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Kursgliederung Die Niere ist Thema des Grund-, Aufbau- und Abschlusskurses. Der Inhalt dieses Abschnitts umfasst die sonographische Darstellung der normalen Nieren und sonographische Kriterien der wichtigsten patho- logischen Befunde. D Grundkurs: Topographie und Sonoanatomie der Nieren. Sonogra- phische Kriterien des Normalbefunds. Untersuchungstechnik. Allge- meine sonographische Pathologie. Anomalien der Nierenanlage, Lage und Form. D Aufbaukurs: Diagnostik der Nierenparenchymerkrankungen (Diffe- renzialdiagnose der großen Nieren, der verkleinerten Nieren und Nieren mit echoreichen Markpyramiden). Pathologie des Nierensi- nus (Harnwegsobstruktion, Ursachen und Differenzialdiagnose) so- wie Diagnostik und Differenzialdiagnostik einfacher zystischer und solider Raumforderungen. D Abschlusskurs: Problematik der Transplatatniere (akute und chroni- sche Abstoßung, Differenzialdiagnose), komplexe fokale sowie peri- renale Veränderungen. 219 Kapitel 9 9 Niere J. Tuma, C.F. Dietrich

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Kursgliederung

Die Niere ist Thema des Grund-, Aufbau- und Abschlusskurses. DerInhalt dieses Abschnitts umfasst die sonographische Darstellung dernormalen Nieren und sonographische Kriterien der wichtigsten patho-logischen Befunde.D Grundkurs: Topographie und Sonoanatomie der Nieren. Sonogra-

phische Kriterien des Normalbefunds. Untersuchungstechnik. Allge-meine sonographische Pathologie. Anomalien der Nierenanlage,Lage und Form.

D Aufbaukurs: Diagnostik der Nierenparenchymerkrankungen (Diffe-renzialdiagnose der großen Nieren, der verkleinerten Nieren undNieren mit echoreichen Markpyramiden). Pathologie des Nierensi-nus (Harnwegsobstruktion, Ursachen und Differenzialdiagnose) so-wie Diagnostik und Differenzialdiagnostik einfacher zystischer undsolider Raumforderungen.

D Abschlusskurs: Problematik der Transplatatniere (akute und chroni-sche Abstoßung, Differenzialdiagnose), komplexe fokale sowie peri-renale Veränderungen.

219Kapitel 9

9 Niere

J. Tuma, C.F. Dietrich

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9 Niere

Abb. 9.1: Rechte Niere längs.L = Leber, Mp = Musculuspsoas.

Abb. 9.2: Rechte Niere quer.Gb = Gallenblase.

1 2

Abb. 9.3: Linke Niere längs.Mi = Milz, Mp = Musculuspsoas.

Abb. 9.4: Linke Niere quer.Mp = Musculus psoas.

3 4

Abb. 9.5: Niere quer/Nieren-anatomie (Patient in Bauch-lage, Schallkopfführung vondorsal). L = Leber, Mql =Musculus quadratus Lum-borum, Mp = Musculs psoas.

Abb. 9.6: Nierengefäße. Vci =V. cava inferior, Ao = Aorta,Vrs = Vena renalis sinistra.

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Standardschnittebenen Kapitel 9

Abb. 9.7: Schematische Darstellung der Schallkopfpositionen (SKP) für die korrespondierenden Stan-dardschnittebenen 1–6 (Schallkopfführung 5 von dorsal, Patient in Bauchlage). Die Schnittebenender meisten nachfolgenden Ultraschallbilder lassen sich durch die am Ende der Legende eingefügteSchallkopfposition leicht nachvollziehen.

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Topographie

Die Nieren werden in der Nachbarschaft vonLeber und Milz, zum M. psoas und den gro-ßen Bauchgefäßen gesucht. Die Beachtungder Achsenlage einer normalen Niere ist für

die korrekte Ausmessung der Nierengrößesowie für das Erkennen von Lageanomalienwichtig (s. Abb. 9.9).

Die Nierenagenesie ist in einem ver-gleichbaren Schnitt in Abbildung 9.10 darge-stellt.

222 9 Niere

Abb. 9.9: Normale Niere.Typischer Flankenschnittrechts. Die Niere liegt aufdem Musculus psoas, ven-tral befindet sich die Leber.Im Transversalschnitt sind

die Nieren lateral der Wirbelsäule lokalisiert unddie Hili nach ventromedial gerichtet [SKP 1].

Abb. 9.10: Nierenagenesie.Typischer Flankenschnittrechts. Die Niere transhepa-tisch (Fettleberbild) ist nichtauf dem Musculus psoas(BG) auffindbar, und die

kontralaterale Niere hypertrophiert (15 cm, hiernicht dargestellt) [SKP 1].

Abb. 9.8: Achsenlage und topographische Nachbarschaftsbeziehungen der Nieren.

Abweichung der unteren Nierenpolenach lateral

Achsenstellung des Nierenhilus nachvorn medial im Querschnitt

Ansteigen des unteren Nierenpolsnach ventral im Sagittalschnitt

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Anatomie

Der makroskopische Aufbau der Niere lässtsich sonographisch gut abbilden: die äußereNierenkapsel begrenzt bei adipösen Patien-ten den perirenalen Fettkörper, die innereNierenkapsel repräsentiert die echostarkeNierenkontur.

