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Erster Entwurf bitte nicht zitieren! 1 „Issue Ownership“ von Kommunalen Wählergemeinschaften in Deutschland Christian Rademacher (SFB 580: Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch; Teilprojekt A6: Kommunale Wählergemeinschaften als hybride politische Akteure am Institut für Politikwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg E-Mail: [email protected] Web: http://www.sfb580.uni-jena.de ) Abstract In der Bundesrepublik stellen KWGs keine neuen lokalpolitischen Akteure dar und in keinem anderen europäischen Land gibt es so viele davon. Ihrer flächendeckenden Präsenz und ihrer wachsenden Bedeutung zum Trotz ist der bisherige Forschungsstand jedoch dürftig. Flächen- deckende, vergleichende Studien wurden bisher nur im Teilprojekt A6 „Kommunale Wähler- gemeinschaften“ des SFB 580 „Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch“ durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass KWGs ein heterogenes Phänomen sind und sich vor allem in ihrer Programmatik unterscheiden (Reiser/Krappidel 2008: 76). Den theoreti- schen Hintergrund bildete bisher die Unterscheidung „alte vs. neue Politik“ (Hildeb- randt/Dalton 1977). Versuche einer entsprechenden theoriegeleiteten und empirisch gesicher- ten Unterscheidung von KWGs blieben allerdings erfolglos. Vor dem Hintergrund der Salienztheorie (Budge/Farlie 1983) wird hier versucht zu zeigen, dass verschiedene Typen von KWGs existieren, die nicht nur unterschiedliche Policy-Profile aufweisen, sondern mit diesen auch den Parteienwettbewerb auf Bundes- und Landesebene in die Ebene des partei- freien kommunalpolitischen Wettbewerbs hineinkopieren. Die zentrale Frage war dabei, ob KWGs typische „issue ownerships“ (Petrocik 1996) aufweisen. Die issue-Salienzen von vier identifizierten KWG-Typen zeigen, dass deren lokalpolitische Cleavages den bundespoliti- schen in der Ära großen Koalition (20052009) weitgehend entsprechen. Dieses Ergebnis leistet nicht nur einen Beitrag zum besseren Verständnis von KWGs, sondern zeigt, dass diese trotz aller sachpolitischen und ideologiekritischen Selbstwahrnehmung und -darstellung

„Issue Ownership“ von Kommunalen Wählergemeinschaften in ...€¦ · Erster Entwurf – bitte nicht zitieren! 2 nicht nur organisatorisch und sozialstrukturell (vgl. Göhlert

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

1

„Issue Ownership“ von Kommunalen Wählergemeinschaften

in Deutschland

Christian Rademacher

(SFB 580: Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch;

Teilprojekt A6: Kommunale Wählergemeinschaften als hybride politische Akteure

am Institut für Politikwissenschaft der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

E-Mail: [email protected]

Web: http://www.sfb580.uni-jena.de)

Abstract

In der Bundesrepublik stellen KWGs keine neuen lokalpolitischen Akteure dar und in keinem

anderen europäischen Land gibt es so viele davon. Ihrer flächendeckenden Präsenz und ihrer

wachsenden Bedeutung zum Trotz ist der bisherige Forschungsstand jedoch dürftig. Flächen-

deckende, vergleichende Studien wurden bisher nur im Teilprojekt A6 „Kommunale Wähler-

gemeinschaften“ des SFB 580 „Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch“

durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass KWGs ein heterogenes Phänomen sind und sich

vor allem in ihrer Programmatik unterscheiden (Reiser/Krappidel 2008: 76). Den theoreti-

schen Hintergrund bildete bisher die Unterscheidung „alte vs. neue Politik“ (Hildeb-

randt/Dalton 1977). Versuche einer entsprechenden theoriegeleiteten und empirisch gesicher-

ten Unterscheidung von KWGs blieben allerdings erfolglos. Vor dem Hintergrund der

Salienztheorie (Budge/Farlie 1983) wird hier versucht zu zeigen, dass verschiedene Typen

von KWGs existieren, die nicht nur unterschiedliche Policy-Profile aufweisen, sondern mit

diesen auch den Parteienwettbewerb auf Bundes- und Landesebene in die Ebene des partei-

freien kommunalpolitischen Wettbewerbs hineinkopieren. Die zentrale Frage war dabei, ob

KWGs typische „issue ownerships“ (Petrocik 1996) aufweisen. Die issue-Salienzen von vier

identifizierten KWG-Typen zeigen, dass deren lokalpolitische Cleavages den bundespoliti-

schen in der Ära großen Koalition (2005–2009) weitgehend entsprechen. Dieses Ergebnis

leistet nicht nur einen Beitrag zum besseren Verständnis von KWGs, sondern zeigt, dass diese

– trotz aller sachpolitischen und ideologiekritischen Selbstwahrnehmung und -darstellung –

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nicht nur organisatorisch und sozialstrukturell (vgl. Göhlert et al. 2008), sondern auch ideolo-

gisch und inhaltsbezogen funktionale Äquivalente für lokale Parteigliederungen darstellen.

Um im theoretischen und konzeptionellen Rahmen den Vergleich zwischen „Ortsparteien“

(Lehmbruch 1975) und KWGs zu gewährleisten, wurde gerade (Dezember 2010–Februar

2011) eine Wiederholungsbefragung beendet, die weitere Aufschlüsse zu den „issue

ownerships“ von KWGs in Relation zu denen von Ortsparteien geben sollen. Gemäß der An-

nahme, dass KWGs funktionale Äquivalente von Ortsparteien sind, müssten auch unter den

Ortsparteien Typen mit vergleichbarer Policy-Orientierung nachweisbar sein.

Einleitung: Kommunale Wählergemeinschaften in Deutschland

Kommunale Wählergemeinschaften und andere Phänomene parteiunabhängiger lokaler

intermediärer Instanzen stehen aktuell im Fokus internationaler vergleichender Studien (Rei-

ser/Holtmann 2008).1

In keinem anderen europäischen Land existieren so viele verschiedene und heterogene lokale

Wählergemeinschaften wie in Deutschland. Aus diesem Grund wird das lokale Parteiensys-

tem Deutschlands als ‟bridging case‟ zwischen ost- und westeuropäischen Staaten bezeichnet

(Reiser 2008: 280). In den südwestdeutschen Bundesländern, Baden-Württemberg und Bay-

ern, bilden Kommunale Wählergemeinschaften (KWGs) bereits seit 1945 einen festen Be-

standteil der lokalen Parteiensysteme. Seit 1990 haben sie sich außerdem sowohl in Ost-

deutschland als auch in allen anderen westdeutschen Flächenländern etabliert.

Ihrer flächendeckenden Präsenz und ihrer wachsenden Bedeutung zum Trotz ist der For-

schungsstand zu KWGs jedoch eher ungenügend. Existierende Studien über KWGs sind auf-

grund ihres Fallstudiencharakters grundsätzlich nicht generalisierbar. Flächendeckende, sys-

tematisch vergleichende Studien zu KWGs in der gesamten Bundesrepublik wurden bisher

nur im Rahmen des Teilprojektes A6 „Kommunale Wählergemeinschaften“ des Sonderfor-

schungsbereiches 580 „Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem Systemumbruch“ durchge-

führt (vgl. dazu Reiser 2006a; Reiser 2006b; Reiser 2007; Göhlert et al. 2008; Reiser et al.

2008).

1 Es gab im April 2007 und im November 2009 bereits zwei internationale Konferenzen “Local Lists in Eas-

tern and Western European countries – a comparative perspective” an der Universität Halle-Wittenberg.

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Auch das vorliegende Paper steht in dieser Forschungstradition. Im Anschluss an Petrociks

(1996) programmatischen Artikel und in Übereinstimmung mit der Salienztheorie (Bud-

ge/Farlie 1983) soll dargelegt werden, dass Kommunale Wählergemeinschaften nach den po-

litischen Inhalten, die sie vertreten, unterschieden werden können. Frühere Ansätze (Holt-

mann 1992; Holtmann 2002; Göhlert et al. 2008) zur Unterscheidung Kommunaler Wähler-

gemeinschaften mit Bezug auf Hildebrandts und Daltons (1977) Unterscheidung zwischen

„old politics‟ und „new politics‟ erwiesen sich als arbiträr.2

Das Hauptziel der vorliegenden Analyse, im Gegensatz zu den früheren Ansätzen, ist die

Konstruktion eines zweidimensionalen politischen Raumes (Warwick 2002) von KWGs. Die

empirische Konstruktion der Dimensionen dieses Raumes wird üblicherweise durch Datenre-

duktionstechniken (ebd.: 102) unternommen. Auch dieses Paper greift im zweiten Abschnitt

explorative, strukturentdeckende Verfahren auf. Vorher verortet die Konzeption KWGs in-

nerhalb des bundesdeutschen und lokalen Parteiensystems einerseits und innerhalb nationaler

wie internationaler Diskussionen andererseits. Der dritte Abschnitt präsentiert das methodolo-

gische Konzept und die Datenbasis. Danach werden erste Resultate unserer Klassifikation der

policy-Profile deutscher Kommunaler Wählergemeinschaften dargestellt.

