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ISBN Print: 978-3-525-55029-8 — ISBN E-Book: 978-3-647-55029-9© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

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Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments

In Verbindung mit der Stiftung »Bibel und Orient« der Universität Fribourg/Schweiz

herausgegeben von Max Küchler (Fribourg), Peter Lampe, Gerd Theißen (Heidelberg) und Jürgen Zangenberg (Leiden)

Band 81

Vandenhoeck & Ruprecht

ISBN Print: 978-3-525-55029-8 — ISBN E-Book: 978-3-647-55029-9© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

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Georg Schelbert

ABBA Vater

Der literarische Befund vom Altaramäischen bis zu den späten Midrasch- und Haggada-Werken

in Auseinandersetzung mit den Thesen von Joachim Jeremias

Vandenhoeck & Ruprecht

ISBN Print: 978-3-525-55029-8 — ISBN E-Book: 978-3-647-55029-9© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-525-55029-8 ISBN 978-3-647-55029-9 (E-Book)

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen /

Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Oakville, CT, U.S.A. www.v-r.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG:

Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer

entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany.

Druck und Bindung: b Hubert & Co, Göttingen.

Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

ISBN Print: 978-3-525-55029-8 — ISBN E-Book: 978-3-647-55029-9© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

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Inhalt

Ausführliches Inhaltsverzeichnis .................................................................. 6

Vorwort ....................................................................................................... 15

1. Einführung............................................................................................. 17

2. yba und aba im Altaramäischen und im Reichsaramäischen ................. 35

3. ba in mittelaramäischen Texten ............................................................ 41

4. aba in den aramäischen Targumen........................................................ 71

5. yba und aba im Sprachgebrauch der hebräischen Texte des 3. Jahrhunderts .............................................................................. 125

6. Eigenart, Herkunft und Qualität der Form aba / abba ......................... 179

7. yba und aba im Talmud jerushalmi bzw. palästinischen Talmud ........ 195

8. aba in den ältesten Auslegungs- und homiletischen Midraschim ....... 217

9. aba im babylonischen Talmud............................................................. 241

10. aba in Midrasch-Werken der mittleren Periode .................................. 297

11. aba in weiteren Midrasch- und Haggada-Werken aus später Zeit....... 347

12. Ertrag................................................................................................... 379

Literatur ..................................................................................................... 391

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Ausführliches Inhaltsverzeichnis

Vorwort ....................................................................................................... 15

1. Einführung............................................................................................. 17 1.1 Deutung und Bedeutung von aba in den wichtigsten

Veröffentlichungen von Joachim Jeremias ................................ 17 1.1.1 »Deutung und Bedeutung von Abba als

Gottesbezeichnung und der Gottesanrede Jesu« ........ 17 1.1.2 »Das Vater-unser im Lichte der neueren

Forschung«................................................................. 18 1.1.3 »Abba. Studien zur neutestamentlichen

Theologie und Zeitgeschichte« .................................. 19 1.1.4 »Die Botschaft Jesu vom Vater«................................ 20 1.1.5 »Neutestamentliche Theologie«................................. 20 1.1.6 Kritische Anmerkungen ............................................. 22

1.2 Beispiele der Rezeption von Joachim Jeremias ......................... 23 1.2.1 In exegetischen Werken ............................................. 23 1.2.2 In geistlicher Literatur................................................ 27 1.2.3 Rezeption in den drei neuesten deutsch-sprachigen

Theologien des Neuen Testaments............................. 29 1.2.4 Martin Hengel zu Abba.............................................. 32

1.3 Ergebnis und Folgerungen ......................................................... 33

2. yba und aba im Altaramäischen und im Reichsaramäischen ................. 35 2.1 yba und aba im Altaramäischen.................................................. 35 2.2 yba und aba im Reichsaramäischen............................................ 37 2.3 Die Samaria Papyri aus dem Wadi Daliyeh ............................... 38 2.4 Aramäische Gebete aus Ägypten ............................................... 39 2.5 Biblisch Aramäisch (spätes Reichsaramäisch)........................... 39 2.6 Ergebnis...................................................................................... 40

3. ba in mittelaramäischen Texten ............................................................ 41 3.1 Qumrân-Aramäisch .................................................................... 41

3.1.1 Exkurs: aba im Geniza-Fragment Testament Levi der Bodleian Libary Cambridge, Oxford ................... 43

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Ausführliches Inhaltsverzeichnis 7

3.1.2 Relevante Personennamen in den Qumrân-Texten .... 47 3.1.3 Die Datierungen der Qumrân-Texte........................... 47 3.1.4 Herkunft der Qumrân-Texte....................................... 48 3.1.5 »Vater« als Bezeichnung Gottes oder Gottesanrede.. 48 3.1.6 Aramäische Gebetstexte aus Qumrân ........................ 49 3.1.7 Die Anrede Gottes als »mein Vater« ......................... 49 3.1.8 yba als status constructus: »Vater des [...]« ................ 50 3.1.9 Ergebnis auf Grund der Qumrân-Texte...................... 51 3.1.10 Bedeutung für die Frage nach der Sprache Jesu ........ 51

3.2 Belege ausserhalb von Qumrân aus dem 1. und frühen 2. Jahrhundert nach Christus ...................................................... 52 3.2.1 aba in zwei Ossuarinschriften .................................... 52 3.2.2 aba in zwei Briefen des Apostels Paulus.................... 53 3.2.2.1 Zur Aussprache Abbá................................................. 54 3.2.2.2 Doppelsprachiger Ruf: abba mit der Übersetzung

»Vater!«...................................................................... 54 3.2.2.3 Zu Galaterbrief 4,6 und Römerbrief 8,14................... 56 3.2.2.4 Gewichtung der Anrede ............................................. 58 3.2.2.5 Herkunft des Rufes..................................................... 58 3.2.3 Gebet Jesu in Gethsemani nach Markus 14,36 .......... 59 3.2.3.1 Die Gebetsanrede ....................................................... 60 3.2.3.2 Gewichtung ................................................................ 60 3.2.3.3 Geschichtlichkeit........................................................ 61 3.2.3.4 Hebräerbrief 5,7 ......................................................... 62 3.2.4 Ergebnis...................................................................... 63 3.2.5 Abba-Namen auf Ossuarinschriften und im Neuen

Testament ................................................................... 64 3.3 aba in Dokumenten aus dem frühen 2. Jahrhundert

nach Christus ............................................................................. 65 3.3.1 hba in einem Brief an Bar Kosiba .............................. 65 3.3.2 aba Ostrakon aus dem Wadi Murabba’at ................... 66 3.3.3 Die Fastenrolle Megillat Ta’anit ................................ 67 3.3.4 aba für »unser Vater«? ............................................... 67

3.4 Inschriften aus späterer Zeit ....................................................... 67 3.5 Inschriften aus der Umwelt ........................................................ 68

3.5.1 Nabatäische Inschriften.............................................. 68 3.5.2 Palmyrenische Inschriften.......................................... 68 3.5.3 Inschriften aus Hatra .................................................. 69 3.5.4 Samaritanische Inschriften ......................................... 69 3.5.5 Ergebnis...................................................................... 69

