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Asien - Seite 8 Japan - Seite 36 8 Seiten Thailand-Special Eigener Währungsfonds Mobiles Internet In der Krise? Nach der Krise? Maschinenbau „Made in Germany“ läuft weiter aktuell ASIA Das Wirtschaftsmagazin aus Asien 06/2009 Aktuell seit 1996 - www.aktuellasia.com China Cambodia Deutschland Hong Kong India 100 RMB 9.90 US$ 10,00 Euro 100 HK$ 250 Rs Indonesia Japan Korea Malaysia Myanmar 55.000 Rp 650 Yen 6.700 Won 24.00 RM 9.90 US$ Philippines Schweiz Singapore Taiwan Thailand 330 Pesos 12,00 Sfr 10.00 S$ 190 NT$ 200 Baht

Aktuell Asia Ausgabe Juni 2009 - asia-bridge.de · LOG.08.014 MO2_Werte_ Asia Aktuell: 207x292 Als integrierter Logistikdienstleister entwickelt Logwin ganzheitliche Logistik- und

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Asien - Seite 8

Japan - Seite 36

8 Seiten Thailand-Special

Eigener Währungsfonds

Mobiles Internet

In der Krise? Nach der Krise?

Maschinenbau„Made in Germany“ läuft weiter

aktuellASIADas Wirtschaftsmagazin aus Asien 06/2009 Aktuell seit 1996 - www.aktuellasia.com

China Cambodia Deutschland Hong KongIndia

100 RMB 9.90 US$

10,00 Euro 100 HK$

250 Rs

Indonesia Japan Korea MalaysiaMyanmar

55.000 Rp 650 Yen

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Philippines Schweiz Singapore TaiwanThailand

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LOG.08.014 MO2_Werte_ Asia Aktuell: 207x292

Als integrierter Logistikdienstleister entwickelt Logwin ganzheitliche Logistik- und Servicelösungen für Industrie und Handel: mit 8.600 Mitarbeitern an 400 Standorten in 44 Ländern. Logwin bietet Kontraktlogistik, weltweite Luft- und Seefracht sowie Landtransporte auf Straße und Schiene – und das mit einem Maximum an Präzision und Zuverlässigkeit. Mit individuellen Logistikkonzepten bringt Logwin das Geschäft seiner Kunden nachhaltig voran. Mehr Kundennähe und mehr Innovation fi nden Sie unter: www.logwin-logistics.com

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EDITORIAL

· Trends erkennen · Konjunkturpakete nutzen · Erfahrungen austauschen

8. Asien-Pazifi k- Forum Bayern

Professor Dr. Klaus L. WübbenhorstPräsident der Industrie- und HandelskammerNürnberg für Mittelfranken

Martin ZeilStaatsminister, Bayerisches Staatsministerium fürWirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie

Christian BöllhoffGeschäftsführer, Prognos AG, Basel

Eröffnung und Einführung

Telefon: +49 (0)911 23886-41 oderwww.awz-bayern.deTelefon: +49 (0)911 1335-401 oderwww.ihk-nuernberg.de

Weitere Informationen

Erfahrungsberichte deutscher UnternehmerFakten und Daten von Geschäftsführerndeutscher AuslandshandelskammernIndividuelle BeratungsgesprächeNEU: Podiumsdiskussion „Asien - techno-logischer Partner des 21. Jahrhunderts“NEU: BranchenvorträgeNEU: Workshops zu Vertrieb, Einkaufund GesamtasienstrategieNEU: Branchenspezifi sche DiskussionseckenNEU: Unternehmer-Erfahrungsbörse

Programm

21. Juli 2009im CCN Ost der NürnbergMesse

in Nürnberg

„Schritt für Schritt hat sich China in den vergangenen Jahren

in der Hierarchie der Nationen nach oben gearbeitet. Dass die

Weltbörsen auf Nachrichten aus dem Land der Mitte reagieren, ist

ein relativ neues Phänomen.“

::: Im Zuge der Krise wächst die Bedeutung weiter. Eine konservative Fis-kalpolitik macht die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Erde jetzt zu einem bedeutenden Stabilitätsanker – und zu einem Adressaten von Hilfeersu-chen. Die nunmehr auf fast zwei Billionen Dollar angewachsenen Devisen-reserven sind nur ein Beispiel dafür, dass China die Devise „cash is king“ beherzigt hat. Auch der staatliche Investmentfonds hat noch volle Kassen.

Ohne weiteres werde die Chinesen jedoch nicht bereit sein, den Westen rauszupauken. Im Gegenteil. Im Land ist eine gewisse Genugtuung darüber nicht zu überhören, dass die bis vor kurzem noch unbestrittene Supermacht USA zum Bittsteller geworden ist. China wird die Schwäche nutzen, um seine Position in der Reihe der Großmächte zu stärken. Der Vorschlag des chinesischen Notenbankchefs Zhou Xiaochuan den US-Dollar als globale Leitwährung abzulösen, ist ein erster Schritt dorthin.

China wird in erster Linie sich selbst und erst in zweiter Linie seinen Han-delspartnern helfen. Offizielle Handelsbarrieren aufzubauen kann sich eine exportabhängige Nation wie die chinesische nicht leisten. Dennoch wird zumindest inoffiziell die Devise „China first“ gelten. Genauso wenig wird das Land den Kapitalverkehr liberalisieren. Waren es doch gerade die Kapi-talverkehrskontrollen, die verhindert haben, dass das Land allzu tief in den Strudel der Krise gezogen wurde.

Setzen Sie also für Ihren eigenen Planungen nicht darauf, dass die Volksre-publik den Yuan aufwertet, wie es viele fordern. Und erwarten Sie genauso wenig, dass Ihr Unternehmen – auch dann wenn es die anscheinend das beste Angebot hat – automatisch vom chinesischen Konjunkturprogramm profitieren wird. :::

Martin BrücknerChefredakteur

P.S. Wie Frank Delano bereits in der vergangenen Ausgabe berichtete, hat sich Aktuell ASIA mit dem Magazin Asia Bridge vereinigt. An der re-daktionellen Qualität „Ihrer“ Aktuell ASIA ändert das natürlich nichts. Im Gegenteil, wir verfügen in Zukunft über zusätzliche redaktionelle Kapazi-täten und Kontakte vor allem in der asiatisch-pazifischen Region. Darüber hinaus profitieren unsere Anzeigenkunden in Zukunft von einer nahezu verdoppelten Auflage der beiden Zeitschriften. Und natürlich hoffen wir, dass auch das neue Design des Hefts Ihren Geschmack trifft.

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Aktuell ASIA 6:2009

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Aktuell ASIA 6:2009

12 ::: Cover-StoryMaschinenbau setzt Hoffnung in Asien

28 ::: Japanegal wo, die Japaner sind online – mit dem Handy. Mit den richtigen Diensten lässt sich Geld verdienen

26 ::: ChinaFernost baut anders: Von außen westlich, doch in der Struktur chinesisch

InhALT 5

Bilder: Bosch Rexroth, Dieter Hassenpflug, David Ooms; titelbild: Shutterstock

pOLITIk

6 ::: Face to Face

8 ::: Ostasien ein eigener Währungsfonds für

mehr unabhängigkeit vom IWF

10 ::: News

COvER-sTORy:

Maschinenbau

12 ::: lichtblick Asien

14 ::: Macher & Märkte Sicher durch die krise: GeA IHe

blickt optimistisch in die Zukunft

16 ::: Gebrauchtmaschinen Secondhand aus Deutschland ist in Asien gefragt

BusInEss

18 ::: Expertengespräch Patrick lindig zu den

Herausforderungen der logistik

20 ::: China Präsenz in der weltweit

größten Internetgemeinde

24 ::: China Bilderbogen zum Sommerfest

der europäischen kammern

26 ::: Korea Regierung greift gebeutelten

Autobauern unter die Arme

28 ::: China Rückzug nicht ausgeschlossen

30 ::: Japan Arbeitnehmer ohne Netz

und doppelten Boden

32 ::: Expertengespräch Siemens-Chef Indien lobt das

Innovationspotenzial des landes

34 ::: China urbanisierung: Städte wachsen

nach ihren eigenen Regeln

36 ::: Japan Vorreiter beim mobilen Internet

38 ::: Indonesien Beste Aussichten für alles, was

schön, jung und fit macht

ThAILAnD spECIAL

39 ::: Indonesien umwelttechnologien werden

dringend gebraucht

40 ::: Im Norden tianjin kennt keine krise

Aktuell ASIA 6:2009

42 ::: Cathay Pacific Award-Gewinner zu Gast an der

tsinghua-universität in Beijing

44 ::: News

MEssEn & kOngREssE

45 ::: Wind Power Asia Branche boomt weiter

TRAnspORT & LOgIsTIk

46 ::: Hubs in Not Häfen im Perlflussdelta leiden

REChT & sTEuERn

48 ::: Indien Der Fall Vodafone wirbelt

etablierte Strukturen auf

sERvICE

50 ::: Termine, Buchtipps 51 ::: Feiertage, Impressum, Vorschau

TRAvEL & LIfEsTyLE

52 ::: Vietnam Saigon und umgebung54 ::: Ausgesprochen asiatisch

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6 Aktuell ASIA 6:2009fACE TO fACE

Denkender general

::: Narawat (Nora) Khamsai hat die Stelle als Chief Financial Officer (CFO) bei der Pacific Asia Travel Association (PATA) angetreten. Narawat Khamsai wechselt zur PATA aus einer in Bangkok ansässigen Architekten- und Designfirma, wo sie als Account Managerin tätig war. Narawat verfügt über umfang-reiche Erfahrungen im Hotel- und Dienstleistungsbe-reich. :::

pATA, Bangkok

::: Salans verstärkt das Büro in Hong Kong mit einem weiteren Partner. Der M & A- und Ka-pitalmarktrechtsexperte Ben-ny Pang wechselt von Paul, Hastings, Janofsky & Walker LLP in das dritte China-Büro der Kanzlei. Benny Pang berät private wie auch öffentliche Unternehmen bei M & A- und Kapitalmarkttransaktionen. Er verfügt über umfangreiche Erfahrungen in der Bera-tung von Emittenten und Emissionsbanken und war an rund 20 Börsengängen in Hong Kong beteiligt. Benny Pang spricht fließend Kantonesisch, Englisch und Mandarin. :::

::: Indonesiens Präsident Su-silo „Bambang“ Yudhoyono verpasst dem politischen Esta-blishment seines Landes einen ordentlichen Denkzettel. Die von ihm selbst erst vor fünf Jah-ren gegründete Demokratische Partei wurde bei den Parla-mentswahlen im April stärkste politische Kraft. Das Wahler-gebnis ist ein klarer Fingerzeig für die im Juli stattfindenden Präsidentschaftswahlen. Auch bei diesen ist Yudhoyono, der den Spitznamen „denkender General“ trägt, klarer Favorit vor der früheren Amtsinhaberin Megawati Sukarnoputri. Im-mer mehr zur Randerscheinung wird dagegen Golkar, die einst allmächtige Partei des 1998 gestürzten Dikta-tors Suharto. :::

salans LLp, hong kong

::: Der neue Botschafter der Republik Indonesien in Deutschland heißt Eddy Pratamo. 1982 begann der studierte Völkerrechtler seine berufliche Karriere im Referat für Humanitäre Fragen. Wenige Jahre spä-ter wechselte er als Mitarbeiter der Wirtschaftsab-teilung in die Ständige Vertretung Indonesiens bei den Vereinten Nationen in New York, bevor er 1994 die Leitung der Politischen Abteilung Indonesiens bei den Vereinten Nationen in Genf übernahm. Von 2004 bis 2006 war Pratamo an der Indonesischen Botschaft in London tätig. Der 55-Jährige hält einen Masterabschluss in Völkerrecht und Diplomatie der St. John’s Universität in New York. Pratamo spricht Indonesisch und Englisch. :::

Indonesische Botschaft, Berlin

::: Die Hamburger Niederlassung der Karl Gross Internationale Spedition GmbH hat als Ergän-zung zu ihrem Engagement vor Ort in China ein Team speziell zur Betreuung der China-Ver-kehre auf europäischer Seite zu-sammengestellt. Tommy Chun,

der seit 2006 für den Lo-gistiker tätig ist, wird als Route Manager die China-Verkehre koordinieren und sich um die Weiterentwicklung dieses Ge-schäftszweigs kümmern. Parallel dazu hat sich Karl Gross im Be-reich „Kundenservice“ verstärkt und Lissy Chen – eine geborene

Chinesin, die neben Chinesisch fließend Deutsch und Englisch spricht – engagiert. :::

karl gross Internationale spedition, hamburg

::: Zum 1. April 2009 hat Yasu-shi Iwamatsu die Leitung der ECOS Japan Repräsentanz in Yokohama übernommen. Ya-sushi Iwamatsu kommt aus der Mitsubishi Corporation und war dort unter anderem als Senior Adviser für den CEO der Mitsubishi Energy Group tätig. Er wird in seiner neuen Rolle als ECOS-Japan-Repräsentant deutsche Unternehmen und Organi-sationen unterstützen, die in den japanischen Markt einsteigen oder ihr Engagement in Japan ausdehnen möchten. Daijo Tsunoda hat nach elf Jahren als Re-präsentant der ECOS Japan Consult in Japan zum 31. März 2009 seine Arbeit in dieser Position been-det. Er wird ECOS aber als Adviser weiterhin erhal-ten bleiben. :::

ECOs Japan, yokohama

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8 Aktuell ASIA 6:2009pOLITIk : Ostasien

region Hong Kong: Sie muss 4,2 Mrd. US-Dollar beisteuern. Koreas Beitrag liegt bei 19,2 Mrd. US-Dollar, den Rest steu-ert Südostasien bei.

unabhängig von der gunst des IWf„Der Internationale Währungsfonds arbeitet weltumspan-nend. Wir werden jetzt auf regionaler Ebene das Gleiche tun“, kündigte Rajat Nag, Geschäftsführer der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), bei deren Jahrestagung im baline-sischen Nusa Dua Anfang Mai unumwunden an. „Der Sinn dieses Fonds ist es, eine Alternative zum IWF zu bilden. Des-halb sollte der asiatische Pool etwas nachsichtiger und flexib-ler sein“, sagte Surin Pitsuwan, Generalsekretär des Staaten-bundes ASEAN. Damit verwies Surin auf die Schmach, die Asien nach der Krise 1997 empfand: Damals hatte der IWF den Asiaten Geld nur unter als harsch empfundenen Kon-

VON CHRIStOPH HeIN ::: Die Krise führt Asien enger zusammen. Unter dem Druck des schrumpfenden Exports in den Westen versucht sich der Osten Asiens am Schulterschluss. Südost-asien profitiert dabei vom ewigen Ringen Chinas und Japans um die Vorherrschaft. Südasien mit seiner Führungsmacht Indien hingegen fällt weiter und weiter zurück.

So hat Ostasien seinem eigenen Währungsfonds nun ein Gesicht verliehen. Er soll mit 120 Mrd. US-Dollar ausge-stattet und zunächst über eine bei der Asiatischen Entwick-lungsbank in Manila angesiedelte volkswirtschaftliche Abtei-lung gesteuert werden. Erwachsen ist er aus den bilateralen Swap-Abkommen, die 2002 im nordthailändischen Chiang Mai gegründet worden waren. An dem nun aufgestockten Abkommen beteiligen sich Japan und China mit jeweils 38,4 Mrd. US-Dollar. Beijing greift dabei erstmals in die Kasse seiner – eigentlich autonom geführten – Sonderverwaltungs-

schulterschluss der AsiatenIn der Krise stößt Ostasien neue Projekte an: Unter anderem soll ein Währungsfonds unabhängig vom IWF entstehen. Die Idee ist nicht neu. Fraglich ist, ob die heterogenen Interessen unter einen Hut zu bringen sind.

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9Aktuell ASIA 6:2009

ditionen gegeben. Gepolstert durch ihre hohen Währungsreserven wollen sich die Asiaten in dieser und weiteren Krisen jetzt nicht mehr das Heft aus der Hand nehmen lassen. Sie nutzen die Gunst der Stunde: Barack Obama zeigt sich offener als sein Vorgänger, muss aufgrund der weltumspannenden Krise um jede Ergänzung des IWF froh sein und braucht China und Japan mehr denn je für eine globale Abstimmung.

Dabei sind noch viele Fragen offen: Welche Währung wird die Leitwäh-rung für den Fonds? Wie wird er sich im wirklichen Krisenfall verhalten, welche Mittel wird er wählen, um sei-ne Ansprüche aus der Kreditvergabe durchzusetzen? Wird das heterogene Asien einen Weg finden, auch mit den heißen Eisen im Krisenfall einvernehm-lich umzugehen?

Mit einer gemeinsamen Stimme treten die Ostasiaten denn auch jetzt nicht auf. So übertrumpfte Japan Chi-na erneut, indem es zusätzlich zu seiner Beteiligung am Fonds auch noch eige-ne Mittel an die Region vergab: Tokio stellte den Krisenländern zusätzlich ei-nen Krisenfonds über 6 Bill. Yen (45,23

Mrd. Euro) zur Verfügung und besichert Unternehmensan-leihen in Japan im Wert von umgerechnet 500 Mrd. Yen.

geldgeber stärken kapital der ADBHilfe kommt auch über einen dritten Kanal, von der ADB selber. Denn deren Mitglieder – unter ihnen Deutschland als drittgrößter Geldgeber außerhalb der Region – haben das Kapital der Bank auf nun 165 Mrd. US-Dollar verdreifacht. Durch die Stärkung ihrer Kapitalbasis wird es ihr leichter fal-len, frisches Geld aufzunehmen. Ihre Ausleihungen will die Bank für dieses und das nächste Jahr um ein knappes Drittel auf 32 Mrd. US-Dollar erhöhen. Im vergangenen Jahr teilte sie die Rekordsumme von 10,5 Mrd. US-Dollar aus.

Ihrem Auftrag gemäß will die Bank die Armut verringern. „Es bereitet uns Sorge, dass Geld aus Asien abfließt. Die Fol-ge davon ist, dass mehr und mehr Länder daran scheitern, Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Dabei schließen die Risikoprämien einige Länder im Vorhinein aus“, sagt ADB-Präsident Haruhiko Kuroda. 3 Mrd. US-Dollar aus ih-rem Portfolio gibt die ADB nun „billiger und schneller“ an Regierungen aus, die dringend Hilfe benötigen.

Allerdings schwenkt die Bank gerade unter der deutschen Vizepräsidentin Ursula Schäfer-Preuss mehr und mehr auf den Umweltschutz ein. Hier fällt der Blick auf Südostasien:

pOLITIk : Ostasien

Ginge der Klimawandel ungebremst voran, würden sich die Durchschnittstemperaturen in Indonesien, den Philippinen, Thailand und Vietnam zwischen 1990 und 2100 um durch-schnittlich 4,8 Grad Celsius erhöhen. „Unser Modell ergibt, dass der Meeresspiegel um bis zu 70 Zentimeter steigt. Das würde Millionen von Menschen dazu zwingen, weiter ins Land zu ziehen“, sagt Juzhong Zhunag, stellvertretender Chefökonom der ADB. 80% der Bewohner Südostasiens le-ben in weniger als 100 km Abstand zur Küste. „Südostasien wird dadurch unter dem Klimawandel stärker leiden, als die anderen Länder der Erde. Das Länderquartett könnte auf-grund der Folgen des Klimawandels 6,7% seiner jährlichen Wirtschaftsleistung einbüßen.“

Regionaler handel braucht bessere InfrastrukturDas zweite große Thema der Bank ist der Ausbau des regio-nalen Handels, um so den schwindenden Export aufzufangen. Dazu aber braucht Asien dringend eine bessere Infrastruktur. Eine Studie des ADB Institute in Tokio schätzt, dass Asien zwischen 2010 und 2020 jährlich 750 Mrd. US-Dollar in den Ausbau von Straßen und Eisenbahnlinien, Kraftwerken und Kommunikationsnetzen investieren müsse. Dadurch würden die Länder ihr Volkseinkommen 2020 um 1,6 Bill. US-Dollar steigern – das entspricht einem Zehntel des Bruttoinlandspro-duktes der asiatischen Entwicklungsländer. :::

Dr. Christoph Hein ist Asien-Pazifik-korrespondent der Frankfurter Allge-

meinen Zeitung mit Sitz in Singapur.

Der eigene Währungsfonds soll nach Aussage Rajat Nags,

dem Geschäftsführer der ADB, agieren wie der IWF – nur

eben auf regionaler Ebene.

Erste Priorität der Asiatischen Entwicklungs-

bank (ADB) ist die Verringerung der Armut.

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JAPAN

Ozawa ist zurückgetreten

::: Der japanische Oppositionsführer Ichiro Ozawa ist wegen eines Spen-denskandals als Chef der Demokra-tischen Partei (DPJ) zurückgetreten. Um die Einheit der Partei vor den nächsten Wahlen und einem möglichen Regierungswechsel zu stärken, „habe ich beschlossen mich zu opfern“, sagte Ozawa in Tokio.

Der 66-Jährige galt bis vor kurzem noch als Favorit für das Amt des näch-sten Regierungschefs. Seit der Anklage seines Sekretärs im März wegen des Verdachts auf illegale Parteienfinanzie-rung sanken seine Umfragewerte rapi-de. Regierungschef Taro Aso von den Liberaldemokraten (PLD), die seit 1955 fast ununterbrochen regieren, muss bis spätestens September Neuwahlen anbe-raumen. ::: Dow Jones

::: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat den Ländern im asiatisch-pazifischen Raum empfohlen, bis Ende 2010 „kraftvolle“ geld- und fiskalpoli-tische Maßnahmen beizubehalten. Dies sei als Versicherung gegenüber den wirtschaftlichen Abwärtsrisiken erfor-derlich und werde der Region helfen, die Rezession rascher zu überwinden, heißt es in einem veröffentlichten IWF-Bericht zu der Region.

Die 2009 aufgelegten Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur sollten bis Ende des kommenden Jahres bei-behalten werden, nicht zuletzt um sich vor Risiken zu schützen, die bisher noch nicht sichtbar seien. Allerdings müsse auch die haushaltspolitische Glaubwür-digkeit gesichert werden, indem die Kon-junkturpakete klar als außergewöhnliche Maßnahmen zur Krisenbewältigung be-zeichnet würden. ::: Dow Jones

::: Der chinesische Vizepremiermi-nister hat zu internationaler Zusam-menarbeit aufgerufen, um die Kurse der wichtigen Währungen stabil zu halten. In einem Beitrag für die „Fi-nancial Times“ schreibt Wang Qis-han, mit Blick auf die Finanzstabilität sei es wichtig, die Wechselkurse der wichtigen Währungen durch eine ko-ordinierte Wechselkurspolitik stabil zu halten. Die internationale Finanzkrise sei noch nicht vorüber. Die Weltwirt-schaft werde zunächst noch weiter an

Schwung verlieren, bevor eine Besse-rung eintrete.

