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Rechtsgutachten Zur Verfassungsmäßigkeit des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über die Professorenbesoldung in der Besoldungsordnung W für das Land Berlin (BerlProfBesÄndG) Im Auftrag der Berliner Universitäten Verfasst von Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Berlin und Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit, Dortmund Juni 2014

Abgeordnetenhaus von Berlin - Rechtsgutachten Zur ......Alimentationspflicht grundsätzlich auch aus einer Kombination von Grundgehalt und Leistungsbezügen genügen könne. 5 Daran

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  • Rechtsgutachten

    Zur Verfassungsmäßigkeit des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der

    Vorschriften über die Professorenbesoldung in der Besoldungsordnung W für das

    Land Berlin (BerlProfBesA ̈ndG)

    Im Auftrag der Berliner Universitäten

    Verfasst von

    Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Berlin und

    Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit, Dortmund

    Juni 2014

  • 2

    Inhalt  

     

    Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ...................................................... 3 I.  Sachverhalt und Fragestellung ............................................................................. 5 II.  Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“........................................................ 7 

    1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil.................................................... 7 a) Alimentative Funktion der Leistungsbezüge ................................................. 7   b)  Alimentativer Charakter der Leistungsbezüge .............................................. 8 aa)  Allgemeine Zugänglichkeit .......................................................................... 9 bb) Gesetzliche Bestimmtheit............................................................................ 10 cc)  Erfüllbarkeit ............................................................................................... 10 dd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin ............................................. 11 ee)  Zwischenergebnis..................................................................................... 13 

    2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag ............. 13 a)  Altfälle......................................................................................................... 13 aa)  Verstoß gegen das Leistungsprinzip......................................................... 13 bb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot ....................................................... 15 

    älle ......................................................................................................... 17b) Neuf  3.  Zwischenergebnis........................................................................................... 18 

    III.  Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe ............................................... 19 1. Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO.............................. 20   2. Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO ........................... 22   3. Maßgeblichkeit des Bund-Länder-Vergleichs ................................................. 24   4.  Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich ........................... 26 

  • 3

    Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 

    1. Das Land Berlin versucht mit dem vorliegenden Gesetzentwurf seine

    Rechtspflicht zur Beseitigung der verfassungswidrigen Unteralimentation im Bereich

    der Besoldungsordnung W nachzukommen. Dabei wählt es mit der Konstruktion

    eines Aufstockungsbetrags zur Summe aus Grundgehalt und Leistungsbezügen (§ 3

    Abs. 9 LBesG-E) eine von den anderen Gesetzgebern abweichende Lösung.

    2. Die „Aufstockungslösung“ setzt den alimentativen Charakter der

    Leistungsbezüge voraus. Diese erfüllen aber nach ihrer Ausgestaltung durch den

    Landesgesetzgeber nicht die Voraussetzungen, die das BVerfG an den

    alimentativen Charakter von Leistungsbezügen stellt. Sie sind nicht für jeden

    Amtsinhaber zugänglich, es besteht kein durchsetzbarer Rechtsanspruch und die

    Gewährungsvoraussetzungen sind nicht hinreichend gesetzlich bestimmt.

    3. Voraussetzung der Gewährung eines Aufstockungsbetrags ist die Versagung von

    Leistungsbezügen. Unter diesen Umständen bildet die Aufstockungslösung eine

    Prämie für leistungsschwache Amtsinhaber zu Lasten der Leistungsträger und ist

    deshalb mit dem Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 und 5 GG unvereinbar

    4. Der Gesetzentwurf sieht einerseits die Gewährung von Leistungsbezügen

    unter der Voraussetzung besonderer Leistungen vor, gewährt andererseits aber

    einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf eben jene Besoldungsleistungen.

    Das Gesetz ist deshalb in sich widersprüchlich, verstößt gegen die Pflicht des

    Gesetzgebers zur Systemgerechtigkeit und gegen das Willkürverbot.

    5. Unter den Bedingungen des Gesetzentwurfs ist es den Hochschulen des

    Landes unmöglich, rechtmäßige Besoldungsentscheidungen zu treffen. Auch darin

    erweist sich die Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Konstruktion

    6. Durch den Gesetzentwurf sieht das Land für die W 2-Professoren eine

    Besoldungshöhe vor, die im Verhältnis zur jetzigen BBesO A der vom BVerfG als

    evident unzureichenden Besoldung im Land Hessen entspricht.

    7. Mit der Anlehnung der W 2-Besoldung an die Besoldung eines 38-jährigen

    Regierungsdirektors orientiert sich der Gesetzgeber nicht an der maßgeblichen

    Endstufe der Besoldungsgruppe A 15 sondern bleibt entgegen der Anforderungen

    des BVerfG im unteren Bereich der in der Besoldungsordnung A ausgewiesenen

  • 4

    Ämter des höheren Dienstes. Die Besoldung aus der Besoldungsgruppe W 2 bleibt

    deshalb unzureichend.

    8. Das gleiche Ergebnis ergibt sich für die Besoldungsgruppe W 2 aus dem

    horizontalen und vertikalen Vergleich zwischen der Landesbesoldungsordnung und

    der Bundesbesoldungsordnung. Die Höhe der Besoldung aus den

    Besoldungsgruppen W 1 und W 3 gibt ebenfalls Anlass zu Bedenken, eine

    zuverlässige rechtliche Einordnung ist insoweit aber schwierig.

  • 5

    I.  Sachverhalt und Fragestellung 

    Mit Urteil vom 14.02.2012 hat das Bundesverfassungsgericht auf Vorlage des VG

    Gießen (B. v. 8.12.2008, 5 E 248/07) die Besoldung der W 2-Professoren im Land

    Hessen für evident unzureichend und deshalb verfassungswidrig erklärt.1 Die

    Entscheidung erging zwar unmittelbar nur zur Professorenbesoldung in Hessen. Das

    OVG Münster2 hat aber zu Recht betont, dass der Entscheidungstenor seine

    Bindungswirkung auch gegenüber der entsprechenden Besoldunglage in anderen

    Bundesländern entfaltet. Unabhängig davon erstreckt sich der Sache nach die

    Verfassungswidrigkeit der Besoldungsrechtslage auch auf die Besoldung in allen

    anderen Länder und dem Bund, weil und soweit die Besoldungsentwicklung mit der

    im Land Hessen vergleichbar ist.3 Allein aus dieser Verfassungswidrigkeit ergibt sich

    eine entsprechende eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Gesetzesänderung.

    Diese Pflicht anerkennend haben der Bund und die Länder Reformgesetze erlassen,

    mit denen sie versuchen, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit

    möglichst geringem finanziellen Aufwand zu erfüllen.4 Die bisherigen Reformgesetze

    sehen vor, die Grundgehälter der Besoldungsgruppe W2 und W3 zu erhöhen oder

    statt der Erhöhung der Grundgehälter „Grundleistungsbezüge“ zu gewähren. Die

    dadurch entstehenden Mehrkosten sollen dann aber zumindest zum Teil dadurch

    „kompensiert“ werden, dass bereits zugesagte Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1

    BBesG ganz oder zumindest teilweise mit der Erhöhung der Grundgehälter

    verrechnet, also in entsprechender Höhe gestrichen werden.

    Das Land Berlin hat nun ebenfalls seiner verfassungsrechtlichen Pflicht folgend

    einen Gesetzentwurf vorgelegt, der allerdings vom Vorgehen der anderen Länder

    und des Bundes wesentlich abweicht. Der Entwurf sieht in einem neuen § 3 Abs. 9

    LBesG im Kern vor, die Grundgehälter unverändert zu lassen, sie aber durch einen

    in Anlage VI zum LBesG festgelegten Aufstockungsbetrag von € 646,32 (ab

    01.08.2013: € 659,25) für W 2 bzw. von € 463,74 (€ 473,02) für W 3 zu ergänzen.

