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AbBA Weak Art Award 2019

AbBA - bbk-kulturwerk.de · Weak Art Award 2019 27. Februar 2019 18:00 Uhr Haus der Statistik Die Initiative Allianz bedrohter Berliner Atelierhäuser (AbBA), vergibt 2019 erstma

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AbBAWeak Art Award     2019

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Weak Art Award     2019

27. Februar 2019  18:00 Uhr    ­ Haus der Statistik

Die Initiative Allianz bedrohter Berliner Atelierhäuser (AbBA), vergibt 2019 erstma­lig den  Weak Art Award 

­ Preis für herausragende Leistungen zur Schwächung der Kunst in Berlin ­ 

Personen, Firmen, Organisationen, aber auch Regeln oder Mechanismen kom­men als Preisträger*innen in Frage.

Aus der Berliner Stadtgesellschaft erreichten uns elf Nominierungen für den Preis. 

Die Auswahl der Preisträger*innen erfolgte durch eine Experten­Jury, der folgende Mitglieder angehörten:

­ Katalin Gennburg, MdA von Berlin, Fraktion DIE LINKE,  Sprecherin für Stadtentwicklung, Tourismus & Smart City

­ Felix Hartenstein, Stadtökonom und Urbanist, Urbanophil e.V.

­ Heather Allen, Bildende Künstlerin, Berlin

­ Stefan Alber, Bildender Künstler, Berlint

Bei der Veranstaltung am 27. Februar 2019 wird die Juryentscheidung öffentlich bekannt gegeben und der Preis verliehen. 

Die Nominierten haben ein persönliche Einladung erhalten um öffentlich auf die Juryentscheidung zu reagieren. 

Darüber hinaus möchten wir mit den Preisträgern und anwesenden Jurymitglie­dern über die Rolle der Immobilienwirtschaft in Berlin mit Blick auf die Verdrän­gung von Künstler*innen und Kleingewerbe aus angestammten Ateliers und Arbeitsräumen diskutieren. 

Dabei sollen auch neue Möglichkeiten/Modelle für Kooperationen und Dialog zwi­schen Unternehmen und Künstler*innen sowie Kleingewerbetreibenden ausgelo­tet werden, damit diese auch in Zukunft in Berlin arbeiten und leben können.  

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Atelierhaus PostOst    Palisadenstraße 89

Eigentümer: Factory & Inhaber Udo Schlömer

Vorbesitzer: Deutsche Telekom

Atelierhaus existiert seit 2003

1800 m²   20 Musikstudios und Probenräume

Künstler*Innen   ca.. 40 Musiker*Innen

­ Instrumentalisierung des „Kreativ“ Begriffs  für ihre Profitmaximierung

­ Umarmungs­ und Hinhalte Taktik

­ Art­Washing

­ Factory versucht mit perfiden Methoden sein „Kreatives“ Image aufrecht zu   erhalten und gegen die Künstler*innen auszuspielen 

­ Scheinkommunikation mit den Künstler*innen suggerieren die Möglichkeit von    gemeinsamer Projektentwicklung für Kunst­ und Kreativproduktion

­ Scheinbares Kreativ­Image dient letztlich zur  Profitmaximierung und nicht zur    Bereicherung von Berlins  Kreativszene 

Kommentare der Jury:

Art­Washing – es wird mit dem Kreativitätsbegriff gespielt ­  und sich an das künstlerische Berlin angelehnt.

Die gesamte Tech­Industrie besteht jetzt auch aus Kreativen, quasi die Nachfolger der Künstler aus den 1990ern. 

Besonders krass daran ist, dass gerade im Zeitalter der Start­Ups suggeriert wird, jetzt kämen Dinge, die viel produktiver sind. 

Und das Ganze passiert aber mit Risikokapital, das nur da ist, weil es eine ganz krasse ungerechte Verteilung von Vermögen gibt.

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Es ist geradezu pervers, dass suggeriert wird, es gibt einen Raumbedarf, ein Platzproblem.Der tatsächliche Grund ist: ein vorhandenes Gebäude besser verwerten zu können, wenn man die Mieter/Künstler*innen rausschmeißt.

