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Rechtsgutachten
Zur Verfassungsmäßigkeit des Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der
Vorschriften über die Professorenbesoldung in der Besoldungsordnung W für das
Land Berlin (BerlProfBesA ̈ndG)
Im Auftrag der Berliner Universitäten
Verfasst von
Prof. Dr. Dr. h.c. Ulrich Battis, Berlin und
Prof. Dr. Klaus Joachim Grigoleit, Dortmund
Juni 2014
2
Inhalt
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ...................................................... 3 I. Sachverhalt und Fragestellung ............................................................................. 5 II. Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“........................................................ 7
1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil.................................................... 7 a) Alimentative Funktion der Leistungsbezüge ................................................. 7 b) Alimentativer Charakter der Leistungsbezüge .............................................. 8 aa) Allgemeine Zugänglichkeit .......................................................................... 9 bb) Gesetzliche Bestimmtheit............................................................................ 10 cc) Erfüllbarkeit ............................................................................................... 10 dd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin ............................................. 11 ee) Zwischenergebnis..................................................................................... 13
2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag ............. 13 a) Altfälle......................................................................................................... 13 aa) Verstoß gegen das Leistungsprinzip......................................................... 13 bb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot ....................................................... 15
älle ......................................................................................................... 17b) Neuf 3. Zwischenergebnis........................................................................................... 18
III. Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe ............................................... 19 1. Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO.............................. 20 2. Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO ........................... 22 3. Maßgeblichkeit des Bund-Länder-Vergleichs ................................................. 24 4. Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich ........................... 26
3
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
1. Das Land Berlin versucht mit dem vorliegenden Gesetzentwurf seine
Rechtspflicht zur Beseitigung der verfassungswidrigen Unteralimentation im Bereich
der Besoldungsordnung W nachzukommen. Dabei wählt es mit der Konstruktion
eines Aufstockungsbetrags zur Summe aus Grundgehalt und Leistungsbezügen (§ 3
Abs. 9 LBesG-E) eine von den anderen Gesetzgebern abweichende Lösung.
2. Die „Aufstockungslösung“ setzt den alimentativen Charakter der
Leistungsbezüge voraus. Diese erfüllen aber nach ihrer Ausgestaltung durch den
Landesgesetzgeber nicht die Voraussetzungen, die das BVerfG an den
alimentativen Charakter von Leistungsbezügen stellt. Sie sind nicht für jeden
Amtsinhaber zugänglich, es besteht kein durchsetzbarer Rechtsanspruch und die
Gewährungsvoraussetzungen sind nicht hinreichend gesetzlich bestimmt.
3. Voraussetzung der Gewährung eines Aufstockungsbetrags ist die Versagung von
Leistungsbezügen. Unter diesen Umständen bildet die Aufstockungslösung eine
Prämie für leistungsschwache Amtsinhaber zu Lasten der Leistungsträger und ist
deshalb mit dem Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 und 5 GG unvereinbar
4. Der Gesetzentwurf sieht einerseits die Gewährung von Leistungsbezügen
unter der Voraussetzung besonderer Leistungen vor, gewährt andererseits aber
einen voraussetzungslosen Rechtsanspruch auf eben jene Besoldungsleistungen.
Das Gesetz ist deshalb in sich widersprüchlich, verstößt gegen die Pflicht des
Gesetzgebers zur Systemgerechtigkeit und gegen das Willkürverbot.
5. Unter den Bedingungen des Gesetzentwurfs ist es den Hochschulen des
Landes unmöglich, rechtmäßige Besoldungsentscheidungen zu treffen. Auch darin
erweist sich die Widersprüchlichkeit der gesetzlichen Konstruktion
6. Durch den Gesetzentwurf sieht das Land für die W 2-Professoren eine
Besoldungshöhe vor, die im Verhältnis zur jetzigen BBesO A der vom BVerfG als
evident unzureichenden Besoldung im Land Hessen entspricht.
7. Mit der Anlehnung der W 2-Besoldung an die Besoldung eines 38-jährigen
Regierungsdirektors orientiert sich der Gesetzgeber nicht an der maßgeblichen
Endstufe der Besoldungsgruppe A 15 sondern bleibt entgegen der Anforderungen
des BVerfG im unteren Bereich der in der Besoldungsordnung A ausgewiesenen
4
Ämter des höheren Dienstes. Die Besoldung aus der Besoldungsgruppe W 2 bleibt
deshalb unzureichend.
8. Das gleiche Ergebnis ergibt sich für die Besoldungsgruppe W 2 aus dem
horizontalen und vertikalen Vergleich zwischen der Landesbesoldungsordnung und
der Bundesbesoldungsordnung. Die Höhe der Besoldung aus den
Besoldungsgruppen W 1 und W 3 gibt ebenfalls Anlass zu Bedenken, eine
zuverlässige rechtliche Einordnung ist insoweit aber schwierig.
5
I. Sachverhalt und Fragestellung
Mit Urteil vom 14.02.2012 hat das Bundesverfassungsgericht auf Vorlage des VG
Gießen (B. v. 8.12.2008, 5 E 248/07) die Besoldung der W 2-Professoren im Land
Hessen für evident unzureichend und deshalb verfassungswidrig erklärt.1 Die
Entscheidung erging zwar unmittelbar nur zur Professorenbesoldung in Hessen. Das
OVG Münster2 hat aber zu Recht betont, dass der Entscheidungstenor seine
Bindungswirkung auch gegenüber der entsprechenden Besoldunglage in anderen
Bundesländern entfaltet. Unabhängig davon erstreckt sich der Sache nach die
Verfassungswidrigkeit der Besoldungsrechtslage auch auf die Besoldung in allen
anderen Länder und dem Bund, weil und soweit die Besoldungsentwicklung mit der
im Land Hessen vergleichbar ist.3 Allein aus dieser Verfassungswidrigkeit ergibt sich
eine entsprechende eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Gesetzesänderung.
Diese Pflicht anerkennend haben der Bund und die Länder Reformgesetze erlassen,
mit denen sie versuchen, die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit
möglichst geringem finanziellen Aufwand zu erfüllen.4 Die bisherigen Reformgesetze
sehen vor, die Grundgehälter der Besoldungsgruppe W2 und W3 zu erhöhen oder
statt der Erhöhung der Grundgehälter „Grundleistungsbezüge“ zu gewähren. Die
dadurch entstehenden Mehrkosten sollen dann aber zumindest zum Teil dadurch
„kompensiert“ werden, dass bereits zugesagte Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1
BBesG ganz oder zumindest teilweise mit der Erhöhung der Grundgehälter
verrechnet, also in entsprechender Höhe gestrichen werden.
Das Land Berlin hat nun ebenfalls seiner verfassungsrechtlichen Pflicht folgend
einen Gesetzentwurf vorgelegt, der allerdings vom Vorgehen der anderen Länder
und des Bundes wesentlich abweicht. Der Entwurf sieht in einem neuen § 3 Abs. 9
LBesG im Kern vor, die Grundgehälter unverändert zu lassen, sie aber durch einen
in Anlage VI zum LBesG festgelegten Aufstockungsbetrag von € 646,32 (ab
01.08.2013: € 659,25) für W 2 bzw. von € 463,74 (€ 473,02) für W 3 zu ergänzen.
