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Hochschule für Musik Saar 8. - 12. Juni 2016 9. HfM-Woche der Kammermusik Mozart und Reger Es musizieren Professoren, Dozenten und Studierende der Hochschule für Musik Saar In Zusammenarbeit mit SR2 KulturRadio und mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der HfM Saar (FuF) Eintritt: 6 Euro / 3 Euro (erm.) pro Konzert | Vorverkauf: VVK-Stellen und www.ticket-regional.de | Info: www.hfm.saarland.de Mi 8. Juni | 19:30 Uhr HfM-Konzertsaal 1. Konzert (FuF) Do 9. Juni | 19:00 Uhr HfM-Konzertsaal 2. Konzert Fr 10. Juni | 19:00 Uhr HfM-Konzertsaal 3. Konzert Sa 11. Juni | 19:00 Uhr HfM-Konzertsaal 4. Konzert So 12. Juni | 19:00 Uhr HfM-Konzertsaal 5. Konzert © Olga Politova

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Hochschule für Musik Saar

8. - 12. Juni 2016

9. HfM-Woche der Kammermusik

Mozart und Reger

Es musizieren Professoren, Dozenten und Studierende der Hochschule für Musik Saar

In Zusammenarbeit mit SR2 KulturRadio und mit freundlicher Unterstützung der Freunde und Förderer der HfM Saar (FuF)

Eintritt: 6 Euro / 3 Euro (erm.) pro Konzert | Vorverkauf: VVK-Stellen und www.ticket-regional.de | Info: www.hfm.saarland.de

Mi 8. Juni | 19:30 UhrHfM-Konzertsaal

1. Konzert (FuF)

Do 9. Juni | 19:00 UhrHfM-Konzertsaal2. Konzert

Fr 10. Juni | 19:00 UhrHfM-Konzertsaal

3. Konzert

Sa 11. Juni | 19:00 UhrHfM-Konzertsaal4. Konzert

So 12. Juni | 19:00 UhrHfM-Konzertsaal

5. Konzert © Olga Politova

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Die Biografien von Max Reger und Wolfgang Amadeus Mozart sind zu einem nicht unbeträchtlichen Teil von Krisen, Anfechtungen und Niederlagen ge-prägt. Reger kämpfte unter anderem um die Anerkennung einer schonungs-losen Musikkritik, die seinem Werk oft ablehnend gegenüber stand, Mozart

musste sich mit seinen Kompositionen zwischen Zeitgeschmack und Individualismus bewegen. Beide Komponisten tragen in ihren Werken eine verborgene Dialektik zur Schau: Der Kampf für den Kontrapunkt, für die Kunst der Polyphonie in einer Zeit, die neue musikalische Regelsysteme favorisierte. Regers Werke sind zudem von ei-ner scheinbar überholten Komplexität gekennzeichnet - dies alles im Abgesang einer untergehenden Epoche, die Maurice Ravel in Frankreich mit seiner Komposition “La Valse” wohl treffender nicht hätte ver-komponieren können.

Die Jahre des “Noch nicht” und des “Nicht mehr” bedeuteten für viele jüngere Kom-ponisten den Abschied von Epigonen der alten Zeit, zu denen Reger zweifellos gezählt werden kann. Unter den jungen “Neutönern” sprechen sich Paul Hindemith und Arnold Schönberg klar für Reger aus – man darf davon ausgehen, dass ihnen der Genius Re-gers auch in den für sie befremdlich wirkenden Werken entgegen wehte.

Über Mozarts Privatleben gibt der derzeitige Forschungsstand so umfassend Auskunft, dass sich der forschende Musikwissenschaftler bisweilen als Voyeur fühlt. Eine kom-plizierte Ehe, Geldsorgen, die wachsende Trunksucht und fehlende Anerkennung in der musikalischen Öffentlichkeit: All dies lässt sich in den Biografien beider Kompo-nisten belegen. Dass jeder Komponist seine beruflichen wie privaten Hindernisse und Erfolge in Kompositionen als Freude und Schmerz musikalisch abbildet, gehört zu den selbstverständlichen Erkenntnissen, die auch der musikalischen Analyse dienlich sind. Ob sich dies in den “absoluten” Kammermusikwerken der 9. Kammermusikwoche an der HfM verifizieren lässt, ist der Deutung des informierten Zuhörers anheim gestellt.

Beiden Komponisten, Reger und Mozart, haftet das Karma der “Frühvollendung” an, beiden war nur eine kurze, intensive Schaffensspanne gewährt. Es gibt demnach sinn-volle Brücken zwischen beiden Künstlerpersönlichkeiten. Der Schulterschluss gelingt mit Regers op. 132: “Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart”, die am 9. Juni in der Fassung für Klavier zu vier Händen erklingen werden. In diesem Fall wagt sich Reger an ein Thema, welches auch Mozart in den Variationen des Kopfsatzes seiner Klaviersonate KV 331 verarbeitet hat. Wird hier die geistige Verwandtschaft zwischen beiden offensichtlich dionysisch veranlagten Künstlern ausgedrückt?

In der 9. Kammermusikwoche an der HfM werden zwei Komponisten vorgestellt, die hinsichtlich ihrer musikalischen (wie auch körperlichen) Physiognomie unterschied-licher nicht sein könnten, die aber vielleicht ihre Schaffenskraft aus derselben Sehn-sucht gewonnen haben. Wieder musizieren Lehrende zusammen mit Studierenden, wieder gibt es spannende Programme voller Kontraste und Analogien.