Es geht um große Objekte, die gesellschaftlich schon mal Mehrwert besaßen, Be­standsgebäude, die sich schon längst amortisiert haben, die man unter dem Vor­wand kauft, dass man diesen Raum braucht. Und man hat eigentlich auch das Recht, dort seine Interessen umzusetzen, ohne Rücksicht darauf, wer dort vorher war.  

Stichwort Stadtrendite: Factory behauptet, dass sie  einen Mehrwert schaffen würde:"...es würde natürlich einen Hof geben und ein Café, wir beleben das hier alles..." 

Damit wird negiert, dass dies vorher auch schon stattgefunden hat  ­  die Wertigkeit der Vorherigen wird negiert, aber es wird daran angeknüpft ­ die Begrifflichkeit des Kreativen wird instrumentalisiert. 

„Aber was eigentlich dahintersteckt, ist ein Kapitalanlageobjekt.“ „Wir bauen ein neues Quartier“, heißt es, das entwertet die Bedeutung des Vorherigen. 

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Künstlerhof Koloniestrasse 10

Eigentümer: ZBI & Romeo Uhlmann

Atelierhaus existiert seit 1992 

700 m² Atelier­ und Werkstattfläche  ­ 33 Atelier­ und Werkstatträume  

40 Nutzer – 20 Künstler*Innen 

­  Besondere Profitgier und brutale Vorgehensweise

­ seit 2017/18 wird von den Eigentümern der Abriß geplant

­ Profitmaximierung durch Neu­Errichtung von Eigentumswohnungen und Hostel

­ mit dieser brutalen Vorgehensweise wird auch die gesamte Kiezstruktur zerstört

­ illegaler Abriss von Ateliers während laufender Nutzung der Räume.

­ Absperren von Werkstätten im Mietverhältnis.

­ Fortwährende, teilw. unberechtigte Kündigungen und Räumungsklagen, trotz der  Forderung nach Erhalt des  Künstlerhofes durch Kultursenator Lederer persönlich

­ Völlige Ignoranz der Eigentümer gegenüber jeglicher Kommunikationsversuche    seitens der Künstler*innen,  Medien und offizieller Seite – z.B. dem Bezirksamt.

Kommentare der Jury:

Zerstörung einer seit 20 Jahren existierenden schützenswerten Mischnutzung von Wohnen, Handwerk und Kunst und  einer Ateliergemeinschaft, die in der Gegend wichtig und bekannt war, mit Kunstaktionen und Angeboten für den Weddinger Kiez. 

Die Eigentümer haben eine besondere Brutalität der Vorgehensweise gezeigt.Obwohl die Eigentumsverhältnisse für die Koloniestr. 10 noch unklar sind (gibt es schon eine Überlassungsurkunde oder Absprachen?)

Romeo Uhlmann fühlt sich schon als zukünftiger Eigentümer und hat einfach einen Bautrupp dorthin geschickt

Ohne Genehmigung wurde mit dem Abriß begonnen – nur Polizei und Bezirkssamt konnten diese Gewalttätigkeit stoppen.

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Es ist ein sehr zugespitztes Negativbeispiel. 

Ob es gut ausgeht, weiß man noch nicht, aber es ist motivierend zu sehen, dass man etwas ändern kann. Wenn der Bezirk mitmacht, kann man Hebel ansetzen ­  auch wenn das bei Privateigentum schwierig ist. 

Ort und Nutzer sind schutzwürdig, das hat selbst die nicht­künstlerische Nach­barschaft so gesehen, die Nachbarn haben sich mit den Künstlern solidarisiert. Subkultur ist verwoben mit der Nachbarschaft. “…wissen dass wir zusammenge­hören…”.  

Die Bewohner solidarisieren sich und Erkennen die seismographischen Rolle von Künstlern (anstelle der Gentrifizierungsrolle) Die Nachbarn erkennen “nach den Künstlern sind wir dran” (Symptombewusstsein).