Es sei unabdingbar, dass makroö-konomische Maßnahmen international abgestimmt würden und dass sowohl mit fiskalischen Paketen als auch mit der Geldpolitik die Konjunktur ange-kurbelt werde. Protektionismus in jeder Form müsse vermieden werden. Das umfangreiche chinesische Konjunktur-paket zeige erste positive Ergebnisse und die Lage sei besser als zunächst be-fürchtet. ::: Dow Jones

CHINA

vizepremier drängt auf kooperation bei Devisen

kRISeNPOlItIk

IWf empfiehlt Asien bis Ende 2010 „kraftvolle“ Maßnahmen

JAPAN

BoJ: Talsohle bis 2009 erreicht

::: Der Gouverneur der japanischen Notenbank, Masaaki Shirakawa, macht erste positive Anzeichen für die Wirt-schaftsentwicklung in Japan aus. Shira-kawa verwies in diesem Zusammenhang auf den ersten Anstieg der japanischen Industrieproduktion seit sechs Mona-ten. Dies deute darauf hin, dass sich der Abschwung in Japan abschwäche, sagte Shirakawa. Der Gouverneur der Bank of Japan (BoJ) geht davon aus, dass die Talsohle in Japan Ende 2009 erreicht werde. ::: Dow Jones

NePAl

prachanda verkündet Rücktritt

::: ::: Nepals maoistischer Regierungs-chef Prachanda hat aus Protest gegen die Haltung des Präsidenten im Streit um den Armeechef seinen Rücktritt erklärt. Er sei „zum Schutz von Demokratie und Frieden“ zurückgetreten, sagte Prachan-da in einer Fernsehansprache. Die Regie-rung unter Prachanda hatte Armeechef Rookmangud Katawal zuvor fristlos ent-lassen. Sie warf ihm vor, in Missachtung des Friedensabkommens die Aufnahme früherer maoistischer Kämpfer in die Armee zu verweiger. ::: Dow Jones

pOLITIk : News Aktuell ASIA 6:200910

::: China will die Windkraft in den kommenden zehn Jahren stark ausbauen. Bis 2020 will die Volksrepublik 100 GW Strom aus Wind gewinnen, sagte Feng Junshi vom der nationalen Ener-gieagentur der Zeitung „China Daily“. Aktuell produziert Chi-na laut der Zeitung 12 GW, im kommenden Jahr sollen es bereits 20 GW sein. China wolle „ganz klar“ das größte Windkraft-Land der Welt werden, sagte Steve Sa-wyer vom Global Wind Energy Council (GWEC) in Brüssel dem Blatt. Derzeit sind dies die USA, die Deutsch-land laut GWEC im vergangenen Jahr auf den zweiten Platz verwiesen hatten. Auf dem dritten Platz liegt demnach Spanien, China folgt auf dem vierten. Die Volksrepublik bezieht 70% ihrer Energie derzeit aus der umweltschäd-

lichen Verbrennung von Kohle und will diese Abhängigkeit verringern. Die Windkraftanlagen stehen zur Zeit vor allem im Norden und Nordwesten des Landes. China möchte Windener-gie aber vor allem auch im Süden und im Osten nutzen, den wirtschaftlichen Zentren des Landes. ::: Dow Jones

CHINA

Beijing will Windenergie bis 2020 stark ausbauen

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12 Aktuell ASIA 6:2009

Nach einem Jahr mit signifikanten Exportsteigerungen in wichtige asiatische Länder stellt sich der deutsche Maschinen- und Anlagenbau auf eine Ab-schwächung des Geschäfts ein. Die gute Nachricht: Die Exporte nach China und Indien legen weiter zu.

Der Wachstumsmotor läuft gedrosselt

COvER-sTORy : Maschinenbau

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13Aktuell ASIA 6:2009

Der Wachstumsmotor läuft gedrosselt

VON OlIVeR WACk ::: Entgegen noch vor wenigen Mo-naten kursierenden Hoffnungen konnte sich auch die Asien-Pazifik-Region nicht von der weltwirtschaft-lichen Entwicklung abkoppeln. Wichtige Absatzmärkte sind mit teilweise signifikanten Rückgängen im Auf-tragseingang konfrontiert. Dies wird für die deutsche Investitionsgüterindustrie indirekt auch Auswirkungen auf mögliche Neubestellungen haben.

Die chinesische Regierung hat bereits Anfang No-vember 2008 ein rund 450 Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm beschlossen und will damit der rückläufigen Wirtschaftsentwicklung kurzfristig be-gegnen. Hierbei sollen insbesondere zusätzliche In-frastrukturprojekte aufgelegt werden. Der Ausbau des Straßen- und Eisenbahnnetzes, die Erweiterung der Flughafenkapazitäten sowie der zukunftsorientierte Ausbau des Wasser- und Energiesektors genießen be-sondere Aufmerksamkeit. Daher kann auch für das Jahr 2009 mit einem weiteren Wachstum der Maschinen-exporte nach China im einstelligen Prozentbereich ge-rechnet werden.

Die indische Regierung und internationale Beo-bachter erwarten für das Fiskaljahr 2009/2010 ein ab-geschwächtes Wirtschaftswachstum von rund 5%. In diesem Zusammenhang wird auch mit einer nachlas-senden Investitionstätigkeit gerechnet. Allerdings hat der deutsche Maschinen- und Anlagenbau als der seit Jahrzehnten wichtigste Ausrüstungspartner des Landes weiterhin gute Chancen, an den laufenden Projekten zu partizipieren. Insofern ist auch für Indien ein leich-tes Wachstum der Maschinenexporte im Jahr 2009 eine realistische Perspektive.

Die japanische Wirtschaft konnte sich nicht vom weltwirtschaftlichen Einbruch der Nachfrage abkop-peln. Die Ausfuhren gingen seit der Jahreswende stark zurück. Für 2009 erwartet die japanische Regierung einen deutlichen Rückgang der Industrieproduktion. Diese Einschätzung wird mögliche Exporte des deut-schen Maschinen- und Anlagenbaus in den sehr weit entwickelten japanischen Markt erschweren. Insgesamt muss deshalb damit gerechnet werden, dass das bishe-rige Niveau der deutschen Maschinenexporte nach Ja-pan von rund zwei Mrd. Euro pro Jahr in 2009 nicht gehalten werden kann.

vDMA drängt auf Abbau von ZöllenKorea hat sich in den letzten beiden Jahren nach China und Indien zum drittwichtigsten Absatzmarkt für die deutsche Investitionsgüterindustrie in Asien entwickelt. Hinter Japan (33%) und den USA (21%) liegt Deutsch-land mit einem Anteil von rund 12% auf Platz 3. Der jedoch gerade im Vergleich zu anderen asiatischen Län-dern relativ geringe Anteil der deutschen Maschinenex-porte zeigt, dass durch den schnellen Abschluss eines Freihandelsabkommens zwischen der EU und Korea für die deutsche Investitionsgüterindustrie noch erheb-liches Potenzial zu gewinnen ist. Diese Einschätzung Bi

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GCOvER-sTORy : Maschinenbau

wird durch eine im Jahr 2008 erstellte PROGNOS-Studie unterstrichen.

Die Verhandlungen der EU mit Korea über den Ab-schluss eines bilateralen Freihandelsabkommens sind bereits weit vorangeschritten, wogegen die Gespräche mit Indien intensiviert werden müssen. Für den deut-schen Maschinenbau geht es hierbei vor allem um den raschen Abbau der Zölle. Ein zügiger Abbau würde die Wettbewerbsposition der deutschen Investitionsgüter-industrie insbesondere gegenüber dem japanischen und chinesischen Wettbewerb verbessern. :::

AsIEn-sTuDIE

Unter dem Titel „Wachstumsregion Asien – Abnehmerbran-chen im Fokus des Maschinenbaus“ hat der VDMA in Koope-ration mit Germany Trade and Invest (gtai) eine Marktstudie erstellt, die die Absatzbemühungen des deutschen Maschi-nen- und Anlagenbaus in Asien unterstützen soll. Die Studie ist für VDMA-Mitglieder kostenfrei.

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Oliver Wack ist Referent in der Außenwirtschaftsabteilung des

VDMA und zuständig für die Regionen Ost- und Südasien.

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VON CHARlOtte WOlFF ::: „In China muss man sehr schnell rennen können, um die Konkurrenz auf Abstand zu halten“, sagt Michael Hubensteiner. Nicht besorgt, sondern selbst-bewusst und optimistisch klingt dabei die Stimme des Ge-schäftsführers der GEA IHE China, einer Tochter der GEA Group. Die GEA IHE am Standort Wuhu in der Provinz Anhui ist eine von über 250 Tochtergesell-schaften weltweit des M-Dax-Unterneh-mens aus Bochum. Energie (Erzeugung und Übertragung), Schienenfahrzeuge und Schiffsbau sind die Märkte, die die Tochter besonders im Visier hat. Für sie baut GEA IHE Kühlsysteme.

Wachstum im ZeitrafferBevor die Zeichen weltweit auf Krise um-sprangen, hieß die größte Herausforderung für den Maschinenbauer in der Volksrepu-blik Wachstum. Im Durchschnitt legte das Unternehmen in den vergangenen Jahren um 33% zu. Fortlaufend musste die Beleg-schaft auf allen Ebenen verstärkt werden, um den Anforderungen des Boommarkts China standzuhalten. „Denn nur wer sich schneller entwickelt als der Markt, ist hier erfolgreich“, bekräftigt Hubensteiner. Noch im vergangenen Jahr pendelte der Ingenieur beinahe jedes zweite Wochenen-de in das 350 km entfernte Shanghai. Dort traf er sich mit potenziellen neuen Mitar-beitern, führte Interviews und prüfte ihre Eignung.

Fluktuation? Dieses Problem kennt der Geschäftsführer vor allem aus den Berichten anderer. Dass die GEA IHE mit ihren 330 Mitarbeitern eine Fluktuationsrate von nur 4% verzeichnet und damit deutlich unter dem Durchschnitt liegt, will er nicht allein mit dem Gehaltsniveau erklären. Man zahle zwar etwas mehr als die rein chinesische Konkurrenz, aber doch ange-passt an das Niveau der Provinz Anhui. Neben dem guten Betriebsklima ist die stärkere Loyalität vielleicht der Stand-ortentscheidung für Wuhu zu danken. Schwieriger als ande-renorts gestaltet sich nur die Personalsuche, so die Erfahrung Hubensteiners. Geeignete Mitarbeiter, die bereit sind, den Speckgürtel rings um die Megacity Shanghai zu verlassen, sind rar gesät. Einige gäbe es aber doch, die die Vorteile einer kleineren Stadt zu schätzen wüssten. Und wer sich schließlich für Wuhu entschieden habe, der bleibe auch.

schneller rennen als die konkurrenz„Zuviel Selbstzufriedenheit ausgelöst durch beeindruckende Wachstumszahlen könnte sich in der Krise rächen“, sagt Michael Hubensteiner, Geschäftsführer der GEA IHE China. Fürs eigene Unternehmen bleibt er optimistisch.

Hubensteiner selbst hält es schon seit fast fünf Jahren in Wuhu. Im Jahr 2004 übernahm der Münchner die Zügel der chinesischen GEA-Tochter. Langweilig sei es bislang noch keinen Tag gewesen. Für den Schritt nach Fernost entschied sich der Ingenieur, der zuvor viele Jahre für den schwedisch-schweizerischen Konzern ABB tätig war, auch aus persön-

lichen Gründen. Vor fast 30 Jahren lernte Hubensteiner seine aus Taiwan stammende Frau kennen. Nach zahlreichen Ehe-jahren in seiner Heimat sei es da doch nur fair gewesen, nun in die ihre umzusiedeln. Auch wenn, so räumt er lachend ein, die Volksrepublik für die Taiwanesin, zumal nach etlichen Jahren in Europa, vielfach ebenfalls eher als Ausland gelte.

umzug in größere hallenDie Geschichte des Unternehmens GEA IHE in Wuhu be-gann im Jahr 1995. Ende des vergangenen Jahres machte die chinesische Niederlassung einen weiteren Expansions-schritt und eröffnete ein neues größeres Werk in der Wuhu Development Zone. „Development Zones in China sind Bi

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Dienstleister, die stark miteinander konkurrieren“, sagt Hubensteiner. Um Investoren zu gewinnen oder zu halten, lassen sie sich einiges einfallen. Die Treueprämie für GEA IHE war der vergünstigte Grundstückspreis beim Neubau. Unterstützung für die Deutschen leistet darüber hinaus auch die lokale Politik. Die engen und guten Beziehungen zur lokalen Verwaltung zählt Hubensteiner zu den weiteren Pluspunkten des weniger bekannten Standorts.

Diversifizierung als schutz in der kriseDie Prognosen für 2009 fallen freilich auch in China be-scheidener aus als in den Vorjahren. Maximal 10% Wachs-tum erwartet Hubensteiner für das laufende Jahr. Noch stünde man zwar deutlich besser da, eine Abschwächung sei für die kommenden Monate aber zu erwarten. Huben-

steiners Schlagwort in der Krise lautet Diversifizie-rung. Noch 2004, als der deutsche Ingenieur zur GEA nach China kam, verließ sich das Unternehmen fast aus-schließlich auf ein Standbein, den Schiffsbau. Heute ist der Anteil der Produkte für den Schiffsbau auf unter 50% ge-sunken, ein großer Teil des Umsatzes wird inzwischen von der Kraftwerkstechnik getragen. Das zahlt sich jetzt aus, denn die Nachfrage der

Energiebranche entwickele sich in der Krise deutlich sta-biler als jene aus der Marine. Für die Zukunft will Huben-steiner das Unternehmen noch breiter aufstellen, um

„weniger verwundbar“ zu sein. Zu diesem Zwecke könnten weitere Produkte, die bislang nur in Europa gefertigt wür-den, künftig auch in China produziert werden.

Darauf dass sich das Klima auf dem Markt in den nächsten Monaten zunehmend verschärfen könnte, stellt sich der GEA-Manager ein. Zu befürchten steht seiner Ansicht nach ein weiterer Preiskampf, auch wenn es dafür bislang noch keine Bestätigung gäbe. Möglicherweise hätten einige Kon-kurrenten schon vor der Krise zu eng kalkuliert und jetzt, da weniger Aufträge kämen, seien Kampfpreise nicht mehr zu halten. Eine Marktbereinigung als Folge könnte als positiver Effekt aus der Krise hervorgehen. Ob das nicht auch eine Chance für Übernahmen sei? Prinzipiell schon, meint Hu-

Am 18. März 2009 freute sich

Geschäftsführer Hubensteiner über

die Eröffnung des neuen Werks der

GEA IHE in Wuhu. Ein großes Feu-

erwerk durfte auch nicht fehlen.

ZuM unTERnEhMEn

• Die GEA Group hat ihren Hauptsitz in Bochum und ist ein weltweit tätiger Technologiekonzern mit mehr als 250 Unternehmen in 50 Ländern. Der Konzern konzentriert sich auf den Spezialmaschinenbau mit den Schwerpunkten Prozesstechnik und Komponenten sowie den Anlagenbau.

• Im Geschäftsjahr 2008 erwirtschafteten die über 20.000 Mitarbeiter der GEA Group einen Konzernum-satz von rund 5 Mrd. Euro.

• Die GEA Industrial Heat Exchanger Systems (China) Co., Ltd entstand aus einem 1995 gegründeten Joint Ven-ture. Mittlerweile hält GEA über 95% am Unternehmen.

bensteiner. Die Pläne des eigenen Unternehmens aber will er nicht preisgeben.

vertrauen als Erfolgsgrundlage„Nicht nur durch die Krise – China hat sich in den ver-gangenen Jahren verändert“, sagt Hubensteiner. Internatio-naler sei das Geschäft geworden. Nicht mehr als zwei Seiten umfasste so mancher Vertrag mit dem Kunden zu Huben-steiners Anfangszeiten in China. Darin stand, dass sich die Vertragspartner „im Falle von irgendwelchen Problemen“ zusammensetzen werden und in friedlicher Art und Wei-se das Thema lösen. „Die Beziehung beruhte auf Treu und Glauben.“ Auch wenn die Vertragsformalitäten heute komplexer sind, bleibt das Vertrauen zentraler Bestandteil zwischen den Geschäftspartnern. „People’s Business gilt in China immer noch mehr als für alle anderen Länder“, ur-teilt der Geschäftsführer.

Internationale Standards haben sich auch in der Produk-tion durchgesetzt. „Ob ein GEA-Kühler in den Schwester-werken in Deutschland, Polen oder bei uns in China gefertigt wurde, macht heute keinen Unterschied mehr“, sagt der In-genieur. „Das war nicht immer so“, fügt er hinzu, „die ersten Produktionsjahre waren geprägt von der Herausforderung, stabile Qualität zu produzieren und ein Bewusstsein dafür zu schaffen“. Inzwischen gehen die von GEA IHE China gefer-tigten Kühler zu 45% in den Export, ein Großteil davon nach Korea und die USA.

Auch die aktuelle Krise wird China nicht aus der Erfolgs-spur bringen, davon ist Hubensteiner überzeugt. „Man mag über die Regierungsform sagen, was man will. Aber Beijing versucht, Problemlagen zu analysieren und ganz schnell und kurzfristig Maßnahmen einzuleiten.“ Neben Infra-strukturprojekten hebt Hubensteiner auch die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf einige Produkte im Export hervor. Damit unterstütze Beijing ganz klar die in China ansässigen Exportunternehmen. Dann verweist Hubensteiner auf das erwartete BIP-Wachstum der Volksrepublik von 6,5%. „Für China mag es zu wenig sein, aber es bedeutet trotzdem, dass weiter investiert wird.“ Und solange investiert werde, blieben Maschinen und Anlagen gefragt, fügt er hinzu. :::

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Profiteuren zählen. „Gebrauchtmaschinen werden zu den Gewinnern in der gegenwärtigen Wirtschafts- und Vertrau-enskrise gehören“, erwartet Jens Nagel. Knapp 10.000 Be-sucher registrierte die Resale während der drei Messetage im April. Rund zwei Drittel von ihnen kamen aus dem Aus-land. „Aus Asien haben wir sogar einen Besucherzuwachs von 2,5% verzeichnet“, berichtet Florian Hess vom Resale-

Veranstalter Hess GmbH. Trotz eines Rückgangs um 14% zählt Indien neben China und Korea zu den stärksten Besuchernatio-nen. „Und wer die weite Rei-se auf sich nimmt, der kommt nicht nur zum Schauen“, so der Tenor der Aussteller. Das beste Beispiel sei wohl eine sieben-köpfige Delegation aus Bangla-desch gewesen, meint Hess. Ohne Hotel, aber mit Geld in der Tasche kamen sie zur Messe und kauften.

Asien zeigt, so beobachtete Hess, besonderes Interesse an Metallbearbeitungsmaschinen, Nahrungsmittelverarbeitungs-maschinen, an der Verpackungs-technik, Kunststoffverarbeitung sowie an Bau-, Druck- und Tex-

tilmaschinen. Neben Sparmaßnahmen in der Krise gibt es für viele asiatische Unternehmen noch weitere Gründe, sich nach deutschen Gebrauchtmaschinen umzusehen. Oft erfülle eine Gebrauchtmaschine ihren Zweck sogar besser als die neue, erklärt Außenhandelsexperte Nagel. Häufig sei jene nämlich leichter zu bedienen und aufgrund weniger komplexer Mecha-nik auch deutlich unkomplizierter und kostengünstiger in der Wartung. Das Qualitätssiegel „Made in Germany“ spielt auch bei den Gebrauchten seine Vorteile aus und könne sich nach Einschätzung der Experten oftmals sogar gegen eine neue Fa-brikation aus China durchsetzen. „Bei den Neumaschinen ist Deutschland mit einem Anteil von etwa 20% Weltmarktfüh-rer“, sagt Nagel. Das lasse sich durchaus auf den Markt für die Gebrauchtmaschinen runterbrechen.

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VON CHARlOtte WOlFF ::: „Noch vor wenigen Jahren waren die Gebrauchtmaschinen für die großen Maschinenbauer ein Nischengeschäft und damit ein Feld, das sie spezialisierten Gebrauchthändlern überlassen haben“, erklärt Jens Nagel, Geschäftsführer beim Bundesverband Großhandel, Außen-handel, Dienstleistungen e. V. (BGA). Inzwischen hat sich das Bild gewandelt. Ein Rundgang auf der Resale 2009, der

weltweit größten Messe für Gebrauchtmaschinen, die Ende April in Karlsruhe stattfand, lässt keine Zweifel aufkommen: Auch die großen Hersteller haben die einstige „Nische“ für sich entdeckt. Unter der Ausstellern sind namhafte Unter-nehmen wie Gildemeister, Siemens, Jungheinrich und Zeiss vertreten. Denn die Zweitverwertung lohnt sich, weltweit erreicht der Handel mit Gebrauchtmaschinen pro Jahr ei-nen Umfang von mehr als 100 Mrd. Euro.

große nachfrage aus Indien, China und koreaMusste sich die Gebrauchtmaschinenmesse Resale in den vergangenen Jahren noch den Hohn jener gefallen lassen, die die Veranstaltung als „Hannover Messe für Arme“ ab-taten, könnte sie in Zeiten finanzieller Engpässe zu den

secondhand im Rundum-sorglos-paketDer Markt für Gebrauchtmaschinen könnte gerade in Zeiten geringer Investitionslaune profitieren. Jedenfalls war die Resale, die weltweit größte Messe für Maschinen aus zweiter Hand, gut besucht – auch dank steigender Gästezahlen aus Asien.

Verpackungsmaschinen gehören

zu den gefragtesten Objekten

asiatischer Einkäufer.

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„Die alte mag nicht so sexy sein wie eine blinkende und blitzende neue Maschine, doch auch sie kommt als Rundum-Sorglos-Paket“, betont Nagel. Wenn der asiatische Kunde einkaufe, bekomme er neben einer Garantie auch ein Kom-plettangebot inklusive Wartung, Schulung, Verschiffung und Finanzierung. Für die deutschen Maschinenbauer wiederum kann der Verkauf des gebrauchten Stücks der Anfang einer kontinuierlichen Kundenbeziehung sein. Schließlich hat sich der Käufer bereits mit der Funktionsweise eines Produkts aus dem Unternehmen vertraut gemacht.

Energieeffizienz als plus der deutschen MaschinenAls zusätzlichen Antrieb auf Kundenseite macht Nagel das Thema Energieeinsparungen aus. „Selbst in Ländern, in denen das Thema Umweltschutz keine Rolle spielen mag, ist die Energieeffizienz einer der wesentlichen Gründe dafür, warum sich ein ausländischer Kunde eine deutsche Gebrauchtmaschine kauft“, so Nagel. Schließlich sei jeder gesparte Tropfen Öl auch Geld wert.

Fallen die Prognosen der Experten für den Absatz von Gebrauchtmaschinen in Asien im Jahr 2009 zwar positiv aus, so sehen sie jedoch auch Hindernisse, mit denen sich

die deutschen Exporteure auseinandersetzen müssen. „Ge-rade Schwellenländer haben häufig hohe Einfuhrbeschrän-kungen, da sie befürchten, zum Maschinenfriedhof der west-lichen Nationen zu werden“, sagt Nagel. Schließlich habe es auch immer unseriöse Anbieter gegeben, die „Altmetall“ in Entwicklungsländer lieferten. Um dies zu verhindern haben einige Länder eine kostenpflichtige Pre-Shipment-Inspec-tion eingeführt, die den Preis nach oben treibt. „In Indone-sien gab es im vergangenen Jahr seitens der Regierung sogar Überlegungen, die Gebrauchtmaschinenimporte gänzlich zu verbieten“, berichtet der Indonesien-Delegierte der Germany Trade and Invest GmbH, Necip C. Bagoglu. Bis-lang wurde aber offiziell kein allgemeines beziehungsweise grundsätzliches Importverbot ausgesprochen, sodass die al-ten Regeln weiterhin gelten. Zum Ende jedes Jahres wird für das darauf folgende Jahr eine Liste veröffentlicht, aus der entnommen werden kann, welche Gebrauchtmaschinen nicht importiert werden dürfen. „Oft sind solche Überle-gungen als Warnschüsse an die Importeure zu verstehen“, erklärt Nagel. Letztlich aber seien gerade die Schwellenlän-der zum Aufbau der lokalen Industrie auf den Import von Gebrauchtmaschinen angewiesen. :::

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Welche Besonderheiten sind charakteristisch für die Logis-tikbranche Chinas im vergleich zum heimatmarkt?» China steckt ganz klar noch in den Kinderschuhen was Lo-gistik anbelangt. Das merkt man zum Beispiel an fehlenden „state of the art“-IT-Lösungen in der Logistik oder auch an nicht existierenden Netzwerken sowie mangelnder Integra-tion von Partnern in der Lieferkette. China hat immer noch Nachholbedarf in Sachen Effizienz und Qualität. Nicht nur Produktqualität, sondern vor allem die Logistikqualität stellt ein großes Problem dar. So gibt es beispielsweise noch einen relativ hohen Anteil an verspäteten oder auch beschädigten Lieferungen. Aber auch der Stellenwert muss neu definiert werden. Wird die Logistik in Europa ganz klar als Quer-schnittsfunktion betrachtet, so ist sie hier leider immer noch oft eher eine vom Rest des Unternehmens losgelöste Abteilung. Dass Logistik heute aber ganz klar zum Unter-nehmenserfolg beiträgt und somit – gerade auch in Krisen-zeiten – einen Wettbewerbsvorteil darstellen kann, wird jetzt in China endlich verstanden und dementsprechend auch um-gesetzt. Eine weitere Besonderheit sind die Kostenstrukturen der Logistik. Liegen die Logistikkosten anteilig an den Pro-duktionskosten in Deutschland bei 10% bis 15%, so können dies in China 30% bis 40% sein. Innerhalb dieser Logistikko-sten stellen die Transportkosten den größten Anteil. Das liegt zum einen an der Größe des Landes, zum anderen aber auch an suboptimalen Transportnetzwerken, nicht vorhandener IT, einem Großteil an schlecht ausgelasteten Fahrten oder sogar Leerfahrten und ungeeigneten Verpackungsmaterialen.

