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Abb. 1: Alltäglicher Verkehr in Indiens pulsierender Metropole Mumbai. Aufn. W. Lyssy © Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at

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Abb. 1: Alltäglicher Verkehr in

Indiens pulsierender Metropole

Mumbai. Aufn. W. Lyssy

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Alvida Klagenfurt - Namaste MumbaiMAG.A KARIN LORBER

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Indien, für viele das Tor zueiner fremden, faszinierend Welt,für andere ein Moloch an Men -schen, Dreck und Verkehr. Fragtman Menschen, die das Landschon einmal bereist haben, sogibt es eigentlich nur zweiGruppen: die Begeisterten unddie totalen Ablehner. Für michwar das Land seit Kindertagenein Sehnsuchtsland und derWunsch dorthin zu reisen, wurdein den letzten Jahren immerintensiver. Ende Januar 2013 wares dann soweit, mein Weg führtemich von Wien über Dubai in dieindische Millionenstadt Mumbai.Salman Rushdie schrieb über dieStadt: „Bombay: es sieht aus wieeine Hand, aber in Wirklichkeit istes ein Mund – immer offen,immer hungrig.“1

Dieser Mund frisst dich wirklichförmlich auf, wenn man das Flug -hafengebäude verlässt und zumersten Mal dem indischen Ver -kehr begegnet. Der Verkehr istdie Feuertaufe für jeden Indien -reisenden. Mumbai ist die Haupt -stadt des indischen Bundes staa -tes Maharashtra und die wich-tigste Hafenstadt des Subkonti -nents. Bis 1996 war die Stadtunter dem Namen Bombay be -kannt, dieser Name leitete sichvon der portugiesischen Be -zeich nung „Bom Bahia“ (GuteBucht) ab. Die Portugiesen un -ter nahmen als erste Europäerden Versuch in Bombay Land zugewinnen. 1533 eroberten sie dienördlich von der Stadt gelegeneFestung Bassein. Etwa zur glei-chen Zeit wurde der Sultan vonGujarat Bahadur Schah durch dieMogulen bedrängt und bat diemilitärisch besser ausgestatteten

Portugiesen um Hilfe. Als Dankschloss er mit dem König vonPortugal den Vertrag von Bass -ein am 23. Dezember 1534 abund übergab dem König dieInseln Bassein, Bombay, Karanjaund Salsette. Mit dem Bau einesportugiesischen Forts und einerFaktorei begann die KolonisationIndiens durch die Europäer.Durch die Portugiesen kamenauch die ersten christlichen Or -dens gemeinschaften wie Fran -zis kaner und Jesuiten ins Land,wobei sich der Handel mit Ge -würzen für sie als äußerst lukrati-ves Geschäft erwies. Der einhei-mischen Bevölkerung wurde mitGewalt der christliche Glaubeaufgezwungen und zahlreichehinduistische Tempel sowie isla-mische Moscheen zerstört. DasJahr 1583 könnte man als Wen -de jahr in der indischen Ge -schichte bezeichnen, denn eswar das Jahr als die ersten briti-schen Kaufleute an der West -küste des Subkontinents lande-ten. Mit der Errichtung einesStützpunktes der britischen EastIndia Company an der Küstewurde der Grundstein für die bri-tische Kolonisation gelegt. Durchden Heiratsvertrag vom 23. Juni1661 zwischen dem englischenKönig Charles II. und der portu-giesischen Infantin Katharina vonBraganza fielen der Hafen unddie Insel Bombay endgültig inbritische Hand. Aus Bom Bahiawurde das englische Bombayund die Briten begannen mit denersten Landgewinnungsmaß nah -men. Trotzdem sollte es nochbeinahe zweieinhalb Jahrhun der -te dauern bis die Stadt zur größ-ten Handelsmetropole des Sub -

kon tinents aufstieg. Zwei Ereig -nisse waren für diesen Aufstiegaus schlaggebend. Zum einen die1854 eröffnete Eisenbahnstreckevon Mumbai nach Pune, dieseermöglichte nun einen regenHandel mit dem Hinterland.Baum wolle war der zweite Grundwarum Mumbai einen rasantenAufschwung erlebte, mit demAusbruch des amerikanischenBürgerkrieges konnte Englandseinen Baumwollbedarf nichtmehr decken und war gezwun-gen nach Indien auszuweichen.1862 beschlossen die Briten diesieben Inseln Bombay, Mahim,Mazagaon, Parel, Worli, Colabaund Old Woman´s Island perAufschüttung miteinander zuverbinden. Im 20. Jahrhundertverband man die nördlich gele-genen Inseln Salsette und Trom -bay mit der Stadt und so erhieltsie ihr heutiges Aussehen.

