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V o l a n d & Q u i s t SI S NGLES MIT AUDIO-CD D AHNE TEXTE UND STRICHZEICHNUNGEN Was war eigentlich morgen

Ahne - Was war eigentlich morgen

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Wer Interesse an einer kleinen Leseprobe von Ahnes "Was war eigentlich morgen" hat, der kann sich hier damit versorgen...

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Page 1: Ahne - Was war eigentlich morgen

Ahne, 1968 in Berlin-Buch geboren, ist gelern-ter Offset-Drucker. Die Wende war ein Glücksfall: Er wurde arbeitslos und Hausbe-setzer. Seine Geschichten liest er seit etlichen Jahren bei der »Reformbühne Heim & Welt« sowie den »Surfpoeten« vor, Letztere hat er mitgegründet. 2001 erschien seine erste Geschichten samm lung »Wie ich einmal die Welt rettete« (KiWi), 2003 seine zweite »Ich fang noch mal von vorne an« (KiWi), 2007 veröffentlichte er seine »Zwiegespräche mit Gott« als Buch mit CD bei Voland & Quist. Er ist einer der bekanntesten Lesebühnen-autoren der Welt.

EUR 13,90 ( D) ISBN 978-3-938424-25-4

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Voland & Quist

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Dieses Buch vereint Texte und Strichzeichnungen aus der ersten Hälfte des dritten Jahrtausends nach christlicher Zeitrechnung. Der Autor, Ahne, hat diese Texte und Zeichnungen ausgewählt, weil er meint, dass jeder Mensch auf diesem Planeten, andere Planeten kennt der Autor nicht, Liebe braucht und Verständnis und eine Wand zum Anlehnen. Gerade in einer Zeit, in der Terror, Überwachungsstaat und bunte Fernsehillustriertensender den Takt vorgeben, benötigen wir einfach auch mal ein gutes Gespräch in einer Kneipe an der Ecke unserer Wahl. So eine Ecke könnte die-ses Buch sein, wenn man zum Beispiel ein Glas Bier daneben stellt oder einen Krug Kamillensaft oder auch bloß ein Schälchen Erd-nüsschen.

Falls man übrigens auf die Idee kommen sollte, das Buch rückwärts zu lesen, so darf man sich nichts vormachen, es steckt keine satanische Botschaft drin. Echt nich!

MIT AUDIO-CDD

Voland

& Quist

Foto: Oz Ordu

BegrüßungKernthesenDie Revolution muss warten*Die Stützpfeiler unserer Gesellschaft sie leben hoch*Bescheidenheit ist eine Zierd’*Am Weltpoesietag*Der MannBriefverkehrDie Tiere unserer Heimat – heute: Kellerassel*Ein Uhr auf der Kastanienallee*Das deutsche VolkOffener Brief an geschlossene Weltbilder*Wann ist es Not*Behutsame Gier*Rote Bete*Es lebe das HandwerkSchutzengel*Wie ich mal dachte, dass sich die Sisters of Mercy sicher im Grabe umdrehen würden …Zwiegespräche mit Gott – heute: Die Flamme der Revolution*Abschied

* nur auf CD

Gesamtspielzeit: 73 min

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Auf CD:

– Die Revolution muss warten– Ein Uhr auf der Kastanienallee– Briefverkehr – Es lebe das Handwerk– Zwiegespräche mit Gott – heute: Die Flamme der Revolution

www.ahne-international.de www.voland-quist.de

AHNE

TEXTE UND STRICHZEICHNUNGEN

Was wareigentlichmorgen

Zum Hören:

u.v. a.

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Die Zeit der Hitparaden ist vorbei

Heute Nacht von Atomen geträumt. Atome, die aussahen, als wür-den sie sich unter dem Mikroskop befinden. Atome, die ich nachdem Betrachten gewissenhaft mit Schlagsahne einsprühte, in demTraum, aus welchem Grund auch immer.