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8 Georg Schelbert ABBA Vater

3.6 Ergebnis der Belege aus dem 1. und frühen 2. Jahrhundert ........ 69

4. aba in den aramäischen Targumen.......................................................... 71 4.1 Einleitung ................................................................................... 71

4.1.1 Die verschiedenen Targume....................................... 71 4.1.2 Der Sprachgbrauch von ba in den Targumen............. 72

4.2 aba in den Targumen zum Pentateuch........................................ 73 4.2.1 ba für »ein Vater«, status absolutus ........................... 73 4.2.2 aba/hba/abya für ba »ein Vater«, status absolutus....... 75 4.2.3 aba für yba »mein Vater, Vater!« in

Anrede/Vokativ .......................................................... 75 4.2.4 aba für »mein Vater« in Aussage ............................... 76 4.2.5 -yba für »Vater des, der […]«, status constructus –

Genitivrelation............................................................ 78 4.2.6 Wiedergabe durch Plural............................................ 79 4.2.7 hba und yba im samaritanischen Targum .................... 80 4.2.8 aba für »mein Vater« in targumischen Zusätzen ......... 81

4.3 ba im Targum Jonathan zu den Propheten ................................. 83 4.3.1 Targum Jonathan zu den früheren Propheten............. 83 4.3.2 Targum Jonathan zu den späteren Propheten............. 85

4.4 anwba/!nwba für wnyba »unser Vater«................................................ 87 4.4.1 Targumen zum Pentateuch......................................... 87 4.4.2 Targum Jonathan zu den früheren Propheten............. 89 4.4.3 Targum Jonathan zu den späteren Propheten............. 89

4.5 aba in den Targumen zu den Hagiographen .............................. 90 4.5.1 Psalmen ...................................................................... 90 4.5.2 Hiob 2......................................................................... 91 4.5.3 Sprüche....................................................................... 91 4.5.4 Hoheslied.................................................................... 92 4.5.5 Targum zu Ester 1 und 2 ............................................ 92 4.5.6 Ruth ............................................................................ 94 4.5.7 Klagelieder ................................................................. 94 4.5.8 Prediger ...................................................................... 95 4.5.9 Targum zu 1 Chronik und 2 Chronik ......................... 95 4.5.10 Gesamtergebnis für die Targume ............................... 96

4.6 Gott als Vater in den Targumen ................................................. 96 4.6.1 Targumen zum Pentateuch......................................... 97 4.6.2 Targum Jonathan zu den früheren Propheten........... 106 4.6.3 Targum Jonathan zu den späteren Propheten........... 107 4.6.4 Targumen zu den Hagiographen .............................. 112

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Ausführliches Inhaltsverzeichnis 9

4.7 Gesamtergebnis ........................................................................ 121 4.7.1 Anrede Gottes mit yba in der hebräischen Bibel

und ihre Wiedergaben in den Targumen.................. 121 4.7.2 ba auf Gott bezogen in Aussage ............................... 122

4.8 Datierung der Targume ............................................................ 122

5. yba und aba im Sprachgebrauch der hebräischen Texte des 3. Jahrhunderts .............................................................................. 125 5.1 Geschichtlicher Hintergrund der sprachlichen Entwicklungen

bis um 200 ................................................................................ 125 5.1.1 Die Situation in Galiläa............................................ 125 5.1.2 Situation in Judäa vor dem ersten jüdischen

Aufstand gegen Rom................................................ 126 5.1.3 Die Situation nach dem ersten bis zum zweiten

jüdischen Krieg ........................................................ 126 5.1.4 Die Situation nach dem zweiten jüdischen

Krieg......................................................................... 128 5.1.5 Die tannaïtische Zeit in Galiläa................................ 129

5.2 aba im Sprachgebrauch der Halakha-Korpora ......................... 132 5.2.1 Mischna .................................................................... 132 5.2.2 Tosefta...................................................................... 139

5.3 ba im Sprachgebrauch der tannaïtischen halakhischen Midraschim............................................................................... 150 5.3.1 Mekhilta de Rabbi Jishma’el.................................... 150 5.3.2 Mechilta de Rabbi Shim’on ben Jochai ................... 154 5.3.3 Sifra zu Leviticus ..................................................... 157 5.3.4 Sifre beMidbar ......................................................... 160 5.3.5 Sifre beMidbar Zutta ................................................ 162 5.3.6 Sifre zum Deuteronomium....................................... 163 5.3.7 Midrasch Tannaïm ................................................... 167 5.3.8 Aboth de Rabbi Nathan............................................ 171 5.3.8.1 Aboth de Rabbi Nathan B ........................................ 171 5.3.8.2 Aboth de Rabbi Nathan A ........................................ 175 5.3.9 Gesamtergebnis für den Sprachgebrauch in den

tannaïtischen Werken ............................................... 177

6. Eigenart, Herkunft und Qualität der Form aba / abba ......................... 179 6.1 Eigenart .................................................................................... 179

6.1.1 Die Endung auf -â. ................................................... 179 6.1.2 Die Längung bzw. Gemination des Bêth zu abba .... 180

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10 Georg Schelbert ABBA Vater

6.1.3 Zur Betonung von abba............................................ 182 6.1.4 Aramäisch oder Hebräisch? ..................................... 182

6.2 Herkunft und Qualität von aBa ................................................. 183 6.2.1 Abba als Lallwort bzw. Lallform............................. 184 6.2.2 Sprachen ohne und mit kindersprachlichen Formen 186 6.2.3 Problem der Übersetzung......................................... 186

6.3 Entwicklung der Sprache ......................................................... 187 6.3.1 Allgemeines Bild der Entwicklung der Sprache ...... 187 6.3.2 Anwendung auf die Entwicklung zu h/aBa............... 188 6.3.3 aba bei Lehrern vor 70 nach Christus ...................... 189 6.3.4 Nicht berücksichtigte Stellen ................................... 190 6.3.5 Anzunehmende Sprachentwicklung......................... 190 6.3.6 Ergebnis.................................................................... 191 6.3.7 Modernes Beispiel.................................................... 192

6.4 aBa/yba in aramäischen bzw. hebräischen Texten .................... 193

7. yba und aba im Talmud jerushalmi bzw. palästinischen Talmud ........ 195 7.1 Einleitung ................................................................................. 195 7.2 aba in aramäischen Zusammenhängen..................................... 196 7.3 aba in hebräischem Kontext ..................................................... 204 7.4 Ergebnis.................................................................................... 215

8 aba in den ältesten Auslegungs- und homiletischen Midraschim ...... 217 8.1 Erste Gruppe 400 bis 500 nach Christus .................................. 217

8.1.1 Midrasch Genesis Rabba.......................................... 217 8.1.1.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 218 8.1.1.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 220 8.1.1.3 Ergebnis.................................................................... 225 8.1.2 Midrasch Wajjiqra Rabba ........................................ 226 8.1.2.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 226 8.1.2.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 227 8.1.2.3 Ergebnis.................................................................... 229 8.1.3 Midrasch Echa Rabba .............................................. 229 8.1.3.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 230 8.1.3.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 231 8.1.3.3 Ergebnis.................................................................... 232 8.1.4 Ester Rabba .............................................................. 232

