A. Der Tempelbau 1. Der griechische Tempelstrebersdorf.historicus.at/Realien/Architektur.pdf · 1 ANTIKE ARCHITEKTUR A. Der Tempelbau 1. Der griechische Tempel Die Grundlagen der

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    ANTIKE ARCHITEKTUR

    A. Der Tempelbau 1. Der griechische Tempel Die Grundlagen der griechischen Architektur wurden in einem Zeitalter der Umwlzungen gelegt. Die mykenische und kretische Kultur war seit 1100 v.Chr. untergegangen, ab 700 v.Chr. drangen die griechischen Stmme in diese ehemals berhmten Landschaften ein und fanden die berreste des einst groen Mykene und Tyrins, auf Kreta den riesigen, labyrinthhaften Palast des sagenhaften Knigs Minos. Auch waren ihnen die Errungenschaften der alten Hochkulturen, der gypter, der Assyrer und der Hethiter nicht unbekannt. Trotzdem schufen sie eine eigene Architektur. Eine Grundlage war der einfache mykenische Tempel aus Holz, eine zweite der Typus des Megaron, des groen Hauptsaales des mykenischen Hauses mit sulengetragener Vorhalle. Klare Gesetzmigkeiten, wie sie die Natur vorgab, wurden die Grundregeln ihrer Baukunst. Ein einmal gefundenes Konstruktions-system gengte, um fr die nchsten 2000 Jahre Kanon, das heit Richtschnur, fr das Bauen in der westlichen Welt zu bleiben. Dieses System von Sttze und Last, von Sule und Geblk, war nicht nur das einfachste, das man sich vorstellen konnte, sondern verbot auch eine mehrstckige Konstruktion, die sich mit der inneren Haltung der Griechen, der berschaubarkeit, nicht vertrug. Nach diesem Prinzip waren bereits die vorgeschichtlichen Dolmen (Hnengrber) gebaut worden: Ein massiver Steinblock wird horizontal auf zwei vertikale Sttzen gelegt. Dadurch wird das Gewicht gleichmig verteilt und abgeleitet. Die vornehmste Bauaufgabe der Griechen war der Tempelbau, diese sollten auch fr die Ewigkeit Bestand haben. Die profanen, bescheidenen Wohnhuser sind verschwunden, doch der Tempel, der weltliche Wohnsitz der Gtter, zugleich Spiegelbild der unumstlichen Ordnung, blieb bis zu unseren Tagen. Eigentlich ging es um das Grundproblem der Architektur an sich: um das Schtzen eines Raumes. So schufen die Griechen ein Prinzip von Ordnungen, die als Schema fr alle Tempelbauten gelten sollte, soda kein Heiligtum ein bestimmtes Qualittsniveau unterschreiten wrde. Der griechische Tempel war vom Grundschema her immer derselbe: Das Kernstck, die cella (griech. naos) war ein rechteckiger Hauptraum, der eigentliche Wohnraum des Gottes, der auen und innen von Sulen umgeben war. Natrlich waren Variationen erlaubt: Die cella konnte einen oder mehrere Nebenrume haben, die Sulenreihen konnten verschieden angeordnet sein: nur vorne, nur auf den Schmalseiten, doppelreihig,... Manchmal wurde die cella auch rund angelegt, was dann den gesamten Grundri des Tempels nderte: es entstand der Rundtempel (tholos). Grundstzlich gibt es drei Ordnungen, nach denen ein griechischer Tempel aufgebaut ist: die dorische, die ionische und die korinthische Ordnung. Die jeweils angewandte Ordnung bestimmte auch die Proportion, das Verhltnis von der Hhe einer Sule zum Durchmesser ihrer Basis. Diese Proportionen waren einheitlich festgelegt.