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Atelierhaus Erkelenzdamm 11­13 

Eigentümer: Akelius GmbH seit 2014

Atelierhaus existiert seit Mitte 1990er Jahre 

5.000 m²   5 Etagen 40 Künstler*Innen und Ateliergemeinschaften, ein Kulturver­

ein, Kleingewerbe, eine Druckerei

Denkmalgeschütztes Gebäude "Wikinghof" von 1899

­ für den exklusiven und luxuriösen Firmensitz wurden Kultur, Kunst und   Handwerksbetriebe verdrängt

­ Akelius­Manager hatten sich „in das Gebäude verliebt“ 

­ skrupelloses Verhalten

­ Zerstörung öffentlichen Gutes ­ Jegliche Verhandlungen wurden sofort im Keim    erdrückt, obwohl seitens der Politik starker Druck aufgebaut wurde  

­ Auch der Versuch das Gebäude durch die Stadt zu erwerben misslang

­ systematische Zerstörung der Besonderheit des Kiezes rund um den Kotti mit   seinen Kreativen ­ den durch sie entstandene Flair mit Cafés, Kinos und kleinen   Geschäften

­ Nach langen Verhandlungen kaufte Akelius sich das Gewissen mit 50.000 €  für    40 Künstler*Innen frei  (1250 € Pro Künstler*in) 

­ Für das Gebäude, das die Künstler*Innen verlassen mussten, zahlte Akelius  13 Millionen

­ Zynische Ausflüchte von Akelius­Managern: „ ..wir sind nur der Rendite unserer    Aktionäre verpflichtet“.

­ Verschleierung von Profitgier durch Sozialengagement

­ skrupellose Gentrifizierung in angesagten Städten  ­ Akelius ist  wesentlich an rasanten überdimensionalen Mieterhöhungen in Berlin   verantwortlich.  

Der Kaufpreis für Eigentumswohnungen im Aklelius­Gebäude ist um  65,8% von 2.790 €/m² auf 4.625 €/m² gestiegen 

„Akelius hat ein Stück Kreuzberger Mischung zerstört“

Akelius besitzt laut Selbstdarstellung 50.000 Wohnungen in sechs Ländern, vor allem „in attraktiven Städten mit starkem Wachstum und Modernisierungspotenzi­al“, etwa Berlin, London, Paris, Stockholm und New York. 

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Das Unternehmen gehört zu 90% der gleichnamigen wohltätigen Stiftung, die nach eigener Aussage die weltweit größte Spenderin für SOS­Kinderdörfer ist.

Akelius kaufte sich in den letzten Jahren verstärkt in den deutschen Markt ein, gerade auch in Berlin (allein 2014 rund 2.000 Wohnungen), und hat sich mittler­weile mit hohen Mieten und schlechter Betreuung einen Namen gemacht.

In Berlin erfuhr die Firma 2014 mediale Aufmerksamkeit, weil sie ein – früher kommunales – Wohnhaus für alte Menschen am Moabiter Hansa­Ufer gekauft hatte und es schicksanieren wollte.

Kommentare der Jury

Zerstörung Öffentlicher Güter als Kategorie (Methode/System)  Da passt der Begriff des öffentlichen Guts.

Dieses öffentliche Gut von Kreativität, Nachbarschaft, sozialem Miteinander, Kiezsturkturen, Kleingewerbe, wird  privatisiert.   

Es werden genau die  Werte zerstört, die überhaupt dazu geführt haben, dass (ein Objekt oder Gebäude) attraktiv wird.  

Die Kunst ist nur ein Teil davon. Die ganze Infrastruktur ist in diesem Fall bedroht.

Wenn man sieht, wie die Leute im Quartiersrat arbeiten, um das Umfeld zu verbessern. Das ist eine gigantische Aufgabe – im Gegensatz zu Investoren,  die  hierherkommen und ein Gebäude kaufen, um damit zu machen, was sie wollen. 

Die Menschen versuchen in Berlin mit viel Arbeit ihr Umfeld zu gestalten­  dagegen kommen Investoren, die nur ihre Rendite wollen und deutlich zum Ausdruck bringen, daß sie "...nur ihren Aktionären verantwortlich sind...".

Kategorie Immobilienhai.

Es gibt ein Versagen der Stadtregierung, solche Akteure gewähren zu lassen.  

Wie kann der Satz “Eigentum verpflichtet” neu ausgelegt werden, um In­vestoren ihren Freifahrtschein für renditezentriertes Verhalten zu entziehen.

