Inhalts-stoffe, zur Richtigkeit der verordneten Therapiekon-zentrationen und zur Stabilität jeweils ein „Ja“ an.

Stabilität-- Die Stabilität dieser Rezeptur wird durch das ACC bestimmt. DerWirkstoff ist chemisch gesehen ein Reduktionsmittel, das heißt, er wird durchSauerstoffkontakt leicht zersetzt. Auch Temperaturerhöhung, Eisen- undKupferionen fördern die Zersetzung. „In so einem Fall verfärbt sich die ACC-Lösung zunächst violett, was noch unproblematisch ist. Sobald aber ein schwe-felartiger Geruch zu bemerken ist, darf das Arzneimittel nicht mehr verwendetwerden!“, erklärt Sarah Siegler ihrer Kollegin. Der Zusatz von Natriumedetatfördert die Stabilität, da die Substanz mit Metallionen Chelatkomplexe bildenund diese dadurch „wegfangen“ kann. ACC-Augentropfen können zur Ver-längerung der Haltbarkeit auch tiefgefroren werden.Konservierung-- Benzalkoniumchlorid dient in dieser Rezeptur dem Schutz vormikrobiellen Verunreinigungen. Es ist eine oberflächenaktive Substanz, diedie Zellwände der Bakterien angreift. Sie werden durchlässiger, und der Zellin-halt kann austreten. Benzalkoniumchlorid wirkt vor allem gegen grampositiveBakterien, aber nicht gegen Bakteriensporen und kaum gegen Viren und Pilze.Auch gegen gramnegative Bakterien wie Pseudomonas ist seine Wirkung ge-ring. Daher wird die antimikrobielle Wirkung von Benzalkoniumchlorid indieser Rezeptur durch Natriumedetat verstärkt. „Wenn wir eine Laminar-Flow-Box zur Verfügung hätten, könnte man die Augentropfen auch ohneKonservierungsmittel herstellen und in Eindosisbehältnisse abfüllen. Die un-geöffneten Behältnisse könnte der Patient dann im Kühlschrank eine Wochelagern“, erklärt Sarah Siegler.Pufferung-- Der Puffer Trometamol hat die Aufgabe, in der Lösung den physio-logischen pH von 7,4 aufrecht zu erhalten.Inprozesskontrolle-- Zur Kontrolle, ob der Sterilfilter funktioniert, dient derBubble-Point-Test. Dafür werden Filter und Kanüle abgenommen und circazehn Milliliter Luft in die Spritze aufgesogen. Filter und Kanüle werden wie-der aufgesetzt und in ein mit Wasser gefülltes Becherglas gesteckt. Die Luftmuss nun mindestens zur Hälfte zusammengepresst werden. Dabei dürfen kei-ne Luftblasen im Wasser sichtbar werden.Packmittel-- Wichtig ist es bei dieser Rezeptur außerdem, auf das Packmittel zuachten. Denn die Augentropfen dürfen auf keinen Fall in die handelsüblichenBraunglasflaschen mit Gummitropfer konfektioniert werden, da ACC mitGummi nicht verträglich ist. Vielmehr muss eine vorsterilisierte Augentropf-flasche aus Polyethylen verwendet werden, die in eine Schutzfolie verpacktwurde. Auch bei der Sterilfiltration ist darauf zu achten, dass keine Spritze mitGummiteilen zum Einsatz kommt.Herstellungsprotokoll-- Diesmal sind zwei Herstellungsprotokolle notwendig –eins für das Konservierungsmittel, die Benzalkoniumchlorid-Stammlösungnach NRF S.18., und eins für die Rezeptur selbst. Zum Schluss schreibt SarahSiegler eine Herstellungsanweisung, druckt alle Dokumente aus und lässt sievon ihrem Chef, Apotheker Johannes Ertelt, prüfen und unterschreiben.

Utensilien-- Da in der Apotheke keine Laminar-Flow-Box vorhanden ist, wird sterilfiltriert. Spritze,Kanüle, Filter und die in der Schutzfolie sterilisiertePolyethylen-Augentropfenflasche liegen bereit.

Desinfektion-- Vor der Herstellung von Augen-tropfen müssen die Arbeitsflächen in der Rezepturmittels Scheuer-Wisch-Desinfektion mit 70-prozen-tigem Isopropanol keimfrei gemacht werden.