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    a. Die dorische Ordnung Auf einem mehr-, in der Regel dreistufigen Fundament (Stereobat), ruhte auf der letzten Stufen (Stylobat) die Sule. Diese Sule konnte ein Monolith, das heit aus einem einzigen Stein geschaffen, sein, oder sie setzte sich aus Steintrommeln zusammen. Die Sule selbst blieb nicht einheitlich rund, sondern war mit Kanneluren versehen, das sind senkrechte, in der ganzen Lnge eingetiefte Hohlkehlen. Diese durch scharfkantige Grate getrennten Kanneluren konnten je nach Entstehungszeit zwischen 16 und 24 variieren. Um 500 v.Chr. setzte sich allgemein die Zahl 20 fr die Kanneluren der dorischen Ordnung durch. brigens wurden diese erst ganz am Schlu ausgemeielt, um Beschdigungen zu vermeiden. Der Sulenschaft steigt in gleichmiger Dicke bis zu ca. einem Drittel an und wird dann kaum merklich schlanker. Diese kraftgeladene Schwellung nennt man Entasis. Am oberen Ende der Sule befindet sich das Kapitel. Dieses besteht aus drei Teilen: unmittelbar unter dem Kapitel laufen am Sulenhals waagrechte, ringfrmige Einkerbungen (Anuli) um, darauf folgt der ringfrmige, straffe Wulst (Echinus) des Kapitels, auf dem schlielich die knappe quadratische Abdeckplatte (Abakus) ruht. Die Dachkonstruktion ist ebenfalls gut aufeinander abgestimmt: Auf den Sulen ruht das Geblk: zunchst die glatten Steinblcke des Architrav, auf den der Fries folgt. Dieser besteht aus den senkrecht gegliederten Dreistegen (Triglyphen), zwischen denen die Metopen (quadratische Platten, die mit Reliefskulpturen verziert sein konnten, eingelassen sind. ber dem Fries ragt das Gesims (Geison) etwas vor, um vor Regen zu schtzen. An der Unterseite des Geison sitzt jeweils ber der Mitte von Triglyphen und Metopen eine kleine Viereckplatte, ( Mutulus), die mit Erhhungen in Form von Nagelkpfen (Guttae) bedeckt ist. Das Geison rahmt zusammen mit den beiden Schenkeln des Schrggeisons das dreieckige Giebelfeld (Tympanon) unter dem Satteldach ein.

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    b. Die ionische Ordnung Der augenscheinlichste Unterschied zwischen ionischer und dorischer Ordnung besteht in der unterschiedlichen Ausfhrung der Sulen und ihrer Kapitele. Das ionische Kapitel ist weit reicher gegliedert als das einfache dorische. Es weist zwei Voluten auf, die an einen Papierbogen mit eingerollten Enden erinnert. Der Sulenhals ist reich mit Ornamenten geschmckt, die Deckplatte ist schmal. Die Sulenbasis ruht nicht mehr bergangslos auf dem Stylobat, sondern hat eine Zwischenzone, die aus horizontalen Hohlkehlen (Trochilen) und einem kranzfrmigen Wulst (Torus) bestehen. Der Sulenschaft besteht oft nur aus einem einzigen Stck und besitzt 24 Kanneluren, die im Schnitt halbkreisfrmige Rillen ergeben und von einem schmalen Steg voneinander getrennt sind. Die Verjngung (Entasis) ist im Gegensatz zur dorischen bei den ionischen Sulen kaum mehr zu erkennen, auch stehen die Sulen weiter auseinander. Der Architrav ist nicht mehr ein einziger Steg, sondern besteht aus drei, einander leicht berragenden (vorkragende) Streifen, den Faszien. Direkt darber luft das zierliche Fries mit Reliefskulpturen als schmales Band herum.

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    c. Die korinthische Ordnung Kurz bevor im 5.Jht. v.Chr. die korinthische Ordnung, eine Abwandlung der ionischen, entstand, erschien eine andere, hochdekorative Abwandlung der ionischen Sule: die Karyatide. Die Griechen hatten die Sulen immer als lebendige Trger verstanden, und so war es nur natrlich, weibliche Figuren als Geblktrgerinnen einzusetzen.

