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5/21/2018 AfrikanischeMusikII-slidepdf.com http://slidepdf.com/reader/full/afrikanische-musik-ii 1/5 Afrikanische Musik II file:///Users/... ts/Studium/VO Musik der Welt im U berblick II/12 - Afrikanische Musik/Afrikanische Musik II.html[24.06.10 17:43:17] Schenkelxylophon (Madagaskar) AFRIKANISCHE MUSIK II: BEISPIELE Xylophone Der Ursprung des Xylophons ist ungeklärt. Die frühesten Belege stammen aus dem 8. Jh. aus Indonesien; in Europa ist das Instrument zuerst in Sebastian Virdungs Musica Getutscht  (1511) erwähnt. Die größte Vielfalt und weiteste Verbreitung findet das Xylophon aber in Afrika, von wo aus es mit Sklaven nach Amerika kam. Einer verbreiteten Lehrmeinung zufolge soll es sich jedoch um kein genuin afrikanisches Instrument handeln, sondern von indonesischen Seefahrern nach Afrika gebracht worden sein. Es gilt heute als gesichert, dass großräumige Migrationsbewegungen, die von Indonesien ausgingen, auch Afrika erfassten. Da dies in eine Zeit fällt, aus der wir keine Schrift-, Bild- oder archäologischen Quellen haben (1. Jahrtausend n. Chr.), wird durch das Studium von Kulturparallelen versucht, die Geschichte zu erhellen. In diesem Zusammenhang wurde dem Xylophon große Aufmerksamkeit geschenkt und Vergleiche zwischen Instrumenten diesseits und jenseits des Indischen Ozeans angestellt. Besonders im Hinblick auf die Stimmung gibt es auffällige Parallelen und einige Xylophontypen ähneln sich in der Bauweise. Warum aber sollte die Erfindung des Xylophons - in seiner einfachsten Form eine klingende Holzplatte - nicht an verschiedenen Orten der Erde möglich gewesen sein? So wird heute das Xylophon als Produkt afrikanischer Kreativität und Innovation gesehen, ungeachtet der Tatsache, dass Anregungen, die von außen gekommen sein mögen, bei einigen Formen deutlich sichtbar sind. Das Xylophon findet sich fast überall auf dem afrikanischen Kontinent, von Westafrika - von hier stammt der älteste Beleg (Ibn Battuta 1352) - über Zentralafrika bis nach Südostafrika und Madagaskar. Lediglich in Südafrika und Äthiopien gibt es keine Xylophone. Die einfachste Form des Xylophons ist jene, bei der die Tasten über die Schenkel einer am Boden oder auf einem Stuhl sitzenden Person gelegt werden. Schenkelxylophone wurden vielfach als Vorformen entwickelterer Xylophone betrachtet, aber diese Deutung ist nicht für alle Fälle stichhaltig, besonders dort nicht, wo es "entwickeltere" Xylophone gar nicht gibt (z.B. in Madagaskar). Schenkelxylophone findet man in Südost- und Westafrika. Eine in weiten Teilen Ost-, Zentral und Westafrikas verbreitete Form ist das Holmxylophon. Hier werden zumeist Bananenstämme als Unterlage für die Tasten benützt. Meist wird das Instrument von zwei sich gegenüber sitzenden Personen gespielt, mitunter sind auch mehr Spieler beteiligt. Einer der Spieler ist in der Regel der Experte, der andere spielt einen einfacheren Part. Studien haben festgestellt, dass es hinsichtlich der Bauweise und der Struktur der Musik auffallende Ähnlichkeiten zwischen den ost- und den westafrikanischen Formen gibt. Dies könnte mit innerafrikanischen Migrationen oder mit Kontakten, die mit dem europäischen Seeverkehr zusammenhängen, erklärt werden. Eine Form, deren Verbreitung sich auf Südostafrika beschränkt, ist das Trogxylophon. Für das Studium der Beziehungen zu Indonesien ist es von besonderem Interesse, da hier die Übereinstimmungen verschiedener Konstruktionsmerkmale am deutlichsten sind. Der am weitesten verbreitete Typus ist das Xylophon mit individuellen Resonatoren, meist aus Kalebassen, unter