Am 30. Jänner 2013 war essoweit, zusammen mit meinemReisebegleiter führte uns unserWeg von Wien über Dubai in dieCity of Gold, wo wir am 31.Jänner landeten. Die erstenSchritte auf indischem Bodenwaren noch immer etwas surreal,doch dies änderte sich schnell alswir in das Auto einstiegen, dasuns zum Hotel bringen sollte. DieFahrt dauerte etwa drei Stundenund aufgrund der Dichte desVerkehrs und der Fahrweise dereinheimischen Bevölkerung kannes bei einem Europäer zu leich-ten Panikattacken kommen ge -folgt von Stoßgebeten manmöge lebend das Ziel erreichen.

Die letzten Stunden dieses lan-gen Tages ausnützend, machten

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wir uns auf zum Gateway ofIndia, dem Wahrzeichen vonMumbai. Das Gateway wurde 1911zur Begrüßung von König Ge -orge V. in aller Eile gebaut undwar zunächst nichts anderes alsein Pavillon aus weißem Gips.Erst 1924 wurde der 26 m hoheTriumphbogen eingeweiht undsollte das strahlende Symbol desimperialen Selbstbewusstseinsder Briten darstellen. Niemandahnte damals, dass das Gatewayauch das Zeichen für die vonGandhi ins Leben gerufeneSatygraha-Bewegung werdenwürde und damit auch einDenkmal für das Scheitern derbritischen Kolonialmacht. Am 28.Februar 1948 schritten die letz-ten britischen Soldaten durchdas Tor, bestiegen ein Schiff undverließen das Juwel des BritishEmpire. Am „Eingangstor“ In -diens zu stehen, auf das arabi-sche Meer blickend, hinter undneben sich das Stimmen- undMenschengewirr wahrnehmend,ließ in mir ein Gefühl vonNachhausekommen wachsen.Der Platz rund um das Gatewayist bei Jung und Alt ein beliebterTreffpunkt, vor allem in denAbendstunden und am Wochen -ende treffen sich hier die Men -schen, um gemeinsam zu essen,zu plaudern oder um dem all-abendlich Feuerwerk zu zusehen.Wobei sich als besonders beharr-lich die zahlreichen Schuhputzerrund um den Triumphbogenzeig ten. Sollten also Lederschuhezu ihrer Reiseausrüstung gehö-ren, dann können sich die zahlrei-chen Männer, die dieses Servicemit einem lautstarken „Shoeshine!“ intonieren, als hartnäckige

neue Reisebegleiter erweisen.Schräg gegenüber vom Gatewayliegt das Taj Mahal Hotel. Das Tajwurde am 16. Dezember 1903eröffnet, Bauherr des imposan-ten Gebäudes war der indischeIndustriemogul J. N. Tata. Dieserentschloss sich, nachdem ihmder Zugang zu einem Hotel mitdem Hinweis „For Europeansonly“ verwährt wurde, das besteHotel Indiens zu errichten. Heutegehört das Taj zu den LeadingHotels of the World und einBesuch in der berühmten SeagullBar mit Blick auf das Meer ist einMuss für jeden Mumbai Reisen -den. Der Masala Tea, den ich dortgetrunken habe war ausgezeich-net, wenn auch nicht der beste,den bekam ich irgendwo inBollywood in einem Animations -studio serviert. Traurige Be -rühmt heit erlangte das Hotel imNovember 2008, als es zum Zieleines Terroranschlages wurde.Das Hotelinnere wurde durcheinen von den Terroristen geleg-ten schweren Brand beschädigtund mehrere Personen wurdenals Geiseln festgehalten. Heutefindet man keine Spuren desAttentats mehr, bereits imAugust 2010 wurde das Hotelwiedereröffnet und strahlt inneuem altem Glanz mit schwerduftenden Blumengestecken undTeppichen, in denen man ver-sinkt.

Rund zehn Kilometer östlichvom Gateway of India liegt dieInsel Elephanta mit ihrenFelsenhöhlen. Zahlreiche Touris -tenb oote liegen rund um dasGateway vor Anker und steuernab 9:00 Uhr morgens die Insel im

Stundentakt an. Der NameElephanta stammt aus dem 16.Jahrhundert, in dieser Zeit lande-ten die Portugiesen auf der Inselund fanden im Dorf Gharapurieinen riesigen Stein elefanten (erist heute im Victoria Gardens zubestaunen), eben nach diesemElefanten benannten sie die Insel.Das Eiland wurde von ihnen vorallem als militärischer Stützpunktgenutzt, wobei die zahlreichenSchieß übun gen auf die Tempel -anlangen und ein Kanonenschussauf die Haupthöhle schwereSchäden anrichteten. Auch füruns ging es mit einem Touris -tenboot zur Insel, dieses legte andem künstlich geschaffenenLandesteg im Norden der rundzwei km2 kleinen Insel an.