1 BVerfG, U. v. 14.02.2012, 2 BvL 4/10, BVerfGE 130, 263. 2 OVG Münster, Urteil vom 12.02.2014 - 3 A 155/09. 3 OVG Münster, Beschluss vom 12.02.2014 - 3 A 328/14. 4 Kritisch dazu Gawel, NVwZ 2013, 1054; Battis/Grigoleit, ZBR 2013, 73; Reich/Preißler, BBesG, 2014, § 32 Rn. 7, § 32a Rn. 4.
6
Diesen „maximalen Aufstockungsbetrag“ erhalten aber nur Amtsinhaber ohne
Leistungsbezüge. Für Amtsinhaber mit Leistungsbezügen werden die
Leistungsbezüge bis zur vollen Höhe von dem maximalen Aufstockungsbetrag
abgezogen. Sofern die Höhe der Leistungsbezüge hinter der Höhe des maximalen
Aufstockungsbetrags zurückbleiben, wird die Differenz als „individueller
Aufstockungsbetrag“ gewährt.
Im Folgenden soll geprüft werden, ob diese Konstruktion mit den
verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar ist (nachfolgend II.) und ob die dadurch
gewährleistete „Mindestbesoldung“ des betroffenen Personenkreises der Höhe nach
eine „amtsangemessene Alimentation“ darstellt (nachfolgend III.)
7
II. Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“
Zweifelhaft erscheint zunächst die rechtliche Konstruktion, mit der der Berliner
Gesetzgeber die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht zu erfüllen sucht.
Während die anderen Länder und der Bund die alimentativen Mindestanforderungen
durch eine Anhebung des Grundgehaltes sicherzustellen versuchen, lässt Berlin die
Grundgehaltssätze unverändert und ergänzt sie durch den „Aufstockungsbetrag“, der
jeweils die individuellen Bezüge um einen variablen Besoldungsbestandteil ergänzt,
so dass jedenfalls im Zusammenspiel von Grundgehalt, Leistungszulagen und
Aufstockungsbetrag ein Besoldungsniveau erreicht wird, das der Gesetzgeber für
amtsangemessen hält. Diese Konstruktion zielt offensichtlich darauf ab, die bisher
gewährten Leistungszulagen nominell zu erhalten, sie nicht – wie in den anderen
Ländern und im Bund – ganz oder teilweise in Höhe der Aufstockung des
Grundgehaltssatzes zu streichen.
Verfassungsgemäß wäre diese Konstruktion jedoch nur dann, wenn (1.) alle
Bestandteile als alimentative Besoldung zu qualifizieren wären und in einem
zulässigen Verhältnis zueinander stünden (2.).
1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil
a) Alimentative Funktion der Leistungsbezüge
Die vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltene Alimentation der Professoren
soll sich dem Reformgesetz nach aus Grundgehalt, Leistungszulagen und
Aufstockungsbetrag ergeben. Nach dem gewählten Mechanismus soll jeder
Hochschullehrer insgesamt zumindest das in der Besoldungsordnung vorgesehene
Grundgehalt zuzüglich des Betrags des „maximalen Aufstockungsbetrags“ erhalten.
Dabei kommt eine Erhöhung der Besoldung durch den Aufstockungsbetrag jedoch
nur insoweit zum Zuge, als das Grundgehalt zuzüglich der Leistungsbezüge hinter
der Addition von Grundgehalt und maximalem Aufstockungsbetrag zurückbleibt (§ 3
Abs. 9 LBesG-E). Ein Hochschullehrer der keine oder nur geringe Leistungsbezüge
erhält, kommt also in den Genuss des maximalen oder jedenfalls relativ hohen
8
Aufstockungsbetrags, ein Hochschullehrer mit höheren Leistungszulagen erhält nur
eine geringere oder keine Aufstockung.
Da nach dieser Konstruktion die Leistungsbezüge einen vorrangigen Bestandteil der
alimentativen Besoldung bilden, von dessen Höhe dann die Aufstockung als
nachrangiger Alimentationsbestandteil abhängt, müssen die Leistungsbezüge
ihrerseits die Anforderungen erfüllen, die das Bundesverfassungsgericht an
alimentative Besoldungsbestandteile stellt.
Unzulässig wäre es dagegen, diese Frage unter Hinweis auf die durch die
Aufstockung realisierte Gesamthöhe offen zu lassen. Denn ein Beamter mit
Leistungsbezügen (und gegebenenfalls ergänzendem Aufstockungsbetrag) wäre nur
dann amtsangemessen alimentiert, wenn die Leistungszulagen zur Alimentation zu
rechnen wären. Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besoldung würde es
verbieten, eine stillschweigende Auswechselung der Zahlungsgründe bzw. eine Art
Wahlfeststellung zwischen verschiedenen Zahlungsgründen vorzusehen.
b) Alimentativer Charakter der Leistungsbezüge
In der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der
W2-Besoldung ging das Gericht davon aus, dass der Gesetzgeber seiner
Alimentationspflicht grundsätzlich auch aus einer Kombination von Grundgehalt und
Leistungsbezügen genügen könne.5 Daran anschließend hat das Gericht die
Voraussetzungen benannt unter denen Leistungsbezüge eine zu niedrige
Grundbesoldung alimentativ kompensieren können und festgestellt, dass die der
Entscheidung zugrunde liegenden Regelungen jedenfalls diesen Anforderungen
nicht genügen.6 Die Voraussetzungen, unter denen Leistungsbezüge
Alimentationsdefizite kompensieren können, hat des Gericht im dritten Leitsatz der
Entscheidung zusammengefasst:
5 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 152 ff. 6 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 162, 178 ff.
9
„Leistungsbezüge müssen, um das Grundgehalt alimentativ aufstocken und dadurch
kompensatorische Wirkung für ein durch niedrige Grundgehaltssätze entstandenes
Alimentationsdefizit entfalten zu können, für jeden Amtsträger zugänglich und
hinreichend verstetigt sein.“
Weiter müssten „die Kriterien für die Vergabe der Leistungsbezüge vom Gesetzgeber
hinreichend bestimmt ausgestaltet“ und müsse dem einzelnen Professor unter klar
definierten, vorhersehbaren und erfüllbaren Voraussetzungen ein einklagbarer
Rechtsanspruch auf die Gewährung von Leistungsbezügen gewährt werden. Dabei
müssen, wenn es um die Professorenbesoldung geht, die Voraussetzungen und
Kriterien der Vergabe von Leistungsbezügen, das Verfahren und die Zuständigkeit
wissenschaftsadäquat ausgestaltet sein. Zudem müssen sich die Leistungsbezüge
angemessen im Ruhegehalt niederschlagen, weil zur Sicherung eines
angemessenen Lebensunterhalts im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG auch die
Versorgung des Beamten nach seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst gehört
(vgl. BVerfGE 11, 203 ; 44, 249 ; 76, 256 ; 117, 372 ).“
Von allen genannten Kriterien hat sich der Gesetzgeber vorliegend erkennbar nur
dem Kriterium der Ruhegehaltsfähigkeit gewidmet und die Leistungsbezüge bis zur
Höhe des maximalen Aufstockungsbetrags für ruhegehaltsfähig erklärt (§ 3 Abs. 4
Satz 5 LBesG-E). Im Übrigen bleibt die Erfüllung der Kriterien im Gesetzentwurf
unerwähnt.
aa) Allgemeine Zugänglichkeit
Mit dem Kriterium der allgemeinen Zugänglichkeit wird gewährleistet, dass jeder
betroffene Amtsinhaber in den Genuss der Zulage kommen kann. Dies ist
erforderlich, weil die Zulage als Bestandteil der Alimentation aus dem Amt jedem
Amtsträger gleichermaßen verfügbar sein muss. Im Unterschied zur Entscheidung
über eine Beförderung ist die Entscheidung über die Gewährung einer alimentativen
Zulage keine Konkurrenzentscheidung, in der es um die Auswahl zwischen
verschiedenen Bewerbern geht. Diese Auswahl ist bereits mit der Berufung in das
Amt abgeschlossen. Die Zulage soll demgegenüber in Übereinstimmung mit dem
Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG einen zusätzlichen Anreiz zur optimalen
Erfüllung der Dienstpflichten aus dem Amt darstellen und darf deshalb nur an
Kriterien gebunden sein, die jeder einzelne Amtsinhaber ohne Rücksicht auf Dritte
10
erfüllen kann. Deshalb darf sie weder direkt, etwa durch eine organisationsrechtliche
Quotierung, noch indirekt durch eine haushalterische Deckelung auf einen Teil der
Amtsträger beschränkt werden.