    1 BVerfG, U. v. 14.02.2012, 2 BvL 4/10, BVerfGE 130, 263. 2 OVG Münster, Urteil vom 12.02.2014 - 3 A 155/09. 3 OVG Münster, Beschluss vom 12.02.2014 - 3 A 328/14. 4 Kritisch dazu Gawel, NVwZ 2013, 1054; Battis/Grigoleit, ZBR 2013, 73; Reich/Preißler, BBesG, 2014, § 32 Rn. 7, § 32a Rn. 4.

  • 6

    Diesen „maximalen Aufstockungsbetrag“ erhalten aber nur Amtsinhaber ohne

    Leistungsbezüge. Für Amtsinhaber mit Leistungsbezügen werden die

    Leistungsbezüge bis zur vollen Höhe von dem maximalen Aufstockungsbetrag

    abgezogen. Sofern die Höhe der Leistungsbezüge hinter der Höhe des maximalen

    Aufstockungsbetrags zurückbleiben, wird die Differenz als „individueller

    Aufstockungsbetrag“ gewährt.

    Im Folgenden soll geprüft werden, ob diese Konstruktion mit den

    verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist (nachfolgend II.) und ob die dadurch

    gewährleistete „Mindestbesoldung“ des betroffenen Personenkreises der Höhe nach

    eine „amtsangemessene Alimentation“ darstellt (nachfolgend III.)

  • 7

    II.  Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“ 

    Zweifelhaft erscheint zunächst die rechtliche Konstruktion, mit der der Berliner

    Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht zu erfüllen sucht.

    Während die anderen Länder und der Bund die alimentativen Mindestanforderungen

    durch eine Anhebung des Grundgehaltes sicherzustellen versuchen, lässt Berlin die

    Grundgehaltssätze unverändert und ergänzt sie durch den „Aufstockungsbetrag“, der

    jeweils die individuellen Bezüge um einen variablen Besoldungsbestandteil ergänzt,

    so dass jedenfalls im Zusammenspiel von Grundgehalt, Leistungszulagen und

    Aufstockungsbetrag ein Besoldungsniveau erreicht wird, das der Gesetzgeber für

    amtsangemessen hält. Diese Konstruktion zielt offensichtlich darauf ab, die bisher

    gewährten Leistungszulagen nominell zu erhalten, sie nicht – wie in den anderen

    Ländern und im Bund – ganz oder teilweise in Höhe der Aufstockung des

    Grundgehaltssatzes zu streichen.

    Verfassungsgemäß wäre diese Konstruktion jedoch nur dann, wenn (1.) alle

    Bestandteile als alimentative Besoldung zu qualifizieren wären und in einem

    zulässigen Verhältnis zueinander stünden (2.).

    1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil  

    a)  Alimentative Funktion der Leistungsbezüge 

    Die vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltene Alimentation der Professoren

    soll sich dem Reformgesetz nach aus Grundgehalt, Leistungszulagen und

    Aufstockungsbetrag ergeben. Nach dem gewählten Mechanismus soll jeder

    Hochschullehrer insgesamt zumindest das in der Besoldungsordnung vorgesehene

    Grundgehalt zuzüglich des Betrags des „maximalen Aufstockungsbetrags“ erhalten.

    Dabei kommt eine Erhöhung der Besoldung durch den Aufstockungsbetrag jedoch

    nur insoweit zum Zuge, als das Grundgehalt zuzüglich der Leistungsbezüge hinter

    der Addition von Grundgehalt und maximalem Aufstockungsbetrag zurückbleibt (§ 3

    Abs. 9 LBesG-E). Ein Hochschullehrer der keine oder nur geringe Leistungsbezüge

    erhält, kommt also in den Genuss des maximalen oder jedenfalls relativ hohen

  • 8

    Aufstockungsbetrags, ein Hochschullehrer mit höheren Leistungszulagen erhält nur

    eine geringere oder keine Aufstockung.

    Da nach dieser Konstruktion die Leistungsbezüge einen vorrangigen Bestandteil der

    alimentativen Besoldung bilden, von dessen Höhe dann die Aufstockung als

    nachrangiger Alimentationsbestandteil abhängt, müssen die Leistungsbezüge

    ihrerseits die Anforderungen erfüllen, die das Bundesverfassungsgericht an

    alimentative Besoldungsbestandteile stellt.

    Unzulässig wäre es dagegen, diese Frage unter Hinweis auf die durch die

    Aufstockung realisierte Gesamthöhe offen zu lassen. Denn ein Beamter mit

    Leistungsbezügen (und gegebenenfalls ergänzendem Aufstockungsbetrag) wäre nur

    dann amtsangemessen alimentiert, wenn die Leistungszulagen zur Alimentation zu

    rechnen wären. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besoldung würde es

    verbieten, eine stillschweigende Auswechselung der Zahlungsgründe bzw. eine Art

    Wahlfeststellung zwischen verschiedenen Zahlungsgründen vorzusehen.

    b)  Alimentativer Charakter der Leistungsbezüge 

    In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der

    W2-Besoldung ging das Gericht davon aus, dass der Gesetzgeber seiner

    Alimentationspflicht grundsätzlich auch aus einer Kombination von Grundgehalt und

    Leistungsbezügen genügen könne.5 Daran anschließend hat das Gericht die

    Voraussetzungen benannt unter denen Leistungsbezüge eine zu niedrige

    Grundbesoldung alimentativ kompensieren können und festgestellt, dass die der

    Entscheidung zugrunde liegenden Regelungen jedenfalls diesen Anforderungen

    nicht genügen.6 Die Voraussetzungen, unter denen Leistungsbezüge

    Alimentationsdefizite kompensieren können, hat des Gericht im dritten Leitsatz der

    Entscheidung zusammengefasst:

    5 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 152 ff. 6 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 162, 178 ff.

  • 9

    „Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch

    kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes

    Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und

    hinreichend verstetigt sein.“

    Weiter müssten „die Kriterien für die Vergabe der Leistungsbezüge vom Gesetzgeber

    hinreichend bestimmt ausgestaltet“ und müsse dem einzelnen Professor unter klar

    definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen ein einklagbarer

    Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen gewährt werden. Dabei

    müssen, wenn es um die Professorenbesoldung geht, die Voraussetzungen und

    Kriterien der Vergabe von Leistungsbezügen, das Verfahren und die Zuständigkeit

    wissenschaftsadäquat ausgestaltet sein. Zudem müssen sich die Leistungsbezüge

    angemessen im Ruhegehalt niederschlagen, weil zur Sicherung eines

    angemessenen Lebensunterhalts im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG auch die

    Versorgung des Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gehört

    (vgl. BVerfGE 11, 203 ; 44, 249 ; 76, 256 ; 117, 372 ).“

    Von allen genannten Kriterien hat sich der Gesetzgeber vorliegend erkennbar nur

    dem Kriterium der Ruhegehaltsfähigkeit gewidmet und die Leistungsbezüge bis zur

    Höhe des maximalen Aufstockungsbetrags für ruhegehaltsfähig erklärt (§ 3 Abs. 4

    Satz 5 LBesG-E). Im Übrigen bleibt die Erfüllung der Kriterien im Gesetzentwurf

    unerwähnt.

