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Biografie Hans Peter Viau wurde am 12. März 1925 in Hamburg geboren. Seit er 13 Jahre alt war, hörte er Swing und Jazzmusik. Er lernte Klarinette und Schlagzeug. Ehemalige Schul- kameraden zeigten ihn bei der Gestapo an, woraufhin er 1942 im Alter von 17 Jahren wegen „anglophiler Haltung“ ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel und anschließend in das KZ Neuengamme kam. Er wurde im Kommando Tongruben eingesetzt. Nach zehn Tagen wurde er entlassen. Er musste unterschreiben, dass er niemandem erzählen durfte, was ihm passiert war. Um seinen kahl geschorenen Kopf zu verbergen, trug er einen Kopfverband und erzählte allen, dass er einen Fahrradunfall gehabt habe. Swingkids Swingkids waren Jugendliche, die Swing- und Jazzmusik hörten, dazu tanzten und sich im englischen oder amerikanischen Stil kleideten. Sie grenzten sich damit von der uniformierten Hitlerjugend (HJ) ab, der zur Staatsjugend erklärten NS-Organisation. Sie versuchten, sich dem HJ-Dienst zu entziehen, veranstalteten Hauspartys, auf denen sie Musik spielten. In der Öffentlichkeit provozierten die Mädchen und Jungen durch auffällige Kleidung und Frisuren – „Swing-Boys“ trugen ihre Haare gerne schulterlang, „Swing-Girls“ waren geschminkt oder rauchten in der Öffentlichkeit. Swing-Kids wurden als politisch gefährlich eingestuft, weil sie „die gesund empfindende Bevölkerung durch die Art ihres Auftretens und die Würdelosigkeit ihrer musikalischen Exzesse terrorisieren“. Sie wurden zur „Umerziehung“ in Konzentrationslager deportiert, 20 Hamburger Jungen zum Beispiel in das Jugend-KZ Moringen, andere aber auch nach Neuengamme Meine Fragen ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ ______________________________________________ A 1

A 1 Biografie - kz-gedenkstaette-neuengamme.de · Biografie Fritz Bringmann wurde am 9. Februar 1918 in Lübeck geboren und war, wie die gesamte Familie, ab 1934 im Widerstand aktiv

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Biografie

Hans Peter Viau wurde am 12. März 1925 in Hamburg geboren. Seit er 13 Jahre alt war,

hörte er Swing und Jazzmusik. Er lernte Klarinette und Schlagzeug. Ehemalige Schul-

kameraden zeigten ihn bei der Gestapo an, woraufhin er 1942 im Alter von 17 Jahren

wegen „anglophiler Haltung“ ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel und anschließend in das

KZ Neuengamme kam. Er wurde im Kommando Tongruben eingesetzt. Nach zehn

Tagen wurde er entlassen. Er musste unterschreiben, dass er niemandem erzählen durfte,

was ihm passiert war. Um seinen kahl geschorenen Kopf zu verbergen, trug er einen

Kopfverband und erzählte allen, dass er einen Fahrradunfall gehabt habe.

Swingkids

Swingkids waren Jugendliche, die Swing- und Jazzmusik hörten, dazu tanzten und sich im englischen oder amerikanischen Stil kleideten. Sie

grenzten sich damit von der uniformierten Hitlerjugend (HJ) ab, der zur Staatsjugend erklärten NS-Organisation. Sie versuchten, sich dem HJ-Dienst

zu entziehen, veranstalteten Hauspartys, auf denen sie Musik spielten. In der Öffentlichkeit provozierten die Mädchen und Jungen durch auffällige

Kleidung und Frisuren – „Swing-Boys“ trugen ihre Haare gerne schulterlang, „Swing-Girls“ waren geschminkt oder rauchten in der Öffentlichkeit.

Swing-Kids wurden als politisch gefährlich eingestuft, weil sie „die gesund empfindende Bevölkerung durch die Art ihres Auftretens und die

Würdelosigkeit ihrer musikalischen Exzesse terrorisieren“. Sie wurden zur „Umerziehung“ in Konzentrationslager deportiert, 20 Hamburger Jungen

zum Beispiel in das Jugend-KZ Moringen, andere aber auch nach Neuengamme

Meine Fragen

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A 1

Hans-Peter Viau, 1942 Swingboys-Gruppe am Elbstrand, 1942

A2

Biografie

Fritz Bringmann wurde am 9. Februar 1918 in Lübeck geboren und war, wie die gesamte Familie,

ab 1934 im Widerstand aktiv. Mit 17 Jahren wurde er wegen Verdachts auf Hochverrat fest-

genommen, weil er mit seinem Bruder Anti-Nazi-Parolen an Wände geschrieben hatte. Er wurde

im November 1936 per Schutzhaftbefehl in das KZ Sachsenhausen deportiert und von dort aus

in das KZ Neuengamme. Ab Oktober 1941 wurde er in Neuengamme im Krankenrevier des

„Kriegsgefangenen-Arbeitslagers“ als Häftlingssanitäter eingesetzt. Bis Ende Mai 1942 starben

dort 652 der 1000 sowjetischen Gefangenen – unter anderem durch Injektionen mit Benzin.