Das Parenchym ist durch die echoreichereNierenrinde und die 8–14 echoärmeren Mark-pyramiden differenzierbar, die konisch zurGrenze des Nierensinus zulaufen. Zwischenden Pyramiden reicht die Nierenrinde bis aufdie Sinusgrenze. Die Basis der Pyramiden istvon den hellen Reflexwänden der Aa. arcua-tae begrenzt. Der stärker echogene und inho-mogene Nierensinus ist im Längsschnitt ovalinmitten des Parenchyms zu sehen, im Quer-schnitt hufeisenförmig von diesem umfasst.Die Reflexe des Nierensinus stammen ausSinusfett, dem Nierenbeckenkelchsystem,Gefäßen sowie peripelvinem Lymph- undBindegewebe. Bei älteren Personen mit reich-lichem Sinusfett sind die Gefäße sowie dasNierenbeckenkelchsystem i.d.R. soweit spalt-förmig eng gestellt, dass einzelne Strukturenkaum auseinander zu halten sind. Bei Jugend-lichen und asthenischen Personen mit sehrwenig Sinusfett sind sowohl die Gefäße alsauch das Nierenbeckenkelchsystem als tubu-läre Strukturen im Nierensinus zu erkennen.

Das urinableitende Hohlsystem ist insbe-sondere bei Aufstau als ein sich im Sinus indie Kelche verzweigendes, echofreies tubulä-res Gebilde zu sehen. Der Ureter zieht ausdiesem Gebilde nach kaudal.

Die Nierenvene kann man aus der V. cavaregelmäßig verfolgen, rechts zieht sie geradezur Vena cava, links i.d.R. zuerst im Winkelzwischen Aorta und A. mesenterica superiornach lateral und dann nach dorsal zur Niere.Die linke Nierenvene kann insbesondere beischlanken jungen Frauen zwischen den gro-ßen arteriellen Gefäßen wie in einem Nuss-knacker eingeklemmt werden (Nussknacker-Syndrom, wenn Symptome auftreten).

223Anatomie Kapitel 9

Abb. 9.11: Sonographisch erfassbare Elementeder Niere.a) Längsschnittb) Querschnittm = Markpyramide: Reflexschwach, fast echo-frei, unterschiedliche Form durch variableSchnitte.r = Rindenzone: Reflexstärker als die Markpyra-mide, zieht als Parenchymbrücke zwischen diePyramiden.aa = Aa. arcuatae: Heller Doppelreflex an derMark-Rinden-Grenze.s = Nierensinus: Enthält Bindegewebe, Fett,Gefäße und das Pyelon.vr = V. renalis; ar = A. renalis; U = Ureter; f = Fett-kapsel.

arvr

rm

aa

sU

f

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Normalbefund

Größe

D Länge: 9–14 cm (im Längsschnitt gemes-sen)

D Breite: 4–6 cm (im Querschnitt gemes-sen)

D Dicke: 4–6 cm (im Querschnitt gemes-sen)

Aus diesen Messungen wird mittels der Elip-soidformel das Nierenvolumen errechnet:

Volumen (ml) = a x b x c x 0,5 (geschätz-tes Volumen)

Das normale Nierenvolumen korreliert mitder Körperoberfläche.

Normales Nierenvolumen: 100–170 ml/1,73 m2 KOF

Für die korrekte Ausmessung der Nierenvolu-mina ist die Beachtung der Nierenlängs- undquerachsen besonders wichtig. In der Praxisgelten Nieren mit einem Volumen > 200ml/1,73 m2 KOF als vergrößert und < 80ml/1,73 m2 KOF als verkleinert.

Parenchymbreite

Die Parenchymbreite wird von der Nieren-kontur bis zur Spitze einer Pyramide gemes-sen.

Normale Parenchymbreite: 14–18 mm.

Die Parenchymbreite benützt man gerne alsVerlaufsparameter. Sie sollte immer an dergleichen Papille gemessen werden (s. Abb.9.12). Besonders wichtig ist dies bei derÜberwachung von Nierentransplantaten.

Form und Kontur

Die Kontur der Niere ist glatt. Bei Kindernkommt öfter eine gewellte Kontur (Renkulie-rung) vor, gelegentlich sieht man dies aberauch bei Erwachsenen. Dann ist die Oberflä-che buckelig mit glattrandigen feinen Einzie-hungen, die sich zwischen den Markpyrami-den befinden. Ein Renkulus bildet eine Pyra-mide mit der zugehörigen Rinde.

Echomuster

Die normale Nierenrinde reflektiert etwasschwächer als die Leber und Milz, deutlichweniger stark als der Nierensinus und dasretroperitoneale Fettgewebe, jedoch stärkerals die Markpyramiden.

Untersuchungstechnik

Der Patient wird zuerst in Rückenlage unter-sucht. Die Längsachse der Niere wird imFlankenschnitt gesucht. Das Parenchym um-gibt den eher oval abgebildeten Sinus, derNierenhilus wird schallkopffern gesehen. Oft

224 9 Niere

Abb. 9.12: Aufnahme inBauchlage: So stört die hin-ter der Niere liegendeKolonluft nicht. Die richtigeMessung der Parenchym-breite erfolgt von der Papil-

lenspitze bis zur Nierenkontur [SKP 5].