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Die HerstellungDas Auge ist ein sehr empfindliches Sinnesorgan, erst recht, wenn es vorge-schädigt ist. Bei der Herstellung ist deshalb peinlichste Sauberkeit gefragt. Be-vor Sarah Siegler und die Praktikantin damit beginnen, führt Lena am Arbeits-platz eine Scheuer-Wisch-Desinfektion mit 70-prozentigem Isopropanoldurch, um einer eventuellen Verkeimung vorzubeugen. Dabei erinnert SarahLena daran, dass seit 1. Juli für 70-prozentigen Isopropanol zur Flächendesin-fektion eine neue europäische Abgaberichtlinie gilt: Er darf nur noch herge-stellt und verkauft werden, wenn er eine Zulassung als Biozidprodukt hat. Apo-theken sind von dieser Regelung nicht ausgenommen. Danach legen sie ihreSchutzbekleidung an, bestehend aus Kittel, Schutzbrille, Mundschutz undHandschuhen. Nebenbei sagt die PTA zu Lena: „Wenn du zur Desinfektionetwas nachlesen möchtest – alles Wichtige steht in den Hygienerichtlinien desNRF im Kapitel 1.8. unter Allgemeine Hinweise“.Konservierungsmittel-- Zunächst stellen beide die Benzalkoniumchlorid-Stammlösung nach der NRF-Vorschrift S.18. her. „Wir müssen mindestens100 Gramm herstellen“, erklärt die PTA ihrer Kollegin. „Denn wir brauchenvon der Stammlösung, die eine Konzentration von 500 Gramm pro Liter hat,nur 0,197 Gramm. Weniger ließe sich praktisch nicht abmessen“. Die Lösungwird in eine Braunglasflasche mit einer geeigneten Dosierhilfe abgefüllt. Dazudient eine Kolbenpipette, deren Dichtung frei von Elastomermaterial seinmuss, da sich dort das Benzalkoniumchlorid ablagern könnte. Die Haltbarkeitder Lösung beträgt ein Jahr, nach Erstentnahme nur noch zwei Monate. Des-halb vermerkt Lena das Datum der Erstentnahme auf dem Gefäß.Wasserqualität-- Laut NRF-Vorschrift müssen die Augentropfen mit Wasser fürInjektionszwecke hergestellt werden. Sarah Siegler bestellt die Gebindegrößein der Menge, die gerade für die anstehenden Rezepturen benötigt wird. FürKleinstmengen ist Ampullenwasser in Einzeldosispipetten aus Kunststoff bes-tens geeignet.pH-Wert-- Die Benzalkoniumchlorid-Stammlösung wird direkt in ein tariertesBecherglas eingewogen, dann gibt die PTA 1,0 Gramm Natriumedetat dazu.Der Ansatz wird mit Wasser für Injektionszwecke auf 100 Gramm ergänzt. „Inder Original-Rezeptur des NRF ist noch eine 0,4-prozentige Natriumhydro-xid-Lösung zur Einstellung des pH-Wertes enthalten. Als ich diese Rezepturzum ersten Mal herstellen wollte, habe ich beim NRF angerufen, und sie habenmir gesagt, dass auf die pH Wert-Einstellung mit NAOH verzichtet werdenkann“, erklärt die PTA.Wirkstoffe-- Für die Augentropfen werden in einem mit Glasstab tarierten Be-cherglas 2,5 Gramm ACC und 2,7 Gramm Trometamol in 84,8 Gramm Was-ser gelöst. Lena vermerkt im Herstellungsprotokoll: Die Lösung ist klar undohne sichtbare ungelöste Teilchen. Anschließend wird der Ansatz mit 0,1-pro-zentiger Benzalkoniumchlorid-Lösung auf 100 Gramm ergänzt.Sterilfiltration-- Danach desinfiziert Sarah Siegler die Einstichstelle in den Beu-tel und lässt den Bereich gut abtrocknen. Sie zieht die Lösung in eine gummi-freie Einwegspritze auf, steckt darauf den hydrophilen Membranfilter aus Po-lyethersulfon und die Kanüle und führt die Sterilfiltrationen durch.Abgabe-- Während Lena Apotheker Ertelt das Protokoll zur Unterschrift vor-legt, steht auch schon Herr Meyer in der Offizin. Die PTA-Praktikantin er-klärt ihm, dass er die Augentropfenflaschen im Kühlschrank lagern soll. Auchnach der Verwendung sollte die Flasche gleich wieder kühl gestellt werden.„Falls Sie einmal beim Öffnen Schwefelgeruch bemerken, müssten Sie die Fla-sche bitte wegwerfen. Aber das wird wahrscheinlich nicht passieren, denn beidreimal täglichem Tropfen wird der Inhalt immer schnell aufgebraucht sein“,gibt sie dem Patienten noch mit auf den Weg.*Name von der Redaktion geändert

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Sterilfiltration-- Die sterilfiltrierten Augentropfensind im Kühlschrank oder in der Gefriertruhe auf-zubewahren. Bei unter 8 °C beträgt ihre Haltbarkeitvier Wochen, bei unter -15 °C ein Jahr.

Desinfektion-- Bevor die fertige Lösung in das Au-gentropfen-Behältnis abgefüllt werden kann, mussdie Einstichstelle in den Beutel desinfiziert werden.

Serie: Rezeptur

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