Afrikanische Musik II

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    file:///Users/...ts/Studium/VO Musik der Welt im Uberblick II/12 - Afrikanische Musik/Afrikanische Musik II.html[24.06.10 17:43:17]

    Schenkelxylophon (Madagaskar)

    AFRIKANISCHE MUSIK II: BEISPIELE

    Xylophone Der Ursprung des Xylophons ist ungeklrt. Die frhesten Belege stammen aus dem 8. Jh. ausIndonesien; in Europa ist das Instrument zuerst in Sebastian Virdungs Musica Getutscht (1511)erwhnt. Die grte Vielfalt und weiteste Verbreitung findet das Xylophon aber in Afrika, von wo aus esmit Sklaven nach Amerika kam. Einer verbreiteten Lehrmeinung zufolge soll es sich jedoch um keingenuin afrikanisches Instrument handeln, sondern von indonesischen Seefahrern nach Afrika gebrachtworden sein.

    Es gilt heute als gesichert, dass grorumige Migrationsbewegungen, die von Indonesien ausgingen,auch Afrika erfassten. Da dies in eine Zeit fllt, aus der wir keine Schrift-, Bild- oder archologischenQuellen haben (1. Jahrtausend n. Chr.), wird durch das Studium von Kulturparallelen versucht, dieGeschichte zu erhellen. In diesem Zusammenhang wurde dem Xylophon groe Aufmerksamkeitgeschenkt und Vergleiche zwischen Instrumenten diesseits und jenseits des Indischen Ozeans angestellt.Besonders im Hinblick auf die Stimmung gibt es auffllige Parallelen und einige Xylophontypen hnelnsich in der Bauweise.

    Warum aber sollte die Erfindung des Xylophons - in seiner einfachsten Form eine klingende Holzplatte -nicht an verschiedenen Orten der Erde mglich gewesen sein? So wird heute das Xylophon als Produktafrikanischer Kreativitt und Innovation gesehen, ungeachtet der Tatsache, dass Anregungen, die vonauen gekommen sein mgen, bei einigen Formen deutlich sichtbar sind.

    Das Xylophon findet sich fast berall auf dem afrikanischen Kontinent, von Westafrika - von hier stammtder lteste Beleg (Ibn Battuta 1352) - ber Zentralafrika bis nach Sdostafrika und Madagaskar.Lediglich in Sdafrika und thiopien gibt es keine Xylophone.

    Die einfachste Form des Xylophons ist jene, bei der dieTasten ber die Schenkel einer am Boden oder auf einemStuhl sitzenden Person gelegt werden. Schenkelxylophonewurden vielfach als Vorformen entwickelterer Xylophonebetrachtet, aber diese Deutung ist nicht fr alle Fllestichhaltig, besonders dort nicht, wo es "entwickeltere"Xylophone gar nicht gibt (z.B. in Madagaskar).Schenkelxylophone findet man in Sdost- und Westafrika.

    Eine in weiten Teilen Ost-, Zentral und Westafrikasverbreitete Form ist das Holmxylophon. Hier werdenzumeist Bananenstmme als Unterlage fr die Tastenbentzt. Meist wird das Instrument von zwei sichgegenber sitzenden Personen gespielt, mitunter sind auchmehr Spieler beteiligt. Einer der Spieler ist in der Regelder Experte, der andere spielt einen einfacheren Part.Studien haben festgestellt, dass es hinsichtlich derBauweise und der Struktur der Musik auffallendehnlichkeiten zwischen den ost- und den westafrikanischenFormen gibt. Dies knnte mit innerafrikanischenMigrationen oder mit Kontakten, die mit dem europischenSeeverkehr zusammenhngen, erklrt werden.

    Eine Form, deren Verbreitung sich auf Sdostafrikabeschrnkt, ist das Trogxylophon. Fr das Studium derBeziehungen zu Indonesien ist es von besonderemInteresse, da hier die bereinstimmungen verschiedenerKonstruktionsmerkmale am deutlichsten sind.