8.2 Zweite Gruppe 500 bis 640 nach Christus ............................... 233 8.2.1 Pesiqta de Rab Kahana............................................. 233

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Ausführliches Inhaltsverzeichnis 11

8.2.1.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 234 8.2.1.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 235 8.2.1.3 Ergebnis.................................................................... 236 8.2.2 Midrasch Shir ha-Shirim Rabbah............................. 236 8.2.2.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 236 8.2.2.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 237 8.2.2.3 Ergebnis.................................................................... 238 8.2.3 Ruth Rabbah............................................................. 239 8.2.3.1 aba in aramäischen Abschnitten .............................. 239 8.2.3.2 aba in hebräischen Abschnitten ............................... 239 8.2.3.3 Ergebnis.................................................................... 240

8.3 Ergebnis.................................................................................... 240

9. aba im babylonischen Talmud............................................................. 241 9.1 Einleitung ................................................................................. 241

9.1.1 Geschichte ................................................................ 241 9.1.2 Sprache(n) des babylonische Talmud ...................... 242

9.2 aba im babylonischen Talmud: Übersicht ................................ 243 9.2.1 Stellen mit yba, anscheinende Ausnahmen ............... 243

9.3 Gleichartige Ausdrücke mit aba oder mit ba ............................ 246 9.3.1 In aramäischem Kontext mit ba tva / aba tta .......... 246 9.3.2 ba(h) tyb bzw. aba tyb für »Haus des, meines

Vaters, Vaterhaus« ................................................... 247 9.3.3 aba yxa / ba twxa für »Bruder/Schwester meines

Vaters« ..................................................................... 251 9.3.4 aba ynb / !b ba / ba ynb für »Sohn eines Vaters«........... 253 9.3.5 aba dwBk / ba dwBk für »Ehrung des/meines

Vaters« ..................................................................... 253 9.3.6 aba ~wqmb/ba (~wqmb) für »an Stelle des Vaters« ........ 254 9.3.7 bah hkm für »Kraft des Rechtes des Vaters« ............ 255

9.4 aba als höfliche Anrede............................................................ 256 9.4.1 ynwlyp aba für Vater NN ............................................. 256 9.4.2 Exkurs: Matthäus 23,9 ............................................. 257

9.5 abad für »des Vaters« bzw. »meines Vaters« (nomen rectum) 259 9.6 aba für »mein Vater«, »der Vater« ........................................... 262

9.6.1 aba in aramäischem Kontext .................................... 262 9.6.1.1 Ergebnis für aba im babylonischen Aramäisch........ 270 9.6.2 aba in hebräischem Kontext ..................................... 270 9.6.2.1 Ergebnis für aba im babylonischen Hebräisch......... 292

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12 Georg Schelbert ABBA Vater

9.7 aba und yba in den sog. »kleineren/geringeren« oder »ausserkanonischen« Traktaten ................................................ 292 9.7.1 Masseket Sopherim .................................................. 292 9.7.2 Ebel Rabbati (Semachôt), »Traktat über

die Trauer« ............................................................... 293 9.7.3 Derek Erets Rabbah.................................................. 294 9.7.4 Pereq ha-Shalom ...................................................... 294 9.7.5 Zitzit ......................................................................... 294 9.7.6 Traktat Kalla Rabbathi ............................................. 295 9.7.7 Ergebnis.................................................................... 296

10. aba in Midrasch-Werken der mittleren Periode zwischen 640 und 1000....................................................................... 297 10.1 Erste Gruppe (640–775) ........................................................... 297

10.1.1 Midrasch Mischle..................................................... 297 10.1.2 Tanna deVe Eliahu, Seder Eliahu Rabba ................. 300 10.1.3 Derek Erez Suta........................................................ 311 10.1.4 Pirke de Rabbi Eliezer.............................................. 312 10.1.5 Qohelet Rabbah........................................................ 314 10.1.6 Devarim Rabah......................................................... 316 10.1.6.1 Die aschkenasische Fassung .................................... 316 10.1.6.2 Die sefardische Fassung........................................... 319 10.1.6.3 Ergebnis.................................................................... 319 10.1.7 Midrasch Tanchuma-Jelamdenu .............................. 320 10.1.8 BeMidbar Rabbah .................................................... 326

10.2 Zweite Gruppe (775–900) ........................................................ 328 10.2.1 Midrasch Samuel...................................................... 328 10.2.2 Pesikta Rabbati......................................................... 330 10.2.3 Schemoth Rabba....................................................... 332

10.3 Dritte Gruppe (900–1000)........................................................ 338 10.3.1 Midrasch zu den Psalmen I ...................................... 338

10.4 Anhang: Aramäische Dichtungen ............................................ 343 10.5 Zusammenfassung.................................................................... 345

11. aba in weiteren Midrasch- und Haggada-Werken aus später Zeit....... 347 11.1 Mittlere Periode (640–1000) .................................................... 347

11.1.1 Erste Gruppe (640–775)........................................... 347 11.1.1.1 Zeichen des Messias................................................. 347 11.1.1.2 Midrasch Petirat Moshe (Heimgang des Mose) ........ 348 11.1.2 Zweite Gruppe (775–900) ........................................ 349

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Ausführliches Inhaltsverzeichnis 13

11.1.2.1 Abschnitte aus dem Midrasch Tanchuma ................ 349 11.1.2.2 Midrasch Ma’asseh Torah........................................ 350 11.1.2.3 Midrasch R. Akiba b. Josephs Alphabet .................. 350 11.1.2.4 Midrasch Otijjot de-Rabbi Akiba (Text A).............. 350 11.1.2.5 Midrasch Hiob.......................................................... 351 11.1.3 Dritte Gruppe (900–1000)........................................ 352 11.1.3.1 Hekhaloth Texte ....................................................... 352 11.1.3.2 Midrasch Abba Gurion............................................. 354 11.1.3.3 Aggadat Bereschit .................................................... 355 11.1.3.4 Midrasch Hallel ........................................................ 356 11.1.3.5 Ma’asseh Jehudith.................................................... 357

11.2 Späte Periode (1000–1200) ...................................................... 358 11.2.1 Erste Gruppe (1000–1100)....................................... 358 11.2.1.1 Gebet Mordechais und Esters................................... 358 11.2.1.2 Midrasch jerushalmi zur Esterrolle .......................... 358 11.2.1.3 Ester 2....................................................................... 359 11.2.1.4 Midrasch al Megillat Ester ....................................... 360 11.2.1.5 Midrasch Wa-Joscha zu Ex 14,20–15,18................. 360 11.2.1.6 »Midrasch« der Zehn Gebote................................... 361 11.2.2 Zweite Gruppe (1100–1200) .................................... 362 11.2.2.1 Leqach Tob des R. Tobia b Eliezer zum

Jakobssegen.............................................................. 362 11.2.2.2 Chronik unseres Meisters Mose / Dibrei

ha Yamim shel Mosche............................................ 362 11.3 Verschiedene Texte .................................................................. 363