Fritz Bringmann weigerte sich, diese Tötungen auf Befehl der SS auszuführen: „Ende Januar 1942

erschien SS-Sanitäter Bahr und gab mir den Befehl des Standortarztes, nicht mehr arbeitsfähige

Kriegsgefangene mittels Injektionen zu töten. Ohne mögliche Folgen zu bedenken, lehnte ich die Tötung der Kriegsgefangenen kategorisch ab.“ Als die

verbliebenen sowjetischen Kriegsgefangenen in ein anderes KZ gebracht wurden, dankten die Überlebenden ihm für seinen Mut mit einer heimlich

angefertigten Schnitzarbeit. Diese ist heute in der Hauptausstellung der Gedenkstätte zu sehen.

Politische Gegner im Inland

Politische Gegner, so wie Sozialdemokraten und

Kommunisten, waren die ersten Häftlinge in den

frühen Konzentrationslagern. Andere lieferte die

Gestapo als „politische Häftlinge“ ein, weil sie

kritische Meinungen geäußert, ausländische

Sender gehört oder politische Witze erzählt

hatten.

Meine Fragen

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Biografie

Benjamin Sieradzki wurde am 4. Februar 1927 in Zgierz/Polen geboren. Mit seinen Eltern

und Geschwistern musste er seit 1940 im Ghetto Litzmannstadt leben, einem

Elendsviertel in Łódź, in dem die jüdische Bevölkerung zusammengepfercht wurde.

Zehntausende der Ghettobewohner wurden später im Vernichtungslager Chełmno in

Gaswagen ermordet. Aus Benjamin Sieradzkis Familie waren 1944 nur noch er und eine

Schwester am Leben. Beide wurden 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert,

von dem aus er als „arbeitsfähig“ zur Arbeit ausgewählt, seine Schwester jedoch als

„arbeitsunfähig“ ermordet wurde. Benjamin wurde in das KZ Neuengamme deportiert.

Er war 17 Jahre alt, als er im Außenlager Hannover-Ahlem mit anderen Häftlingen einen

unterirdischen Stollen für die Rüstungsindustrie ausbauen musste. Am 10. April 1945

wurde er von US-amerikanischen Soldaten befreit und fragte sich:

„Von allen Familienmitgliedern, die mit mir im Ghetto Lodz waren, war ich der einzige

Überlebende. Ich träume noch immer von meinen zwei Schwestern und meinen Eltern,

von all dem Leid, das sie aushalten mussten und doch nicht überlebten. Ich frage mich oft,

warum ich? Ich war unter den Jüngsten und Verletzbarsten im Nazischema des Mordes,

der totalen Vernichtung der Juden und anderer, die sie für unwert zu leben hielten.

Warum sollte ich überleben anstelle all dieser anderen?“

Jüdische Häftlinge

Jüdische Menschen aus ganz Europa wurden durch

das NS-Regime zunächst in Ghettos und Arbeitslager

gepfercht. Ab Mitte 1941 wurden Juden systema-

tisch getötet. Sie wurden in Vernichtungslager

deportiert. Das wohl bekannteste Vernichtungslager

war Auschwitz. In den Vernichtungslagern wurden

Menschen direkt nach ihrer Ankunft in Gaskammern

ermordet. Andere wurden als „arbeitsfähig“ a

eingeteilt und blieben vorerst am Leben. Von den

Häftlingen im KZ Neuengamme waren ca. 13.000

Menschen jüdischer Herkunft. Die jüdischen

Häftlinge wurden besonders drangsaliert, was zu

einer höheren Todesrate als bei den meisten anderen

Häftlingsgruppen führte.

C1

Die Geschwister Bluma, Isaak und Benjamin Sieradzki (rechts), in den 1930er-Jahren.

Meine Fragen

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C2

Biografie

Wanda Edelmann und Suleika Klein waren Cousinen. Sie wurden aufgrund ihrer Zugehörigkeit

zu den Sinti und Roma in Außenlager des KZ Neuengamme deportiert. Wanda Edelmann

wurde am 11. Oktober 1919 in Liegnitz/Schlesien geboren. Im Januar 1942 wurde sie in Berlin

auf dem Weg zur Arbeit von zwei Kriminalbeamten als „Zigeunerin“ verhaftet. Sie kam in

mehrere Außenlager der KZ Ravensbrück, Sachsenhausen und Neuengamme. Im Außenlager

Sasel traf sie ihre Cousine Suleika Klein. Wanda Edelmann wurde 1945 von britischen Truppen

befreit. Suleika Klein wurde am 17. Oktober 1926 in Hamburg geboren. Mit 17 Jahren wurde

sie mit ihrer Mutter in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Ihre Mutter wurde dort

ermordet. Suleika Klein wurde zur Arbeit ausgewählt und kam über das Frauen-KZ Ravens-

brück in das Außenlager Sasel des KZ Neuengamme, wo sie ihre Cousine Wanda Edelmann traf.