In der jüngeren vergangenheit haben wir im Logistikbereich China vor dem hintergrund des anhaltenden Wirtschafts-wachstums eindeutige Trends beobachten können. Was hat fablog bei seinen projekten festgestellt?» Die Branche hat sich in der Vergangenheit natürlich stark entwickelt, was zum einen an dem besagten Wachstum lag, zum anderen aber auch an gestiegenem Wettbewerbs- und Ko-stendruck. So konnte man ganz klar erkennen, dass sich Unter-nehmen in China technologisch aufrüsten. Es wird vermehrt in adäquate IT-Lösungen investiert, aber auch automatisierte Lösungen treten verstärkt in den Vordergrund. Ebenfalls war zu beobachten, dass integrierte Supply-Chain-Konzepte in den Mittelpunkt rückten. Haben früher die Teilnehmer einer Lieferkette oder eines Logistiknetzwerkes noch relativ autark gehandelt, so geht der Trend jetzt dahin, Lieferanten, Partner und auch Kunden zu integrieren. Gerade unter dem Gesichts-

punkt der Effizienz- und Qualitäts-steigerung ist es wichtig, Lieferanten mit Informationen in Echtzeit zu versorgen, eine gewisse Transparenz entlang der gesamten Lieferkette zu

etablieren und vor allem Prozesse so standardisiert zu gestal-ten und zu synchronisieren, dass bei reduzierten Beständen die Lieferbereitschaft sogar erhöht wird.

sind diese Trends für Ihre kunden auch vor dem hinter-grund der Weltwirtschaftskrise noch gültig?» Absolut. An den angesprochenen Punkten hat sich aufgrund der Krise nichts verändert. Ich würde sogar sagen, dass diese genannten Trends sich sogar noch verstärkt haben. Gerade in wirtschaftlich schlechteren Zeiten wird vermehrt auf das The-ma Effizienz oder Qualität geachtet, denn mit diesen Aspekten können Unternehmen punkten. Wer in der Vergangenheit nachhaltig an Themen wie Expansion und Wachstum heran-gegangen ist und jetzt in der Lage ist, schnell und vor allem sinnvoll seine Organisation an die Gegebenheiten anzupassen und sich somit zum Beispiel über bessere Qualität, besondere Flexibilität oder auch geringere Prozesskosten in der Logistik

Die Logistikberatung fablog ist neben den Standorten Deutschland und Osteuropa auch in Asien und insbesondere in China aktiv. Aktuell Asia hat mit Patrick Lindig, dem Vice General Manager der Fablog Logistics Consulting (Beijing) Ltd., über die gegenwärtigen Herausforderungen der Logi-stiksparte gesprochen.

„Bessere Qualität zu geringeren preisen“

„Die Logistik steckt in China noch in den Kinderschuhen“

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am Markt positionieren kann, der kann jetzt sogar als Sieger aus der Krise herausgehen. Der Trend, bessere Qualität zu ge-ringeren Preisen zu schaffen, ist der gleiche geblieben. Nur muss man ganz ehrlich sagen, dass sich Prioritäten verschoben haben. In der Vergangenheit ging es in erster Linie darum, dem enormen Wachstum nachzukommen und die Nachfrage zu befriedigen. Dann wurde sich nebenbei darum gekümmert, eine Produktion schlank und kostengünstig zu gestalten. Ist dies nicht gelungen, war es oft nicht so gravierend, da über die Menge immer noch ein recht guter Profit erzielt werden konn-te. Heute ist diese Menge nicht mehr vorhanden und die Marktpreise sind zurück-gegangen. Somit kommt also das Thema Kostenoptimie-rung sehr stark zum Tragen und Unternehmen versuchen nun, wo es geht, Einsparungen zu realisieren.

In welchen Logistikbereichen lassen sich denn Ihrer Meinung nach diese kostenoptimierungen am ehesten realisieren?.» Das werden in erster Linie die Kostentreiber Lager und Transport sein sowie die Lieferantenproblematik. Hier wird versucht werden, kurz- und mittelfristig Potenziale auszu-nutzen, mit dem Hauptziel Kosten zu reduzieren, aber auch Qualität zu steigern. Das können zum einen Bestandsopti-mierungen sein, mit dem Ziel relativ schnell gebundenes Ka-pital freizusetzen. Das können aber auch Prozessthemen in-nerhalb der Logistik sein. Ziel muss es hierbei sein, gleichen Durchsatz bei weniger Ressourceneinsatz zu realisieren. Zum anderen wird das Thema Transportkostenoptimierung eine große Rolle spielen. Wie schon erwähnt, ist dies ein entschei-dender Kostenblock. Während das in Europa schon sehr weit vorangetrieben ist, war dies in China eigentlich kein sonder-lich großes Thema. Das ändert sich nun.

Welche Trends sehen sie für 2009 in der Logistikbranche? » Neben der bereits erwähnten strategischen Transportop-timierung kann man davon ausgehen, dass im Rahmen von Kosteneinsparungen Lieferanten stärker in die Verantwor-tung genommen werden, Prozesse effizienter zu gestalten. Darüber hinaus werden mit Sicherheit vermehrt Themen wie KVP, Quality Management, Stan-dardisierung aber auch Prozess-integration und Harmonisierung angegangen werden. Gerade Un-ternehmen, die über Jahre hinweg stetig gewachsen sind, werden die „Gunst der Stunde“ nutzen und ihre Organisation den neuen Gegebenheiten anpassen. So haben eine Vielzahl von Unternehmen in den letzten Jah-ren ihr Produktionsnetzwerk stark ausgebaut, ohne ihre logi-stischen und administrativen Strukturen hier wirklich anzu-passen. Geographisch kann es gut möglich sein, dass es viele Unternehmen aus dem Perlfluss- wie auch dem Jangtsedelta in den Westen ziehen wird. Die doch mittlerweile sehr hohen Produktionskosten zwingen Unternehmen, sich neu zu orien-tieren. Im Rahmen der chinesischen „Go West“-Politik haben 2nd- und 3rd-tier-cities in Westchina stark aufgeholt und bie-

ten mittlerweile eine sehr gute Infrastruktur, gut ausgebildete Arbeitskräfte und das zu besseren Preisstrukturen. Daneben bieten die lokalen Regierungen Investoren eine Vielzahl von Anreizen, sich dort neu anzusiedeln.

Welche unterstützung bietet fablog seinen kunden kon-kret bei den von Ihnen erläuterten Maßnahmen? » Im Bereich Transportoptimierung kann fablog viel Erfahrung aus Europa aufweisen. Unser Modell besteht aus vier Modu-len, wobei sich die ersten beiden mit der Analyse und dem Op-

timieren der Transportstrukturen beschäftigen. Hier werden Sen-dungsstrukturen, Transportdaten und Frachttarife aber auch opera-tive Prozesse auf den Prüfstand ge-

stellt. Bei gewachsenen Unternehmen mit mehreren Standor-ten ist die Transportabwicklung meist sehr intransparent. Dies äußert sich oft in sich überschneidenden Kunden- und Zwi-schenwerksverkehren, unterschiedlichen IT-Systemen, ver-schiedensten Tarifstrukturen, nicht standardisierten Abläufen, einer Vielzahl von Spediteuren und Unmengen von Daten-sätzen. Wir ermitteln ein tatsächliches Frachtkostenbild und stellen die Kostensituation entlang der Lieferkette transparent dar. Schon hier lassen sich in der Regel enorme Einsparpo-tenziale identifizieren. Im nächsten Schritt werden alternative Transportszenarien erstellt. Dies beinhaltet das Konsolidieren von Transporten und das Optimieren von Umschlagspunkten. Hat man dann das „best practice“-Szenario gefunden, können auf diesen Relationen die Frachtraten neu ausgeschrieben wer-den. Ziel ist es hierbei, wenige aber starke Partner zu finden, mit denen man eine dauerhafte Bindung eingeht. In den Mo-dulen 3 und 4 geht es darum, Nachhaltigkeit zu sichern, bei-spielsweise durch strategische Frachtenplanung. Dies kann die Prognose von Volumen und Märkten sein, aber auch die De-finition von Kosten und Qualitätszielen. Auch beinhaltet dies die Implementierung eines Qualitätsmanagements. Mithilfe eines Kennzahlensys tems wird die Leistung der Spediteure, aber auch die eigene Leistung permanent überwacht und bei Abweichung gegengesteuert.

Wie weit gehen sie über die reine Logistik hinaus?» Neben der Transportoptimierung bietet die fablog auch Unterstützung im Bereich Lieferantenmanagement an. Dies kann das Identifizieren von Lieferanten aber auch das Auditieren

sein. Oft haben Kunden ein akutes Problem mit der Produkt- oder Lieferqualität. Hier werden beim Lieferanten vor Ort die Prozesse aufgenommen, Schwachstellen identifiziert und Lö-sungen erarbeitet. Auch die Modernisierung von existierenden Lager- oder Produktionssystemen ist ein sehr gefragter Teil unseres Leistungsportfolios. Wir begleiten dabei den Kun-den von der eigentlichen Zieldefinition, über die Analyse- und Konzeptphase bis hin zur Implementierung der Konzepte. Dies beinhaltet zum Beispiel die Unterstützung bei der Aus-schreibung der technischen Gewerke und auch das Projekt- und Anlaufmanagement inklusive Testen und Schulen. :::

„Nach der Herausforderung Wachstum kommt jetzt die Kostenoptimierung“

„Oft lassen sich enorme Einsparpotenziale identifizieren“

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Die größte Internetgemeinde der Welt sitzt in China. Ihre Bedürfnisse werden Werbefachleute und Online-Experten künftig erkennen müssen, um Trends zu setzen.

Willkommen im World Wide Web

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21RuBRIk : Topline Aktuell ASIA 6:2009

Willkommen im World Wide Web

VON DIRk MuSSeNBROCk & WANG leI ::: Ein Leben ohne Internet? Für 84% der Befragten zwischen 14 und 29 Jahren einer deutschlandweiten Studie des Branchen-verbands BITKOM ist das unvorstellbar. Die Antwor-ten einer vergleichbaren Umfrage in China dürften ähnlich ausfallen. Jährlich wächst die Zahl der chine-sischen Internetnutzer rasant an. Im Jahr 2008 wurden 298 Millionen Nutzer gezählt und die Volksrepublik avancierte zur weltweit größten Internetgemeinde. Da-mit verschiebt sich freilich auch der Fokus der Marke-tingstrategien von der klassischen Werbung (Print, TV, Radio, Außenwerbung) hin zur Online-Werbung.

Zudem sorgt ein weiterer entscheidender Vorteil für Auftrieb bei der Online-Werbung: Sie ist messbar. Voll automatisiert und gnadenlos transparent werden permanent Kennzahlen erhoben. Die Klickrate weist das Verhältnis der Abrufe eines Werbebanners im Ver-hältnis zu den gesamten Impressionen einer Webseite aus. Wird eine Werbung hundertmal angezeigt und dabei einmal angeklickt, beträgt die Klickrate 1%. Die Conversion-Rate gibt an, wie viele Kaufinteressenten auf der Website zu Käufern wurden. Die Page-Impres-sions sind die Abrufe einer Seite in einer Internetprä-senz.

Die Penetrationsrate des Internets liegt in China bei 22,6% und damit etwas höher als der Weltdurch-schnitt mit 21,9%. Im Vergleich rangiert Deutschland mit seinen 74,3 Millionen Internetnutzern bei einer Penetrationsrate von etwa 70% noch deutlich vor Chi-na. Doch eine Wachstumsrate von 41,9%, wie sie in der Volksrepublik von 2007 auf 2008 verzeichnet wur-de, verweist darauf, wie schnell die Verbreitung zuneh-men wird.

hinter der „great Chinese firewall“Die Verbindung von Chinas Backbone-Netzwerk an das internationale Internet erfolgt über vier soge-nannte Internet-Exchange-Points in Beijing, Shang-hai, Guangzhou und Hong Kong. Der Datenverkehr der ersten drei Punkte wird durch die „Great Chine-se Firewall“ geschützt, welche die Internetnutzer vor nicht gewünschten Informationen aus dem Ausland schützen soll. Neben der Zensur hat die Great Chinese Firewall einen weiteren entscheidenden Nachteil: Die Zugriffsraten auf Websites, die außerhalb Chinas ge-hostet werden, sind extrem schlecht. Daher ist jedem westlichen Unternehmen zu raten, chinesischspra-chige Websites auf einem Server in China zu hosten (Mirror). Nur so sind die notwendigen schnellen Zu-griffszeiten auf die Websites gewährleistet.

kunden locken und gewinnenDer Online-Einkauf und die Online-Werbung befin-den sich in China ungebrochen auf dem Wachstum-spfad. Nach einer Studie von iResearch und Tabao.com stieg der Umsatz im Online-Shopping in China 2008 um 128,5% auf circa 120 Mrd. Yuan. Etwa 120 Bi

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22 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : China

Millionen Nutzer waren Ende 2008 in Online-Shops registriert – ein Wachstum von 185% gegen über dem Vorjahr. Etwa 70% dieser Nutzer kommen aus Städten der zweiten oder dritten Reihe. Im Bereich Online-Werbung wurden 2008 nach Branchenberechnungen zwischen 1,8 und 2,3 Mrd. US-Dollar in China um-gesetzt. Für 2009 wird mit einem Wachstum von wei-teren 35% gerechnet.

Im Idealfall haben Online-Werbung und Online-Shopping eine direkte Verbindung. Der Internetnut-zer fühlt sich durch eine Online-Werbung angespro-chen, besucht sofort oder später die Website eines Online-Shops und kauft ein.

E-Mail, Banner oder pop-upAls Lockmittel kommen in China dieselben Instru-mente des Online-Marketings zum Einsatz wie in an-deren Teilen der Welt. Im Bereich der professionellen E-Mail-Werbung – Werbemitteilungen und News-letter – ist das sogenannte Opt-In-Verfahren üblich und rechtlich konform. Hierbei willigt der Nutzer explizit ein, Werbemails zu erhalten. Marktführer in China ist das in Beijing ansässige Unternehmen Xianzai.com. Diese Form der Werbung ist sowohl im Geschäftskunden- als auch im Endkundenbe-reich sowie für alle Altersgruppen einsetzbar. Neben großen Playern wie Hilton, Air China und Berlitz nutzen auch viele kleinere Unternehmen die se Art der Werbung. Der Vorteil liegt in der Möglichkeit der personalisierten Ansprache und den minimalen Versandkosten. Durch das Auftreten von Spam und den Unsicherheiten durch Viren ist das Image dieser

Art von Online-Werbung allerdings angekratzt.

Bannerwerbung, bei der ver-schiedenformatige Anzeigen in eine Website eingebunden werden, oder Pop-ups, die sich bei Abruf in einem eigenen Fenster öffnen, dominieren auch in China den Online-Werbe-markt. 2006 lag nach einer Studie von Analysys International der An-teil der Bannerwerbung in China bei 71,3%. Diese Größenordnung dürf-te sich 2007 und 2008 leicht zugun-sten des Suchmaschinenmarketings verringert haben. Dennoch wird die Bannerwerbung langfristig eines der wichtigsten Werbeformate bleiben,

wobei die Aspekte Interaktion und bewegte Bilder weiter an Bedeutung gewinnen werden. Bei der Plat-zierung gilt es vorrangig darauf zu achten, dass die genutzte Website über ausreichend Page-Impressions verfügt.

AdWords sind eine von Google eingeführte Wer-beform: Als Ergänzung zum Suchergebnis werden in einer Spalte rechts neben den Ergebnissen buchbare Text-Annoncen eingeblendet. Das Konzept wurde mittlerweile von anderen Suchmaschinen übernom-men. Dieser Bereich nahm in China nach Schätzungen von Analysys International 2006 einen Anteil von 28% an den Werbeausgaben im Online-Bereich ein. Ein weiteres Wachstum in den vergangenen und kommen-den Jahren ist gewiss, da das AdWord-Advertising sei-ne Vorteile insbesondere in der regionalen Ansprache – heruntergebrochen bis auf Städte – ausspielen kann. Ebenso ist es eine attraktive Lösung für Nischenmärkte und kleinere Unternehmen. standardisierte und neue formate Um die Strukturen im Bereich Online-Werbung zu optimieren, hat das Internetkomitee der China Adver-tising Association (CAA) erstmals den Versuch unter-nommen, einen Standard zu implementieren. Zum 1. Januar 2009 trat dieser in Kraft. Der Standard orien-tiert sich an den international verwendeten Formaten in der Online-Werbung und reduziert die derzeit 170.000 verschiedenen Formate von Bannern auf 190 Variationen. Durch die Vereinheitlichung sollen die Koordinations- und Produktionskosten gesenkt und der Vertrieb erleichtert werden.

Noch hat der Internet Explorer von

Microsoft in China eine Monopolstel-

lung inne. Doch der Konkurrent Mo-

zilla rührt kräftig die Werbetrommel.

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23Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : China

Weiterhin zeichnet sich in China ab, dass die Nut-zung des Mobiltelefons für Internetanwendungen wei-ter zunehmen wird. Dies betrifft die Bereiche Shopping, Gaming und Socialising. Europa und die USA werden in diesem Bereich eher zurückfallen – ähnlich wie dies be-reits im Vergleich zu Japan geschehen ist. Für China liegt dies zum einen sicher an der Altersstruktur der Nutzer – sie sind deutlich jünger –, zum anderen an der größe-ren Aufgeschlossenheit zu diesem Medium. Daher wird es insbesondere in diesem Bereich eine Ausweitung der Werbeformen und Werbeformate geben.

Einsatz der internationalen WerbebrancheKosten für die Entwicklung und Implementierung neuer Technologien und Werbeformen sind in China durch die Größe des Marktes und geringere Entwicklungskosten schnell refinanzierbar. Dies wird nationale und internati-onale Unternehmen aus der Werbebranche dazu bringen, ihre Aktivitäten in China auszuweiten. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft zahlreiche Impulse für neue Technologien von China ausgehen. Im Bereich der Kreativleistungen werden vorerst Märkte wie Europa und die USA den Ton angeben. In China fehlt noch das entsprechend ausgebil-dete Personal und die langjährige Erfahrung im Bereich Markenkommunikation. In zehn Jahren wird aber China auch hier seine Position gefestigt haben. :::

Foto: Shutterstock

2000

22,5

2001

33,7

2002

59,1

2003

79,5

2004

94

2005

111

2006

137

2007

210

2008

298

Internetnutzer in China(Anzahl in Mio.)

Quelle: CNNC

DIE gRössTE InTERnETgEMEInDE WäChsT WEITER

Dirk Mussenbrock ist Managing Partner der Mussenbrock & Wang

GmbH und leitet das Büro in Hamburg. Wang lei leitet als Mana-

ging Partner der Mussenbrock & Wang GmbH das Büro in Dalian.

kontakt: tel.: +49 (0) 40-22693496, www.mussenbrockwang.com

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Europäischer sommer in Beijing

In Zusammenarbeit von 10 euro-päischen Handelskammern fand am 13. Mai 2009 in Beijing das große europäische Kammertreffen statt. In der besonderen Kulisse des chinesischen Hutongs Gui-gongfu trafen sich die Mitglieder der Handelskammern und viele bedeutendeVertreter europäischer und internationaler Unternehmen. Darüber hinaus kamen auch die Vertreter der Handelskammern und Botschaften zusammen, um sich auszutauschen. Das Open Air Network Event fand bei seinen Teilnehmern sehr großen Anklang, was sicher der besonders guten Vorbereitung durch die Handels-kammern, aber auch der vorsommer-lichen Atmosphäre in der zu verdanken ist. :::

text und Bilder:katja Wiegratz

Dr. Benno Freiherr von Canstein,

Generalbevollmächtigter Allianz

SE; Guntram Kleine,

Geschäftsführer ADAC

Jutta Ludwig, Geschäftsführerin und Vorstand der Deutschen

Handelskammer China, Beijing; Dirk Bongers, Senior Manager

Price Waterhouse Coopers

24 Aktuell ASIA 6:2009BILDERBOgEn

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Dirk Moens, Generalsekretär der Europäischen

Handelskammer in China und Hannah Shi, Europä-

ische Handelskammer in China

Jingzhou Tao, Jones Day und

Lin Yi, Key Account Geschäfts-

führerin Lufthansa

Hank Bourg, Wirtschaftsprüfer und Nordame-

rika-Chef von Dezan Shira & Associates und

Karina Kuhnert, Dezan Shira & Associates

Lawrence Jiang, Wirtschaftsspezialist Botschaft der Vereinigten

Staaten von Amerika; Helene Wang, BIMBA Beijing Universität; Russ

M. Miller, Vorsitzender und Geschäftsführer Performance Institute

Dr. Oskar Andesner, Wirtschaftsberater Handelsabteilung

Österreichische Botschaft und Christina Schösser, Handelsatta-

ché der Österreichischen Botschaft

25Aktuell ASIA 6:2009 BILDERBOgEn

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VON FRANk ROBASCHIk, GtAI ::: Die Automobilindustrie ist eine der wichtigsten Branchen in Korea. Wie in anderen Ländern leidet sie unter der Zurückhaltung der Käufer, die angesichts der schwierigen konjunkturellen Lage nicht an Neuanschaf-fungen denken. Nun will die Regierung Abhilfe schaffen und

Abwracken auf koreanischAuch Koreas Automobilbauer leiden unter massiven Absatzeinbrüchen. Nun eilt die Regierung den angeschlagenen Konzernen zu Hilfe – mit bereits bekannten Mitteln.

der Branche unter die Arme greifen – unter anderem in Form einer Abwrackprämie: Geringere Steuern beim Erwerb eines neuen Fahrzeugs bei gleichzeitiger Abgabe eines mindestens neun Jahre alten Wagens sollen die Konsumlaune der Au-tokäufer neu entfachen. Daneben sind weitere flankierende

Maßnahmen geplant.Die Produktionsstückzahlen

der koreanischen Automobilher-steller fielen im 1. Quartal 2009 im Durchschnitt um 32,1% gegen-über dem gleichen Vorjahreszeit-raum. Schon im vergangenen Jahr waren sie um 6,4% geschrumpft. Grund genug für das Ministry of Knowledge Economy (MKE) ein Maßnahmenpaket zur Unterstüt-zung der Automobilindustrie auf-zustellen, das im April vorgestellt wurde.