Per Bahn oder zu Fuß erreichtman den von unzähligen Souve -nir ständen gesäumten Treppen -aufstieg, der vor dem im 7.Jahrhundert errichteten Haupt -heiligtum endet. Alle Höhlen derInsel sind dem Gott Shivageweiht, sie erzählen Szenen ausseinem Leben und geben einenkleinen Einblick in die indischePhilosophie. Laut Auskunft desGuides, der uns durch die impo-sante Anlage führte, schenkt dasUniversum jedem Menschen das,was er von diesem erwartet tra-gen sie also zuviel negativeGedanken oder Energien in sich,so wird ihnen das Universumauch mit negativen Dingen ant-worten und umgekehrt. Deshalbmeinte er weiter, seien die Inderimmer positiv gestimmt, geht esihnen auch noch so schlecht,denn sie wissen, nur dann stehtdas Universum in positiver

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Abb. 2: Gateway of India mit Taj Mahal

Hotel im Hintergrund. Aufn. W. Lyssy

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Abb. 3: Blick auf Elephanta Island.

Aufn. K. Lorber

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Resonanz zu ihnen. Auch eininteressanter Ansatz des „Thinkpositive“-Konzeptes wie ich fand.In der ca. 50 x 50 m großenHaupthöhle findet man sich zwi-schen beeindruckend überle-bensgroßen Shiva-Statuen wie-der. Die Atmosphäre der Höhlestrahlt eine unglaubliche Ruheaus, man fühlt sich fast in eineandere Zeit versetzt, wenn mandurch die Säulengänge wandeltund dem Duft der Räucher -stäbchen folgt, einzig das Blitz -lichtgewitter der Digitalkameraslässt einen erahnen, dass mansich in der Gegenwart befindet.Im Zentrum der Haupthöhlesteht eine kleine nach allen vierHimmels richtun gen offene Zelle,in der auf einer Plattform das ca.ein Meter hohe Lingam des Shivathront. In In dien wird Shiva nie-mals in seiner bildhaften Formverehrt, sondern man opfert aus-schließlich seinem Phallus sym -

bol. Diese Verehr ungs weise lässtsich auf die anikonische Traditionder indischen Götterverehrungzurückführen. Das Lingam wirddabei von den Gläubigen mitGhee, Sandelholz, Milch oderWasser übergossen, welche alsreine Substanzen gelten. Diesewerden dann über das Sammel -becken der Yoni in einer Schaleaufgefangen und als Prasad (gött - liche Nahrung) an die Gläubigenverteilt.

Am Nordeingang der Höhlewird Shiva als Mahadeva, als„großer Gott“, dargestellt. In die-ser Darstellung hat Shiva dreiGesichter, dies wird als Trimurtioder Trimukha bezeichnet – dieuniverselle Darstellung desGottes. Das Trimurti des Hinduis -mus vereinigt die kosmischenFunktionen der Erschaff ung, Er -haltung und Zerstörung der Weltund wird bildlich dargestellt

durch die drei großen GötterBrah ma als Schöpfer, Vishnu alsErhalter und Shiva als Zerstörer,der uns bekannten Welt. DieDarstellung der drei Götter alseine einzige Figur mit drei Köp -fen wie man sie auf ElephantaIsland findet, ist die häufigsteDarstellungsform des Trimurti.Die Augen der drei Gottheitensind geschlossen und so entstehtbeim Betrachter der Eindruck sieseien in tiefe Meditation verfallen.Neben der göttlichen Dreiheitsind in der Haupthöhle nochandere Szenen aus Shivas Lebenzu finden, zum Beispiel wenn erzum Nataraja (Tänzer) wird, umden Dämon Apasmara zu besie-gen und damit das Ende derWelt einzuläuten. Elephanta Is -land war auch der einzige Ort inMumbai wo ich die berühmtenheilige Kühe sah, die ansonstenaus dem Straßenbild der Stadt sogut wie verschwunden zu seinscheinen.

Zurück in der City ging es wie-der per Auto durch den mörderi-schen Verkehr, das Gefühl, jedeSekunde in einen tödlichen Unfallverwickelt zu werden, legt sicherstaunlich schnell, da sich indi-sche Fahrer gekonnt durch denVerkehr bewegen. Trotzdem wares kein angenehmes Gefühl, alswir mitten in einen stark befahre-nen Kreisverkehr aussteigen soll-ten, um einen besonders gutenBlick auf den ehemaligen VictoriaTerminus heute ChhatrapatiShivaji Terminus (CST) zu werfen.Erstaunlicherweise schlängelnsich aber Autos, Motorräder,Fahrräder, Busse und LKWs miteiner Leichtigkeit um einen mit-

Abb. 4: Das Shiva Lingam. Aufn. W. Lyssy

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Abb. 5: Trimurti Darstellung des

Gottes Shiva Aufn. K. Lorber

Abb. 6: Ehemaliger Victoria Terminus, heute

Chhatrapati Shivaji Terminus Aufn. W. Lyssy

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ten im Kreisverkehr stehendenÖsterreicher. So etwas muss manselbst erlebt haben um es zuglauben. Der CST ist einer dermeistfrequentierten Bahnhöfeder Welt, gehört ebenso wie dieHöhlen auf Elephanta Island seit2004 zum UNESCO-Weltkultur -erbe und ist der Schauplatz derSchlussszene von „Slumdog Mi l -lio när“. An einem Sonntag be -such ten wir den Bahnhof erneutund dieses Mal sahen wir ihn unsnicht nur von außen, sondernauch von innen an. Wie gesagt,an einem Sonntag, wo für indi-sche Verhältnisse gähnende leereherrscht, während sich eine

österreichische Bahnlinie, sonehme ich an, über so vielKundschaft an einem Sonntagfreuen würde.