Die zentrale Forschungsfrage lautet: Gibt es „issue ownerships“ (Petrocik 1996) im Sinne von

charakteristischen Positionen von KWGs im lokalpolitischen Raum der Bundesrepublik

Deutschland?

Weil davon auszugehen ist, dass zahlreiche Bundesbürger auf lokaler Ebene in Kommunalen

Wählergemeinschaften partizipieren, während Mitgliedschaften und Parteiidentifikation –

nicht nur auf lokaler Ebene – abnehmen (vgl. Dalton 2002: 183–186), gibt es noch zwei wei-

tere darunter liegende Fragestellungen: (1) Gibt es Gruppen von KWGs, die sich in ihren or-

ganisatorischen und strukturellen Merkmalen unterscheiden? (2) Wie sind diese Gruppen in

der Bundesrepublik verteilt?

Konzeptionelle Grundlagen: KWGs in lokalen Parteiensystemen

Das Hauptproblem international vergleichender Studien zu parteiunabhängigen lokalen politi-

schen Organisationen ist die Frage nach ihrer Definition (Reiser 2008: 284). Im Kontext die-

2 Einen Überblick zu den bisherigen Ergebnissen mit Bezug auf die Unterscheidung von KWGs eines „neuen“

und eines „alten Typus“ vgl. Göhlert et al. (2008: 143–145).

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ses Papers sollen alle einheitlichen kommunalen intermediären Organisationen, die nur an

lokalen amtlichen Wahlen teilnehmen, Kommunale Wählergemeinschaften (KWGs) heißen.

Diese Definition grenzt KWGs entlang von vier Linien ab:

1. (Einheitlichkeit): KWGs haben keine wie auch immer gearteten Verbindungen (dazu

weiter unten) zu politischen Parteien.

2. (Organisation): KWGs benötigen einen gewissen Grad an formaler Organisation

(Göhlert 2008: 128). Das bedeutet Einzelkandidaten oder Listen von Einzelkandidaten

sind keine KWGs.

3. (Parteiengesetz): Laut deutschem Parteiengesetz müssen Parteien in der Bundesrepub-

lik „an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mit-

wirken wollen“ (PartG: § 2; 1,1). Des Weiteren verliert eine Vereinigung ihren Partei-

enstatus, „wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer

Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat“ (PartG: § 2 Abs. 2).

Aus der in der KWG-Definition enthaltenen ausschließlichen Beschränkung auf

Kommunalwahlen folgt, dass KWGs keine Parteien sind.

4. (Selbstwahrnehmung): Neben dem formal-legalistischen, staatsrechtlichen Argument

verstehen sie sich selbst als Nicht-Parteien oder sogar als Anti-Parteien (Göhlert et al.

2008: 129). In dieser Hinsicht gelten deutsche KWGs als hybride Akteure zwischen

der politischen und sozialen Gemeinschaft einer Kommune (ebd.: 128).

Zahlreiche (internationale) Studien schlagen den Ausdruck „local parties‟ (= lokale Parteien)

(Geser 1999; vgl. Reiser/Holtmann 2008) zur Bezeichnung des Phänomens lokaler parteiun-

abhängiger intermediärer Instanzen vor. Es gibt drei Gründe warum diese Begrifflichkeit für

bundesdeutsche KWGs ungeeignet ist:

1. Das staatsrechtliche Argument: KWGs sind mit ihrem ausschließlich lokalen Bezug

nach dem deutschen Parteiengesetz keine Parteien.

2. Das Selbstbild-Argument: KWGs verstehen sich selbst als Nicht-Parteien, wenn nicht

sogar als Anti-Parteien, und stellen sich selbst auch so dar (Göhlert et al. 2008: 129).

3. Das politikwissenschaftliche Argument: Der Versuch Hiltrud Naßmachers (1996), für

KWGs und andere parteiferne Organisationen auf lokaler Ebene den Begriff Rathaus-

parteien in der deutschen lokalen Politikforschung (Naßmacher 1996) zu etablieren,

scheiterte Mitte der neunziger Jahre.

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Es scheint angebracht Naßmachers Scheitern auf die ersten beiden Ursachen, das Parteienge-

setz und das Selbstbild sowie die Selbstdarstellung von KWGs, zurückzuführen.

Neben der Begrifflichkeit (lokale Parteien/Rathausparteien) (vgl. Geser 1999; Naßmacher

1996) scheint sich in internationaler Perspektive der Vorschlag local lists durchzusetzen (vgl.

Reiser/Holtmann 2008). Vergleicht man jedoch die Terminologien der verschiedenen interna-

tionalen Beiträge, so stellt man fest, dass diejenigen Autoren, die den Begriff local lists ver-

wenden, deutlich in der Minderheit sind. So verwundert es auch nicht, dass Dudzińska (2008:

107) die extensive Verwendung von local list als willkürlich („arbitrary term“) bezeichnete.

Wie unterscheiden sich KWGs von (sub-)nationalen Parteien, aber auch von anderen lokalen

Formen politischer Organisationen? Dudzińska (2008: 122) setzt in Bezug auf den polnischen

Fall auf eine Vierfeldermatrix mit einem nominalen Kriterium (Partei vs. Nicht-Partei) und

einem geografischen Kriterium (lokal vs. überregional). Obwohl Dudzińskas Unterscheidung

ebenfalls für die Klassifizierung deutscher lokaler Gruppierungen (Reiser/Plassa 2009: 4)

verwendet wurde, muss festgestellt werden, dass das belgische NAPA-Modell (Steyvers et al.

2008: 171) weitaus besser auf das lokale Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland

angewendet werden kann. Dennoch sind dabei einige Anpassungen notwendig (siehe Tabelle

1).

Tabelle 1: Das NAPA-Modell lokaler Parteiensysteme

Kriterium Klassifikation

Nominal National Lokal

Substantial National Pseudo-lokal Lokal

Kompo-

nenten

Nationa-

le Par-

teigliede

rungen

Ver-

deckte

Partei-

gliede-

rungen

Ethni-

sche

Minder-

heiten

Listen-

ver-

bindun-

gen von

Parteien

Listenver-

bindungen

von Par-

teien und

KWGs

KWGs

Listen

von Ein-

zelbe-

werbern

Einzel-

bewer-

ber

Anzahl

(1994–2010)

58,395

(56.3%)

152

(0.1%) ~

166

(0.1%)

2,728

(2.6%)

30,380

(29.3%)

6,197

(6.0%)

5,802

(5.6%)

Quelle: eigene Darstellung (nach Steyvers et al. 2008: 171)

und eigene Berechnungen nach Angaben der Statistischen Landesämter.

Die lokalen Wahlgesetze von Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thü-

ringen erlauben Listenverbindungen als freiwillige Kooperation zwischen zwei oder mehreren

Listen innerhalb einer Gemeinde (Fehndrich/Zicht 2010). Diese Kooperationen können ent-

weder zwischen nationalen Parteien, oder zwischen Parteien und Kommunalen Wählerge-

meinschaften geschlossen werden. Da sie jeweils ortsspezifisch sind, sind sie natürlich lokal

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verortet, wenn sie zwischen einer lokalen KWG und einer überlokalen Partei geschlossen

werden, dann sind sie nach der Unterscheidung von Steyvers et al. (2008) ein bemerkenswer-

tes pseudo-lokales Konglomerat. Daneben sind Listen von Einzelkandidaten ebenfalls in den

meisten deutschen Bundesländern erlaubt.