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skala capital city invest gmbhVladimir Zaytsev

Gebäude Köpenicker Straße 36 

Eigentümer: Skala Capital City Invest – Vladimir Zaytsev

Vorbesitzer: Treuhand Hochtief

Atelierräume seit 2009

2.000 m ²

ca.. 60 Ateliers

­ total spekulativer und maximal überteuerter Ankauf und Verkauf von Immobilien,  dient möglicherweise der Geldwäsche mit möglicherweise illegitimer bzw.. mögli­  cherweise illegaler Mittel des globalen Kapitalmarkts.  

­ unternehmerischen Hintergrund vieler vergleichbarer internationaler Finanzak­  teure seit der Finanzkrise   

­ wieder ein Beispiel wie von Investoren bezahlbare Räume in zentraler Lage auf­  gekauft werden ­ auch vornehmlich durch die kurzfristige Umnutzung maroder,   spekulativ leerstehender Gewerbeimmobilien.   

­ Um Aufwertung der Immobilie bzw. der Umgebung zu vermeiden wurde auf öff­   entlich wahrnehmbare Veranstaltungen und nach außen sichtbare Zeichen der    Umnutzung weitgehend verzichtet.  

Immobilienzeitungen berichten im Jahr 2017, daß die F&B Gruppe das 10 000 m² große Grundstück von der Hoch­Tief Tochter Alex Bau (für ca. 7 Millionen Euro) erworben hat, seit 2014 eine Projektentwicklung mit Züblin und der Pantera AG entwickelte und das Grundstück im Jahr 2017 für 38 Millionen Euro veräußert hat. Auf der Homepage der Architekten wird auch die Skala Capital City Invest GmbH als Bauherr genannt.  Das Gebäude des früheren Betonwerks und der A.L.E.X. Bau GmbH an der Köpenicker Straße 36­38 wird im Sommer 2018 abgerissen.

Kommentar der Jury

Es ist tatsächlich so, dass die Geldwäschevorgaben des Landes relativ locker sind.  

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§§ Gewerbemietrecht

Gewerbemietrecht

­ Es schützt Gewerbemieter deutlich schlechter als Wohnungsmieter

­ Gesetzliche  Vorschriften  zur  Miethöhe  fehlen,  Kündigung  ohne  Angabe von   Gründen  ist  oft  innerhalb kürzester  Zeiträume  möglich.  

­ Einführung von Schutzregelungen für angespannte Gewerbemietmärkte ist    dringend geboten.

  

Gewerbemietrecht ist reines Vertragsrecht. 

Mieter oder Vermieter sind nicht geschützt durch übergeordnetes Landes­ oder Bundesrecht. 

Das Gewerbemietrecht sieht keine Angabe von Kündigungsgründen bei einer or­dentlichen Kündigung vor. Der Vermieter kann den Mietvertrag ohne Begründung kündigen.

Immer häufiger versuchen Investoren ihre Einnahmen aus Gewerbeflächen zu maximieren, kündigen bestehenden Mieter und erhöhen die Gewerbemieten. Dass das möglich ist, liegt am bundesrechtlich verankerten Gewerbemietrecht, dass wenig bis gar keine Schutzmechanismen für die Mieter vorsieht. 

Mieten sind nicht gebunden, sondern können von Investoren frei bestimmt wer­den. Es kommt zu einem Verdrängungswettbewerb, gewachsene Kiezstrukturen drohen verloren zu gehen. 

Gerade kleine Betriebe, Handwerker, Geschäfte, aber auch soziale Projekte, Ki­tas und eben auch Kreative und Künstler*innen sind betroffen. Müssen sie in der Folge ihre Räume aufgeben, ist das auch immer ein Verlust für den Kiez.

Das Prinzip 

„Eigentum verpflichtet“ 

muss auch für den Gewerbebereich gelten.