26 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : Korea

unternehmen produktion veränderung Inlandsabsatz veränderung Exporte veränderung

Hyundai 321 -29,4% 129 -18,3% 187 -34,3%

kia 207 -19,1% 79 6,7% 141 -19,3%

GM Daewoo 116 -48,7% 19 -33,9% 97 -51,5%

Renault Samsung 35 -23,8% 24 -9,7% 8 -41,2%

Ssangyong 6 -75,3% 5 -61,7% 2 -87,0%

Gesamt 686 -32,1% 257 -14,9% 437 -36,6%

kEIn AuTOBAuER BLEIBT vERsChOnT

Marktentwicklung im 1. Quartal 2009 (in 1.000 einheiten; Veränderung gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum in %)

Quelle: Mke

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Hauptschwerpunkt sind Steuervergünstigungen für Fahr-zeughalter, die sich entscheiden, ihre noch vor dem Jahr 2000 zugelassenen Altwagen durch einen Neuwagen zu ersetzen. Der Bestand solcher Automobile belief sich nach Angaben der Regierung Ende 2008 auf 5,48 Mio. Fahrzeuge. Die ko-reanische Abwrackprämie soll bis zum 31. Dezember 2009 gelten. Konkret werden bis zu 70% der Registrierungs- und Erwerbssteuern erlassen. Dabei ist die Fördersumme auf ma-ximal 2,5 Mio. Won gedeckelt.

Darüber hinaus umfasst das koreanische Hilfspaket für die Automobilindustrie noch weitere Maßnahmen. So ist zur Ankurbelung des Kfz-Absatzes vorgesehen, Autofinan-

zierungsfirmen mit Liquidität zu unterstützen. Daneben sollen Investoren wie die staatliche Korea Deve-

lopment Bank (KDB) insgesamt 1 Bill. Won (etwa 575 Mio. Euro) für einen Fonds zur Finanzierung von Übernahmen und Fusionen vor allem im Kfz-Teile-Bereich bereitstellen.

grün und smart soll der Wagen seinAuch der Forschung & Entwicklung (F & E) neuer spritspa-render Fahrzeuge sollen Fördergelder in noch nicht fest-stehender Höhe zur Verfügung stehen. Unter dem Schlag-wort „Green Smart Car Technologies“ stehen hierbei die Verwendung leichterer Materialien wie beispielsweise Alu-minium oder Magnesium sowie verschiedene elektronische Steuerungs- und Kontrollsysteme im Vordergrund.

Fördergelder sollen zusätzlich in die Verstärkung der Wettbewerbsfähigkeit der koreanischen Kfz-Teile-Industrie fließen. Gedacht wird dabei unter anderem an die Einführung

Beim Genfer Autosalon im März setzten Chef-

Designer Thomas Bürkle und der Präsident des

Hyundai-Kia R&D Centers, Woong-Chul Yang,

ihre Hoffnungen in den „ix-onic“.

eines Zertifizierungssystems für „grüne“ Pkw-Teile und Er-leichterungen bei Belastungen beim Kauf von Ausrüstungen beispielsweise zum Prüfen, Analysieren und Testen solcher Komponenten.

Nicht zuletzt sollen staatliche Förderbanken Finanzmittel für langfristige F & E-Aktivitäten bereitstellen. Davon sol-len beispielsweise Unternehmen profitieren, die Kerntech-nologien für umweltfreundliche Automobile, beispielsweise „Plug-in“-Hybridfahrzeuge (PHEV), entwickeln oder Tech-nologien für moderne Kfz-Teile, wo bisher eine hohe Im-portabhängigkeit besteht. Aber auch Firmen, die bereits über Technologien verfügen, die für eine nachhaltige Konkur-renzfähigkeit der koreanischen Kfz-Industrie wichtig sind, können in den Genuss dieses Programms kommen. Dies soll ebenfalls für ausländische Unternehmen mit Forschung oder Produktion in Korea gelten.

hilfsfonds für die gebeutelten ZuliefererDaneben ist ein Fonds zur Unterstützung der Zulieferer der von der Krise besonders getroffenen Hersteller Ssangyong und GM Daewoo in Vorbereitung. Nach einer Mitteilung des MKE vom 23. April 2009 sind die Stadt Incheon, die Provinz Gyeonggi sowie die Industrial Bank of Korea, die Shinhan Bank und die National Agricultural Cooperative Federation of Korea übereingekommen, zusammen 20 Mrd. Won in einen Fonds beim Korea Credit Guarantee Fund und dem Kibo Technology Fund einzuzahlen. Diese beiden Institutionen garantieren den Zulieferern Kredite in Höhe von bis zu 240 Mrd. Won.

Ähnliche Fonds zur Entlastung von Zulieferern haben laut MKE bereits Hyundai Motor, POSCO, Hynix und an-dere Unternehmen gemeinsam mit Finanzinstituten einge-richtet. Auch Renault Samsung dürfte demnach mit einem solchen Programm folgen. :::

27Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : Korea

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VON WINFRIeD POPP & ACHIM kAMPkeR ::: Über das Thema „Standortschließung“ oder gar die Liquidation von Ge-sellschaften möchte niemand gerne reden. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die im wirtschaftlichen Bereich zum Alltag gehören ebenso wie die Verlagerung von Produk-tionsstätten. Gerade in Deutschland stand und steht dieses Thema in den vergangenen Jahren ganz oben auf der Ta-gesordnung. Neu hingegen ist, dass nun auch Länder wie China von den Standortschließungen betroffen sind. So ist bereits ein großer Teil der Textilproduktion in weiter west-lich gelegenere Regionen abgewandert.

Fast jedes Unternehmen bis in den gehobenen Mittelstand hinein führt mehrere Standorte über die Welt verteilt. Zu-meist in der sogenannten Triade: Europa, Nordamerika und Asien. Nach einer Phase des Standortaufbaus und der Ver-lagerungen stehen nun viele Unternehmen vor der Aufgabe ihre Wertschöpfungsstrukturen zu konsolidieren. Hier spielen zum einen strategische Aspekte, aber vor allem Themen wie Liquidität, Gesamtstückkosten, Verfügbarkeit für den Kunden und Zuverlässigkeit eine Rolle, um einen optimalen „Global Footprint“ einzustellen. Hierbei ist es ein ganz natürlicher und sinnvoller Prozess, Wertschöpfung neu zu verteilen und dies bis hin zu Standortschließungen auch umzusetzen.

Bye-bye shanghai Nach Jahren der Expansion droht den Unternehmen nun in China der Rückschritt. Auch Standortschließungen sind nicht mehr ausgeschlossen.

Fest installierte Einrichtungen in gemieteten Hallen gehen

nach der Kündigung in den Besitz der Vermieters über.

Nachdem Standortschließungen und Insolvenzen in Chi-na eher die Ausnahme waren, legt der Staat nun ein beson-deres Augenmerk auf diese Thematik. Daher empfiehlt es sich, wenn im Rahmen der globalen Unternehmensstrategie Standortschließungen beschlossen werden oder es gar zur Liquidation von Gesellschaften kommt, auf die Beratung im chinesischen „System“ erfahrener Partner zu bauen.

Arbeits- und Insolvenzrecht wurden vor etwa zwei Jah-ren, dem deutschen Recht ähnlich, angepasst. Die Änderung allerdings warf das Problem auf, dass die chinesischen Be-hörden noch wenig oder gar keine Erfahrung mit den neuen

Gesetzen haben. Alte Ge-pflogenheiten in regio nalen Machtstrukturen bestimmen den Ablauf.

Um jenen Abläufen nicht hilflos ausgeliefert zu sein, muss man das Heft des Han-delns in der Hand behalten. Ein stilles und heimliches Abtauchen ist dabei in jedem Fall der falsche Weg. Abge-sehen von moralischen Fra-gestellungen und dem An-sehen eines Unternehmens ist die weltweite Vernetzung auch in rechtlichen Fragen so weit fortgeschritten, dass die Folgen eines solchen Handelns nicht abschätzbar und äußerst risikoreich sind.

Nach dem chinesischen Recht sind der Chairman und das Board die legalen Vertreter der Gesellschaft und nicht der Geschäftsfüh-

rer vor Ort. Die Betroffenen sollten sich von erfahrenen Be-ratern in China helfen lassen.

Ist ein verkauf noch möglich?Soll oder muss es zu einer Schließung eines Tochterunter-nehmens in China kommen, so ist vorrangig zu prüfen, ob entschuldet und restrukturiert ein Verkauf möglich ist. Das Genehmigungsverfahren für einen „Equity Transfer“ ist we-sentlich einfacher und in kürzerer Zeit abzuwickeln als eine Liquidation. Für eine offizielle Liquidation gibt es eine bis ins Detail vorgeschriebene Vorgehensweise auf dem Papier.

Während es für die Eröffnung eines Unternehmens in den Industrieparks Chinas heute den schnellen „One Stop Service“ in Begleitung eines von den zuständigen Behörden Bi

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29Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : China

benannten Projektleiters gibt, fehlt eine solche Unterstüt-zung freilich für die Schließung eines Unternehmens. Den-noch ist es wichtig, die Behörden unmittelbar von den ei-genen Absichten zu unterrichten. Letztlich ist man auf den guten Willen der Behörden und ihre Mitarbeit angewiesen.

Sofern noch genügend eigene Mittel vorhanden sind, sollte man selbst den Personalabbau, die Bezahlung von of-fenen Rechnungen und Steuern betreiben. Dies kann den Vorgang der offiziellen Liquidation vereinfachen und abkür-zen.

Ein Monatsgehalt pro Jahr als kompensationWie in Deutschland ist bei einer Liquidation die Bezahlung der Mitarbeiter mit den Sozialausgaben vorrangig. Nach dem neuen chinesischen Arbeitsrecht ist bei einer Entlassung für jedes Beschäftigungsjahr ein Monatsgehalt als Kompensation zu zahlen. Die ordnungsgemäße Abwicklung wird vom zu-ständigen regionalen Labour Office geprüft und genehmigt. Eine Entlassung von mehr als 20 Mitarbeitern muss heute vorher angezeigt werden.

Seit den 80er Jahren ging es in China wirtschaftlich im-mer nur bergauf. Wenn auch nicht immer pünktlich gezahlt wurde, so ist der Totalausfall oder das Ansinnen nur einen kleinen Teil seiner Schuld zu bezahlen für alle möglichen Schuldner eine neue schmerzliche Erfahrung.

Von sich aus eine Quote festzulegen und dann eine Gläu-bigerversammlung einzuberufen, um diese dann zu verhan-deln und durchzusetzen ist kein probates Vorgehen. Einzel-verhandlungen unterstützt durch einen chinesischen Anwalt und den eigenen Verantwortlichen vor Ort im Team sind an-gezeigt. Dabei wird es oft einiger Gespräche bedürfen und Zeit in Anspruch nehmen, bevor es zu einer verbindlich un-terschriebenen Einigung kommt.

Gebrauchte Einrichtungen und Maschinen, die in China gekauft wurden, lassen sich auch bei tadellosem Zustand nur mit einem geringen Wert weiterverkaufen. Gebrauchte im-portierte Maschinen dagegen finden, wenn sie gängig sind, leichter Abnehmer. Man muss dabei aber je nach abgelaufe-ner Nutzungszeit die Zollbehörde einschalten, gegebenen-falls ist nicht gezahlter Zoll nachzuzahlen.

Bei angemieteten Hallen und Büros empfiehlt es sich, selbst einen Nachmieter zu suchen, um noch Geld für die Bürodekoration und andere in den Hallen befindliche feste Einrichtungen zu bekommen. Ansonsten fällt die Einrich-tung in die Hände des Vermieters.

Letztlich muss die Liquidation eines Unternehmens über die Presse auch der Öffentlichkeit kundgetan und ein offizi-elles Abschlussaudit erstellt werden, bevor die zuständigen Behörden die Auflösung bestätigen und der Unternehmer seine Business Licence abgeben kann.

Insgesamt dauert der ganze Prozess im Durchschnitt etwa ein Jahr. Die Auflösung muss aus eigenen Mitteln fi-nanziert werden, anderenfalls bliebe von Anfang an nur die direkt zu erklärende Liquidation on Bankruptcy. Als Fazit bleibt, dass im Rahmen der Gestaltung des „Global Foot-print“ eine sachliche, strukturierte Vorgehensweise notwen-dig ist, die gerade im Ausland einer sinnvollen Unterstüt-zung bedarf, um lokale Gegebenheiten für sich sinnvoll zu nutzen. :::

Winfried Popp war seit 1984 im Rahmen von kooperationen und Joint

Ventures für einen Spezialmaschinenbauer für China tätig. Seit 2003

berät er als Consultant unternehmen vorwiegend aus dem Maschinen-

bau. Prof. Dr.-Ing. Achim kampker ist Inhaber des lehrstuhls für Produk-

tionsmanagement an der RWtH Aachen.

dddfdffdfdfdfLisa Zeng/Marcus Gladers | [email protected] | www.psyma-china.com | (+86-21) 51.87.11.98

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30 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : Japan

Woche zuständig für die Ausgabe täglicher Essensrationen, hatten über die Feiertage geschlossen. Den christlichen Hilfs organisationen, Rettungsinseln im gesellschaftlichen Elend der Großstädte, wurde nahegelegt, im Stadtzentrum keine warmen Mahlzeiten zu verteilen. Die langen Schlangen der Wartenden belästige die Anwohner, so die Polizei. Kunio Takaoka muss aufpassen, dass er nicht in den Teufelskreis von

Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit hineinrutscht, denn dann fällt er leicht durch das soziale Netz Japans.

Ein Japaner aus sao pauloFernando Suzuki kam 1985 nach Japan. In Sao Paulo als Kind japanischer Einwanderer geboren ist er ein „Nisei“, ein Japa-ner zweiter Generation. Schätzungsweise 1,5 Millionen Bra-silianer haben japanische Vorfahren. Falls sie entsprechende Papiere vorlegen können, erhalten sie damit automatisch Aufenthaltsrecht und Arbeitserlaubnis in Japan. Also for-

VON CHRIStINe lIeW ::: In den 90er Jahren trafen die unterneh-merischen Rettungsmaßnahmen vor allem die älteren Ar-beitnehmer, sie wurden im Zuge der firmeninternen Risutora (Personalabbau durch Umstrukturierung) entweder gleich in Rente geschickt oder bis zum 60. Geburtstag mit Gehalts-kürzungen auf dem Karriere-Abstellgleis geparkt. Risutora war das Schreckenswort jener Tage. Heute reicht ein einziges Wort nicht mehr aus, um die Zukunftsangst der Japaner zu beschreiben.

Am ersten Arbeitstag im neuen Jahr erhielt Kunio Taka-oka seine Kündigung. Mit netten Worten bedankte Toyo-ta sich für Fleiß und Treue doch leider könne sein Vertrag zum 1. April 2009 nicht mehr verlängert werden, schrieb man ihm. Als kleiner Trost würde man ihm aber erlauben, einen weiteren Monat im firmeneigenen Wohnheim zu ver-bleiben. Doch dann sei endgültig Schluss, mehr könne man leider nicht mehr für ihn tun. Allein bei Toyota erhielten 3.000 Zeitarbeiter Anfang Januar dieses Schreiben. Hon-da, Nissan, Canon und auch Sony verfahren nach gleichem Muster. Kunio Takaoka ist 49 Jahre alt, Hoffnungen auf eine erfolgreiche Weitervermittlung hat er nicht. „Hallo Work!“, so der freundlich klingende Name der japanischen Arbeits-vermittlung, wird ihn in ihre Listen aufnehmen. Solange er einen festen Wohnsitz vorweisen kann, darf er sogar Arbeits-losengeld beantragen.

Das Arbeitslosengeld errechnet sich aus den letzten sechs Monatsgehältern ohne Sonderzahlungen und wird im Fall von Kunio Takaoka bei 460 Euro liegen. Da Herr Takaoka über 45 Jahre ist, darf er mit elf Monaten „Stütze“ rechnen, damit liegt er im absoluten Spitzenbereich. Wer weniger als 20 Jahre gearbeitet hat, erhält nur vier Monate. Sind es we-niger als zehn Arbeitsjahre, gibt es gerade mal drei Monate Arbeitslosengeld. Anschließend wird der magere Geldhahn bis zum 60. Geburtstag zugedreht. Denn erst dann greift die Rentenversicherung und Herr Takaoka wird umgerechnet 561 Euro Rente bekommen, vorausgesetzt, er hat 40 Jahre lang brav in die Rentenkasse eingezahlt. Die Zeit dazwischen wird er mit Gelegenheitsjobs überbrücken müssen, Hilfe vom Staat ist nicht weiter vorgesehen.

Das soziale netz ist durchlässigDer Schritt von der Arbeitslosigkeit in die Obdachlosigkeit ist in Japan kein allzu großer. Normalerweise bemühen sich Japans Arme sehr, den Schein des Normalen aufrechtzuer-halten. Das Jahr 2009 jedoch begann mit Protestaktionen der Obdachlosen in Tokio. Langsam werden die Menschen mutiger und verlangen, dass man sie und ihr hartes Schick-sal nicht länger übersieht. Die Stadtverwaltungen, unter der

vielen Dank für fleiß und Treue!Gebeutelt ist die Wirtschaft seit bald 20 Jahren, seitdem kämpfen die Japaner mit den harschen Folgen ihrer hauseigenen Finanz- und Immobilienkrise. Kaum ein Arbeitnehmer wiegt sich heute noch in Sicherheit.

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derten auch Fernando und seine Familie das Glück heraus und siedelten um in das Land ihrer Vorväter. Dort waren sie anfangs höchst willkommen, da Japan sich billige Arbeitskräf-te ins Land holen und gleichzeitig das lästige Problem umge-hen wollte, eine fremde Kultur im Land dulden zu müssen.

„Ausländer mit japanischem Pass“ wie Fernando genießen seitdem eine Sonderstellung unter den 486.398 ausländischen Arbeitnehmern (Stand 2008). Sie dürfen im Land verbleiben, auch wenn sie ihre Arbeit verloren haben. Alle anderen müs-sen sofort ihre Koffer packen, egal ob Fließbandarbeiter oder Hochschulprofessor. Oder sie verschwinden in der Illegalität und sind ebenso unsichtbar und damit nicht-existent gewor-den.

Als Fernando bei Toyota in Aichi anfing, wo sich eine der größten Kommunen der Nisei oder Sansei, Japaner dritter Generation, befindet, sorgte sich noch niemand um die Welt-

wirtschaft und den eigenen Arbeitsplatz. Fernandos magere Sprachkenntnisse reichten zwar auch nur für einen einfachen Job in der Produktion, aber so erging es beinahe der Hälf-te der japanischen Brasilianer oder Peruaner. Mit der Zeit richtete er sich mit seiner Familie in den Alltag ein, das Ein-kommen war ausreichend, wer achtet da schon auf Verträge? Doch ein Drittel der Nisei ist nicht fest angestellt und kann

jederzeit gekündigt werden. Fernando war mit unter den Er-sten, die den scharfen Wind der Wirtschaftskrise zu spüren bekamen. Schon zum Jahreswechsel wurde ihm gekündigt. Das Land muss er nicht verlassen, aber seine Kinder wer-den wohl bald ohne Schulunterricht dastehen, denn bislang besuchten sie eine brasilianische Schule, und die ist privat und entsprechend teuer. Landesweit gibt es 90 dieser Insti-tutionen aber nur drei sind staatlich anerkannt und aus öf-fentlichen Mitteln finanziert. In Zukunft wird Fernando sich das Schulgeld nicht mehr leisten können, der Wechsel in eine reguläre japanische Schule bildet jedoch wegen der Sprach-barriere eine gewaltige Hürde für die Familie.

von der hand in den MundDabei hat es Japans Jugend ohnehin schon schwer, reguläre Arbeit zu finden. 2007 betrug die Arbeitslosenrate junger Ja-paner zwischen 15 und 24 Jahren 7,7%. Gemessen an dieser Zahl schneidet Japan im Vergleich mit anderen OECD-Län-dern noch relativ gut ab, hier liegt der Durchschnitt bei knapp 13%. Doch über ein Viertel dieser arbeitenden Altersgruppe hält nur einen Teilzeitjob ohne feste Anstellung. Seit eini-gen Jahren bezeichnet man diese jungen Leute als Furiitaa. Dieser Begriff ist wohl eine Kombination des englischen free oder freelance mit der deutschen Endsilbe von Arbeiter (Aru-baito, also „Arbeit“, bezeichnet im Japanischen einen Teil-zeitjob). Furiitaa leben in den Tag hinein und von der Hand in den Mund. Sie haben keinerlei Berufsqualifikationen und entwickeln sich mit zunehmendem Alter zu einem sozialen Problem, da sie kaum eine Chance auf dem regulärem Ar-beitsmarkt haben. Ebenso ist der Anteil von 20% Langzeit-arbeitslosen erschreckend hoch. Eine Chance auf eine feste Anstellung ist den Jugendlichen ganz schnell verbaut, denn einmal vom üblichen Weg abgewichen, erhält man hier kaum nochmals die Gelegenheit, wieder zurück in den Mainstream zu finden. Der Verdacht, ein merkwürdiger Außenseiter zu sein, genügt Personalchefs schon, ihre Bewerbung auszusor-tieren.

uniabschluss als JobgarantieHochschulabsolventen sind bislang noch nicht allzu stark von der Krise betroffen. Jedes Jahr zur Kirschblütenzeit betreten 400.000 frisch gebackene Angestellte zum ersten Mal ihre neue Firma. Viele dieser Shinsotsu, oder „frischen Absol-venten“ haben 18 Monate Arbeitssuche oder auch Shushoku-katsudo hinter sich. Sie haben sich einen neuen Computer und ein Extrahandy zugelegt, um bei der Arbeitssuche so effi-zient wie möglich zu sein. Sie haben Veranstaltungen besucht, unzählige Fragebögen ausgefüllt, Interviews geführt und sich schließlich für eine Firma entschieden. 96,9% finden gleich im Jahr ihres Abschlusses eine Festanstellung. Den letzten Prüfungen konnten sie gelassen entgegenblicken, denn zu-meist wurde ihnen schon im Oktober als Naitei („Interne Zu-sage“) der Platz in der Firma versprochen. Noch gelten junge Arbeitnehmer frisch von der Hochschule als gute Investition in die Zukunft. Sie kann man nach Bedarf formen und einset-zen. Noch sind sie die Gewinner bei dem Rennen um stabile Arbeitsplätze. :::

Der tägliche Strom der Pendler zum Arbeitsplatz wird

angesichts des Personalabbaus monatlich dünner.

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Indien hat eine neue Regierung gewählt. Was wünschen sich die ausländischen unternehmen von einer neuen in-dischen staatsführung?» Die Regierung sollte proaktiv die Hauptthemen des Landes vorantreiben. Dazu zählen die Verbesserung der Stromver-sorgung sowie der allgemeinen Infrastruktur genauso wie der Ausbau des Gesundheits- und Ausbildungswesens. Als Anbie-ter von Produkten und Lösungen für Energie und Industrie aber auch für den Gesundheitssektor sind wir natürlich sehr daran interessiert, dass hier gezielt gefördert wird. Gleicher-maßen wichtig ist dies für das Land selbst, denn die Defizite insbesondere in der Infrastruktur aber auch im Gesundheits-wesen in Indien sind bekannter-maßen erheblich. Eine Zahl aus dem Bereich der Energieversor-gung belegt das: In Zeiten von Spitzenauslastung liegt das En-ergiedefizit bei 20%. Für die Industrie ist es natürlich wün-schenswert, dass sich das verbessert.