Suleika Klein starb am 4. Mai 1945 kurz vor der Befreiung im Alter von 18 Jahren.

Sinti und Roma

Die Sinti und Roma bilden eine ethnische Minderheit,

deren Geschichte von Ausgrenzung und Verfolgung

gekennzeichnet ist. In den 1930er-Jahren wurden

Sinti und Roma im Zusammenhang mit der

Verfolgung „Asozialer“ entrechtet. Die Feststellung

einer „rassischen Minderwertigkeit“ diente als

Begründung für ihre Verfolgung. Am 16.Dezember

1942 ordnete Heinrich Himmler die Deportation der

Sinti und Roma in das KZ Auschwitz an. Damit wurde

ihre systematische Ermordung eingeleitet. Der

nationalsozialistischen Herrschaft fielen mehrere

hunderttausend Sinti und Roma aus ganz Europa zum

Opfer. Im KZ Neuengamme waren mehrere hundert

Sinti und Roma inhaftiert.

Meine Fragen

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D1

Skizze des Lagers Sasel, rekonstruiert nach mehrfach bestätigten Angaben von

Anwohnern und ehemaligen Häftlingen.

Suleika Klein, deutsche Sintezza, war ab Juli 1944 im Außenlager Hamburg-

Sasel des KZ Neuengamme inhaftiert.

D2

D2

Biografie

Heinrich Roth wurde am 17. März 1907 im Saarland geboren. Er begann in Hamburg eine Ausbildung zum Fotografen. In einem Lokal lernte er seinen Partner

Carl Bruhns kennen. Beide wurden 1936 wegen ihrer Beziehung nach § 175 des Strafgesetzbuches zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen verurteilt.

1938 begann Heinrich Roth eine neue Beziehung, dieses Mal vereinbarten er und sein Partner absolutes Stillschweigen. Dennoch wurde Heinrich Roths

Freund festgenommen und sagte nach Misshandlungen auch gegen seinen Partner aus.

1940 wurde Heinrich Roth über das KZ Sachsenhausen in das KZ Neuengamme deportiert.

Zeitweise war er hier im Erkennungsdienst der Politischen Abteilung als Fotograf eingesetzt. Ende

April 1945 kam er im Zuge der Lagerräumung nach Lübeck, wo die SS einen Großteil der Häftlinge

des KZ Neuengamme auf Schiffe brachte. Bei der Bombardierung der „Cap Arcona“ durch britische

Kampfflugzeuge am 3. Mai 1945 kam Heinrich Roth ums Leben.

Homosexuelle

1935 wurde der § 175, der sich gegen

Homosexuelle richtete, erheblich verschärft.

Insgesamt wurden ca. 10 000 homosexuelle

Männer in Konzentrationslager verschleppt.

Bereits ab den 1930er Jahren wurden bestimmte

Lokale geschlossen und Homosexuellenverbände

aufgelöst. Das Gesetz stellte nur männliche

Homosexualität unter Strafe, jedoch wurden auch

lesbische Frauen als „Asoziale“ in Konzentrations-

lager deportiert. Im KZ Neuengamme waren

einige hundert homosexuelle Häftlinge inhaftiert,

von denen mindestens 33 dort starben.

Meine Fragen

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E2

Biografie

Walerjan Wrobel wurde am 2. April 1925 im polnischen Dorf Falkow geboren. Im Alter von 15 Jahren

wurden er und sein bester Freund zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht. Walerjan musste in

Bremen-Lesum auf einem Bauernhof arbeiten. Er hatte von Anfang an sehr starkes Heimweh. Darum

legte er in der Scheune des Bauernhofes Feuer, in der Hoffnung, wieder nach Hause geschickt zu

werden. Walerjan hatte, so sagte er bei einer Vernehmung selber, keine bösen Absichten, er beteiligte

sich auch an den Löscharbeiten. Am 29. April 1941 wurde er von der Polizei festgenommen und am

28. Juni in das KZ Neuengamme eingewiesen. Aufgrund seiner Einteilung als „Krimineller“ wurde er zu

den schwersten Arbeitskommandos eingeteilt, darunter zum „Kommando Dove Elbe“.

Am 8. Juli 1942 kam es zu einem Prozess vor einem Sondergericht in Bremen. Walerjan wurde als

„Volksschädling“ zum Tode verurteilt und in Hamburg mit dem Fallbeil hingerichtet.

In der Hauptausstellung in der KZ-Gedenkstätte ist Walerjans Abschiedsbrief an seine Eltern und

Geschwister zu sehen.