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L 65Grundbesitz GmbH

Gebäude Lohmühlenstrasse 11­13Eigentümer: JoLo Liegenschafts GmbH (Heute L65 Grundbesitz GmbH) Gregor 

Marweld und die "Factory"Vorbesitzer: Stiftung Bildung und Handwerk“ (SBH Nord)

Atelierräume seit 2004Gesamtfläche der Ateliers: 120 m² ­   4 Ateliers

Weitere 150 Bühnebildner*innen, Filmemacher*innen ­  Berufsschule, Werkstät­ten, Ausbildungsstätten, Fotostudios, wissenschaftliche Textproduktion und Ge­werbetreibende

­ keine Gesprächsbereitschaft trotz starker Intervention von Politikern aller Partei­  en, (Senat, Abgeordnetenhaus, Bezirksverordnetenversammlung, Gregor Gysi) 

­ “Startupisierung” des Bezirks ­ Factory

­ Zynisch: 2016  feierte die Factory ihre Halloween­Party in der Lohmühle und ei­   ne Party in einem  „abandoned building in Berlin“ wurde angekündigt.

­ Abandoned: NO!

Ein weitere Beitrag der „Start­Up­Isierung“ Berlins und Vernichtung von gewachsenen Strukturen

Das Start­Up Unternehmen "Factory" errichtet 2016 nach dem Vorbild von Silicon Valley eine Dependance am Görlitzer Park (Berlin Valley). 

In einer stillschweigenden Vereinbarung hatte die Vorbesitzerin „Stiftung Bildung und Handwerk“ (SBH Nord), das Gebäude der Lohmühlenstraße 65 an den Im­mobilienspekulanten Gregor Marweld, der schon 2005 als Hausverwalter an der Räumung der Yorck59 beteiligt war, verkauft. 

Die 150 Kleingewerbetreibenden, Künstler*innen, und Wissenschaftler*innen und eine Berufsschule, die in einer gewachsenen Struktur dort arbeiteten, wurden erst zwei Tage vor dem Eigentümerwechsel darüber informiert. 

Es wurde sofort gekündigt und die gesamte Hausbelegschaft musste Ende Sep­tember 2016 ausziehen.

Trotz Mobilisierung der Lohmühlengemeinschaft, Öffentlichkeitsarbeit, Treffen mit Lokalpolitiker*innen von fast allen Parteien, (Senat, Abgeordnetenhaus, Bezirks­verordnetenversammlung) und zahlreichen Versuchen der Verhandlung (Gregor Gysi schrieb der SBH, dem regierenden Bürgermeister und warb bei L65 um Ku­lanz), und zahlreichen Versuchen der Verhandlung, gab es keine Gesprächsbe­reitschaft seitens der Factory. 

Zügige Zerstörung einer gemischten Struktur aus Kunst, Kultur, Ausbildung und Gewerbetreibenden. 

Keinerlei Verhandlungsbereitschaft.12

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Prinzenstrasse 90/91

Eigentümer: Pandion AG

seit  Mai 2018

Vorbesitzer: Robben & Wientjes

Robben & Wientjes hat das Grundstück und das Gebäude 2017 an die Pandion AG verkauft.

Pandion plant nun das Gebäude abzureissen und ein sechstöckiges Luxusgebäu­de  zu errichten. 18.000m² für Sart­Up­Unternehmen etc. 

Kommentare der Jury: Im Sommer 2018 wurden Räume für Künstler*Innen zur Verfügung gestellt um sich als Freunde der Kunst zu profilieren.

Damit wird die prekäre Situation der Künstler*Innen ausgenutzt. Es werden dringend Räumlichkeiten gebraucht,  man ist darauf angewiesen und läßt sich damit instrumentalisieren.

Die Kunst schwächt sich in diesem Fall selbst, wenn sie sich für die Event­Kultur zur Verfügung stellt.

Das würde ich "urban washing" nennen, wenn sich Investoren mit einer künstlerischen Note schmücken, aber was danach gebaut wird, ist etwas ganz anderes.   

Es wird sich mit Kunstfreundlichkeit geschmückt, doch dahinter steckt Profitdenken.

Dennoch ist  dieses Vorgehen anders gelagert als die Verdrängung von Künstler*Innen aus Gebäuden, denn hier wurden keine Ateliers vernichtet.