Die Defizite in der Infrastruktur sind bekannt. Wie schnell tut sich etwas?» Indien hat nicht nur große Investitionspakete auf den Weg gebracht, die Entwicklung ist auch allerorten sicht-bar – im Bau von Häfen, von Flughäfen und auch bei der Ener gieversorgung. Aber die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage ist immer noch immens. Für uns ergeben sich dadurch beste Aussichten, da wir genau das gesuchte Portfolio anbieten können. Dadurch konnte Siemens sein Volumen in Indien in den vergangenen Jahren auch verviel-fachen.

siemens setzt verstärkt auch auf green Technologies. gerät das Thema nicht neben den aktuellen herausforderungen durch die globale Wirtschaftskrise ins hintertreffen?» Nein, im Gegenteil. Ökonomie und Ökologie sind ja kein Widerspruch. Viele unserer grünen Technologien helfen nicht nur, den Energieverbrauch zu senken und damit die Umwelt zu schonen, sondern sparen langfristig auch noch Geld. Zum Beispiel unsere Energiesparlampen. Die Anschaf-fungskosten sind zwar höher, aber sie sparen im Vergleich zur herkömmlichen Glühbirne bis zu 80% Strom und halten bis zu 25 Mal länger. Sie zu kaufen, rechnet sich.

Welche Rolle spielt die Regierung im umweltbereich?» Die Regierung hat zum Beispiel CDM-Programme initiiert. Über diese vergibt sie sogenannte Carbon Credits, wenn nach-gewiesen werden kann, dass durch moderne Technologien er-

hebliche CO2-Einsparungen erzielt werden. Davon profitieren unsere Kunden und damit natürlich auch wir als der grüne Infrastrukturgigant der Welt. Gerade erst haben wir einen

Auftrag des indischen Stromkonzerns Adani Power für den Aufbau eines energieeffizienten Stromübertragungsnetzes er-halten. Durch die Siemens-Technologie werden jährlich mehr als 1 Mio. t CO2 eingespart. Adani kann das nutzen, um ent-sprechende Zuschüsse vom Staat zu bekommen.

Wo liegen die vorteile Indiens im standortvergleich mit China?» Wir bei Siemens sehen die beiden Länder nicht als Renn-pferde, die gegeneinander im Wettbewerb antreten, sondern wenn Sie so wollen als Zugpferde, die das Konzernwachstum voranbringen. Wir in Indien sind stolz darauf, dass wir zu den vier wichtigsten Wachstumsmärkten des Unternehmens zählen. Im Durchschnitt sind wir hier in den letzten Jahren

Wer in Indien und auch global erfolgreich sein will, muss das hervorragende Angebot an qualifi-zierten Arbeitskräften im Land zu nutzen wissen. Das sagt Dr. Armin Bruck, Managing Director der Siemens Ltd. India. Schließlich sei die Loka-lisierung möglichst großer Teile der Wertschöp-fungskette einer der entscheidenden Faktoren in Indien.

„Indiens stärke ist das menschliche kapital“

„Für den Konzern sind Indien und China zwei Zugpferde“

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doppelt so schnell gewachsen wie der Markt. Und auch für das letzte Quartal konnten wir noch eine Steigerung gegen-über dem Vorjahresquartal um 11% vermelden. Der Markt für unsere Produkte ist einfach gigantisch groß. Nehmen wir das Gesundheitswesen: In Indien kommen auf 1.000 Einwohner gerade einmal 0,7 Krankenhausbetten. Der weltweite Durchschnitt liegt bei 3,5. Das zeigt, wie ge-waltig der Nachholbedarf ist. Um auch nur minimal aufzu-schließen und die Zahl wenigstens zu verdoppeln, müsste Indien schon allein 6.000 neue Krankenhäuser mit jeweils etwa 200 Betten bauen. Die Regierung hat das Defizit er-kannt und handelt auch.

Befürchten sie eine Art „Buy-India“-klausel?» Ich würde nicht von einer „Buy-India“-Klausel sprechen, sondern von einer Notwendigkeit zur Lokalisierung der Produkte und Systeme, um nachhaltig im Lande erfolgreich zu sein. Schließlich ist Indien einer der, wenn nicht gar der preissensitivste Markt der Welt. Und demzufolge sind die Unternehmen permanent gefordert, an ihrer Kostenpositi-on zu arbeiten. Das kann nur funktionieren, wenn sie einen Großteil oder besser noch die komplette Wertschöpfung und nicht nur Vertrieb und Service, also die ganze Kette von De-sign, Engineering, Manufacturing bis zu Forschung & Ent-wicklung im Land erbringen.

Immer mehr indische konzerne wurden zu global playern. In Indien sind multinationale konzerne ebenfalls präsent. Wie setzen sie sich gegen die konkurrenz durch?» Es gibt meiner Meinung nach nur zwei oder drei klare Strategien, um im Wettbewerb gegen lokale oder auch in-ternationale Konkurrenten hier in Indien zu bestehen. Das eine ist der technologische Fortschritt, um die Innovations-führerschaft, die uns zu dem gemacht hat, was Siemens heu-te global, aber auch in Indien ist, aufrechtzuerhalten. Zum zweiten ist es eine durchgängige Lokalisierung der Wert-schöpfung, um die Kostenposition permanent zu verbes-sern. Beides zusammen verschafft dem Kunden den Mehr-wert, der uns dazu verhilft, die Aufträge zu bekommen. Last but not least braucht man in Indien, wo ein unglaublicher Kampf um die Ressourcen herrscht – lediglich kurzzeitig gedrosselt durch die Krise –, ein sehr gutes Image. Nur so können Sie die besten Talente für sich gewinnen und auch langfristig halten. Und dieses Image genießt Siemens in In-dien heute. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir tatsächlich die Topleute gewinnen können.

Immer wieder wird die hohe Zahl an Absolventen aus den Ingenieurwissenschaften als vorzug Indiens gerühmt. Lässt sich dieses Argument noch aufrechterhalten? » Indien zählt zu den weltweit größten Anbietern von Bil-

dungskapital. Dieses Riesenangebot an qualifizierten Mit-arbeitern gilt es zu nutzen und damit seine eigene Wettbe-werbsposition zu stärken. Siemens ist heute in Indien ein großes Unternehmen mit mehr als 17.000 Mitarbeitern.

Unter diesen 17.000 Mit-arbeitern finden sich gera-de mal 50 Expatriates. Das zeigt die hohe Kompetenz unserer Mitarbeiter. Das wollen wir als Konzern lokal

aber auch global für uns einsetzen. So bringen wir die Mit-arbeiter zum Beispiel in landesweiten, aber auch globalen Rotationsprogrammen unter. Schließlich bestimmen neben der Technologie die Menschen den Konzern, und wir sind überzeugt, dass unsere Mitarbeiter in Indien einen wesent-lichen Teil zum Gesamterfolg beitragen.

Welche Rolle spielt der standort als Ausgangspunkt für an-dere asiatische Länder?» Heute schon produzieren wir in Indien zu 20% bis 30% für den Export. Das heißt, wir beliefern in Abstimmung mit den Siemens-Divisionen auch andere Länder, angefangen von Asien über den Mittleren Osten bis nach Afrika. Neben der Produktion spielt die Forschung & Entwicklung eine äußerst prominente Rolle. Es ist ein klar artikuliertes Ziel Indiens, innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre zu den Topwissenschaftsnationen der Welt aufzusteigen. Demzu-folge ist geplant, bis 2015 rund 1.500 neue Universitäten zu bauen. Hier bietet sich für Indien natürlich ein fantastische Chance als Talentschmiede. Kürzlich war ich in Bangalore und habe mich dort mit dem Leiter des Indian Institute of Management getroffen, der mir eine beeindruckende Zahl genannt hat: Auf die 1.500 Studienplätze, die das Institut zur Verfügung stellt, bewerben sich jährlich rund 200.000 Kandidaten aus aller Welt. Das zeigt, wie interessant der Standort Indien für Forschung & Entwicklung ist.

Was unternimmt siemens im Bereich der förderung junger Talente in Indien?» Wir sind in intensivem Kontakt mit einigen Wissen-schaftsinstituten. Der Austausch läuft dabei in beide Rich-

tungen. Am Indian Institute of Management gibt es zum Beispiel ein eigenes Siemens-Programm für unsere Jung-manager. Sie durchlaufen dort einen sechswöchigen

Management-Kurs. Das fördert die Motivation unser Mit-arbeiter und entfaltet ihr vorhandenes Potenzial. Auf der an-deren Seite arbeiten wir auch mit den Universitäten zusam-men, um frühzeitig neue Talente für uns zu entdecken und zu gewinnen. Künftig wollen wir selbst auch Vorlesungen und Seminare an den Unis halten – da zähle ich mich dazu –, um den Studenten praktische Einblicke in die Welt der Unternehmen zu geben. Das wird sehr positiv aufgenom-men. Die Fakultäten ihrerseits suchen ja den Kontakt zur Industrie. :::

„Wir profitieren von einem gewaltigen Nachholbedarf in der Infrastruktur“

„Wir sind stolz darauf, dass wir die Topleute gewinnen“

33Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : Expertengespräch

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34 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : China

Hofhausquartiere in Beijing oder orientalisch-okzidentale Lilong-Hybride in Shanghai – sind bereits zugunsten von Hochhaussiedlungen verschwunden.

China nimmt Entwicklungsstufen in einem satzBegreiflich werden die genannten Entwicklungen nur, wenn man beachtet, dass China die idealtypische Entwicklungsabfol-ge von Gründerzeit – Fordismus – Postmoderne, die Europa einst pionierhaft diachron durchlief, synchron absolviert. Chi-nas Gründerzeit, so lässt sich schlagwortartig zusammenfassen, wird durch moderne Technologien beschleunigt und post-modern dekoriert. Ohne die Annahme dieser Synchronizität bleibt das Hyperwachstum als Form des chinesischen Modells nachholender Entwicklung unverständlich. Es verwundert da-her kaum, dass im Jahr 2007 15 der 20 Städte mit dem stärksten BIP-Wachstum weltweit in China lagen.

VON DIeteR HASSeNPFluG ::: In China vollzieht sich gegenwärtig ein Urbanisierungsprozess, der in Ausmaß und Geschwindig-keit alles bisher Bekannte weit in den Schatten stellt. In einer Mischung aus Faszination und Entsetzen ist zu beobachten, wie sich Siedlungsaktivitäten mit der Wucht eines Tsunami über das städtische Umland ergießen. 1,5% des fruchtbaren Ackerlandes wird auf diese Weise jährlich überbaut. Nicht aus-zudenken sind die Folgen für die Ernährung eines Milliarden-volkes, wenn dieser Trend noch ein paar Jahrzehnte anhält. Al-lerdings sind die Planungsbehörden dabei, Konsequenzen zu ziehen: So wird bereits vielerorts der Bau von niedriggeschos-sigen Wohngebäuden nicht mehr genehmigt. Die chinesische Stadt der Zukunft ist vertikal.

Die räumliche Analyse der kompakten Suburbanisierung ergibt ein typisches Zusammenspiel von großer Straße und vertikalem Block: Subalterne Erschließungsstraßen mit sechs und mehr Fahrspuren sind in Randbezirken keine Seltenheit, ebenso wenig wie Wohnhochhäuser mit 20 bis 30 Stock-werken. Heute liegt die durchschnittliche Bevölkerungs-dichte chinesischer Städte bei 16.500 Einwohnern pro qkm

(EW/qkm). In Berlin sind es gerade einmal 3.800 EW/qkm. Die Zahl der Millionenstädte hat in China inzwischen die Einhundert-Marke überschritten und vier davon – Beijing, Shanghai, Guangzhou und Chongching – sind bereits in die Liga der Megastädte mit mindestens 10 Millionen Einwoh-nern „aufgestiegen”. In weniger als 30 Jahren ist der Urbani-sierungsgrad von unter 20% auf über 45% emporgeschnellt.

Jedes Jahr ein neues stockwerkDabei ist nicht jeder Quadratmeter auf dem Reißbrett ge-plant: Häufig kommt es vor, dass Dörfer der Urbanisierungs-flut aufgrund fortbestehender bäuerlicher Nutzungsrechte an Wohngrundstücken standhalten und sich als Inseln im Ozean der Neubaugebiete wiederfinden. Diese „Village“ genannten Siedlungen zählen zu den am höchsten verdichteten Vierteln der Welt. Denn die vormaligen Bauern bieten nun – anstatt Reis anzubauen und Schweine zu mästen – preiswerten Wohn-raum für Arbeitsmigranten an. Und da der Strom der Arbeits-suchenden bis in die jüngste Zeit unaufhörlich floss, wurden Jahr für Jahr Stockwerke aufgetürmt, bis zu zehn und mehr. Da die dörflichen Erschließungssysteme jedoch fortbestehen, gleichen die Villages urbanen Labyrinthen.

Ohne Vorbild ist auch die Geschwindigkeit, mit der sich der innere Wandel der chinesischen Städte vollzieht. In atemberaubendem Tempo werden alte Stadtquartiere durch Hochhaus-Siedlungen ersetzt. Viele historische Viertel, die man inzwischen bewahren würde – etwa klassische Hutong-

Die neuerfindung der chinesischen stadt

Hypermodern und westlich wirkt die Architektur chinesischer Millionenmetropolen auf den Betrachter. Ein Blick hinter die Fassaden jedoch zeigt, dass das rasante Städtewachstum auch traditionellen und landestypischen Regeln folgt.

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35Aktuell ASIA 6:2009

Jede chinesische Stadt kann für sich ein unverwechselbares Porträt beanspruchen. Doch was eint sie, was macht aus ih-nen chinesische Städte? Um den gemeinsamen chinesischen Charakter zu erkennen, ist eine Deutungskunst erforderlich, die es erlaubt, Elemente des städtischen Raums als soziokul-turelle Zeichen zu deuten. Das wichtigste Resultat einer sol-chen Deutung ist der binäre Code von offenem und geschlos-senem Raum. Deutlich über 90% der Stadtbewohner Chinas wohnen heute in abgeschlossenen, durch Mauer, Zaun und

Tor von der umgebenden Stadt abgetrennten Nach-barschaften. Nirgendwo sonst auf der Welt finden sich Städte mit vergleich-barer Barrieredichte.

verpackte DörferIm Prinzip handelt es sich bei diesen als „com-pound” (Verpackung) bezeichneten Siedlungen um urbanisierte Dörfer, deren sozialer Zusam-menhalt oft durch das Wirken von Nachbar-schaftskomitees gefördert wird. Räumlich auffällig ist ihr nach innen ori-entierter Charakter: So verfügen sie durchgängig über parkartig gestalte-te Nachbarschaftshöfe im Zentrum der Anlage. Diese erinnern an die ur-alte Tradition der Innen-höfe. Sie lassen sich als Zeichen fortbestehender Familienzentrierung in-terpretierten.

Vergleichbares gilt für die Südausrichtung der Wohngebäude. Es wäre zu kurz gegriffen, das Orientierungsgebot nur als Folge klimatischer Bedingungen zu deuten.

Vielmehr besitzt die Südorientierung ein machtvolles Sta-tuspotenzial: Über Jahrhunderte wurden die nach Süden aus-gerichteten Gebäude im Hofhaus-Ensemble den Senioren als ranghöchsten Familienmitgliedern zugewiesen. Heute wird die Südorientierung von der aufstrebenden Mittelschicht als soziales Kapital beansprucht.

Überhaupt werden die neueren Compounds von ihren Bewohnern intensiv zum Statuserwerb genutzt. Kollektive Distinktionsgewinne verspricht man sich beispielsweise vom „Branding” durch spektakuläre Namen (Pudong Centre Pa-lace, International Maritime Garden etc.), von auffälligen

BusInEss : China

Nach außen sind die städtischen

Nachbarschaften abgeschottet.

Begrünte Höfe bilden das Zen-

trum der Anlagen.

Dachskulpturen oder von Kopien prominenter westlicher Architekturen. Die Grenzen zwischen sozialer Identität und Markenidentität beginnen sich aufzulösen.

Den geschlossenen Nachbarschaften stehen die offenen Stadträume gegenüber. Von öffentlichem Raum sollte in die-sem Zusammenhang nicht gesprochen werden, denn ein sol-cher ist in China, das eine stadtbürgerliche Tradition nicht kennt, etwas Neues und insofern noch eine Rarität. Der an sich sozial bedeutungslose offene Raum erhält seine Be-deutung vor allem durch Mobilität und Kommerz. Da die kommerzielle Nutzung frei von Orientierungszwängen ist, vermag sie der städtebaulichen Gestaltung Freiheiten anzu-bieten. So wird der Einzelhandel gern zur Schließung der im Osten und Westen wegen der orientierten Zeilenbauweise offenen Siedlungen genutzt. So entstehen Geschäftszeilen für die Nahversorgung, die nach innen abschließen und nach außen lebendige Blockränder definieren.

Auch für Anting galt der chinesische Code Wie wichtig die Kenntnis sozialräumlicher Codes ist, lehrt das Beispiel der „deutschen“ Themenstadt Anting in Shang-hai. Hier wurde versucht, den offenen Grundriß der europä-ischen Stadt – mit soziokulturellem Zentrum, Blockrandbe-bauung, kleinteiliger Mischnutzung, gebogenen Straßen etc. – nach China zu exportieren. Das konnte nicht gut gehen; denn um die Stadt dem Dualismus von offenem und geschlos-senem Raum gefügig zu machen, musste letztlich die Idee der europäischen Stadt geopfert werden: Um abgeschlossene Wohnquartiere zu erhalten, mussten Teile der Satellitenstadt – und damit auch der Einzelhandel – durch Tore abgeriegelt werden. Um mehr Südorientierung zu erhalten, mußten die Blöcke bis zur Unkenntlichkeit in Ost-West-Richtung ge-streckt und in Nord-Süd-Richtung gestaucht werden. Um Nachbarschaftshöfe zu generieren mußten Blöcke geöffnet und öffentliche Plätze „vergemeinschaftet“, das heißt in In-nenhöfe umcodiert werden.

Ganz klar zeigt sich: Die gegenwärtige urbane Revoluti-on Chinas folgt keineswegs nur westlichen Mustern, sondern ebenso uralten Traditionen chinesischer Raumproduktion. China konsumiert Ideen, Konzepte und Bilder aus der Fremde und aus der eigenen Geschichte, um mit diesem Material die Stadt für sich neu zu erfinden: den Körper des zukünftigen chi-nesischen Drachen. :::

ZuM AuTOR

Dieter Hassenpflug ist Professor für Soziologie und Sozialge-schichte der Stadt an der Bauhaus Universität Weimar. Er lehrt und forscht seit 2002 auch in China. Im Birkhäuser Verlag veröffent-lichte er „Der urbane Code Chi-nas“. ISBN: 978-3-7643-8806-5

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36 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : Japan

shoppt Yamamoto über das Handy im Internet oder schaut im Bett noch einmal kurz TV.

Schon seit Jahren wetteifert der einst als Mobiltelefon be-zeichnete Alleskönner mit dem Computer um den Rang als Hauptzugangsmittel zum Internet. Inzwischen hat sich das

Handy sogar zum Schrecken der Autoindustrie entwi-ckelt. „Immer mehr junge Männer kaufen sich kein Auto mehr, sondern geben ihr Geld für Handys aus“, klagt ein Auto-Manager. Denn viele Mitglieder der jungen Ge-neration, die ihr Ego einst gerne PS-verstärkten, geben dem Datenverkehr im mobilen Internet Vorrang vor dem Straßenverkehr mit dem Automobil.

spielwiese für die TrendforschungJapan ist damit zum größten Freilandlabor für Geschäfts-modelle und Trends im mobilen Internet geworden, sagt Marco Köder, Co-Autor des bald erscheinenden Buches „Die sechs unveränderlichen Gesetze des mobilen Inter-nets“ und Designer von Cybermedia, einer Werbeagentur fürs Handyweb. „Japan hat bei der Entwicklung des mo-bilen Internets einen Vorsprung von zwei bis drei Jahren vor dem Rest der Welt.“

Dass es sich das mobile Internet zuerst hier den Durchbruch verschafft hat, ist einem Bündel an Fak-toren geschuldet. Nichtsdestotrotz sind die Lehren welt-weit gültig, meint Köder. Denn Japans mobiles Internet ist nicht wie in Japan und im Ausland oft angenommen wird, eine abgelegene Galapagos-Insel, die zwar interes-sant ist, aber wenig Aussagekraft für die Welt hat. Was im ostasiatischen Inselreich heute Erfolg hat, könnte morgen auch Europa im Sturm erobern.

Ein weiteres Vorurteil löst sich bei einem näheren Blick in Luft auf. Japaner benutzen das mobile Internet nicht wie weit verbreitet angenommen vorrangig während der langen Pendlerreisen in den Bahnen der Großstadt, son-dern nach Feierabend daheim. Ein Online-Fashion-Shop für Frauen hat den meisten Verkehr zwischen Mitternacht und vier Uhr früh, wenn die Damen Muße haben, sich durch die Modekataloge zu klicken und zu bestellen.

Gleichzeitig gibt es inzwischen bereits einige Dien-ste und Unternehmen, die sich erfolgreich im Ausland verbreiten. Der Multimediadienst des britischen Mobil-

telefongiganten Vodafone, „Vodafone Live!“, beispielsweise ist eine direkte Kopie eines japanischen Hits. Der Produzent von Videos für mobile Internetprogramme Bellrock ist glei-chermaßen in Japan und den USA auf Kundenfang. Denn professionelle Videoinhalte werden für Inhalteanbieter so-wie die Unternehmenswerbung im mobilen Internet immer wichtiger.

VON MARtIN köllING ::: Mit Perlen besetzt, mit Ornamenten geschmückt – liebevoll hat Keiko Yamamoto ihr Massenhan-dy zum Einzelstück getunt. „Das Handy ist mir wirklich ans Herz gewachsen“, erklärt die 29-jährige Verkäuferin ihre De-korationsbemühungen. Denn es ist ihr ständiger Wegbeglei-

ter. Morgens weckt das Handy sie. Ihre private Mail ist darauf gespeichert ebenso wie Fotos ihrer Freunde. Auf dem Weg zur Arbeit dient es ihr als U-Bahnticket und dann als Musik player, Game-Maschine oder Lesegerät. Geht sie aus, verwandelt sich das Handy in ein Navigationsgerät. Und abends daheim

Der Welt um Jahre vorausIn keinem anderen Land der Welt ist das Handy samt mobilem Internet so weit zur Schaltzentrale des Alltags geworden wie in Japan. Unternehmen sollten sich darauf einstellen.

Das Handy dient nicht nur der Kontaktpflege oder der

Unterhaltung. Es hilft auch bei der Orientierung.

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37Aktuell ASIA 6:2009

Für die Inhalteanbieter wiederum bedeutete dies, geringe Abogebühren für ihre Dienste zu verlangen und so möglichst viele Kunden an-zulocken. Navitime verlangt 315 Yen Monats-gebühr (rund 2,50 Euro). In Europa kostet der Dienst 4,99 Euro etwas mehr. Aber dies liegt vor allem am höheren Wegezoll der Netzbetreiber.

kleine häppchen und schwerere kostNeben dem Geschäftsmodell spielt das Konzept für den Aufbau von mobilen Internetseiten eine große Rolle. „Der gemeinsame Nenner erfolg-reicher Seiten ist, dass sie die zwei wichtigen Zeitzonen des mobilen Internets bedienen“, sagt Köder. Die „Zwischendurchzeit“ durch schnell

konsumierbare Inhalte, mit de-nen sich kurze Wartezeiten auf beispielsweise

Züge totschlagen lassen. Und die „Goldene Zeit“ nach Feier-abend, in der die Kunden datenreiche Inhalte konsumieren, online bestellen oder Novellen lesen.

Das Paradebeispiel ist Mobage Town, der innerhalb von zwei Jahren mehr als zwölf Millionen Mitglieder eingefangen hat. Schon sein Kernprodukt, supersimple Handyspiele, die sich mit einem Knopfdruck spielen lassen, den Geist nicht for-dern, aber dafür unterhalten, war als Zeitkilller populär. Doch als die Entwickler daran gingen, um das Kernprodukt virtuelle Welten und soziale Netzwerke ähnlich wie Facebook zu bau-en, wurde Mobage Town zur Boomtown. Jetzt expandiert der Dienst ins Nachrichtengeschäft.