Zwangsarbeiter

Etwa 13 Millionen Männer und Frauen aus

den von Deutschland besetzten oder ab-

hängigen Ländern mussten während des

Zweiten Weltkrieges in den besetzten

Gebieten und im Deutschen Reich Zwangs-

arbeit vor allem für die Kriegswirtschaft

leisten. Weil Werbekampagnen für einen

freiwilligen Arbeitseinsatz in Deutschland in

den besetzten Ländern nur geringen Erfolg

hatten, griffen die deutschen Besatzungs-

behörden zu Zwangsmitteln. Die Wehrmacht

führte in Polen und der Sowjetunion auch

Massenrazzien in Kinos und auf belebten

Plätzen mit anschließender gewaltsamer

Verschleppung nach Deutschland durch.

Meine Fragen

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Biografie

Johann Trausner, geboren am 26. Dezember 1908, war Zeuge

Jehovas aus St. Johann in Österreich. Im KZ Neuengamme weigerte

er sich, SS-Männer vorschriftsmäßig durch Abnehmen der Mütze zu

grüßen. Er beschwerte sich schriftlich bei der Lagerleitung über

Schikane, denen die Zeugen Jehovas ausgesetzt waren. Daraufhin

kam er in den „Bunker“, wurde zum Tode verurteilt und am

24. Oktober 1941 erschossen.

Zeugen Jehovas

Die Glaubensgemeinschaft der Bibelforscher wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA gegründet. Ab 1931 nannten sie sich „Jehovas

Zeugen“. 1933 wurde die Glaubensgemeinschaft in Deutschland verboten. Die Zeugen Jehovas verurteilten den „antichristlichen Charakter des

Hitlerregimes“. Sie verweigerten den Kriegsdienst und bei öffentlichen Veranstaltungen den Hitlergruß, weil sie der Auffassung waren, dass kein

Mensch mit Heil begrüßt werden dürfe, weil dieser Gruß nur Gott zustehe. Die Zeugen Jehovas zeigten in den Lagern einen ausgeprägten

Selbstbehauptungswillen, übten untereinander Solidarität und setzten ihre Missionsbemühungen auch innerhalb des Lagers fort. Im KZ

Neuengamme waren zwischen 1940 und 1945 ca.200 Zeugen Jehovas inhaftiert, einige arbeiteten im „Kommando Kaninchenstall“.

Meine Fragen

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Biografie

Waldemar Nods wurde am 1. September 1908 in Südamerika geboren. Seine Eltern waren einige der ersten Surinamesen, die frei von der Sklaverei geboren

wurden. Im Alter von 19 Jahren reiste er für seine Ausbildung in die Niederlande. Dort gründete er eine Familie. Er und seine Frau Rika führten in

Scheveningen eine Pension. Dort nahmen sie nicht nur Touristen auf, sondern auch jüdische Flüchtlinge, die von den Nazis verfolgt wurden.

Sie wurden verraten. Rika nahm alle Schuld auf sich und wurde in das Konzentrationslager Ravensbrück gebracht, wo sie starb. Waldemar Nods kam im

Februar 1944 ins KZ Neuengamme, wo er auf Grund seiner deutschen Sprachkenntnisse zunächst überleben konnte. Im Zuge der Lagerräumung kamen die

letzten Häftlinge Neuengammes auf drei Schiffe in der Lübecker Bucht. Dort, kurz vor der Befreiung, starb Waldemar Nods bei der Bombardierung der

Cap Arcona am 3. Mai 1945.

Politische Gegner im Ausland

Nicht nur in Deutschland wurden politische

Gegner festgenommen und in Konzentrations-

lager gebracht. Auch in den von der

deutschen Armee besetzten Ländern wurden

politische Gegner und Widerstandskämpfer

verfolgt und nach Deutschland deportiert.

Im KZ Neuengamme waren überwiegend

Menschen aus den besetzten Ländern

Europas inhaftiert.

Meine Fragen

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Waldemar Nods mit seinem Sohn.

H2

Biografie

Saul Kroner wurde am 23. Dezember 1917 in Charkow/Ukraine geboren. Er beendete 1940 sein

Chemiestudium und wurde zum Wehrdienst eingezogen. Im Juni 1941 geriet er in deutsche

Kriegsgefangenschaft. Um seine jüdische Herkunft zu verbergen, vergrub er seine Ausweise und

nahm einen anderen Namen an. Er wurde in das Kriegsgefangenenlager Fallingbostel transportiert.

Im April 1943 unternahm er einen Fluchtversuch, der scheiterte. Zur Strafe wurde er in das

KZ Neuengamme gebracht. Hier arbeitete er in verschiedenen Kommandos, unter anderem am

Hafenbecken des Stichkanals. Mit Hilfe anderer Häftlinge konnte er überleben, obwohl, wie er später

feststellte, auf seiner Häftlingskarteikarte stand, dass er Jude sei. Im Zuge der Lagerräumung kam Saul

Kroner in das Außenlager Wöbbelin, wo er von US-Amerikanern befreit wurde.