Nur dann, wenn die Gewährung der Zulage grundsätzlich für alle Amtsträger
erreichbar ist, kann auch ein Rechtsanspruch auf Gewährung bestehen. Steht
dagegen von vornherein fest, dass nur ein Teil der Amtsträger die Zulage erhält,
beschränkt sich der Anspruch auf eine rechtsfehlerfreie Auswahl.7 Überdies wird im
Fall der haushälterischen Deckelung die Auswahl wesentlich von
Haushaltsgesichtspunkten gesteuert. Unter diesen Umständen würde dadurch genau
die „Alimentation nach Kassenlage“ bewirkt, die das Alimentationsprinzip nach Art.
33 Abs. 5 GG gerade ausschließt.8
bb) Gesetzliche Bestimmtheit
Weiter muss der Gewährung der Zulage ein gesetzlich definierter Tatbestand
zugrunde liegen. Nur, wenn sich die Entscheidung über die Gewährung der Zulage
auf den Gesetzgeber zurückführen lässt, ist die von Verfassung wegen erforderliche
Gesetzmäßigkeit der Alimentation gewährleistet. Dabei müssen die einzelnen
Kriterien „klar, gesetzlich definiert und erfüllbar“ sein.9 Der Gesetzgeber selbst muss
hinreichend bestimmt die Parameter benennen, von denen die Entscheidung
abhängig gemacht werden soll. Nur, soweit für eine wissenschaftsadäquate
Ausgestaltung erforderlich, darf insoweit ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer
Beurteilungsspielraum bestehen. Unzulässig ist es demnach, wenn die vergebenden
Verwaltungsstellen, also das jeweils zuständige Ministerium oder die
Hochschulverwaltung ermächtigt werden, die Vergabekriterien zu benennen.
cc) Erfüllbarkeit
Schließlich müssen die Kriterien erfüllbar sein. Mit diesem Erfordernis knüpft das
Gericht wiederum an die Vorgabe allgemeiner Zugänglichkeit an: Die Kriterien
müssen für jeden Amtsträger erfüllbar sein. Danach sind alle Kriterien
7 Vgl. BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 179. 8 BVerfG 44, 249 (264); 99, 300 (320); 114, 258 (291); BVerfGK 12, 189 (198). 9 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 162
11
ausgeschlossen, die letztlich wieder zu einer Quotierung führen würden. So wäre
etwa die Anknüpfung eines Kriteriums an einen Durchschnittswert (etwa:
Drittmittelaufkommen X % über dem Fakultätsdurchschnitt) unzulässig, weil
denklogisch nur von einem Teil der Amtsträger erfüllbar. Gleiches muss etwa für die
Anknüpfung an bestimmte Preise oder Auszeichnungen gelten.
dd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin
Keine der genannten Voraussetzungen werden von den Leistungszulagen im Land
Berlin erfüllt. Ob die Leistungsbezüge nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BBesG
gesetzlich hinreichend konkretisierte Kriterien aufweisen, mag dahingestellt sein.
Jedenfalls besteht nach der Ausgestaltung in § 3 Abs. 2 LBesG-E insoweit kein
Rechtsanspruch. Die Leistungszulagen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBesG
verlangen nach § 3 Abs. 3 LBesG-E „überdurchschnittliche“ Leistungen. Geht man
davon aus, dass der Durchschnitt aus dem betroffenen Personenkreis gebildet wird,
so kann diese Voraussetzung von vornherein nur von einem Teil der Betroffenen
erfüllt werden. Selbst wenn man noch spekulieren könnte, dass die Kategorien
(Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsfo ̈rderung) jeweils von
unterschiedlichen Personenkreisen in Anspruch genommen werden und deshalb
theoretisch alle Amtsträger in den Genuss von Zulagen kommen könnten, ändert
sich an diesem Befund nichts. Denn da Leistungen in den verschiedenen Kategorien
kombiniert werden können und dann zu höheren Zulagen führen müssen, können
jedenfalls nicht alle Amtsinhaber die volle Zulagenhöhe erreichen.
Zudem sind die Kriterien, nach denen die Leistungszulagen nach § 33 Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BBesG gewährt werden sollen nicht hinreichend klar gesetzlich bestimmt. Für
die Lehrleistung sind Ergebnisse einer Lehrevaluation unter studentischer
Beteiligung „insbesondere zu berücksichtigen“. Ob das Kriterium der „Lehrevaluation“
bestimmt genug ist, mag dahinstehen. Jedenfalls bildet es („insbesondere“) nur eines
von mehreren möglichen Kriterien, die im übrigen unbenannt bleiben und braucht
(„berücksichtigen“) auch keineswegs ausschlaggebend herangezogen werden.
Für die Forschungsleistung nennt der Gesetzgeber keine Kriterien sondern verweist
darauf, dass ein zu entwickelndes „Bewertungssystem“ zugrundezulegen sei und
„bei Bedarf“ Gutachten auswärtiger sachverständiger Personen beru ̈cksichtigt
werden könnten. Daraus ergeben sich keinerlei klare gesetzliche Kriterien, deren
12
Vorliegen - notfalls gerichtlich überprüfbar - einen Rechtsanspruch auf
Zulagengewährung begründen könnten. Völlig ohne weiter Konkretisierung bleiben
die Kategorien Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsfo ̈rderung.
Konsequent weist § 3 Abs. 8 LBesG-E nicht nur die Entscheidung über die
Gewa ̈hrung von Leistungsbezu ̈gen der Dienstbeho ̈rde, sondern den Hochschulen
auch die Entscheidung über die dabei anzulegenden Kriterien und das Verfahren zur
Feststellung der Voraussetzungen der Leistungsgewährung durch Satzung zu.
Allerdings soll diese Satzung der Genehmigung der zuständigen Senatsverwaltung
bedürfen und diese Genehmigung sowohl die Recht-, als auch die Zweckmäßigkeit
betreffen.
Diese Bestimmung wirft eine Vielzahl von Zweifelsfragen auf. So ist überaus
zweifelhaft, ob besoldungsrechtliche Regelungen der Satzungsautonomie der
Hochschule überlassen bleiben dürfen,10 und – wenn ja – ob auch die
Zweckmäßigkeit einer Satzung von der zuständigen Ministerialverwaltung überprüft
werden darf. Zumindest erscheint angesichts dieses Zusammenhangs das
vermutlich mit der Konstruktion verfolgte Ziel der Wissenschaftsadäquanz11 kaum
erreichbar.