Prof. Dr. Jörg Abbing

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Programm

Mittwoch, 8. Juni | 19:30 Uhr (FuF-Konzert)

W. A. Mozart Quintett für Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott Es-Dur KV 452 Largo- Allegro moderato Larghetto Rondo. Allegretto

Tatevik Mokatsian, Klavier Philippe Tondre, Oboe Johannes Gmeinder, Klarinette Victoria Duffin, Horn Guilhaume Santana, Fagott

Während einer seiner produktivsten Phasen komponierte Mozart 1784 vier Klavierkon-zerte, die er selbst als Pianist uraufführte. Das Quintett Es-Dur KV 452 brachte er im Rahmen der Akademie im Wiener Burgtheater am 1. April 1784 zur Premiere. Man kann im Rückblick sagen, dass die Saison für Mozart - nicht nur im finanziellen Sinne – er-folgreich war. Er selbst bezeichnet das Quintett als das Beste, das er in seinem Leben geschrieben habe. In einem Brief an seinen Vater hebt er es besonders hervor und beschreibt den außerordentlichen Beifall, den es erhalten hatte. Derart euphorisch hat sich der Komponist über seine eigenen Werke nur selten artikuliert.

Das Werk beginnt mit einer langsamen, gravitätischen Einleitung und zeigt eine neu-artige Behandlung der Bläserstimmen, indem im Wechsel mit den weichen Klavier-klängen und der sensiblen Melodik der Bläser gespielt wird. Darauf folgt das Allegro moderato, in dem die Bläser und das Klavier im ständigen Wettstreit und in verschie-denen Themen brilliant miteinander konkurieren. Das Larghetto glänzt mit seiner Stim-mungsvielfalt und beeindruckt durch raffinierte Modulationen. Das Anfangsthema dieses Satzes scheint wie ein Zitat von Rosinas Auftritt in Giovanni Paisiellos „Barbier von Sevilla“ (Man sagt, dass Mozart Paisiello eigens zu einer Aufführung des Quin-tetts in Wien eingeladen hatte.) Ein ähnliches Motiv verwendet Mozart im Notturno „mi lagnerò tacendo“ KV 437. Das finale Rondo enthält für Klavier und Bläser wahrlich solistisch-konzertantes Episoden-Material.

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W. A. Mozart Quintett für zwei Violinen, zwei Violen und Violoncello g-Moll KV 516 Allegro Menuetto. Allegretto – Trio Adagio ma non troppo Adagio – Allegro Lorenz Blaumer, Violine Daniel Stoll, Violine Yeojin Hwang, Viola Vidmante Andriunaite, Viola Mario Blaumer, Violoncello

Mozart komponierte die beiden Quintette in g-Moll KV 516 und C-Dur KV 515 als musika-lische Einheit. Beide Kompositionen stellen in ihrer charmanten Verbindung von Tragik und expressiver Melodik – dies allerdings im formgetreuen Gewand – einen Höhepunkt im Kammermusikschaffen Mozarts dar. In späteren Werken fällt es ihm schwer, das-selbe Niveau an Einfühlungsgabe und Emotionalität zu erreichen. Das Quintett g-Moll KV 516 lässt fünf Instrumente abwechselnd solistisch auftreten. Hier offenbaren sich Wandlungsfähigkeit, überraschendes musikalisches Wechselspiel und instrumentale Allianzen, in denen das Hauptthema weiter- und zurückgegeben, imitiert, aufgelöst und in einen neuen Zusammenschluss gebracht wird. Mozart verleiht den Mittelstim-men mehr Eigenständigkeit; die doppelt besetzte Bratsche und das Cello übernehmen Führungsaufgaben und bieten so ein bewegtes und klangvolles Bild. In der Satzfolge baut das Werk einen Spannungsbogen auf, der sich auf den für den späten Mozart typischen Tonfall der Tragik zubewegt.

- PAUSE -

Max Reger Quintett für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello A-Dur Opus op. 146 Moderato ed amabile Vivace – [Trio] Un poco meno mosso Largo Poco allegretto Johannes Gmeinder, Klarinette Hans-Peter Hofmann, Violine Daniel Stoll, Violine Jone Kaliunaite, Viola Gustav Rivinius, Violoncello

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Programm

Regers letztes vollendetes Werk vor seinem überraschenden Tod am 11. Mai 1916 ist eher von zurückhaltendem Gestus. Das Klarinettenquintett hebt sich deutlich von den frühen, tendenziell eher hypertrophen Werken des Komponisten ab. Reger lässt sich von seinen Vorbildern Brahms und Mozart musikalisch inspirieren, strahlt dabei aber eine verklärte Ruhe und Zufriedenheit aus. Im ersten Satz „Moderato ed amabile“ komponiert Reger zwei Themengruppen sowie eine energisch-dramatische Zwischen-gruppe, die den notwendigen Kontrast zwischen den beiden lyrischen Hauptthemen-gruppen aufbaut. Der thematische Kern für Reger ist offensichtlich das zweite Thema, das Bezüge zu Brahms herstellt und im Zentrum der musikalischen Themenpräsentati-on steht. Im Seitenthema, das von den Streichern eingeführt und durch die Klarinette mittels eines fallenden Terzmotivs zitiert wird, lässt sich Brahms als „inspirierender Geist“ ebenso erkennen wie im Trioteil des Scherzos, in dem eine Kantilene geschlos-sen hervortritt. Das Finale verklärt in seiner Variationsform das leicht melancholische Thema zum musikalischen Epilog eines allzu früh vollendeten Komponistenlebens. Die Uraufführung des Klarinettenquintetts erfolgte am 6. November 1916 in Stuttgart durch das Wendling-Quartett, dem Regers enger Freund Professor Carl Wendling angehörte. Diesem ist das Werk gewidmet.