Alle diese genannten Listen fallen zusammen mit den KWGs unter den Begriff der local lists

(Reiser/Holtmann 2008). Die in Tabelle 1 grau unterlegten Felder veranschaulichen alle Arten

von local lists, die in Deutschland existieren. Die dort ebenfalls angegebenen absoluten und

relativen Zahlen der jeweiligen Wahlvorschläge der letzten 17 Jahre belegen, dass KWGs die

größte Untergruppe von local lists in Deutschland sind. Zwischen 1994 und 2010 waren 29%

aller Wahlvorschläge bei deutschen Kommunalwahlen KWGs.3

Ethnische Minderheiten spielen, anders als in Belgien, in Deutschland kaum eine Rolle. Der

Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist eine regionale (pseudo-lokal) politische Partei in

Schleswig-Holstein. Sie repräsentiert die dänische und friesische Minderheit in Norddeutsch-

land. In Brandenburg und Sachsen (pseudo-lokal) repräsentiert die Domowina die Interessen

der sorbischen Minderheit in der Ober- und Niederlausitz. Sie ist ein politisch unabhängiger

Verein der sorbischen und wendischen Bevölkerung sowie eine Dachorganisation sorbischer

Gesellschaften. Beide sind derartig marginal, dass sie in Tabelle 1 nicht explizit aufgeführt

werden. Entweder sind sie in die Anzahl der Parteigruppierungen (SSW) mit einbezogen oder

ihre kleine Anzahl (Domowina) fällt in die Kategorie und die Häufigkeit der KWGs.

Obwohl KWGs häufig funktionale Äquivalente zu politischen Parteien darstellen, unterschei-

den sie sich von lokalen Untergliederungen nationaler Parteien (Ortsvereine, Ortsverbände

u.ä.), die im Folgenden als Ortsparteien bezeichnet werden sollen, durch eine deklarierte

Überparteilichkeit, eine „rein sachbezogene“ und ausschließlich lokale Problemsicht (Göhlert

et al. 2008: 129). Jenseits dieses Selbstbildes unterscheiden sich KWGs aber gleichzeitig

kaum von den Ortsparteien in ihren organisatorischen oder sozialen Profilen: “They are

stable, long-term and institutionalised organisations, and in this respect, are similar to political

parties” (ebd.: 143). Vergleiche sozialstruktureller Indikatoren wie Alter, Geschlecht, Bildung

und Einkommen, veranschaulichen, dass es in Deutschland keine signifikanten Unterschiede

zwischen KWGs und Ortsparteien gibt. Regionale Unterschiede in den sozialen Profilen zwi-

schen Ost- und Westdeutschland sind demgegenüber von größerer Wichtigkeit (ebd.: 137–

140). Unsere vorherigen Analysen (Reiser 2006; Göhlert et al. 2008) stimmten der heteroge-

3 Die Häufigkeiten basieren auf einer Datenerhebung von Kommunalwahlen in allen bundesdeutschen Flä-

chenländern (vgl. Göhlert et al. 2008: 131).

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nen Beschaffenheit Kommunaler Wählergemeinschaften zu. Es wurde festgestellt, dass sich

KWGs zwar untereinander in Fragen ihrer policies unterscheiden, die Gruppen der Ortspartei-

en und KWGs untereinander dagegen eher wenig divergieren.4

Nach einer alten Unterscheidung, old politics versus new politics (Hildebrandt/Dalton 1977),

wurde von der Existenz zweier Idealtypen von Wählergemeinschaften ausgegangen: Ein tra-

ditioneller alter Typ und ein neuer Typ von KWGs (Göhlert et al. 2008: 128; vgl. Holtmann

1992; 2002). Der alte Typus soll typische Kernforderungen des alten Besitzmittelstandes von

Handwerk, Handel und Gewerbe vertreten und sich für eine starke kommunale Selbstverwal-

tung, aber gegen staatliche „Allmacht“, für sparsames Wirtschaften und „schlanke“ Gemein-

deverwaltungen, für Fachkompetenz, aber gegen „Parteibuchbeamte“, für eine Reduktion

öffentlicher Sozialleistungen und gegen ein überbordendes „Anspruchsdenken“, für eine ideo-

logiefreie, rein sachliche Kommunalpolitik und gegen die Überlagerung ortsangemessener

Problemlösungen durch „Parteistandpunkte“ einsetzen (vgl. Reiser/Krappidel 2008: 76f.).5

Vor allem in urbanen und suburbanen Regionen Westdeutschlands wurde hingegen ein ver-

mehrtes Aufkommen eines neuen Typus von KWGs konstatiert (Holtmann 1992). Dieser soll

die postmaterialistischen Präferenzen der neuen Mittelschichten mit hohem Bildungsniveau

artikulieren. Zu den politischen Zielen, die KWGs des neuen Typus vertreten sollen, gehören

Umweltschutz, aktive Sozialpolitik sowie eine schonende Stadtentwicklung. Außerdem wür-

den diese KWGs ein hohes Protestpotential besitzen. Es gibt aber empirische Beweise für die

Existenz anderer Subtypen (Göhlert et al. 2008: 140–143).

Wie können Typen deutscher Kommunaler Wählergemeinschaften unterschieden werden?

Und wie sind ihre Positionen bzw. „issue ownerships“ (Petrocik 1996) im „politischen Raum“

(Warwick 2002) verteilt?

In der Regel werden cleavages im Wettbewerbsraum (Kitschelt 1994) über mehrdimensionale

Skalierungen des Wählerverhaltens bestimmt (vgl. Dalton 2002; Kitschelt 2004). Hierzu ori-

entiert sich die Forschung an den Interessen, Einstellungen und Werten der Wähler. Dies ist

im Rahmen der lokalen Politikforschung unmöglich, weil lokale Wählerumfragen, die alle

Wähler auf der lokalen Ebene der Bundesrepublik repräsentieren würden, nicht existieren.

Aus diesem Grund werden in dieser Analyse Gruppen von KWGs und deren „politischer

4 Zu ähnlichen Ergebnissen kommt Heinig (2006) aufgrund von vergleichenden computergestützten Analysen

von Kommunalwahlprogrammen von KWGs und Ortsparteien mittels Wordscore-Verfahren. 5 Diese soziale Trägerschicht soll auch in ostdeutschen KWGs repräsentiert sein (vgl. Naßmacher 1996:

173ff.).

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Raum“ (Warwick 2002) aus issue-Salienzen6 (Arzheimer/Schmitt 2005) von KWG-

Gemeinde- und -Stadtratsmitgliedern unter Rekurs auf die Salienztheorie (Budge/Farlie 1983)

konstruiert.

Salienztheoretiker nehmen an, dass Wähler keine politischen Präferenzen besitzen (Petrocik

1996: 830). In den meisten Fällen mangele es den Wählern an adäquaten Informationen über

politische Lösungskonzepte oder sie erkennen soziale cleavages nicht an. Grundsätzlich seien

Wähler nicht fähig, eine spezifische politische Entscheidung mit ihrem individuellen Wohler-

gehen zu verknüpfen. Darum würden alle intermediären Organisationen als Anbieter politi-

scher Lösungskonzepte agieren. Ihre konkreten Einstellungen wären selbstevident und wür-

den kognitive Orientierungen für die individuelle Wahlmöglichkeit unter Bedingungen be-

grenzter Rationalität bilden (Arzheimer/Schmitt 2005: 280f.). „In other words, issues are the

smaller pieces from which ideological dimensions are constructed“ (Warwick 2002: 104).

Methodische Herangehensweise

Salienztheorie und „natürliche Klassifikation“

In Übereinstimmung mit den Vermutungen der Salienztheorie (Budge/Farlie 1983) muss die

ideologische Dimension der politischen Inhalte zuerst durch eine Hauptkomponentenanalyse

identifiziert werden (Warwick 2002: 102f.). Anschließend wurde eine Typologie deutscher

KWGs durch eine Clusteranalyse entdeckt. Die Gruppen beschreiben typische ideologische

Angebote, die KWGs auf dem kommunalpolitischen Markt anbieten. Eine derartige „natürli-

che Klassifikation“ basiert auf einer Reduktion der empirischen Realität (Esser 1999: 476).

Die konstruierten Gruppen von KWGs sollten innerhalb der Gruppen möglichst homogen,

zwischen den Gruppen aber möglichst heterogen sein. Spezielle Techniken der „natürlichen

Klassifikation“ sind Cluster- und Korrespondenzanalysen sowie auch mehrdimensionale Ska-

lierungen (ebd.). Die Clusteranalyse dient dazu, die Fälle des Datensatzes zu gruppieren. Da-

bei wird unterstellt, dass in der sozialen Wirklichkeit eine Typologie (Gruppierung) existiert,

6 In der Psychologie bezeichnet Salienz einen im Bewusstsein besonders hervorgehobenen Reiz. Im Rahmen

des salienztheoretischen Ansatzes der politikwissenschaftlichen Wahlforschung bezeichnen issue-Salienzen

politische Themen oder auch Politikfelder, denen z.B. in Befragungen oder Parteiprogrammen eine besonde-

re Bedeutung beigemessen wird (vgl. Arzheimer/Schmitt 2005: 280).