Jedenfalls aber macht der Gesetzgeber deutlich, dass er die Kriterien der
Leistungsvergabe gerade nicht festlegen will, sondern exekutiver Entscheidung
überlässt. Gerade dies ist aber nach der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts unzulässig, wenn den Leistungszulagen alimentativer
Charakter zugesprochen werden soll.12
Schließlich hält der Gesetzgeber an dem Vergaberahmen in § 34 BBesG fest und
legt in § 3a Abs. 1 LBesG-E durchschnittliche Besoldungshöhen für W2 und W3 fest.
Dadurch ist die Gewährung von Leistungszulagen in ihrer Gesamthöhe gedeckelt.
Sofern der finanzielle Rahmen für ihre Gewährung ausgeschöpft ist, können einem
Antragsteller selbst dann, wenn er die Kriterien erfüllen sollte, Leistungszulagen nicht
gewährt werden. Damit verstößt der Gesetzentwurf auch gegen das Erfordernis der
allgemeinen Zugänglichkeit.13
10 Vgl. grundlegend insoweit BVerfGE 33, 125 – Facharztbeschluss. 11 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 159; BVerfGE 127, 87 (115 f.). 12 Vgl. dazu Knopp, LKV 2012, 145 (148). 13 Vgl. BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 181.
13
ee) Zwischenergebnis
Im Ergebnis ist sonach festzustellen, dass die Leistungsbezüge für Professoren nach
dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht die Anforderungen erfüllen, die
leistungsdifferenzierenden Besoldungselementen alimentativen Charakter verleihen.
Die Leistungszulagen gehören deshalb nicht zur Alimentation. Daraus folgt, dass sie
bei der Berechnung der Amtsangemessenheit der Alimentation nicht berücksichtigt
werden dürfen. Die Gewährung alimentativer Besoldungsbestandteile darf also nicht
davon abhängig gemacht werden, ob bereits Leistungszulagen gewährt werden. Die
vom vorliegenden Gesetzentwurf gewählte Konstruktion, nach der Grundgehalt und
Leistungsbezüge zusammengerechnet und durch den Aufstockungsbetrag bis zur
Höhe der vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltenen Besoldung ergänzt
werden, ist danach unzulässig. Der nach dem Gesetzentwurf besoldete Beamte wird
nicht amtsangemessen alimentiert, weil die Leistungsbezüge insoweit nicht zu
berücksichtigen sind und in entsprechender Höhe deshalb eine Alimentationslücke
entsteht.
2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag
Unabhängig von den bisher dargelegten Bedenken ist die vom Gesetzgeber
beabsichtigte Konstruktion wegen des Verhältnisses zwischen den
Besoldungsbestandteilen auch im Hinblick auf das Leistungsprinzip und die
Anforderungen an die Willkürfreiheit gesetzlicher Regelungen unzulässig.
a) Altfälle
aa) Verstoß gegen das Leistungsprinzip
Das Leistungsprinzip ist der einzige, im Grundgesetz selbst aufgeführte
„hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums“. In § 33 Abs. 2 GG wird seine
Bedeutung für den Zugang zu öffentlichen Ämtern besonders hervorgehoben, ohne
dass sich das Leistungsprinzip darin erschöpfen würde. Insbesondere im Bereich der
Besoldung sollte etwa durch das DienstrechtsreformG14 die Bedeutung des
Leistungsprinzips im Überschneidungsbereich mit dem Alimentationsprinzip gestärkt 14 V. 24.02.1997, BGBl I, 322; dazu etwa Beus/Bredendiek, ZBR 1997, 201.
14
werden.15 Auch in seiner Entscheidung zur W-Besoldung hat das BVerfG die
Bedeutung des Leistungsprinzips als hergebrachtem Grundsatz des
Berufsbeamtentums bei der Ausgestaltung des Dienstrechts auch im Bereich der
Besoldungsregelungen ausdrücklich betont.16 Die Leistungsbezüge der Professoren,
an denen auch der Berliner Gesetzgeber festhält, sollen gerade dazu dienen, dem
Leistungsprinzip auch im Bereich der Professorenbesoldung über die
Voraussetzungen für den Zugang zu den Professorenämtern hinaus Geltung zu
verschaffen.
Andererseits steht dem Gesetzgeber bei der Berücksichtigung der hergebrachten
Grundsätze, also auch bei der Berücksichtigung des Leistungsprinzips im
Besoldungsrecht ein weiter Gestaltungsspielraum zu.17 So könnte der Gesetzgeber
etwa unstreitig auf leistungsdifferenzierende Bestandteile innerhalb der Besoldung
einer Besoldungsgruppe ganz verzichten und etwa bei der Professorenbesoldung
keine Leistungsbezüge mehr vorsehen sondern etwa zum System der C-Besoldung
zurückkehren. Andererseits ist dieser Gestaltungsspielraum jedoch überschritten,
wenn eine Besoldungsregelung ohne hinreichende Begründung dem
Leistungsprinzip widerspricht. So wäre es etwa als Verstoß gegen das
Leistungsprinzip zu bewerten, wenn der Gesetzgeber die Bezüge der Beamten nicht
entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit ihrer Ämter abstufen und damit das
Abstandsgebot verletzen würde.18
Die beabsichtigte Neuregelung führt in § 3 Abs. 9 LBesG-E einen „individuellen
ruhegehaltfähigen Aufstockungsbetrag“ ein. Bei diesem handelt es sich um eine
Besoldungsleistung, deren Voraussetzungen darin bestehen, dass ein
Beamtenverhältnis der Besoldungsgruppen W2 oder W3 besteht und der Amtsträger
keine Leistungsbezüge oder Leistungsbezüge unterhalb einer Höchstgrenze erhält.
Dadurch erhalten diejenigen Amtsträger eine Besoldungsleistung zugewendet, die
nach der Entscheidung des Dienstherrn unter Leistungsgesichtspunkten
zurückgesetzt wurden. Umgekehrt werden diejenigen Amtsträger von der Leistung
nicht erfasst, die unter Leistungsgesichtspunkten bevorzugt wurden.
15 Vgl. dazu Battis, in: Sachs (Hg.), GG, Art. 33 Rn. 41a. 16 BVerfG (Fn. 1), Rn 153 f. 17 Vg. Badura, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 58. EGL 2010, Art. 33, Rn. 73. 18 So zutreffend VerfGH NW, U. v. 01.07.2014, VerfGH 21/13, Rn. 67 f.
15
Geht man von der Annahme aus, dass das System der leistungsdifferenzierenden
Besoldung die Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsbereitschaft der Amtsträger
zutreffend erfasst, so bedeutet dies, dass durch § 3 Abs. 9 LBesG-E eine
Besoldungsleistung gewährt wird, die „Minderleistung“ belohnt bzw.
Leistungsfähigkeit bestraft. Damit überschreitet der Gesetzgeber evident den
Gestaltungsspielraum, der ihm bei der Berückscihtigung des Leistungsprinzips im
Besoldungsrecht zusteht. Die Regelung führt bewusst gerade eine Umkehrung des
Leistungsprinzips herbei indem sie das fehlen eines Leistungsnachweises in dem
dafür vorgesehenen System der Leistungsdifferenzierung zur einzigen Bedingung für
die Gewährung einer Besoldungsleistung macht. Allein deshalb ist die Einführung
des „Aufstockungsbetrags“ wegen eines eklatanten Verstoßes gegen das
Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2, Art. 33 Abs. 5 GG unzulässig.
bb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot
Die Gesamtzielsetzung des Gesetzentwurfs ändert an dieser Beurteilung nichts.