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ist die Darmluft störend, besonders bei derUntersuchung der linken Niere. Der Patientwird in diesem Falle auf die rechte Seite gela-gert. In der gleichen Position wird dann dieNiere in der kurzen Achse (90° zur Längsach-se) untersucht. Das Parenchym umfasst huf-eisenförmig den reflexreichen Nierensinus.Die Untersuchung wird bei Besonderheitenim Stehen fortgesetzt. Man entdeckt dieSenkniere (Senkung der Niere von mehr als 5cm). In der Bauchlage kann die Untersu-chung abgeschlossen werden. Die Bauchla-ge ist besonders bei Kleinkindern vorteilhaft.Manche Zentren untersuchen regelmäßig imStehen und in der Bauchlage.

Die Niere wird zuerst in der Längs- undanschließend in der Kurzachse betrachtet.Manche kleine Nierenkarzinome sind nur indieser Lagerung darstellbar. Es ist wichtig, dieAtemverschieblichkeit der Niere über demM. psoas sowie die Verschiebung der Leberund Milz gegenüber der Niere zu beachten.Somit können zystische und solide Raumfor-derungen dem jeweiligen Organ zugeordnetwerden. Eine fehlende Beweglichkeit derNiere gegenüber dem M. psoas deutet aufeinen paranephritischen Abszess (oder eineTumorinfiltration).

Allgemeine sonographischePathologie

Einzeln oder in Kombination können Abwei-chungen von der normalen Gestalt der Nierezur systematischen Analyse pathologischerZustände genützt werden.

Lage und Form

Bei dystopen Nieren wird nicht nur die abnor-me Lokalisation der Niere (z.B. Beckenniere),sondern auch eine abnorme Nierenachse(Rotationsanomalie, z.B. Nierenbecken nachventral gerichtet) beobachtet. Die veränderteNierenform unter Beibehaltung der architek-tonischen Elemente – der Nierenrinde, derPyramiden und des Sinus renalis – kommt beidiversen Formen der Verschmelzungsanoma-lien (Hufeisenniere, Kuchenniere etc.) vor.

Größe

Bei akuten Nierenerkrankungen (z.B. akuteGlomerulonephritis, Pyelonephritis) werdeni.d.R. vergrößerte Nieren beobachtet (> (13–)

225Allgemeine sonographische Pathologie Kapitel 9

konventionell B-Bild-sono-graphisch (a) [SKP 5]

und farbduplexsonogra-phisch (b) [SKP 5].

Abb. 9.13a, b: Detail der Nierenarchitektur mit Pyramide und Nierenrinde

a b

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14 cm im Longitudinaldurchmesser, 200ml/1,73 m2 KOF), bei chronischen Erkran-kungen (z.B. chronische Glomerulonephri-tis, Pyelonephritis oder Analgetikanephropa-thie) kommen oft verkleinerte Nieren vor(< 9–)– 10 cm; – < 80 ml/ 1,73 m2 KOF.

Kontur

Abweichend von der üblichen glatten Kon-tur, ist sie bei der Renkulierung wellig mitfeinen Einziehungen. Diese sind Folgeneiner unvollständigen Verschmelzung derfetalen Renkuli und kommen oft bei Klein-kindern, seltener auch bei Erwachsenen vor.Auch noch bei Erwachsenen können sichtypische Fusionsdefekte manifestieren.

Die bucklige Andeutung der Renkulie-rung wird auch bei akuten Nierenerkrankun-gen beobachtet, und in manchen Fällenbetrifft die akute Pyelonephritis nur einzelneRenkuli. Nach Abklingen der akuten Erkran-kung normalisiert sich das Bild.

Vaskuläre Narben sind keilförmige, meistspitzwinklige Defekte der Kontur. Ähnlichwie die Renkulierung, befinden sich auchdiese Narben zwischen den Markpyramiden.Das Nierenparenchym der Umgebung istunauffällig, die Kontur ist nicht bucklig, undauch das Pyelon zeigt keine Abnormitäten.Die pyelonephritische Narbe ist flach kon-kav, in dessen Epizentrum liegt die Markpy-ramide. Diese Narbe entsteht dadurch, dassbei chronischer Pyelonephritis ein Renkulusschrumpft, echodichter wird und eine flach-konkave Kontur infolgedessen aufweist. Manfindet bei der chronischen Pyelonephritisauch diskrete Kelcherweiterungen und Pye-lonwandverdickungen (> 2mm).

Echomuster des Nierenparenchyms

Der anatomische Aufbau der Rinde mit derkomplexen Architektur der Glomerula undgewundenen Tubuli, und damit vielen Grenz-flächen für Echoreflexe, kontrastiert mit demAufbau der Markpyramiden, wo sämtlicheStrukturen (Sammelrohre, Gefäße, Henle-Schleifen) parallel verlaufen. Ein Ödem verur-sacht daher eine Zunahme der Echointensitätin der Rinde, nicht aber im Mark.