Ich bin in letzter Zeit äußerst streng zu meinen Kindern. Siemüssen sich ständig die Haare kämmen, dürfen keine laute Rock mu -sik hören und auf gar keinen Fall kommen sie vor dem Essen um einGebet drum herum. Ertönt auch nur ein Widerwort, werde ich wü-tend, als sei ich ein Stier in einem dieser amerikanischen Stierfilmeund dann poltere ich herum, wie man das sonst lediglich von wüten-den Stieren in amerikanischen Stierfilmen gewohnt ist.

Ich möchte deshalb dieses Podium hier ganz offiziell dazu nutzen,mich bei ihnen in aller Form zu entschuldigen. So. Jetzt hab ich wie derein reines Gewissen. Jetzt ist alles wieder gut. Kann ich getrost die Hit -parade meiner zehn unbeliebtesten Dinge verkünden, als da wären:

Platz 10: AnanasPlatz 9: Beck’s-BierPlatz 8: beständige WetterlagenPlatz 7: das Beste aus den 70ern, 80ern und 90ernPlatz 6: dieser Köpenicker Fußballverein, dessen Name mir im

Moment nicht einfälltPlatz 5: SülzePlatz 4: Arbeit, die man sich nicht ausgesucht hatPlatz 3: AutosPlatz 2: wichtige, selbstbewusst auftretende und zu allem Über-

fluss auch noch gut aussehende PersönlichkeitenPlatz 1: Nazis

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Und nun noch die 100 schönsten Dinge, die sich bei mir in derWoh nung angesammelt haben. Platz 100: …, nein, keine Angst. Beimir zu Hause gibt es keine schönen Dinge. Zu Hause bei mir ist al-les hässlich. Das habe ich deswegen so gemacht, damit keiner langebleibt. Das ist auch der Grund, warum ich nie das Fenster aufmache,keinen Müll rausbringe und nie spüle, auf Klo. Ich bin gerne alleinzu Haus. Ich muss die Wohnung schon oft genug mit drei nerven-den Kindern, einer selbstbewussten Frau und zwei ewig hungrigenMeerschweinchen teilen, mal von den ganzen Insekten abgesehen,und wer weiß, was sonst noch so alles lebt, bei uns. Verschwindetauch ständig was. Der Hammer. Der Zirkel. Der Ährenkranz. Dashing doch alles mal an der Tür? Wie kommt das plötzlich in denKühlschrank? Kann es sein, dass die DDR gar nicht untergegangenist? Dass sie sich lediglich versteckt hält? Bei mir? Im Kühlschrank?Aber wo ist dann der Rübensirup? War gar nicht alles schlecht imOsten. Hat nur nicht geschmeckt. Bäh, Rübensirup!

Ich glaub, ich hab einige schlimme Sachen vergessen in meinerHitparade. Da fallen mir neben Rübensirup noch spontan

Crossover-MusikWerbungRassekatzenSpaßmacher, die sich über hässliche Menschen lustig machenApologeten, die das Ende der Spaßgesellschaft verkündenYogaBitterschokoladeHeilsbringer

und Darmspiegelungen ein. Die hab ich jetzt aber nicht nach Plat -zie rung geordnet. Weil, dis is ja auch schwer, dis zu vergleichen.Jetzt zum Beispiel Rassekatzen mit Darmspiegelungen. Beides si-cherlich schlimm. Wobei man Ersteres immerhin noch kurze Zeit,nachdem man es getötet hat, als Kopfkissen verwenden kann, wäh-

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rend Letzteres wahrscheinlich eminent wichtig ist, wenn man zu-mindest herausbekommen will, was einen da von innen her drückt.Ob es ein Geschwür ist oder lediglich eine Rassekatze, die sich dei-nen Hinterausgang als Schlupfloch, als Versteck, erkoren hat, um je-nen Häschern zu entkommen, die sie womöglich zu einem vorüber-gehenden Kopfkissen verarbeiten wollten. Ich brauch ja gar nicht soviele Kopfkissen. Mir reicht eines im Bett, was nicht dick sein darf,und dann sagen wir noch zwei auf der Couch. Ein großes, weichesfür den Rücken und ein kleineres, etwas festeres für den Schädel.Damit dis nich so hart is. An der Wand. Wenn man da mit dem Kopfnämlich immer an die Wand haut und da is kein Kissen zwischen derWand und dem Kopf, dann tut das irgendwann weh, unangenehm,und dann wundern sich die Nachbarn nachher noch, wenn da plötz-lich ein Mann schreit, holen womöglich sogar die Polizei, die vermu-tet islamistische Selbstmordattentäter (fragt nich warum, dis weiß ichdoch nich), die Bullen ihrerseits befragen ihren Spiegel, bekommenvon dem grünes Licht und schon wird der Schnellen Eingreiftruppeder Bundeswehr Befehl erteilt, meine Wohnung mit Kampfjets ab-zuschießen. Gab es alles schon. Ich wäre nicht der Erste. Muss manin Kauf nehmen, im Kampf gegen den Terror.