Nicht weit entfernt vom Bahn -hof liegen einige der großenCricketfelder der Stadt. Cricketist die Sportart Nummer eins inden meisten Ländern des Com -mon wealth, so auch in Indien. Beidiesem Spiel dreht sich alles umdas Duell zwischen dem Bowler(Werfer) und dem Batsman(Schlag mann), während die Zu -schauer bei dem gerade laufen-den Spiel mitfieberten, erschlosssich mir der Sinn hinter diesem

Spiel nicht wirklich. Jedenfallstrafen wir dort auf zwei netteStudenten, die uns zuerst fürAustralier oder Engländer hiel-ten, denn wer sonst wohnt einemCricketspiel bei. Erstaunlicher -weise war einem von den beiden,als klar wurde, wir kamen ausÖsterreich, sogar Hermann Maierein Begriff. Das älteste nocherhaltene Kolonialgebäude ausder Zeit der britischen Herrschaftist die St. Thomas Cathedral, siewurde 1718 eingeweiht. NebenRuhe und Beschaulichkeit findetder Besucher hier aufgrund derzahlreichen Grabsteine einen Ein -blick in die versunkene Welt des

Abb. 7: Wäschereiviertel Dhobi Ghat in Mahalakshmi. Aufn. W. Lyssy

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Raj. Nicht unweit der Kirche fin-det man den Hutatma Chowk(Platz der Märtyrer). Wie nichtanders zu erwarten, befindensich Platz und Brunnen inmitteneiner verkehrsreichen Fünf-Straßen Kreu zung mit Kreis ver -kehr. Auch hier kann man gleicheinen Test durchführen, ob manüber Nerven wie Drahtseile ver-fügt, um lässig und im Glaubendie indische Götterwelt wirdschützend ihre Hand über einenhalten, die Straße zu überqueren.Der Platz hieß zunächst FloraFoun tain aufgrund der Wasser -fontäne des Brunnens in Formeiner Blume, jedoch wurde er in

den sechziger Jahren inErinnerung an die Opfer desKampfes um einen unabhängi-gen Bundes staat Maharasthra inPlatz der Märtyrer umbenannt.Heute wird dieser Platz von denEinhei mi schen aufgrund der vie-len dort ansässigen Banken undinternationalen Firmen auch alsIndiens Piccadilly Circus bezeich-net. Den Hutatma Chowk hinteruns lassend, verließen wir die alteInnen stadt um eine Sehens wür -digkeit zu bestaunen, die ihresgleichen sucht. Im Stadtteil Ma -ha laxmi liegt das Dhobi Ghat das„Ufer der Wäscher“, seit gut 150Jahren wird hier die Wäsche der

City of Gold in unmittelbarerNähe der Mahalaxmi Bahnstreckegewaschen. Rund 10.000 Men -schen sorgen dafür, dass dieWäsche aus Restaurants, Kran -kenhäu sern, Hotels aber auch ausPrivat haushalten gereinigt wird.Vor allem in den Morgenstundenkann man die Männer gut dabeibeobachten, wie sie in ihren voneiner Zementmauer getrenntenParzellen, an denen das Wasservorbeifließt stehen und dieWäsche auf einem Stein schla-gen. Die verwendeten Chemika -lien der Seifenlaugen, mit denendie Männer arbeiten, verursachenjedes Jahr schlimme Krankheiten.

Abb. 8: Ghandis Zimmer in Mani Bhavan. Aufn. K. Lorber

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Die Arbeiter wohnen in einernahegelegenen Hüttensiedlung,solch eine Hütte teilen sich oft 20bis 25 Personen, die sieben Tagein der Woche 14 Stunden füreinen Hungerlohn arbeiten. Kaumvorstellbar für uns, die wir an denLuxus einer Waschma schine undPutzerei gewöhnt sind.

Mumbai diese lebendige, pul-sierende Stadt hat so viele Facet -ten zu bieten, man kann kaumSchritt halten mit dem Tempo, indem sich die Stadt immer wiederaus einem neuen Blickwinkel prä-sentiert. Nicht weit vom DhobiGhat liegt der Kamala NehruPark, benannt nach der EhefrauJawaharlal Nehrus, dem erstenindischen Ministerpräsident nachder Unabhängigkeit des Landes.Der Park ist eine Oase, um demgeschäftigen Treiben der Stadtfür eine kurze Zeit zu entfliehenund wurde eigentlich als Freizeit -park für Kinder angelegt, heutebietet er Erholung für Jung undAlt und hat sogar einen eigenenkleinen Abschnitt vor dem dasSchild „Only for people who are60 or older“ prangt. Der KamalaNehru Park bzw. die im Parkgelegenen Hanging Gardens bil-den gleichzeitig auch eines derwenigen Wasserreservoirs derStadt. Von den Hanging Gardenshat man einen guten Blick auf dieTürme des Schweigens. DieTürme werden auch Dokhmasgenannt, sie werden von denParsen genutzt, um ihre Himmels -be stattungen durchzuführen. Inden runden Türmen legt man denLeichnam des Verstorbenen ab,sein Fleisch wird von Geiern undRaben gefressen. Diese Art der