Bei vielen akuten und chronischen Er-krankungen kommt es zur Zunahme derEchointensität der Nierenrinde. In den meis-ten Fällen wird dieses Phänomen durch eininterstitielles Ödem und/oder interstitielleInfiltrate verursacht (akute Glomeruloneph-ritis und Pyelonephritis, Amyloidose, Trans-plantatabstoßung etc.).

Seltener kommt es zu einer Abnahme derEchointensität in der Rinde, z.B. währendeiner akuten Nierenvenenthrombose oderinfolge einer schweren Rechtsherzinsuffi-zienz.

Auch die Markpyramiden zeigen Abnor-mitäten: echoarm bei vielen akuten Erkran-kungen (z.B. akute Glomerulonephritis, aku-te Transplantatabstoßung), selten jedochauch echoreich, z.B. bei medullärer Nephro-kalzinose. Sonographisch fassbare Verände-rungen können sich aber auch nach derintravenösen Gabe eines Schleifendiureti-kums, auch bei normaler Nierenfunktion,finden.

Architektur

Eine generalisierte Zerstörung der normalenArchitektur gibt es einerseits bei Zystennie-ren, andererseits bei fortgeschrittenen Sta-dien der chronischen Pyelonephritis sowiebei neoplastischen Veränderungen.

226 9 Niere

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Spezielle sonographische Befunde

Anomalien der Anlage, Lage und Form

RotationsanomalienEine ausgebliebene oder übermäßige Rotati-on lässt sich vermuten, wenn der Nierenhi-lus die Niere an atypischer Stelle, meist nachventral, verlässt (s. Abb. 9.14). Oft sind Rota-tionsanomalien mit der Nierendystopie ver-bunden. Verwirrende Bilder, die zur Ver-wechslung mit soliden RaumforderungenAnlass bieten, können durch eine nur teil-weise Rotation und dadurch bedingte, unge-wöhnliche Parenchymschnitte entstehen.

Agenesie, Aplasie, Hypoplasie, Dystopie,Nephroptose Findet man an der typischen Stelle keineNiere vor, so kann diese entweder nichtangelegt, verlagert oder in einem solchenMaße geschrumpft sein, dass sie von derUmgebung nicht mehr unterscheidbar ist.Bei sorgfältiger Suche wird man jedoch auchbei extremer Schrumpfung Anteile der ehe-maligen Niere finden.

Bei Agenesie fehlt die gesamte Nierenan-lage, bei Aplasie kann im Bereich des Urete-rostiums oder an den Samenblasen ein zysti-scher Degenerationsrest des ehemaligen

Wolf-Gangs gefunden werden. Die zystischeNierendysplasie ist oft orthotop, gelegent-lich auch dystop gelegen und besteht ausvariabel aufgebauten Zystenkomplexen.

Die hypoplastische Niere ist klein (< 80ml/1,73 m2 KOF), hat jedoch eine normaleStruktur, die Nierenrinde ist eher echoarm,die Parenchymbreite beträgt < 13 mm(s. Abb. 9.14).

Dystope Nieren sind im gesamten Retro-peritoneum zu suchen. Sie sind oft von nor-maler Struktur, meist kleiner und in ihrerAchsenlage verändert und am Abgang desNierenhilus erkennbar.

Dynamische Lageanomalien wie Neph-roptose (Senkniere, Wanderniere), also einAbsinken im Stehen um > 5 cm, könnenwährend einer korrekten Untersuchung guterkannt werden.

Doppelnieren, Hufeisenniere, KuchenniereÜberzählige, vollständig getrennte Nierenmit doppeltem Nierenbecken sind selten zusehen. Häufiger verschmelzen solche Nierenund bilden eine Doppelniere. Diese ist dannlang, der Sinus ist durch eine Parenchymbrü-cke unterbrochen. Die Kontur zeigt eineEinziehung. Manchmal ist der untere Teil der Doppelniere malrotiert (Sigmoidniere)(s. Abb. 9.16). Ob auch das Nierenbeckenund der Harnleiter doppelt angelegt sind, istnur mittels intravenöser Pyelographie oderanderweitiger Kontrastmitteltechniken zuklären.

Sind die Nieren am Unterpol verschmol-zen, so entsteht eine Hufeisenniere (s. Abb.9.17). Die Anteile des Parenchyms liegendann vor der Aorta und dürfen nicht miteiner soliden Raumforderung verwechseltwerden (s. Abb. 9.18).

Bei totaler Verschmelzung findet sichein gemeinsames Parenchym mit zwei Nie-renbecken. Die Kuchenniere ist eine vordem Sakrum lokalisierte, total verschmolze-ne Niere mit einem einzigen Ureter (s. Abb.9.19).

227Spezielle sonographische Pathologie Kapitel 9

Abb. 9.14: Nierenhypoplasie.Die Niere ist malrotiert undliegt dystop auf dem M.iliopsoas [SKP 1].

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228 9 Niere

Abb. 9.15: Anomalien der Nierenanlage.