„Ich glaube, ich bin nur dank der internationalen Solidarität am Leben geblieben. Das klingt banal, aber

es stimmt wirklich: Weil ich mit Leuten zu tun hatte, die über Menschen nicht nach ihrer Nationalität

urteilten, sondern nach ihren menschlichen Seiten.“

Kriegsgefangene

Am 22. Juni 1941 überfiel die deutsche

Wehrmacht die Sowjetunion. Bis zum

Jahresende gerieten ca. drei Millionen

sowjetische Soldaten in deutsche Kriegs-

gefangenschaft. In den Kriegsgefangenen-

lagern wurden Juden und kommunistische

Funktionäre ausgesondert und ermordet.

Im Oktober 1941 lieferte die Wehrmacht

10.000 sowjetische Kriegsgefangene an die

SS aus. 1000 von ihnen kamen ins KZ

Neuengamme, wo sie in einem als

„Kriegsgefangenen-Arbeitslager“ d

abgeteilten Lagerbereich zusammen-

gepfercht wurden. Als „Untermenschen“n

deklariert, waren ihre Überlebenschancen

äußerst gering. Innerhalb von acht Monaten

starben 652 von ihnen.

Meine Fragen

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Biografie

Der Goldschmied Hendrikus van den Berg lebte mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern in Putten

in den Niederlanden. Dieses Dorf wurde als „Vergeltungsmaßnahme“ von deutschen Soldaten

niedergebrannt, die männlichen Einwohner nach Deutschland deportiert. Am 14. Oktober 1944 traf

Hendrikus van den Berg zusammen mit 602 Nachbarn aus Putten im KZ Neuengamme ein. Da dort

Goldschmiede nicht gebraucht wurden, verlegte die SS ihn zusammen mit 110 weiteren Häftlingen

aus Putten in das KZ-Außenlager Ladelund in der Nähe der dänischen Grenze. Hier mussten die

Männer Panzergräben für den so genannten Friesenwall ausheben. Im April 1945 wurde Hendrikus

van den Berg von der SS auf die „Cap Arcona“ in der Lübecker Bucht gebracht. Dort hatte er großes

Glück: Er gehörte zu den 250 Häftlingen, die vom Schwedischen Roten Kreuz vom Schiff geholt

wurden. Er entging deshalb der Katastrophe, als das völlig überfüllte Schiff am 3. Mai 1945 von

britischen Flugzeugen irrtümlich bombardiert wurde und fast alle Häftlinge ums Leben kamen.

Die Männer von Putten

Wegen eines Attentates auf einen Wagen der

Deutschen Wehrmacht in der Nähe des

niederländischen Dorfes Putten wurde am

1. Oktober 1944 in Putten eine Razzia

durchgeführt. Alle Häuser wurden von

deutschen Soldaten durchsucht, alle Männer

ab 18 Jahren, die gefunden wurden, wurden

festgenommen und in das KZ Amersfoort

gebracht. Die Häuser des Dorfes wurden

niedergebrannt. 602 Männer wurden weiter

nach Hamburg in das KZ Neuengamme

deportiert. Nur 49 Männer überlebten das

Konzentrationslager und konnten nach dem

Krieg nach Hause zurückkehren.

Meine Fragen

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K1

Seinen Kindern erklärte Hendrikus van den

Berg nach dem Krieg zum Thema Überleben:

„Wenn ihr jemals in einem Lager landet, sorgt

dafür, auf dem Appellplatz immer in der Mitte

der Gruppe zu stehen. Dort fallen die

wenigsten Schläge. Und sorgt dafür, beim

Verlassen der Baracken erst der Zwanzigste in

der Reihe zu sein. Dann sind die ersten

Schläge schon verteilt worden.“

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K2

Biografie

Helge Hansen wurde am 29. Mai 1922 in Tingsted / Dänemark geboren. Mit 20 Jahren ging er zum dänischen Heer. Ende August 1943 entwaffneten

deutsche Truppen die dänische Armee. Am 22. Juni 1944 nahm Helge Hansen an einer Sabotageaktion gegen eine Waffenfabrik in Kopenhagen teil,

die in die Luft gesprengt wurde. Er wurde verhaftet und zum Tode verurteilt, dann aber in das KZ Neuengamme gebracht. Dort wurde er in einem

Arbeitskommando eingesetzt, das in den durch Bombenangriffe zerstörten Hamburger Stadtteilen

Leichen bergen musste. Danach arbeitete er in der Rüstungsproduktion der Walther-Werke im

KZ Neuengamme. Am 20. April 1945 wurde Helge Hansen mit anderen skandinavischen Häftlingen

mit den „Weißen Bussen“ über Dänemark nach Schweden in die Freiheit gebracht.

Die Rettungsaktion „Weiße

Busse“

Nach Verhandlungen des Schwedischen

Roten Kreuzes mit Heinrich Himmler wurde

das KZ Neuengamme im Frühjahr 1945 zum

Sammelpunkt für alle in Deutschland

inhaftierten norwegischen und dänischen

Gefangenen. Ende April 1945 konnten über

4000 skandinavische Häftlinge das

KZ Neuengamme verlassen. Sie wurden

in weiß gestrichenen Bussen mit dem roten

Kreuz nach Schweden gebracht und damit

gerettet.