    aa)  Allgemeine Zugänglichkeit 

    Mit dem Kriterium der allgemeinen Zugänglichkeit wird gewährleistet, dass jeder

    betroffene Amtsinhaber in den Genuss der Zulage kommen kann. Dies ist

    erforderlich, weil die Zulage als Bestandteil der Alimentation aus dem Amt jedem

    Amtsträger gleichermaßen verfügbar sein muss. Im Unterschied zur Entscheidung

    über eine Beförderung ist die Entscheidung über die Gewährung einer alimentativen

    Zulage keine Konkurrenzentscheidung, in der es um die Auswahl zwischen

    verschiedenen Bewerbern geht. Diese Auswahl ist bereits mit der Berufung in das

    Amt abgeschlossen. Die Zulage soll demgegenüber in Übereinstimmung mit dem

    Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG einen zusätzlichen Anreiz zur optimalen

    Erfüllung der Dienstpflichten aus dem Amt darstellen und darf deshalb nur an

    Kriterien gebunden sein, die jeder einzelne Amtsinhaber ohne Rücksicht auf Dritte

  • 10

    erfüllen kann. Deshalb darf sie weder direkt, etwa durch eine organisationsrechtliche

    Quotierung, noch indirekt durch eine haushalterische Deckelung auf einen Teil der

    Amtsträger beschränkt werden.

    Nur dann, wenn die Gewährung der Zulage grundsätzlich für alle Amtsträger

    erreichbar ist, kann auch ein Rechtsanspruch auf Gewährung bestehen. Steht

    dagegen von vornherein fest, dass nur ein Teil der Amtsträger die Zulage erhält,

    beschränkt sich der Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Auswahl.7 Überdies wird im

    Fall der haushälterischen Deckelung die Auswahl wesentlich von

    Haushaltsgesichtspunkten gesteuert. Unter diesen Umständen würde dadurch genau

    die „Alimentation nach Kassenlage“ bewirkt, die das Alimentationsprinzip nach Art.

    33 Abs. 5 GG gerade ausschließt.8

    bb) Gesetzliche Bestimmtheit   

    Weiter muss der Gewährung der Zulage ein gesetzlich definierter Tatbestand

    zugrunde liegen. Nur, wenn sich die Entscheidung über die Gewährung der Zulage

    auf den Gesetzgeber zurückführen lässt, ist die von Verfassung wegen erforderliche

    Gesetzmäßigkeit der Alimentation gewährleistet. Dabei müssen die einzelnen

    Kriterien „klar, gesetzlich definiert und erfüllbar“ sein.9 Der Gesetzgeber selbst muss

    hinreichend bestimmt die Parameter benennen, von denen die Entscheidung

    abhängig gemacht werden soll. Nur, soweit für eine wissenschaftsadäquate

    Ausgestaltung erforderlich, darf insoweit ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer

    Beurteilungsspielraum bestehen. Unzulässig ist es demnach, wenn die vergebenden

    Verwaltungsstellen, also das jeweils zuständige Ministerium oder die

    Hochschulverwaltung ermächtigt werden, die Vergabekriterien zu benennen.

    cc)  Erfüllbarkeit 

    Schließlich müssen die Kriterien erfüllbar sein. Mit diesem Erfordernis knüpft das

    Gericht wiederum an die Vorgabe allgemeiner Zugänglichkeit an: Die Kriterien

    müssen für jeden Amtsträger erfüllbar sein. Danach sind alle Kriterien

    7 Vgl. BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 179. 8 BVerfG 44, 249 (264); 99, 300 (320); 114, 258 (291); BVerfGK 12, 189 (198). 9 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 162

  • 11

    ausgeschlossen, die letztlich wieder zu einer Quotierung führen würden. So wäre

    etwa die Anknüpfung eines Kriteriums an einen Durchschnittswert (etwa:

    Drittmittelaufkommen X % über dem Fakultätsdurchschnitt) unzulässig, weil

    denklogisch nur von einem Teil der Amtsträger erfüllbar. Gleiches muss etwa für die

    Anknüpfung an bestimmte Preise oder Auszeichnungen gelten.

    dd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin   

    Keine der genannten Voraussetzungen werden von den Leistungszulagen im Land

    Berlin erfüllt. Ob die Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG

    gesetzlich hinreichend konkretisierte Kriterien aufweisen, mag dahingestellt sein.

    Jedenfalls besteht nach der Ausgestaltung in § 3 Abs. 2 LBesG-E insoweit kein

    Rechtsanspruch. Die Leistungszulagen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBesG

    verlangen nach § 3 Abs. 3 LBesG-E „überdurchschnittliche“ Leistungen. Geht man

    davon aus, dass der Durchschnitt aus dem betroffenen Personenkreis gebildet wird,

    so kann diese Voraussetzung von vornherein nur von einem Teil der Betroffenen

    erfüllt werden. Selbst wenn man noch spekulieren könnte, dass die Kategorien

    (Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsfo ̈rderung) jeweils von

    unterschiedlichen Personenkreisen in Anspruch genommen werden und deshalb

    theoretisch alle Amtsträger in den Genuss von Zulagen kommen könnten, ändert

    sich an diesem Befund nichts. Denn da Leistungen in den verschiedenen Kategorien

    kombiniert werden können und dann zu höheren Zulagen führen müssen, können

    jedenfalls nicht alle Amtsinhaber die volle Zulagenhöhe erreichen.

    Zudem sind die Kriterien, nach denen die Leistungszulagen nach § 33 Abs. 1 Satz 1

    Nr. 2 BBesG gewährt werden sollen nicht hinreichend klar gesetzlich bestimmt. Für

    die Lehrleistung sind Ergebnisse einer Lehrevaluation unter studentischer

    Beteiligung „insbesondere zu berücksichtigen“. Ob das Kriterium der „Lehrevaluation“

    bestimmt genug ist, mag dahinstehen. Jedenfalls bildet es („insbesondere“) nur eines

    von mehreren möglichen Kriterien, die im übrigen unbenannt bleiben und braucht

    („berücksichtigen“) auch keineswegs ausschlaggebend herangezogen werden.

    Für die Forschungsleistung nennt der Gesetzgeber keine Kriterien sondern verweist

    darauf, dass ein zu entwickelndes „Bewertungssystem“ zugrundezulegen sei und

    „bei Bedarf“ Gutachten auswärtiger sachverständiger Personen beru ̈cksichtigt

    werden könnten. Daraus ergeben sich keinerlei klare gesetzliche Kriterien, deren

  • 12

    Vorliegen - notfalls gerichtlich überprüfbar - einen Rechtsanspruch auf

    Zulagengewährung begründen könnten. Völlig ohne weiter Konkretisierung bleiben

    die Kategorien Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsfo ̈rderung.

    Konsequent weist § 3 Abs. 8 LBesG-E nicht nur die Entscheidung über die

    Gewa ̈hrung von Leistungsbezu ̈gen der Dienstbeho ̈rde, sondern den Hochschulen

    auch die Entscheidung über die dabei anzulegenden Kriterien und das Verfahren zur

    Feststellung der Voraussetzungen der Leistungsgewährung durch Satzung zu.

    Allerdings soll diese Satzung der Genehmigung der zuständigen Senatsverwaltung

    bedürfen und diese Genehmigung sowohl die Recht-, als auch die Zweckmäßigkeit

    betreffen.

    Diese Bestimmung wirft eine Vielzahl von Zweifelsfragen auf. So ist überaus

    zweifelhaft, ob besoldungsrechtliche Regelungen der Satzungsautonomie der

    Hochschule überlassen bleiben dürfen,10 und – wenn ja – ob auch die

    Zweckmäßigkeit einer Satzung von der zuständigen Ministerialverwaltung überprüft

    werden darf. Zumindest erscheint angesichts dieses Zusammenhangs das

    vermutlich mit der Konstruktion verfolgte Ziel der Wissenschaftsadäquanz11 kaum

    erreichbar.