Rotationsanomalie. Pseudotumordurch Ventalrotation und Überpropor-tionierung des medialen Segments

Fusionsrelikt. Fibröse Einschnürungdurch Zusammenschluss von kra-nialen und mittleren Abschnitten(keine Infarktnarbe)

Hyperplastische Bertini-Säule(Parenchymzapfen). Einengung desSinus durch Fusion von Parenchym-anteilen

Doppelniere. Es findet sich einesehr lange schmale Niere mit unter-brochener Kontur und doppeltemSinus

Doppeltes Nierenbecken. Paren-chymbrücke in einem unterbroche-nen Sinus

Abb. 9.16: Sigmoidniere mitnormaler Sonomorphologieder kranialen Hälfte undmit nach ventral gerichte-tem Hilus der malrotiertenNiere (Pfeil) [SKP 3].

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229Spezielle sonographische Pathologie Kapitel 9

konventionell B-Bild-sono-graphisch (a) [SKP 6]

und farbduplexsonogra-phisch (b). VCI: V. cava infe-rior [SKP 6].

Abb. 9.17a, b: Hufeisenniere (HUF) mit Parenchymbrücke ventral der Aorta,

Abb. 9.18: Lymphom. Retro-peritoneal, vor und seitlichder Aorta gelegenes Lym-phom, eine Hufeisennierevortäuschend [SKP 6].

Abb. 9.19: Die Kuchenniereliegt präsakral und füllt fastdas ganze Becken aus.Zusätzlich finden sicherweiterte Kelche bei Mega-kalikose [SKP 6].

a b

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Pathologie des Nierenparenchyms(Aufbaukurs)

Vergrößerte Nieren

Als vergrößert gelten Nieren mit einem Lon-gitudinaldurchmesser > (13–) 14 cm oder al-ternativ mit einem Volumen von über 200ml/1,73 m2 KOF.

Vergrößerte Nieren mit echonormaler RindeBei Nierenhypertrophie kompensatorischoder bei Einzelniere ist die Niere vergrößert,die Parenchymbreite liegt meist über 20 mm,die Rinde ist echonormal oder diskret echo-reicher, die Pyramiden sind unauffällig. Aberauch eine schwächer echogene Rinde wirdbeobachtet, beispielsweise bei der Hanta-Virusinfektion.

Vergrößerte Nieren mit echoreicher RindeAkute Nephritis. Die akute Nephritis ist kli-nisch durch Hämaturie und Hypertonie und/oder Niereninsuffizienz und/oder Ödeme de-finiert. Es kommen systemische und idiopa-thische, akute und rasch progressive Glome-rulonephritisformen vor. Die Nieren sindvergrößert, die Rinde ist stark echogen(s. Abb. 9.20). Die Pyramiden sind bei echo-armen Markpyramiden sehr gut sichtbar. Bei

sehr akuten Formen mit extremen Ödemensieht man eine Buckelung der Kontur i.S.von angedeuteter Renkulierung.

Nephrotisches Syndrom. Das nephrotischeSyndrom ist als Proteinurie > 3,5 g/24 h/1,73m2 KOF definiert. Ätiologisch gibt es Glume-rulonephritisformen im Rahmen einer Sys-temerkrankung sowie idiopathische Formen.Histologisch findet man oft eine Nephropa-thie mit Minimalveränderungen, seltenereine membranöse oder membranoprolifera-tive Glomerulonephritis. Die Nierengrößeliegt i.d.R. im oberen Normbereich oder istleicht vergrößert und weist eine geringeZunahme der Echostärke in der Rinde undeine Betonung der echoarmen Pyramidenauf. Nephrotische Ödeme verursachen gele-gentlich einen echoarmen Randsaum um dieNiere herum.

Diabetische Nephropathie. Die diabetischeNephropathie ist heute die häufigste Ursacheeiner terminalen Niereninsuffizienz. InFrühstadien manifestiert sich diese mit ei-nem nephrotischen Syndrom (s. Abb. 9.21),später mit progressiver Niereninsuffizienz.Die Nieren sind in den Frühstadien vergrö-ßert und bleiben auch im terminalen Stadi-um der Niereninsuffizienz noch groß. Die

230 9 Niere

Abb. 9.20: Akute Glomerulo-nephritis. Akute Glomerulo-nephritis mit großer Niere,echoreicher Rinde, promi-nenten Markpyramidenund einem typischen perire-

nalen Flüssigkeitssaum (rechts im Bild) [SKP 1].

Abb. 9.21: Vergrößerte Nieremit echoreicher Rinde undverwaschener Abgrenzungim Frühstadium der diabeti-schen Nephropathie [SKP 3].

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Ränder sind echoreich und die Pyramidendeutlich echoärmer demarkiert.

Akute interstitielle Nephritis. Bei akuter inter-stitieller Nephritis (z.B. bei Leptospirose,nach Penicillin oder nicht steroidalen Anti-rheumatika) entstehen sonomorphologischähnlich unspezifische Bilder wie bei einerakuten Glomerulonephritis. Ähnlich wie beieiner progressiven Glomerulonephritis nor-malisiert sich das Ultraschallbild nachAbklingen der akuten Erkrankung.

Akute Tubulusnekrose. Die Sonomorphologiebei akuter Tubulusnekrose reicht von einemsonographisch unauffälligen Bild (oft beiKreislaufschock) bis hin zu vergrößerten Nie-ren mit echoreicher Rinde und prominen-ten, echoarmen Pyramiden (oft bei toxisch-bedingter Tubulusnekrose, z.B. durch Ami-noglykoside oder bei Crush-Niere).