Insbesondere kann nicht argumentiert werden, die Aufstockung habe nur alimentativ-
kompensatorische Bedeutung und lasse die Bezüge der Leistungsträger
ungeschmälert.
Auch der Berliner Gesetzgeber hält, wie bereits erwähnt, grundsätzlich an einem
Zwei-Säulenmodell der Hochschullehrerbesoldung fest. Danach ergibt sich die
Besoldung zum einen aus der Grundbesoldung aus dem Amt, zum anderen aus
Leistungsbezügen. Gegenüber der vormaligen Besoldungsordnung C sollen mit
diesem Zwei-Säulenmodell besondere Leistungsanreize gesetzt und dadurch dem
Leistungsprinzip verstärkte Bedeutung beigemessen werden.19 Diese grundlegende
Orientierung wird durch die Einführung des „Aufstockungsbetrags“ keinesfalls
zurückgenommen, weil der Aufstockungsbetrag an die Summe der beiden
Besoldungsbestandteile anknüpft. Die Orientierung wird aber durch die gegenläufige
Wirkung des Aufstockungsbetrags in der Sache in Frage gestellt.
Dieses gesetzgeberische „hin-und-her“ widerspricht dem Gebot gesetzgeberischer
Systemgerechtigkeit. 19 Vgl. Bericht der Expertenkommission„Reform des Hochschuldienstrechts“, S. 4, abrufbar am 14.12.2012 unter: http://www.bmbf.de/pub/bericht_expertenkommission_reform_hochschuldienstrecht.pdf; Begr. RegE, BT-Drs. 14/6852, S. 12
16
In seiner Entscheidung zur W-Besoldung hat das Bundesverfassungsgericht für die
diesbezügliche Verpflichtung des Gesetzgebers ausdrücklich an seine Hartz IV-
Entscheidung20 angeknüpft. Mit dieser hatte das Gericht den Gesetzgeber deutlich
strenger als in seiner bisherigen Rechtsprechung an den Grundsatz der
Systemgerechtigkeit gebunden. Bei der Ausgestaltung nicht von Verfassungs wegen
quantifizierbarer aber grundrechtsgeforderter Leistungsansprüche sind danach die
fehlenden materiellen Verfassungsvorgaben durch verfassungsrechtliche Vorgaben
an die Konsistenz und Folgerichtigkeit der gesetzgeberischen Entscheidungsbildung,
also durch prozedurale Maßstäbe zu kompensieren.21 Diesen Maßstäben folgend
genießt der Besoldungsgesetzgeber zwar weite Spielräume, die er – in den Grenzen
der verfassungsrechtlichen Vorgaben – auch zu einem selbstgewählten
Systemwechsel nutzen kann. Das System muss aber in sich folgerichtig und
nachvollziehbar sein. Hat sich der Gesetzgeber dazu entschieden, neben der
Ausweisung eines Grundgehalts das Leistungsprinzip besoldungsrechtlich durch ein
System von variablen Leistungsbezügen zu berücksichtigen, dann führt die
Ergänzung durch den gegenläufigen Aufstockungsbetrag dazu, dass die
gesetzgeberische Entscheidung in sich widersprüchlich wird und nicht mehr
nachvollziehbar ist. Während nämlich einerseits die leistungsstarken Beamten eine
vorgeblich differenzierende „Leistungsprämie“ erhalten wird diese Differenzierung
andererseits durch die Aufstockungsbeträge zielgerichtet wieder beseitigt. Dadurch
entstehen sich diametral widersprechende gesetzgeberische Aussagen. Den
betroffenen Beamten wird mit der Begründung besonderer, „überdurchschnittlicher“
Leistungen in Forschung und Lehre eine Zahlung zugewendet, während der
Gesetzgeber gleichzeitig an anderer Stelle einen voraussetzungslosen
Rechtsanspruch auf eben jene Leistung gewährt. Dass die vermeintliche
Leistungsdifferenzierung unter diesen Umständen ihre gesetzliche Zielsetzung nicht
erreichen kann, liegt auf der Hand.
Die Beibehaltung der Leistungszulagen einerseits und die Gewährung eines
Aufstockungsbetrags andererseits verfehlen unter diesen Umständen eklatant die
Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht gerade dem Besoldungsgesetzgeber
im Hinblick auf die Systemgerechtigkeit seiner Entscheidungen macht. Die
20 BVerfGE 125, 175. 21 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 163 f.; anknüpfend an BVerfG, U. v. 09.02.2010, 1 BvL 1/09, Rn. 139 ff.
17
gesetzliche Regelung ist in sich diametral widersprüchlich und deshalb offensichtlich
willkürlich.
b) Neufälle
Die Widersinnigkeit der beabsichtigten Neuregelung wird zusätzlich augenscheinlich
in Situationen, in denen Besoldungsentscheidungen etwa aus Anlass von
Berufungen und Bleibeverhandlungen oder aufgrund von Anträgen auf
Leistungszulagen zu treffen sind.
Der Gesetzgeber geht offenbar auch für die Zukunft davon aus, dass
Leistungszulagen in Berufungsfällen im Verhandlungswege bzw. für
überdurchschnittliche Leistungen nach den von den Hochschulen zu entwickelnden
„Bewertungssystemen“ vergeben werden sollen. Da die Gewährung von
Leistungsbezügen bis zur Höhe des maximalen Aufstockungsbetrags in gleicher
Höhe alimentative Besoldungsbestandteile reduziert, führt sie zu einer Verringerung
der Alimentation unter das vom Gesetzgeber für amtsangemessen gehaltene
Niveau. Dies ist unmittelbar ersichtlich, soweit die Leistungsbezüge unter dem
maximalen Aufstockungsbetrag liegen, gilt aber auch für die Gewährung höherer
Leistungsbezüge. In letzterem Fall erhöht sich zwar die Besoldung des Amtsinhabers
über die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindesthöhe der Alimentation hinaus. Da
die Leistungsbezüge aber kein Alimentationsbestandteil sind, entsteht gleichwohl
eine Unteralimentation. Dies führt zu der paradoxen Situation, dass die Hochschulen
zur Vermeidung verfassungswidriger Unteralimentation gehindert sind,
Leistungsbezüge zu gewähren. Andererseits liegt in der Gewährung von
Leistungsbezügen zum einen die einzige Möglichkeit zur Personalgewinnung oder –
erhaltung durch Besoldungsanreize. Zum anderen können die Hochschulen nur
durch die Gewährung von Leistungsbezügen ihre Rechtspflicht zur Ausschöpfung
des Vergaberahmens aus § 34 BBesG, § 3a Abs. 1 LBesG-E erfüllen.
Dieses Dilemma lässt den Hochschulen keine Möglichkeit rechtmäßiger Verwaltung
und erweist die rechtliche Unhaltbarkeit der gewählten Konstruktion.
18
3. Zwischenergebnis
Die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Konstruktion, zur Gewährleistung
amtsangemessener Alimentation die Summe aus Grundgehalt und
Leistungsbezügen bis zu einer gesetzlich bestimmten Gesamthöhe durch einen
Aufstockungsbetrag zu ergänzen, ist wegen Verstoßes gegen die Pflicht zu
amtsangemessener Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG), gegen das Leistungsprinzip
(Art. 33 Abs. 2, 5 GG) und gegen das Gebot der Systemgerechtigkeit und
Willkürfreiheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig. Die Konstruktion führt zu
Unteralimentation, weil die Leistungsbezüge nicht alimentativ ausgestaltet sind,
benachteiligt leistungsstarke gegenüber leistungsschwachen Amtsinhabern und führt
zu widersprüchlichen Ergebnissen, die den Hochschulen rechtmäßige Verwaltung
unmöglich macht.