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die bisher allerdings noch unbekannt ist (vgl. Diaz-Bone 2006: 257). Diese methodologische

Herangehensweise spiegelt also unsere theoretischen Grundannahmen wider.

Entsprechend unserer Forschungsfrage, ob es typische Positionen von KWGs im lokalpoliti-

schen Raum gibt, zerlegen wir die Gesamtheit der KWG-policies, die durch issue-Salienzen

gemessen werden, mithilfe einer Hauptkomponentenanalyse in verschiedene politische Di-

mensionen (vgl. Warwick 2002). Bevor wir diese Methoden und ihre Ergebnisse im Detail

beschreiben können, müssen wir zuallererst die Datenbasis der Programm- und Themen-

schwerpunkte deutscher Kommunaler Wählergemeinschaften erklären.

Datenbasis

Im Gegensatz zu vorigen Analysen (Göhlert et al. 2008: 131) basiert dieser Artikel nur auf

einer Erhebung individueller Daten. Die Interviews wurden in einer standardisierten Telefon-

befragung (CATI) erhoben, die in den Jahren 2005 und 2006 im Rahmen des Teilprojekts A6

„Kommunale Wählergemeinschaften“ des Sonderforschungsbereichs 580 der Martin-Luther-

Universität Halle-Wittenberg vom Zentrum für Sozialforschung Halle e.V. durchgeführt wur-

de. Die Grundgesamtheit dieser Befragung bilden alle Stadt- und Gemeinderatsvertreter von

KWGs, die im Jahr 2004 in den Städte- und Gemeinderäten der 13 bundesdeutschen Flächen-

länder vertreten waren.7 Im Rahmen einer Klumpenstichprobe wurden, nach Bundesländern

geschichtet, 600 Kommunen ausgewählt, in denen KWGs im Stadt- oder Gemeinderat vertre-

ten waren. Die Zielpopulation umfasste 4.085 Ratsmitglieder von KWGs. Davon wurden

2.631 Interviews in 548 Stadt- und Gemeinderäten realisiert (korrigierte Rücklaufquote 69%).

Alles in allem handelte es sich um die bislang größte Befragung kommunaler Mandatsträger

der lokalen Politikforschung (Göhlert et al. 2008: 131).

Wie kann man also Charakteristika Kommunaler Wählergemeinschaften unter Verwendung

individueller Daten von kommunalen Ratsmitgliedern identifizieren? Da wir explizit den „po-

litischen Raum“ (Warwick 2002) von KWGs rekonstruieren wollen und nicht etwa den ihrer

Repräsentanten, musste die Datenbasis verkleinert werden. Zur Lösung dieses Problems wur-

de aus dem Basisdatensatz mit einer einfachen Zufallsauswahl für jede KWG einer Kommune

jeweils ein Befragter ausgewählt. In der Folge repräsentiert ein zufällig ausgewählter KWG-

Ratsvertreter mit seinen Aussagen seine gesamte KWG. Das Ergebnis dieser Datenreduktion

war ein Datensatz von 865 KWG-Ratsmitgliedern von 865 KWGs in 548 Orten.

7 Zu Informationen zum Datensatz vgl. Göhlert et al. 2008 sowie Rademacher/Khachatryan 2011.

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Ein Viertel (N = 215) dieser KWGs ist in ostdeutschen und drei Viertel (N = 632) in west-

deutschen Städte- und Gemeinderäten vertreten. Die süddeutschen Bundesländer können als

Hochburgen der untersuchten KWGs angesehen werden (Bayern 20% und Baden-

Württemberg 18%). Aber auch in Nordrheinwestfalen (13%) haben sich KWGs offenbar etab-

liert. Die regionale Stichprobenverteilung korrespondiert mit der Verteilung in der statisti-

schen Grundgesamtheit (vgl. Göhlert et al. 2008: 132). Deutsche KWGs kommen nicht nur in

ländlichen Regionen vor. Fast 80% der 865 untersuchten Kommunalen Wählergemeinschaf-

ten treten entweder in hoch verdichteten Agglomerationsräumen oder in verstädterten Räu-

men auf. Das bedeutet, dass KWGs in urbanen und suburbanen Räumen, d.h. in oder wenigs-

tens im direkten Umland großer oder zumindest größerer Städte existieren.

Selbst unter kommunalen Ratsmitgliedern hält sich hartnäckig das Vorurteil, KWGs wären

mit Bürgerinitiativen und ad hoc Gruppen gleichzusetzen. Dieses Vorurteil gesteht KWGs nur

eine kurze politische „Halbwertzeit“ zu. Dabei waren die von uns untersuchten westdeutschen

KWGs zum Zeitpunkt der Befragung (2005/06) im Durchschnitt bereits seit über 20 Jahren

politisch aktiv (Göhlert et al. 2008: 135). Die ostdeutschen KWGs wurden im Durchschnitt

1996 gegründet und traten das erste Mal 1997 zu Kommunalwahlen an. Im Hinblick auf die

Gemeindegröße gibt es kaum Unterschiede in der Präsenz von KWGs (ebd.).

Die Hauptgrundlage für die „natürliche Klassifikation“ (Esser 1999: 476) der KWGs soll ihre

programmatische Ausrichtung bilden. Tabelle 2 zeigt, dass KWGs eine breite Palette von

Programm- bzw. Themenschwerpunkten aufweisen. Dabei haben 250 Kommunale Wähler-

gemeinschaften (29%) kein eigenes Programm, sondern sind lediglich thematisch aufgestellt.

Ein weiteres, weit verbreitetes Vorurteil setzt KWGs mit Single-Issue-Gruppierungen gleich.

Diese Perspektive ist empirisch nicht haltbar. Tabelle 2 illustriert weiterhin, dass Single-

Issue-Gruppierungen, welche, nebenbei bemerkt, vor allem in größeren Städten zu finden sind

(Göhlert et al. 2008: 144), unter den KWGs ein sehr seltenes Phänomen darstellen (0,8%,

kumuliert). Im Durchschnitt verfolgt eine der 8658 untersuchten KWGs etwa sieben Pro-

gramm- bzw. Themenschwerpunkte. Das bedeutet, dass sie in dieser Hinsicht eher mit Volks-

parteien oder catchall-Parteien (Kirchheimer 1966) übereinstimmen, als mit Single-Issue-

Organisationen.

8 Fünf befragte Personen haben keine Antwort auf ihre Programm-/Themenschwerpunkte gegeben.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

11

Tabelle 2: Verteilung der KWGs nach ihrer programmatisch-thematischen Aufstellung

Anzahl von Programm-

bzw. Themenschwerpunk-

ten

Eigenes Programm nur Thema

Häufigkeit Prozent Häufigkeit Prozent

1 4 0.5 3 0.3

2 3 0.3 4 0.5

3 14 1.6 8 0.9

4 48 5.5 26 3.0

5 81 9.4 38 4.4

6 120 13.9 45 5.2

7 116 13.4 52 6.0

8 106 12.3 32 3.7

9 71 8.2 30 3.5

10 34 3.9 8 0.9

11 11 1.3 3 0.3

12 2 0.2 1 0.1

Gesamt (N = 860) 610 71,0 250 29,0

Quelle: eigene Berechnungen (Missings = 5).

Die KWG-Ratsmitglieder wurden nach insgesamt 13 Programm- bzw. Themenschwerpunkten

befragt.9 Um eine Überbetonung von Unterschieden zwischen ost- und westdeutschen KWGs

auszuschließen, blieben zwei issues, die nur bei ostdeutschen KWG-Mandataren erhoben

wurden („Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit“ und „Gebietsreform“), in der weiteren Ana-

lyse unberücksichtigt. Die „natürliche Klassifikation“ (Esser 1999: 476) der KWGs erfolgte

also lediglich aufgrund von elf issue-Salienzen.

Das Politikfeld, das KWGs am häufigsten bedienen, ist die „Haushalts- und Finanzpolitik“.

90% aller befragten KWGs weisen diesem issue eine besondere Bedeutung zu. Darauf folgen

„Infrastruktur“, „mehr Bürgernähe bzw. direkte Demokratie“, „Bildungspolitik und Kultur“

sowie „Wirtschaftspolitik und regionale Wirtschaftsförderung“. Für mehr als 70% der 865

untersuchten KWGs sind diese policies besonders wichtig. „Ordnungsfunktionen und öffentli-

che Sicherheit“ (also law and order) und „Landwirtschaft“ sind nur für wenige KWGs beson-

ders wichtig (siehe Abbildung 1).