Amyloidose. Vergrößerte Nieren mit echorei-cher Rinde und prominenten Pyramidenwerden auch bei der Amyloidose beobachtet.Ähnlich wie bei der akuten und rasch pro-gressiven Glomerulonephritis korreliert dieZunahme der Echointensität mit der Abnah-me der Nierenfunktion (s. Abb. 9.22).

Akute Pyelonephritis. Schwere Fälle von Pye-lonephritis zeigen einseitig oder auch beid-seitig eine diffuse Vergrößerung des Organsmit echoreicher Rinde und prominentenechoarmen Pyramiden. Ultraschallgeräte mitguter Auflösung zeigen bei akuter Pyelitiseine deutliche Verdickung der Pyelonwandauf > (2–) 3 mm (normal < 1 mm). Gleichzei-tig kommt es als Ausdruck der gestörten Pye-lonmotorik zur einer leichten Ausweitungdes Pyelonsystems (s. Abb. 9.23). Manchmalfindet man lediglich einen Teil der Niere, derakut vergrößert und echoreich ist. Normaler-weise handelt es sich hierbei um einzelne,befallene Renkuli. Der Rest der Niere er-scheint normal, nur die Pyelonverdickungdeutet auf eine Pyelitis hin. Solche Verände-rungen führten bereits zu tragischen Ver-wechslungen mit Malignomen und zu unnö-tigen Nephrektomien. Diese fokalen Pyelo-nephritiden werden durch das Eindringender Bakterien via pyelorenalem Reflux derflachen oder konkaven Papillen verursacht.

Zusammenfassung. Vergrößerte Nieren mitechoreicher Rinde kommen bei einer Reihevon meist akuten Nierenparenchymerkran-kungen vor. Die Zunahme der Echogenitätwird hauptsächlich durch ein interstitiellesÖdem und/oder interstitielle Infiltrate verur-

231Pathologie des Nierenparenchyms (Aufbaukurs) Kapitel 9

Abb. 9.22: Große echoreicheNiere bei Amyloidose[SKP 1].

Abb. 9.23: Pyelonephritis.Das Pyelon ist erweitert,enthält einen Flüssigkeits-spiegel (klinisch Pyurie),und die Pyelonwand ist alsAusdruck der Pyelitis ver-

dickt, Bild einer Pyoneprhrose [SKP 2].

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sacht. Nach Abklingen der akuten Sympto-matik (akute interstitielle Nephritis, akuteGlomerulonephritis) oder durch erfolgreicheTherapie (rasch progressive Glomeruloneph-ritis, akute Pyelonephritis) kommt es zurNormalisation der Nierenfunktion und dessonographischen Befunds. Da in den meis-ten Fällen die Zunahme der Echogenität derRinde mit der Abnahme der Nierenfunktionkorreliert, sollte ein Befund der echoreichenRinde eine sofortige Bestimmung des Serum-kreatinins und des Kaliums induzieren.

Vergrößerte Nieren mit echoarmer RindeVergrößerte Nieren mit echoarmer Rindekommen selten vor. Sie wurden bei schwererakuter Rechtsherzinsuffizienz sowie bei einerfrischen Nierenvenenthrombose beobachtet.

Verkleinerte Nieren

Verkleinerte Nieren mit einem Longitudinal-durchmesser < (9–) 10 cm oder alternativ miteinem Nierenvolumen < 80 ml/1,73 m2 KOFkommen bei Nierenhypoplasie, vaskulären

Nierenerkrankungen, sowie bei chronischenParenchymerkrankungen vor.

Verkleinerte Nieren mit echoreicher RindeChronische Glomerulonephritis und chroni-sche nicht-destruktive interstitielleNephritis. Die Nieren sind bei einer chroni-scher Glomerulonephritis und chronisch-interstitieller Nephritis verkleinert, die Kon-tur ist feingranulär, die Nierenarchitekturmit echoreicherer Rinde und echoarmenPyramiden ist gut erkennbar (s. Abb. 9.24).

Chronische Pyelonephritis. Bei chronischerPyelonephritis kommt es zur Schrumpfungdes Organs mit anfänglich typischen flach-konkaven pyelonephritischen Narben undeiner Verdickung der Pyelonwand (s. Abb.9.25).

In fortgeschritteneren Stadien ist die nor-male Nierenarchitektur immer wenigererkennbar, die Niere wird echoreicher unddas Nierenparenchym ist vom Nierensinuskaum mehr unterscheidbar. Eine spezielleVerlaufsform der Pyelonephritis ist diexanthogranulomatöse Pyelonephritis, die

232 9 Niere

Abb. 9.24: Verkleinerte,echoreiche Niere mit deutli-chen Markpyramiden beichronischer Glomerulo-nephritis [SKP 3].

Abb. 9.25: Chronische Pyelo-nephritis. Die chronischePyelonephritis führt zueiner echoreichen Verdi-ckung des Pyelons (wie hierbei einer Patientin mit

Nephrolithiasis gezeigt) und in der Folge zuflach-konkaven Narben und im Spätstadium zueiner Verschmälerung des Parenchyms, demunspezifischen Endstadium vieler Nierenerkran-kungen [SKP 3].