19
III. Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe
Mit der vorgesehenen Reformgesetzgebung erhalten Hochschullehrer in Berlin
Dienstbezüge, die sich aus Grundgehalt, Leistungsbezügen und Aufstockungsbetrag
zusammensetzen. Nach der in der Aufstockungskonstruktion zum Ausdruck
gebrachten Vorstellung des Gesetzgebers wird die Untergrenze der
amtsangemessenen Alimentation durch die Addition von Grundgehalt und
maximalem Aufstockungsbetrag gebildet. Daraus ergeben sich (bei Zugrundelegung
der ab August 2013 geltenden Werte) folgende Besoldungshöhen:
Tabelle 1
Grundgehalt Aufstockungsbetrag Summe
W 1 3667,98 - 3667,98
W 2 4190,06 659,25 4849,31
W 3 5087,92 473,02 5560,94
Allein aus diesem Zusammenhang ergibt sich bereits, dass Amtsinhaber mit
Leistungsbezügen nicht amtsangemessen alimentiert sind. Da einerseits die
Leistungsbezüge jedenfalls in der vorliegenden Form nicht zu den alimentativen
Besoldungsbestandteilen zu zählen sind (s. oben II.1.), sie aber andererseits auf die
Höhe des individuellen Aufstockungsbetrags angerechnet werden, verbleiben die
alimentativen Bezüge dieser Amtsinhaber unter der vom Gesetzgeber vorgesehenen
alimentativen Mindestbesoldung.
20
1. Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO
Im Übrigen ist die Amtsangemessenheit der Besoldung insbesondere durch Relation
zu ermitteln. Das Bundesverfassungsgericht hatte dazu in der W 2-Entscheidung in
erster Linie den vertikalen Vergleich mit der Besoldungsordnung A zugrundegelegt.22
Das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 lag in diesem Vergleich zwischen der
Stufe 8 und der Stufe 9 von insgesamt zwölf Stufen der Besoldungsgruppe A 14
BBesO. Damit entsprach das nicht nach Dienstaltersstufen gestaffelte Grundgehalt
eines W 2-Professors etwa der Besoldung eines 40-jährigen Oberregierungsrates
beziehungsweise Oberstudienrates. Im Vergleich zur Besoldungsgruppe A 15 lag
das Grundgehalt der Besoldungsgruppe W 2 BBesO noch unter der Stufe 6, welche
die Eingangsbesoldung der Besoldungsgruppe A 15 darstellte. Das Grundgehalt
eines W 2-Professors erreichte also nicht die Besoldung eines jungen
Regierungsdirektors beziehungsweise Studiendirektors. Da das Grundgehalt aus W
2 noch unter dem Niveau des Endgrundgehalts (Stufe 12) der Besoldung A 13 lag
folgerte das Bundesverfassungsgericht daraus, das Grundgehalt des W 2-Professors
liege damit unter dem Besoldungsniveau des Eingangsamtes des höheren Dienstes
in der Endstufe.
Legt man diesen Quervergleich mit der Besoldungsordnung A der BBesO (Tabelle 2)
zugrunde, so ergibt sich für die nun vorgesehene Besoldung (oben Tabelle 1)
folgendes:
Tabelle 2
22 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn. 167 ff.
21
Das „Eingangsamt“ der Besoldungsordnung W liegt mit einem Grundgehalt von €
3.667,98 knapp über dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 10 und unter der
Eingangsbesoldnung aus A 13.
Die Besoldung aus dem Amt der Besoldungsgruppe W 2 liegt mit € 4.849,31unter
dem Endgrundgehalt A 13 und zwischen den Stufen 5 und 6 von 8 Erfahrungsstufen
der Besoldungsgruppe A 14 und zwischen den Erfahrungsstufen 1 und 2 der
Besoldungsgruppe A 15.
Die Besoldung aus dem Amt der Besoldungsgruppe W 3 liegt mit € 5.560,94
zwischen den Endgrundgehältern der Besoldungsgruppen A 14 und A 15 und
zwischen den Erfahrungsstufen 5 und 6 der Besoldungsgruppe A 15.
Aus dem Quervergleich mit der Besoldung aus der Besoldungsordnung A der
Bundesbesoldungsordnung ergibt sich sonach, dass die Besoldungssituation der aus
der Besoldungsgruppe W 2 besoldeten Hochschullehrer im Land Berlin nach der
beabsichtigten Neuregelung ziemlich exakt der Situation der hessischen
Hochschullehrer entspricht, die das Bundesverfassungsgericht für evident
unzureichend erklärt hat. Die Besoldung bleibt hinter der Endbesoldung des
Eingangsamtes des höheren Dienstes im Bund zurück und entspricht in etwa
derjenigen eines Oberregierungsrats im Alter von ca. 40 Jahren (12 Dienstjahre).
In der Konsequenz der Staffelung der Besoldungsgruppen liegt dann die Besoldung
aus W 1 im Bereich der Besoldung des gehobenen Dienstes der BBesO (etwa
Besoldungsgruppe A 12 mit fünf Dienstjahren) und die Besoldung aus dem
„Spitzenamt“ W 3 in etwa bei der Besoldung eines jungen Regierungsdirektors.
Legt man – wie in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts – den Vergleich
zur Bundesbesoldungsordnung A zugrunde, so kann kein Zweifel daran bestehen,
dass die Besoldung der Amtsträger der Besoldungsordnung W 2 des Landes Berlin
auch nach der beabsichtigten Gesetzesänderung nicht amtsangemessen und
deshalb verfassungswidrig ist. Gleiches hätte tendenziell für die Inhaber von Ämtern
der Besoldungsgruppe W 1 des Landes Berlin zu gelten und wäre gegebenenfalls
dann für die Besoldung aus W 3 anzunehmen, wenn man für die Besoldung aus
diesem Amt ein Abstandsgebot von einer amtsangemessenen Besoldung aus dem
Amt der Besoldungsgruppe W 2 zugrunde legen würde.
22
2. Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO
Sucht man dagegen den Querverweis nicht mit den Ämtern der
Bundesbesoldungsordnung A sondern mit den Ämtern der
Landesbesoldungsordnung A (Tabelle 3), so fällt das Ergebnis weniger eindeutig
aus. Die Besoldung aus W 1 liegt dann zwischen den Stufen 3 und 4 der
Besoldungsgruppe A 13 jedoch unterhalb des Endgrundgehalts aus A 12. Die
Besoldung aus W 2 entspricht der Besoldung aus Stufe 5 der Besoldungsgruppe A
15, die aus W 3 der Besoldung aus Stufe 6 der Besoldungsgruppe A 16.
Tabelle 3
Von der Besoldungsgruppe W 2 ausgehend ist zu prüfen, ob deren Einordnung den
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht.