    Der am weitesten verbreitete Typus ist das Xylophon mitindividuellen Resonatoren, meist aus Kalebassen, unter

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    file:///Users/...ts/Studium/VO Musik der Welt im Uberblick II/12 - Afrikanische Musik/Afrikanische Musik II.html[24.06.10 17:43:17]

    Trogxylophon (Mosambik)

    jeder Taste. Vom Rahmenxylophon Westafrikas (balafongenannt) ber die groen Tragbgelxylophone im Kongobis zu den aus Instrumenten mit Standbeinen bestehendenXylophonorchestern Mosambiks findet man vieleunterschiedliche Formen. Charakteristisch fr alle ist derleicht surrende Klang, der auf eine ffnung in derKalebasse, die mit Kokons einer Spinne oder einemdnnen Papier verklebt wird (Mirliton), zurckgeht. Fernerverwenden die Spieler Schlegel, deren Spitzen mit Gummioder einem hnlichen Material berzogen sind. Deshalbklingen diese Xylophone weicher und melodischer als diestrker perkussiven Instrumente ohne Kalebassen.

    ber die Stimmungen der afrikanischen Xylophone gibt esviel Literatur. Mit Messdaten versuchten die Forscher, ihreHypothese zu untermauern. Im Zusammenhang mit derAfrika-Indonesien-Debatte sind die quidistanten Skalen zunennen, das sind fnf- oder siebenstufige Skalen mit lauter gleichen Intervallen. hnliche Skalen findetman in Sdostasien. Dass beim Stimmvorgang die Oktave tatschlich bewusst in fnf oder siebengleiche Teile geteilt wird, konnte allerdings nirgendwo festgestellt werden. Auch weichen die bei denInstrumenten gemessenen Intervalle von den rechnerisch ermittelten Gren oft mehr oder weniger ab.

    Nach einer anderen Hypothese spiegeln viele Xylophonstimmungen das Obertonspektrum einesharmonischen Klanges wider. Eine Auswahl der Tne, die in der Partialtonreihe enthalten sind, ergbedemnach in so manchem Falle die Xylophonstimmung. Wie bei der vorgenannten Hypothese ist auchhier festzustellen, dass die Messdaten die Hypothese nicht immer untersttzen. Die Stimmungen sindmeist von Instrument zu Instrument leicht unterschiedlich. Die Befragung der Musiker nach Konzepten,auf denen die Stimmung basiert, erweist sich als schwierig, da die Musiker die theoretischen Prinzipiennicht in ausreichendem Mae zu artikulieren imstande sind, oder die Forscher nicht ber ausreichendSprachkenntnisse verfgen.

    Videobeispiel: Das Xylophonensemble von Kambazithe Makolekole, Sd-Malawi, ethn. Gruppe: Sena. DieBand war bereits zweimal in Berlin und einmal in Sdafrika. Das Xylophon wird hier valimba genannt. Esbesteht aus einem Rahmen, ber den ein Bndel aus Stroh und Gummi gelegt wird. Darauf sind die 23Xylophontasten platziert. Darunter befinden sich die auf die jeweilige Taste abgestimmten Kalebassen.Das Instrument ist heptatonisch (siebenstufig) gestimmt. Quelle: Aufn. A. Schmidhofer.

    Maskenwesen

    Unter dem Begriff "Maske" versteht man sowohl die Gesichtsmaske als auch das Maskenkostm, javielfach werden selbst Formen der Krperbemalung hier dazugezhlt. Es gibt naturalistische und starkstilisierte Masken, die Ahnen (meist historischer Persnlichkeiten), Tiere, mythologische Wesen,Ungeheurer u.a. darstellen knnen. Tiermasken stellen in Malawi Macht, Strke, Autoritt (z.B. derLwe) und Respekt dar, Menschenmasken reprsentieren Ahnen oder aber Gestalten, die "aus demLeben gegriffen" sind: die streitschtige Ehefrau, der impotente Mann, der egoistische Chief. Beilediglich nachts auftretenden Masken kommt es nicht so sehr auf Details in der Ausfhrung der Maskenund der Choreographie an. Hier spielen die Laute, die sie von sich geben, eine groe Rolle; oft sind esunheimliche Laute. Bei Tagmasken hingegen unterliegen alle Bewegungen einer ausgeklgeltenChoreographie.