11.3.1 Paradies und Hölle 3. Agadat Josua b. Levi............. 363 11.3.2 »Preis der Vaterliebe« in Midrasch Rabbothenu

zu »Und er ging vor ihnen hinüber« (Gen 33,3a) .... 363 11.3.3 Bereschit Rabbati ..................................................... 365 11.3.4 Testament Naphtalis................................................. 370 11.3.5 Haggada der Söhne Jakobs....................................... 370 11.3.6 Ma’asseh R. Jehoschua ben Levi’s .......................... 371 11.3.7 Midrasch Segen Jakobs unseres Vaters.................... 371 11.3.8 Ma’asseh Abraham................................................... 371 11.3.9 Salomo und die Ameise ........................................... 372 11.3.10 Erzählungen.............................................................. 372 11.3.11 Midrasch »Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen

des Waldes« ............................................................. 373 11.3.12 Midrasch Jitbarek ..................................................... 373 11.3.13 Midrasch »J’ gründete die Erde durch die

Weisheit« (Text B)................................................... 373

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14 Georg Schelbert ABBA Vater

11.3.14 Midrasch Pitron Torah ............................................. 374 11.3.15 Geschichte von den zehn Martyrern ........................ 374

11.4 Ergebnis.................................................................................... 376

12. Ertrag................................................................................................... 379 12.1 »Vater« in altaramäischen und reichsaramäischen Texten ...... 380 12.2 »Vater« in mittelaramäischen Texten aus Qumrân .................. 380 12.3 »Vater« in mittelaramäischen Texten ausserhalb Qumrân ...... 380 12.4 »Vater« in den verschiedenen aramäischen Targumen............ 381 12.5 »Vater« in den ältesten hebräisch verfassten Gesetzeskorpora

und halachischen Midraschim.................................................. 382 12.6 Eigenart und Herkunft von aba ................................................ 382 12.7 »Vater« im jerusalemischen bzw. palästinischen Talmud......... 383 12.8 »Vater« in den ältesten Midraschim......................................... 384 12.9 »Vater« im babylonischen Talmud .......................................... 384 12.10 »Vater« in den Midraschwerken der späteren Zeit .................. 385 12.11 Vaterbild................................................................................... 385 12.12 Unterschied zwischen rein aramäischem Sprachbereich und

rabbinischen Texten ................................................................. 387 12.13 Gott als Vater in chassidischer Frömmigkeit ........................... 388

Literatur ..................................................................................................... 391

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Vorwort

Die Botschaft von Gott als ABBA Vater ist ein zentrales Element der Ver-kündigung Jesu. Alle Autoren, die in exegetischer, theologischer oder geist-licher Literatur auf Abba Bezug nehmen, stützen sich direkt oder indirekt, explizit oder implizit auf die Ergebnisse der Forschungen des bedeutenden Exegeten Joachim Jeremias (1900–1979). Die singuläre, in der jüdischen Gebetsliteratur fehlende Anrede und Bezeichnung Gottes als Abba wird als aus der Kinderprache stammende, familiäre und kindliche Anrede und Be-zeichnung erklärt und ist deshalb für jüdische Fromme bzw. für das Juden-tum anstössig und ungebührlich. Abba wurde geradezu Schlüsselwort für Jesu Gottesverständnis und Gottesverhältnis. Jeremias hat dies von 1953 an in mehreren wissen schaftlichen Publikationen vorgelegt und in verschiede-nen vulgarisierenden Veröffentlichungen einem breitem Publikum zugäng-lich gemacht. Seine Arbeiten sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. Meist wird seine These lediglich pauschal und vereinfacht aufgenommen und weitergegeben. Die von ihm selber gemachten Zurücknahmen und Prä-zisierungen werden nicht zu Kenntnis genommen. Daher erschien es mir notwendig, zuerst die Darstellung von Jeremias in ihren Nuancen und Ab-wandlungen in Erinnerung zu rufen. Danach wird an neueren Beispielen die Rezeption in geistlicher und wissenschaftlich exegetisch-theologischer Lite-ratur in deutscher Sprache vorgeführt. Der Hauptteil der Arbeit legt umfas-send das Sprachmaterial für die Bezeichnung »Vater« vom Altaramäischen bis zu späten jüdischen aramäischen und hebräischen Werken vor.

Es ergab sich, dass Abba, wie der als Titel gewählte, älteste datierbare Be-leg des Wandels des Sprachgebrauchs vom Abî der aramäischen Koine zu Abba im Brief des Apostels Paulus an die Galater 4,6 mit der Übersetzung »o, path,r / Vater« zeigt, in den aramäischen und in den hebräischen Texten kei-ne andere qualitative Bedeutung hat als die normale Anrede und Bezeich-nung »Vater«, sei es im Munde von Kindern oder von erwachsenen Söhnen und Töchtern und keine besondere emotionale Nuance gegenüber der hebräi-schen Anrede Abî aufweist. In späteren Schriften werden in hebräischen Zu-sammenhängen Abba und Abî ohne Unterschied verwendet.

Vielen hat die Deutung von Abba als kindliche Anrede Gottes Glaube und Frömmigkeit befruchtet. Es geht mir nicht darum, dies zu untergraben. Gottes Vaterschaft ist für Glaube und Botschaft Jesu zentral. Sie hängt jedoch nicht an der Anrede Gottes mit aba, als kindersprachliches »Papa« gedeutet. Ihre Grundlage ist die ganze Botschaft Jesu. Sie braucht auch nicht als Folie einen Gegensatz zur jüdischen Frömmigkeit, wie manche Darstellungen nötig zu

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haben scheinen. Als heuristisches Prinzip ist es ohne Zweifel legitim, die Be-sonderheit Jesu und seiner Botschaft gegenüber seiner eigenen und der späte-ren Mitwelt herauszuarbeiten. Das Kriterium der doppelten Unterscheidung – Unterscheidung vom Christlichen und Kirchlichen sowie vom zeitgenössi-schen und späteren Judentum – ist weiter von Bedeutung. Es ist aber gerade in der zweiten Richtung mit grösster Vorsicht anzuwenden. Christliche Ex-egeten, Theologen, geistliche Schriftsteller und Prediger müssen sich hüten, schwarz-weiss zu malen. Der fragmentarische Charakter der allein zugäng-lichen, immer nur schriftlichen Dokumentation, ist vor Augen zu halten.

Es geht mir keineswegs darum, Leistung und Ertrag der Forschungsarbeit von Joachim Jeremias herabzumindern. In meiner Lehrtätigkeit am Missions-seminar Schöneck und an der Theologischen Fakultät in Freiburg habe ich selber immer wieder von ihr profitiert. Auch ich hatte mir seine Ausführun-gen zu Abba dankbar zu eigen gemacht und weitergegeben. Im Lauf meines vertieften Studiums der aramäischen Sprache und der Texte – zunächst Ara-bisch und Syrisch bei Prof. Raimund Köbert, Vorlesungen zu Targum Onke-los bei Prof. Eugenio Zolli am Bibelinstitut in Rom, später bei Prof. Paul Kahle in Oxford, besonders des von Alexandro Diez Macho damals identifi-zierten, vollständigen jerusalemischen Targums zum Pentateuch, Neofiti 1 der Bibliotheca Vaticana – sowie der Studien zur Einführung in die aramäi-sche Sprache wurden mir gewisse sprachliche Feststellungen und Interpreta-tionen fraglich. Diese führten zur Untersuchung des mir zugänglichen Sprach-materials zu aba. Ein erstes Ergebnis war mein Beitrag zur Festschrift für Prof. Dominique Barthélemy 1981. Nach meiner Emeritierung 1992 bot sich die Möglichkeit, diese Studien fortzusetzen, zunächst am Biblischen Institut der Theologischen Fakultät in Freiburg und nach meinem Rückzug ins Mis-sionshaus Bethlehem in Immensee 2000 in der Bibliothek des Institutes für Jüdisch-Christliche Forschung der Theologischen Fakultät Luzern.