9 Die Fragen lauteten: „Welche der folgenden genannten Themenbereiche sind Kernpunkte aus Ihrem Pro-

gramm?“ bzw. „Welche der folgenden zentralen Themen sind Kernpunkte für Ihre Wählergemeinschaft?“

Die Items umfassten: (1) „Bürgernähe oder direkte Demokratie“, (2) „Infrastruktur und die technische Ver-

sorgung der Bevölkerung“, (3) „Umwelt- und Energiepolitik“, (4) „bildungspolitische und kulturelle The-

men“, (5) „sozialer Bereich und die Gesundheitsförderung“, (6) „Wirtschaftspolitik und die regionale Wirt-

schaftsförderung“, (7) „Landwirtschaftspolitik“, (8) „Arbeitsmarktpolitik“, (9) „kommunale Haushalts- und

Finanzpolitik“, (10) „Verwaltungsreform und Bürokratieabbau“, (11) „Ordnungsfunktionen und öffentliche

Sicherheit“, (12) „Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit“ sowie (13) „Gebietsreform (Eingemeindung)“.

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12

Abbildung 1: Programm- bzw. Themenschwerpunkte der KWGs (in %)

Quelle: eigene Berechnungen.

Ergebnisse: Realtypen deutscher Kommunaler Wählergemeinschaften

Politische Orientierungen von KWGs

Die „natürliche Klassifikation“ (Esser 1999: 476) und die Konstruktion des „politischen

Raumes“ (Warwick 2002) erfolgte anhand der elf issue-Salienzen der KWGs. Um zentrale

policies von KWGs zu ermitteln, wurde eine Hauptkomponentenanalyse durchgeführt, um die

Vielzahl der elf Programm- und Themenschwerpunkte auf wenige, wichtige Einflussfaktoren

zu reduzieren (vgl. Rademacher/Khachatryan 2011).

Es kristallisierten sich vier Hauptkomponenten heraus, die zusammen 47,8% der Gesamtva-

rianz aller analysierten Merkmale erklären (siehe Tabelle 3).

Die erste Hauptkomponente weist einen Varianzanteil in der rotierten Lösung von 14,2 Pro-

zent auf (siehe Tabelle 3). Sie lädt hoch auf die Variablen „Wirtschaftspolitik, regionale Wirt-

schaftsförderung“ sowie „Haushalts- und Finanzpolitik“. Mittlere Faktorladungen gibt es

auch bei den Items „Infrastruktur“, „Verwaltungsreform“ und „Arbeitsmarkt“. Diese Haupt-

komponente bezeichnen wir im Folgenden als Ökonomische Orientierung.

Die zweite Hauptkomponente illustriert eine soziale Orientierung. Dieses latente Konstrukt

weist Faktorladungen bei den issues „Bildungspolitik und Kultur“ sowie „sozialer Bereich

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

13

und Gesundheitsförderung“ auf. Es ist offensichtlich, dass beide Orientierungen auf ein und

derselben Dimension, nämlich Steigerung von Sozialausgaben (Soziale Orientierung) versus

Kürzung von Sozialausgaben (Ökonomische Orientierung), verortet werden können (vgl. Dal-

ton 2002: 138).

Tabelle 3: Hauptkomponentenanalyse der KWGs issue-Salienzen (Faktorladungen > 0,3)10

Programm-/ Themenschwerpunkte Ökonomische

Orientierung

Soziale Orien-

tierung

Natur- und

Umwelt-

orientierung

Local-

Governance-

Orientierung

Mehr Bürgernähe/direkte Demokratie ~ ~ ~ 0,67

Verwaltungsreform 0,44 ~ ~ 0,57

Infrastruktur 0,47 ~ ~ -0,53

Umwelt-, Energiepolitik ~ ~ 0,73 ~

Bildungspolitik und Kultur ~ 0,73 ~ ~

sozialer Bereich, Gesundheitsförderung ~ 0,73 ~ ~

Wirtschaftspolitik, Wirtschaftsförderung 0,65 ~ ~ ~

Landwirtschaft ~ 0,70 ~

Arbeitsmarkt 0,41 ~ ~ ~

Haushalts- und Finanzpolitik 0,61 ~ ~ ~

Ordnung und öffentliche Sicherheit ~ ~ ~ ~

Erklärte Varianz

rotierte Lösung (47,8 %) 14,2% 12,0% 11,2% 10,4%

unrotierte Lösung (47,8 %) 16,2% 11,6% 10,4% 9,6%

Quelle: eigene Berechnungen.

Die dritte Hauptkomponente lässt sich als Natur- und Umweltorientierung bezeichnen. Hohe

Faktorladungen zeigen die issues „Umwelt- und Energiepolitik“ sowie „Landwirtschaft“. Weil

Ökologie (Kitschelt 1994; Dalton 2002; Kitschelt 2004) und Partizipation (Inglehart 1977)

üblicherweise mit postmaterialistischen Werten verbunden werden, repräsentiert die Natur-

und Umweltorientierung gemeinsam mit der vierten Hauptkomponente eher post-

materialistische Perspektiven. Die Local-Governance-Orientierung lädt hoch auf „mehr Bür-

gernähe und direkte Demokratie“ und moderat auf „Verwaltungsreform“ und negativ auf

„Infrastruktur“. Letzteres bedeutet, für KWGs mit höheren Werten in diesem Faktor, sind

Infrastrukturfragen nicht besonders wichtig. Für den materialistischen Gegenpol dieser mate-

rialistischen versus postmaterialistischen Dimension steht nur das singuläre issue Ordnungs-

funktionen und öffentliche Sicherheit zur Verfügung (vgl. Inglehart 1977).

10

Es ist üblich Faktorladungen größer 0,6 als stark und über 0,3 als moderat zu bezeichnen. Niedrigere

Faktorladungen werden üblicherweise ignoriert (Kline 1994: 6). Methodologische Studien (Kline 1994: 54;

Child 2006: 63f.) haben gezeigt, dass das willkürlich anmutende Kriterium von 0,3 sich auch aus statisti-

schen Gründen als nützlich erweist.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

14

„Natürliche Klassifikation“ von KWGs

Über die vier Faktoren wurden zwei aufeinander aufbauende Clusteranalysen durchgeführt.

Das Ziel war, Gruppen von KWGs zu identifizieren, die bezüglich ihrer issue-Salienzen in-

nerhalb der Gruppe möglichst homogen, zwischen den Gruppen aber möglichst heterogen

sind. Mit Hartmut Essers (1999: 476) Worten, es sollte eine „natürliche Klassifikation“ der

KWGs erarbeitet werden.

Die Klassifikation erfolgte sukzessive mittels zweier multivariater Analyseverfahren: Zuerst

wurde eine hierarchische Clusteranalyse und daran anschließend ein k-means-Verfahren an-

gewandt.11

Tabelle 4: Mittelwerte der Hautkomponenten nach Clusterzugehörigkeit

Cluster ökonomische

Orientierung

Soziale

Orientierung

Natur- und

Umweltorientierung

Local-Governance-

Orientierung

1 (n = 332) 0,43 0,48 -0,59 0,23

2 (n = 163) -1,53 -0,12 -0,01 0,47

3 (n = 174) 0,47 0,12 1,28 0,29

4 (n = 178) 0,13 -0,91 -0,14 -1,14

Quelle: eigene Berechnungen.

Cluster 1 (39%) zeichnet sich insbesondere durch einen negativen Zusammenhang mit dem

Faktor Natur- und Umweltorientierung aus. Die positiven Werte der übrigen drei Faktoren

(ökonomische, soziale sowie Local-Governance-Orientierung) deuten dagegen auf ein breit

angelegtes thematisches Spektrum dieses Clusters hin.

Cluster 2 (9%) ist durch Local-Governance-Orientierung und geringe Salienzen von ökono-

mischen Orientierungen geprägt.

Cluster 3 (21%) ist besonders stark durch Natur- und Umweltorientierungen beeinflusst. Al-

lerdings sind bei diesem Typus auch alle anderen Orientierungen (ökonomische, soziale sowie

Local-Governance-Orientierung) zu finden. Am geringsten ist noch der Einfluss der sozialen

Orientierungen.