Donnerstag, 9. Juni | 19:00 Uhr

W. A. Mozart Sechs Notturni ( Kanzonetten) für zwei Soprane und Bass mit Begleitung von drei Bassethörnern KV 346 (439a), 436-439, 549 „Ecco, quel fiero istante“ - Andante „Se lontan, ben mio, tu sei“ - Adagio „Due pupille amabili“ - Andante „Luci care, Luci belle“ - Allegretto „Più non si trovano“ - Andante „ Mi lagnerò tacendo“ - Poco Adagio

Karline Cirule und Natalie Jurk, SopraneFrank Wörner, Bass

Johannes Gmeinder, Oliver Körner und Jörg Lieser, Bassethörner

Mitte der 1780-er Jahre war die Wiener Musikszene geprägt von Gesangsabenden, Kon-zerten und Opernaufführungen, die von aristokratischen Musikliebhabern unterstützt wurden, die zumeist selbst musizierten. Durch die Freundschaft zur Familie des Bota-nikprofessors Jacquin und dessen Kindern, Gottfried und Franziska, sowie zu dem Bas-setthorn-Trio Anton Stadlers entstanden die sechs Notturni aus gemeinsamen abend-lichen Zusammenkünften. Mozart verfasste mit seinem Kompositionsschüler Gottfried vermutlich bereits bei diesen geselligen Abendstunden die unterschiedlichen Stücke.

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1788 trug er nur KV 549 in sein eigenes Werkverzeichnis ein, was zu Zweifeln an der Echtheit der anderen Notturni führte. Die Behauptung von Constanze Mozart, nur die Instrumentalstimmen seien von ihrem Mann und die Vokalstimmen von dem Kompo-nisten Gottfried von Jacquin komponiert, hält sich bis heute.

Die Lieder sind eher kurz und besitzen nicht die klassische dreiteilige Liedform. Die Liedtexte sind innige Liebesgeständnisse - glühende und brennende Verse des Wie-ner Hofpoeten Pietro Metastasio. „Ecco, quel fiero istante“ KV 436 erzählt von dem grausamen Schicksal einer entfernten Liebe sowie vom Abschied eines Liebhabers. Mozart gibt für „Se lontan, ben mio, tu sei“ KV 438 das Tempo Adagio als Allegorie für die Ewigkeit an - das Lied berichtet von den quälend langen Tagen eines sehnsüchtig Liebenden. „Due pupille amabili“ KV 439 spricht von „allerliebsten Augen“ und dem Verlangen nach ihnen. Auch „Luci care, luci belle“ KV 346 (439a) preist die schönen Augen eines geliebten Wesens. In „Più non si trovano“ KV 549 geht es um die Einfältig-keit von Liebenden, die sich auf die Treue verlassen. „Mi lagnerò tacendo“ KV 437 mit der Satzbezeichnung Poco Adagio verweist wiederum auf das grausame und bittere Schicksal einer unerfüllten Sehnsucht.

Max Reger Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart zu vier Händen op. 132 Thema. Andante grazioso Variation I - L’istesso tempo (quasi un poco più lento) Variation II - Poco agitato (più mosso), non troppo allegro Variation III - Con moto Variation IV - Vivace Variation V- Quasi Presto Variation VI - Sostenuto (quasi Adagietto) Variation VII - Andante grazioso Variation VIII - Molto sostenuto Fuge. Allegretto grazioso

„Voller Grazie“ solle die Mozartvariation sein, „ohne alle Erdenschwere“, so schrieb Max Reger in einem Brief an seinen Freund Stein, der ihn nach einem Zusammenbruch während eines Konzerts in Hagen gemeinsam mit seiner Ehefrau zu einer vierwöchigen Sanatoriums-Kur nach Martinsbrunn bei Meran begleitete. Obwohl Reger seine An-stellung als Hofkapellmeister zum 1. Juli 1915 aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, gewann er im Krankenbett neue Schaffenskraft. Trotz ausdrücklichen Schreib-verbotes durch die Ärzte erschuf Reger sein wohl populärstes Werk: die Mozart-Varia-tionen op. 132 für Orchester. Er erstellte eigenhändig im Zeitraum von September bis Oktober 1914 eine Fassung für zwei Klaviere als op. 132a, „um daraus für die nächste Konzertsaison ein famoses Konzertstück zu gewinnen“.

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Programm

Am heutigen Abend wird die zuletzt entstandene vierhändige Version zu hören sein, die wie die Zweiklavierfassung eng an das Orchesterwerk angelehnt ist. Erwähnens-wert ist hierbei: Die achte Variation erschien Reger für eine Transkription für zwei Kla-viere ungeeignet. Aus diesem Grund erhielt die Zweiklavierfassung eine völlig neue 8. Variation. Die Variation der Fassung für vier Hände gibt hingegen die Orchesterversion wieder.

In den „Mozartvariationen“ bezieht sich Reger auf das Thema des Kopfsatzes der Kla-viersonate A-Dur KV 331, das auch schon von Mozart variiert wurde. Im Laufe von Re-gers Kompositionslaufbahn rückte Mozart immer weiter in das Zentrum seines Schaf-fensprozesses. Die Variationen Regers zeigen die hohe Kunst im Umgang mit strengen Satzformen, klangfarbenträchtigen Instrumentierungen und polyphonen Kunstmit-teln. Die Klavierfassung gewährt einen transparenten Blick in die Satzstrukturen des Werkes, das konsekutiv der bereits von Brahms artikulierten Idee der „entwickelnden Variation“ folgt. In der Variationsfolge werden thematische Reminiszenzen mehr und mehr verschleiert, schließlich wieder verdichtet und in der letzten Variation in äußer-ste, spätromantische Expressivität gekleidet. Die abschließende Fuge bereitet mit ih-rem ausladenden Subjekt das Fundament für ein vollständiges Themenzitat kurz vor der Schluss-Apotheose.