    Jedenfalls aber macht der Gesetzgeber deutlich, dass er die Kriterien der

    Leistungsvergabe gerade nicht festlegen will, sondern exekutiver Entscheidung

    überlässt. Gerade dies ist aber nach der Entscheidung des

    Bundesverfassungsgerichts unzulässig, wenn den Leistungszulagen alimentativer

    Charakter zugesprochen werden soll.12

    Schließlich hält der Gesetzgeber an dem Vergaberahmen in § 34 BBesG fest und

    legt in § 3a Abs. 1 LBesG-E durchschnittliche Besoldungshöhen für W2 und W3 fest.

    Dadurch ist die Gewährung von Leistungszulagen in ihrer Gesamthöhe gedeckelt.

    Sofern der finanzielle Rahmen für ihre Gewährung ausgeschöpft ist, können einem

    Antragsteller selbst dann, wenn er die Kriterien erfüllen sollte, Leistungszulagen nicht

    gewährt werden. Damit verstößt der Gesetzentwurf auch gegen das Erfordernis der

    allgemeinen Zugänglichkeit.13

    10 Vgl. grundlegend insoweit BVerfGE 33, 125 – Facharztbeschluss. 11 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 159; BVerfGE 127, 87 (115 f.). 12 Vgl. dazu Knopp, LKV 2012, 145 (148). 13 Vgl. BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 181.

  • 13

    ee)  Zwischenergebnis 

    Im Ergebnis ist sonach festzustellen, dass die Leistungsbezüge für Professoren nach

    dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht die Anforderungen erfüllen, die

    leistungsdifferenzierenden Besoldungselementen alimentativen Charakter verleihen.

    Die Leistungszulagen gehören deshalb nicht zur Alimentation. Daraus folgt, dass sie

    bei der Berechnung der Amtsangemessenheit der Alimentation nicht berücksichtigt

    werden dürfen. Die Gewährung alimentativer Besoldungsbestandteile darf also nicht

    davon abhängig gemacht werden, ob bereits Leistungszulagen gewährt werden. Die

    vom vorliegenden Gesetzentwurf gewählte Konstruktion, nach der Grundgehalt und

    Leistungsbezüge zusammengerechnet und durch den Aufstockungsbetrag bis zur

    Höhe der vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltenen Besoldung ergänzt

    werden, ist danach unzulässig. Der nach dem Gesetzentwurf besoldete Beamte wird

    nicht amtsangemessen alimentiert, weil die Leistungsbezüge insoweit nicht zu

    berücksichtigen sind und in entsprechender Höhe deshalb eine Alimentationslücke

    entsteht.

    2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag 

    Unabhängig von den bisher dargelegten Bedenken ist die vom Gesetzgeber

    beabsichtigte Konstruktion wegen des Verhältnisses zwischen den

    Besoldungsbestandteilen auch im Hinblick auf das Leistungsprinzip und die

    Anforderungen an die Willkürfreiheit gesetzlicher Regelungen unzulässig.

    a)  Altfälle 

    aa)  Verstoß gegen das Leistungsprinzip 

    Das Leistungsprinzip ist der einzige, im Grundgesetz selbst aufgeführte

    „hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums“. In § 33 Abs. 2 GG wird seine

    Bedeutung für den Zugang zu öffentlichen Ämtern besonders hervorgehoben, ohne

    dass sich das Leistungsprinzip darin erschöpfen würde. Insbesondere im Bereich der

    Besoldung sollte etwa durch das DienstrechtsreformG14 die Bedeutung des

    Leistungsprinzips im Überschneidungsbereich mit dem Alimentationsprinzip gestärkt 14 V. 24.02.1997, BGBl I, 322; dazu etwa Beus/Bredendiek, ZBR 1997, 201.

  • 14

    werden.15 Auch in seiner Entscheidung zur W-Besoldung hat das BVerfG die

    Bedeutung des Leistungsprinzips als hergebrachtem Grundsatz des

    Berufsbeamtentums bei der Ausgestaltung des Dienstrechts auch im Bereich der

    Besoldungsregelungen ausdrücklich betont.16 Die Leistungsbezüge der Professoren,

    an denen auch der Berliner Gesetzgeber festhält, sollen gerade dazu dienen, dem

    Leistungsprinzip auch im Bereich der Professorenbesoldung über die

    Voraussetzungen für den Zugang zu den Professorenämtern hinaus Geltung zu

    verschaffen.

    Andererseits steht dem Gesetzgeber bei der Berücksichtigung der hergebrachten

    Grundsätze, also auch bei der Berücksichtigung des Leistungsprinzips im

    Besoldungsrecht ein weiter Gestaltungsspielraum zu.17 So könnte der Gesetzgeber

    etwa unstreitig auf leistungsdifferenzierende Bestandteile innerhalb der Besoldung

    einer Besoldungsgruppe ganz verzichten und etwa bei der Professorenbesoldung

    keine Leistungsbezüge mehr vorsehen sondern etwa zum System der C-Besoldung

    zurückkehren. Andererseits ist dieser Gestaltungsspielraum jedoch überschritten,

    wenn eine Besoldungsregelung ohne hinreichende Begründung dem

    Leistungsprinzip widerspricht. So wäre es etwa als Verstoß gegen das

    Leistungsprinzip zu bewerten, wenn der Gesetzgeber die Bezüge der Beamten nicht

    entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit ihrer Ämter abstufen und damit das

    Abstandsgebot verletzen würde.18

    Die beabsichtigte Neuregelung führt in § 3 Abs. 9 LBesG-E einen „individuellen

    ruhegehaltfähigen Aufstockungsbetrag“ ein. Bei diesem handelt es sich um eine

    Besoldungsleistung, deren Voraussetzungen darin bestehen, dass ein

    Beamtenverhältnis der Besoldungsgruppen W2 oder W3 besteht und der Amtsträger

    keine Leistungsbezüge oder Leistungsbezüge unterhalb einer Höchstgrenze erhält.

    Dadurch erhalten diejenigen Amtsträger eine Besoldungsleistung zugewendet, die

    nach der Entscheidung des Dienstherrn unter Leistungsgesichtspunkten

    zurückgesetzt wurden. Umgekehrt werden diejenigen Amtsträger von der Leistung

    nicht erfasst, die unter Leistungsgesichtspunkten bevorzugt wurden.

    15 Vgl. dazu Battis, in: Sachs (Hg.), GG, Art. 33 Rn. 41a. 16 BVerfG (Fn. 1), Rn 153 f. 17 Vg. Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 58. EGL 2010, Art. 33, Rn. 73. 18 So zutreffend VerfGH NW, U. v. 01.07.2014, VerfGH 21/13, Rn. 67 f.

  • 15

    Geht man von der Annahme aus, dass das System der leistungsdifferenzierenden

    Besoldung die Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsbereitschaft der Amtsträger

    zutreffend erfasst, so bedeutet dies, dass durch § 3 Abs. 9 LBesG-E eine

    Besoldungsleistung gewährt wird, die „Minderleistung“ belohnt bzw.