 

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AtelierEtage Manteuffelstrasse 77

Eigentümer: Wollenberg und Branke GmbH

Atelierräume seit 2004

180 m²    ­  7 Ateliers

­ keine Kommunikation, reine Profitmaximierung

­ Unauffindbarkeit 

Zitate  aus einem Schreiben vom Staatssekretär für kulturelle Angelegenheiten Tim Renner an die Wollenberg & Branke GmbH:

„Als Eigentümer nehmen Sie aktiv an der Gestaltung unserer Stadt teil. Künstler und Kreative spielen dabei eine besondere Rolle, ihr kulturelles Versprechen ist wichtiger Grund für die Entwicklung Berlins als lebenswerten und wachsenden Ort.“

„Viele der Künstler*innen arbeiten seit langem an diesem Ort, sie beleben das Quartier und werten den Bezirk mit ihren vielfältigen Aktivitäten auf. Gerade in In­nenstadtlagen ist es dringend erforderlich, bezahlbare Arbeitsflächen und Ateliers für Kulturschaffende zu erhalten.“

„Es wäre sicher ein Gewinn für beide Seiten, wenn der kreative Standort gesichert und die Nutzung Ihres Hauses zugleich optimiert würde.“

Das Ergebnis dieser Intervention des Staatsekretärs war eine scheinbare Kom­promissbereitschaft:

Man hat eine einmonatige  Mietvertragsverlängerung angeboten.

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Atelierhaus Lindower Straße 18Gisela von Aschwege Holding KG  ­ Coffee­Circle

Voreigentümer: GvA Grundstücks GmbH & Co. KG                         ­ Vermieter Atelier Verwaltungs GmbH des BBK Berlin

Ateliers seit 1986

8.000 m²  30 Ateliers­ Schikanierung durch Entmietung und  Renovierung ­ Profitmaximierung durch Eventisierung ­ Fairtrade­Washing ­ Gentrifizierung wie aus dem Buch­ Versagen von Senat und BBK

Verfehlte Senatspolitik seit den 80er Jahren, die letztlich immer wieder  Privatisie­rungen von Atelierhäusern zugestimmt hat. 

Aus umfangreichen Recherchen ist zu ersehen, daß 1988  ein Generalmietvertrag zwischen dem Land Berlin und der Atelier GmbH des BBK geschlossen wurde. 

Das Haus wurde mit Mitteln der öffentlichen Hand (Landesmittel, Lottomittel und EU­Förderung) umgebaut und saniert. Diese Finanzierung war  sicherlich auch an bestimmte Nutzungsbedingungen gebunden. 

Durch verschiedene Irrungen und Verwirrungen der Geschäftsführer der  Atelier­verwaltungs GmbH des BBK 2008 scheidet diese aus dem Mietvertrag aus und die GvA Grundstücks GmbH übernimmt die Vermietung zu den Bedingungen von 1988 mit einer Laufzeit von 30 Jahren – also eigentlich bis 2018.Kurz danach ­ 2009 ­  erhalten3 Künstlerateliers eine Räumungsaufforderung

Das Atelierhaus wurde  seit vielen Jahren Stück für Stück durch undurchsichtige Privatisierung der Kunst entzogen

Die neue Eigentümerin ist jetzt die Gisela von Aschwege Holding KG  

Das Fabrikareal mit zwei Hinterhöfen verschwindet nun scheibchenweise ­ jedes Jahr werden ein, zwei Künstlergemeinschaften gekündigt…. nach und nach... 

Vermietet wird jetzt an die Kreativwirtschaft wie z.B. an Start­Up Unternehmen (CoffeeCircle, Weissmaler)  und als Atelierhaus ganz abgewickelt.

Das Haus steht sozusagen im Zentrum der Gentrifizierung an der U­/S­Bahn Wedding und die Eigentümerin verfolgt offensichtlich mit hohem finanziellem In­teresse einen grundlegenden Mieteraustausch

Die Eigentümerin Gisela von Aschwege bleibt hart – drohte mit Räumungsklage.  15

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Bar BabetteEigentümer: Nicolas Berggruen Holdings GmbH

Seit 2004

ca. 120 m² auf 2 Etagen

Künstler*innen, Kurator*innen

­ Verschleierung von Profitmaximierung von Nicolas Berggruen, die nach ihm    benannte GmbH agiert als “bad cop” 

­ Delegierung von Verantwortung

Kommentare der Jury 

Milliardäre die auf Shoppingtour gehen, um Bauwerke, Baudenkmäler als eine Art Sammlerstück zu erwerben.