Es bleibt mir, allen meinen Dank auszusprechen, von denen ich bei der Ausarbeitung, zum Abschluss und zur Veröffentlichung der Studie Hilfe be-anspruchen durfte. Mein Dank gilt der Theologischen Fakultät Freiburg, ih-rem Bibelinstitut und den an ihm lehrenden und forschenden Kollegen. Be-sonderer Dank gebührt Prof. Dr. Max Küchler und seinem Engagement für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe NTOA und die Unterstützung der Ver-öffentlichung, dem Institut für Jüdisch-Christliche Forschung der Universität Luzern und seiner Leitung, zunächst Prof. Dr. Clemens Thoma, danach Prof. Dr. Verena Lenzen. Der Leitung der Missionsgesellschaft Bethlehem danke ich für ihren Beitrag an die Druckkosten. Ganz besonderer Dank gilt meinem Neffen Dr. Urspeter Schelbert. Ihm verdanke ich die fachmännische Erstel-lung des druckfertigen Manuskripts nach den Vorgaben des Verlags. Ohne seine kompetente Hilfe wäre ein Abschluss nicht möglich gewesen. Immensee, im November 2010 Georg Schelbert SMB

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1. Einführung

1.1 Deutung und Bedeutung von aba in den wichtigsten Veröffentlichungen von Joachim Jeremias

Joachim Jeremias hat die Ergebnisse seiner Forschungen zu Abba vorallem in fünf Veröffentlichungen vorgelegt. Es scheint mir wichtig, auf die Kon-stanten und auf die Veränderungen in späteren Publikationen gegenüber früheren aufmerksam zu machen.

1.1.1 »Deutung und Bedeutung von Abba als Gottesbezeichnung und der Gottesanrede Jesu«

In »Deutung und Bedeutung von Abba als Gottesbezeichnung und der Got-tesanrede Jesu« hat Jeremias 1953 unter dem Titel »Kennzeichen der ipsis-sima vox Jesu« in der Festschrift für Alfred Wikenhauser festgestellt:1 1. »Nach dem übereinstimmenden Zeugnis der vier Evangelisten hat Jesus Gott stets, mit alleiniger Ausnahme des Schriftzitates Mk 15,34 par. Mt 27,46, mit ›Vater‹ angeredet […] überwiegend zusatzlos.« (S. 86f) 2. »Dass er dabei den aramäischen Vokativ Abba gebraucht hat, wird durch Mk 14,36 ausdrücklich bezeugt und durch das Echo der Urkirche (Röm 8,15; Gal 4,6) bestätigt.« (S. 86f) 3. Es wird zunächst die Erklärung der Form Abba als Determinativform (= der Vater), die zugleich die Form mit dem Pronominalsuffix der 1. Person Singular vertrete, abgelehnt. Abba sei vielmehr eine eigene Vokativform, in der das -a durch Kontraktion von -ai entstanden sei. (S. 86f) 4. Als einzige vorchristliche Parallele für zusatzloses, auf Gott bezogenes Abba wird auf die Geschichte von Chanin ha-Nechba im babylonischen Talmud Traktat Taanith 23b hingewiesen: Kinder richten an ihn als Regen-beter die Bitte: »Abba, Abba, gib uns Regen«, worauf er selbst betete: »Herr der Welt, tue es doch um dieser willen, die noch nicht unterscheiden können zwischen einem Abba, der Regen geben kann, und einem Abba, der keinen Regen geben kann.« Jeremias betont, dass Chanin »in Wiedergabe der Kindersprache« die ganz unliturgische Redeweise der Schulkinder auf-

————— 1 JEREMIAS, Vox Jesu, besonders 86–89. – Hervorhebungen von G.S.

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nimmt. Er übersetzt die Anrede der Schulkinder mit »Väterchen, Väter-chen«, während er für Chanin Abba unübersetzt belässt. 5. In der Anmerkung 15 verweist Jeremias mit Theodor Zahn zu Röm 8,15 auf die Bemerkung von Chrysostomus, Theodor und Theodoret, dass die kleinen Kinder in Antiochia in Syrien ihre Väter mit Abba anzureden pfleg-ten. (S. 89) 6. Das Ergebnis der Frage nach jüdischen Entsprechungen zu Abba als Ge-betsanrede lautet: »Für die Gottesanrede Abba (ohne Suffix) gibt es in der gesamten jüdischen Literatur keinen einzigen Beleg.« (S. 89) 7. Als Grund für diese Fehlanzeige gilt: »Abba ist familiäre Sprache.« 8. Hier wird »Abba / mein Vater« als Diminutivform erklärt, »das ist sehr wichtig.« Daher hat Jeremias ja das Abba der Schulkinder mit »Väterchen« übersetzt. 9. Als Begründung für diese Deutung auf Kindersprache wird mit Gustaf Dalman auf die Stellen im Traktat Berakot 40a; Sanhedrin 70b des babyloni-schen Talmuds verwiesen: »Wenn ein Kind begonnen hat, Brot zu essen, (also bald nachdem es entwöhnt wurde) lernt es 'abba und 'imma sagen.« (S. 89) 10. Abschliessend wird betont: »Wir stellen also das Auftauchen eines völ-lig neuen Sprachgebrauchs fest, der zugleich ein in die letzten Tiefen rei-chendes neues Gottesverhältnis widerspiegelt.« (S. 89)

1.1.2 »Das Vater-unser im Lichte der neueren Forschung«

Joachim Jeremias vulgarisiert 1962 diese Ergebnisse:2 Neu ist in dieser Darstellung der Hinweis auf das Schwanken der Wiedergabe des Vokativs in der synoptischen Überlieferung. Sie erkläre sich durch das zugrunde lie-gende Abba. Dieses könne »Vater, mein Vater, unser Vater« bedeuten.

Neu ist ferner der Hinweis auf die Ermächtigung der Jünger Jesu, auch selbst Gott wie Jesus mit Abba anzureden. Auffällig ist in dieser Darstel-lung die starke Betonung von Abba als Kindersprache, als vertrauliche Kinderanrede, kindlich (fünfmal), ja »wie das Kleinkind […] so innig […] so kindlich«, ja als Kleinkindersprache (dreimal).

Gerade diese Darstellung von Jeremias fand weiteste Verbreitung.3

————— 2 JEREMIAS, Vater-unser. 3 Vgl. Bibliographie Joachim Jeremias, Nr. 223, 21962; 31965; 41967; 1962 schwedisch; 1964

amerikanisch; 1966 dänisch, 1963 französisch, 1966 japanisch, 1967 katalanisch, 1964 italie-nisch, 1966 spanisch.