Unter Hinweis auf die Ausbildungsfunktion der Professoren für die Bewerber des
höheren Dienstes verlangte das Gericht, dass das dem Professorenamt zugeordnete
Grundgehalt nicht im unteren Bereich der Besoldung des höheren Dienstes
(Besoldungsordnung A) angesiedelt sein darf. Daneben dürfe ein W 2-Professor
keine geringere Besoldung erhalten als ein der Besoldungsordnung A zugeordneter
wissenschaftlicher Beamter, der die Qualifikationsvoraussetzungen für eine Berufung
zum Professor nicht erfüllt.23
23 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn 174
23
Jedenfalls die zweite Anforderung ist vorliegend erfüllt: Nach der
Landesbesoldungsordnung A sind als wissenschaftliche Beamte akademische Räte
und (Ober-)Studienräte im Hochschuldienst nach A 13 und A 14 eingeordnet. Da die
Besoldung nach W 2 oberhalb des Endgrundgehalts aus A 14 liegt ist damit
gewährleistet, dass kein W 2-Professor geringer besoldet wird, als diese
wissenschaftlichen Beamten.
Schwieriger zu beurteilen ist die erste Vorgabe, weil nicht klar ist wie „der untere
Bereich der Besoldung des höheren Dienstes (Besoldungsordnung A)“ zu begrenzen
ist. Insofern wird allgemein angenommen, dass sich die Besoldung der W 2-
Professoren zumindest an der Besoldung aus A 15 zu orientieren habe.24
Davon geht – jedenfalls auf den ersten Blick – auch der vorliegende Gesetzentwurf
aus, in dessen Begründung ausdrücklich eine Anlehnung an die Besoldungsgruppe
A 15 hervorgehoben wird. Dafür wählt der Entwurf jedoch die Parallele zur Stufe 5
der Besoldungsgruppe A 15, die – nach Angaben des Gesetzentwurfs -
durchschnittlich bereits von 38-jährigen Amtsträgern erreicht wird.
Da das Professorenamt aus W 2 – anders als das des Juniorprofessors aus W 1 –
nicht in einem befristeten sondern in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit
ausgeübt wird, müsste sich folgerichtig die Besoldung am Endgrundgehalt aus A 15
orientieren. Nur diese Orientierung würde auch der Logik der Festbesoldung
entsprechen und sich in die Systematik der Besoldungspyramide einfügen. Denn in
den anderen Fällen des Übergangs von einer aufsteigenden zu einer festen
Besoldung (A 15 – B 2; R 2 – R 3) ist offensichtlich, dass der Beförderungscharakter
des Übergangs gerade auch im Anstieg der Besoldung zwischen dem
Endgrundgehalt des Ausgangsamtes zur Festbesoldung des Beförderungsamtes
zum Ausdruck gelangt.
Die im vorliegenden Gesetzentwurf gewählte Parallele zur Stufe 5 stellt den W 2-
Professor mit einem 38-jährigen Regierungsdirektor gleich, der - anders als der
Professor – durch die nachfolgenden Erfahrungsstufen von weiteren Erhöhungen der
Besoldung um ca. € 450 bis zum Endgrundgehalt profitiert. Vom Endgrundgehalt aus
betrachtet orientiert sich die in Aussicht genommene Besoldung eher an der
Besoldungsgruppe A 14, deren Endgrundgehalt nur um ca. € 150 übertroffen wird.
24 Vgl. Gawel, NVwZ 2013, 1054 (1055);
24
An den Endgrundgehältern der Ämter des höheren Dienstes in der
Besoldungsordnung A gemessen, liegt die im Entwurf vorgesehene Festbesoldung
aus W 2 dementsprechend unterhalb des arithmetische Mittels der Endgrundgehälter
der Besoldungsgruppen A 13 – A 16 von € 5.068,83 und damit im unteren Bereich
der in der Landesbesoldungsordnung A ausgewiesenen Ämter des höheren
Dienstes. Selbst wenn man also den Quervergleich nur auf die landesinterne
Besoldungsordnung beschränkt, verfehlt die vorgesehene Besoldungshöhe die
Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an die amtsangemessene
Mindesthöhe der Alimentation.
3. Maßgeblichkeit des Bund‐Länder‐Vergleichs
Nur für den Fall, dass man abweichend von diesen Überlegungen im Hinblick auf
den landesinternen Besoldungsvergleich eine angemessene Einordnung der
Besoldung nach W 2 annehmen würde, wäre zu entscheiden, ob sich der
Gesetzgeber auf diesen internen Vergleich beschränken kann oder die Besoldung in
anderen Ländern und vor allem im Bund mit einzubeziehen hat.
Zunächst scheint vor allem der durch die Föderalismusreform25 realisierte Übergang
des Besoldungsrechts von der Bundes- in die Länderkompetenz gegen eine Bindung
an länderübergreifende Besoldungsvergleiche zu sprechen. Denn mit der
Überführung in die Länderkompetenz sollte gerade die Personal- und Finanzhoheit
der Länder gestärkt werden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass der
(Landes-)Besoldungsgesetzgeber von Verfassungs wegen nicht frei ist,
Besoldungspolitik je nach Markt- und Haushaltslage zu betreiben. Vielmehr ist die
Ausübung der Besoldungskompetenz inhaltlich durch die unmittelbar auch die
Landesgesetzgebung bindenden Vorgaben aus Art. 33 GG determiniert. Sowohl das
Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG als auch der Grundsatz amtsangemessener
Alimentation (Art. 33 Abs. 5 GG) setzen deshalb dem Landesgesetzgeber
bundesrechtliche Grenzen. Aus dieser Perspektive liegt es durchaus nahe, für eine
einheitlichen Auslegung der bundesrechtlichen Vorgaben auch bundeseinheitliche
Beurteilungsstandards zu entwickeln. Soweit deshalb Bund und Länder im
wesentlichen übereinstimmende Ämterordnungen ausweisen, muss die
bundesrechtliche Frage der Amtsangemessenheit der landesrechtlich 25 Föderalismusreform I vom 28. August 2006, BGBl. I S. 2034
25
ausgewiesenen Besoldungsleistungen auch die Leistungen in anderen Ländern bzw.
im Bund in den Blick nehmen.
Dagegen spricht auch nicht der Grundsatz, dass sich gesetzliche Differenzierungen
immer nur im Kompetenzbereich des gleichen Gesetzgebers zu rechtfertigen haben,
kein Rechtsadressat also eine Ungleichbehandlung gegenüber der Rechtslage im
Kompetenzbereich eines anderen Gesetzgebers geltend machen kann. Diese im
Anwendungsbereich des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG anerkannte
Regel kann vorliegend keine Geltung beanspruchen, weil es eben nicht um
Gleichbehandlung oder Differenzierung sondern um die inhaltliche Ausfüllung eines
bundesverfassungsrechtlich vorgegebenen Begriffs (amtsangemessene
Alimentation) geht.
Aber auch nach Sinn und Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben kann eine
ausschließlich selbstbezügliche Interpretation des Landesbesoldungsrechts nicht
überzeugen. Das bundeseinheitliche Beamtenverfassungsrecht zielt darauf ab,
flächendeckend in Bund und Ländern eine ausschließlich am Gemeinwohl, an Recht
und Gesetz orientierte, leistungsfähige Verwaltung zu sichern. Dazu soll
sichergestellt sein, dass den Beamten aus ihrem Amt eine auskömmliche, an der
allgemeinen Entwicklung des Lebensstandards orientierte und deshalb auch
konkurrenzfähige Besoldung gewährt wird. Insoweit bieten Länderübergreifende
Vergleiche verschiedener Bezahlsysteme innerhalb wie außerhalb des öffentlichen
Dienstes entscheidende Anhaltspunkte für die Entwicklung des Lebensstandards.
Zudem ist weder im öffentlichen Dienst, noch in der um Personal mit dem Staat
konkurrierenden Privatwirtschaft die Wettbewerbslage an Ländergrenzen gebunden.