    Leistungsfähigkeit bestraft. Damit überschreitet der Gesetzgeber evident den

    Gestaltungsspielraum, der ihm bei der Berückscihtigung des Leistungsprinzips im

    Besoldungsrecht zusteht. Die Regelung führt bewusst gerade eine Umkehrung des

    Leistungsprinzips herbei indem sie das fehlen eines Leistungsnachweises in dem

    dafür vorgesehenen System der Leistungsdifferenzierung zur einzigen Bedingung für

    die Gewährung einer Besoldungsleistung macht. Allein deshalb ist die Einführung

    des „Aufstockungsbetrags“ wegen eines eklatanten Verstoßes gegen das

    Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2, Art. 33 Abs. 5 GG unzulässig.

    bb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot  

    Die Gesamtzielsetzung des Gesetzentwurfs ändert an dieser Beurteilung nichts.

    Insbesondere kann nicht argumentiert werden, die Aufstockung habe nur alimentativ-

    kompensatorische Bedeutung und lasse die Bezüge der Leistungsträger

    ungeschmälert.

    Auch der Berliner Gesetzgeber hält, wie bereits erwähnt, grundsätzlich an einem

    Zwei-Säulenmodell der Hochschullehrerbesoldung fest. Danach ergibt sich die

    Besoldung zum einen aus der Grundbesoldung aus dem Amt, zum anderen aus

    Leistungsbezügen. Gegenüber der vormaligen Besoldungsordnung C sollen mit

    diesem Zwei-Säulenmodell besondere Leistungsanreize gesetzt und dadurch dem

    Leistungsprinzip verstärkte Bedeutung beigemessen werden.19 Diese grundlegende

    Orientierung wird durch die Einführung des „Aufstockungsbetrags“ keinesfalls

    zurückgenommen, weil der Aufstockungsbetrag an die Summe der beiden

    Besoldungsbestandteile anknüpft. Die Orientierung wird aber durch die gegenläufige

    Wirkung des Aufstockungsbetrags in der Sache in Frage gestellt.

    Dieses gesetzgeberische „hin-und-her“ widerspricht dem Gebot gesetzgeberischer

    Systemgerechtigkeit. 19 Vgl. Bericht der Expertenkommission„Reform des Hochschuldienstrechts“, S. 4, abrufbar am 14.12.2012 unter: http://www.bmbf.de/pub/bericht_expertenkommission_reform_hochschuldienstrecht.pdf; Begr. RegE, BT-Drs. 14/6852, S. 12

  • 16

    In seiner Entscheidung zur W-Besoldung hat das Bundesverfassungsgericht für die

    diesbezügliche Verpflichtung des Gesetzgebers ausdrücklich an seine Hartz IV-

    Entscheidung20 angeknüpft. Mit dieser hatte das Gericht den Gesetzgeber deutlich

    strenger als in seiner bisherigen Rechtsprechung an den Grundsatz der

    Systemgerechtigkeit gebunden. Bei der Ausgestaltung nicht von Verfassungs wegen

    quantifizierbarer aber grundrechtsgeforderter Leistungsansprüche sind danach die

    fehlenden materiellen Verfassungsvorgaben durch verfassungsrechtliche Vorgaben

    an die Konsistenz und Folgerichtigkeit der gesetzgeberischen Entscheidungsbildung,

    also durch prozedurale Maßstäbe zu kompensieren.21 Diesen Maßstäben folgend

    genießt der Besoldungsgesetzgeber zwar weite Spielräume, die er – in den Grenzen

    der verfassungsrechtlichen Vorgaben – auch zu einem selbstgewählten

    Systemwechsel nutzen kann. Das System muss aber in sich folgerichtig und

    nachvollziehbar sein. Hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, neben der

    Ausweisung eines Grundgehalts das Leistungsprinzip besoldungsrechtlich durch ein

    System von variablen Leistungsbezügen zu berücksichtigen, dann führt die

    Ergänzung durch den gegenläufigen Aufstockungsbetrag dazu, dass die

    gesetzgeberische Entscheidung in sich widersprüchlich wird und nicht mehr

    nachvollziehbar ist. Während nämlich einerseits die leistungsstarken Beamten eine

    vorgeblich differenzierende „Leistungsprämie“ erhalten wird diese Differenzierung

    andererseits durch die Aufstockungsbeträge zielgerichtet wieder beseitigt. Dadurch

    entstehen sich diametral widersprechende gesetzgeberische Aussagen. Den

    betroffenen Beamten wird mit der Begründung besonderer, „überdurchschnittlicher“

    Leistungen in Forschung und Lehre eine Zahlung zugewendet, während der

    Gesetzgeber gleichzeitig an anderer Stelle einen voraussetzungslosen

    Rechtsanspruch auf eben jene Leistung gewährt. Dass die vermeintliche

    Leistungsdifferenzierung unter diesen Umständen ihre gesetzliche Zielsetzung nicht

    erreichen kann, liegt auf der Hand.

    Die Beibehaltung der Leistungszulagen einerseits und die Gewährung eines

    Aufstockungsbetrags andererseits verfehlen unter diesen Umständen eklatant die

    Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht gerade dem Besoldungsgesetzgeber

    im Hinblick auf die Systemgerechtigkeit seiner Entscheidungen macht. Die

    20 BVerfGE 125, 175. 21 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 163 f.; anknüpfend an BVerfG, U. v. 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 139 ff.

  • 17

    gesetzliche Regelung ist in sich diametral widersprüchlich und deshalb offensichtlich

    willkürlich.

    b) Neufälle 

    Die Widersinnigkeit der beabsichtigten Neuregelung wird zusätzlich augenscheinlich

    in Situationen, in denen Besoldungsentscheidungen etwa aus Anlass von

    Berufungen und Bleibeverhandlungen oder aufgrund von Anträgen auf

    Leistungszulagen zu treffen sind.

    Der Gesetzgeber geht offenbar auch für die Zukunft davon aus, dass

    Leistungszulagen in Berufungsfällen im Verhandlungswege bzw. für

    überdurchschnittliche Leistungen nach den von den Hochschulen zu entwickelnden

    „Bewertungssystemen“ vergeben werden sollen. Da die Gewährung von

    Leistungsbezügen bis zur Höhe des maximalen Aufstockungsbetrags in gleicher

    Höhe alimentative Besoldungsbestandteile reduziert, führt sie zu einer Verringerung

    der Alimentation unter das vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltene

    Niveau. Dies ist unmittelbar ersichtlich, soweit die Leistungsbezüge unter dem

    maximalen Aufstockungsbetrag liegen, gilt aber auch für die Gewährung höherer

    Leistungsbezüge. In letzterem Fall erhöht sich zwar die Besoldung des Amtsinhabers

    über die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindesthöhe der Alimentation hinaus. Da

    die Leistungsbezüge aber kein Alimentationsbestandteil sind, entsteht gleichwohl

    eine Unteralimentation. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass die Hochschulen

    zur Vermeidung verfassungswidriger Unteralimentation gehindert sind,

    Leistungsbezüge zu gewähren. Andererseits liegt in der Gewährung von

    Leistungsbezügen zum einen die einzige Möglichkeit zur Personalgewinnung oder –

    erhaltung durch Besoldungsanreize. Zum anderen können die Hochschulen nur

    durch die Gewährung von Leistungsbezügen ihre Rechtspflicht zur Ausschöpfung

    des Vergaberahmens aus § 34 BBesG, § 3a Abs. 1 LBesG-E erfüllen.

    Dieses Dilemma lässt den Hochschulen keine Möglichkeit rechtmäßiger Verwaltung

    und erweist die rechtliche Unhaltbarkeit der gewählten Konstruktion.