Coca-Colas mobile Internetstrategie ist eines der erfolg-reichsten Beispiele dafür wie sich die Kraft des Internets nut-zen lässt. Der Limonadenhersteller hatte 2007 in der Mobage-Stadt quasi ein Coca-Cola-Viertel aufgebaut, wo Mitglieder Coca-Cola-gebrandete Spiele spielen, Coca-Cola-Schmu-ckemails verschicken oder Coca-Cola für ihren Avatar in der virtuellen Stadt erwerben konnten. Über eine Million Japaner erwarben in der vierwöchigen Kampagne ein Konto.

Ein Ende an neuen Möglichkeiten, mit den Kunden über das Handy in Kontakt zu kommen, ist noch nicht abzusehen. Denn die Handytechnik entwickelt sich immer weiter. Das Mobilnetz AU hat gerade Handys mit Touchscreen und Syn-thesizer auf den Markt gebracht. So wird das Handydisplay zum Klavier, zur Harfe, Gitarre oder Trommel. Die kompo-nierte Musik kann man speichern und zum Beispiel bei Mo-bage Town hochladen, wo die Internetgemeinde die Songs bewertet. Die besten Songs werden dann als CD in der realen Welt verkauft.

Doch Keiko Yamamoto interessiert sich eher für eines der auf Modeaccessoire getrimmten wasserdichten Handys, mit den AU speziell Frauen umwirbt. „Das kann ich auch mit in die Badewanne nehmen, ohne Angst zu haben, dass es kaputt geht“, sagt Yamamoto. Und plötzlich haben Unternehmen so-gar zur allabendlichen Badezeit einen direkten Weg zur Kund-schaft. :::

BusInEss : Japan

Am rasantesten expan-diert allerdings Navitime, Japans führender Anbieter von individueller Routen-führung im mobilen Inter-net. In 23 Ländern ist das Unternehmen bereits aktiv, bereits auch in Europa. Das Ziel sei, „ein de facto Welt-standard“ zu werden, sagt Unternehmenschef Keisuke Onishi. Damit wird das Un-ternehmen zu einem inte-ressanten Geschäftspartner auch für deutsche Unter-nehmen.

Das Unternehmen liefert neben der Vogelperspektive auch dreidimensionale An-sichten von Stadtplänen aufs Handy und führt die Menschen unterstützt vom ins Handy eingebauten GPS-System direkt zum gewünschten Ziel. Sogar Werbetafeln sind an den Gebäudefassaden zu sehen und lassen sich wie in der realen Welt von Unternehmen belegen.

Inzwischen klappt dies auch interkontinental – unter Ein-beziehung von Fußwegen, öffentlichen Verkehrsmitteln und falls notwendig Flugzeugen. Die Einblendung von ortsbezo-genen Informationen wie Supermärkten, Restaurants oder Hotels macht Navitime natürlich bei anderen Unternehmen zu einem beliebten Partner.

Zahlungsbereitschaft für mobile DiensteUnd Geld verdienen lässt sich im mobilen Internet ebenfalls. Denn im Gegensatz zum großen PC-Internet, das zur kosten-losen Grabbelkiste für Inhalte jeder Art verkommen ist, sind die Kunden im mobilen Internet bereit, für Musik, Filmchen und teilweise Nachrichten zu bezahlen. Und mehr noch: „Die Loyalität der Nutzer zu einem Dienst, den sie nützlich finden, ist höher als im PC-Internet“, sagt Köder.

Doch um die Kraft des mobilen Internets voll ausnutzen zu können, müssen Unternehmen den Kundenwünschen Vor-rang vor dem eigenen Reflex einräumen, möglichst schnell Kasse zu machen. Japans Mobiltelefonnetzbetreiber NTT Docomo hat das zum Glück bereits Ende der 1990er Jahre erkannt und ein fruchtbares Ökosystem geschaffen, in dem Netzbetreiber, Handyhersteller und vor allem die Inhalte-anbieter Gewinn machen können.

Im Unterschied zu den Telekommunikationsriesen in Deutschland haben sie sich von den Aboeinnahmen der In-halteanbieter auf offiziellen mobilen Internetseiten nur ein statt fünf bis sechs Zehntel als Bearbeitungsgebühr abge-zwackt. Als Belohnung gab es einen Rückkopplungseffekt: Die Inhalteanbieter konnten schnell Profit erzielen, erhöhten das Angebot, das wiederum mehr Kunden zu mehr Nutzung verführte, wodurch der Datenverkehr schnell stieg und damit der Reiz, neue Handys mit mehr Funktionen zu entwickeln, die neue Dienste ermöglichen.

Zugfahrten sind nur eines der

vielen Zeitfenster, in denen das

mobile Internet genutzt wird.

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38 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : Indonesien

Vertriebsagenturen die von ihnen angebotenen Produkte zu-nächst in großen Mengen und lassen diese vor Ort in kleinere Aufmachungen umpacken.

Die einheimischen Hersteller stehen nicht in direkter Konkurrenz zu importierten Erzeugnissen, da unterschied-liche Marktsegmente bedient werden. Ihr Angebot besteht im Wesentlichen aus Gesundheitsgetränken und Produkten auf der Basis lokal verfügbarer Kräuter und Pflanzen.

Importierte Gesundheitsprodukte und Nahrungsergän-zungsmittel müssen vor ihrem Vertrieb in Indonesien ein Zulassungsverfahren durchlaufen, bevor sie auf den Markt gebracht werden. Zuständige Behörde für die Registrierung ist die National Agency of Drug and Food Control (BPOM). Das Registrierungsverfahren nimmt drei bis sechs Monate in Anspruch. Die BPOM ist auch für die Qualitätsprüfung der eingeführten Produkte zuständig. Da fast 90% der indone-sischen Bevölkerung der islamischen Glaubensrichtung an-gehören, muss auch bei Gesundheitsprodukten auf die Ein-haltung der „Halal“-Anforderungen geachtet werden. :::

VON NeCIP BAGOGlu, GtAI ::: Indonesien ist ein zukunftsträchtiger Markt für Nah-rungsergänzungsmittel wie Vitamine, Mi-neralien, Diätprodukte und andere Präpa-rate zur Stärkung der Gesundheit und des Wohlbefindens. Zwar ist die Kaufkraft in großen Teilen der Bevölkerung noch be-grenzt. Fachleute gehen jedoch davon aus, dass mit gezielten Marketingmaßnahmen mittelfristig etwa 5% der Verbraucher – immerhin 11 Millionen Menschen – als Konsumenten von Gesundheitspräparaten gewonnen werden können. Noch liegt der genannte Anteil unter 1%.

Das für 2008 von Branchenbeobach-tern auf rund 360 Mio. US-Dollar ge-schätzte Marktvolumen wird in Zukunft voraussichtlich um circa 20% pro Jahr stei-gen. Insbesondere in Großstädten wie Ja-karta, Bandung, Surabaya und Medan, wo vergleichsweise gut verdient wird, wächst im Zuge der Verbreitung von westlichen Lebens- und Konsumgewohnheiten das Interesse an rezeptfreien Präparaten und Nahrungsergän-zungsmitteln zur Stärkung des körpereigenen Immunsystems gegen umweltschädliche Stoffe und Alterserscheinungen.

Gefragt sind Diät- und ästhetische Erzeugnisse zur Ver-besserung des äußeren Erscheinungsbilds und zur Gewichts-abnahme ebenso wie Mittel zur Bekämpfung degenerativer Leiden von Herz-Kreislaufproblemen über Bluthochdruck bis zur Osteoporose. Auch Vitamin- und Mineralprodukte zur Unterstützung der körperlichen Abwehrkräfte sowie Präparate zur Verbesserung des Sexuallebens stehen hoch im Kurs. Etwa 80% der am Markt vertriebenen Gesundheits-produkte sind importiert. Die Einfuhr unterliegt keinen be-sonderen Beschränkungen. Der Importzoll beträgt 5% bis 10% vom Wert. Außerdem wird die Mehrwertsteuer von 10% erhoben.

hohe Qualität in attraktiver hülleImportierte Gesundheitsprodukte werden in erster Linie in der Hauptstadt Jakarta in Supermärkten, Drogerien und Apo-theken abgesetzt. Die kaufkräftigen und besonders imagebe-wussten Konsumenten der höheren Einkommensgruppen schätzen Produkte hoher Qualität in adäquater Verpackung. Der Preis fällt dabei nicht in dem Maße ins Gewicht, wie es bei anderen Konsumgütern der Fall ist. Um eine breitere Ver-braucherschicht zu erreichen, importieren einige Firmen und

gesund, schön und leistungsfähigAuch in Indonesien kommen die Verheißungen rezeptfreier Produkte zur Stärkung von Körper und Geist gut an. Für die kommenden Jahre verspricht sich die Branche eine kräftig wachsende Zielgruppe.

Der Großteil der Gesundheitsprodukte aus dem Ausland wird in

Supermärkten, Drogerien und Apotheken Jakartas verkauft.

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Schwer belastetKonjunKtur

AKtuell ASiA SPeCiAlThailand

StAndortSuChe

Industriepark vs. Grüne Wiese

PolitiK

Die Demokratie ist brüchig

PhArmAinduStrie

Eine Branche trotzt der Krise

In Zusammenarbeit mit

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::: Thailand hat es sich in den letzten Jahren nicht einfach gemacht. Politische Krisen und Regie-rungswechsel wurden schon beinahe zum All-tag. Derzeit regiert eine solide parlamentarische Übergangsregierung, die versucht Wunden zu heilen und neue Kompromisse zu finden, um in absehbarer Zeit zu Neuwahlen zu kommen. Die große Mehrheit der Thais wünscht Aussöhnung und Stabilität – die Chancen dafür stehen gut.

Gleichzeitig ist die Bekämpfung der weltweiten Wirtschaftskrise ein Kernthema. Thailand ist als stark exportorientierte Ökonomie massiv be-troffen. Jüngste Wirtschaftszahlen zeigen jedoch bereits eine wachsende Industrieproduktion und machen Hoffnung auf einen wieder einsetzenden leichten Aufschwung.

Der Deutsch-Thailändische Handel hat auch im schwierigen Jahr 2008 erneut deutlich zu-genommen. Chancen bieten sich in den unter-schiedlichsten Bereichen. Neben den klassischen Branchen Maschinenbau oder Chemieindustrie muss auch auf Energie, insbesondere erneuerbare Energie, sowie Transport verwiesen werden. In-vestoren finden zudem eine gute Infrastruktur. Der Kostenumfang gehört nach wie vor zu den kleinsten in ganz Asien. Nicht vergessen darf man hierbei auch, dass Thailand einen Teil der groß-en Freihandelszone Südostasien darstellt, die mit 575 Millionen Einwohnern und einem Brutto-inlandsprodukt von 1.3 Billionen US-Dollar zu den größten entwickelten Wirtschaftsblöcken der Welt zählt. :::

„Thailand bietet große Zukunftsmög-lichkeiten, sowohl als Markt, wie auch als Produktions- und Exportplattform.“

Stefan BürkleGeschäftsführer German-Thai Chamber of Commerce, Bangkok

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Frieden, sondern auch von der Demokratie ein gutes Stück entfernt. Denn die so genannten Eliten des Landes, zu denen mit König und Militär die stärksten Kräfte zählen, halten die faktische Macht in Händen und sind nicht bereit, zu teilen.

eine Wiederholung ist nicht zu befürchtenDie Aktienbörse in Bangkok hat die negativen Nachrich-ten relativ gut verarbeitet. Die Verluste im Verlauf der ver-gangenen zwölf Monate lagen mit knapp 40% im Rahmen der weltweit zu beobachtenden Verluste. Seit Jahresbeginn liegt der Index 20% im Plus. Die Gefahr einer sich wiederho-lenden Entwicklung wie zu Zeiten der Asienkrise ist gering. Thailand verfügt über Devisenreserven von knapp 120 Milli-arden US-Dollar. Der Staat ist damit gegenüber dem Ausland in einer Nettogläubigerposition und kann, wenn nötig, die Währung stützen. Gegenwärtig besteht jedoch kein Abwer-tungsdruck, auch weil die Leistungsbilanz einen deutlichen Überschuss ausweist. :::

VON jaNIs hüBNer ::: International sind Waren- und Kapital-ströme im Rekordtempo geschrumpft. Eine exportorien-tierte Wirtschaft wie die thailändische kann sich dem nicht entziehen. Der Anteil der Exporte am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegt heute mit über 70% noch deutlich über dem Wert von 1997. Damals waren es noch unter 50%. Die Exporte dürften im laufenden Jahr real um mehr als 10% sinken. Ins-gesamt wird Thailands Wirtschaft voraussichtlich um rund 5% schrumpfen, und auch im kommenden Jahr dürfte die Erholung mit einem Plus von unter 2% schwach bleiben. Der Nachfrageeinbruch führt dazu, dass Kapazitäten nicht ausgelastet sind, was wiederum die Nachfrage nach Investi-tionsgütern belastet.

rot gegen gelbDoch die Entwicklung der Investitionstätigkeit spiegelt nicht nur die Unterauslastung der Kapazitäten wider, son-dern auch die Unsicherheit über den weiteren politischen Kurs des Landes. Nach dem Militärputsch im September 2006 hoffte das Land mit den Wahlen im Dezember 2007 auf eine Rückkehr zur Demokratie. Diese Wahlen gaben jedoch wieder jenen die Macht zurück, denen das Militär diese zu-vor entrissen hatte: Den „Rothemden“, den Anhängern des früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatras. Heute haben trotz dieses Wahlausgangs die dem Königshaus nahe stehenden „Gelbhemden“ die Regierung übernommen. Dies geschah, nachdem Teile des Regierungsbündnisses überra-schend und aus ungeklärten Motiven die Seiten wechselten. Durch massive Straßenproteste und gerichtliche Politikver-bote gegen Regierungsmitglieder hatte der Druck bereits zuvor zugenommen. Die Erfahrungen der vergangenen Mo-nate haben somit gezeigt: Thailand ist nicht nur von innerem

Auf der Suche nach StabilitätThailand steckt in der schwersten Rezession seit der Asienkrise 1997/98. Die Konjunktur lahmt und die Politik versagt. Diesmal scheint das wirtschaft-liche Fundament jedoch stabiler zu sein.

Im Hafen von Laem Chabang ist die sinkende Nachfrage zu spü-

ren. Der Anteil des Exports am thailändischen BIP beträgt 70%.

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Janis Hübner ist seit Juli 2008 im Makroresearch der DekaBank Län-deranalyst mit Zuständigkeit für asiatische Volkswirtschaften. Zuvor war Hübner als Emerging-Markets-Analyst (Fixed Income) für die DZ Bank und als Fondsmanager für die Helaba Invest tätig.

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IIISPeCiAl : Thailandaa-speCIal 6:2009 III

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einigen Wochen scheint jedoch Ruhe eingekehrt zu sein in die thailändische Politik. Mit Ruhe und Gelassenheit haben die deutschen Unternehmen vor Ort die politischen Turbu-lenzen gut überstanden. Keine einzige Firma habe den Rück-zug angetreten, berichtet die deutsch-thailändische Han-

delskammer GTCC. Auch Martin Klose sieht keine messbaren negativen Auswirkungen auf das Geschäft: „Sicherlich befinden sich einige Projekt in Warteposition, doch das liegt auch an der Finanz- und Wirtschaftskrise“, sagt der Rechtsanwalt, der bei der Kanzlei Rödl & Part-ner in Bangkok tätig ist.

Bildung für alleDie Bewältigung der Krise steht auch für Rolf-Dieter Daniel im Mittelpunkt. Für den langjäh-rigen Geschäftsführer von Staedtler in Thailand spielt der Zustand der Weltwirtschaft eine ent-scheidende Rolle. Liegen doch die Exportquo-ten des Herstellers von Schreibgeräten deutlich oberhalb von 50%. Bei den Maßnahmen zur Krisenbewältigung bescheinigt er insbesondere dem neuen thailändischen Finanzminister Korn Chatikavanij, eine gute Figur abzugeben. Auch die Einführung einer 15-jährigen kostenlosen Schulbildung für alle sei ein richtiger Schritt, insbesondere um das Ausbildungsniveau in der thailändischen Volkswirtschaft zu heben. Dass all die Schüler auch Bleistifte und Kugelschrei-ber benötigen, stellt für Staedtler in Thailand sicher keinen Nachteil dar.

Ebenfalls positiv bewertet Daniel die Vor-haben zum Ausbau der Infrastruktur in und um Bangkok. Im Rahmen der öffentliche In-vestitionsprogramme plant Thailand für die kommenden Jahre auch im Umweltbereich Ausgaben in Milliardenhöhe. Gerade in diesem Sektor könnte die deutsche Wirtschaft ihre Stärken ausspielen. Die Frage ist, ob sie zum Zuge kommen kann. Klose hält insbesondere die öffentlichen Vergabeverfahren für verbes-serungsbedürftig: „Thailand muss durch objek-tivere Kriterien, die vor allem auf Qualität und

Preis beruhen – wieder oder nun endlich – zum attraktivsten Land innerhalb der ASEAN-Gruppe für Handel, Technolo-gietransfer und Investitionen werden.“

VON MarTIN BrüCkNer ::: Hinter dem Königreich Thailand lie-gen Monate verwirrender Farbenspiele: Zunächst legten die in gelb gekleideten Gegner des früheren Premiers Thaksin den Flughafen lahm, später wiederum blockierten rot geklei-dete Anhänger Thaksins den ASEAN-Gipfel in Pattaya. Seit

Vertrauensbildende maßnahmenFür Beobachter von außen waren die vergangenen Monate nicht unbedingt dazu angetan, Vertrauen in den Wirtschaftsstandort Thailand zu entwickeln. Wer näher dran oder mittendrin ist, sieht die Dinge anders. Darum hat sich Asia Bridge bei Unternehmern und Managern vor Ort erkundigt.

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Die Stimmung ist weiterhin gut. Vor allem der geplante Ausbau

der Infrastruktur in und um Bangkok herum wird von den

deutschen Unternehmern begrüßt.

IV aa-speCIal 6:2009SPeCiAl : ThailandIV

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Wer Thailand kennt, weiß die Politik vom Geschäft zu trennen. Verunsichert sind hingegen diejenigen, die ein Engagement in Südostasien erwägen und nach einem geeigneten Standort Ausschau halten. Für Karl-Heinz Heckhausen kommt es vor allem darauf an, das Vertrauen wiederherzustellen. Insbesondere die Blockade des Flug-hafens habe dem Land stark geschadet. Der frühere Chef der Daimler-Operationen in Thailand und Vietnam arbeitet als Berater und ist Vorstandsmitglied der deutsch-thailän-dischen AHK.

Zusammen mit dem thailändischen Industrieminister rei-ste Heckhausen im Mai nach Deutschland, um sich bei Un-ternehmen nach deren Sichtweise der Lage zu erkundigen. Dabei habe sich herausgestellt, dass Firmen im Rahmen ih-rer Investition je nach Branche unterschiedliche Bedürfnisse hätten. „Es kommt nun darauf an, dass das Thai Board of Investment stärker auf die Wünsche eingehen kann“, sagt Karl-Heinz Heckhausen. Das Land stehe schließlich im Wettbewerb mit anderen Nationen wie Vietnam oder Malay-

sia. Um Unternehmer von den Qualitäten des Königreichs zu überzeugen, plant das Thai Board of Investment in den kommenden Monaten die Veranstaltung von Roadshows in ganz Europa.

Klares Bekenntnis zum FreihandelZu den vertrauensbildenden Maßnahmen rechnet der ehe-malige Daimler-Mann auch die Schaffung attraktiver tou-ristischer Angebote. Obwohl die Auslastung der Hotels noch nicht wieder das Niveau vor den politischen Unruhen erreicht hat, sollen die Hoteliers davon überzeugt werden, ihre Mitarbeiter zu halten. Die nötige Überzeugungsarbeit soll dabei Geld in Form von Steuererleichterungen leisten.Die Regierung bekennt sich weiterhin zum Freihandel und spricht sich klar gegen protektionistische Maßnahmen zur Überwindung der Krise aus. Ausländische Investoren sind und bleiben herzlich willkommen. Zudem ist die Verschär-fung des Unternehmensrechts, wie sie 2007 diskutiert wor-den war, nun endgültig vom Tisch. :::

www.dssb.org

Because education matters...

VSPeCiAl : Thailandaa-speCIal 6:2009 V

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VON GuNTer DeNk ::: Neben dem Zeitgewinn und einer kom-pletten Infrastruktur spricht vor allem die in der Regel erhöhte Investitionsförderung durch Thailands Board of Investment (BOI) für den Industriepark. Die staatlichen Subventionen beinhalten verlängerte Fristen für Steuer-nachlässe (bis zu acht Jahre Erlass, danach fünf Jahre hälftige Ertragssteuer), 75% Zollermäßigung auf importierte Teile und zehn Jahre doppelte Abschreibung bestimmter Aufwen-dungen. Der Staat belohnt so Landentwickler, in dem er ihr Angebot attraktiver für Investoren macht. Diese Förderung erhält jedoch nur, wessen Industriepark als „Promoted Area“ durch die Industrial Estate Authorities of Thailand (IEAT) anerkannt ist. Private Parks ohne diese Anerkennung wer-den hinsichtlich der Förderung der „Grünen Wiese“ gleich-gestellt. Ferner entscheidet auch die Lage der Industrieparks über die Höhe der Förderung. Die Klassifizierung erfolgt dabei über die vom BOI angelegten Zonen, welche die thai-ländischen Gebiete nach ihrer Förderbedürftigkeit einteilt.

Neben dem finanziellen Aspekt haben Industrieparks ei-nen weiteren Vorteil: Sie ersparen Ärger mit Nachbarn. Vor allem umgeht man so den Einfluss der oft allmächtigen „Ob-ados“, einer Art gewähltem Ortsbeirat, die gerne eine nicht ganz „offizielle“ Zahlungen für eine Zustimmung zu einem Bauvorhaben erwarten. Auch die Probleme bei der Einho-lung der Baugenehmigung entfallen im Industriepark Auf der grünen Wiese muss das für die Fabrik gewählte Grund-stück im Baunutzungsplan als Gewerbegebiet gekennzeich-net sein, um die Bebauung zu ermöglichen. Nicht selten blockieren jedoch die Behörden diese „freien“ Investitionen außerhalb der Parks, um die Investoren in den Park zu trei-ben. Man kennt sich eben und berücksichtigt die gegensei-tige Interessenslage. Bebaubare „Grüne Wiesen“ in der Nähe von Industrieparks sind auch oft nicht entscheidend billiger.

Ist die Entscheidung gefallen, sollte unbedingt eine Be-sichtigung erfolgen. Die Sauberkeit sagt viel aus. Die Band-breite beim Management reicht vom „trägen Hausmeister“

Industrieparks locken mit ausge-bauter und einwandfreier Infrastruk-tur. Sie versprechen eine unbüro-kratische Abwicklung und werben mit großzügigen Nutzflächen. Wenn dann auch noch umfangreiche Sub-ventionen hinzukommen ...

im industriepark oder ...

bis zum wendigen Dienstleister mit guten Sprachkennt-nissen und unternehmerischem Denken. Grundstücke in einem guten Industriepark sollten so zugeschnitten sein, dass eine optimale bauliche Nutzung der Fläche möglich ist.

Ein Risikofaktor, der nicht zu vernachlässigen ist, ist die Regenzeit. Daher sollte die Baufläche auf minde-stens 40 cm über dem Straßenniveau angehoben sein, um Überschwemmungen zu vermeiden. Zudem muss auf verbindliche Aussagen über die Bodenbeschaffenheit be-standen werden, da die Festigkeit des Bodens auch die notwendige Tiefe des Fundaments bestimmt. Ein tiefes Fundament kann die Baukosten um bis zu 30% erhöhen.