Warum eigentlich noch niemand auf die Idee gekommen ist,beim Einchecken am Flughafen den vermeintlichen Passagieren insPopoloch zu gucken? Immerhin könnte da ja auch eine Bombe drinsein. Eine Arschbombe. Oder eine für den Nahkampf dressierteRasse katze. Müsste man ja bloß stichprobenartig machen. Der mut-maßliche Terrorist darf sich lediglich nicht in Sicherheit wiegen.

Ich wäre ja gerne noch mal ein Baby. Würde gerne noch mal inSicherheit gewiegt werden. Baby, au fein ja. Und dann aber, derScheiß, der danach kommt, den auslassen. Kindergarten bis Armee,dis alles auslassen. Komplett auslassen. Baby, und dann gleich direktweiter mit Arbeitsamt. Von der Wiege ab in die Soziale Hängematte,

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das wär’s doch. Langweilig, wird da mancher mosern, aber ich sage,man kann ja auch in seiner Freizeit was Interessantes tun. Man kannHitparaden schlimmer Dinge erstellen oder Terroristen jagen oderversuchen, den Terroristenjägern zu entkommen oder aber mal diewirklich wichtigen Sachen ansprechen. Wer jetzt aber auf die Hit -parade der wirklich wichtigen Sachen wartet, den muss ich leider ent -täuschen, die kommt jetzt nicht.

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Vielleicht waren ja auch andere Jahrzehnte ähnlich

stumpfsinnig wie dieses

Rentenreform, Steuerreform, Gesundheitsreform. Es ist Tag derPoesie, Welttag der Poesie und gleichzeitig Tag des Baumes undmein Sohn übt im Nebenzimmer auf der Gitarre Wonderwall vonOasis. Das übt er bereits seit mehreren Monaten. Ich glaube, einwenig hat er sich schon verbessert.

Der Kugelschreiber weint. Es tropft bei ihm, vorne aus der Mineraus. Dicke, schwarze Tränen. Hat bestimmt ein abgrundtief bösesHerz. Oder Seele, sagt man ja auch, dabei gibt es Seelen gar nicht,als Organ zumindest, wenigstens bei Kugelschreibern. Aber ich kannmich auch irren. Wenn ich schon nicht den Mut habe, mich vor ei-nen Panzer zu stellen, der gerade irgendwo hinrollt, um jemandenzu verkloppen, und diesem Panzer zu sagen: „Hör ma zu, wenn deden vakloppen willst, musste erst ma mich totfahren“, so kann ichdoch wenigstens irren mich.

Rentenreform, Steuerreform, Gesundheitsreform. Der Etat derBundeswehr soll aufgestockt werden. Weil in einigen Kasernen dieWaschbecken kaputt seien. Da bezahlt man für Jagdflugzeuge lockermal 500 Millionen Golddukaten pro Stück, hat aber keinen Hellerübrig für die Reparatur von Waschbecken. Ganz zu schweigen vonden langen Unterhosen der Soldaten. Die werden ja seit Genera -tionen schon weitergereicht. Damit haben ja bereits die Vorfahren,die Wikinger haben damit schon gekämpft, gegen die Normannenund davor ja auch schon die Jäger und Sammler, und davor erstmaldie Homo erectusse. Logisch, dass die mittlerweile ziemlich abge-wetzt sind, die Unterhosen, die langen. Damit kann man schon langekeinem Feind mehr imponieren und das gerade jetzt, wo doch im-