    Wie gesagt, im 5.Jht.v.Chr. gewann der korinthische Stil an Boden. Die Sulenbasis war plastischer gebildet als bei der ionischen Sule. Das Kapitel ist mit Akanthusblttern reich verziert. Es hat die Grundform eines Korbes, den zwei Krnze von Blttern umgeben. Die Sage berichtet, da ein Korb mit Blumen, das auf die Sule vor dem Grab eines Mdchens gestellt worden war, tags darauf mit den sich herabwindenden Blten eben den Eindruck gemacht hat, wie sie das korinthische Kapitel heute aufweist.

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    2. Der rmische Tempel Die rmische Architektur hat sich sehr stark an die griechische angelehnt. Alle drei Ordnungen, die dorische, die ionische und die korinthische fanden in ihr Verwendung. Doch, wie es bei Emporkmmlingen eben ist, die weitaus aufwendigste, fast schon protzige, korinthische Ordnung, die die stilsicheren Griechen nur sehr sprlich und nur fr unbedeutende Bauwerke anwandten, wurde zum Lieblingsstil der Rmer. Dazu kam die tuskische Ordnung, eine Abwandlung der dorischen (Sulen ohne Kanneluren) und die Kompositordnung, eine Kreuzung zwischen ionisch und korinthisch (ionische Voluten mit korinthischem Blattkranz). Auerdem waren farbige Marmorsulen sehr beliebt. Die reliefierten Bauglieder aus Marmor und Stuck wurden vermehrt, oft lie man auch Ziegel unverkleidet stehen. Allerdings wurde die cella als groer, manchmal auch dreigeteilter Raum angelegt, der eine tiefe Sulenvorhalle, das atrium, hatte und auf einem podium angelegt war. Eine breite Freitreppe fhrte zum Tempel hinauf. Als die Rmer die Bedeutung verschiedener vulkanischer Substanzen erkannten, die, mit Wasser vermischt, einen steinharten Beton ergaben, verwendeten sie diesen als Baumaterial und verkleideten nur mehr mit Marmor. So konnten die Kosten gesenkt werden, der Effekt war der gleiche, und auerdem hatte dieses Gumauerwerk eine ebensolche Festigkeit, Tragfhigkeit und Dauerhaftigkeit wie der Werkstein Marmor. Auch die altitalische Tempelform, die nur nach vorne einen von Sulen umschlossenen Vorraum (porticus) hat und an den brigen Seiten geschlossen ist, wird gerne verwendet. Allerdings wiederholen sich die Sulen an den vermauerten drei Seiten als Halbsulen oder Pilaster.

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    B. Der Triumphbogen Die Triumphbgen sind seit dem 2.Jht.v.Chr. ein typisches rmischen Bauwerk an Hauptstraen und Kreuzungen. Sie konnten bis zu drei Durchgnge haben und waren meist mit Reliefs verziert, die die Taten ihrer Erbauer verherrlichten. Der mittlere Durchgang war meist grer als die beiden seitlichen. Der Auengliederung dienen monumentale korinthische Sulen auf hohen Sockeln. Sie tragen das Geblk und die Attika, die bei der eintorigen Frhform von einer Quadriga oder einem Standbild bekrnt sein kann. Die Attika enthlt die Stifterinschrift und seitliche Reliefs.

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    C. Wohnhuser

    Die Wohnhuser (domus) im Rmerreich waren auf dem Land und in den Stdten, mit Ausnahme von Rom, kaum mehr als zweistckig. Die Bedachung war regional unterschiedlich, meist wurden aber Ziegel verwendet. An der Vorderfront gab es oft Balkone, die nicht nur Ausblick boten, sondern auch Schutz vor Regen gewhrten. Die Straen (viae) waren mit mchtigen, glatten Steinblcken gepflastert, seitlich lag ein erhhter Brgersteig (crepido).