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Einführung 19

1.1.3 »Abba. Studien zur neutestamentlichen Theologie und Zeitgeschichte«

Zeitlich folgt 1966 die ausführlichste, wissenschaftlich reich belegte Dar-stellung von Joachim Jeremias als neuer Beitrag »die Vateranrede in den Gebeten Jesu«.4

Abgesehen von Details der Beweisführung ist das Folgende das Neue in dieser umfassendsten Abhandlung:

Neu ist, dass als Grund für den Gebrauch von Abba angegeben wird: »[…], weil weder im Aramäischen noch im Hebräischen, wie es zur Zeit Jesu in Palästina gesprochen wurde, eine andere Form [als Abba] für die Anrede ›mein Vater‹ zur Verfügung stand.«5

Neu ist die Feststellung: Abba ist bereits in vorchristlicher Zeit als re-spektvolle Anrede an alte Männer bezeugt und dass auch erwachsene Söhne ihren Vater mit Abba anreden.6

Neu ist die weitere Feststellung auf Grund von Mt 23,9, dass die Jünger die »alltägliche und respektvolle Höflichkeitsanrede Abba gebrauchen.« Es sei schon jetzt angemerkt: Hat aber damit Abba nicht seine Besonderheit verloren?7 Neu ist die Annahme: »Trotz der starken Ausweitung ging jedoch das Wis-sen um die Herkunft von Abba aus der Sprache des Kleinkindes nie verlo-ren.« Dazu weist Jeremias auf die Targumstelle zu Jes 8,4 hin.8

Neu ist hier, dass sich erstmals die Erklärung der Form Abba durch ih-ren Ursprung als reine »Lallform« findet und im Zusammenhang vom klei-nen Kind, das Mama und Papa sagt, die Rede ist.9

Neu ist: Abba ist nicht nur Kindersprache, sondern hat die allgemeine Bedeutung von »der, mein Vater« übernommen, ja es wird als respektvolle Anrede gebraucht.10

Neu ist hier die Angabe: »Aber auch die Anwendung von Abba auf Gott in der Aussageform wurde bewusst vermieden.«11

Neu ist schliesslich das zurücknehmende Caveat: »Man kann vielfach le-sen (auch ich habe das früher geglaubt), dass Jesus unmittelbar das Lallwort des Kleinkindes aufgegriffen habe, wenn er mit seinem himmlischen Vater

————— 4 JEREMIAS, Abba, 15–67, bzw. 56–67. 5 JEREMIAS, Abba, 58. 6 JEREMIAS, Abba, 61. 7 JEREMIAS, Abba, 65. 8 JEREMIAS, Abba, 61. 9 JEREMIAS, Abba, 59f. Anm. 26 verweist auf den Nachtrag von Theodor Nöldeke in:

SCHULTHESS, Aramäisch, 156 (zu 81, § 156,3.), sowie auf SCHRENK, pa,thr, 954. 10 JEREMIAS, Abba, 61. 11 JEREMIAS, Abba, 62.

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sprach. Diese Annahme wäre eine unzulässige Verharmlosung. Wir haben gesehen, dass auch der erwachsene Sohn seinen Vater mit Abba anredet. Die Abba-Anrede Jesu ist denn auch keineswegs nur Ausdruck der Vertrau-lichkeit Jesu im Umgang mit Gott.« Auch in Jesu Gebeten ist Abba nicht nur Ausdruck des gehorsamen Vertrauens (Mk 14,36), sondern zugleich Wort der Vollmacht.12

1.1.4 »Die Botschaft Jesu vom Vater«

Wiederum vulgarisiert Joachim Jeremias seine Forschungsergebnisse zu Abba 1968.13 Die Darstellung stimmt weitgehend mit jener von 1963 über-ein. Wichtig ist vorallem die erneute Ablehnung des verhängnisvollen Fehl-schlusses, dass Jesus dieses Lallwort übernommen habe, sowie dass Abba gleich »Papa« sei.14

1.1.5 »Neutestamentliche Theologie«

Als zusammenfassende und abschliessende Darstellung der Deutung von Abba durch Joachim Jeremias kann der erste Teil »Die Verkündigung Je-su« in seiner 1971 erschienen Publikation »Neutestamentliche Theologie« betrachtet werden.15 Darin kommt der Verfasser an drei Stellen auf Abba zu sprechen.

In Kapitel 1 zur Frage nach der Zuverlässigkeit der Überlieferung der Worte Jesu bezeichnet Jeremias den »Gebrauch des Alltagswortes 'abba als Gottesanrede (als) die wichtigste Neubildung Jesu.«16

Die zweite Stelle findet sich in Kapitel 2 »Die Sendung«, § 7 »Die Got-tesanrede 'abba«. Hier kommen »Die Quellen«, »Die Einzigartigkeit der Gottesanrede 'abba« und »Die Bedeutung der Gottesanrede 'abba« zur Sprache.17 1. Zunächst wird ein dreifacher Tatbestand festgestellt: »Alle fünf Traditi-onsschichten unserer Evangelien […] stimmen darin überein, dass Jesus die Vateranrede verwendet und dass Jesus diese Anrede in sämtlichen Gebeten verwendet hat (mit Ausnahme des Kreuzesschreis, nach Markus), dass Jesus dazu die aramäische Form 'abba verwendete (Mk 14,36)« (S. 68). ————— 12 JEREMIAS, Abba, 63f. 13 JEREMIAS, Botschaft Jesu, 15–19 (3. Abba in den Gebeten Jesu). 14 JEREMIAS, Botschaft Jesu, 18. 15 JEREMIAS, Verkündigung Jesu. 16 JEREMIAS, Verkündigung, 45 (3. Kennzeichen der ipsissima vox, 5. Abba). 17 JEREMIAS, Verkündigung, 67–73.