    Jede Maske trgt ihr eigenes, fr sie typisches Verhalten zu Schau. Dies erstreckt sich von Einzelheitender Pantomime, ber einen charakteristischen Tanzstil bis zur verstellten Stimme. Es gibt mnnlicheMasken, weibliche Masken (jedoch von Mnnern getragen), Masken die am Tage auftreten, andere die

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    Chadzunda-Maske im Nationalmuseumin Blantyre, Malawi

    lediglich nachts erscheinen, Masken, die Jahrhunderte lang aufbewahrt werden, andere wiederum diesofort nach ihrer ersten Verwendung verbrannt werden.

    Masken spielen in Afrika eine groe Rolle bei Initiations- und Fruchtbarkeitsriten. Das Maskenwesensteht vielfach im Dienste einer Erziehung der Jugend im Sinne der Tradition. Die Ahnen stellen die altenWerte dar. Maskenvorfhrungen knnen aber auch der bloen Unterhaltung dienen. Die Darsteller derMasken sind oft Mitglieder von Geheimbnden. In Afrika handelt es sich durchwegs um Mnner, die dasGeheimnis hten und Masken von Nicht-Initiierten, insbesondere von Frauen fernhalten.

    Die Maskenkultur stt bei der Jugend - besonders im stdtischen Milieu - heute vielfach auf geringesInteresse. In einigen Lndern Afrikas wird es von der Kulturpolitik gefrdert, was aber mancherorts inFolklorismus abdriftet. Ursprnglich sind die Masken mit vielen Tabus umgeben. Heute aber sindzahlreiche Maskenbnde bereit, die Masken gegen Bezahlung auftreten zu lassen. Der Tourismus machtdavon Gebrauch.

    Das Verbreitungsgebiet der Masken reicht in Afrika vonWestafrika ber Zentralafrika bis nach Sdostafrika. InSpekulationen ber prhistorische Kontakte mitSdostasien ist auch das Maskenwesen eingeschlossen.

    Beispiel aus Malawi: Chadzunda. Chadzunda ist dasOberhaupt der spirituellen Welt. Er reprsentiert Weisheit,Gesetz und Ordnung. Dies hlt die Gemeinschaftzusammen. Er wacht ber die Gesetze, die von Gottchanta erlassen wurden. Chadzunda ist die lteste undprominenteste Maske des gule wamkulu, desMaskenwesens des Chewa-Volkes in Malawi, Sambia undMosambik. Zur Holzmaske kommt noch die Kleidung ausJute-Scken, Sisal und anderen Materialien. Nach oralenTraditionen geht die Maske bis in die Zeit der Banda-Migration (900-1300 n.Chr.) zurck. Chadzunda wird alsVater des gule wamkulu gesehen, maria, die Frau vonchadzunda, als Mutter. Die beiden stellen ein ideales Paardar. Chadzunda wird als alter Mann dargestellt, mit Falten,weiem Haar und Bast und fehlenden Zhnen. Er kommtmit einem Stab in der Hand auf den Tanzplatz, humpelndwie ein alter Mann. Im Tanz zeigt er jedoch Energie, dieihn als Fhrerperson auszeichnet. In dieser Energie wirdauch Fruchtbarkeit symbolisiert. Chadzunda ist das Beispieleines Vaters mit vielen Kindern, der hart arbeitet und dieDorfgemeinschaft leitet. Er ist der Garant fr die Einheitvon Ahnen und Lebenden.