Bestattungen geht auf die obers-te Regel der Parsen zurück, dieeine Verschmutzung der vier hei-ligen Elemente Luft, Wasser, Erdeund das heilige Feuer verhindernsoll. Die von den Vögeln unddurch Wind und Wetter freige-legten Knochen werden später inFelsnischen gesammelt. Luftbe -stattungen finden heute nurmehr in Indien und im Iran statt,ansonsten bestattet man Parsenheute in Betongräbern. DieTürme des Schweigens in Mum -bai sind gut durch eine dichteVegetation geschützt und daseinzige was man als Betrachterwahrnimmt, sind die kreisendenVögel am Himmel, deren Popula -tion aber aufgrund des explosi-onsartigen Wachstums der Stadtimmer mehr abnimmt. Die Han -ging Gardens verlassend ging esweiter zu einem Wohnhaus, indem ein Mann lebte, der nicht nurdie Geschichte Indiens veränder-te, sondern der auch einen tiefenEindruck auf mich gemacht hat.In der unscheinbaren Labarnum-Gasse liegt das dreigeschossigeHaus. in dem zwischen 1917 und1934 Mohandas KaramchandGandhi (* 2. Oktober 1869 inGujarat - † 30. Januar 1948 inDelhi) lebte. Im unteren Teil desHauses wurde eine Bibliothek,die ca. 4700 Bände überReligion, Philosophie und Ge -schich te enthält, eingerichtet. Diebeiden obersten Stockwerkeschildern mit zahlreichen Briefen,Fotos und ZeitungsberichtenGandhis Einfluss auf die Unab -hän gigkeitsbewegung Indiens.Hin ter einer Glasfront befindetsich sein Schlafzimmer, aber stel-len sie sich nicht ein Bett im her-

kömmlichen Sinne vor, dort liegteinfach nur eine Matratze amBoden, davor stehen seine San -dalen und daneben sein Spinn -rad.

Eine leichte Gänsehaut bekamich bei den zahlreichen Schau -käs ten, in denen mit Puppen diewich tigsten Stationen aus Ghan -dis Leben dargestellt werden.Dies hängt aber wahrscheinlichdamit zusammen, dass ich nie eingroßer Fan von Puppen war. Wastut man in Gandhis Haus, manstellt sich einmal auf den Balkonauf dem auch der Mahatma(große Seele) gestanden hat undauf dem er vielleicht von einemfreien Indien geträumt hat.

Was natürlich nicht fehlen darf,wenn man in Indien ist bzw. inMumbai weilt: Bollywood! Amnördlichsten Zipfel der Millionen -stadt findet man die Glitzerwelt,die nicht nur unzählige Inder ver-zaubert, sondern auch vieleEuropäer in ihren Bahn zieht.Dabei darf man sich Bollywoodnicht wie die abgeschlossenenUniversal Studios in Hollywoodvorstellen, sondern die Studios,in denen die Kinofilme undSeifen opern entstehen verteilensich im gesamten Norden vonMumbai und verbergen sich ofthinter den unscheinbarstenTüren. Unser gutgelaunter hoch-motivierter Gu ide, der diesesBollywood-Le bensgefühl wirklichinhaliert zu haben schien, führteuns als erstes in ein Animations -studio. Nicht nur indische Filmewerden hier bearbeitet, sondernauch viele amerikanische Block -buster be kom men hier ihren letz-

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Abb. 9: Gemalte Filmplakate in einem

Studio in Bollywood. Aufn. K. Lorber

Abb. 10: Malabar Hill, das Wohnviertel

der Reichen. Aufn. K. Lorber

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ten Schliff. Vom Animations -studio ging es über Seiten -straßen in einen un scheinbarenHinterhof, wo mehrere Studioku -lissen aufgebaut waren. So fandich mich in einem Gefängnis wie-der, in einem Krankenhaus und indiversen Schlaf- und Wohn -räumen. Die Krankenhaus-Kulisseverfügte auch über eine Apothe -ke, wo man uns vorführte, wieindisches Filmblut aussieht,

natürlich sieht es ganz andersaus als europäisches oder ameri-kanisches Blut. Das Studio ver-lassend, ging die Reise weiternach Malabar Hill, wo die Villender Stars liegen.