Ultraschall Kap09.qxd 24.11.2005 09:55 Seite 232

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auf dem Boden einer Harnabflussstörungund Infektion entsteht.

Die Nierentuberkulose führt zu Paren-chymverkalkungen und Stenosen im Bereichder ableitenden Harnwege. Oft werdenKelchhalsstenosen mit konsekutiver Erweite-rung der Kelche neben postentzündlichenSchrumpfungen beobachtet.

Verkleinerte Nieren mit echonormaler undechoarmer NierenrindeNierenhypoplasie. Die Nierenhypoplasiewurde bereits bei den Missbildungen er-wähnt. Sie kann eine fast normale, i.d.R.echoärmere Rinde vorweisen. Die Kontur istglatt. Es gibt Kombinationen mit Dystopieund Malrotation.

Benigne Nephrosklerose. Oft findet man kei-ne Besonderheiten bei diesen Nieren, dielediglich verkleinert sind. Gelegentlich ent-deckt man vaskuläre Narben. Die Echogeni-tät der Rinde ist normal oder vermindert. DieNephrosklerose tritt bei Patienten mit lang-jähriger Hypertonie und/oder fortgeschritte-ner Arteriosklerose auf und kann zu progre-dienter Niereninsuffizienz führen.

Nierenarterienstenose. Die Nierenarterien-stenose führt ebenfalls zu einer Nierenver-

kleinerung, die Rinde ist in den meisten Fäl-len echoarm, was durch die Atrophie desOrgans verursacht wird. Mit typischen Nie-renarterienflusskurven können diese Nierenvon der oft ähnlichen Nierenhypoplasieunterschieden werden (s. Abb. 9.26).

Nieren mit echoreichen Markpyramiden

MarkschwammnierenEs handelt sich um eine kongenitale Fehlbil-dung der Sammelrohre, die zystisch erwei-tert und mit kleinen Konkrementen verse-hen sind. Die Pyramiden erscheinen starkechogen, feine Schallschatten ergänzen dastypische Bild. Das restliche Nierenparen-chym ist i.d.R. unauffällig (s. Abb. 9.27).

AnalgetikanephropathieDer massive Phenazetin-Abusus und mögli-cherweise auch der Missbrauch andererAnalgetika führt zur Kapillarosklerose derMarkgefäße und in der Folge zu Papillenne-krosen. In Frühstadien beobachtet man le-diglich diskrete Befunde an den Papillenspit-zen. In fortgeschritteneren Stadien mit pro-gredienter Niereninsuffizienz kommt es zurZerstörung der Papillen, deren Abgang undzur Schrumpfung der gesamten Niere. Die

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Abb. 9.26: Rechte Niereechoarm, verkleinert, Paren-chym 8mm, linke Niere un-auffällig, Parenchymbreite14 mm bei Nierenarterien-stenose rechts [SKP 1 und 3].

Abb. 9.27: Markschwamm-niere mit kleinzystischenVeränderungen und Verkal-kungen in den Markpyrami-den [SKP 1].

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Analgetikanephropathie ist oft mit chroni-scher Pyelonephritis kombiniert (verursachtdurch pyelorenalen Reflux der zerstörtenPapillen) (s. Abb. 9.28).

Medulläre NephrokalzinoseZustände, welche zu einer chronischen Hy-perkalziurie führen, können echogene Pyra-miden erzeugen (s. Abb. 9.29). Die wichtigs-ten sind ein primärer Hyperparathyreoidis-mus, Sarkoidose und Plasmozytom.

Chronische HypokaliämieBei Conn- und Bartter-Syndrom sowie bei mas-sivem chronischen Diuretika-Abusus werdenebenfalls stark echogene Pyramiden gefunden.

Nierenversagen bei NeugeborenenBei Neugeborenen mit Sauerstoffmangelwährend der Geburt kommt es zu einemüber wenige Tage andauernden Nierenversa-gen. Auch hier werden extrem echodichtePyramiden beobachtet. Als Ursache dieserreversiblen Veränderung wird ein akuterAusfall des Tamm-Horsfall-Proteins in denSammelrohren vermutet.

UratnephropathieBei der akuten Uratnephropathie, die durchplötzlichen Anfall großer Harnsäuremengenentsteht (etwa bei Zellzerfall von Tumorenunter Chemotherapie), sieht man eine er-hebliche Volumenzunahme und eine echo-gene Niere. Diese Veränderungen sind durchAusfall der Harnsäurekristalle in den Tubuliund daraus folgender Harnwegsobstruktionauf tubulärem Niveau verursacht. Manchmalwird die Kristallbildung vorwiegend in denSammelrohren lokalisiert, sie tritt dann, ver-

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Frühstadium der Analgeti-kanephropathie (a) mitechoreichen Papillennekro-sen (Pfeile) bei Zustandnach massivem Saridon-Abusus [SKP 1]

und Eigenniere 10 Jahrenach Nierentransplantation(b). Winzige Niere mit im-mer noch sichtbaren, echo-reichen Papillennekrosen[SKP 1].

Abb. 9.28a, b: Analgetikanephropathie.