- PAUSE -

W. A. Mozart Sonate für Hammerklavier und Violine C-Dur KV 303 Adagio – Molto Allegro Tempo di Menuetto

Rainer Oster, HammerklavierMichael Dartsch, Violine

Bis heute ist nicht genau bekannt, wann Mozart mit der Arbeit an den Sonaten für Kla-vier und Violine begann. Im Oktober 1777 spielte er verwandte Werke des Dresdener Kapellmeisters Joseph Schuster, im Februar 1778 berichtete er seinem Vater in einem Brief über eine Serie von Violinsonaten. Zu diesem Zeitpunkt dachte er noch an die Komposition von vier bis sechs Sonaten. Als er Mannheim im März 1778 verließ, waren bereits viereinhalb der sechs Sonaten, s.g. Opus I, komponiert. Darunter auch KV 303 in C-Dur. In Paris komplettierte er die Reihe KV 296, 301 bis 306 und 378. Die Violinso-nate KV 303 in C-Dur in zwei Sätzen ist auf Februar 1778 datiert.

Mozart fand zunächst in Mannheim keinen Verleger, sodass er die Serie dem Verleger Jean-Georges Sieber in Paris für ein geringeres Honorar überließ. Dort verzögerte sich die Herausgabe so sehr, dass er die Stadt bereits verlassen hatte, als die Werke ver-öffentlicht wurden. Maria Elisabeth, Kurfürstin von Bayern, überreichte Mozart das Widmungsexemplar im Januar 1779.

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Im ersten Satz der C-Dur Sonate KV 303 handelt es sich um eine doppelte Abfolge von Adagio und Molto Allegro; diese Satzdisposition findet sich u.a. in der Tempofolge ei-ner Kirchensonate wieder. Es folgt ein beschwingtes Tempo di Minuetto in graziösem Charakter.

W. A. Mozart Quartett für Klavier, Violine, Viola, Violoncello g-Moll KV 478 Allegro Andante Rondo - Allegro Kristin Merscher, Klavier Anna Göckel, Violine Vidmante Andriunaite, Viola Mario Blaumer, Violoncello Neben der Arbeit an der Oper „Le Nozze di Figaro“ (1785) vereinbarte Mozart aus Geld-nöten mit seinem damaligen Verleger und Freund Franz Anton Hoffmeister, eine Reihe von Klavierquartetten zu komponieren. Diese Kompositionen zielten daher eher auf die Akzeptanz durch eine breite Zuhörerschaft. Jedoch überstrapazierte Mozart mit dem Klavierquartett das Leistungsvermögen und die Auffassungsgabe des Wiener Konzert-publikums. So versuchte er sich stets an unerprobten und neuen instrumentalen Kom-binationen, wobei er einen gleichgewichtigen Dialog der Instrumente anstrebte.

Die neu entstandene Kammermusikgattung des Klavierquartetts war im damaligen Wien noch so gut wie unbekannt. Mozart wertet den Klavierpart auf - weg vom reinen Begleitinstrument und hin zur Gleichstellung mit den Streichinstrumenten. Das initiale Unisono, welches den ganzen Satz prägt, wird vielfältig verändert und immer wieder neu dargestellt. Das Andante in B-Dur ist als Gegenstück zum Allegro zu sehen und sticht durch seinen sanften Gestus hervor. In das schwungvolle Rondo in g-Moll kom-poniert Mozart eine Fülle vitaler Tanzthemen ein, die satzbestimmend sind.

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Programm

Freitag, 10. Juni | 19:00 Uhr

Max Reger Sonate für Klarinette und Klavier As-Dur op. 49/1 Allegro affanato Vivace Larghetto (ma non troppo, un poco con moto) Prestissimo assai

DuoBiosFrederik Virsik, KlarinetteRobert Umanskiy, Klavier

Max Reger ließ sich oft von bestehendem Kammermusik-Repertoire inspirieren, bei der Sonate As-Dur op. 49,1 vor allem durch Mozart und Brahms. In kürzester Zeit entstan-den im Frühjahr 1900 die Sonate op. 49 Nr. 1 in As-Dur und das Schwesterstück op. 49 Nr. 2 in fis-Moll. Schon im Mai vollendete er die erste Sonate, kurz darauf im Juni die zweite Sonate. Opus 49 Nr. 1 wurde am 18. April 1902 im Museumssaal des Münchner Palais von Max Reger und dem Klarinettisten Karl Wagner uraufgeführt, dem auch die zweite Sonate gewidmet ist.

Jeder Satz der Sonate stellt ein ausgeprägtes Stimmungsbild dar. Der Komponist ver-zichtet auf übergreifende thematische Gedanken und erzeugt einen geschlossenen Gesamteindruck. Reger beginnt mit einem unruhigen Allegro affanato. Im Vivace des op. 49 Nr. 1 verzichtet Reger auf Stimmungswechsel und bleibt strikt im Tempo. Der virtuose Affekt wird in den Hintergrund gestellt, um die gedankliche Darstellung und Erfüllung herauszuheben. In der As-Dur Sonate äußert sich eine geistige Grundhal-tung von jugendlicher Unbeschwertheit, die durch das schwungvolle Schluss-Rondo unterstützt wird.

W.A. Mozart Trio für Klavier, Klarinette und Viola Es-Dur KV 498, „Kegelstatt-Trio“ Andante Menuetto Rondo. Allegretto Jutta Ernst, Klavier Jörg Lieser, Klarinette Christoph Fassbender, Viola

Als „Kegelstatt-Trio“ ist Mozarts Es-Dur-Trio KV 498 in die Musikgeschichte eingegan-gen. Es wird kolportiert, dass die Komposition 1786 zwischen zwei Schwüngen auf der Kegelbahn entstand. Das zerbrechlich-heitere Werk ist möglicherweise aus der Freundschaft mit den Geschwistern Gottfried und Franziska Jacquin hervorgegangen. Mit dieser Familie verbrachte Mozart nachweislich unzählige unterhaltsame Abende

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beim Billard, Kegeln und bei Musik. In diesen geselligen Runden sollen auch große Teile des „Figaro“ entstanden sein. Die Besetzung mit Klarinette, Bratsche und Klavier stellt sicherlich einen Sonderfall dar und das Werk wird durch rasche Stimmungswech-sel gekennzeichnet. Das „Kegelstatt-Trio“ überzeugt durch eine ausgewählte Klangmi-schung und Balance. Der erste Satz präsentiert Themen, bleibt aber oftmals die the-matische Entwicklung schuldig. Der besondere Stellenwert der Bratsche unterscheidet sich zu anderen Klavier-Trios Mozarts.