Wenn ich „The king Khan“schon nicht live begegnet war, sostand ich doch wenigstens vorseiner Villa. In Bollywood werdenjährlich ca. 950 Filme produziert

und damit liegt die Filmproduk -tion des Subkontinents an ersterStelle weltweit. Neu für mich,jeder erfolgreiche Film soll dieneun Rasas (Überbegriff derEigenschaften eines BollywoodFilms) enthalten: dazu zählenLiebe, Heldentum, Wundersa -mes, Ekel, Komik, Wut, Schre -cken, Pathos und Friedvolles. ImVolks mund werden die drei bisvier stündigen Epen auch als

Abb. 11: Haji Ali Dargah bei Ebbe. Aufn. W. Lyssy

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Abb. 12: Ehemaliges Prince of Wales Museum, heute Chhatrapati Shivaji Maharaj Museum. Aufn. W. Lyssy

Abb. 13: Scherenkatar, Bestand:

Rudolfinum. Aufn. K. Allesch

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Masala-Filme bezeichnet. Irgend -wie schien unser Guide Gefallenan uns gefunden zu haben undso schlug er vor, noch denMahalakshmi Tempel zu besu-chen. Der Tempel liegt verborgenam Ende einer Gasse auf einemFelsen, der ins Meer ragt. Linksund rechts auf dem Weg zumTempel befinden sich zahlreicheVerkaufstände, die Opfergabenfür die Göttin anbieten. DerTempel ist der Göttin Lakshmi

geweiht. Sie ist die hinduistischeGöttin der Liebe, des Wohlstan -des, der Schönheit, der Frucht -bar keit, der Gesundheit und siespendet geistiges Wohlbefinden.In Indien wird sie sehr verehrt, dasie auch Shakti, die GemahlinVishnus ist, in dieser Verkörpe r -ung tritt sie zwischen ihm undden Menschen auf. Vor Eintritt inden Tempel muss man seineSchuhe ausziehen, diese werdenfür ein paar Rupien in Verwahr -

Abb. 14:

Khanjar,

Bestand:

Rudolfinum.

Aufn. K. Allesch

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ung genommen. Es sei jedemIndien Reisenden selbst überlas-sen, ob er sich barfuss oder inTempelsöckchen aufmacht, umden Weg zum Tempel zu erklim-men. Ich fand nur den Hinweisunseres Guides amüsant, einebestimmte Stelle, die besondersverschmutzt war, zu meiden,denn eigentlich ist es egal, woman hintritt – glauben sie mirman wird genügsam und Unratmacht einem am Ende nicht

mehr soviel aus wie zu Anfangder Reise. Die Sicherheitsbarrierehinter mir lassend, mich einrei-hend in die Schlange von Frauen,die der Göttin ihre Opfergabendarbringen, ging es in kriechen-dem Tempo immer weiter vor-wärts, um schließlich, wenn auchnur kurz, einen Blick auf dieStatue der Göttin, die über undüber mit Blumen geschmückt ist,zu erhaschen. Zum Zeichen derSegnung erhält man von einem

Priester eine Blume, etwas Süßesund einen roten Punkt auf dieStirn.

Ebenfalls ein interessantes Hei -lig tum befindet sich im Stadt teilWorli, nämlich die Haji Ali Dar -gah, die nicht nur eine Mo schee,sondern auch ein Dargah, einSchrein des Sufismus, ist. Beein -druckend an dieser Mo schee istihre Lage. Auf einer Felsklippemitten im Meer gelegen, kann sienur zu Zeiten der Ebbe übereinen 100 m langen Dammerreicht werden. Im Inneren derMoschee befindet sich dasGrabmal des Mystikers Haji Ali,der während seiner Hadsch nachMekka den Tod fand und hier inMumbai bestattet wurde.

Mumbai verfügt auch übereine äußerst lebendige Kunst-und Kulturszene, äußerst impo-nierend wirkt das ChhatrapatiShi vaji Maharaj Vastu Sangra -halaya, wenn es von der Mor -gensonne beschienen wird. Eshandelt sich dabei um das ehe-malige Prince of Wales Museum,welches am 10. Jänner 1922eröffnet wurde. Vor rund zehnJahren benannte man es inErinnerung an den Marathen-Herrscher Shivaji (1630–1680)um, es zählt neben dem NationalMuseum in Delhi und dem IndianMuseum in Kalkutta zu den dreibedeutendsten Museen desLandes. Der Archi tekt des Haus -es war der Englän der GeorgeWittet (1878-1926), der sich vomindo-sarazenischen Stil beein-flussen ließ. Imposant ragt diegroße Kuppel des Hauses in dieHöhe, berühmt ist das Museumfür seine „Sculpture Gallery“ und

Abb. 15: Jain Tempel im

Sanjay Gandhi Nationalpark.

Aufn. W. Lyssy

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die Sammlung indischer Minia -tur malereien.

Doch auch die Waffensamm -lung des Hauses kann sich sehenlassen und hier sah ich auch mirvertraute Waffen. So haben sich indie Waffensammlung der Ab tei -lung Landesgeschichte unter an -derem ein Scherenkatar und einKhanjar verirrt. Ein Katar ist einFaustdolch dessen Ursprung in

Rajastan liegt, wobei der Sche -renkatar eine Sonderform dar-stellt. Katare sind Stoßwaffen, dieals Verlängerung des Unterarmsgelten und vor allem im Nah -kampf zum Einsatz kamen. DerScherenkatar hat in seiner norma-len Trageposition nur eine Klinge,jedoch durch Betätigung der bei-den querliegenden Griffe am Heftklappt die Klinge auseinander. Mit

den nun vorhandenen drei Klin -gen ließen sich nicht nur Angriffeabwehren, sondern es war aucheine äußerst tödliche Waffe.