    Videobeispiel: Gbagba-Maskentanz. Ethnie: Baule, imSdosten der Cte d'Ivoire. Aufnahme von Hans Himmelheber aus dem Dorf Asuakro, 1963. Gbagba ist die Bezeichnung fr einen weien Vogel, der sich auf den Rcken der weidenden Rinder stelltund Insekten frisst. Die gbagba-Tnze umfassen mehrere unterschiedliche Masken, die nacheinanderauftreten. Solche Auftritte finden vorwiegend bei den Totenerinnerungs-Zeremonien statt, welche einigeMonate nach dem Begrbnis stattfinden. Trommler und Tnzer mssen in Blickkontakt sein, da dieTrommler den Tnzern folgen. Die Tanzbewegungen sind bis in die Details einstudiert und festgelegt.Die Hter der Masken wachen genau ber die Ausfhrung der Tnze. Die Masken werden als sakraleObjekte betrachtet werden; der Medizinmann entscheidet, wann sie auftreten drfen. Neben den im Film sichtbaren Masken gibt es noch verschiedene Tiermasken (Antilopen, Hyne,Leopard, Bffel). Die Tradition des gbagba-Maskentanzes ist typisch fr die Baule. Sie soll in dievorislamische und vorchristliche Zeit zurckreichen.Zu Beginn tanzen mehrere junge Mnner zum Klang von 3 Trommeln, Gesang und Hndeklatschen derUmstehenden.Nach diesem Einleitungstanz kommt der Auftritt der Schafsmaske, begleitet von einer Person, die einenmauretanischen Schafhirten darstellt. Mauretanier treiben groe Schafherden zum Verkauf bis an dieGuinea-Kste. Auch die Teekanne, die der Schafhirte trgt, verweist auf Mauretanien.Die rote Maske stellt eine Diula-Frau dar. Die Diula sind ein Hndlervolk in Mali und gehren zu denMande-Vlkern. Diula-Hndler kommen hufig in die Region der Baule. Rot ist sie, weil die Baule dieGesichtsfarbe der Mandingo (oder Mande) als rot-braun betrachten. Diula-Frauen gelten unter den Bauleals attraktive exotische Schnheiten, die, obwohl sie Muslime sind, relativ freizgig sind. Fr die Baulegilt aber, dass man sich hten soll, dem Charme einer Diula-Frau zu erliegen. Denn im Leben mit so

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    Siwa-Querhorn aus Lamu (Kenia)

    einer Frau folgten dann unweigerlich die Probleme.Die schwarze Maske stellt eine Baule-Frau dar. Sie tanzt im schnellen Rhythmus, wie dies fr die Baule-Tnze typisch ist und bildet damit einen starken Kontrast zu den grazisen Bewegungen der Diula-Frau.Die weie Maske stellt eine Europerin dar, nmlich die Frau des franzsischen Farmbesitzers, derimmer wieder in das Dorf kommt und sich als grozgig erweist. Auf ihrer Maske sitzt oben einehlzerne Figur, die eine Baule-Frau mit Kind darstellt. Dies symbolisiert die freundschaftlicheVerbundenheit der Dorfbevlkerung mit diesem weien Paar, das in ihrer Nhe lebt.Schlielich erscheint die Ameisen-Maske. Die Ameise ist klein, aber mit mystischen Krften versehen.Sie berlebt alles.Quelle: JVC Anthology of World Music and Dance, vol.19, 3. Aufnahme.

    Sakrales Knigtum

    Der Ursprung des Knigtums in Afrika wurde vielfach im Alten gypten gesehen. Heute geht man jedochdavon aus, dass es mehrere Diffusionszentren gegeben hat oder dass innerafrikanische Entwicklungeneine Rolle gespielt haben. Der Hintergrund des Aufkommens von Knigreichen war die Notwendigkeit derOrganisation, etwa durch die Entstehung der Arbeitsteilung und Entstehung spezialisierter Ttigkeitenund Berufe. Organisation, Absprache von Preisen usw. erforderte auch der Handel, und die frhenKnigreiche Schwarzafrikas waren, soweit wir darber Kenntnis haben, in der Tat stark mit dem Handelverbunden. Die Nutznieer des Handels waren der Knig und seine Entourage, was der Festigung ihrerMacht keineswegs abtrglich war.

    Dem Knig zur Seite stand in Westafrika der Griot. Er pries den Herrscher und seine Familie und sangLobeshymnen auf seine Taten und seine Vorfahren. Er konnte auch die Aufgabe haben, als Sprecher desHerrschers zu fungieren. Im Allgemeinen waren die Griots die Bewahrer der Tradition, also die Garantendafr, dass alles so blieb wie es war. Ihre Lieder prangerten abweichendes Verhalten an und zeigten denWeg - wie er sich aus der Perspektive des Herrschergeschlechts als bester Weg darstellte.