Nicht zu vernachlässigen ist die Sicherheit der Energie-versorgung. Für die Produktion sind vor allem die Angaben über die Zahl der jährlichen Stromausfälle „Black-outs“ oder Stromschwankungen „Brown-outs“ wichtig.

100% Gehaltsaufschlag sind üblichNeben der Energieversorgung ist besonders das Ange-bot und die Qualifikation von Arbeitskräften entschei-dend. Ausgebildete Arbeitskräfte gibt es in Industrieparks zahlreich. Aber eben auch Abwerbung, wobei Großfir-men durch höhere Löhne und besseres „Image“ gegen-über Mittelständlern klar im Vorteil sind. In hoch tech-nisierten Parks muss mit Aufschlägen von 100% und mehr auf die üblichen Mindestlöhne gerechnet werden.

Ein weiterer Vorteil vieler Industrieparks: Oft sind bereits einige Zulieferer und Kunden vor Ort, von denen das eigene Unternehmen profitieren kann. Viele Parks sind auf bestimmte Industrien spezialisiert, andere bieten eine breite Palette von mittelständischen Unternehmen, deren Kommunikati-on untereinander durch den Park gefördert werden sollte.

VI SPeCiAl : Thailand aa-speCIal 6:2009VI

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FünF theSen

1. Eine neutrale und praxisnahe Standortanalyse ist ein Muss.

2. Industrieparks eignen sich für Investitionen, deren Return auf langjährige Steuer- und Zollvorteile baut, hohe Sicherheit der Infrastruktur voraussetzt und von aufwändiger Logistik geprägt ist.

3. Die „Grüne Wiese“ lohnt meist nicht, wo Industrie-gebiete bereits in der Nähe liegen.

4. In Industrieparks sind Mittelständler bei der Mitar-beitersuche unterlegen.

5. Mittelständler mit hohen Lohnkosten und geringem Transportumfang können auf der „Grünen Wiese“ Förderung und günstige Kosten kombinieren.

Wer einem Industriezweig angehört, der auch außerhalb der anerkannten Zonen eine Förderung erhält, der sollte den Gang auf die „Grüne Wiese“ im (Nord-) Osten Thailands, dem „Isaan“, durchaus in Betracht ziehen.

auf der „Grünen Wiese“

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Auf der „Grünen Wiese“ gelten andere Voraussetzungen. Lokalbehörden und „Obados“ können im Osten Thai-lands sogar zum Freund werden. Für sie gilt das Motto: „ Wenn ich meinem Dorf Fabrik und Arbeit bringe, werd ich gewählt“! Blitzschnell sind dann Stromleitungen gelegt und kostenfreie Zufahrtsstraßen für den Investor gebaut. Beson-ders inhabergeführte Mittelständler haben die Gelegenheit, Einfluss zu nehmen, ihr Unternehmen sozial zu integrieren, und zum geschätzten Stolz der Kleinregion werden zu lassen. Ein weiterer Vorteil des wirtschaftlich eher unterentwickelten Isaan: Das Land ist zwischen 50% und 80% billiger und die In-frastruktur kann den eigenen Bedürfnissen angepasst werden.

30 Millionen Arbeitskräfte auf dem Land hoffen auf ei-nen Arbeitsplatz mit dem Mindestlohn von circa 3 Euro. Mit wenigen Ausnahmen wie etwa der Universität von Khon Kaen gibt es allerdings kaum gute Ausbildungsstätten. Die Qualifikation ist niedrig. Darum sind interne Schulung oh-nehin unerlässlich und zahlen sich aus. Die Mitarbeiter ha-ben die Möglichkeit in der Nähe ihrer Familien zu bleiben. Dies führt zu einer hohen Loyalität und senkt die Fluktuati-on. Auch bei Dienstleistungen, Bau- und laufenden Kosten machen sich die niedrigeren Löhne langfristig bemerkbar.

Güter mit geringem Volumen sind geeignet Obwohl vier- und sechsspurige Straßen alle Regionen des Landes verbinden, sind die Transportkosten in Thailand hoch. Wer großvolumige Güter auch noch als Stückgut transportieren muss, der sollte die „Grüne Wiese“ in meiden. Für Produkte mit geringem Volumen, hohem Wert und Ar-beitslohn, ist die „Grüne Wiese“ vieler eher geeignet. Kein Zweifel: Für europäische Investoren ist die Standortfrage auch eine der Lebensqualität. Das Wochenende in Bangkok

und der Ausflug zum Strand sind dort leichter, wo das Ange-bot an Industrieparks am dichtesten ist.

Westlich eingerichtete Wohnungen, Lokale und Einkaufs-möglichkeiten entstehen eher in deren Nähe als inmitten von Reisfeldern. Wer sich Thailand nicht nur als Bleibe auf Zeit gewählt hat, dem wird die Nähe zu Udon, Surin oder Khon Kaen reichen. Zwar ist nicht alles erhältlich, aber das meiste deutlich billiger. Für den Einzelnen ist dies Geschmacksache, für den Investor, der Führungspersonal einstellt, sind die Bal-lungszentren mit ihren Industrieparks sicherer. :::

Der Autor Gunter Denk ist Industrieberater und Gründer des auf Südo-

stasien spezialisierten Beratungsunternehmens Sanet (Strategic Alliance

Network) mit Büros in Frankfurt, Bangkok, Ho-Chi-Minh-Stadt, Phnom

Penh und Kuala Lumpur.

VIISPeCiAl : Thailandaa-speCIal 6:2009 VII

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Dieser Sektor hängt jedoch in hohem Maße von auslän-dischen Patienten ab, da Thailand sich in der Region als Drehscheibe für Medizintourismus etablieren will. Und auch von dieser Seite kommen positive Meldungen. So haben sich Pressemeldungen zu Folge die Besucherzahlen schneller er-holt, als ursprünglich erwartet. Die Ankünfte internationaler Touristen waren Ende vergangenen Jahres im Zuge der poli-tischen Unruhen und der mehrtägigen Blockade der Flughä-fen in Bangkok drastisch zurückgegangen.

In den letzten zehn Jahren wies der thailändische Markt für Pharmazeutika jährliche Wachstumsraten in zweistelli-

ger Höhe auf. Noch 2008 stiegen die Verkäufe der Arzneimittelfirmen um 14%. Der Gesamtumsatz des Sektors belief sich dabei auf 90 Mrd. Baht (rund 2 Mrd. Euro). Den größten Anteil daran hatten Medikamente gegen Infektionskrankheiten mit 17 Mrd. Baht, gefolgt von Arzneimitteln gegen Herz-Kreislauferkrankungen mit Umsätzen in Höhe von 16 Mrd. Baht und Medikamenten gegen Stoffwech-selstörungen mit knapp 14 Mrd. Baht. Die Verkäufe von Krebsbehandlungspräparaten wiesen mit 21% ein deutlich überproportionales Wachstum auf und erreichten 2008 fast 7 Mrd. Baht.

Krankenhaus statt „over-the-Counter“Ein weiterer Trend im thailändischen Pharmasek-tor ist die kontinuierliche Abnahme des Anteils von „Over-the-Counter“-(OTC-)Verkäufen. Der Verkauf von nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten in Geschäften war innerhalb weniger Jahre von 34% auf nur noch 21% im vergangenen Jahr gefallen. Im

Gegenzug weiteten die Krankenhäuser ihre Verkäufe deut-lich aus. In Thailand ist es zumindest in den gehobenen Ein-kommensklassen üblich, sich ärztlich in den großen Kranken-hausketten des Landes behandeln und sich dort gleichzeitig mit den entsprechenden Medikamenten versorgen zu lassen.

Die Gesamtausgaben im thailändischen Gesundheits-sektor lagen 2008 bei 400 Mrd. Baht, wovon 226 Mrd. auf den privaten Bereich und 174 Mrd. Baht auf öffentliche Leistungen entfielen. Gemäß der Prognosen von PreMa dürften die Umsätze in den kommenden Jahren weiter nach oben zeigen, da die Deckung der Krankenversicherungen ausgeweitet werden sollen. Der Fachverband rät der Regie-rung, die Auftragsfertigung (Contract Manufacturing) in der Pharmaindustrie zu fördern, um nach indischem Vorbild den Technologietransfer von internationalen Gesellschaften hin zu lokalen Unternehmen weiter zu intensivieren. :::

VON alexaNDer hIrsChle, GTaI ::: Die thailändische Pharmain-dustrie bekommt zwar die Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise zu spüren und verzeichnet zu Jahresbeginn eine Abschwächung ihrer Dynamik, dennoch wird für die erfolgsverwöhnte Branche nach Schätzungen des Fachver-bandes Pharmaceutical Research and Manufacturers Asso-ciation (PreMa) erneut ein zweistelliges Wachstum heraus-springen. Die Branchenvertreter setzen ihre Hoffnungen insbesondere auf die Entwicklung des 2. Halbjahres, dann nämlich könnten die im Januar verkündeten Konjunktur-maßnahmen der Regierung ihre Wirkung voll entfalten.

Zwar musste PreMa-Präsident Teera Chakajnarodom Ende März eingestehen, dass die thailändische Pharmaindu-strie im 1. Quartal – aufgrund des Regierungswechsels und der um sich greifenden Konjunktureintrübung – „lediglich“ Zuwächse im einstelligen Bereich verbuchen konnte. Doch die 2.000-Baht-Gutscheine, die seitdem an ärmere Konsu-menten zur Ankurbelung des Konsums verteilt werden, dürf-ten einen wichtigen Wachstumsimpuls liefern. „Wir glauben immer noch, dass der Sektor dieses Jahr mit 10 % Umsatz-steigerung abschließen wird“, so der PreMa-Chef. Für Medi-zintechnik sieht er sogar noch bessere Perspektiven, da dieses Segment normalerweise mit vergleichsweise höheren Wachs-tumsraten als die Arzneimittelbranche glänzen kann.

Pharma hellt die Stimmung aufDie Krise ist auch an Thailands Wirtschaft nicht spurlos vorüber gegangen. Die Nach-frage nach thailändischen Produkten hat stark nachgelassen. Doch während vor allem die rückläufigen Exporte schlimmes Kopfzerbrechen bereiten, legt die Arzneimittel-branche noch zu – und sie verkauft längst nicht nur Aspirin.

Der „Over-the-Counter“-Verkauf ist um 13% zurückgegangen.

Immer mehr Menschen kaufen ihre Medikamente direkt im

Krankenhaus.

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VIII SPeCiAl : Thailand aa-speCIal 6:2009VIII

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39Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : Indonesien

Die lokale Pro-duktion von Maschi-nen, Vorrichtungen und Instrumenten der Umwelttechnik kann derzeit nur 3% bis 5% des Bedarfs decken, sodass die Belie-ferung des Marktes größtenteils über Importe erfolgt. Etwa 70% der importierten Umweltausrüstungen bestehen aus An-lagen und Systemen für die Trinkwassererzeugung und Ab-wasseraufbereitung. Die wichtigsten Konkurrenten auf dem indonesischen Markt für Umwelttechnik sind Japan, China, Korea und Deutschland. Der scharfe Preiswettbewerb mit den asiatischen Konkurrenten verlangt deutschen Herstellern ein hohes Maß an Flexibilität bei der Finanzierung und bei den Zahlungsbedingungen ab, um Preisdifferenzen von teil-weise bis zu 40% auf diesem Weg auszugleichen.

Bei öffentlichen Projekten ist das Staatsministerium für Umwelt auf nationaler Ebene die wichtigste Behörde. Auf-grund der Verlagerung von Entscheidungen und Projektaus-führungen auf die kommunale Ebene infolge der Dezen-tralisierungsbestrebungen werden inzwischen jedoch viele Projekte unter Aufsicht der Stadt- und Provinzverwaltungen ausgeschrieben und vergeben.

Bei der umsetzung sinken die AmbitionenZuständige Stellen sind Stadtbüros für Umwelt-Management („City Bureau of Environmental Management“), die dem je-weiligen Provinzgouverneur unterstellt sind. Beobachter be-richten generell über den niedrigen Stand der Umsetzung von gesetzlichen Umweltvorschriften. Defizite im Rechtssystem und der nur wenig ausgeprägte politische Wille zur Durch-setzung der gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen führen nicht selten dazu, dass die positiven Effekte der Projekte nur in begrenztem Maße eintreten und nicht immer die Erwartungen der Planer erfüllen.

Beim Import von Umweltausrüstungen nach Indonesien kann auf Antrag eine Befreiung vom Einfuhrzoll erwirkt wer-den. Wegen der zeitraubenden und komplizierten bürokra-tischen Prozeduren verzichten jedoch die meisten Firmen darauf. Der Importzollsatz bewegt sich in Abhängigkeit von der Produktkategorie zwischen 0% und 15%. Außerdem wird beim Import die Mehrwertsteuer von 10% fällig. :::

VON NeCIP BAGOGlu, GtAI ::: Der Bedarf an Abfall- und Abwas-serentsorgungssystemen, Trinkwasseraufbereitungsanlagen und Vorrichtungen zur Kontrolle der Luftverschmutzung ist groß. Allein die wirtschaftlichen Schäden, die durch gesund-heitliche Beeinträchtigungen aufgrund fehlender sanitärer Einrichtungen entstehen, belaufen sich jährlich auf umgerech-net etwa 5,4 Mrd. US-Dollar, wie der Minister für öffentliche Arbeiten, Djoko Kirmanto, auf einer Fachveranstaltung in Ja-karta Mitte Mai 2009 erklärte. Bisher verfügen nur elf Städte in 9 der insgesamt 33 Provinzen des Landes über zentrale Ab-wasserentsorgungssysteme mit Kläranlagen.

Das von Fachleuten für 2008 auf rund 200 Mio. US-Dollar geschätzte indonesische Marktvolumen für Umwelttechno-logien und Ausrüstungen wird nach Einschätzung von Bran-chenexperten in den kommenden fünf Jahren um 5% bis 8% pro Jahr expandieren. In der genannten Umsatzzahl ist die Nachfrage nach Pumpen, Ventilen und Kompressoren nicht enthalten.

kampf den MüllbergenVon Abfall- bis Abwasserentsorgung – in Indonesien fehlt es an moderner Umwelttechnik. Die lokale Produktion kann die Nachfrage nicht befriedigen. Davon profitieren ausländische Anbieter.

Auch für den Tourismus wie hier auf

Flores können die fehlenden oder

ineffizienten Lösungen für Abfall und

Abwasser zum Problem werden.

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Internationalen Herstellern von Umwelttechnologien bietet die Fachmesse „Water & Envirotech Indonesia 2009“, die in der Zeit vom 14. bis 17.10.09 in Jakarta abgehalten wird, eine gute Gelegenheit, neue Produkte und Technologien dem Fachpublikum vorzustellen. Ver-anstalter ist die Gesellschaft PT Pamerindo Buana Abadi. Kontakt: [email protected], www.pamerindo.com

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40 Aktuell ASIA 6:2009BusInEss : China

Es wundert daher nicht, dass es in der rund 140 km süd-östlich von Beijing gelegenen Hafenstadt Tianjin mit über 11 Mio. Einwohnern selbst in Krisenzeiten boomt. In den ersten zwei Monaten 2009 erreichte das Investitionswachs-tum 39,4%, während es in Beijing um knapp 21% sank und in Shanghai bei einem Zuwachs von 0,9% fast stagnierte. Lediglich in den West- und Zentralprovinzen, wie Jiangxi oder Sichuan sowie in der Nordostprovinz Liaoning, wurden ähnliche Wachstumsraten erzielt. Grundlage für die beein-druckenden Steigerungsraten sind dort jedoch häufig geringe Ausgangswerte. Dies trifft auf Tianjin, eine der wachstums-stärksten Regionen Chinas, nicht zu.

Im Gegensatz zu dem traditionellen Wirtschaftszentren Shanghai, Guangzhou oder Shenzhen scheint die Krise Ti-anjin bislang wenig anzuhaben: Im 1. Quartal 2009 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Stadt um 16% zu; landesweit lag der Zuwachs bei 6,1%. Die weiteren Wachstumsziele sind ambitioniert, Fachleuten zufolge jedoch durchaus erreichbar: Bereits 2010 soll bei einer durchschnittlichen jährlichen Stei-gerungsrate von 17% das BIP etwa 350 Mrd. Yuan betragen, wobei ein industrielles Wachstum von 17% und ein Wachs-tum des Dienstleistungssektors von 20% jährlich anvisiert wird.

VON CORINNe ABele, GtAI ::: Die Tianjin Binhai New Area (TBNA) soll für die nordchinesische Hafenstadt Tianjin wer-den, was Pudong für Shanghai bereits ist: ein Zentrum ge-ballter Wirtschaftskraft, modernster Logistikanlagen, inno-vativer Technologien und international wettbewerbsfähiger Firmen. Bislang trotzt Tianjin erfolgreich der Wirtschaftskri-se, auch dank eines nicht abreißenden Zuzugs ausländischer Unternehmen.

Aus den Erfahrungen anderer schlau gewordenNoch besser als die bestehenden Sonderzonen in Shenzhen und Shanghai werde das Gebiet werden, erklärt Katheryn Xu, Direktorin der Tianjin Hi-Tech Holding Group lächelnd. Schließlich habe man aus den Erfahrungen gelernt. Dazu zäh-len nicht nur flexible wirtschaftliche Rahmenbedingungen mit großer Entscheidungsautonomie, sondern auch gewaltige In-vestitionspakete, um die Infrastruktur der rund 2.270 qm groß-en Küstenregion auf Vordermann zu bringen. Allein 2009 bis 2011 sind in den Schwerpunktbereichen Transportinfrastruk-tur, Energie- und Wasserversorgung sowie Umweltschutz über 300 Bauprojekte mit Gesamtinvestitionen von rund 300 Mrd. Yuan (rund 34 Mrd. Euro) geplant. Trotz Wirtschaftskrise be-finden sich die Vorhaben in der Umsetzung.

Tianjin überflügelt die starsVon Krise ist in Tianjin nichts zu spüren. Das Investitions- und Wirtschaftswachstum der nordchinesischen Küstenmetropole stellt derzeit alle etablierten Standorte Chinas in den Schatten.

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41Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : China

Warum trotzt die größte offene Küstenstadt Nordchinas dem Wirtschaftsabschwung? Eine in vielfacher Hinsicht di-versifizierte Wirtschaftsstruktur dürfte einer der Hauptgrün-de sein. So baut die Stadt ihren Exportanteil zwar kontinu-ierlich aus, setzt jedoch nach wie vor einen bedeutenden Teil ihrer Rohstoffe, Waren und Güter im Binnenmarkt ab. 2008 erreichte Tianjins Ausfuhr knapp 41,4 Mrd. US-Dollar, wo-von fast 70% von Unternehmen mit ausländischem Investiti-onsanteil produziert wurden. Etwa 1.000 Firmen, so schätzt Xu, mussten aufgrund des Exportausfalls in den vergangenen Monaten die Tore schließen. Im Vergleich zu Shenzhen, wo die Betriebsschließungen bereits im Februar 2009 rund 10.000 erreicht hatten, eine geringe Zahl.

Des Weiteren ist die Industriestruktur in der Region eine gute Mischung aus traditionellen und modernen Sek-toren. Die Ölfelder Bohai und Dagang liefern jährlich mehr

als 13 Mio. t Rohöl und 850 Mio. cbm Erd-gas; eine Ethy-lenanlage mit

einer Jahreskapazität von einer Mio. t ist im Bau. 70% der Industrieproduktion stammen aus der (petro-)chemischen Industrie, Automobilbau und Hüttenwesen, aber auch aus den Bereichen Informationstechnologie, Medizin und alter-native Energien.

So liefern nicht nur Miniwindkrafträder den Strom für die Straßenlampen entlang der Straße vor der Verwaltungszen-trale des Tianjin Hi-Tech Industry Parks. Vielmehr schlägt in Tianjin das Herz der heimischen Windkraftherstellung. 40% der landesweit installierten Windkraftanlagen stammen aus der Stadt. Lokale Fertigungen ausländischer Hersteller wie Gamesa, Suslon und Vestas tragen dazu bei. Gespräche mit Repower sollen bereits geführt worden sein.

30 Minuten bis BeijingAusländische Unternehmen haben den Standort nicht erst entdeckt, seit er im August 2008 durch den Hochgeschwin-digkeitszug CHR 3 an die Hauptstadt Beijing angeschlossen wurde. Eine knappe halbe Stunde dauert die Fahrt. Über 120 Fortune-Unternehmen sind bereits in Tianjin ansässig. Darunter große Namen wie IBM, Motorola und Microsoft. Als erstes Unternehmen zog Siemens mit seinem derzeit umsatzstärksten Werk, dem Joint Venture Siemens Elec-

2008 eröffnete Airbus neben dem Tianjin Binhai

International Airport sein Montagewerk für den

A320 – das erste außerhalb Europas.

trical Drives Ltd (SEDL) in den Tianjin Hi-Tech Industry Park Phase II ein.

Die Tianjin Binhai New Area ist nicht nur Industrie-, son-dern auch Logistikzentrum mit dem größten Hafen Nord-chinas. Bis zum Jahr 2010 sollen seine Umschlagskapazitäten auf 10 Mio. TEU und 300 Mio. Frachttonnen steigen. Rund 40 Mrd. Yuan sind für den Ausbau vorgesehen. Der Tianjin Binhai International Airport wird durch die derzeitige Erwei-terung auf zehn Millionen Passagiere, 500.000 Frachttonnen und 200.000 Flüge pro Jahr ausgelegt. Insgesamt umfasst die TBNA die drei Stadtbezirke Hangu, Tanggu und Dagang, acht Industrie-, Hightech- und Logistikzonen, darunter der Tianjin Hi-Tech Industry Park (THIP) sowie die Son-derentwicklungszone Tianjin Economic Development Area (TEDA), und die Sino-Singapore Tianjin Eco-City.

Gefeilt wird an flexiblen Förder- und Rechtsgrundlagen für die Wirtschaft. Im März 2008 bestätigte die Regierung das Gebiet als Pilotregion für Liberalisierung und Deregulierung in den zehn Bereichen Unternehmensreform, Wissenschaft und Technologie, Wirtschaftsaustausch mit dem Ausland, Fi-nanzinnovationen, Landverwaltung, städtische und ländliche Planung, Landwirtschaftsstruktur, Aspekte des Sozialsystems, Ressourcenschonung und Umweltschutz. So genießen die ein-zelnen Zonen im landesweiten Vergleich hohe Entscheidungs-autonomie, Investitionsanreize und Steuererleichterungen für Unternehmen zu gewähren. Genaue Informationen über die Anforderungen an Unternehmen sowie Vergünstigungen in den verschiedenen Zonen der Tianjin New Binhai Area finden sich in englischer und chinesischer Sprache unter www.bh.gov.cn. Obwohl unter dem Dach der TBNA versammelt, setzen die einzelnen Zonen ihre eigenen Standards.

Aufstieg zum finanzzentrum als fernziel Wenig greifbar sind bislang hingegen Pilotprojekte im Be-reich des Finanzsektors, die Tianjin zum dritten Finanzzen-trum Chinas machen sollen. Angestrebt wird unter anderem der Auf- und Ausbau der Direktfinanzierung, des Universal-bankensystems, der Leasinggesellschaften und neuer Versiche-rungsprodukte, eines globalen Devisentransfersystems (Forex) sowie einer Finanz-Sonderwirtschaftszone mit Schiedsge-richtshof und Finanztrainingszentrum.