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Einführung 21

2. Ferner wird im Blick auf die jüdische Gebetsliteratur die Ungewöhnlich-keit bzw. Einzigartigkeit der Gottesanrede Abba festgestellt. (S. 68f) 3. Obwohl nur bei Markus bezeugt, gilt dies für alle Gebetsanreden. Darauf weise das merkwürdige Schwanken der Überlieferung zwischen »mein Va-ter« und »Vater!«, erklärbar nur durch das zugrunde liegende, mehrdeutige Abba (Vokativ, »mein, unser Vater«). Ferner werden die paulinischen Stel-len als Echo der Gebetsanrede Jesu bezeichnet. (S. 70) 4. Die Einzigartigkeit gilt auch für das Judentum ausserhalb der Gebetslite-ratur, wie das Targum Jer 3,4.19 zeige, wo abi durch ribbôn (Herr) ersetzt wird. (S. 71) 5. Zu den zwei Stellen Targum Ps 89,27 und Mal 2,1, wo sich Abba findet, schreibt der Verfasser, »der Übersetzer habe sich vom Sinn her dazu ge-zwungen«, bzw. habe »keine andere Möglichkeit der Übersetzung« gese-hen. (S. 71) 6. Ausserhalb der Gebetsliteratur wird wiederum die Geschichte vom Re-genbitter Chanin angeführt. Auch hier wird das Abba der Schulkinder mit »Väterchen, Väterchen« wiedergegeben. Das Abba Chanins selbst wird nicht übersetzt, wohl aber dessen eigene Anrede »Gebieter der Welt«. Neu ist die Beurteilung der Stelle: »Man kann die kleine Geschichte als Präludi-um zu Mt 5,45 betrachten.« (S. 71) 7. Einmal mehr wird festgehalten: »Wir stehen mit alledem vor einem Tat-bestand von fundamentaler Bedeutung […].« (S. 71) 8. Dieser Tatbestand wird durch die Herkunft von Abba als ursprüngliches Lallwort erklärt mit Verweis auf die bereits genannten Stellen im Talmud, die von den ersten Plapperlauten sprechen. (S. 72) 9. Es wird dann freilich auch hier gesagt, dass der Gebrauch von Abba eine grosse Ausweitung erfahren habe, sodass für »Vater!« bzw. »mein Vater« nurmehr Abba zur Verfügung stand und dass Abba längst nicht mehr auf die Kindersprache beschränkt gewesen sei, sondern auch erwachsene Söhne und Töchter ihren Vater mit Abba anredeten, sowie auch ältere Respekts-personen und Schüler ihren Lehrmeister, nach einer Midrasch-Stelle, im Haus Rabban Gamli’els II. (um 90) sogar den Sklaven Tabi. (S. 72) 10. Trotzdem wird gesagt, die Vermeidung von Abba als Anrede Gottes erkläre sich auf diese Weise: »Abba war Kindersprache, Alltagsrede, Höf-lichkeitsausdruck. Es wäre für das Empfinden der Zeitgenossen Jesu unehr-erbietig, ja undenkbar erschienen, Gott mit diesem familiären Ausdruck anzureden […]. Jesus hat es gewagt, Abba als Gottesanrede zu gebrauchen. Dieses Abba ist ipsissima vox Jesu.« (S. 72) 11. Es wird einmal mehr die völlige Neuheit und Einmaligkeit der Abba-Anrede in Jesu Gebeten betont: »Jesus hat mit Gott geredet wie ein Kind mit seinem Vater: vertrauensvoll und geborgen und zugleich ehrerbietig und bereit zum Gehorsam.« (S. 73)

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12. Jeremias warnt erneut an dieser Stelle – in Kleindruck – vor zwei Miss-verständnissen: »Einerseits, dass 'abba ursprünglich Lallwort war, hat gele-gentlich dazu verführt, anzunehmen, dass Jesus die Sprache des Kleinkin-des aufgegriffen habe; auch ich selber habe das früher geglaubt. Indes, die Feststellung, dass schon seit vorneutestamentlicher Zeit auch die erwachse-nen Söhne und Töchter ihren Vater mit 'abba anredeten, verbietet diese Ein-engung.« (S. 73) 13. Andererseits weist Jeremias die Vereinnahmung des sich in Abba aus-drückenden Sohnesbewusstsein für die Gottessohn-Christologie der Kirche in allen Einzelheiten ab, wie z.B. die Vorstellung der Präexistenz. Als Grund, der solche Überinterpretation verbiete, gibt er den alltäglichen Klang des Wortes an. (S. 73) 14. Anschliessend wird Mt 23,9 – auf Erden niemand Vater zu nennen – als Abwehr des Brauches, Respektspersonen, insbesondere ältere Männer, mit Abba anzureden, gedeutet. Es wäre ein Missbrauch dieses Wortes. Jesus habe das Wort als heiliges Wort betrachtet. (S. 73) 15. Abschliessend gilt: »In der Gottesanrede 'abba äussert sich das letzte Geheimnis der Sendung Jesu. Er wusste sich bevollmächtigt, Gottes Offen-barung zu vermitteln, weil Gott sich ihm als Vater zu erkennen gegeben hatte (Mt 11,27).« (S. 73)

Die Dritte Stelle findet sich in Kapitel 5 »Das neue Gottesvolk«, § 18 »Die Kindschaft«, 1. »Der Vater« und 2. »Das neue Beten«.18 Abba kommt kurz im Zusammenhang mit dem Herrengebet zur Sprache. (S. 191)

1.1.6 Kritische Anmerkungen

Zum Abschluss der Darstellung seien bereits einige kritische Anmerkungen angefügt. Für Joachim Jeremias ist die Tatsache Ausgangspunkt, dass die Gottesanrede Jesu mit Abba in der zeitgenössischen jüdischen Gebetslitera-tur, ja in jüdischer Literatur überhaupt, nicht bezeugt ist. Diese Fehlanzeige gewinnt nach ihm ausserordentliche Bedeutung für Jesu Gottesverhältnis. Sein Lehrer Gustaf Dalman schrieb zu aramäisch aba, anwba: »Der Sprach-gebrauch der Familie ist auf Gott übertragen, es ist die Rede des Kindes zum Vater.« Er sah die Zuschreibung eines besonderen »auf andere, un-übertragbaren Verhältnisses Jesu zu Gott« in der »geflissentlichen Vermei-dung« der üblichen jüdischen Anrede »unser Vater« begründet.19 Für Jere-mias drückt sich in der einzigartigen Anrede Gottes mit meist zusatzlosem

————— 18 JEREMIAS, Verkündigung, 175–196. 19 DALMAN, Worte Jesu, 156f.

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aBa durch Jesus sein einzigartiges Gottesverhältnis aus. Abba wird zum Offenbarungswort dafür und zu dessen geschichtlichem Zeugnis. Den Grund für das totale Fehlen sieht er darin, dass aBa ein Wort der Kin-der-, ja Kleinkindersprache sei, analog zu Mamma und Papa. Es sei ur-sprünglich reine Lallform und galt daher gegenüber Gott als ungebührlich, »niemand würde es gewagt haben […].« In der ausführlichen wissenschaft-lichen Darstellung wird jedoch der Gebrauch für die Verwendung von aBa in sämtlichen Gebeten Jesu dadurch erklärt, es sei im Aramäischen und Hebräischen der Zeit für die Anrede »Vater« keine andere Form mehr zur Verfügung gestanden. Ferner habe aBa die allgemeine Bedeutung von »Va-ter« angenommen, ja werde als unanstössige, respektvolle Höflichkeitsan-rede verwendet. Damit hat freilich aBa seine Besonderheit und seine Unge-bührlichkeit verloren und kann die Fehlanzeige eigentlich nicht mehr erklä-ren. Joachim Jeremias korrigiert: Jesus habe nicht unmittelbar das Lallwort aufgenommen, wie er selbst früher geglaubt habe. Die Beziehung zu Kin-dersprache wird darauf reduziert, dass das Wissen um ihren kindersprachli-chen Ursprung nie verloren gegangen sei. Diese Präzisierungen zerstören eigentlich die Grundlagen seiner These. Trotzdem wird bis zuletzt an ex-tremen Formulierungen wie »unehrerbietig, ja undenkbar« und an der The-se von der grundlegenden Bedeutung der Anrede Gottes gerade mit Abba als Äusserung des letzten Geheimnisses der Sendung Jesu unbeirrt fest-gehalten.