  • 18

    3.  Zwischenergebnis 

    Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Konstruktion, zur Gewährleistung

    amtsangemessener Alimentation die Summe aus Grundgehalt und

    Leistungsbezügen bis zu einer gesetzlich bestimmten Gesamthöhe durch einen

    Aufstockungsbetrag zu ergänzen, ist wegen Verstoßes gegen die Pflicht zu

    amtsangemessener Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG), gegen das Leistungsprinzip

    (Art. 33 Abs. 2, 5 GG) und gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit und

    Willkürfreiheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig. Die Konstruktion führt zu

    Unteralimentation, weil die Leistungsbezüge nicht alimentativ ausgestaltet sind,

    benachteiligt leistungsstarke gegenüber leistungsschwachen Amtsinhabern und führt

    zu widersprüchlichen Ergebnissen, die den Hochschulen rechtmäßige Verwaltung

    unmöglich macht.

  • 19

    III.  Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe 

    Mit der vorgesehenen Reformgesetzgebung erhalten Hochschullehrer in Berlin

    Dienstbezüge, die sich aus Grundgehalt, Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag

    zusammensetzen. Nach der in der Aufstockungskonstruktion zum Ausdruck

    gebrachten Vorstellung des Gesetzgebers wird die Untergrenze der

    amtsangemessenen Alimentation durch die Addition von Grundgehalt und

    maximalem Aufstockungsbetrag gebildet. Daraus ergeben sich (bei Zugrundelegung

    der ab August 2013 geltenden Werte) folgende Besoldungshöhen:

    Tabelle 1

    Grundgehalt Aufstockungsbetrag Summe

    W 1 3667,98 - 3667,98

    W 2 4190,06 659,25 4849,31

    W 3 5087,92 473,02 5560,94

    Allein aus diesem Zusammenhang ergibt sich bereits, dass Amtsinhaber mit

    Leistungsbezügen nicht amtsangemessen alimentiert sind. Da einerseits die

    Leistungsbezüge jedenfalls in der vorliegenden Form nicht zu den alimentativen

    Besoldungsbestandteilen zu zählen sind (s. oben II.1.), sie aber andererseits auf die

    Höhe des individuellen Aufstockungsbetrags angerechnet werden, verbleiben die

    alimentativen Bezüge dieser Amtsinhaber unter der vom Gesetzgeber vorgesehenen

    alimentativen Mindestbesoldung.

  • 20

    1.  Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO 

    Im Übrigen ist die Amtsangemessenheit der Besoldung insbesondere durch Relation

    zu ermitteln. Das Bundesverfassungsgericht hatte dazu in der W 2-Entscheidung in

    erster Linie den vertikalen Vergleich mit der Besoldungsordnung A zugrundegelegt.22

    Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 lag in diesem Vergleich zwischen der

    Stufe 8 und der Stufe 9 von insgesamt zwölf Stufen der Besoldungsgruppe A 14

    BBesO. Damit entsprach das nicht nach Dienstaltersstufen gestaffelte Grundgehalt

    eines W 2-Professors etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberregierungsrates

    beziehungsweise Oberstudienrates. Im Vergleich zur Besoldungsgruppe A 15 lag

    das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 BBesO noch unter der Stufe 6, welche

    die Eingangsbesoldung der Besoldungsgruppe A 15 darstellte. Das Grundgehalt

    eines W 2-Professors erreichte also nicht die Besoldung eines jungen

    Regierungsdirektors beziehungsweise Studiendirektors. Da das Grundgehalt aus W

    2 noch unter dem Niveau des Endgrundgehalts (Stufe 12) der Besoldung A 13 lag

    folgerte das Bundesverfassungsgericht daraus, das Grundgehalt des W 2-Professors

    liege damit unter dem Besoldungsniveau des Eingangsamtes des höheren Dienstes

    in der Endstufe.

    Legt man diesen Quervergleich mit der Besoldungsordnung A der BBesO (Tabelle 2)

    zugrunde, so ergibt sich für die nun vorgesehene Besoldung (oben Tabelle 1)

    folgendes:

    Tabelle 2

    22 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 167 ff.

  • 21

    Das „Eingangsamt“ der Besoldungsordnung W liegt mit einem Grundgehalt von €

    3.667,98 knapp über dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 10 und unter der

    Eingangsbesoldnung aus A 13.

    Die Besoldung aus dem Amt der Besoldungsgruppe W 2 liegt mit € 4.849,31unter

    dem Endgrundgehalt A 13 und zwischen den Stufen 5 und 6 von 8 Erfahrungsstufen

    der Besoldungsgruppe A 14 und zwischen den Erfahrungsstufen 1 und 2 der

    Besoldungsgruppe A 15.

    Die Besoldung aus dem Amt der Besoldungsgruppe W 3 liegt mit € 5.560,94

    zwischen den Endgrundgehältern der Besoldungsgruppen A 14 und A 15 und

    zwischen den Erfahrungsstufen 5 und 6 der Besoldungsgruppe A 15.

    Aus dem Quervergleich mit der Besoldung aus der Besoldungsordnung A der

    Bundesbesoldungsordnung ergibt sich sonach, dass die Besoldungssituation der aus

    der Besoldungsgruppe W 2 besoldeten Hochschullehrer im Land Berlin nach der

    beabsichtigten Neuregelung ziemlich exakt der Situation der hessischen

    Hochschullehrer entspricht, die das Bundesverfassungsgericht für evident

    unzureichend erklärt hat. Die Besoldung bleibt hinter der Endbesoldung des

    Eingangsamtes des höheren Dienstes im Bund zurück und entspricht in etwa

    derjenigen eines Oberregierungsrats im Alter von ca. 40 Jahren (12 Dienstjahre).

    In der Konsequenz der Staffelung der Besoldungsgruppen liegt dann die Besoldung

    aus W 1 im Bereich der Besoldung des gehobenen Dienstes der BBesO (etwa

    Besoldungsgruppe A 12 mit fünf Dienstjahren) und die Besoldung aus dem

    „Spitzenamt“ W 3 in etwa bei der Besoldung eines jungen Regierungsdirektors.

    Legt man – wie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – den Vergleich

    zur Bundesbesoldungsordnung A zugrunde, so kann kein Zweifel daran bestehen,

    dass die Besoldung der Amtsträger der Besoldungsordnung W 2 des Landes Berlin

    auch nach der beabsichtigten Gesetzesänderung nicht amtsangemessen und

    deshalb verfassungswidrig ist. Gleiches hätte tendenziell für die Inhaber von Ämtern

    der Besoldungsgruppe W 1 des Landes Berlin zu gelten und wäre gegebenenfalls

    dann für die Besoldung aus W 3 anzunehmen, wenn man für die Besoldung aus

    diesem Amt ein Abstandsgebot von einer amtsangemessenen Besoldung aus dem

    Amt der Besoldungsgruppe W 2 zugrunde legen würde.

  • 22

    2.  Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO 

    Sucht man dagegen den Querverweis nicht mit den Ämtern der

    Bundesbesoldungsordnung A sondern mit den Ämtern der

    Landesbesoldungsordnung A (Tabelle 3), so fällt das Ergebnis weniger eindeutig

    aus. Die Besoldung aus W 1 liegt dann zwischen den Stufen 3 und 4 der

    Besoldungsgruppe A 13 jedoch unterhalb des Endgrundgehalts aus A 12. Die

    Besoldung aus W 2 entspricht der Besoldung aus Stufe 5 der Besoldungsgruppe A

    15, die aus W 3 der Besoldung aus Stufe 6 der Besoldungsgruppe A 16.

    Tabelle 3

    Von der Besoldungsgruppe W 2 ausgehend ist zu prüfen, ob deren Einordnung den

    Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht.