Meine Fragen

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Biografie

Nada Verbič wurde am 28. November 1914 in Slowenien geboren. Nach Kriegsbeginn

unterstützte sie die Partisanen und sammelte Sanitätsmaterial, Kleidung und Geld.

Am 17. April 1944 wurde Nada Verbič verhaftet und am 6. Mai in das Konzentrationslager

Ravensbrück deportiert. Nach vier Wochen wurde sie in das Außenlager Hamburg-

Wandsbek (Drägerwerk AG) des KZ Neuengamme gebracht. Zunächst musste sie in Hamburg

Trümmer beseitigen, dann stellte sie am Fließband Gasmasken her. Nada Verbič wurde auch

für einen Menschenversuch missbraucht: Sie wurde zusammen mit ca. 100 weiteren Frauen

in einen 5x3 m kleinen Raum gedrängt, um zu testen, wie lange Menschen bei einem

Gasangriff ohne Luft überleben konnten. Am 2. Mai 1945 kam Nada Verbič in das Außenlager

Hamburg-Eidelstedt, wo sie am 5. Mai durch britische Soldaten befreit wurde.

In der Hauptausstellung sind Kleidungsstücke aus ihrer Zeit als KZ-Häftling zu finden.

Frauen im KZ

Frauen wurden bis 1938 in den Konzentrationslagern

Moringen und Lichtenburg, ab 1939 im neu

errichteten Frauen-KZ Ravensbrück inhaftiert. Die

Zunahme von Verhaftungen und die Liquidierung

ganzer Bevölkerungsgruppen im Krieg trafen Frauen

ebenso wie Männer. Sie wurden zum Arbeitseinsatz

in der Kriegswirtschaft gezwungen oder im Zuge

der rassistischen Verfolgungsmaßnahmen in

Vernichtungslagern ermordet. Im Deutschen Reich

und den besetzten Ländern waren in 16 Hauptlagern

und über 300 Außenlagern Frauen inhaftiert. Im

Januar 1945 waren mehr als ein Viertel aller KZ-

Häftlinge – über 200.000 – Frauen.

An 23 Orten gab es Außenlager des KZ Neuen-

gamme, die nur mit Frauen belegt waren. Insgesamt

sind dort 13.000 Frauen inhaftiert gewesen.

Meine Fragen

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Das Leben im Lagerbordell Neuengamme, Frau X berichtet…:

„Wir sind um 7 Uhr morgens aufgestanden. Dann haben wir die Baracke sauber gemacht, Betten

gemacht usw. Dann bekamen wir Frühstück. [...] Der übliche Kaffee, Brot undMarmelade [...]

Mittags bekamen wir das normale Essen aus der Küche, [...] um 12 Uhr. Das Essen von der SS

bekamen wir schon um 13 Uhr. [...] Die Baracke war für diese Zeit – also während des Krieges –

hervorragend eingerichtet. Sie war natürlich besser geeignet zum Vorzeigen als das Lager. [...]

Wir hatten sonntags sogar einen holländischen Akkordeonspieler,der alten Jazz spielte. [...]

Es kamen viele nur wegen der Musik. [...] Jeden Abend, wenn Betrieb gewesen war, kam der

Dreimann [SS-Rapportführer] zum Abrechnen. [...] Er erzählte dann auch Geschichten aus seiner

Jugend. „Wenn ich wüsste, meine Tochter wird wie du“ – damit meinte er mich –, „dann tät ich sie

totschlagen“, sagte er einmal. Danach hat er immer abgerechnet. Die Frauen mussten ihre Karten

– 1 Karte entsprach 1 Reichsmark – abgeben. [...] Geld haben wir nie gesehen.“

(Interview, 1985)

Zwangsprostitution

Ab 1942 richtete die SS in den Konzentrations-

lagern im Rahmen eines Prämiensystems

Bordelle für privilegierte Häftlinge ein. Sie

wurden zu Orten, an denen Menschen auf

doppelte Weise Gewalt angetan wurde – als

KZ-Gefangene und als Frauen. Im KZ

Neuengamme wurde 1944 ein Lagerbordell

errichtet. Die Zwangsprostituierten waren im

KZ Ravensbrück mit dem Versprechen

ausgewählt worden, nach einem halben Jahr

entlassen zu werden – was nie geschah. Bis

heute ist es den Frauen aus Angst vor

Stigmatisierung unmöglich, über ihre

Erlebnisse zu berichten. Scham, Angst vor

Voyeurismus, nicht selten auch Schuld-

gefühle, begleiten sie seit der Befreiung.

Meine Fragen

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Häftlingskarte einer Zwangsprostituierten, auf der festgehalten ist, dass sie für „Sonderzwecke“ eingesetzt wird.