Abb. 9.29: Echoreiche Mark-pyramiden bei medullärerNephrokalzinose [SKP 3].

a b

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Abb. 9.30: Diffuse Nierenveränderungen.a) Fusionsrelikt. Die renkulierte Niere zeigt eine reflexstarke schmale Bandverbindung zum Sinus als

Hinweis auf die Verschmelzung der Nierenlobuli.b) „Große echoarme Niere“. Vergrößerung, Abrundung der Form, Abnahme der Echostärke der Nie-

renrinde bei akuter Venenthrombose und Rechtsherzinsuffizienz.c) Reflexive Markkegel. Zunahme der Reflexstärke der Markpyramiden bei Markschwammniere,

medullärer Nephrokalzinose, chronischer Hypokaliämie, Analgetikanephropathie und Uratneph-ropathie.

d) „Kleine echoarme Niere“. Verkleinerte, echoarme Niere bei Nierenarterienstenose.e) „Kleine echoreiche Niere“. Verkleinerte, jedoch nicht destruierte Niere bei chronischen Paren-

chymerkrankungen ohne Narbenbildung.f) „Große echoreiche Niere“. Vergrößerung der Niere, Abrundung der Form, Zunahme der Reflexivi-

tät der Nierenrinde unterschiedlicher Ausprägung, betonte echoarme Markpyramiden bei akutenParenchymerkrankungen.

g) Vaskuläre Narbe. Dreieckförmige Einkerbung der Kontur zwischen Markpyramiden lokalisiert.h) Pyelonephritische Narbe. Flach konkave Einsenkung der Kontur mit Parenchymverschmälerung

und Echoverdichtung der Rinde, im Epizentrum der Narbe eine Markpyramide mit umschriebenerKelcherweiterung.

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bunden mit einer isolierten Echoverstärkungder Markpyramiden, auf.

Pathologie des Nierensinus

Normvarianten

Der Nierensinus zeigt sonographisch eine gro-ße Formenvielfalt von fast homogener, echo-reicher Gestalt bis hin zu einem komplexeren,verästelten Aufbau. Entscheidend sind dabeidie Menge und das Echoverhalten des Sinus-fetts. Bei Kindern und schlanken Jugendli-chen mit wenig Sinusfett sind als echofreietubuläre Strukturen Pyelonanteile und Gefä-ße, v.a. breite Nierenvenen, sichtbar. Bei älte-ren Menschen kann das Sinusfett fast echofreierscheinen und somit zu differenzialdiagnos-tischen Schwierigkeiten führen.

Hydronephrose

Bei einer Erweiterung des Nierenbeckenkelch-systems grenzen sich die Kelche und Nieren-becken als ineinander übergehende und inden erweiterten Ureter verfolgbare echofreieRäume gegen den restlichen Sinus ab. DieHydronephrosen finden wir bei Harnwegs-obstruktion, vesikoureteralem Reflux undin der Schwangerschaft.

Harnwegsobstruktion

Je nach Niveau der Obstruktion unterschei-den wirD intrarenale Obstruktion (z.B. akute

Gichtniere, s.o.)D Kelchobstruktion (z.B. Kelchstenose bei

Tbc)D Obstruktion am pyeloureteralen Über-

gang (angeborene Stenose)D Ureterobstruktion (z.B. Steine, abgegan-

gene Nierenpapillen)

D infravesikale Obstruktion (Prostatahyper-plasie, Urethrastenose)

Des Weiteren unterscheiden wir eine akute(Stunden bis Tage), subakute (Tage bisWochen) und chronische (Monate bis Jahre)anhaltende Obstruktion.

Die Obstruktion kann total oder partiellsein. Es ist klar, dass v.a. die totale Obstrukti-on eine akute Gefahr für die Niere darstellt.Obstruktionen des pyeloureteralen Über-gangs und distal davon führen zu einerHydronephrose.

Eine sonographische Klassifikation derHydronephrose berücksichtigt:D Veränderungen des NierensinusD Veränderungen der ParenchymbreiteD Veränderungen des NierenvolumensD Veränderungen der Nierenarterienfluss-

kurve

Sonomorphologisch bezeichnen wir als Hy-dronephrose:D Stadium I: eine Aufweitung des Pyelons

mit > 5 mm breitem echofreien Bezirk,mit leicht offenen Kelchhälsen, keineVerschmälerung des Parenchyms (s. Abb.9.31)

D Stadium II: eine deutlichere Aufweitungdes Pyelons und der Kelche, die Kelchhäl-se sind leicht ausgeweitet, der Fornixwin-kel liegt < 90°, und das Parenchym istnormal breit (s. Abb. 9.32)

D Stadium III: das Nierenbecken sowie dieKelche und Kelchhälse sind deutlich aus-geweitet und füllen praktisch vollständigden Nierensinus aus, oft auch Teile desPyelons bereits extrarenal; das Paren-chym wird verschmälert, und der Fornix-winkel ist > 90° (s. Abb. 9.33)

D Stadium IV: es kommt zu einer erheb-lichen Parenchymverschmälerung, derFornixwinkel ist > 120°, ferner entwickeltsich eine sog. hydronephrotische Sack-niere ohne erkennbares Parenchym(s. Abb. 9.34)

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