Das Rondo-Thema ist ganz für die Klarinette gestaltet, wird aber von den anderen In-strumenten aufgenommen und verarbeitet. Es entsteht im Laufe des Stückes ein ange-regter Dialog zwischen den beteiligten musikalischen Protagonisten.

- PAUSE - W. A. Mozart Sonate für Klavier und Violine G-Dur KV 301 Allegro con spirito Allegro

Alexander Altmeyer, Klavier Annika Schmidt, Violine

Im Jahre 1777, als sich der damals bereits volljährige Mozart ohne seinen Vater Leopold Mozart in Mannheim aufhielt, lernte er eine ehrgeizige, pfälzische Schönheit namens Aloysia Weber kennen. Die Begegnung mit ihr dürfte nicht nur seine musikalischen Fantasien angestachelt haben. Nicht nur in amouröser Hinsicht erschien ein längerer Aufenthalt dort lohnenswert, galt das Mannheimer Orchester doch als eines der gebil-detsten der damaligen Zeit. Leopold Mozart unterband allerdings die sich anbahnende Liebelei und schickte seinen Sohn auf die zuvor geplante Reise nach Paris. Hier been-dete Wolfgang Amadeus im Beisein seiner Mutter die Serie von sechs Sonaten für Kla-vier und Violinen, KV 301-306. Diese sind heute als „Kurfürstliche Sonaten“ bekannt, da er sie der Kurfürstin Maria Elisabeth Auguste von Bayern widmete.

Bereits als Kind hatte sich Mozart mit Kompositionen von Sonaten für Klavier und Vi-oline auseinandergesetzt. Zu dieser Zeit herrschte noch die Auffassung vor, dass der Klavierpart im Vordergrund des Werkes stehen sollte; in KV 301 hat die Violine dage-gen bereits zunehmend an Gleichberechtigung gewonnen.

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Programm

Max Reger Variationen und Fuge über ein Thema von Ludwig van Beethoven für zwei Klaviere op. 86 Thema. Andante Variation I - Un poco piu lento Variation II - Agitato Variation III - Andantino grazioso Variation IV - Andante sostenuto Variation V - Appassionato Variation VI - Andante sostenuto Variation VII - Vivace Variation VIII - Sostenuto Variation IX - Vivace Variation X - Poco vivace Variation XI - Andante con grazia Variation XII - Allegro pomposo Fuge - Allegro con spirito Tatevik Mokatsian und Andreas Rothkopf, Klavier

In Leipzig entstand im Winter 1904/05 eine treue Reger-Gemeinde. Der Komponist spielte dort mit der Pianistin Clara Birgfeld seine „Beethoven-Variationen“ und bekam unglaublichen Zuspruch vom Publikum. 1907 erhielt er sogar ein Angebot, nach Leipzig zurück zu kehren, um dort Universitätsmusikdirektor zu werden. Dieses Amt, so hoff-te er, sollte ihn von seinen zunehmenden Konzertverpflichtungen entbinden und ihm Freiräume zum Komponieren ermöglichen.

In dieser Situation entstanden die „Beethoven-Variationen“ op. 86. Kurz vor seinem Tod fertigte der Komponist eine gekürzte und leicht umgestellte Version der Variati-onen als Orchesterfassung. Als Thema wählte er eine Miniatur: die letzte der 11 Baga-tellen aus op. 119 von Ludwig van Beethoven. Die zwölf kontrastreichen Charakterva-riationen, die von teils verhaltenem, teils leidenschaftlichem Gestus sind, umreißen bei einem stellenweise außergewöhnlich dichten Klaviersatz eine Vielfalt spätroman-tischer Ausdrucksweisen: vom ruhig schreitenden Andante über kuriose Scherzo-Epi-soden bis hin zu frohlockenden Emphasen. Die Coda leitet über zur Reger-typischen, in neobarocker Manier gestalteten Fuge.

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Samstag, 11. Juni | 19:00 Uhr

Max Reger Quartett für Klavier, Violine, Viola und Violoncello a-Moll op. 133 Allegro con passione (non troppo allegro) Vivace – [Trio] Molto meno vivace Largo con gran espressione Allegro con spirito

Et Arsis Piano - Quartett Hristina Taneva, Klavier Velislava Taneva, Violine Ainis Kasperavičius, Viola Diego Hernández Suárez, Violoncello

Die Klavierquartette Regers markieren das Ende seiner Komponistenlaufbahn. Im Fe-bruar 1914 erlitt der Komponist einen Zusammenbruch, nachdem er sich bei der Hof-kapelle durch sein Engagement verausgabt hatte. Trotz eines ärztlich verordneten Schreibverbots komponierte Reger unermüdlich weiter. Während seines Kuraufent-haltes schrieb er sein wohl populärstes Werk, die Mozart-Variationen op. 132. Im Au-gust 1914 folgte das Quartett a-Moll op. 133, das er in kürzester Zeit voller Energie und Freude verfasste. Zwei Jahre danach verstarb Max Reger mit nur 43 Jahren.

