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42 IN|FO|NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2012; Vol. 14, Nr. 7 8 Schlaganfallprävention Ergebnisse: Die Kohorte bestand aus 39.398 Männern und 44.115 Frauen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus waren Frauen älter und hatten einen höheren CHADS2-Score (1,99 vs. 1,13). 30 Tage nach der Entlassung bekamen 58,2 % der Männer und 60,6 % der Frauen eine orale Antikoagulation mit Warfarin. Die Adhärenz der Behandlung mit Warfarin war in beiden Behandlungsgruppen gut. Das Risiko eines Schlaganfalls betrug bei Frauen 2,02 pro 100 Patientenjahre, bei Män- nern 1,61 pro 100 Patientenjahre (Abbildung 1). Dieser Unterschied war statistisch signifikant. In einer multi- variablen Regressionsanalyse hatten Frauen ein um 14% höheres Schlaganfallrisiko als Männer, auch wenn für andere Risikofaktoren und vaskuläre Erkrankungen korrigiert wurde. Schlussfolgerung: Ältere Frauen mit Vorhofflimmern haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Männer. Journal Screen Avgil Tsadok M, Jackevicius CA, Rahme E et al. Sex differences in stroke risk among older patients with re- cently diagnosed atrial fibrillation. JAMA 2012; 307: 1952 – 8 Vorhofflimmern Ältere Frauen haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Männer Fragestellung: Gibt es bei älteren Menschen mit Vor- hofflimmern Geschlechtsunterschiede bezüglich des Schlaganfallrisikos? Hintergrund: Etwa 1% der Bevölkerung leidet unter Vorhofflimmern. Die Häufigkeit des Vorhofflimmerns nimmt mit dem Alter dramatisch zu. Patienten mit Vorhofflimmern haben ein fünffach erhöhtes Schlagan- fallrisiko. Bisher durchgeführte epidemiologische Stu- dien zeigten entweder ein höheres Risiko für Frauen oder ein identisches Geschlechtsverhältnis, daher war es notwendig, weitere epidemiologische Daten für diese Fragestellung zu gewinnen. Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine populationsbezogene Kohortenstudie von Patienten im Alter von 65 Jahren und älter, die zwischen 1998 und 2007 wegen Vorhofflimmern ins Krankenhaus einge- wiesen wurden. Die Erhebung stützt sich auf die Daten- banken der Krankenhäuser, der nachbehandelnden Ärzte und der in der Folgezeit ausgestellten Rezepte. Der primäre Endpunkt war das Schlaganfallrisiko. Kommentar: Diese epidemiologische Studie belegt, was frühere Studien ebenfalls gezeigt hatten, dass nämlich ältere Frauen ein höheres Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern haben als Männer. Daher ist es gerechtfertigt, weibliches Geschlecht in den Risiko- Score CHA2DS2-VASc2 aufzunehmen. Dies mag zum Teil daran liegen, dass Frauen im Alter über 75 Jahren signifikant seltener mit Vitamin-K-Antagonisten be- handelt werden als Männer. Wenn sie mit Warfarin behandelt werden, ist die Adhärenz an die Behand- lung deutlich besser als bei Männern. Mögliche Erklä- rungen für die Unterschiede könnten daran liegen, dass Frauen häufiger allein leben und dies dann ge- gebenenfalls die regelmäßige Kontrolle der INR-Werte erschwert. Hans-Christoph Diener, Essen <75 Jahre ≥75 Jahre <75 Jahre ≥75 Jahre Männer Frauen Kein Warfarin Warfarin-Verordnung Schlaganfallrisiko 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 Schlaganfallinzidenz pro 100 Patientenjahre InFo Neurologie und Psychiatrie wertet laufend unter anderem folgende Zeitschriften aus: Acta Psychiat Scand • Am J Psychiatry • Ann Neurol • Arch Gen Psych • Arch Neurol • Arzneimitteltherapie • Behav Res Ther • Biol. Psychiatry • BMJ • Brain • Brit J Psychiatry • Cephalalgia • Cerebrovasc Dis • Compr Psychiat • Epilepsia • Eur Arch Psy Clin N • Europ Neurology • Eur Psychiatry • J Clin Psychiatry • J Nerv Ment Dis • J Neurol • J Neurol Neurosurg Psychiatry • J Personal Dis • J Psychiat Res • JAMA • Headache • Lancet • Lancet Neurol • Mol Psychiatry • N Engl J Med • Nat Med • Nature • Nervenarzt • Neurology • Neuropsychopharmacol • Pain • Pharmacopsychiatry • PPmP • Proc Natl Acad Sci USA • Psychiat Res • Psychol Med • Psychophar- macology • Science • Stroke • Zeitschrift für PPP Abbildung 1 Schlag- anfallrisiko bei Vor- hofflimmern. Ältere Frauen haben ein höheres Risiko. Nach JAMA 2012

Ältere Frauen haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Männer

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Page 1: Ältere Frauen haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Männer