Cluster 4 (21%) unterscheidet sich von den anderen Typen vor allem durch geringe Salienzen

von sozialen, Natur- und Umwelt- sowie Local-Governance-Orientierungen. Die Salienz von

ökonomischen Orientierung ist hingegen in geringem Umfang vorhanden (siehe Tabelle 4).

11

Zur Begründung und den methodologischen Implikationen vgl. Rademacher/Khachatryan 2011.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

15

Die „natürliche Klassifizierung“ (Esser 1999: 476) von KWGs über ihre issue-Salienzen war

also erfolgreich. Eine Benennung der einzelnen Gruppen über ihre Orientierungen ohne theo-

retische Einbettung wäre jedoch willkürlich. Deshalb wurde im nächsten Schritt der „politi-

sche Raum“ (Warwick 2002) der KWGs bestimmt und die vier Typen darin verortet.

Tabelle 5: Z-standardisierte Werte der issue-Salienzen

Programm-/ Themenschwerpunkte Cluster 1 Cluster 2 Cluster 3 Cluster 4

Mehr Bürgernähe/direkte Demokratie 0,25 0,23 0,27 -0,96

Verwaltungsreform 0,33 -0,38 0,34 -0,60

Infrastruktur 0,22 -1,10 0,21 0,39

Umwelt-, Energiepolitik -0,43 0,24 0,72 -0,13

Bildungspolitik und Kultur 0,43 -0,14 -0,03 -0,65

Sozialer Bereich, Gesundheitsförderung 0,20 0,06 0,24 -0,69

Wirtschaftspolitik, regionale Wirtschaftsförderung 0,21 -0,95 0,27 0,21

Landwirtschaft -0,47 -0,24 1,12 -0,01

Arbeitsmarkt 0,21 -0,56 0,65 -0,50

Haushalts- und Finanzpolitik 0,26 -0,97 0,15 0,25

Ordnungsfunktionen und öffentliche Sicherheit 0,20 -0,48 0,49 -0,39

Quelle: eigene Berechnungen.

Tabelle 5 bildet die z-standardisierten Werte der Clusterzentren über die elf abgefragten issue-

Salienzen ab. Dazu eine kleine Lesehilfe: Kommunale Wählergemeinschaften des ersten

Clusters haben selten Landwirtschaft (0,5 Standardabweichung (SD) unter dem Durchschnitt)

oder Umwelt- und Energiepolitik (0,4 SD unter dem Durchschnitt) auf ihrer Agenda (für eine

vollständige Diskussion der z-Werte vgl. Rademacher/Khachatryan 2011).

Da der Hauptfokus nicht auf den einzelnen Kommunalen Wählergemeinschaften lag, sondern

auf ihren Untergruppen, musste von den üblichen Methoden der Salienztheorie (Budge/Farlie

1983) und ihren Messtechniken (Warwick 2002) abgewichen werden. Dazu wurde auf eine

ältere, dafür aber einfachere Alternative der Indexkonstruktion von Themensalienzen zurück-

gegriffen. Baker et al. (1981: 149) schlagen die Berechnung einer Index-Punktzahl für eine

Themenunterscheidung als gewichtete Summe der Salienzgrößen aller Themen vor: Zur Bil-

dung eines einfachen Summenindex eines Kontinuums auf einer politischen Dimension erhal-

ten der eine Pol des Kontinuums negative und der entgegengesetzte Pol positive Gewichte.12

Ein Wert von Null auf diesem Index zeigt an, dass die Salienz mit der mittleren Salienz des

gesamten Samples übereinstimmt. Ein größerer positiver Wert repräsentiert eine überdurch-

schnittliche Wichtigkeit (Salienz) der positiv gewichteten issues. Ein hoher negativer Wert

12

„Positiv“ oder „negativ“ werden hier nur als mathematische Ausdrücke und keineswegs wertend verwendet.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

16

zeigt dagegen eine überdurchschnittliche Bedeutung der negativ gewichteten items an (vgl.

ebd.).13

Die ökonomische und die soziale Orientierung sollen dabei eine gemeinsame Dimension,

Steigerung („increase spending“) versus Kürzung von Sozialausgaben („cut spending“) (Dal-

ton 2002: 138) bilden. Stark vereinfachend könnte auch von einer Links-Rechts-Einstufung

gesprochen werden, Dalton legt aber dar, warum er eine solche Vereinfachung für arbiträr hält

(vgl. ebd.). Für die mathematische Konsistenz der Darstellung werden die z-standardisierten

Werte der sozialen Orientierungen mit -1 multipliziert. Sie liegen dadurch links vom Koordi-

natenursprung. Die z-Werte der ökonomischen Orientierungen bleiben erhalten und liegen

dadurch rechts vom Koordinatenursprung (vgl. Rademacher/Khachatryan 2011).

Zur Konstruktion eines üblichen zweidimensionalen politischen Raumes (Warwick 2002)

wird eine zweite Dimension, Materialismus-versus-Postmaterialismus-Dimension konstruiert.

Die Items, die hoch auf Natur- und Umweltorientierungen und auf Local-Governance-

Orientierungen laden, werden analog positiv und das materialistische item Ordnungsfunktio-

nen und öffentliche Sicherheit negativ gewichtet. Law and order liegt damit unter, die post-

materialistischen Orientierungen dagegen über dem Koordinatenursprung (vgl. ebd.).

Zur Bildung beider Indices wird anschließend folgende Formel verwendet:

n

1i

i )z*(wn

1I

I = Index; n = Fallzahl; w = Gewichtung (-1|+1); zi = z-Wert des Falles i.

Abbildung 2 zeigt den über beide Indices konstruierten „politischen Raum“ (Warwick 2002).

Der durchschnittliche Fall aller issue-Salienzen ist im Koordinatenursprung repräsentiert (Ba-

ker et al. 1981: 149). Cluster 1 liegt diesem Punkt am nächsten. Daher ist davon auszugehen,

dass dieser Cluster am ehesten dem klassischen Medianwählertheorem (Black 1948; Downs

1957) entspricht. Deshalb scheint ALTER TYPUS von KWGs eine angemessene Bezeichnung

für diesen Cluster. Außerdem liegt das Clusterzentrum direkt auf der Materialismus-versus-

Postmaterialismus-Dimension. 39% aller KWGs gehören dem ALTEN TYPUS an und bilden

eine Gruppe von catchall-Gruppierungen (vgl. Kirchheimer 1966). Dieser Cluster weist nur in

den Bereichen „Landwirtschaft“ sowie „Umwelt- und Energiepolitik“ unterdurchschnittliche

13

Eine detaillierte Beschreibung der Index-Konstruktion findet sich unter Rademacher/Khachatryan 2011.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

17

Salienzen auf. KWGs aus dieser Gruppe spiegeln anscheinend die widersprüchliche bundes-

politische Orientierung der großen Koalition im Befragungszeitraum (2005/06) wider.14

Im Gegensatz dazu repräsentiert Cluster 3 überwiegend postmaterialistische, partizipative und

ökologische Salienzen. Darum entspricht Cluster 3 dem so genannten NEUEN TYPUS von

KWGs in Übereinstimmung zu Daltons (2002) Unterscheidung von alter und neuer Politik

(vgl. Hildebrand/Dalton 1977).

Die Ausrichtung von Cluster 4 ist mit ökonomischen Orientierungen verbunden (siehe oben

Tabelle 4). Die policy-Position dieser KWGs im „politischen Raum“ (Warwick 2002) unter-

streicht diese Interpretation (vgl. Abbildung 2). Das Clusterzentrum liegt am weitesten

„rechts“. Aus diesem Grund soll Cluster 4 als NEOLIBERALER TYPUS von KWGs bezeichnet

werden.

Abbildung 2: Der politische Raum der KWGs.

3

1

2

4

materialism

post

materialism

increase

spending

cut

spending

Scale: 0.5

'new politics' vs.

'old politics'

cleavage'social libertarian' vs.

'neoliberal' cleavage

Quelle: eigene Berechnungen (nach Baker et al. 1981: 149).

Das Zentrum von Cluster 2 liegt am weitesten „links“ auf der increase-versus-cut-spending-

Dimension (vgl. Dalton 2002: 138) und bildet daher den SOZIALLIBERALEN TYPUS von

KWGs.

14

“[These] parties experienced internal divisions over socio-cultural issues. All in all, the SPD was only mod-

erately more libertarian than the CDU/CSU” (Kitschelt 2004: 132).