Das ist besonders perfide, weil es um vormals öffentliche Räume geht, die eine ganz spezielle Bedeutung in der Karl­Marx­Allee hatten und jetzt geschlossene Räume sind.Denn sie werden nur geöffnet werden, wenn der Besitzer Lust darauf hat. 

Insofern werden hier wirklich Baudenkmale und Kulturgüter privatisiert ­  neben der Privatjacht kauft man sich einen Salon Babette. 

Das hat  eine Dimension von “Enteignung” öffentlichen Eigentums ­ ein Kulturgut, das andere Leute finanziert haben ­ das ist ganz besonders pervers.

Zumal Berggruen sich in der Stadt auf vielerlei Weise eingekauft hat und immer als der Kunstmäzen gilt.  Hier ist eine neue Stufe der Privatisierung von öffentlichen Orten erreicht.

Vorstufe von Schließung ­ so verkommen auch Kulturgüter, wenn Eigentümer ihre Objekte vorsätzlich verkümmern lassen. Da nutzt auch kein Denkmalschutz.

  Verantwortung fängt vor der juristischen Verurteilung an. 

Berggrün ist als Person absolut in der Verantwortung, trotz  dem Versuch die Ver­antwortung wegzudelegieren.

Die Holding trägt seinen Namen – somit ist er auch in der Verantwortung

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8­Jahres Regel  BBK Atelierförderung – Kulturverwaltung

Seit 2007

­ Förderung von Exzellenz/Künstlereinzelförderung, anstelle der Infrastruktur

­ Mutwillige Zerstörung bestehender Strukturen und künstlerischer Existenzen

­ Diskriminierung insbesondere ältere Künstler*innen

­ Die Acht­Jahresregelung des Ateliermietprogramms betrifft 226 Künstler*innen   alleine  im Jahr 2018 

­ So werden die betroffenen Künstler*innen, gerade auch älteren Semesters   räumlich verdrängt, da sie die  marktüblichen Mieten nicht zahlen können.   Diese Regelung beinhaltet, dass Künstler*innen geförderten Ateliers des Arbeits­raumprogramms acht Jahre lang zu günstigen Konditionen nutzen können.

Kommentar der Jury

Einerseits gibt es einen riesigen Bedarf und einige wenige haben dann das Glück. Wir denken aber, dass es nur eine Verteilung von Mangel auf mehr Schultern und im Prinzip eine Prekarisierung ist, insbesondere von älteren Künstler*innen, den­en das Finden eines Ateliers aus verschiedenen Gründen besonders schwerfällt.

Die Zahl steigt, weil die Kulturverwaltung grundsätzlich die Atelierförderung von einer Infrastrukturförderung, so wie sie bisher gesehen wird, zu einer Einzelför­derung  entwickeln will. 

Die 8­Jahres­Regelung ist ein Instrument für sich, das eine Prekarisierung, einen großen Druck auf die in geförderten Ateliers arbeitenden Künstler*innen ausübt.

Aus Sozialwohnungen wird ja auch niemanden gekündigt, weil es andere Bedürftige gibt. So nach dem Motto, nach acht Jahren darfst du jetzt unter der Brücke schlafen, mal böse gesagt.

Altersarmut bei Künstler*innen

Widerspruch: 

Die Möglichkeit einen Raum für acht Jahre zu bekommen ist sehr wertvoll. Auf dem freien Markt gibt es normalerweise eine 3­monatige Kündigungsfrist.  Wichtig dabei ist, daß Atelierräume dann nicht untervermietet oder ungenutzt sein dürfen.

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Impressum

AbBA c/o Atelierbüro, Köthener Str. 44 | 10963 Berlin

Mehr als zehn Atelierhäuser, mit ca. 500 KünstlerInnen, haben sich zu AbBA zu­sammengeschlossen um gemeinsam den Ateliernotstand in Berlin zu bekämpfen.

http://abbanetzwerk.tumblr.com

https://www.facebook.com/events/510207612738372/

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