Journal Screen

42 IN|FO|Neurologie & Psychiatrie 2012; Vol. 14, Nr. 7 – 8

Schlaganfallprävention

Ergebnisse: Die Kohorte bestand aus 39.398 Männern und 44.115 Frauen. Zum Zeitpunkt der Aufnahme in das Krankenhaus waren Frauen älter und hatten einen höheren CHADS2-Score (1,99 vs. 1,13). 30 Tage nach der Entlassung bekamen 58,2% der Männer und 60,6% der Frauen eine orale Antikoagulation mit Warfarin. Die Adhärenz der Behandlung mit Warfarin war in beiden Behandlungsgruppen gut. Das Risiko eines Schlaganfalls betrug bei Frauen 2,02 pro 100 Patientenjahre, bei Män-nern 1,61 pro 100 Patientenjahre (Abbildung 1). Dieser Unterschied war statistisch signifikant. In einer multi-variablen Regres sionsanalyse hatten Frauen ein um 14% höheres Schlaganfallrisiko als Männer, auch wenn für andere Risikofaktoren und vaskuläre Erkrankungen korrigiert wurde.

Schlussfolgerung: Ältere Frauen mit Vorhofflimmern haben ein höheres Schlaganfallrisiko als Männer.

Journal Screen

Avgil Tsadok M, Jackevicius CA,

Rahme E et al. Sex differences in stroke

risk among older patients with re­

cently diagnosed atrial fibrillation. JAMA 2012; 307:

1952–8

Vorhofflimmern

Ältere Frauen haben ein höheres Schlaganfallrisiko als MännerFragestellung: Gibt es bei älteren Menschen mit Vor-hofflimmern Geschlechtsunterschiede bezüglich des Schlaganfallrisikos?

Hintergrund: Etwa 1% der Bevölkerung leidet unter Vorhofflimmern. Die Häufigkeit des Vorhofflimmerns nimmt mit dem Alter dramatisch zu. Patienten mit Vorhofflimmern haben ein fünffach erhöhtes Schlagan-fallrisiko. Bisher durchgeführte epidemiologische Stu-dien zeigten entweder ein höheres Risiko für Frauen oder ein identisches Geschlechtsverhältnis, daher war es notwendig, weitere epidemiologische Daten für diese Fragestellung zu gewinnen.

Patienten und Methodik: Es handelt sich um eine populationsbezogene Kohortenstudie von Patienten im Alter von 65 Jahren und älter, die zwischen 1998 und 2007 wegen Vorhofflimmern ins Krankenhaus einge-wiesen wurden. Die Erhebung stützt sich auf die Daten-banken der Krankenhäuser, der nachbehandelnden Ärzte und der in der Folgezeit ausgestellten Rezepte. Der primäre Endpunkt war das Schlaganfallrisiko. Kommentar: Diese epidemiologische Studie belegt,

was frühere Studien ebenfalls gezeigt hatten, dass nämlich ältere Frauen ein höheres Schlaganfallrisiko bei Vorhofflimmern haben als Männer. Daher ist es gerechtfertigt, weibliches Geschlecht in den Risiko­Score CHA2DS2­VASc2 aufzunehmen. Dies mag zum Teil daran liegen, dass Frauen im Alter über 75 Jahren signifikant seltener mit Vitamin­K­Antagonisten be­handelt werden als Männer. Wenn sie mit Warfarin behandelt werden, ist die Adhärenz an die Behand­lung deutlich besser als bei Männern. Mögliche Erklä­rungen für die Unterschiede könnten daran liegen, dass Frauen häufiger allein leben und dies dann ge­gebenenfalls die regelmäßige Kontrolle der INR­Werte erschwert.

Hans-Christoph Diener, Essen<75 Jahre ≥75 Jahre <75 Jahre ≥75 Jahre

MännerFrauen

Kein Warfarin Warfarin-Verordnung

Schlaganfallrisiko3,5

3,0

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1,5

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InFo Neurologie und Psychiatrie wertet laufend unter anderem folgende Zeitschriften aus:

Acta Psychiat Scand • Am J Psychiatry • Ann Neurol • Arch Gen Psych • Arch Neurol • Arzneimittel therapie • Behav Res Ther • Biol. Psychiatry • BMJ • Brain • Brit J Psychiatry • Cephalalgia • Cerebrovasc Dis • Compr Psychiat • Epilepsia • Eur Arch Psy Clin N • Europ Neurology • Eur Psychiatry • J Clin Psychiatry • J Nerv Ment Dis • J Neurol • J Neurol Neurosurg Psychiatry • J Personal Dis • J Psychiat Res • JAMA • Headache • Lancet • Lancet Neurol • Mol Psychiatry • N Engl J Med • Nat Med • Nature • Nervenarzt • Neurology • Neuropsychopharmacol • Pain • Pharmacopsychiatry • PPmP • Proc Natl Acad Sci USA • Psychiat Res • Psychol Med • Psychophar-macology • Science • Stroke • Zeitschrift für PPP

Abbildung 1 Schlag-anfallrisiko bei Vor-hofflimmern. Ältere

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