    Unter Hinweis auf die Ausbildungsfunktion der Professoren für die Bewerber des

    höheren Dienstes verlangte das Gericht, dass das dem Professorenamt zugeordnete

    Grundgehalt nicht im unteren Bereich der Besoldung des höheren Dienstes

    (Besoldungsordnung A) angesiedelt sein darf. Daneben dürfe ein W 2-Professor

    keine geringere Besoldung erhalten als ein der Besoldungsordnung A zugeordneter

    wissenschaftlicher Beamter, der die Qualifikationsvoraussetzungen für eine Berufung

    zum Professor nicht erfüllt.23

    23 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn 174

  • 23

    Jedenfalls die zweite Anforderung ist vorliegend erfüllt: Nach der

    Landesbesoldungsordnung A sind als wissenschaftliche Beamte akademische Räte

    und (Ober-)Studienräte im Hochschuldienst nach A 13 und A 14 eingeordnet. Da die

    Besoldung nach W 2 oberhalb des Endgrundgehalts aus A 14 liegt ist damit

    gewährleistet, dass kein W 2-Professor geringer besoldet wird, als diese

    wissenschaftlichen Beamten.

    Schwieriger zu beurteilen ist die erste Vorgabe, weil nicht klar ist wie „der untere

    Bereich der Besoldung des höheren Dienstes (Besoldungsordnung A)“ zu begrenzen

    ist. Insofern wird allgemein angenommen, dass sich die Besoldung der W 2-

    Professoren zumindest an der Besoldung aus A 15 zu orientieren habe.24

    Davon geht – jedenfalls auf den ersten Blick – auch der vorliegende Gesetzentwurf

    aus, in dessen Begründung ausdrücklich eine Anlehnung an die Besoldungsgruppe

    A 15 hervorgehoben wird. Dafür wählt der Entwurf jedoch die Parallele zur Stufe 5

    der Besoldungsgruppe A 15, die – nach Angaben des Gesetzentwurfs -

    durchschnittlich bereits von 38-jährigen Amtsträgern erreicht wird.

    Da das Professorenamt aus W 2 – anders als das des Juniorprofessors aus W 1 –

    nicht in einem befristeten sondern in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

    ausgeübt wird, müsste sich folgerichtig die Besoldung am Endgrundgehalt aus A 15

    orientieren. Nur diese Orientierung würde auch der Logik der Festbesoldung

    entsprechen und sich in die Systematik der Besoldungspyramide einfügen. Denn in

    den anderen Fällen des Übergangs von einer aufsteigenden zu einer festen

    Besoldung (A 15 – B 2; R 2 – R 3) ist offensichtlich, dass der Beförderungscharakter

    des Übergangs gerade auch im Anstieg der Besoldung zwischen dem

    Endgrundgehalt des Ausgangsamtes zur Festbesoldung des Beförderungsamtes

    zum Ausdruck gelangt.

    Die im vorliegenden Gesetzentwurf gewählte Parallele zur Stufe 5 stellt den W 2-

    Professor mit einem 38-jährigen Regierungsdirektor gleich, der - anders als der

    Professor – durch die nachfolgenden Erfahrungsstufen von weiteren Erhöhungen der

    Besoldung um ca. € 450 bis zum Endgrundgehalt profitiert. Vom Endgrundgehalt aus

    betrachtet orientiert sich die in Aussicht genommene Besoldung eher an der

    Besoldungsgruppe A 14, deren Endgrundgehalt nur um ca. € 150 übertroffen wird.

    24 Vgl. Gawel, NVwZ 2013, 1054 (1055);

  • 24

    An den Endgrundgehältern der Ämter des höheren Dienstes in der

    Besoldungsordnung A gemessen, liegt die im Entwurf vorgesehene Festbesoldung

    aus W 2 dementsprechend unterhalb des arithmetische Mittels der Endgrundgehälter

    der Besoldungsgruppen A 13 – A 16 von € 5.068,83 und damit im unteren Bereich

    der in der Landesbesoldungsordnung A ausgewiesenen Ämter des höheren

    Dienstes. Selbst wenn man also den Quervergleich nur auf die landesinterne

    Besoldungsordnung beschränkt, verfehlt die vorgesehene Besoldungshöhe die

    Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die amtsangemessene

    Mindesthöhe der Alimentation.

    3.  Maßgeblichkeit des Bund‐Länder‐Vergleichs 

    Nur für den Fall, dass man abweichend von diesen Überlegungen im Hinblick auf

    den landesinternen Besoldungsvergleich eine angemessene Einordnung der

    Besoldung nach W 2 annehmen würde, wäre zu entscheiden, ob sich der

    Gesetzgeber auf diesen internen Vergleich beschränken kann oder die Besoldung in

    anderen Ländern und vor allem im Bund mit einzubeziehen hat.

    Zunächst scheint vor allem der durch die Föderalismusreform25 realisierte Übergang

    des Besoldungsrechts von der Bundes- in die Länderkompetenz gegen eine Bindung

    an länderübergreifende Besoldungsvergleiche zu sprechen. Denn mit der

    Überführung in die Länderkompetenz sollte gerade die Personal- und Finanzhoheit

    der Länder gestärkt werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der

    (Landes-)Besoldungsgesetzgeber von Verfassungs wegen nicht frei ist,

    Besoldungspolitik je nach Markt- und Haushaltslage zu betreiben. Vielmehr ist die

    Ausübung der Besoldungskompetenz inhaltlich durch die unmittelbar auch die

    Landesgesetzgebung bindenden Vorgaben aus Art. 33 GG determiniert. Sowohl das

    Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG als auch der Grundsatz amtsangemessener

    Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG) setzen deshalb dem Landesgesetzgeber

    bundesrechtliche Grenzen. Aus dieser Perspektive liegt es durchaus nahe, für eine

    einheitlichen Auslegung der bundesrechtlichen Vorgaben auch bundeseinheitliche

    Beurteilungsstandards zu entwickeln. Soweit deshalb Bund und Länder im

    wesentlichen übereinstimmende Ämterordnungen ausweisen, muss die

    bundesrechtliche Frage der Amtsangemessenheit der landesrechtlich 25 Föderalismusreform I vom 28. August 2006, BGBl. I S. 2034

  • 25

    ausgewiesenen Besoldungsleistungen auch die Leistungen in anderen Ländern bzw.

    im Bund in den Blick nehmen.

    Dagegen spricht auch nicht der Grundsatz, dass sich gesetzliche Differenzierungen

    immer nur im Kompetenzbereich des gleichen Gesetzgebers zu rechtfertigen haben,

    kein Rechtsadressat also eine Ungleichbehandlung gegenüber der Rechtslage im

    Kompetenzbereich eines anderen Gesetzgebers geltend machen kann. Diese im

    Anwendungsbereich des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG anerkannte

    Regel kann vorliegend keine Geltung beanspruchen, weil es eben nicht um

    Gleichbehandlung oder Differenzierung sondern um die inhaltliche Ausfüllung eines

    bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Begriffs (amtsangemessene

    Alimentation) geht.

    Aber auch nach Sinn und Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben kann eine

    ausschließlich selbstbezügliche Interpretation des Landesbesoldungsrechts nicht

    überzeugen. Das bundeseinheitliche Beamtenverfassungsrecht zielt darauf ab,

    flächendeckend in Bund und Ländern eine ausschließlich am Gemeinwohl, an Recht

    und Gesetz orientierte, leistungsfähige Verwaltung zu sichern. Dazu soll

    sichergestellt sein, dass den Beamten aus ihrem Amt eine auskömmliche, an der

    allgemeinen Entwicklung des Lebensstandards orientierte und deshalb auch

    konkurrenzfähige Besoldung gewährt wird. Insoweit bieten Länderübergreifende

    Vergleiche verschiedener Bezahlsysteme innerhalb wie außerhalb des öffentlichen

    Dienstes entscheidende Anhaltspunkte für die Entwicklung des Lebensstandards.