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mer mehr Armeen zunehmend auch Frauen für sich sterben lassen.Manche sterben ja aber auch nicht. Und wenn diese einen dann ge-fangen nehmen und nach Waffen und Drogen und /oder Kau gum -mis durchsuchen, dann lachen die nachher noch. Und es gibt nunwirklich nichts Schlimmeres für einen kampferprobten Soldaten alsausgelacht zu werden. Dann lieber sterben, in einem Atomkrieg. Dakann einen wenigstens keiner auslachen, eildiweil man sich da gar nichterst zu Gesicht bekommt. In einem Atomkrieg, da bekämpft man sichschließlich über Entfernungen von manchmal bis zu Zig tau sen denvon Kilometern hinweg. Diese Distanz hilft auch dem eher schlech-ter ausgerüsteten Soldaten, sein Gesicht zu wahren, theo re tisch zu-mindest, praktisch ist dis dann natürlich verbrannt, dis Gesicht, oderverquollen oder gar nicht mehr da. Ich kann mich aber auch irren.

Rentenreform, Steuerreform, Gesundheitsreform. An meinemFernseher wird schon seit ein paar Tagen keine Uhrzeit mehr ange-zeigt. Wenn man den sonst anstellte, dann erschien da unter demBild immer so ein Streifen, ein weißer Streifen, worauf Informa tio -nen standen, welches Programm zum Beispiel, welcher Film unddazu eben noch die Uhrzeit. Die ist jetzt nicht mehr da. Stattdessensind da zwei Striche. Zwei Striche, dann noch ein Doppelpunkt inder Mitte und wieder zwei Striche. Hab ich da eventuell was ver-passt? Gab es vielleicht auch eine Zeitreform? Ist die Zeit vielleichtsogar ganz abgeschafft worden? Oder die Zeitbindung? Könnte dochsein, dass die Zeit privatisiert worden ist, dass man die jetzt kaufenmuss, dass man da aber natürlich auch wählen kann, zwischen ver-schiedenen Zeitanbietern, dass man, zum Beispiel Zeit kauft, die nurlangsam, wo die Uhr eben nur so zögerlich tickt, dis is natürlichteuer, versteht sich von selbst, und bis hin zu Hartz-IV-Zeit eben,die wie im Fluge vergeht. Warum nicht? Wurde es nicht Zeit, lang-sam, für eine Zeitreform? Warum soll immer Väterchen Staat allesbezahlen? War nicht die bisherige Zeit ein Relikt noch aus dem Ur -

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kommunismus, aus der Zeit, wo alle Menschen über einen Kammgeschoren wurden? Wo blieb denn da die Individualität? JederMensch muss doch frei wählen dürfen! Das kann er nun endlich, mitder persönlich auf ihn zugeschnittenen Zeit. Die muss man sich na-türlich auch leisten können. Das ist klar. Das ist für den Einzelnenunter Umständen bitter, aber die Gesellschaft im Allgemeinen, dieprofitiert natürlich, für die ist das natürlich ein Fortschritt, wenndie wirklich wichtigen, die wertvollen Menschen die Möglichkeithaben, etwas länger zu leben. Und, keine Angst, eine Mindestzeit,da sind sich eigentlich alle einig, von der Gaststätteninnung bis hinzur Klas senlotterie, eine Mindestzeit, die muss es schon geben. Na -türlich darf es nicht passieren, dass da jemand durchs temporäre Netzrutscht und am Ende, oder besser gesagt am Anfang, ganz ohne Zeitdasteht. Das wäre ja auch nicht im Sinne der Sozialen Marktwirt -schaft, der Freien.

Rentenreform, Steuerreform, Gesundheitsreform. Neulich habich in der Zeitung gelesen, dass in der Nähe von Bingen im Waldzwei Kinder aufgefunden worden sind. Vier Jahre und sieben Jahrealt. Und, nein, sie wurden nicht von perversen Sexbestien miss-braucht und anschließend hinterrücks mit einem Gürtel an denBaum zerstochen, auch wenn sich so eine Meldung in der Zeitungsicher besser verkaufen ließe, nein, sie wurden lediglich da ausge-setzt, in den Wald hinein, von ihren Eltern, weil sie ihren Elternnämlich Ärger bereitet hatten. Denn sie hatten ihr Zimmer nichtaufgeräumt. Im Prinzip also wie bei Hänsel und Gretel damals, ge-nau so wie in diesem einen Märchen, was die Gebrüder Grimm zu-sammentrugen. Obwohl, weiß ich jetzt gar nicht, haben Hänsel undGretel in dem Märchen wirklich vergessen, ihr Zimmer aufzuräu-men? Besaßen die überhaupt ein eigenes Zimmer?