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    In Rom allerdings hatten Landflucht und berbevlkerung eine Wohnungsnot geschaffen, die man durch den Bau von sogenannten insulae, mehrstckigen Wohnhusern, lindern wollte. Es gab reine Privathuser und solche mit Ladenlokalen. In den ersteren wohnten begterte Familien im Erdgescho. Die brigen Stockwerke waren in Wohnungen, cenacula, aufgeteilt, die vermietet wurden, allerdings zu einem relativ hohen Preis. Iuvenal (Saturae 3, 224-225) rt daher zum Kauf eines Hauses in einer Kleinstadt, weil man dort schon ein stattliches Haus um das Geld bekommt, das man in Rom fr ein finsteres Loch jhrlich an Miete zahlen mu. Diese cenacula waren klein und hatten wenig Licht, auer in den Rumen, die zur Strae hinausgingen und bei denen man an Fenstern nicht gespart hatte. In den Husern mit Ladenlokalen befanden sich im Erdgescho die tabernae, in denen Hndler und Handwerker ihren Geschften nachgingen. Meist gehrte der Raum ber dem Geschft als Magazin zum Laden dazu. Mit diesen beiden Rumen mute der Mieter auch privat sein Auslangen finden. Die Bewohner einer insula hatten oft nur einen einzigen Raum gemietet, den sie zu allen Zwecken, zum Schlafen, Kochen, Essen, manchmal auch zum Arbeiten verwenden muten. Wasser holte man aus den Brunnen auf der Strae, direkte Zuleitungen gab es nur in den Luxuswohnungen im Erdgescho. Seine Bedrfnisse verrichtete man auf Aborten unter den Treppenabstzen und Stiegenaufgngen. Obwohl Rom ein mustergltiges Kloakennetz besa, waren doch nicht alle Aborte damit verbunden, und viele dieser Gruben muten von speziellen Ausrumern entleert werden. Ein kleiner Ofen zum Kochen und Heizen stand den Bewohnern zur Verfgung, doch reichte der oft nicht aus, um die relativ kalten Wintertage in Rom zu erwrmen. Auch waren Fenster nur in den seltensten Fllen mit Glas verschlossen, meist mute man sich mit Holzlden oder Vorhngen begngen. Diese ungesicherten Feuerstellen waren auch der Hauptgrund fr die zahllosen Brnde, von denen Rom immer wieder heimgesucht wurde. Schlielich war in den Husern ja meist kein Wasser vorhanden. Brannte ein Haus ab, war es fr die nicht zu Schaden Gekommenen oft sehr schwer einen neue Wohnung zu einer gnstigen Miete zu erhalten. Denn reiche Unternehmer kauften zu einem billigen Preis die Grundstcke mit den abgebrannten berresten und lieen eine neue insula, schner und grer bauen, deren Miete sich ein Abgebrannter berhaupt nicht mehr leisten konnte. Auch eine andere Gefahr drohte den Mietern. Die Huser waren fr ihre Hhe oft zu leicht gebaut und zu schwer fr ihren Untergrund, was zahlreiche Einstrze zur Folge hatte. Iuvenal berichtet (Saturae 3, 193-196): Wir wohnen in einer Stadt, die groenteils durch Sttzen getragen wird, welche die Zerbrechlichkeit von Rohren haben. Wenn aber ein Haus einzustrzen droht, dann ist die einzige Manahme des Verwalters die, die Sprnge, die sich gebildet haben, zu bertnchen. Dann sagt er:Nun kannst du beruhigt schlafen! Durch gesetzliche Begrenzung der Bauhhe versuchten die Kaiser die Gefahr von Brnden und Einstrzen einzudmmen. Unter Augustus durfte nicht hher als 70 rmische Fu (20,6 m) gebaut werden. Nero gestattete wieder 100 Fu (29,5 m), da ja die Obdachlosen nach dem groen Brand von 64 n.Chr. schnellstens untergebracht werden muten. Allerdings verlangte er als Sicherheitsmanahme, da vor jeder insula ein Sulengang angebaut werden mute, die im Falle eines Brandes als Terrasse zur Bekmpfung dienen konnte. Unter Traian wurde die Maximalhhe eines Wohnhauses mit 60 Fu (17,6 m) festgelegt. Da diese Manahmen im Endeffekt doch nutzlos waren, zeigen uns die Zitate Iuvenals, der ein Zeitgenosse Traians war und ihn um mehr als zwanzig Jahre berlebt hat: Iuvenal wohnte also in seinem cenaculum teuer, gefhrlich und sicher laut!

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