Das zweite Klavierquartett op. 133 ist geprägt von einer unbeschwerten Musizier-freude. Zu Beginn des Allegro con passione werden noch vergleichsweise kraftvolle Konflikte ausgetragen. An das folgende Scherzo - in eine durchlässige dreiteilige Form eingefasst - knüpft ein ausdrucksvolles und emotionales Largo an. Hier schöpft Reger die Möglichkeiten der spätromantischen Harmonik voll aus. Das Finale wird von einem motorisch wirkenden Thema beherrscht.

- PAUSE -

W. A. Mozart Quartett für zwei Violinen, Viola und Violoncello D-Dur KV 575 Allegretto Andante Menuetto. Allegretto Allegretto

Yoon Ji Han, ViolineMarie-Helene Leonhardi, Violine

Jannis Rieke, ViolaOliver Léonhard, Violoncello

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Programm

Mit frischen Eindrücken aus Potsdam und Berlin kehrte Mozart am 4. Juni 1789 nach Österreich zurück und komponierte das Quartett in D-Dur. In dieser Zeit litt er unter en-ormen finanziellen Schwierigkeiten und musste sich vermehrt hohe Geldbeträge bor-gen. Auch die kostspielige Reise nach Berlin hatte Mozarts Finanzen stark belastet. Bis heute wird in der Mozartforschung aber auch über seine möglichen Spielschulden spe-kuliert. Das Quartett D-Dur KV 575 ist Teil der sogenannten „Preußischen Quartette“, die Mozart für den Preußischen König komponierte. Die Erfüllung des Wunsches, im Berliner Schloss aufzutreten, war ihm nicht vergönnt. Mozart erhielt in Berlin nicht einmal eine Audienz beim preußischen König. Noch immer geprägt von der Kunst der motivischen Verknüpfung Josephs Haydns, die sich in den letzten Takten der Durch-führung des ersten Satzes zeigt, unterscheidet sich KV 575 deutlich von den früheren Quartetten.

Im ersten Satz exponiert der Komponist ein ungewöhnlich ausladendes Thema. Mozart ist bemüht, die solistischen Phrasen gleichwertig auf die vier Stimmen zu verteilen, um eine „saubere“ Quartett-Faktur zu schaffen. Das Streichquartett KV 575 wird auch gelegentlich als „Frühlingsquartett“ bezeichnet, denn die Melodie des Andante ist eine in den Dreiertakt versetzte Variante des bekannten Mozartliedes „Das Veilchen“. Der typische Walzerschwung des Wienerwalzers ist im Menuett, das im Allegretto-Tempo konzipiert ist, präsent. Im G-Dur-Trio drängt sich das Cello immer mehr in den Vorder-grund und der Wienerwalzer nimmt den rustikalen Charakter eines Ländlers an. Eine formale Meisterleistung im Bereich der Streichquartette ist das Finale, eine außerge-wöhnliche Kombination aus Rondo und Sonatenform.

W. A. Mozart Serenade für zwei Oboen, zwei Klarinetten, zwei Hörner und zwei Fagotte Es-Dur KV 375 Allegro maestoso Menuetto I – Trio Adagio Menuetto II – Trio Rondo. Allegro Philippe Tondre und Saori Kanno, Oboe Johannes Gmeinder und Joshua Dahlmanns, Klarinette Sibylle Mahni und Frank Orschel, Horn Guilhaume Santana und Nicolas Horry, Fagott

Die Serenade Es-Dur KV 375 ist 1781 als eine Art „Straßenmusik“ entstanden. Mozart berichtet in Briefen an seinen Vater im November 1781 von einer Bläserserenade, die er zum Theresientag als Namenstagmusik für die Schwägerin des Kaiserlichen Hofma-lers komponierte. Im Brief spricht er von „sechs armen Schluckern, die ganz hübsch zusammen blasen“, denen er die Serenade Es-Dur KV 375 zur Aufführung auf der Stra-ße zur Verfügung stellte. Er wollte damit den Cellisten (und Vertrauten des Kaisers)

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Johann Kilian Strack auf sich aufmerksam machen und die Serenade an ihn verkaufen. Heute würde man von geschickter PR-Arbeit sprechen. Die sechs Herren spielten die Bläserserenade nicht nur einmal, sondern dreimal an einem Tag an unterschiedlichen Plätzen. So konnte sie von jedermann gehört werden und sie erhielt überdies tosenden Beifall. Später schrieb Mozart das ursprüngliche Bläsersextett ohne Oboe zum Oktett um, wohl auch der Tatsache geschuldet, dass Herr Strack für die Bläserserenade nicht bezahlen wollte.

Die Serenade Es-Dur KV 375 hat einen eher unterhaltenden Charakter, ist aber mit kunstvollen Kontrapunkten und einigen harmonischen Rafinessen gestaltet. Die har-monische Verdunklung des ersten Satzes erinnert an den ursprünglichen Aufführungs-ort in nächtlichen Gassen im Schummerlicht der untergehenden Sonne. Darauf folgen zwei von Trios umrahmte Menuette, von denen das erste eine überaus prachtvolle Wir-kung entfaltet. Ein fröhlicher Contretanz im finalen Satz beschließt die Bläserserenade.

Sonntag, 12. Juni | 19:00 Uhr

Max Reger Sechs Lieder op. 35 für Sopran und Klavier Dein Auge (Text: Felix Dahn) Der Himmel hat eine Träne geweint (Text: Friedrich Rückert) Traum durch die Dämmerung (Text: Otto Julius Bierbaum) Flieder (Text: Otto Julius Bierbaum) Du liebes Auge (Text: Otto Roquette) Wenn lichter Mondenschein (Text: Gabriele d‘Annunzio)

Anne-Kathrin Fetik, Sopran Olga Politova, Klavier

Die ersten fünf Lieder dieses Zyklus‘ komponierte Max Reger im Juni und Juli 1899 in Berchtesgaden. Im August des gleichen Jahres beendet er das sechste Lied in Weiden. Erstmalig in Regers Schaffen erhielt jedes einzelne Lied aus op. 35 einen Widmungs-träger, in der Hoffnung auf eine größtmögliche Verbreitung der Lieder. Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht: Selbst in der Biografie des prominenten Widmungsträgers Ludwig Wüllner wird auf die Lieder op. 35 nur peripher verwiesen.