N2

Biografie

Hans G. wurde am 27. Januar 1905 in Braunschweig geboren. Zwischen 1919 und 1937 wurde er

insgesamt 16 Mal verurteilt, unter anderem wegen Betrugs, Diebstahls und Unterschlagung.

Im Juni 1938 wurde er als „Berufsverbrecher“ in das KZ Sachsenhausen verschleppt. Von dort kam er als

einer der ersten Häftlinge im Dezember 1938 zum Aufbaukommando nach Neuengamme und wurde mit

dem grünen Winkel gekennzeichnet. Hans G. hatte die Häftlingsnummer 5. Diese Nummer sicherte

ihm in den Folgejahren gewisse Vorrechte im Lager. Eine niedrige Nummer galt als ein Indiz für

langjährige Lagererfahrung und einen starken Überlebenswillen. In Neuengamme lernte Hans G. den

Fußballspieler des HSV, Otto Fritz Harder, genannt „Tull“, kennen, der SS-Mitglied war und ihm einige

Vorteile im KZ verschaffte. Im Februar 1944 gelang Hans G. die Flucht aus der SS-Sturmbrigade

Dirlewanger, in die er kurz vorher überführt worden war. Als „Berufsverbrecher“ hatte er in der

Nachkriegszeit keinen Anspruch auf Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz.

„Berufsverbrecher“

Offiziell wurden mit „BV“ gekennzeich-

nete Personen „Vorbeugehäftlinge“ oder

„Sicherungsverwahrte“ genannt. Etwas

mehr als die Hälfte der ca. 9200

deutschen Häftlinge im KZ Neuen-

gamme hatte die Kriminalpolizei auf der

Grundlage des „Vorbeuge-

Erlasses“ vom 14. Dezember 1937 als

„Kriminelle“ eingewiesen. Zu ihnen

gehörten auch die ersten 100 Häftlinge,

die im Dezember 1938 ankamen. Im KZ

wurden sie als „Berufsverbrecher“ (BV)

bezeichnet und mit einem grünen

Winkel gekennzeichnet. Schon mehrere

kleine Diebstahls- oder Betrugsdelikte

konnten zur Einlieferung führen, auch

wenn die Strafen bereits verbüßt waren.

Meine Fragen

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Meine Fragen

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Biografie

Max Pauly wurde am 1. Juni 1907 geboren. Von 1942 bis 1945 war er

Kommandant des KZ Neuengamme. Zu Beginn seiner Tätigkeit befanden sich

erst 6000 Häftlinge im KZ Neuengamme. Im Januar 1945 waren im Hauptlager

und den mindestens 86 Außenlagern des KZ Neuengamme ca. 49000 Männer

und Frauen inhaftiert. Die Todesrate stieg ständig an. Die meisten der im

KZ Neuengamme und den Außenlagern umgekommenen Häftlinge starben

zwischen 1942 und 1945 durch gezielte Tötungsaktionen und infolge der

schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen. Anfang 1945 zog Pauly mit seiner

Familie auf das Gelände des KZ in das neu errichtete Kommandantenhaus,

welches noch heute auf dem Gelände der Gedenkstätte steht. Im Herbst 1945

wurde Max Pauly auf der Flucht verhaftet und vom britischen Militärgericht

wegen „Tötung und Misshandlung Staatsangehöriger alliierter Nationen“ a

angeklagt. Er behauptete, den Häftlingen einen „ordentlichen Tagesablauf“ a

ermöglicht zu haben und wies die Verantwortung von sich. Im Jahre 1946 wurde

er zum Tode verurteilt und noch im selben Jahr hingerichtet.

Lager-SS

Die SS war eine militante politische Organisation, die sich als Elite

der NS-Bewegung und der Nation verstand. SS-Männer erhielten

antisemitische und rassistische ideologische Schulungen, die sie

dazu befähigen sollten, den Terror in den Konzentrationslagern zu

praktizieren. Berufliche Qualifikationen waren für die Karriere in

der SS nicht entscheidend. Die SS organisierte und vollstreckte die

KZ-Haft von politischen Gegnerinnen und Gegnern sowie

Menschen, die aus „rassischen“ und anderen Gründen verfolgt

wurden. 1946 wurde die SS vom Internationalen Militärgerichtshof

in Nürnberg zur verbrecherischen Organisation erklärt.

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Biografie

Der Kaufmann Herbert Schemmel wurde 1914 in Halle an der Saale geboren. Er wurde 1940 wegen staatsfeindlicher Äußerungen und des Abhörens

ausländischer Radiosender verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert. Seine Karteikarte erhielt den Stempel „Rückkehr unerwünscht“. Er musste in

der Strafkompanie arbeiten und wog bald nur noch 39 kg. Mit der Hilfe eines Funktionshäftlings kam Schemmel in das KZ Neuengamme. Hier wurde er

zum Lagerschreiber und damit selber zum Funktionshäftling. Er nutzte sein Wissen, soweit dies sein Handlungsspielraum zuließ, um Mithäftlingen das

Lagerleben zu erleichtern. Als er zum Beispiel erfuhr, dass ein junger sowjetischer Gefangener demnächst erhängt werden sollte, vertauschte er in einem

unbeobachteten Moment dessen Karteikarte mit der eines anderen, an diesem Tag verstorbenen, Häftlings. Damit konnte er den jungen Mann retten. Nach

seiner Befreiung setzte sich Schemmel aktiv dafür ein, dass die NS-Täter für ihre Verbrechen bestraft würden. Er war Mitbegründer der Amicale

Internationale de Neuengamme.