Der Khanjar hat seinen Ur -sprung in Persien und dürfte mitden Mogulen seinen Weg nachIndien gefunden haben. DieseDolche besitzen meist einen pis-tolenknaufähnlichen Griff, eine

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LANDESGESCHICHTE, MITTELALTERLICHE UND NEUZEITLICHE NUMISMATIK 117

Klinge, die nach unten leicht ab -ge bogen verläuft und der Griffwar zumeist aus Elfenbein, Jadeoder Glas. Beim Betrachten derWaffen in ihren Vitrinen stelltesich mir die Frage, wie sich wohlKatar und Khanjar ins ferneKlagenfurt verirrt haben.

Nicht weit vom CSMVS befin-det sich die Jehangir Art Gallery,

die zu den bekanntesten GalerienIndiens zählt. 1952 wurde dasGebäude durch den ParsenCowasji Jehangir 2nd Baronet(1879-1962) erworben und zeigtin fünf Räumen diverse Wechsel -ausstellung, diese liefern einenEinblick in die heutige indischeKunstszene, bietet eine Plattformfür junge Künstler nicht nur ausIndien, sondern aus der ganzenWelt, und die ausgestellten Wer -ke können käuflich erworbenwer den. Auch rund um dieGalerie findet man viele Kunst -stu denten, die auf der Straßemeist für ein paar Rupien ihreWer ke anbieten.

Mumbai, das ist aber nicht nurStadt, sondern befindet man sichim westlichen Stadtteil Juhu,dann ist man im wahrsten Sinnedes Wortes gestrandet. Ein fünfKilometer langer Sandstrand lädtzum Träumen ein, vor allem wennder rotglühende Sonnenball imMeer versinkt. In diesem Momenterscheint das eigentliche Lebenklein und weit entfernt. Nichtweit von Juhu entfernt liegt derSanjay-Gandhi-Nationalpark undwieder zeigt Mumbai ein anderesGesicht. Der Park ist eine wirkli-che Oase in dieser quirligenStadt. Bis 1981 hieß der Park nochBorivili National Park und ist 94km2 groß. Im Park liegen zweigroße Seen, die ebenfalls zurWasserversorgung der Stadt her -an gezogen werden, ein Jain Tem -pel und 109 buddhistische Höh -len. Der Jain Tempel trägt denNamen Trimurti und ich fühltemich ein wenig an eine Szenenaus „Herr der Ringe“ erinnert alsich die hier drei riesigen Statuenerblickte. Diese drei Idole stellen

Lord Adinath und seine beidenSöhne Lord Bahubali und LordBharat dar. Der Tempel wird vorallem von Mitgliedern der Digam -bar Sekte aus der Jain Gemein -schaft aufgesucht. Das Inneredes Tempels ist gesäumt vonzahl reichen Grabmälern der Mön - che die hier einst lebten undwirkten.

Der Weg vom Tempel führt zuden buddhistischen Höhlen, be -kannt als Kanheri Caves. DieHöhlen entstanden im 2. bis 9.Jahrhundert nach Christus unddienten den Mönchen als Wohn-,Studier-, Schlaf- und Medita -tions räume. Die größte Höhle istdie sogenannte Chaitya-Höhle,vor deren Eingang zwei riesigeBuddha-Statuen stehen. In derHöhle erstreckt sich ein langerSäulengang an deren Ende einefünf Meter hohe Stupa steht.Unbeschreiblich, wenn ein Gläu bi -ger davor steht und sein Mantrabettet, die Akustik der Höhleträgt die Worte bis in die letztenWinkel. Die Schwingungen, diedabei erzeugt werden, lässt dieIllusion entstehen, als würde einFlugzeug direkt über ihren Kopfhinwegfliegen. Wie auch schonauf Elephanta Island wurdenauch hier sämtliche Höhlen undFiguren in den Fels gehauen. Einsteiles Treppensystem verbindetdie einzelnen Höhlen miteinan-der, die Rillen, die oberhalb desFelssystems verlaufen, wurdenebenfalls künstlich angelegt.Diese fangen das Regenwasserauf und leiten es zu unterirdi-schen Wassertanks, wo es ge -sammelt wird. Das hügeligeWald gebiet des Sanjay-Gandhi-

Abb. 16: Kanheri Caves,

buddhistische Höhlen.