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18

Abbildung 2 illustriert außerdem, dass der „politische Raum“ (Warwick 2002) von deutschen

KWGs von zwei unterschiedlichen cleavages bestimmt wird. Einerseits stellt das cleavage

zwischen „alter Politik“ und „neuer Politik“ (nach Dalton 2002) den ALTEN TYPUS (Cluster 1)

dem NEUEN TYPUS von KWGs (Cluster 3) entgegen. Andererseits scheint ein cleavage zwi-

schen sozialliberalen und neoliberalen Einstellungen den „politischen Raum“ (Warwick 2002)

deutscher KWGs zu bestimmen.

Charakteristika der vier KWG-Typen

Da es bisher keine repräsentativen Wählerumfragen auf lokaler Ebene gibt, muss die an die

Analyse des „politischen Raumes“ (Warwick 2002) üblicherweise anschließende Frage: Wer

wählt welchen Typus von KWG? – momentan unbeantwortet bleiben.

Trotzdem sind noch zwei Fragen offen:

1. Worin unterscheiden sich Gruppen Kommunaler Wählergemeinschaften in ihren or-

ganisatorischen und strukturellen Charakteristika?

2. Wie sind die identifizierten Typen Kommunaler Wählergemeinschaften über die deut-

schen Regionen verteilt?

Zur Beantwortung beider Fragen wurden Korrespondenzanalysen durchgeführt, um die orga-

nisatorischen, strukturellen und regionalen Merkmale der vier ermittelten KWG-Typen her-

ausarbeiten und besser visualisieren zu können. Die multiple Variante der Korrespondenzana-

lyse wurde gezielt ausgewählt, um Strukturen zwischen den Variablenausprägungen zu be-

schreiben.

Abbildung 3 stellt verschiedene organisatorische und strukturelle Merkmale dar, die für die

jeweiligen „KWG-Realtypen“ prägend sind (Gründungsjahr15

der KWG, Art der Gründung16

und die Existenz von Vereinsstatus oder eigener Satzung17

). Die Abszisse erklärt 35,1% der

Gesamtvarianz und lässt sich als Dimension der organisatorischen Verfasstheit interpretieren.

Links des Ursprungs finden sich die positiven Ausprägungen der Variablen KWG verfügt über

Vereinsstatus und über eigene Satzung. KWGs, die diese Merkmale nicht aufweisen, sind auf

der gegenüberliegenden Seite abgetragen. Ältere KWGs sind stärker organisatorisch verfasst

15

Kodierung: 1 – vor 1949; 2 – 1949–1968; 3 – 1969–1988; 4 – 1989–1998 und 5 – ab 1999. 16

Die Art der Gründung wurde kodiert als: 1 – gegründet durch eine Organisation und 2 – gegründet auf Initi-

ative von (Einzel-)Personen. 17

Vereinsstatus und Vereinssatzung wurden kodiert: 1 – nicht vorhanden und 2 – vorhanden.

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19

als jüngere. Daraus ist abzuleiten, dass Prozesse innerorganisationalen Lernens in KWGs da-

zu beitragen, ihren Organisationsgrad und ihre innere Verfasstheit mit der Dauer ihres Beste-

hens zu erhöhen.

Der SOZIALLIBERALE TYPUS von KWGs ist in der Dimension organisatorische Verfasstheit

am weitesten von allen anderen drei Typen entfernt. Sozialliberale KWGs dieses Typus besit-

zen seltener Vereinsstatus oder eine eigene Satzung. Local-Governance-Orientierungen und

die Präferenz von Bürgerbeteiligung und direkter Demokratie scheinen für die Ausbildung

von Organisationsstrukturen wohl eher hinderlich zu sein.

Die zweite Dimension erklärt 23,1% der Gesamtvarianz. Sie wird in Abbildung 3 von der

Ordinatenachse abgebildet und inhaltlich dadurch bestimmt, ob die jeweilige KWG durch

eine Organisation oder auf Initiative von Einzelpersonen hin gegründet wurde. Sozialliberale

KWGs sowie KWGs des NEUEN TYPUS sind häufiger von einer Organisation gegründet wor-

den. Wohingegen neoliberale KWGs sowie Wählergemeinschaften des ALTEN TYPUS eher

durch Einzelpersonen gegründet worden sind. Dieser Befund erscheint zunächst kontraintui-

tiv, würde man doch gerade von den Organisationen, die mehr Bürgerbeteiligung fordern und

für die Umwelt- und Energiepolitik wichtiger sind, eine stärkere Graswurzeldynamik mit ho-

hem Engagement individueller Protagonisten erwarten. Allerdings scheinen der

SOZIALLIBERALE und der NEUE TYPUS mit einem anderen Phänomen von Vereinen und Ver-

bänden („social associations“) (Göhlert et al. 2008: 144)18

übereinzustimmen. Das bedeutet,

dass zahlreiche KWGs aus lokalen Vereinen und Verbänden wie etwa Sportvereine, Gesangs-

vereine oder Freiwillige Feuerwehren bestehen (ebd.). Es könnte aber sein, dass sich ihre Zie-

le während der Loslösung aus vorherigen intermediären Organisationen ergeben.

18

Sie stimmen natürlich auch mit Gesers (1999: 3) Definition von lokalen Parteien überein. Darum erscheint

das organisationelle Kriterium allein für eine themenbasierte Klassifizierung lediglich willkürlich zu sein. Es

gibt ad hoc keine Anhaltspunkte dafür, dass verschiedenartige Formen von lokalen intermediären Instanzen

unterschiedliche policies vertreten sollten

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20

Abbildung 3: Multiple Korrespondenzanalyse:

organisatorische und strukturelle Charakteristiken der Realtypen

before 1949

1949-1968

1969-1988

1989-1998

since 1999‘old politics’

‘social libertarian’

‘new politics’

‘neo liberal’society

regulations no society

regulations

society status

no society status

founded by an

organization

founded by

a person

λ2=0.231

λ1=0.351

Scale: 0.5

1

2

3

4

Quelle: eigene Berechnungen.

Wie sind die identifizierten Typen Kommunaler Wählergemeinschaften über die deutschen

Regionen verteilt?

Abbildung 4 skizziert regionale Unterschiede zwischen den Kommunalen Wählergemein-

schaften. Regionale Unterschiede zwischen KWGs sind die Kontextmerkmale: Siedlungs-

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21

struktur19

, Einwohnerzahl20

, relative Arbeitslosigkeit21

und Lage der Orte in Ost- oder West-

deutschland, in denen die KWGs zu Kommunalwahlen antraten. Der Fokus von Abbildung 4

lässt die Unterschiede stärker erscheinen, als sie in Wirklichkeit sind, da keiner der Punkte

weit vom Ursprung entfernt liegt, weichen die jeweiligen Mittelwerte nur in geringem Maß

voneinander ab.

Die Abszisse wird durch den Ost/West-Gegensatz bestimmt, erklärt 28,7% der Gesamtvarianz

und zeigt Unterschiede in der jeweiligen Siedlungsstruktur. KWGs aus ländlichen Räumen

sind eher für Ostdeutschland typisch und liegen rechts vom Ursprungspunkt. Dies war auch

zu erwarten, weil KWGs in Agglomerationsräumen und verstädterten Räumen häufiger auf-

treten (siehe oben S. 9) und diese Gebietsstrukturen in Westdeutschland stärker ausgeprägt

sind als in Ostdeutschland (vgl. auch Reiser/Rademacher/Jaeck 2008). Der NEOLIBERALE

TYPUS ist in Westdeutschland häufiger anzutreffen. Der NEUE TYPUS von KWGs ist dagegen

eher in Ostdeutschland zu finden. Das ist nicht überraschend. Kitschelt (2004: 133) meint

zum Beispiel, ostdeutsche Wähler „… are highly averse to market-liberalism.“ Gleichzeitig

identifizieren sie sich stark mit ihren gemeinsam geteilten Erfahrungen des Staatssozialismus

(vgl. ebd.). Allerdings sind solche Ost/West-Unterschiede vergleichsweise schwach ausge-

prägt, was sich wiederum mit anderen Ergebnissen unseres Forschungsprojektes deckt

(Göhlert et al. 2008: 145). Die SOZIALLIBERALEN KWGs und der ALTE TYPUS zeigen in der

Ost/West-Dimension kaum Unterschiede. Das heißt, sie sind in Ost- und in Westdeutschland

gleichermaßen „zu Hause“.