Mein Sohn räumt ja auch oft nicht auf. Gitarre übt er fleißig, dasschon, aber sein Zimmer, dis scheint ihm zu popelig zu sein, dis auf-

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zuräumen. Ich würde deswegen natürlich trotzdem nicht auf die Ideekommen, ihn da draußen im Wald auszusetzen, auch wenn heuteTag des Baumes ist und selbst wenn so eine ungeheuerliche Straftatwieder für ein wenig mehr Aufregung sorgen würde, in diesem Landder Rentenreform, der Steuerreform und der …, ach, die andere, diehab ich zum Glück schon vergessen.

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Zwiegespräche mit Gott – heute: Ein einziger Kampf

A: Na Gott.G: Na.A: Na. Findste nich ooch Gott, dit dit Leben schön is?G: Drogen jenommen?A: Keen bisschen. Ick find dit Leben nur schön. Einfach so. Ick kann

frühs uffstehn, da is ’ne Sonne. Wassa kommt aussen Hahn undder kräht soja, draußen uffen Land zumindest.

G: Biste bei ’ne Sekte jelandet?A: Muss man im Rausch oda doof sein, wemman findet, dit dit Le ben

schön is?G: Muss man nich.A: Aba?G: Ick kenn dich.A: Und dit bedeutet?G: Na, kann ja ooch sein, ditte valiebt bist.A: Seit fünf Jahre, ja, in meine Frau.G: Denn kanns nich sein.A: Kannit villeicht ooch ma sein, Gott, dit ei ’m dit einfach ma so be -

wusst würd? Dit man sich da ehmd in ’n Schaukelstuhl jesetzthat, und da hat man denn, beispielsweise, jeschaukelt und da issetei ’m denn plötzlich wie Schuppen vonne Oogen jefallen, dit dieWelt schön is?

G: Die Pole schmelzen ab.A: Ja. Aba ma abjesehn davon, dit die Pole abschmelzen …G: Sterben jeden Tach 373.484 Menschen an Hunger.A: Ja. Aba ma von ’n Hunga abjesehn.

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G: Krieg, Selbstmorde, das Artensterben, die Vamüllung der jesamtenJesellschaft.

A: Ja. Jut. Aba wenn de dit allet ma außen vorlässt.G: Denn bleiben imma noch Sexismus, Rassismus und das Pa tri ar chat.A: Jawoll, Gott, du bist ’ne Frau. Aba denn, denn is doch würkich

allet jut, oda?G: Denn is allet jut.A: Echt? Fehlt da nich noch wat?G: Nee. Denn is allet jut.A: Findste einklich ooch, Gott, dit die Frauen die besseren Men -

schen sind?G: Weil se so jut aussehn, oda wat?A: Jenau. Wejen die Titten, die Ärsche und weil die Muschis so

schön kompatibel sind, Quatsch, Gott! Ick mein dit natühlich sovon dem, wat ein Mensch in Würkichkeit ausmacht.

G: Muckis ham aba die Männa mehr.A: Kommt aba wahscheinlich ooch bloß vonne Aziehung, stümmts?G: Dit kommt nich vonne Aziehung, dit wah icke!A: Ja. Jut. Aba dit macht ja wohl nich unbedingt einen Menschen

aus. Kiek ma, hier, Stephen Hawking wa, der zun Beispiel, der hatja jetz, fast jakeene Muckis mehr.

G: Meine Wege sind unagründlich.A: Aba, ick will damit doch nur sagen, dit der trotzdem janz schön

wat uffen Kasten hat, der Hawking.G: Nüscht, wattick nich ooch könnte.A: Biste neidisch, Gott, uff eens von deine Schäfchen?G: Ick stelle lediglich Tatsachen fest, janz nüchtan.A: Na, denn isset ja ’n prima Zeitpunkt mir ma uff meine eigentli-

che Frage zu antworten, nämich, ob Frauen die besseren Men-schen sind.