1.2 Beispiele der Rezeption von Joachim Jeremias

Das Verständnis von Abba und dessen Deutung durch Joachim Jeremias ist auch weiterhin auf breiter Ebene rezipiert und in theologischer wie geistli-cher Literatur übernommen und verbreitet worden. Es hat anscheinend für manche fast den Status eines »Glaubenssatzes« erhalten. Dafür einige Bei-spiele.

1.2.1 In exegetischen Werken

Zwar bringt James Charlesworth in seiner Abhandlung »Jesus within Juda-ism«20 verschiedene Nuancen an. Er hält aber die Grundthese von Jeremias für erwiesen: »From the distinguished publications by J. Jeremias it is clear that Jesus chose one particular Aramaic noun to articulate his conception of God.« Er verweist dazu gar darauf, dass er gelegentlich in Jerusalem Kinder ————— 20 CHARLESWORTH, Jesus.

ISBN Print: 978-3-525-55029-8 — ISBN E-Book: 978-3-647-55029-9© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen

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ihre Väter mit ›Abba, Abba‹ rufen hörte, »which is, of course, Hebrew for ›Daddy‹.«21 Trotzdem der Ausdruck in den Evangelien tatsächlich nur in Mk 14,36 in der Form aBa / o` path,r bezeugt ist, schreibt er: »It (this formu-la) is represented in all five independent layers of the gospel tradition.« Zwar kritisiert er die allzu häufige Verwendung der Vorliebe Jesu für Abba (Aramäisch) zum Erweis der Einzigartigkeit Jesu. Er spricht aber doch von der einzigartigen (unique) Verwendung durch Jesus. Abba könne auch die Konnotation des familiären Abba haben.

Ebenso besteht für ihn an und für sich kein Unterschied zwischen »unser Vater« und »Vater«. Doch habe Jesus durch seine Wahl von 'abba statt 'abînû eine einzigartige Emphase auf das Wort Abba gelegt. Er stellt die Frage, ob es nicht vorstellbar sei, Jesus habe Gott mit »Abba« angeredet, weil er eine von den meisten Zeitgenossen verschiedene Auffassung von Gott gehabt hat, das heisst, eines besonders nahen Gottes.

Die Ausführungen des Verfassers machen einen zwiespältigen Eindruck: 1. Die Darstellung von Joachim Jeremias ist feststehender Ausgangspunkt. 2. Beides will festgehalten werden: einzigartige Gottesbezeichnung und doch nicht Einzigartigkeit. 3. Es wird nicht zwischen hebräischer und aramäischer Sprachgemeinschaft differenziert oder die griechische Wiedergabe von Abba in der zweispra-chigen Anrede mit dem normalen o` path,r berücksichtigt. 4. Die Tatsache, dass auch für die Form »ava« kein Beleg vorliegt, wird nicht beachtet. 5. Der Verfasser stellt andererseits mit Recht die Grundlage der Deutung von Jeremias – das argumentum ex silentio – in Frage: »We certainly do not have all the prayers used in early Judaism; hence it is precarious to build upon the above data a unique theology for Jesus.« Dies gilt umso mehr angesichts der geringen Zahl vorhandener aramäischer Gebete.

Paul Hoffmann stützt sich 1981 in seiner Darstellung der »einfachen und konkreten Rede Jesu von Gott« in Kapitel 5 Abba ganz auf Jeremias.22 Er legt dabei besonderes Gewicht auf die Bezeichnung von Abba als Kinder-sprache. Es werde am besten mit »Papa, Väterchen« wiedergegeben. Er stellt Abba der feierlichen Anrede bei Mt 6,9 gegenüber, die auf die väterli-che Gewalt, die Autorität des Familienoberhauptes oder Königs verweise und stellt solche Gottesvorstellung der alttestamentlich-jüdischen Überliefe-rung an die Seite des antik-heidnischen Denkens. Abba dagegen erinnere demgegenüber an die Erfahrung des Kleinkindes. Abba meine nicht Gott als den Herrn über Himmel und Erde.

————— 21 CHARLESWORTH, Jesus, 132. 22 HOFFMANN‚ Er weiss, 151–176, besonders 166f.

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1. Die These von Jeremias ist auch hier feststehender Ausgangspunkt. 2. Die Betonung des Kleinkindlichen ist angesichts der Zurücknahmen und Warnungen von Jeremias in Abba 1966,23 worauf Hoffmann verweist, er-staunlich. 3. Es wird übersehen, dass im spontanen, persönlichen Dankgebet Jesu in der synoptischen Überlieferung (Mt 11,25, Lk 10,21f Q) – Anrede pa,ter mit »Herr des Himmels und der Erde« verbunden ist. In der Grundstelle, in Jesu Bittgebet in Gethsemani, in der allein Abba und zwar Abba / o` path,r vorkommt, wird gerade an die Macht des Vaters, der alles vermag (pa,nta dunata, soi), appelliert.

Ausgangspunkt ist auch für Helmut Merklein in seiner Arbeit »Jesu Bot-schaft von der Gottesherrschaft«24 die Darstellung von Jeremias. Die Be-zeichnung Gottes als Vater sei zwar kein Novum. Er stellt deren Spärlich-keit in zeitgenössischen palästinischen Texten den 170 Nennungen in den Evangelien gegenüber.

Die konkrete Form der Vateranrede -abba- sei noch auffälliger, als Got-tesanrede analogielos und als solche ipsissima vox Jesu. Dass gelegentlich sogar in griechischen Texten bei Markus und Paulus das Wort 'abba beibe-halten wurde, wird damit erklärt.

Die griechische Wiedergabe mit o` path,r / Vater wird nicht berücksich-tigt. Auch Merklein betont den kindersprachlichen Charakter und sieht in »Papa« die deutsche Entsprechung. Die Warnung vor diesem Fehlschluss durch Jeremias ist nicht zur Kenntnis genommen.

Jürgen Becker kommt in seiner Darstellung »Jesus von Nazareth« bei der Verwertung des Herrengebetes auf Abba zu sprechen.25 Mit Verweis auf den Römer- und Galaterbrief wird die Annahme begründet, dass hinter dem einfachen pa,ter bei Lukas Abba stehe. Das Gebet Jesu in Gethsemani Mk 14,36, wo allein die Anrede in einem Gebet Jesu vorkommt, wird nicht verwendet. Das Fehlen von Belegen dürfe nicht dazu führen, Jesus im All-tagsgebrauch innerhalb aramäischer Sprachtradition Singularität zu attestie-ren. Die aramäische Gebetsliteratur sei nur noch rudimentär erhalten. »Wohl aber darf man festhalten, dass eine vorangestellte Vateranrede ohne jeden Zusatz eine eigene Variante innerhalb der bisherigen Belege ist.«

————— 23 JEREMIAS, Abba, 73. 24 MERKLEIN, Jesu Botschaft, (besonders: Kapitel 5: Gott – Vater, 5.1. »Abba« – Die Gottesanre-

de »Abba«, 5.2 Das neue Gottesverhältnis, S. 84). 25 BECKER, Jesus, hier 331f.

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