Funktionshäftlinge

In allen Konzentrationslagern übertrug die SS Häftlingen Funktionen in der Verwaltung, die zur Aufrechthaltung des Lagerbetriebs notwendig

waren den so genannten Funktionshäftlingen. Es gab Tischälteste, Stubenälteste, Blockälteste, den Lagerältesten und den Lagerschreiber, der

die Listen der Häftlinge im Lager führen mussten. Kapos wurde die Aufsicht über ein Arbeitskommando übertragen. Die SS nutzte bei der

Besetzung der Funktionen die unter den Häftlingen verschiedener Nationalitäten bestehenden Spannungen und versuchte, die einzelnen

Häftlingsgruppen gegeneinander auszuspielen. Funktionshäftlinge waren von der SS abhängig und mussten ihren Mithäftlingen Befehle geben

und gegebenenfalls deren Bestrafungen durchführen. Funktionshäftlinge verhielten sich unterschiedlich. Einige haben versucht, Mithäftlinge vor

dem Zugriff der SS zu schützen und ihre Position dazu zu nutzen, anderen eine bessere Versorgung oder Unterbringung zu ermöglichen.

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Meine Fragen

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Zeichnung des dänischen ehemaligen Häftlings Viktor Glysing Jensen: „Kapos misshandeln einen Mithäftling“.

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Biografie

Die Schwestern Hédi (geb. 1924) und Livia Szmuk (geb. 1928) wuchsen in der

rumänischen Kleinstadt Sighet auf. Nach der Besetzung durch Ungarn im Jahr 1940

wurden nach und nach antisemitische Bestimmungen erlassen. Jüdischen

Familien, so auch den Szmuks, wurde ihr Vermögen genommen. Die Mädchen

durften keine öffentliche Schule mehr besuchen. Nach der Besetzung Ungarns

durch die deutsche Wehrmacht im März 1944 begann die Deportation der

jüdischen Bevölkerung. Am 15. Mai 1944 wurde Familie Szmuk in das KZ Auschwitz

deportiert. Die Eltern wurden von ihren Töchtern getrennt und noch am Tag ihrer

Ankunft vergast. Die Mädchen wurden in Hamburger Außenlager des KZ Neuen-

gamme gebracht: Am Dessauer Ufer, in Wedel und in Eidelstedt. Sie, die sich in ihrer

Kindheit oft gestritten hatten, schlossen sich jetzt eng zusammen und halfen sich in

der Lagerzeit, wo sie konnten. Nach der Befreiung im KZ Bergen-Belsen wurden die

Schwestern zur Genesung nach Schweden gebracht. Sie leben heute in Stockholm.

Zusammenhalt

Viele Frauen in den Außenlagern des KZ Neuengamme

kannten sich bereits aus ihrer Heimatstadt, aus der Zeit im

Ghetto oder dem Vernichtungslager und blieben als feste

Gruppe in den Lagern zusammen. Der familienähnliche

Zusammenhalt stützte die Frauen. Sie teilten die knappen

Lebensmittelrationen, kümmerten sich umeinander,

versorgten die Kranken, gaben einander Halt. Die Erin-

nerung an das Leben vor der Verhaftung und Deportation

und gemeinsame Aktivitäten – sie sangen gemeinsam oder

sagten sich Gedichte auf – halfen, ihre Persönlichkeit zu

bewahren. Selbst unter schwierigsten Verhältnissen

versuchten die Frauen, auf Aussehen und Hygiene zu

achten. Sie ermutigten sich gegenseitig, sich nicht zu

vernachlässigen, um Krankheiten und Seuchen zu

verhindern und ihr Selbstwertgefühl zu erhalten.

Überlebende Frauen bezeichnen sich zum Teil bis heute als

„Lagerschwestern“.

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Meine Fragen

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Wir Auserwählten wurden zu einem anderen Lager

gebracht. [. . .] Ich blickte auf den Schornstein und dachte

an meine Eltern. Meine Verwirrung war so groß, dass ich die

Stimme meiner Mutter zu hören glaubte: „Kümmere dich

um deine Schwester.“ [. . .] Waren das nicht ihre letzten

Worte gewesen? Hédi Fried, geb. Szmuk, 1995

Selektion. Sie haben uns voneinander getrennt. Und das

war ein großes Trauma für mich. Da wollte ich nicht mehr

leben, ohne Hédi werde ich das nicht schaffen. Livia Fränkel,

geb. Szmuk, 2002.

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