Regers op. 35, Nr. 3, „Traum durch die Dämmerung“, wird oft mit dem ersten Lied aus op. 29 von Richard Strauss verglichen. Regers Komposition büßt allerdings durch die eigenartige Harmonisierung des Textes an Verständlichkeit ein und bleibt in der Be-deutung weit hinter der Version von Richard Strauss zurück.

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Programm

1. Dein Auge Seit ganz mein Aug‘ ich durft‘ in deines tauchen,Auf ewig schlöss‘ ich‘s gern: ich sah genug:Kein Erdenschatten sollte mehr behauchenDen Spiegel, der das Bild des Himmels trug.

2. Der Himmel hat eine Thräne geweint Der Himmel hat eine Thräne geweint,Die hat sich in‘s Meer zu verlieren gemeint.Die Muschel kam und schloß sie ein:Du sollst nun meine Perle sein.Du sollst nicht vor den Wogen zagen,Ich will hindurch dich ruhig tragen.O du mein Schmerz, du meine Lust,Du Himmelsträn‘ in meiner Brust!Gieb, Himmel, daß ich in reinem GemütheDen reinsten deiner Tropfen hüte.

3. Traum durch die Dämmerung Weite Wiesen im Dämmergrau;die Sonne verglomm, die Sterne ziehn,nun geh‘ ich zu der schönsten Frau,weit über Wiesen im Dämmergrau,tief in den Busch von Jasmin.Durch Dämmergrau in der Liebe Land;ich gehe nicht schnell, ich eile nicht;mich zieht ein weiches samtenes Banddurch Dämmergrau in der Liebe Land,in ein mildes, blaues Licht.

4. Flieder Stille, träumende Frühlingsnacht ...Die Sterne am Himmel blinzelten mild,Breit stand der Mond wie ein silberner Schild,In den Zweigen rauschte es sacht.Arm in Arm und wie in TräumenUnter duftenden BlütenbäumenGingen wir durch die Frühlingsnacht.Der Flieder duftet berauschend weich;Ich küsse den Mund dir liebeheiß,Dicht überhäupten uns blau und weißSchimmern die Blüten reich.Blüten brachst du uns zum Strauße,Langsam gingen wir nach Hause,Der Flieder duftete liebeweich ...

5. Du liebes AugeDu liebes Auge, willst dich tauchen,In meines Aug‘s geheimster Tiefe,Zu späh‘n, wo in blauen GründenVerborgen eine Perle schliefe?Du liebes Auge, tauche nieder,Und in die klare Tiefe dringeUnd lächle, wenn ich dir dies BildAls schönste Perle wiederbringe.

6. Wenn lichter MondenscheinWenn lichter MondenscheinUm wald‘ge Gipfel schwebet,Vergessenheit er webetUm alles Erdensein,Kommst, Liebchen, heimlich dannZum Garten du gegangen,Tief hält des Schattens BannDen Rosenhag umfangen.Ganz furchtlos wirst du sein:Der Rosen dichte Hecken,Sie werden wohl versteckenIhr braunes SchwesterleinIm lichten Mondenschein.

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Max Reger Serenade G-Dur für Flöte, Violine und Viola op. 141a Vivace Larghetto Presto

Gabi Pas-Van Riet, Flöte Hans-Peter Hofmann, Violine Jone Kaliunaite, Viola

Im Jahre 1915 zog die Familie Reger in ihr eigenes Heim nach Jena, der letzten Lebens-station des Komponisten. Die idyllische Lage und die kulturelle Aufgeschlossenheit zogen ihn und seine Familie in die damals bedeutende thüringische Stadt. Im März 1915 hatte Reger die Hofkapelle in Meinigen bereits heimlich verlassen - nicht einmal von den Musikern konnter er sich verabschieden.

Reger preist 1915 in Briefen an die Witwe Hans von Bülows sein neues Leben, weit weg von dem Meininger Hofklatsch. Er lobt die „paradiesischen“ Zustände, die Unge-störtheit und Stille nach seinen unruhigen Konzertjahren. Nun kündigt sich eine späte, fruchtbare Schaffensperiode in neuem Stil und mit anderen Techniken des Komponie-rens an. In der Zeit in Jena komponiert er unter anderem zwei Serenaden für Flöte, Violine und Viola, darunter G-Dur, op. 141. Vorbild für die Besetzung ist Beethovens Serenade op. 25.

Der Verleger Henri Hinrichsen regte für op.141a eine gezielte Bearbeitung der Flöten-stimme an. Er beschreibt in seinem Brief vom 22. April 1915 die Erweiterung der Mög-lichkeiten durch den Einsatz eines Streichinstruments, dadurch würden vier Stimmen geboten werden; es bestehe somit die Wahlmöglichkeit zwischen Flöte oder Violine. Reger nimmt diesen Vorschlag an und ändert zugleich noch Teile des Notentextes, um die Flötenstimme in klanglicher, technischer und praktischer Hinsicht dem Streichin-strument besser anzupassen. Die Komposition op.141a hat einen gelösten und gele-gentlich heiteren Charakter mit klaren formalen Dispositionen.