G: Sind se.

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A: Aba du hast doch die Eva, die haste doch aus so ’ne Rippe vonden Adam jeknetet.

G: Quatsch.A: Aba dit steht so jeschrieben.G: Wo denn?A: In ’n Intanet. Wemman Bibel oda so wat einjibt und wenn man

dit denn wissen will, denn steht dit denn da.G: Absoluta Müll! Dit einzije wat daran richtich is, dit is, dittick die

Frau, die hieß übrijens janich Eva …A: Wie ’n sonst?G: Die hieß …, Mandy. Mandy Schmidt.A: Mandy Schmidt?!G: Wah ’n Witz. Jedenfalls is dit einzich Richtije, an die Theorie,

dittick die Frau späta jemacht hab. Die sollte wat janz Besonderetwerden. Deswejen haick den Typen ersma ’ne Weile so rum-loofen lassen, habick mir ihm so anjekiekt, wo ’t bei ihm so hapat,naja, und dit denn ehmd bei die Olle korrigiert.

A: Bei der Frau.G: Zusammjefasst …, ja.A: Und warum isse denn trotzdem unta die Fuchtel des Mannes

jeraten?G: Warum setzen sich Krebszellen jegen Jesunde durch?A: Ja. Dit würd ma ooch ma interessieren.G: Dis Leben is ein einzija Kampf, mein Freund. Gut gegen Böse,

Hässlich jegen Schön, Mittel jegen Mittel und dit allet kannstedir ooch noch in sämtliche anderen Variatjonen vorstelln.

A: Klingt spannend.G: Isset ooch, nich schön, aba spannend.A: Und Frauen sind würkich die besseren Menschen?G: Absolut.A: Weeßte wat, Gott? Ick find dit Leben trotzdem schön!

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G: Von mir aus.A: Tschüss Gott.G: Tschüss du und nächste Ma, wieda nüchtan, ja?A: Ick …G: Nüchtan, haick jesagt!

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Ahne, 1968 in Berlin-Buch geboren, ist gelern-ter Offset-Drucker. Die Wende war ein Glücksfall: Er wurde arbeitslos und Hausbe-setzer. Seine Geschichten liest er seit etlichen Jahren bei der »Reformbühne Heim & Welt« sowie den »Surfpoeten« vor, Letztere hat er mitgegründet. 2001 erschien seine erste Geschichten samm lung »Wie ich einmal die Welt rettete« (KiWi), 2003 seine zweite »Ich fang noch mal von vorne an« (KiWi), 2007 veröffentlichte er seine »Zwiegespräche mit Gott« als Buch mit CD bei Voland & Quist. Er ist einer der bekanntesten Lesebühnen-autoren der Welt.

EUR 13,90 ( D) ISBN 978-3-938424-25-4

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Falls man übrigens auf die Idee kommen sollte, das Buch rückwärts zu lesen, so darf man sich nichts vormachen, es steckt keine satanische Botschaft drin. Echt nich!

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BegrüßungKernthesenDie Revolution muss warten*Die Stützpfeiler unserer Gesellschaft sie leben hoch*Bescheidenheit ist eine Zierd’*Am Weltpoesietag*Der MannBriefverkehrDie Tiere unserer Heimat – heute: Kellerassel*Ein Uhr auf der Kastanienallee*Das deutsche VolkOffener Brief an geschlossene Weltbilder*Wann ist es Not*Behutsame Gier*Rote Bete*Es lebe das HandwerkSchutzengel*Wie ich mal dachte, dass sich die Sisters of Mercy sicher im Grabe umdrehen würden …Zwiegespräche mit Gott – heute: Die Flamme der Revolution*Abschied

* nur auf CD

Gesamtspielzeit: 73 min

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– Die Revolution muss warten– Ein Uhr auf der Kastanienallee– Briefverkehr – Es lebe das Handwerk– Zwiegespräche mit Gott – heute: Die Flamme der Revolution

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