    Oft war der Knig nicht nur ein politischer, sondern auch ein religiser Fhrer und galt als Vertreter derberirdischen Welt, der Ahnen, oder gar als Gott selbst (sakrales Knigtum). In rituellen Handlungenspielte die Musik eine zentrale Rolle und unter den mit Tabus belegten heiligen Objekten fanden sichMusikinstrumente. Verschiedene Musikinstrumente hatten den Rang von Knigsinsignien. Zu ihnenzhlten - je nach Region - die Trommel, die Glocke und das Horn. Sie zu besitzen bedeutete dieHerrschaft zu besitzen, sie zu verlieren bedeutete die Herrschaft zu verlieren.

    Musikinstrumente als Insignieninstrumente zeichneten sichhufig durch besondere Gre und Pracht und durch hohesAlter aus. Die groen Querhrner (siwa) der Frstentmeran der ostafrikanischen Kste etwa waren aus Elfenbeinoder Bronze gefertigt. Diese Hrner wurden von Sklavendes Knigs bei allen wichtigen Ereignissen, bei denen derKnig auftrat, gespielt. Wenn zwischen zwei KnigreichenKrieg ausbrach, trachteten die Sieger danach, denBesiegten die Herrschaftsinsignien abzunehmen. Erstdadurch war der Sieg komplett. Das letzte siwa der StadtKilwa im sdlichen Tanzania soll angeblich ins Meergeworfen worden sein um das Sultanat fr immer zubeenden.

    Die Gesellschaftsordnung war seit dem beginnenden 19.Jh. berall in Afrika sehr weitgehenden Vernderungenunterworfen. Whrend in der Kolonialzeit lokale Herrscherin den franzsischen Kolonien noch hufig mitVerwaltungsaufgaben betraut worden waren, gelangten mitder Erlangung der Unabhngigkeit Personen zumeistniederer Abstammung zu hchsten Wrden und adelshnlichen Vorrechten. Neue Kriterien bestimmtenzunehmend die soziale Differenzierung der Bevlkerung. Der erfolgreiche Absolvent einer Missionsschuleaus der untersten Gesellschaftsschicht konnte es zu Wohlstand bringen. Der Adel verarmte zunehmend.Trotzdem konnte das Berufs- und Besitzprestige das an die Feudalitt gebundene Abstammungsprestigenie wirklich bertreffen.

    Und so gibt es die Knige vielerorts nach wie vor. Ohne politische Befugnisse, aber von der Bevlkerunggeachtet, sind sie zumeist moralische und religise Autoritten und bedeutende Identittstrger in einer

  • Afrikanische Musik II

    file:///Users/...ts/Studium/VO Musik der Welt im Uberblick II/12 - Afrikanische Musik/Afrikanische Musik II.html[24.06.10 17:43:17]

    profanen und von westlichen Idealen bestimmten Gegenwart. Aber auch ihre Vorfahren, die legendrenKnige - Reprsentanten einer ruhmreichen Vergangenheit - sind nach wie vor prsent. InBesessenheitszeremonien teilen sie sich ber Medien mit und vermitteln einer Gesellschaft, die denrapiden Wandel als Schritt in eine ungewisse Zukunft erlebt, das Bild einer von Stabilitt und Kontinuittgeprgten Zeit der Ahnen.

    Videobeispiel: Ausschnitt aus einer tromba-Besessenheitszeremonie, Sd-Madagaskar. Das Medium stellteinen berhmten Knig des Sakalava-Volkes aus vergangenen Zeiten dar. Musik - in diesem FalleKastenzither, Rassel und Hndeklatschen - spielt in der Tranceinduktion eine wichtige Rolle. Quelle: Aufn. A. Schmidhofer.

    Quellen

    Kubik, Gerhard: Ostafrika. Leipzig 1982. [(Musikgeschichte in Bildern I/10) [C 7516/1/10] JVC Anthology of World Music and Dance, vol. 19. [VHSV 131]

    Lokale FestplatteAfrikanische Musik II