Es wäre geradezu widersinnig, im (bundesweiten) Vergleich der
Einkommensverhältnisse mit der Privatwirtschaft die qualitätssichernde Funktion des
Alimentationsprinzips hervorzuheben26, sich aber beim vorrangigen Vergleich
innerhalb des Beamtentums auf das jeweilige Bundesland zu beschränken. Vielmehr
kann die Zielsetzung des Bundesrechts nur erreicht werden, wenn die Kohärenz der
Besoldung im Bundesgebiet gewahrt bleibt.
Diese Kohärenz verlangt nicht identische Besoldungshöhen. Vielmehr kann die
Amtsangemessenheit verschieden hoher Besoldung etwa im Hinblick auf regionale
26 BVerfG, a.a.O. (Fn. 1), Rn 176
26
Kaufkraftunterschiede oder regional unterschiedlicher Lebensgestaltung,27
unterschiedliche Ausgestaltung von Eingangsvoraussetzungen oder Dienstpflichten
oder im Hinblick auf die Ausweisung von Besoldungsstufen oder sonstiger
Leistungen des Dienstherrn durchaus gewährleistet sein. Erforderlich ist aber, dass
die annähernde Gleichwertigkeit der Besoldung auch im Blick auf die Tektonik der
Ämterordnung gewährleistet bleibt.
4. Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich
Zur Sicherung der Besoldungskohärenz im Bundesstaat können sowohl horizontale
wie vertikale Besoldungsvergleiche angestellt werden.
Der horizontale Quervergleich hat die Besoldung gleicher oder vergleichbarer Ämter
in den Bundesländern und im Bund in den Blick zu nehmen. Insoweit ist zu
konstatieren, dass die vormals bundeseinheitliche Besoldung der Hochschullehrer
inzwischen eine weite Spreizung aufweist (Tabelle 4).
Tabelle 4
27 Vgl. dazu BVerfGE, 117, 330 (356).
27
(Quelle:http://www.hochschulverband.de/cms1/fileadmin/redaktion/download/pdf/
besoldungstabellen/grundgehaelter_w.pdf)
Vergleicht man die W 2-Professorenämter, so lässt sich etwa zwischen der
Besoldung in Thüringen (€ 4.531,40) und dem Endgrundgehalt W-2 im Bund
(€ 5.929,92) ein Unterschied von ca. € 1.400 und damit von über 30 % konstatieren.
Angesichts dieses Befundes erscheint die vielfach geforderte Koordination und
Abstimmung der Gesetzgeber bundesstaatlich dringend erforderlich.28
In diesem Feld liegt die nun vorgesehene W 2-Besoldung des Landes Berlin (€
4.849,31) im unteren Drittel der Vergleichsgrößen. Dies erscheint sowohl
verfassungsrechtlich wie rechtspolitisch bedenklich. Ein eindeutiger Rückschluss auf
eine amtsunangemessen zu niedrige Besoldung lässt sich daraus aber nicht ohne
weiteres ableiten.
28 Vgl. dazu etwa bereits Knopp, LKV 2010, 306.
28
Aussagekräftiger erscheint insoweit ein horizontaler und vertikaler Quervergleich
zwischen Landesbesoldungsordnung und Bundesbesoldungsordnung. Dieser ist
besonders naheliegend, weil sowohl das Land als auch der Bund Personal in und
nach Berlin gewinnen wollen und insoweit ein unmittelbares Konkurrenzverhältnis bei
gleichen Standortbedingungen besteht.29
Im Hinblick auf den horizontalen Vergleich besteht insoweit ein Unterschied zwischen
ca 7 % (W 2-Berlin/W 2-Bund, Stufe 1) und ca. 17 % (W 2-Berlin/W 2-Bund, Stufe 3).
Schon insoweit bestehen erhebliche Zweifel , ob die unterschiedliche Höhe der
Besoldung den Kohärenzanforderungen noch genügt. Diese Zweifel verdichten sich
erheblich, wenn man den vertikalen Quervergleich einbezieht. Denn daraus ergibt
sich, das Land Berlin ein herausgehobenes Amt wie das des Universitätsprofessors
niedriger besoldet, als der Bund das Eingangsamt (Endstufe) in den höheren Dienst
(vgl. oben Tabelle 2). Unter diesen Umständen liegt auf der Hand, dass die
Besoldung der W 2-Professur nicht mehr der von Art. 33 Abs. 2 und 5 GG
gewährleisteten Kohärenz entspricht. Denn der nach Landesrecht besoldete
Professor kann im Vergleich zum Regierungsrat des Bundes keinen noch
amtsangemessenen Anteil an der Entwicklung des Lebensstandards beanspruchen
und durch die Schieflage erscheint die Rekrutierung leistungsfähigen Personals für
das Land Berlin jedenfalls auf Dauer gefährdet. Vor diesem Hintergrund ist die im
Gesetzentwurf vorgesehene Besoldung der W 2-Professoren im Land Berlin nicht
mehr amtsangemessen.
Gleiches könnte für die vorgesehene Besoldung nach W 1 gelten, die um ca. 20%
hinter der Parallelbesoldung des Bundes und vor allem hinter der Besoldung des
Bundes aus A 13 (Stufe 1) zurückbleibt (oben Tabelle 2). Andererseits fügt sich die
W 1-Besoldung ohne evidente Widersprüchlichkeit in die Landesbesoldungsgruppe A
13 ein (oben Tabelle 3). Angesichts des Charakters der Ämter der
Besoldungsgruppe W 1, die ihrer Bestimmung nach befristet und zumindest auch auf
Qualifizierung des Amtsinhabers gerichtet sind, wird hier dem Gesetzgeber ein
größerer Spielraum zuzubilligen sein, als bei der lebenszeitigen Bestellung von
Hochschullehrern.
Für die Angemessenheit der vorgesehenen W 3-Besoldung ist zu berücksichtigen,
dass zwischen diesem Amt und dem Amt nach W 2 weder nach
29 Zutreffend: Albrecht, LKV 2012, 61 (62).
29
Zugangsvoraussetzungen noch nach Dienstpflichten Unterschiede bestehen.
Inwieweit sich deshalb aus dem Verfassungsrecht ein Abstandsgebot zur
(amtsangemessenen) Alimentation der W 2-Professoren ergibt und ob dieser
Abstand vorliegend unterschritten würde, lässt sich kaum mit hinreichender
Sicherheit prognostizieren.
Inhalt Zusammenfassung der wesentlichen ErgebnisseI. Sachverhalt und FragestellungII. Zulässigkeit der „Aufstockungskonstruktion“1. Leistungsbezüge als Alimentationsbestandteil a) Alimentative Funktion der Leistungsbezügeb) Alimentativer Charakter der Leistungsbezügeaa) Allgemeine Zugänglichkeitbb) Gesetzliche Bestimmtheit cc) Erfüllbarkeitdd) Ausgestaltung der Leistungsbezüge in Berlin ee) Zwischenergebnis
2. Das Verhältnis zwischen Leistungsbezügen und Aufstockungsbetraga) Altfälleaa) Verstoß gegen das Leistungsprinzipbb) Systemgerechtigkeit und Willkürverbot b) Neufälle
3. Zwischenergebnis
III. Zur Amtsangemessenheit der Besoldungshöhe1. Der Quervergleich mit der Besoldungsordnung A BBesO2. Quervergleich mit der Besoldungsordnung A LandesBesO3. Maßgeblichkeit des Bund-Länder-Vergleichs4. Kohärenz durch horizontalen und vertikalen Quervergleich