Die zweite Dimension erklärt 27,8% der Gesamtvarianz. Sie wird vor allem durch die Orts-

größen der Kommunen, in denen die KWGs zur Kommunalwahl antraten, bestimmt. Orte mit

kleiner Einwohnerzahl (bis 10.000 Einwohner) sind weit über der Abszisse abgetragen. Die

großen Orte liegen dagegen unterhalb des Koordinatenursprunges. Der ALTE TYPUS von

KWGs tritt entgegen der ursprünglichen Erwartungen (Holtmann 1992; 2002) in größeren

Orten mit größerer Einwohnerzahl und in Agglomerationsräumen häufiger auf.

19

Die Siedlungsstruktur wurde entsprechend der 3 Kategorien in Abbildung 4 kodiert (Agglomerationsräume:

1, Verstädtere Räume: 2 und Ländliche Räume: 3). 20

Die Anzahl der Einwohner (EW) wurde in 5 Kategorien kodiert (bis 5.000 EW: 1, 5.000 bis 10.000 EW: 2,

10.000 bis 50.000 EW: 3, 50.000 bis 100.000 EW: 4 und über 100.000 EW: 5). 21

Die relative Arbeitslosigkeit im Ort wurde aufgrund der offiziellen Statistik der Bundesagentur für Arbeit

bestimmt (Arbeitslosenquote = Arbeitslosenzahl / (Arbeitslosenzahl + Erwerbstätigenzahl) (vgl. Bertelsmann

Stiftung 2006). Die so errechnete Arbeitslosenquote wurde mit der Arbeitslosenquote des jeweiligen Bundes-

landes ins Verhältnis gesetzt (Relative Arbeitslosigkeit (RAL) = Arbeitslosenquote vor Ort / Arbeitslosenquo-

te im Bundesland). Ist die Arbeitslosenquote vor Ort größer als im Bundesland (RAL > 1) wurde sie als „rela-

tiv hohe Arbeitslosigkeit“ (1) und umgekehrt (RAL < 1) als „relativ geringe Arbeitslosigkeit“ (2) kodiert.

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22

Die NEOLIBERALEN KWGs sind dagegen in kleineren Orten (mit 5.000 bis 10.000 Einwoh-

nern) überdurchschnittlich häufig zu finden. Die SOZIALLIBERALEN KWGs und der NEUE

TYPUS sind dagegen keiner bestimmten Ortsgröße eindeutig zuzuordnen. Allerdings ist der

NEUE TYPUS häufiger in ländlichen Räumen anzutreffen. Das entspricht den Ergebnissen, dass

der NEUE TYPUS in Ostdeutschland häufiger vorkommt und dass es im Erhebungszeitraum

(2005/06) in Ostdeutschland im Vergleich zu den westdeutschen Bundesländern kleinräumi-

gere Siedlungsstrukturen gab (Reiser/Rademacher/Jaeck 2008).

Abbildung 4: Multiple Korrespondenzanalyse:

regionale Charakteristiken der „KWG Realtypen“

East Germany

West Germany

agglomeration areas

urban areas

rural areas

‘old politics’

‘social libertarian’

‘new politics’

‘neo liberal’

< 5,000 inhabitants

5,000-10,000

inhabitants

10,000- 50,000

inhabitants

50,000-100,000

inhabitants

> 100,000

inhabitantsrelatively high

unemployment

relatively lowh

unemployment

λ2=0.278

λ1=0.287

Scale: 0.5

1

2

3

4

Quelle: eigene Berechnungen.

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Erster Entwurf – bitte nicht zitieren!

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Erstaunlich ist, dass die relative Arbeitslosigkeit keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausrich-

tung der KWGs zu haben scheint. Intuitiv wäre doch zu erwarten gewesen, dass soziale Ori-

entierungen und die Präferenz von Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik in Kommunen mit ver-

gleichsweise hoher Arbeitslosigkeit auch häufiger wären. Der entsprechende SOZIALLIBERALE

TYPUS liegt zwar näher am Punkt relativ hoher Arbeitslosigkeit, die Entfernungen zu allen

anderen Punkten sind aber deutlich kleiner und deren Einfluss auf die jeweilige Gruppenzu-

gehörigkeit damit weitaus größer. Die NEOLIBERALEN KWGs weisen dagegen eine größere

Nähe zu Orten mit relativ niedriger Arbeitslosigkeit auf. Mit anderen Worten: Je weniger so-

ziale und ökonomische Probleme in einer Kommune auftreten, desto eher etablieren sich in

diesen Orten KWGs mit ökonomischen Orientierungen.

Zusammenfassung und Ausblick

Am Ende sei zusammenfassend nochmals festgehalten: KWGs sind per definitionem keine

Parteien. Aber sie sind de facto auch keine ad hoc- oder gar überwiegend Single-Issue-

Gruppierungen. Sie beschäftigen sich mit einer breiten Auswahl gegensätzlicher Themen-

schwerpunkte gleichzeitig und treten dafür als lokale catchall-Organisationen (Kirchheimer

1966) auf. Dies korrespondiert wohl mit ihrem eigenen Selbstverständnis, ideologiefreie und

sachorientierte Entscheidungen zu treffen (Göhlert et al. 2008: 141). Trotzdem lassen sich

vier Dimensionen identifizieren, anhand derer sich deutsche KWGs inhaltlich voneinander

unterscheiden: die ökonomische, die soziale, die Natur- und Umwelt- sowie die Local-

Governance-Orientierung (siehe Tabelle 4). Diese vier Faktoren konstituieren vier inhaltlich

bestimmte und voneinander unterscheidbare KWG-Typen.

Beim ALTEN TYPUS von KWGs bilden ökonomische und soziale Orientierungen ein eigen-

tümliches inhaltliches Konglomerat, das ebenfalls für die Volksparteien CDU, CSU und SPD

und die bundespolitische große Koalition des Erhebungszeitraums (2005/06) typisch war.

KWGs des NEUEN TYPUS stimmen in ökonomischen, sozialen, Natur- und Umweltorientie-

rungen genauso wie in Local-Governance-Orientierungen überein. Sie entsprechen damit

inhaltlich der Partei Bündnis90/Die Grünen. Bei SOZIALLIBERALEN KWGs überwiegen hinge-

gen die Local-Governance-Orientierungen. Der vierte Typus der NEOLIBERALEN KWGs ist

vor allem dadurch gekennzeichnet, dass er bis auf die ökonomische alle anderen Orientierun-

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gen rigoros verneint. Es handelt sich insofern nicht um eine reine Residualkategorie, sondern

ebenfalls um eine bewusste Grundhaltung, die alle KWGs dieses Typus miteinander teilen. Im

Untersuchungszeitraum (2005/06) entsprechen diese NEOLIBERALEN KWGs wohl der FDP in

ihrer bundespolitischen Oppositionsrolle.

Vor diesem Hindergrund ist es nicht überraschend, dass deutsche KWGs nicht nur funktionale

Äquivalente zu Parteien darstellen (Holtmann 2008: 12). Sie reflektieren überdies Anpassun-

gen des deutschen Parteiensystems auf nationaler und subnationaler Ebene. Der vorliegende

Artikel liefert empirische Evidenzen dafür, dass die Selbstwahrnehmung von KWGs als ideo-

logiefrei unangemessen erscheint. Zwar sind Kommunale Wählergemeinschaften parteifreie

Vereinigungen, aber sie sind selbstverständlich nicht frei von politischen Interessen und

Ideen.

Weitere Fragen, die unser Forschungsprojekt analysieren will, sind: Unterscheiden sich die

politischen cleavages zwischen KWGs von denen von Ortsparteien? Erste Wordscore-

Analysen von Auswahlen jeweiliger Parteiprogramme (Heinig 2008) legen den Schluss nahe,

dass die inhaltlichen Divergenzen zwischen Ortsparteien und KWGs eher marginal ausfallen.

Was wiederum mit Lehmbruchs (1975) These der Janusköpfigkeit der Ortsparteien korres-

pondieren würde. Um die Frage aber valide beantworten zu können, wurden die issue- Salien-

zen von KWGs und Ortsparteien gleichzeitig abgefragt. Zwar ist die erneute CATI-

Datenerhebung bereits beendet, aber die Datenbearbeitung und –auswertung ist noch nicht

abgeschlossen.

Zu weiteren Auswertungen in dieser Frage muss der Leser daher auf die Online-

Publikationsliste unseres Teilprojektes A6 „Kommunale Wählergemeinschaften als hybride

lokalpolitische Akteure“ innerhalb des SFB 580 „Gesellschaftliche Entwicklungen nach dem

Systemumbruch“ (siehe http://www.sfb580.uni-jena.de/typo3/189.0.html?&L=1&style=1...

leria2%2Fgalery.txt%3F%3F%2Ferror.php%3Fdir%3D) verwiesen werden.

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