W. A. Mozart Sonate für zwei Klaviere D-Dur KV 448 Allegro con spirito Andante Allegro molto

Myoung Hyun Seo und Hwanhee Yoo, Klavier

Mozarts Sonate D-Dur KV 448 ist eine der bekanntesten Sonaten für zwei Klaviere. Sie entstand im Jahr 1781, das eines der schöpferischsten Jahre des Komponisten in Wien war. Die Oper „Idomeneo“ beendete er im Januar, im Oktober stellte er die Bläserse-renade in Es-Dur fertig und im September des gleichen Jahres begann er die Oper „Die Entführung aus dem Serail“. Die Uraufführung spielte Mozart selbst mit einer seiner

5. Du liebes AugeDu liebes Auge, willst dich tauchen,In meines Aug‘s geheimster Tiefe,Zu späh‘n, wo in blauen GründenVerborgen eine Perle schliefe?Du liebes Auge, tauche nieder,Und in die klare Tiefe dringeUnd lächle, wenn ich dir dies BildAls schönste Perle wiederbringe.

6. Wenn lichter MondenscheinWenn lichter MondenscheinUm wald‘ge Gipfel schwebet,Vergessenheit er webetUm alles Erdensein,Kommst, Liebchen, heimlich dannZum Garten du gegangen,Tief hält des Schattens BannDen Rosenhag umfangen.Ganz furchtlos wirst du sein:Der Rosen dichte Hecken,Sie werden wohl versteckenIhr braunes SchwesterleinIm lichten Mondenschein.

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begabtesten Schülerinnen, Fräulein von Aurnhammer. Mit ihr spielte er auch das Kon-zert für zwei Klaviere in Es-Dur.

Die Ecksätze der Sonate D-Dur KV 448 sind streng in der Sonatenhauptsatzform ge-schrieben. Der Mozart-Forscher Alfred Einstein schrieb über die Sonate, diese sei „eine ideale Sinfonia für eine Opera buffa; kein Wölkchen trübt die Heiterkeit“.

- PAUSE -

Max Reger Eine romantische Suite op. 125 nach Gedichten von Joseph von Eichendorff, arrangiert für Kammerensemble von Arnold Schönberg Notturno. Molto sostenuto Scherzo. Vivace Finale. Molto sostenuto

Marie Puzzuoli, FlöteFrederik Virsik, Klarinette

Suhyon Song und Karla Assmann, ViolineYeojin Hwang, Viola

Mario Blaumer, CelloManuel Hinterhäuser, Kontrabaß

Fedele Antonicelli und Orsolya Nagy, KlavierEri Takeguchi, Harmonium

Im Frühjahr 1912 sammelte Reger auf seinen regelmäßigen nächtlichen Zugfahrten Ideen für neue Werke. Seit seiner Jugend war er Kenner und Liebhaber der Gedichte von Joseph von Eichendorff. Auf seiner Pendlerstrecke durch den Thüringer Wald nach Leipzig hatte er Zeit, sich in Eichendorffs Gedichte zu vertiefen.

Als richtunggebende Vorlage für die „Romantische Suite“ op. 125 nannte Reger „Eine Nachtmusik“ und verband die drei Sätze mit drei Gedichten, die er an sein musikali-sches Ziel anpasste. Im ersten Satz, dem Notturno, arbeitet er mit der Idee einer Mond-nacht, im Scherzo thematisiert er Elfentanz und Elfenspuk. Über dem Finale steht das literarische Motiv „Helios – Sonnenaufgang“. Reger kürzte die Gedichte zum Zwecke seiner musikalischen Adaption um die zweite Hälfte des ersten und dritten Gedichtes. Dadurch ermöglichte er offene Schlüsse, die Platz für freie Assoziation lassen.

Am 11. Oktober 1912 fand die Uraufführung der „Romantischen Suite“ op. 125 im ersten Symphoniekonzert der Kgl. Kapelle zu Dresden unter der Leitung von Ernst von Schuch statt. Max Reger widmete die Suite dem Bonner Musikdirektor Hugo Grüters.

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Die Kammerensemble-Fassung stammt von Arnold Schönberg und zeigt, welch hohen Stellenwert Reger für Schönberg hatte. (Mit der Bearbeitung für Kammerorchester be-auftragte Schönberg seinen Schüler Rudolf Kolisch. Die erste Aufführung in dieser Be-setzung fand im Oktober 1920 im Rahmen der Konzerte des Wiener Schönberg-Vereins im kleinen Musikvereinssaal statt. Vermutlich hat Schönberg das Werk nochmals für eine Aufführung in den USA im Jahr 1934 eigenhändig revidiert.)

1. NotturnoHörst du nicht die Quellen gehen Zwischen Seen und Blumen weit Nach den stillen Waldesseen,Wo die Marmorbilder stehen In der schönen Einsamkeit?

Von den Bergen sacht hernieder, weckend die uralten Lieder,Steigt die wunderbare Nacht, und die Gründe glänzen wieder,Wie du’s oft im Traum gedacht...

2. ScherzoBleib bei uns! Wir haben den Tanzplan im Tal Bedeckt mit Mondesglanze,Johanneswürmchen erleuchten den Saal,Die Heimchen spielen im Tanze.

Die Freude, das schöne leichtgläubige Kind.Es wiegt sich in Abendwinden:Wo Silber auf Zweigen und Büschen rinnt,Da wirst du die schönsten finden.

3. FinaleSteig nur, Sonne!Auf die Höhn!Schauer wehn,Und die Erde bebt vor Wonne.

Kühn nach obenGreift aus NachtWaldespracht,Noch von Träumen kühl durchwoben...

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9. HfM-Woche der KammermusikMozart & Reger

Veranstalter:Hochschule für Musik Saar in Zusammenarbeit mit SR2 KulturRadio Mit freundlicher Unterstützung der Vereinigung der Freunde und Förderer der HfM Saar (FuF)

Künstlerische Leitung: Prof. Tatevik Mokatsian

Programmtexte: Carolin Geyer (Studentin des Master-Studiengangs Kulturmanagement)Redaktion und Gestaltung: Thomas Wolter

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