    Zudem ist weder im öffentlichen Dienst, noch in der um Personal mit dem Staat

    konkurrierenden Privatwirtschaft die Wettbewerbslage an Ländergrenzen gebunden.

    Es wäre geradezu widersinnig, im (bundesweiten) Vergleich der

    Einkommensverhältnisse mit der Privatwirtschaft die qualitätssichernde Funktion des

    Alimentationsprinzips hervorzuheben26, sich aber beim vorrangigen Vergleich

    innerhalb des Beamtentums auf das jeweilige Bundesland zu beschränken. Vielmehr

    kann die Zielsetzung des Bundesrechts nur erreicht werden, wenn die Kohärenz der

    Besoldung im Bundesgebiet gewahrt bleibt.

    Diese Kohärenz verlangt nicht identische Besoldungshöhen. Vielmehr kann die

    Amtsangemessenheit verschieden hoher Besoldung etwa im Hinblick auf regionale

    26 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn 176

  • 26

    Kaufkraftunterschiede oder regional unterschiedlicher Lebensgestaltung,27

    unterschiedliche Ausgestaltung von Eingangsvoraussetzungen oder Dienstpflichten

    oder im Hinblick auf die Ausweisung von Besoldungsstufen oder sonstiger

    Leistungen des Dienstherrn durchaus gewährleistet sein. Erforderlich ist aber, dass

    die annähernde Gleichwertigkeit der Besoldung auch im Blick auf die Tektonik der

    Ämterordnung gewährleistet bleibt.

    4.  Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich 

    Zur Sicherung der Besoldungskohärenz im Bundesstaat können sowohl horizontale

    wie vertikale Besoldungsvergleiche angestellt werden.

    Der horizontale Quervergleich hat die Besoldung gleicher oder vergleichbarer Ämter

    in den Bundesländern und im Bund in den Blick zu nehmen. Insoweit ist zu

    konstatieren, dass die vormals bundeseinheitliche Besoldung der Hochschullehrer

    inzwischen eine weite Spreizung aufweist (Tabelle 4).

    Tabelle 4

    27 Vgl. dazu BVerfGE, 117, 330 (356).

  • 27

    (Quelle:http://www.hochschulverband.de/cms1/fileadmin/redaktion/download/pdf/

    besoldungstabellen/grundgehaelter_w.pdf)

    Vergleicht man die W 2-Professorenämter, so lässt sich etwa zwischen der

    Besoldung in Thüringen (€ 4.531,40) und dem Endgrundgehalt W-2 im Bund

    (€ 5.929,92) ein Unterschied von ca. € 1.400 und damit von über 30 % konstatieren.

    Angesichts dieses Befundes erscheint die vielfach geforderte Koordination und

    Abstimmung der Gesetzgeber bundesstaatlich dringend erforderlich.28

    In diesem Feld liegt die nun vorgesehene W 2-Besoldung des Landes Berlin (€

    4.849,31) im unteren Drittel der Vergleichsgrößen. Dies erscheint sowohl

    verfassungsrechtlich wie rechtspolitisch bedenklich. Ein eindeutiger Rückschluss auf

    eine amtsunangemessen zu niedrige Besoldung lässt sich daraus aber nicht ohne

    weiteres ableiten.

    28 Vgl. dazu etwa bereits Knopp, LKV 2010, 306.

  • 28

    Aussagekräftiger erscheint insoweit ein horizontaler und vertikaler Quervergleich

    zwischen Landesbesoldungsordnung und Bundesbesoldungsordnung. Dieser ist

    besonders naheliegend, weil sowohl das Land als auch der Bund Personal in und

    nach Berlin gewinnen wollen und insoweit ein unmittelbares Konkurrenzverhältnis bei

    gleichen Standortbedingungen besteht.29

    Im Hinblick auf den horizontalen Vergleich besteht insoweit ein Unterschied zwischen

    ca 7 % (W 2-Berlin/W 2-Bund, Stufe 1) und ca. 17 % (W 2-Berlin/W 2-Bund, Stufe 3).

    Schon insoweit bestehen erhebliche Zweifel , ob die unterschiedliche Höhe der

    Besoldung den Kohärenzanforderungen noch genügt. Diese Zweifel verdichten sich

    erheblich, wenn man den vertikalen Quervergleich einbezieht. Denn daraus ergibt

    sich, das Land Berlin ein herausgehobenes Amt wie das des Universitätsprofessors

    niedriger besoldet, als der Bund das Eingangsamt (Endstufe) in den höheren Dienst

    (vgl. oben Tabelle 2). Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, dass die

    Besoldung der W 2-Professur nicht mehr der von Art. 33 Abs. 2 und 5 GG

    gewährleisteten Kohärenz entspricht. Denn der nach Landesrecht besoldete

    Professor kann im Vergleich zum Regierungsrat des Bundes keinen noch

    amtsangemessenen Anteil an der Entwicklung des Lebensstandards beanspruchen

    und durch die Schieflage erscheint die Rekrutierung leistungsfähigen Personals für

    das Land Berlin jedenfalls auf Dauer gefährdet. Vor diesem Hintergrund ist die im

    Gesetzentwurf vorgesehene Besoldung der W 2-Professoren im Land Berlin nicht

    mehr amtsangemessen.

    Gleiches könnte für die vorgesehene Besoldung nach W 1 gelten, die um ca. 20%

    hinter der Parallelbesoldung des Bundes und vor allem hinter der Besoldung des

    Bundes aus A 13 (Stufe 1) zurückbleibt (oben Tabelle 2). Andererseits fügt sich die

    W 1-Besoldung ohne evidente Widersprüchlichkeit in die Landesbesoldungsgruppe A

    13 ein (oben Tabelle 3). Angesichts des Charakters der Ämter der

    Besoldungsgruppe W 1, die ihrer Bestimmung nach befristet und zumindest auch auf

    Qualifizierung des Amtsinhabers gerichtet sind, wird hier dem Gesetzgeber ein

    größerer Spielraum zuzubilligen sein, als bei der lebenszeitigen Bestellung von

    Hochschullehrern.

    Für die Angemessenheit der vorgesehenen W 3-Besoldung ist zu berücksichtigen,

    dass zwischen diesem Amt und dem Amt nach W 2 weder nach

    29 Zutreffend: Albrecht, LKV 2012, 61 (62).

  • 29

    Zugangsvoraussetzungen noch nach Dienstpflichten Unterschiede bestehen.

    Inwieweit sich deshalb aus dem Verfassungsrecht ein Abstandsgebot zur

    (amtsangemessenen) Alimentation der W 2-Professoren ergibt und ob dieser

    Abstand vorliegend unterschritten würde, lässt sich kaum mit hinreichender

    Sicherheit prognostizieren.

    Inhalt Zusammenfassung der wesentlichen ErgebnisseI. Sachverhalt und FragestellungII. Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil a) Alimentative Funktion der Leistungsbezügeb) Alimentativer Charakter der Leistungsbezügeaa) Allgemeine Zugänglichkeitbb) Gesetzliche Bestimmtheit cc) Erfüllbarkeitdd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin ee) Zwischenergebnis

    2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetraga) Altfälleaa) Verstoß gegen das Leistungsprinzipbb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot b) Neufälle

    3. Zwischenergebnis

    III. Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe1. Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO2. Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO3. Maßgeblichkeit des Bund-Länder-Vergleichs4. Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich