28
ACHTUNG PLASTIK! Chemikalien in Plastik gefährden Umwelt und Gesundheit

Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

  • Upload
    leminh

  • View
    240

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK!

Chemikalien in Plastik gefährden Umwelt und Gesundheit

Page 2: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

2 ACHTUNG PLASTIK! Vorwort

Vorwort

Liebe Leser*innen,

Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig,dass wir sie kaum noch als solche registrieren: dasFensterrollo, der Teppichboden, der Wasserkocher,der Eierlöffel, der Duschvorhang, die Zahnbürste,unsere Schuhe, der Rucksack, der Innenraum un-seres Autos, der Bürostuhl, der Computer …

Die Liste ist ebenso lang, wie die Probleme großsind. Die meisten Plastikmaterialien sind nahezuunvergänglich und geben viele ihrer chemischenZusatzstoffe an die Umwelt ab. In unseren Ozea-nen formieren sich Berge von Plastikmüll zugewal tigen Strudeln. Meeressäuger ersticken anPlastiktüten und Wurstverpackungen, die, zu win-zigen Teilchen zerbröselt, über die Nahrungskettewieder bei uns auf dem Teller landen.

Mehr als 18 Millionen Tonnen Verpackungsmüllfielen im Jahr 2017 bundesweit an. Jährlich an die3 Milliarden Einwegbecher für den schnellen Kaffee, also rund 320.000 pro Stunde, werden inDeutschland derzeit verbraucht und in die nächst-beste Mülltonne geworfen. Ob als Tüte, Trinkbe-cher, Kinderspielzeug oder Abfall, Kunststoffebelasten unsere Gesundheit und die Ökosysteme.

Die vorliegende Broschüre soll aufklären und alsAnregung dienen, Plastik möglichst zu meidenund auf nachhaltige Alternativen zu setzen.

IhrePatricia CameronLeiterin Chemikalienpolitik BUND

© bu

da d

os s

ubúr

bios

_flic

kr

Page 3: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 3Inhalt

Inhalt

4 Wir leben in einer Welt voller Plastik

6 Bunt und außer Kontrolle

7 Wie kann Plastik krank machen?

8 Gesundheitsschädliche Weichmacher

12 Bisphenol A – Massenchemikalie mit Nebenwirkungen

14 Kunststoffe im Alltag: Produkte, Probleme und Gefahren

21 Plastikspielzeug kann die Gesundheit gefährden

22 REACH – Die EU-Chemikalienverordnung

23 Stellen Sie die Giftfrage: ToxFox – Der Produktcheck

24 Plastikmüll ist überall

26 Bio-Kunststoffe – Die Lösung aller Probleme?

Impressum: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V (BUND) · Friends of the Earth Germany · Am Köllnischen Park 1 · 10179 Berlin · Tel.: 0 30 / 2 75 86-40 · Fax: 0 30 / 2 75 86-4 40 · Text: Manuel Fernández, Patricia CameronBasierend auf der Broschüre von Global 2000 (FoE Österreich) „Achtung Plastik! - Chemikalien im Plastik gefährden Umwelt und Gesundheit“, Autorin: Simone Baur, Fotos: Titelseite: fotolia.com/WavebreakmediaMicro V.i.S.d.P.: Yvonne Weber · Gestaltung: N & U GmbH

Förderhinweis: Diese Publikation wurde finanziell vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert. Die Förderer übernehmenkeine Gewähr für Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Angaben und für die Beachtung privater Rechte Dritter. Die geäußerten Ansichtenund Meinungen müssen nicht mit denen der Förderer übereinstimmen.

Page 4: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

4 ACHTUNG PLASTIK! Wir leben in einer Welt voller Plastik

Wir leben in einer Welt voller Plastik

Die Erfindung des Kunststoffs am Anfang des 20. Jahrhunderts hat unseren Alltag tiefgreifendverändert: Wir leben in einer Welt voller Plastik.Das Material verspricht eine endlose Wandlungs-fähigkeit, Kunststoff produkte sind in allen Le -bens bereichen anzutreffen: Plastikverpackungen,Plastikflaschen, Plastiktüten, Spielsachen, Auto-teile, Laptops, Kunstfaserkleidung ...

Trotz ihrer Allgegenwart sind uns aber erstaun -licherweise die Herkunft, die Verarbeitung, dieEigen schaften und auch die Gefahren vielerKunststoffe weitgehend unbekannt.

Was ist Plastik?

Plastik ist der umgangssprachliche Ausdruck fürKunststoffe aller Art. Das Wort „Plastik“ stammtaus dem Griechischen und bedeutet ursprünglichdie geformte/formende Kunst. Als Kunststoff wirdein Material bezeichnet, das „künstlich“, sprichsynthetisch, erzeugt wurde.

Chemisch gesehen sind Kunststoffe organischeStoffe. Alle Kunststoffe enthalten das ElementKohlenstoff. Weitere Bestandteile sind unter an-derem die Elemente Wasserstoff, Sauerstoff,Stickstoff und Schwefel.

Woraus wird Plastik gemacht?

Synthetische Kunststoffe werden aus Erdöl, Kohleund Erdgas gewonnen. Das für die Kunststoffer-zeugung am häufigsten verwendete Ausgangs-produkt ist Rohbenzin (Naphtha). Etwa fünfProzent des aus den Raffinerien kommenden Erd-öls wird in der Kunststoffindustrie verbraucht.

Kunststoff kann man auch durch chemische Um-wandlung aus Naturprodukten herstellen: zumBeispiel Gummi, der aus dem Saft der Gummi-bäume (Kautschuk) erzeugt wird, und Fasern, dieaus Zellulose gewonnen werden. Der erste Kunst-stoff, das Kasein, wurde bereits im 16. Jahrhun-dert aus Milcheiweiß hergestellt, es wurdenGefäße und Schmuckstücke daraus gefertigt, zumTeil bunt eingefärbt.

Wie wird Plastik hergestellt?

Kurz gesagt: Ein Stoff wird in einen Stoff mit völ-lig anderen Eigenschaften verwandelt. Wer esetwas genauer wissen will: Rohbenzin wird ineinem thermischen Spaltprozess, der Cracken genannt wird, in Äthylen, Propylen, Butylen undandere Kohlenwasserstoffverbin dungen ausei-nander-„gebrochen“ und umge baut. Durch chemische Reaktionen (Polyme risation, Polykondensation, Polyaddition …) ordnen sich die Moleküledes Ausgangsstoffs zu großen netz- oder ketten-förmigen Molekülen (Polymere) – zum Kunststoff.

Page 5: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 5Wir leben in einer Welt voller Plastik

In weiteren Arbeitsschritten werden daraus un-zählige verschiedenartige kleine Plastik-Pelletsgefertigt. Diverse Zusatzstoffe wie Weichmacher,Stabilisatoren, Farbmittel, Füllstoffe, Verstär-

kungsmittel, Flammschutzmittel oder Antistatik-mittel werden bei der Verarbeitung beigemischt,um die gewünschte Eigenschaft des Materials zuerreichen.

© fo

tolia

.com

/ruf

ar

Page 6: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

6 ACHTUNG PLASTIK! Bunt und außer Kontrolle

Bunt und außer Kontrolle

Hersteller von Plastikprodukten, zum Beispiel Getränkeflaschen- oder Spielzeugprodu zenten,kennen in vielen Fällen gar nicht die genauechemi sche Zusammensetzung des angeliefertenKunststoffmaterials. Es sind gut gehütete Firmen-geheimnisse der Kunststoffindustrie. UnzähligeKunststoffartikel mit bedenklichen Zusatzstoffen– selbst wenn diese in der EU bereits verbotensind – landen so in unseren Haushalten und derUmwelt.

Plastik ist ein großes Geschäft

Laut Recherchen für den Film „Plastic Planet“macht die Kunststoffindustrie 800 MilliardenEuro Umsatz pro Jahr. Allein in Europa verdieneneine Million Menschen ihr tägliches Brot unmit-telbar mit Plastik. Jeder Industriezweig ist heuteauf Kunststoff angewiesen.

PLAS

TIC

PLAN

ET ©

tho

mas

kirs

chne

r.com

Page 7: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 7Wie kann Plastik krank machen?

Wie kann Plastik krank machen?

Wissenschaftler*innen warnen: Chemikalienlösen sich aus dem Kunststoff und gelangenin den menschlichen Körper. Einige Stoffekönnen gravierende Gesundheits schädenverursachen, von Allergien und Fettleibigkeitbis hin zu Unfruchtbarkeit, Krebs und Herz-erkrankungen.

Gefährliche Zusatzstoffe

Viele Chemikalien, die zur Herstellung von Kunst-stoffen eingesetzt werden, sind extrem giftig. Gesundheitsgefährdend an vielen Kunststoff -produkten sind vor allem die Zusatzstoffe. Da dieChemikalien im Plastik nicht fest gebunden sind,können sie mit der Zeit entweichen. Sie gehen indie Umwelt über und werden auch vom mensch-lichen Körper aufgenommen. Besonders weitrei-chende Auswirkungen haben dabei hormonellwirksame Substanzen. Dazu gehören vor allemWeichmacher (Phthalate), Bisphenol A (BPA), bromierte Flammschutzmittel und Organo zinn -verbindungen.

Künstliche Hormone

Diese unterschiedlichen Substanzen haben einesgemeinsam: Sie sind endokrine Disruptoren, alsoStoffe, die ins Hormonsystem eingreifen, das denStoffwechsel sowie die Entwicklung der Organe,darunter auch des Gehirns, steuert. Eine Vielzahlvon Erkrankungen und Störungen wird mit diesenkünstlichen Hormonen in Verbindung gebracht.

Kinder in Gefahr

Vor allem Babys und Kleinkinder reagieren emp-findlich auf hormonell wirksame Chemikalien. BeiJungen werden Missbildungen der Geschlechts-organe und Unfruchtbarkeit, bei Mädchen etwaverfrühte Pubertät auf die Wirkung dieser Stoffezurückgeführt. Auch spätere, und seit Jahren ver-stärkt auftretende Erkrankungen, wie Brust- undHodenkrebs, Diabetes, Immunschwäche oderLern- und Verhaltensstörungen (z.B. ADHS) kön-nen im Zusammenhang mit hormonschädlichenStoffen stehen.

Problematisch sind vor allem die KunststoffePolyvinylchlorid (PVC) und Polycarbonat (PC)

Weiches PVC besteht meist zu einem großen An-teil aus schädlichen Weichmachern (Phthalaten)und anderen bedenklichen Zusatzstoffen. Polycar-bonate werden mit Hilfe von Bisphenol A her -gestellt. Die Chemikalien können sich aus demKunststoff lösen, besonders stark bei Erwärmung.

Meiden Sie

Produkte aus

Weich-PVC und

Polycarbonat (PC).

Erhitzen Sie keine Lebensmittel in Plastikgefäßen. Verwenden Sie für die Mikrowelle Porzellan- oder Steingutgeschirr.

Page 8: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

8 ACHTUNG PLASTIK! Gesundheitsschädliche Weichmacher

Gesundheitsschädliche Weichmacher

PVC ist hart und spröde und wird erst durch denZusatz von Weichmachern (z. B. Phthalaten) ge-schmeidig und biegsam. Hart - PVC, woraus u. a.Rohre und Fensterprofile hergestellt werden, ent-hält grundsätzlich keine Weichmacher.

Weich-PVC besteht bis zu 50 Prozent ausWeichmachern. Die klassischen Weichmacherfür PVC sind Phthalate. Der Name Phthalatkommt von „Naphtha“, Rohöl. Daneben sei nochder phthalatfreie Weichmacher DINCH (1,2-Cyclo-hexandicarbonsäurediisononylester) genannt, derinzwischen häufig als Phthalat-Alternative einge-setzt wird.

Viele Alltagsprodukte enthalten Phthalate

• Weich-PVC-Produkte: z. B. Bodenbeläge, Schläu - che und Kabel, Teppichrücken, Vinyl-Tapeten,Duschvorhänge, Wickelunterlagen, Kinderspiel-

zeug, Schuhsohlen, Gymnastikbälle, Turnmatten,abwaschbare Tischdecken, Vinyl-Handschuhe,Auto-Innenverkleidungen, Kunstleder, Ver pack -un gen, Regenkleidung, Sex spiel zeug ...

• Lacke und Farben, Klebstoffe, Beschichtungs-mittel, Dichtungsmassen ...

• Kosmetika, Tablettenkapseln ...

Wie gefährlich sind Phthalate?

In der EU sind die Phthalate DEHP, DBP, BBP undDIBP seit Jahren als schädlich für die Fortpflan-zung und seit 2017 auch als hormonschädlich fürden Menschen eingestuft. Die Industrie setzt des-

Die sieben am häufigsten eingesetzten Phthalate sind:

• Di-isodecylphthalat (DIDP)• Di-isononylphthalat (DINP)• Di(2-ethylhexyl)phthalat (DEHP)• Dibutylphthalat (DBP)• Di-isobutylphthalat (DIBP)• Benzylbutylphthalat (BBP)• Di(2-propylheptyl)phthalat (DPHP)

Produkte aus

Weich-PVC

erkennt man an ihrer

„speckig-glatten“

Oberfläche und

dem intensiven

Plastikgeruch.

Faustregel: Vermeiden Sie Weich-PVC.Darin sind immer Weichmacher enthalten, die sich mit der Zeit herauslösen.

Page 9: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 9Gesundheitsschädliche Weichmacher

halb verstärkt auf andere Phthalate wie DIDP undDINP. Aber auch bei DINP wurden im Tierversuchähnlich schädliche Eigenschaften festgestellt.Beide Stoffe neigen stark dazu, sich in der Umwelt und in Organismen anzureichern. Nachwie vor gelangt Massenware aus Weich-PVC aufden Markt, so dass weiterhin eine starke Ausbrei-tung dieser Stoffe in der Umwelt zu befürchtenist. Und selbst für die nach weislich gesundheits-schädlichen Phthalate wurden offizielle Ausnah-megenehmigungen zur Weiterverwendung erteilt.

Warum werden immer noch Phthalate eingesetzt?

Einerseits haben diese Massenchemikalien eineenorme wirtschaftliche Bedeutung: Allein inWesteuropa werden jährlich rund eine MillionTonnen Phthalate produziert. Mehr als 90 Prozentwerden davon in Produkten aus Weich-PVC ver-wendet.

Andererseits aufgrund der erwünschten Produkt-eigenschaft: Erst durch die Beigabe von Weich-machern wird PVC elastisch.

Plastik-Flipflops enthalten meist

zinnorganische Verbindungen,manche sogar das hochgiftige

Tributylzinn (TBT).Es schädigt schon in winzigenMengen das Immun- und

Hormonsystem.

Verlegen Sie statt PVC-Boden lieber umweltverträglichere Kork-, Linoleum-, Holz-oder Kautschukbeläge.

Kaufen Sie

Duschvorhä

nge

aus gewac

hster Baum

wolle

oder wasse

rdichtem

PEVA

(PVC-frei).

© sh

utte

rsto

ck.c

om/S

unny

Stu

dio

Page 10: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

10 ACHTUNG PLASTIK! Gesundheitsschädliche Weichmacher

Wie gelangen Phthalate in unseren Körper?

Weichmacher sind im Kunststoff nicht fest ge-bunden und können verdampfen, ausgewaschenoder abgerieben werden. Phthalate sind überallzu finden, auch im Hausstaub. Bei fast jedemMenschen sind Phthalate und ihre Abbauprodukteim Blut und Urin nachweisbar.

Im Wesentlichen nehmen wir diese Chemi-kalien auf über:

• die Atmung: durch Ausdampfen aus Weich-PVC-Produkten, hohe Konzentrationen auch imAutoinnenraum („Neuwagengeruch“).

• die Nahrung: vor allem in fetthaltigen Nah-rungsmitteln wie Käse, Wurst oder Erdnüssenreichern sich Weichmacher an. Besonders be-lastet sind in Plastik eingeschweißte und starkverarbeitete Lebensmittel, die während des Pro-duktionsprozesses mit Geräten aus Weich-PVCin Kontakt kommen.

• die Haut: zum Beispiel über den direkten Kon-takt mit Weich-PVC (Luftmatratze, Schlauch-boot, PVC-Boden), aber auch über Kosmetikawie Nagellack, Cremes, Shampoos, Seifen, Par-fums oder Deodorants, in denen Phthalate alsFilmbildner, Vergällungsmittel und Trägersub-stanz eingesetzt werden.

• pharmazeutische Produkte: zum Beispiel ausüberzogenen Tabletten, Blutbeuteln, Schläu-chen, Kathetern etc.

• den Mund: Kleinkinder, die gerne alles in denMund stecken, können beim Nuckeln an PVC-Produkten Weichmacher aufnehmen.

Sind Weichmacher in Getränkeflaschen?

Getränkeflaschen aus Kunststoff bestehen meistaus PET (Polyethylenterephthalat). Auch wenn derName es nahelegt: PET-Flaschen enthalten keinePhthalate.

Süße Chemikalie mit Nebenwirkungen

Allerdings gibt PET mit der Zeit gesundheitsschä-digendes Acetaldehyd ab, das von der EU inzwi-schen auf die Liste der Substanzen mit Verdachtauf krebserregende Wirkung gesetzt wurde.

In Wasser ist der fruchtig schmeckende Stoff be-reits in sehr geringen Mengen wahrnehmbar. Des-halb wurden in PET-Flaschen anfangs nursüßliche Getränke abgefüllt. Die PET-Flaschen -herstellerInnen geben an, dieses Problem inzwi-schen in den Griff bekommen zu haben. DochTests der Verbraucherzeitschrift „Stiftung Waren-test“ belegen, dass in kohlensäurehal ti gen Mine-ralwässern immer noch Acetaldehyd zu finden ist.Vor allem Billigmarken aus dem Discounter warenbetroffen. Der Grund: Teure Mineralwässer wer-den meist in Mehrwegflaschen abgefüllt, beideren Herstellung ein Acetaldehyd-Blocker ein-gebaut wird. So geht kaum Acetaldehyd über. Discounter hingegen verwenden meist Einweg -flaschen.

Zudem haben Forscher der Universität Frankfurtam Main entdeckt, dass PET-Flaschen hormonellwirksame Stoffe abgeben. Im Durchschnitt wardas Wasser in Plastikflaschen doppelt so stark mitdiesen Stoffen belastet wie jenes aus Glasfla-schen.

Page 11: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 11Gesundheitsschädliche Weichmacher

Getränkehersteller wissen zumeist nichtsüber die genaue chemische Zusammenset-zung der Plastikflaschen, da diese Firmenge-heimnis ist.

Tipp: Auf der sicheren Seite ist man mit Glas-flaschen!

Mehrweg-Flaschen

aus Glas werden

ca. 40-mal wieder befüllt,

das verhindert unnötige

Müllberge. Greifen Sie

zu Glasflaschen,

die Nachfrage

versetzt Berge.

© ve

loop

ity_f

lickr

Page 12: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

12 ACHTUNG PLASTIK! Bisphenol A – Massenchemikalie mit Nebenwirkungen

Bisphenol A Massenchemikalie mit Nebenwirkungen

Was ist Bisphenol A?

Bisphenol A (BPA) ist eine der meistproduziertenIndustriechemikalien. Das weltweite Produktions-volumen beträgt rund 6 Millionen Tonnen proJahr. An die 1,5 Millionen Tonnen verbrauchendavon alleine Betriebe in Europa, die Verwendungnimmt in der EU jährlich um acht Prozent zu. BPAdient hauptsächlich zur Herstellung des Kunst-stoffes Polycarbonat (PC) und von Epoxidharzen(z. B. für die Innenbeschichtung von Getränke-und Konservendosen).

BPA gehört zu den hormonschädlichen Che-mikalien, die schon in sehr geringen Mengen inden menschlichen Hormonhaushalt eingreifenkönnen. Bei Hormongiften wie BPA versagt dietraditionelle Risikobewertung nach der Formel„Die Dosis macht das Gift“: Viele unabhängige

Wissenschaftler*innen sind der Meinung, dassBPA durch eine direkte Einwirkung auf dieHormon rezeptoren in geringen Konzentrationensogar schädlicher sein kann als in höheren. Früh-reife, eine reduzierte Spermienzahl, Diabetes,Immun schwäche oder Lern- und Verhaltensstö-rungen bei Kindern sind als mögliche Folgen deralltäg lichen Belastung mit BPA in der Diskussion.

© is

tock

phot

o.co

m/©

Mag

dale

na R

zym

anek

Verwenden Sie keine Küchenutensilien aus Polycarbonat – teilweise ist dieser Kunststoff mit „PC“oder dem Recyclingcode 7 gekennzeichnet. EntsorgenSie alte verkratzte Plastikbehälter.

Page 13: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

Thun

fisch

Tom

aten

im e

igen

en S

aft

im e

igen

en S

aft

in S

onne

nblu

men

öl

im e

igen

en S

aft

im e

igen

en S

aft

im e

igen

en S

aft

in S

onne

nblu

men

öl

Erge

bnis

Erge

bnis

Bisp

heno

l A –

Hor

mon

gift

aus

der D

ose

5 vo

n 7

bela

stet

Erge

bnis

24,3

14,0

13,0

11,4

11,3

NN

NN

Koko

smilc

h

Foto

s (v.l

.n.r.

): Fo

tolia

.com

/dim

a_pi

cs, M

ovin

gMom

ent,

Kitt

y, Q

uelle

: Eig

ene

Erhe

bung

* Mik

rogr

amm

pro

Kilo

gram

m

µg/k

g*µg

/kg

µg/k

g

4 vo

n 7

bela

stet

3 vo

n 5

bela

stet

PEN

NY

ALD

I

PEN

NY

REW

E

Lidl

EDEK

A

Net

to

fein

geh

ackt

gesc

hält

geha

ckt

gesc

hält

gesc

hält

gesc

hält

Stüc

ke

28,5

26,1

10,7

9,07 NN

NN

NN

ALD

I

Lidl

Net

to

EDEK

A

REW

E

ALD

I

PEN

NY

konv

entio

nell

konv

entio

nell

konv

entio

nell

konv

entio

nell

konv

entio

nell

510

21,0 7,4

NN

NN

EDEK

A

EDEK

A

PEN

NY

REW

E

Lidl

Page 14: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

Poly

uret

han

(PU

)

Pro

du

kte

: Te

xtilf

aser

Ela

stan

, Po

lyur

etha

nsch

aum

stof

f

(Mat

ratz

en, A

uto

sitz

e, S

itzm

öb

el, K

üche

n-

sc

hwäm

me,

Däm

mst

offe

etc

.)

Pro

ble

me:

Rec

yclin

g is

t sc

hwie

rig

und

Ver

bren

nung

seh

r pr

obl

emat

isch

(Dio

xin

e). M

ittl

erw

eile

gib

t es

auc

h ch

lorf

reie

Pr

odu

ktio

nsw

eise

n, d

och

bei

der

Ver

bren

nung

wer

den

zah

l-re

iche

gef

ährli

che

Che

mik

alie

n w

ie Is

ocy

anat

e un

d Bl

ausä

ure

frei

ges

etzt

. PU

zer

setz

t si

ch in

Dep

onie

n in

gif

tige

Stof

fe.

Poly

styr

ol (P

S)

Pro

du

kte

: Sty

rop

or, I

solie

rung

ele

ktr.

Kab

el, S

chal

terg

ehäu

se,

Ve

rpac

kung

en, V

erpa

ckun

gsfo

lien,

Jog

hurt

bech

er e

tc.

Rec

yclin

gco

de:

Pro

ble

me:

Rec

yclin

g is

t sc

hwie

rig

und

Ver

bren

nung

pro

ble-

mat

isch

. Es

wird

nur

ein

Pro

zent

der

jähr

lich

erze

ugte

n 14

M

illio

nen

Ton

nen

Sty

rop

or r

ecyc

elt.

Bei

der

Her

stel

lung

von

Po

lyst

yro

l kom

mt

das

kreb

serr

egen

de

Ben

zol z

um E

insa

tz, d

ie

Ver

arbe

itung

füh

rt z

ur F

reis

etzu

ng d

es k

arzi

noge

nen

Styr

olox

ids.

Poly

ethy

lene

nter

epht

hala

t (PE

T)

C-P

ET-

Pro

du

kte

: Te

ile v

on H

aush

alts

- un

d K

üche

nger

äten

,

Com

pute

r, M

asch

inen

baut

eile

,

Sich

erhe

itsg

urte

etc

.

PET-

Pro

du

kte

: G

eträ

nkefl

asc

hen,

Ver

pack

ung

en f

ür

K

osm

etik

a un

d Le

ben

smit

tel e

tc.

Kunst

stoff

e im

Allta

g:

Prod

ukte

,

Prob

lem

e un

d G

efah

ren

1950

wu

rden

etw

a 2

Mill

ion

en T

on

nen

Pla

stik

her

ges

tellt

. 201

5 w

aren

es

an d

ie 3

80

Mill

ion

en

Ton

nen

. Die

wic

hti

gst

en K

un

stst

off

e im

Üb

erb

lick:

Poly

ethy

len

(PE)

Pro

du

kte

: G

eträ

nkek

äste

n, F

ässe

r, Sc

hüss

eln,

Pla

stik

tüte

n,

Folie

n et

c.

Rec

yclin

gco

des

:

Poly

prop

ylen

(PP)

Pro

du

kte

: Pl

astik

tüte

n, L

eben

smit

telv

erpa

ckun

gen

,

m

ediz

inis

che

Ger

äte,

Sit

zbez

üge

etc.

Page 15: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

Rec

yclin

gco

de:

r PE

T-Fl

asch

en k

ann

bis

zu 3

0 Pr

ozen

t re

cyce

ltes

PET

eing

eset

zt w

erd

en.

Pro

ble

me:

PET

gibt

mit

der

Zei

t g

esun

dhei

tssc

hädi

gen

des

Ace

tald

ehyd

(E

than

al) i

n di

e Fl

üssi

gkei

t ab

, des

halb

wur

den

anf

angs

nur

den

Bei

ges

chm

ack

kasc

hier

end

e G

eträ

nke

abg

efül

lt. D

as

deu

tsch

e Bu

ndes

inst

itut

für

Risi

kob

ewer

tung

(BfR

) häl

t

die

Do

sis

von

Ace

tald

ehyd

in P

ET-F

lasc

hen

für

unb

eden

klic

h,

eb

enso

das

aus

dem

PET

ent

wei

chen

de

Ant

imon

.

• Fl

asch

enpr

odu

zent

en b

zw. G

eträ

nkeh

erst

elle

r b

ekom

men

das

Mat

eria

l von

Pla

stik

pro

duze

nten

(z.T

. rec

ycel

tes

Mat

eria

l)

gel

iefe

rt, d

ie c

hem

isch

e Zu

sam

men

setz

ung

ist

oft

un-

b

ekan

nt (d

a Fi

rmen

geh

eim

niss

e).

Pro

du

kte:

hitz

ebes

tänd

ige

Trin

kgef

äße

wie

Bab

yfl ä

schc

hen,

Mi-

krow

elle

nges

chirr

, CD

-Hül

len,

Leb

ensm

itte

lver

pack

ung

en e

tc.

Rec

yclin

gco

de:

ACHTU

NG

: G

ESU

ND

HEIT

SG

EFA

HR!

Aus

Po

lyca

rbon

at w

ird d

ie h

orm

onel

l wirk

sam

e Su

bsta

nz B

is-

phen

ol A

(BPA

) fre

iges

etzt

. BPA

ste

ht im

beg

ründ

eten

Ver

dach

t da

s H

orm

onsy

stem

sch

ädlic

h zu

bee

infl u

ssen

, for

tpfl a

nzun

gs-

schä

dig

end

und

kreb

serr

egen

d zu

sei

n, s

owie

das

Her

zinf

arkt

-ris

iko

zu e

rhö

hen.

UN

BED

ING

TM

EID

EN

!

Poly

carb

onat

(PC)

Rec

yclin

gco

de:

Poly

viny

lchl

orid

(PV

C)

Pro

du

kte

Har

t-PV

C:

Abfl

uss

rohr

e, F

enst

erpr

ofi le

etc

.

Pro

du

kte

Wei

ch-P

VC

: Bo

den

bel

äge,

Kin

der

spie

lzeu

g,

Schl

äuch

e, K

unst

led

er, T

apet

en,

Dac

hbah

nen

, LK

W-P

lan

en, K

leid

ung,

Baby

artik

el, S

chw

imm

reife

n,

Schl

auch

bo

ote,

Dic

htun

gen

etc

.

Rec

yclin

gco

de:

ACHTU

NG

: G

ESU

ND

HEIT

SG

EFA

HR!

PVC

ver

ursa

cht

von

der

Pro

dukt

ion

bis

zu s

ein

er E

ntso

rgun

g gr

avie

rend

e G

esun

dhei

ts-

und

Um

wel

tpro

blem

e:

• W

eich

-PV

C g

ibt

ges

un

dh

eits

sch

ädlic

he

Wei

chm

ach

er a

b!

Es

bes

teht

bis

zu

70 P

roze

nt a

us W

eich

mac

hern

(Pht

hala

te),

di

ese

dam

pfen

aus

, wer

den

ab

ger

ieb

en o

der

aus

gew

asch

en.

Es

wur

den

auc

h ho

he N

oly

phen

olw

erte

(gif

tig u

nd h

orm

onel

l

wirk

sam

) fes

tges

tellt

(z.B

. in

Baby

pup

pen

und

Leb

ensm

itte

l-

folie

n).

• B

ei d

er P

VC

-Pro

du

kti

on

wer

den

kre

bse

rreg

end

e

Su

bst

anze

n f

reig

eset

zt.

• D

as R

ecyc

ling

ist

pro

ble

mat

isch

.

• G

ifti

ge

Dio

xin

e en

tste

hen

bei

der

Ver

bre

nn

un

g.

UN

BED

ING

TM

EID

EN

!

Page 16: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

© pi

xaba

y.com

/Den

nis

Page 17: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 17Bisphenol A – Massenchemikalie mit Nebenwirkungen

Plastik im Blut

Obwohl Bisphenol A nicht natürlich vorkommt, istdiese Chemikalie fast überall in der Umwelt nach-zuweisen. Es wurde in der Luft, im Hausstaub, inOberflächengewässern und auch im Meerwassergefunden. BPA wurde in frischem Treibhausobstund in Trinkwasser aus Kunststofftanks nachge-wiesen, ebenso im menschlichen Körper: im Urin,Blut, Fruchtwasser, Gebärmuttergewebe und imBlut der Nabelschnur. BPA wird im Körper zwarrelativ schnell abgebaut, trotzdem kann es in na-hezu jedem Menschen nachgewiesen werden. Daszeigt, dass wir diesem Schadstoff ständig ausge-setzt sind.

Chemikalien im Essen

Wir nehmen BPA hauptsächlich über konta-minierte Lebensmittel auf: So können sich beimErhitzen von mikrowellenfestem Geschirr aus Po-lycarbonat nichtgebundene Reste von BPA lösenund auf die Lebensmittel übergehen. Konserven-dosen mit einer Innenbeschichtung aus Epoxyd-harz sind die wichtigste Belastungsquelle für denMenschen. Auch hier gibt der als Rostschutz verwendete Kunststoff einen Teil des Ausgangs-stoffes BPA an die Lebensmittel ab. Erhitzen, aberauch Säure- und Fettgehalt verstärken diesenVorgang.

Wie gefährlich ist Bisphenol A?

Ab welcher Dosis BPA gesundheitsschädlich fürden Menschen ist, wird von Behörden, Wissen-schaftler*innen und Vertreter*innen von Indus-trieverbänden kontrovers diskutiert. ZahlreicheStudien kommen zu dem Schluss, dass BPA schonin kleinsten Dosen in das Hormonsystem eingrei-fen kann. BPA stört den Austausch hormoneller

Botenstoffe zwischen den Zellen, der maßgeblichist für die Entwicklung des Gehirns und andererOrgane. Föten und Kleinkinder sind daher beson-ders gefährdet. Die negativen Folgen der von BPAausgelösten Fehlentwicklungen reichten im Tier-versuch bis in die 2. und 3. nachfolgende Gene-ration. Beim Menschen werden u.a. Diabetes,Brust- und Hodenkrebs, Unfruchtbarkeit, Störun-gen des Immunsystems, Herz- und Kreislaufer-krankungen sowie Lern- und Verhaltensstörungenbei Kindern mit BPA in Zusammenhang gebracht.

Warum ist Bisphenol A in der EU nicht verboten?

Zuständig für die Bewertung der Risiken ist dieEuropäische Behörde für Lebensmittelsicherheit(EFSA). Trotz der in zahlreichen Studien belegtenGesundheitsgefährdung durch BPA hat die EFSAlediglich 2015 die tolerierbare tägliche Aufnah-medosis (TDI) gesenkt. Sie ignoriert, dass die Wir-kungsweise von hormonellen Schadstoffen demtraditionellen Grundsatz „Die Dosis macht dasGift“ widerspricht. Dabei werden von der EFSA inder Regel klassische, nicht selten von der Kunst-stoffindustrie finanzierte Studien zu Rate gezo-gen. Innovative Studien aus den Universitätenbleiben dagegen weitgehend unberücksichtigt.Immer wieder geraten für die EFSA tätige Wis-senschaftler*innen deshalb wegen möglicher In-teressenskonflikte in die Kritik.

Skepsis breitet sich aus

Seit Sommer 2011 dürfen in der EU keine Baby-flaschen mit Bisphenol A mehr verkauft werden.Einzelne EU-Mitgliedsstaaten gehen bereits überdiese Regelung hinaus: So hat Dänemark bereits2010 ein BPA-Verbot für alle Lebensmittelbehäl-ter für Kleinkinder ausgesprochen, dem Belgien

Page 18: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

18 ACHTUNG PLASTIK! Bisphenol A – Massenchemikalie mit Nebenwirkungen

und Schweden inzwischen gefolgt sind. In Öster-reich ist der Stoff seit Herbst 2011 in Schnullernund Beißringen verboten. Frankreich hat Anfang2015 ein nationales Verbot von BPA in allenLebens mittelkontaktmaterialien erlassen. Schwe-den erwägt sogar ein Totalverbot der Chemikalie.

Bisphenol A in Deutschland

Das Verbot von BPA in Babyflaschen ist ein wich-tiger erster Schritt, geht aber noch nicht weitgenug. Die Bundesregierung sollte sich den pro-gressiven EU-Ländern anschließen und auf natio-naler Ebene Vorsorgemaßnahmen ergreifen. Dazugehört ein Verwendungsverbot von BPA in allenLebensmittelkontaktmaterialien und Kinderpro-dukten.

Der BUND fordert einen Aktionsplan zur Verminderung von Bisphenol A

• Verbot von BPA in Kinderprodukten

• Strategie zum Schutz von werdenden Müttern und ungeborenen Kindern

• Verbot in Lebensmittelverpackungen

• Ersatz von BPA und anderen hormonähn -lichen Chemikalien durch sichere Alterna-tiven.

• BPA muss EU-weit verboten werden.

© fo

tolia

.com

/Cla

udia

Pau

luss

en

Page 19: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

© fo

tolia

.com

/Kitt

y

Page 20: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

Kindertrinkgefäße

sollten aus Glas,

PP oder PE sein.

Verwenden Sie keine

Gefäße aus

Polycarbonat (PC).

Meiden Sie Spielzeug aus PVC und aus stark

riechendem Plastik. Weniger ist häufig

mehr.

© N

adez

hda

Kula

gina

_ist

ockp

hoto

Page 21: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 21Plastikspielzeug kann die Gesundheit gefährden

Plastikspielzeug kann die Gesundheit gefährden

zähligen Kunststoffen in Berührung. Es ist daherwahrscheinlich, dass sie einem solchen Zusam-menspiel verschiedener Chemikalien ausgesetztsind.

Mehr Schutz für die Kleinsten

Trotz dieser Risiken werden Kinder nicht ausrei-chend vor hormonellen Stoffen in Plüsch undPlastik geschützt.

Untersuchungen haben zahlreiche dieser Subs -tanzen in ihrem Blut nachgewiesen. Dabei kommterschwerend hinzu, dass die Kinder bereits während der Schwangerschaft über die Nabel -schnur die im Blut der Mutter enthaltenen Schad -stoffe aufnehmen. Nach der Geburt kommt mitdem Stillen die Schadstofffracht hinzu, die dieMutter über die Dauer ihres Lebens in ihrem Fett-gewebe angereichert hat.

Die Gesetze sind unzureichend und ihre Umset-zung wird nicht effektiv kontrolliert. Der BUNDruft die Regierung auf, den Schutz unsererGesund heit endlich ernst zu nehmen und hormo-nelle Chemikalien aus kindernahen Produkten zuverbannen.

Spielzeuge und Kinderprodukte sind die am häu-figsten gelisteten Artikel auf der RAPEX-Liste desAlarmsystems der EU für gefährliche Konsum -güter. Über RAPEX tauschen Mitgliedsstaaten undEU-Kommission Informationen über Verbrauchs-güter (ausgenommen Nahrungs- und Arzneimittelsowie medizinische Geräte) aus, die den gesetz -lichen Anforderungen nicht entsprechen. Auch unabhängige Testinstitute wie ÖKO-TEST machenin ihren Stichproben häufig erschreckende Funde:Zahlreiche Spielzeuge und Produkte für Kinderwären eher ein Fall für die Sondermülldeponie alsfür das Kinderzimmer.

Hormonelle Schadstoffe imKinderzimmer

Neben Phthalaten und BPA werden in Kinderpro-dukten häufig auch bromierte Flammschutzmittelund Organozinnverbindungen entdeckt.

Das Besondere an diesen Substanzen ist, dass sieschon bei extrem geringen Dosen das Hormon-system stören können. Deswegen gibt es für siekeine sicheren Grenzwerte. Zudem können siesich gegenseitig in ihrer Wirkung verstärken. Einzeln betrachtet mögen die Schadstoffe dannkeine messbare Wirkung haben – zusammen addieren sie sich zu einem gefährlichen Chemi-kaliencocktail. Kinder kommen tagtäglich mit un-

Page 22: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

22 ACHTUNG PLASTIK! REACH – Die EU-Chemikalienverordung

REACHDie EU-Chemikalienverordnung

Seit 1. Juni 2007 ist die EU-Chemikalien-Verord-nung REACH (Registrierung, Bewertung, Zulas-sung und Beschränkung von Chemikalien) in Kraft– mit dem Ziel, den Schutz der menschlichen Ge-sundheit und der Umwelt zu verbessern. Ein we-sentlicher Unterschied zum System davor ist, dassnicht mehr die Behörden, sondern die Industriedie von Chemikalien ausgehenden Risiken bewer-ten muss. Damit ist die lange geforderte Umkehrder Beweislast gegeben: Nicht mehr die Behördenoder die Gesellschaft müssen die Gefährlichkeitvon Stoffen nachweisen, um ein Verbot zu errei-chen, sondern die Industrie muss belegen können,dass die Anwendung ihrer Chemikalien keine Ge-fahr darstellt, bevor diese vermarktet werden dür-fen. Rund 30.000 Chemikalien auf dem Markt(rund 100.000 chemische Stoffe sind im Umlauf)müssen im Rahmen von REACH auf ihre Auswir-kung auf Mensch und Natur untersucht werden.

Besonders gefährliche Stoffe

Als besonders gefährlich eingestufte Chemikalien(Substances of Very High Concern, SVHC) dürfennur dann weiter verwendet werden, wenn hierfüreine Sondergenehmigung beantragt und erteiltwurde.

Was sind SVHC?

• krebserregende, erbgut- und fortpflanzungs-schädigende Stoffe (kanzerogen, mutagen, re-produktionstoxisch)

• Stoffe, die in der Umwelt schwer abgebaut werden, die sich in Mensch und Tier anreichernund noch dazu giftig sind (persistent, bioakku-mulativ, toxisch)

• Stoffe, die sehr schwer abgebaut werden undsich sehr stark anreichern, für die aber nochkeine giftige Wirkung nachgewiesen ist

• Stoffe mit ähnlich gefährlichen Eigenschaften,z. B. hormonschädliche Chemikalien

Die Umsetzung von REACH geht nur schleppendvoran, besonders was das Hauptziel der Verord-nung angeht: alle im Umlauf befindlichen Chemikalien mit besonders gefährlichen Eigen-schaften in einer Kandidatenliste zu erfassen unddurch sichere Alternativen zu ersetzen. Die aktu-elle REACH-Kandidatenliste enthält lediglich 174Stoffe von rund 1.400, die nach Schätzungen derEU-Kommission verwendet werden. Die Umwelt-verbände gehen von weit über 2.000 aus.

Die vom Internationalen Chemikaliensekretariatgemeinsam mit Umwelt- und Gesundheitsverbän-den wie dem BUND entwickelte alternative S.I.N.-Liste (S.I.N. steht für „substitute it now“ = „jetztersetzen“) enthält bereits über 900 Chemikalienmit gefährlichen Eigenschaften.

Immerhin lassen sich jetzt gesundheitsschädlicheProdukte entlarven, die eine oder mehrere Chemi -kalien aus der REACH-Kandidatenliste enthalten.Grundlage ist das in Art. 33 der REACH-Verord-nung verankerte Verbraucherauskunftsrecht.

Page 23: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 23Stellen Sie die Giftfrage

Stellen Sie die GiftfrageToxFox – Der Produktcheck

Wollen Sie wissen, ob sich im Planschbecken IhresKindes gefährliche Weichmacher verbergen? IhrSofa ein giftiges Flammschutzmittel enthält? InIhrer Lederhandtasche krebserregendes Chromsteckt? Nichts leichter als das! Dank der weiter-entwickelten BUND-App „ToxFox – Der Produkt-check“ ist es ganz einfach die Giftfrage zu stellen.Sie müssen dafür lediglich die App herunterladenund mit Ihrem Smartphone den Strichcode des je-weiligen Produkts scannen. Der Hersteller erhältdann eine automatische Anfrage und ist ver-pflichtet, innerhalb von 45 Tagen Auskunft zu er-teilen. Ist das Produkt bereits in der Datenbankerfasst, erhalten Sie die Auskunft über die ent-haltenen Schadstoffe sofort nach dem Scannen.

Dieses Auskunftsrecht bzw. die Auskunftspflichtgilt für alle Chemikalien, die auf der offiziellenListe der Europäischen Union für besonders ge-fährliche Substanzen stehen, der sogenanntenREACH-Kandidatenliste. Zurzeit befinden sich174 Stoffe auf dieser Liste, die stetig erweitertwird (Stand Dezember 2017). Sie können Ursachefür Krebserkrankungen, Unfruchtbarkeit oderSchädigungen des Kindes im Mutterleib sein.Grund genug, vor dem nächsten Einkauf beimHersteller nachzuhaken.

Auch hier können Sie Ihre Anfrage stellen:www.bund.net/giftfrage

Zu Folgen und Risiken mobiler Kommunikations-technologien: www.bund.net/emf

© BU

ND

Page 24: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

24 ACHTUNG PLASTIK! Plastikmüll ist überall

Plastikmüll ist überall

Die Menge an Kunststoff, die wir seit Beginn des Plastikzeitalters produziert haben, reicht bereits aus, um unseren gesamten Erdball sechs Mal mit Plastikfolien einzupacken. (Zitat aus dem Film „Plastic Planet“)

Die drei größten Einsatzgebiete für Kunst-stoffe sind: • Verpackungen (33 Prozent) • Bauwesen (25 Prozent) • Elektronik, Elektrotechnik (25 Prozent)

Nur geringe Mengen werden recycelt.Mehr als die Hälfte (rund 55 Prozent) des Abfallswird einer energetischen Verwertung zugeführt,also verbrannt.

Wegwerfen oder Wiederverwenden?Der Mehrweganteil in Deutschland hat sich bei Mi-neralwasserflaschen in den Jahren 2005 bis 2011von 53 auf rund 31 Prozent ver rin gert. Insgesamtbeträgt die Mehrwegquote rund 50 Prozent. Aus-nahme ist lediglich der Bierverkauf, hier greifen dieDeutschen mit einem Anteil von rund 80 Prozentzu umweltfreundlicheren Mehrwegflaschen.

Ein Verbot für Plastiktüten?

Der unbedachte Umgang mit dem billigen Roh-stoff Plastik wird an der täglichen Verwendungvon Plastiktüten deutlich. In einigen Staaten (u. a.Australien und Indien) sind diese Wegwerf -produkte bereits verboten. Während die EU nochüber ein generelles Verbot nachdenkt, habenFrankreich und Italien es bereits durchgesetzt.

Schwimmende Berge aus Plastikmüll

Jährlich landen etwa 10 Millionen Tonnen Müll inden Weltmeeren. Ein Großteil davon wird über dieFlüsse angespült. 60 bis 90 Prozent des Meeres-mülls sind aus Plastik. Im Zentrum der großenOzeane sammelt sich durch Strömungen beson-ders viel Plastikmüll an und bildet riesige Müll-strudel, die mehrere 100 Kilometer breit seinkönnen. Ähnlich wie bei Eisbergen sind an derMeeresoberfläche nur 15 Prozent des Plastikmüllszu sehen. Die Masse, rund 70 Prozent, ballt sichunsichtbar am Meeresboden zusammen. Plastikgelangt selbst in die entlegensten Winkel unseresPlaneten. So ist in nur zehn Jahren die Müllver-schmutzung in der arktischen Tiefsee um das 20-fache gestiegen.

Tiere sterben durch Plastikmüll

Viele Tiere verheddern sich in Plastik oder ver-wechseln Plastik mit Nahrung. Auf Helgoland istjeder dritte verletzte oder tote Basstölpel in Plastik verstrickt, und in den Mägen von Walenhat man teilweise sehr große Mengen Plastik ge-funden. Für mehr als 370 Tierarten – darunterSchildkröten, Robben, Fische und Krebse – istPlastikmüll eine tödliche Gefahr.

15% Oberfläche

15 % Meereskörper

70% Boden

Page 25: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 25Plastikmüll ist überall

Mikroplastik

Als Mikroplastik werden feste und unlösliche syn-thetische Polymere (Kunststoffe) bezeichnet, diekleiner als fünf Millimeter sind. Es wird eingeteiltin primäres und sekundäres Mikroplastik. Primäreswird industriell als solches produziert und weiter-verarbeitet. Das Sekundäre entsteht durch denZerfall von größeren Kunststoffteilen bei der Ver-witterung. Es wurde bereits in Sedimenten, in der Wassersäule und in marinen Organismen ge-funden, die es passiv oder mit der Nahrung auf-nehmen. Des Weiteren lagern sich an denKunst stoff partikeln gefährliche Schadstoffe wieDDT und PCB an, die dann im Organismus wiederfreigesetzt werden können.

Synthetische Textilien

Kunststofffasern aus Textilien sind eine derHauptquellen für Mikroplastik. Am bekanntestensind Polyester, Acryl und Nylon. Durch Abrieb und

Ausfall während des Waschens werden die Fasernaus den Textilien in das Abwasser abgegeben undkönnen über die Kläranlagen in die Meere gelan-gen. Beim Waschen werden kontinuierlich klei-nere Bestandteile aus den Kleidungsstückenherausgelöst. Geschätzt wird, dass bis zu 3.000Fasern pro Waschgang freigesetzt werden. Syn-thetische Fasern sind eine der häufigsten Formenvon Mikroplastik in der Meeresumwelt.

Kosmetik- und Körperpflegeprodukte

In der Kosmetik- und Körperpflegeindustrie die-nen synthetische Polymere unter anderem alsPeelingpartikel, Bindemittel, Filmbildner und Füll-mittel in Duschgelen, Shampoos, Cremes und de-korativer Kosmetik. Der Kunststoffgehalt in einemProdukt kann zwischen weniger als 1 Prozent undmehr als 90Prozent variieren. Durch das Abwa-schen gelangt das Mikroplastik ins Abwasser undüber die Kläranlagen in Flüsse und Meere.

© sh

utte

rsto

ck.c

om/D

avid

J M

artin

Page 26: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

26 ACHTUNG PLASTIK! Bio-Kunststoffe – Die Lösung aller Probleme?

Bio-KunststoffeDie Lösung aller Probleme?

Was ist Bioplastik?

Biologisch abbaubare Kunststoffe – häufig als„Bioplastik“ bezeichet – können aus unterschied-lichen Rohstoffen bestehen: Zum einen werdenKunststoffe auf Mineralölbasis chemisch so auf-gebaut, dass sie als Abfall durch Bakterien mitHilfe von Sonnenlicht und Wasser zersetzt unddamit mehr oder weniger abgebaut werden kön-nen. Zum anderen werden Kunststoffe aus nach-wachsenden Rohstoffen wie Maisstärke oderMilchsäure hergestellt, die dann ebenfalls durchbiologische Prozesse zersetzt werden können.

Ist Bioplastik sinnvoll?

Die Verwendung von „Bioplastik“ ist „in“ und fürviele ökologisch denkende Verbraucher*innen einwichtiges Kaufargument. Leider ist Bioplastik abernicht automatisch nachhaltig. So gibt es zumeinen Probleme bei der Entsorgung. Denn biolo-gisch abbaubare Verpackungen benötigen zulange für die Verrottung im Kompostwerk. Bio-müll, der in der Biotonne landet, muss im Kom-postwerk in rund acht Wochen zu fertigemKompost verarbeitet sein – für einen vollständi-gen Abbau des Bioplastiks ist diese Zeit viel zukurz. Auf dem Komposthaufen im Garten gibt eszwar genügend Zeit, aber die Temperaturen sindzu niedrig. Biofolienbeutel werden zudem häufigvom Entsorger wie herkömmliche Plastiktüten an-

gesehen und aussortiert. So landet der Biokunst-stoff im Restmüll und damit in der Abfallverbren-nung. Das ist nicht sonderlich „bio“, sondern stellteine Ressourcenvernichtung und Energiever-schwendung dar.

Plastik aus Nahrungsmitteln

Bei dem Begriff „nachwachsende Rohstoffe“schwingt die Illusion mit, hier handele es sich umunbegrenzt vorhandene Ressourcen. Das ist ein Irr-tum. Denn die Erzeugung pflanzlicher Rohstoffeverbraucht Böden, Dünger und häufig Pestizide. Esbesteht die Gefahr, dass nachwachsende Roh stoffein Konkurrenz zu Nahrungs- und Futter mittel n tre-ten. Zudem ist viel Energie notwendig, um Gegen-stände wie Bioplastiktüten herzustellen. Diese gehtgenauso wie bei der Verbrennung auch bei der Ver-rottung vollständig „verloren“.

Plastik steht für Wegwerfkultur

Die Vorstellung, man könne Bioplastik einfachwegwerfen, weil es ja doch verrotten würde, fördert die Wegwerfkultur. Stattdessen ist einUmdenken nötig. Die massenhafte Verwendungvon Plastiktüten muss dringend gestoppt werden.Auch in anderen Bereichen sollte versucht wer-den, aus der Einwegkultur auszubrechen undRohstoffe und Energie nicht weiter kopflos zuverpulvern. Für wertige, langlebige Anwendungs-

Page 27: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

ACHTUNG PLASTIK! 27Bio-Kunststoffe – Die Lösung aller Probleme?

Kurz: Bioplastik ist leider nicht die Lösungaller Plastik-Probleme. Deshalb: Konsum hin-terfragen und auf Alternativen ausweichen(Stoffbeutel, Glasgefäße, Holzspielzeug, un-verpackte Lebensmittel …)

Lesen Sie dazu auch unsere Stellungnahme zuBiokunststoffen auf www.bund.net

bereiche, bei denen der Einsatz von Kunststoffensinnvoll ist, kann Bioplastik eine gute Alternativesein. Ansonsten gilt: „Der beste Abfall ist der, derüberhaupt nicht entsteht.“

Besser Stofftasche verwenden als Plastiktüte wegwerfen – auch

wenn Bioplastik draufsteht.

© O

rigin

al U

nver

pack

t

Page 28: Achtung Plastik! Chemikalien in Plastik gefährden … PLASTIK! Vorwort Vorwort Liebe Leser*innen, Plastikprodukte sind inzwischen so allgegenwärtig, dass wir sie kaum noch als solche

Barcode scannen – Gift erkennen: Die ToxFox-App vom BUNDUnsichtbar, aber gefährlich: Viele Alltagsprodukteenthalten Chemikalien, die mit Erkrankungen wieKrebs oder Unfruchtbarkeit in Verbindung ge-bracht werden. Sie können in Spielzeug, Kosmetik,Elektronik, Kleidung oder Schmuck enthaltensein – aber auch in Möbeln, Geschirr und Sport-geräten enthalten sein. Mit der kostenlosen Tox-Fox-App des BUND können Sie Produkte ganzleicht auf solche Schadstoffe prüfen.

Die REACH-Verordnung verpflichtet Hersteller zurAuskunft über besonders gefährliche Stoffe inihren Produkten. Die ToxFox-App scannt den Barcode von Produkten und informiert Sie überSchadstoffe. Sollten die Angaben zu einem Pro-dukt in der Datenbank noch fehlen, können Sieautomatisch beim Hersteller nachhaken. Und dermuss binnen 45 Tagen antworten. Je mehr Ver-braucher*innen kritisch nachfragen, umso größerwird der Druck auf die Hersteller. Wir wollen Pro-dukte ohne Gift!

Unterstützen Sie unsere Arbeit Werden Sie BUND-Mitglied!

Die kostenlose ToxFox-App vom BUND können Siehier herunterladen:www.bund.net/toxfox

Wir entwickeln die ToxFox-App kontinuierlichweiter, um Schadstoffe aufzuspüren. Gerne wür-den wir noch mehr tun. Aber Studien, Ratgeber,Lobbyarbeit und Aktionen haben ihren Preis. DerBUND ist die einzige Organisation in Deutschland,die sich intensiv mit dem Thema Chemikalien be-schäftigt. Unterstützen Sie uns dabei und werdenSie BUND-Mitglied: www.bund.net/mitgliedwerden

Unterstützen Sie uns mit einer Spende!

BUND-Spendenkonto:GLS Gemeinschaftsbank eG Kennwort: Gegen GiftIBAN: DE 43 4306 0967 8016 0847 00BIC: GENODEM1GLS