Aufn. K. Lorber

© Landesmuseum für Kärnten; download unter www.biologiezentrum.at

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Na tionalparks ist die Heimat vonmehr als 1000 Arten vonPflanzen, 250 Vogelarten tum-meln sich auf den Bäumen undSträuchern des Parks. Danebenfin det man 150 Arten vonSchmetterlingen, unter anderemist der Park die Heimat des Atlas -spinners, des größten Schmetter -lings der Welt. Neben einemetwas altersschwach wirkendenLöwen und zwei Tigern, die Teiledes Lion-Safari-Parks sind, be -wegt sich eine beachtlicheMenge von Leoparden frei imPark, auch zahlreiche Hirsch ar -ten, Sumpfkrokodile und Affenleben in unmittelbarer Nähe dergeschäftigen Millionenstadt.

Der Nationalpark war der letz-te Punkt auf meiner MumbaiReise und auch ich zähle mich zujenen Menschen, für die Indienein Traumland bleiben wird. VonMumbai ging die Reise weiter indie Vereinigten Arabischen Emi -rate, genauer gesagt nach Dubai.Die Stadt war für mich nach dem„wusseligen“ Mumbai ein wirkli-cher Kulturschock. Alles verliefplötzlich geordnet, war so un -glaublich sauber und es herrsch-te plötzlich wieder Rechtsver -kehr, wo man sich gerade an dielinke Variante gewöhnt hatte. Dieschönsten Erlebnisse in Dubaiwaren zum einen die Überque-rung des 14 km und 100 bis 1300m breiten Dubai Creek mit denAbras (Personen fähren). Der Rufder Muezzine zum Gebet, daserste Mal, dass ich ihn in sogeballter Form wahrnahm, undvor allem die Wüsten tour sindmir in lieber Erinnerung geblie-ben. Bisher hatte ich nur über die

Wüste gelesen, um nun tatsäch-lich auf einer Düne zu stehen undden Sonnenuntergang mitzuerle-ben. Das Spiel der Far ben, dasrote, orange, grüne und violetteTöne umfasst, ehe der Sonnen -ball hinter dem Horizont ver-schwindet, ist noch faszinieren-der als es in der Reiseliteraturangekündigt wird. Kaum war dieSonne verschwunden, wurde esauch schon deutlich kühler. ImNomadencamp gab es nebeneinheimischen Spezialitätennoch eine ca. einstündige Bauch -tanzshow, die nur von den tau-send wie Diamanten funkelndenSternen überboten wurde.

Der letzte Tag in Dubai war einFreitag und man sollte einplanen,dass aufgrund des muslimischenFreitagsgebetes öffentliche Ver -kehrs mittel erst um die Mittags -zeit ihre Arbeit wieder aufneh-men bzw., dass sich an einemFreitag nicht viel mehr anbietetals sich in einer Mall die Zeit zuvertreiben. Natürlich sind dieShopping-Cen ter in Dubai eineSuperlative für sich. Edelmarkenreihen sich an Edelmarken, vierWasserfälle, ein Eislaufplatz undein riesiges Aquarium, in dem esmöglich ist mit Haien zu tauchenoder Glas boot zu fahren, dazunoch jede Menge Restaurantsund eine Buch handlung, die zueinem Kauf rausch einlädt, sorgendafür, dass dem Besucher nichtallzu schnell langweilig wird. Siesollten sich auch nicht wundern,wenn sie das Shopping-Centerüber den hinteren Eingang/Aus -gang verlassen, und alle Men -schen plötzlich Hans-guck-in-die-Luft spielen. Folgen sie ein-

Abb. 17: Das höchste

Gebäude der Welt, der

Burj Khalifa.

Aufn. W. Lyssy

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fach ihren Blicken und sie werdenverstehen, warum mancher Fluchbeim Fotografieren des begehr-ten Objekts ausgestoßen wird. Eserscheint beinahe unmöglich,das höchste Gebäude der Welt,den 828 m hohen Burj Khalifa,am Stück auf ein Foto zu bannen.Spannend zuzusehen, welche Ver -renkungen eingenommen wer-den, um ein gutes Foto zu schie-ßen.

Von Dubai ging es wiederzurück nach Österreich, das unsmit Schneefall und Kälte begrüß-te. Für mich war es mit Sicherheitnicht die letzte Reise nach Indien,es gibt noch so viele Abenteuerzu erleben, nicht nur auf diesemSubkontinent, aber er war und istmein Sehnsuchtsland. Ich werdees einfach halten wie Baudelaireder einst schrieb:

Abb. 18: Sonnenuntergang in der

Wüste Dubais. Aufn. W. Lyssy

Doch wahre Reisende, die gehen einfach fortUm fortzugehen, leicht, wie Seifenblasen schweben;Sie nehmen ihr Verhängnis mit zu jedem Ort,Und, ohne ein Warum, sie immer vorwärts streben!

Sie sind es, deren Wünsche Wolkenbildern gleichen,Die träumen, wie Rekruten für die Schlacht entbrannt,Endlose, ungeahnte Lüste zu erreichen,Von denen nie ein Mensch den Namen je gekannt!“

ANMERKUNGEN

1 Schreitmüller Karen, Indien. Baedeker

Allianz Reiseführer (Ostfildern 2007),

478.

2 Charles Baudelaire, Die Blumen des

Bösen (Stuttgart 1997), 134 f.

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