Doch große internationale Player fehlen bislang. Fach-leute führen dies auf den Mangel an Fachkräften zurück. Während die rund 37 höheren Bildungseinrichtungen – allen

voran die Tianjin Universität und die Nankai Universität – auch von ausländischen Unternehmen hoch geschätzte Absolventen in tech-nischen Bereichen ausbilden, man-gelt es an einer entsprechenden Ausbildung von Finanzfachleuten. So steuert Tianjin siegessicher dem Ziel entgegen, einer der Top-Wirtschaftsstandorte Chinas zu werden. Das Upgrade zur Finanz-metropole lässt jedoch noch etwas auf sich warten. :::

Wertschöpfung Investitionen

1. Hj 2008 2008 gesamt 1. Q 2009 1. Hj 2008 2008 gesamt 1. Q 2009

Beijing -6,4 -6,9 -3,4 16,4 -2,1 -20,6

Tianjin 21,3 23,0 20,3 38,2 44,8 39,4

shanghai 6,0 -11,8 -9,7 2,4 8,1 0,9

guangdong 12,0 11,3 0,9 19,0 16,7 10,6 Quelle: National Bureau of Statistics (NBS)

ABsChWung DER ETABLIERTEn, AufsChWung In TIAnJIn

(Veränderung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum in %)

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der chinesischen Wirtschaftspolitik zu beschäftigen“, sagt Jens Tarnowski von der Hellmann-Geschäftsleitung.

Rein wirtschaftlich betrachtet, ist Chinas Öffnungspolitik jedenfalls eines einzige Erfolgsgeschichte. Seit Deng Xiao Ping 1978 mit den Worten „Es ist egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, Hauptsache sie fängt Mäuse“, den chinesischen Sozia-lismus aus seiner wirtschaftlichen Mausefalle befreite, hat die Wirtschaft in jedem Jahr um fast 10% zugelegt. 1979 waren laut Definition der Vereinten Nationen 250 Millionen Chi-nesen arm. Heute sind es noch 40 Millionen. Den deutschen Geschäftsleuten geht es wie vielen anderen, die regelmäßig in die Volksrepublik reisen: Das Antlitz der Städte verändert sich nicht in Jahren, sondern in Monaten.

VON MARtIN BRüCkNeR ::: Harmonie ist das langfristige Ziel des von Chinas Kommunistischer Partei im Jahr 2007 verabschie-deten Entwicklungsprogramms. Gemeint ist, Ökonomie und Ökologie, aber auch Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteres-sen miteinander in Einklang zu bringen. Wenn Professorin Liu Meixun von der Tsinghua-Universität leidenschaftlich und energisch ihren Studenten diese Ziele vorstellt, besteht kein Zweifel, dass China im Jahr 2020 ein grüner Riese sein wird, in dem der soziale Frieden zu Hause ist.

Die Zuhörer in Raum 3405 sind allerdings nicht mehr ganz so grün hinter den Ohren, um das so einfach für bare Münze zu nehmen. Gestandene deutsche Manager haben sich auf Einladung von Cathay Pacific Airways unter die auf asia-tische Körpermaße ausgelegten Pulte geklemmt, um sich für ihr China geschäft auf den neuesten Wissensstand bringen zu lassen. Ihre Anreise in den First-Class-Kabinen der von Sky-trax zur Airline des Jahres gekürten Fluggesellschaft hatte sich übrigens deutlich bequemer gestaltet.

Manager wollen klartextEntsprechend offen wird auf der sich an die Vorlesung an-schließenden Frage- und Antwortrunde nachgehakt: Marktöff-nung und Beschäftigungssicherung, wie geht das zusammen? Drohen in China Bankenzusammenbrüche? Warum ist die Logistikbranche noch immer derart stark reguliert? Letzteres interessiert insbesondere Markus Lingohr vom Logistikunter-nehmen Hellmann Worldwide. In den USA, traditionell einer der wichtigsten Märkte des Stuttgarter Familienunternehmens, gehe derzeit so gut wie nichts, berichtet die Führungskraft. „In diesem Jahr muss es eben Asien richten.“ Die Antwort auf sei-ne Frage bleibt allerdings so blumig wie die Rabatte vor dem Hörsaalgebäude.

Gern hören die Manager, wenn der chinesische Handelsmi-nister im Rahmen des zweitägigen Business-Seminars die sta-bilen Wirtschaftsdaten seines Landes verkündet. Zwischen 7% und 8% Wachstum peilt die Volksrepublik an. Dies ist aller-dings auch das notwendige Minimum, damit die Arbeitslosig-keit nicht steigt. Etwa eine Million junger Chinesen steigt jedes Jahr ins Berufsleben ein. Offiziell liegt die Zahl der Erwerbslo-sen unterhalb der Marke von 5%. „Die Zahlen sind geschönt“, erzählt ein jüngerer Wirtschaftsforscher. Wer in China offiziell in der Landwirtschaft tätig ist – auch wenn er praktisch untätig ist – fällt aus der Statistik heraus. In China herrscht Unterbe-schäftigung, sagt der Doktorand. Auch das sind wertvolle Hin-tergrundinformationen für die Seminarteilnehmer. „Im Tages-geschäft habe ich kaum Gelegenheit, mich mit der Ausrichtung

Theorie und praktikerZwei deutsche Unternehmen hatten Ende vergangenen Jahres jeweils einen der „Chi-na Trader Awards“ gewonnen. Jeweils zwei Führungskräfte der Mittelständler durften daraufhin auf Einladung der Hong Konger Airline an einem Business-Seminar an der Tsinghua-Universität in Beijing teilnehmen. Asia Bridge hat die Manager begleitet.

Diskussionsstoff gibt es im Anschluss an das Business-Seminar

zuhauf. Die deutschen Führungskräfte wissen nun mehr über

die wirtschaftspolitischen Ziele der Regierung. Die Auswir-

kungen bekommen sie im praktischen Geschäft zu spüren.

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43Aktuell ASIA 6:2009 BusInEss : China

Ihre China Trader Awards vergibt Cathay Pacific in zwei Kategorien an Unternehmen, die das Chinageschäft auf beson-ders kontinuierliche Weise betreiben. Eine hochkarätig besetz-te Jury – 2009 gehörte ihr unter anderem der Familienunter-nehmer Jürgen Heraeus an – vergab einen der beiden „China Trader Awards“ an die Logistiker von Hellmann. Der andere ging an die LPKF AG aus Garbsen bei Hannover. Der börsen-notierte Mittelständler fertigt für die Elektronik- und Compu-terindustrie. Nach Beijing sind mit Britta Schulz und Torsten Nagel zwei Führungskräfte mit langjähriger Asienerfahrung gereist. Sie hören beim Thema geistiges Eigentum ganz genau hin. Erfreut sich doch das patentierte Laserverfahren, das Lei-terplatten für Computer besonders umweltfreundlich bearbei-tet, besonderer Beliebtheit bei der Konkurrenz aus dem Land der Mitte. „Bis jetzt erreichen unsere Wettbewerber aber noch lang nicht unsere Präzision“, erzählt Britta Schulz und kann ihre Genugtuung nicht verbergen.

komplexe Einblicke in die Businesswelt„Wir erhoffen uns vom Seminar an der Tsinghua University, dass die Teilnehmer einen komplexen Einblick in die Busi-nesswelt Chinas bekommen“, sagt Teresa Zimmermann, die für Cathay Pacific mitgereist ist. Zum besseren Verständnis zählt auch die Lektion in Sachen interkulturellem Verständnis, mit der der zweite Seminartag beginnt. Dass in den Augen der Konfuzianer die Kopie ein Ausdruck der Wertschätzung für das Original ist, macht das Unwesen der Plagiate nicht we-niger ärgerlich, hilft aber zumindest, das kaum vorhandene Unrechtsbewusstsein zu verstehen. Die chinesischen Profes-soren beeilen sich zu erklären, dass die Regierung zumindest großes Interesse daran hätte, dass sich ausländische Produkte ausschließlich bei den Kunden größter Wertschätzung erfreu-en sollten. Beim abendlichen Gedankenaustausch herrscht Ei-nigkeit darüber, dass zwischen akademischem beziehungsweise politischem Diskurs und geschäftlicher Realität oft Welten lie-gen – eine Erkenntnis, die im Rahmen des Seminarziels liegt.

Selbst im Krisenjahr will China dank steigender Binnennach-

frage 7% bis 8% Wachstum schaffen. Das Konjunkturpaket

soll unter anderem die Kauflust der Chinesen stimulieren.

„Mit der Verleihung des Preises möchten wir Firmen, die bereits eine Beziehung zu China oder Hong Kong unterhal-ten, die Möglichkeit zu geben, diese Beziehung weiter zu ver-tiefen, indem sie Land und Leute besser kennenlernen“, er-läutert Teresa Zimmermann das Anliegen von Cathay Pacific. Kennenlernen dürfen die Manager im Rahmen der Reise nicht nur China und Hong Kong, sondern auch die Fluggesellschaft der Sonderverwaltungsregion. Bevor sie nach Deutschland zurückkehrt, wird die Gruppe noch die Gelegenheit erhalten, hinter die Kulissen von Cathay City zu schauen. Der riesige Komplex in unmittelbarer Nähe von Hong Kongs Flughafen beherbergt neben Büros und Konferenzräumen auch Apart-ments für Crews und Geschäfte für den täglichen Bedarf.

Wer Dritter wird, bleibt zu hauseZunächst einmal bekommen die Manager auf der chinesischen Elite-Universität einen Eindruck davon, was oder besser wer sie möglicherweise in den nächsten Jahren auf den Weltmärk-ten erwartet: 30.000 Studenten, darunter auch einige Tausend Ausländer, leben und lernen auf dem eher einer Kleinstadt als einem Campus ähnelnden Gelände. Wer hier einen Platz er-gattert hat, gehört in seiner Stadt oder seiner Provinz zu den besten Schulabsolventen. Während der Mittagspause erzählen Studenten in geschliffenem Englisch vom „Studentenleben“. Von 8 bis 22 Uhr wird gelernt und nachgelesen, ein Auslands-semester ist bereits fest eingeplant. Maria, die aus Suzhou stammt, wäre gern nach Deutschland gegangen. Die beiden Besten haben den begehrten Platz ergattert. Sie war Dritte. So bleibt sie ihren Stubenkameradinnen im Wohnheim noch etwas länger erhalten. Chinas junge Elite bereitet sich in Vier-bettzimmern auf die Härte des globalen Wettbewerbs vor. Ganz so tief sollen die Manager aus Deutschland dann doch nicht ins Studentenleben eintauchen! Gegen 18 Uhr rollt der Bus der Seminarteilnehmer durchs Campustor in Richtung Hotel Peninsula. :::

DER ChInA TRADER AWARD

Zum dritten Mal wird Cathay Pacific Anfang 2010 den China Trader Award verleihen. In zwei Katego-rien wird die Auszeichnung an Unternehmen verge-ben: der China Trader Award for Sustainable Business sowie der China Trader Award for Innovation and Technology. Dass sowohl Mittelständler als auch Kon-zerne eine Chance haben, zeigen auch die Gewinner des Jahres 2009: Die 400 Mitarbeiter zählende LPKF repräsentiert den innovativen deutschen Mittelstand. Hellmann gehört zu den wenigen noch in Gründer-hand befindlichen Logistikunternehmen und konnte sich unter anderem gegen die chinesische Tochterge-sellschaft der Siemens AG durchsetzen. Informationen zu den kommenden Cathay Pacific China Trader Awards werden zu gegebener Zeit veröffentlicht un-ter: www.cathaypacific.com/cpa/en_INTL/homepage

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Aktuell ASIA 6:2009

CHINA

Aluminiumindustrie droht gefahr

::: Australische Aluminiumunterneh-men planen Antidumpingmaßnahmen gegen chinesische Hersteller von Strangpress produkten, wie die chine-sische Zeitung „21st Century Business Herald“ berichtet. Die Capral Ltd und die G. James Australia Pty Ltd würden entsprechende Klagen gegen die Alu-miniumindustrie Chinas vorbereiten, heißt es. China hat in diesem Jahr be-reits den kanadischen Markt für Alu-minium-Strangpressprodukte einge-büßt. Nachdem dort Antidumpingzölle verhängt worden waren, haben die chi-nesischen Hersteller ihre Exporte nach Kanada eingestellt. ::: Dow Jones

::: Die Volkswagen AG wird wie erwar-tet im Rahmen ihrer Wachstumsstrate-gie 2018 ihr Engagement in Südostasien ausbauen. Zur langfristigen Erschließung der ASEAN-Märkte werde in einem er-sten Schritt gemeinsam mit dem indone-sischen Partnerunternehmen Indomobil eine lokale Fahrzeugmontage eingerich-tet, teilte der Wolfsburger DAX-Kon-zern mit. Die aktuellen Entwicklungen auf den Weltmärkten verdeutlichten, wie wichtig die rechtzeitige Erschließung neuer Wachstumsregionen sei, begrün-dete Klingler den Schritt in Asien. Ziel der Partnerschaft mit Indomobil sei die

::: Der Autoabsatz in China hat seine Rekordjagd im April fortgesetzt. Wie der chinesische Automobilverband mitteilte, stiegen die Pkw-Verkäufe im April um 25% gegenüber dem Vor-jahresmonat auf 1,15 Mio. Fahrzeuge. Mit diesem stärksten Zuwachs seit drei Jahren wurde ein neuer Verkaufsrekord verzeichnet. Im Gegensatz zu den mei-sten Industrieländern boomt die Au-tomobilnachfrage in China. Das liegt auch an den Konjunkturmaßnahmen der Regierung: Sie hatte zu Jahresbe-ginn die Umsatzsteuer für bestimmte Automobilklassen halbiert und Subven-tionen für den Autokauf in ländlichen Regionen eingeführt. Die Regierung rechnet für das laufenden Jahr mit dem

Erschließung des indonesischen Auto-mobilmarktes mit lokal gefertigten Fahr-zeugen. Bereits in diesem Jahr werde mit der Montage von teilzerlegten Model-len der Marke Volkswagen begonnen. Die Anfangskapazität der Fertigung ab Sommer 2009 liege bei einigen hundert Volkswagen Touran und werde schritt-weise gesteigert. Ab 2012 sei in einem weiteren Schritt die CKD-Produktion von Konzernfahrzeugen denkbar. Bei der Completely-Knocked-Down-Mon-tage (CKD) werden komplett zerlegte Fahrzeuge in einem anderen Werk mon-tiert. ::: Dow Jones

Absatz von 10 Mio. Fahrzeugen, nach-dem die Verkäufe im vergangenen Jahr um 6,7% auf 9,38 Mio. Einheiten ge-stiegen waren. ::: Dow Jones

::: Der größte Autobauer der Welt To-yota ist im abgelaufenen Geschäftsjahr aufgrund der weltweite Wirtschafts- und Branchenkrise tief in die roten Zahlen gerutscht. Das Unternehmen schrieb 2008/09 seinen ersten Verlust seit fast 60 Jahren. Licht am Ende des Tunnels sieht der japanische Konzern noch lan-ge nicht: Für das im April gestartete Fiskaljahr 2009/10 rechnet Toyota mit einem weiteren Umsatzeinbruch sowie noch höheren Verlusten. Nun sollen die Sparbemühungen verschärft werden.

Toyota-President Katsuaki Watana-be sprach von einem Jahr mit herben Rückgängen bei Umsatz und Gewinn. Als Gründe führte der Manager die schnelle Yen-Aufwertung, den scharfen Anstieg der Materialkosten an und ver-wies auf die schwache Absatzentwick-lung – vor allem auf den Märkten in den USA sowie in Europa. Im Geschäftsjahr 2008/09 konnte Toyota nur noch 7,57 Mio. Autos an den Kunden bringen, und damit rund 15% weniger als noch im Vorjahr. ::: Dow Jones

JAPAN

Toyota schreibt 2008/09 ersten verlust seit fast 60 Jahren

INDONeSIeN

volkswagen vereinbart fahrzeugmontage in südostasien

CHINA

neue Rekorde beim Automobilabsatz

JAPAN

Mufg kauft Morgan-stanley-Aktien ::: Die japanische Bank Mitsubishi UFJ Financial Group Inc (MUFG) baut ihre Beteiligung am US-Investmenthaus Morgan Stanley auf mehr als 20% aus. Erworben würden 25 Mio. Stammaktien im Wert von 600 Mio US-Dollar. Das Geschäft steht im Zusammenhang mit dem Stresstest der US-Notenbank bei den US-Banken. Morgan Stanley hatte angekündigt, ihr Kapital um 2 Mrd. US-Dollar zu stärken, nachdem die Fed auf einen Finanzbedarf von 1,8 Mrd. US-Dollar hingewiesen hatte. ::: Dow Jones

kAMBODSCHA

Auslandsinvestitionen gestiegen

::: Laut Weltbank erhöhten sich die aus-ländischen Direktinvestitionen 2008 in Kambodscha von 600 Mio. US-Dollar im Vorjahr auf 821,7 Mio. US-Dollar. Diese Zahl steht im Gegensatz zu Re-gierungsangaben, die von mehr als 10 Mrd US-Dollar an Investitionen aus-gehen. Allerdings wird diese Zahl nicht nur von ausländischer, sondern auch von kambodschanischer Seite stark an-gezweifelt, da sie sich ausschließlich aus Investitionszusagen ergebe. Deutsch-land war zwischen Januar und Novem-ber 2008 mit Einfuhren im Wert von 261 Mio. Euro weltweit zweitgrößter Absatzmarkt für kambodschanische Waren nach den USA. ::: Dow Jones

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45Aktuell ASIA 6:2009 MEssEn & kOngREssE : China

Wie hat sich das Interesse an der Windkraft entwickelt?» Das Interesse der Windenergiebranche an China ist in den letzten Jahren explosionsartig gestiegen, im Grunde parallel mit der Entwicklung der Wind Power Asia (WPA). Konnte die WPA im Jahr 2003 als erste und einzige Veranstaltung in China noch eine moderate Beteiligung von 47 Aussteller und 2.500 Besuchern verzeichnen, ist sie sich seitdem mit Raten zwischen 30% und 50% pro Jahr gewachsen und konnte im Jahr 2008 bereits sechsmal so viele Aussteller und viermal so viele Besucher begrüßen.

Wie schätzen sie das potenzial für die Zukunft ein?» Die Windenergie in China hat in den letzten Jahren eine unvergleichliche Entwicklung vollzogen. Lagen die instal-lierten Kapazitäten im Jahr 2003 bei nur knapp über 550 MW, konnten sie in den letzten 5 Jahren jedes Jahr verdop-pelt werden und erreichten Ende 2008 12,2 GW. China ist damit heute bereits der viertgrößte Produzent von Winde-nergie weltweit, nach den USA, Deutschland und Spanien. Für 2009 erwarten Experten, dass kumulativ 20 GW an in-stallierten Kapazitäten überschritten werden. Die offiziellen Ziele von 30 GW bis 2020 wurden erst im letzten Monat auf bis zu 100 GW korrigiert. Zum Vergleich, die Kapazitäten in den USA lagen Ende 2008 bei etwa 24 GW, mit circa 30% durchschnittlichem Wachstum in den letzten 5 Jahren.

Wie sieht es in anderen asiatischen Ländern aus?» Großes Potenzial hat auf jeden Fall Indien, das mit fast 10 GW installierter Gesamtkapazität erst kürzlich von China überholt wurde. Mit einigem Abstand folgen Japan (1,8 GW) Taiwan (350 MW) sowie Korea (250 MW).

Wie stark ist die asiatische konkurrenz in der Branche?» Traditionell dominieren europäische und amerikanische Fir-men die Windenergiebranche, dies zeigt sich auch an der Aus-stellerstruktur der WPA. Mehr als 50% der Austeller kommt

von außerhalb Chinas, alleine Deutschland ist mit mehr als 50 Firmen vertreten. Dies ist unter anderem mit der längeren Er-fahrung in diesem Bereich, sowie einem relativ hohen Anteil an notwendiger Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu er-klären. Verstärkt drängen jedoch asiatische Hersteller in diese Nische, so sind in den letzten Jahren Firmen wie Mitsubishi, Samsung oder Hyundai in die Turbinenherstellung eingestie-gen. In China selber teilen sich einheimischen Hersteller wie Goldwind, Sinovel und DEC den Markt in etwa zu gleichen Teilen mit den vor Ort ansässigen internationalen Herstellern Vestas, Suzlon, Gamesa, GE, Nordex, und Repower. Große Chancen für europäische Hersteller liegen jedoch immer noch im oft sehr spezialisierten Bereich der Zulieferer.

Welche Rolle spielt die gegenwärtige umweltpolitik in China für den Erfolg der Messe?» Erst ab 2002 wurden in China die politischen Grundlagen geschaffen, welche zuvor eine kommerziell erfolgreiche Aus-breitung der Windenergie behindert hatten. Hierzu zählen unter anderem garantierte Abnahmen zu kalkulierbaren Tari-fen, aber auch Investitionen in das Stromnetz und Steuerver-günstigungen. Würden sich Investitionen in Windfarmen in China nicht kommerziell erfolgreich umsetzen lassen, wäre natürlich auch das Interesse am Markt – und damit der Erfolg der Messe Wind Power Asia – beeinträchtigt.

Wie unterscheidet sich eine Wind power Messe in Europa von einer themengleichen Messe in Asien?» Prinzipiell gibt es erst einmal keine Unterschiede. Die Messegelände in China entsprechen weitgehend internatio-nalen Standards und die Koelnmesse als erfahrender Messe-veranstalter garantiert den Austellern einen in Deutschland gewohnten Standard bei der Messevorbereitung und -ab-wicklung. Mit unseren Büros vor Ort in Asien sowie unserem weltweitem Netzwerk bieten wir interessierten Firmen im Vorfeld lokale Hilfe und Betreuung, sowie unkomplizierte „all-inclusive“ Pakete, bei denen wir dem Austeller die aus der Ferne oft schwierige Koordination von Standbau, Logi-stik, Hotelbuchungen oder auch das Catering abnehmen. :::

Vom 8. bis zum 10. Juli findet in Beijing die sechste Ausgabe der Wind Power Asia statt. Seit ihrer Pre-miere im Jahr 2003 ist das Interesse an der größten Windenergiemesse in Asien explosionartig gestiegen, sagt Michael Dreyer, Vice President APAC, Koeln-messe Pte. Ltd. In diesem Jahr erwarten die Veran-stalter 330 Austeller und bis zu 15.000 Besucher.

„kapazitäten haben sich jährlich verdoppelt“

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der Sonderverwaltungsregion (SVR) Hong Kong, die von Schiffen auf dem Weg zu den Häfen des Perlflussdeltas pas-siert werden müssen, hat sich die Lage erkennbar zugespitzt. Nachts ist die See von ankernden Schiffen, die auf Ladung warten, hell erleuchtet, und tagsüber kann selbst der Laie er-kennen, dass die auslaufenden Schiffe nur noch in Ausnah-mefällen voll beladen sind.

Wettlauf um die spitzenplätze beendetAn den Terminals in Hong Kong, Shenzhen und Guangzhou, die nur wenige Kilometer voneinander entfernt liegen und teilweise denselben Betreiber haben, wurden 2008 rund 57 Mio. TEU abgefertigt. Die Region ist damit eines der größ-ten Umschlagszentren Chinas und der Welt, hat aber im Zuge der Krise deutlich an Dynamik verloren. Shenzhen war nach Vorstellungen der Provinzregierung bereits auf dem Weg zum drittgrößten Containerhafen der Welt und sollte Hong Kong

VON ROlAND ROHDe, GtAI ::: Der Containerverkehr aus und in die Volksrepublik China ist stark rückläufig. Die Exporte sind zum Jahresende stark eingebrochen, da die Endabnehmer in den USA und Europa angesichts der internationalen Krise und der allgemeinen Konsumzurückhaltung merklich weniger Wa-ren kaufen beziehungsweise zunächst ihre Lager leeren. Doch nicht nur das Gesamtvolumen ist zurückgegangen. Das Ge-schäft ist auch „gemächlicher“ geworden. Bereits bestellte Wa-ren müssen nicht mehr so schnell wie in Vorkrisenzeiten ihren Bestimmungsort erreichen. Wie Logistiker berichten, fahren die Containerschiffe daher nicht nur langsamer, sondern ha-ben auch teilweise ihre Routen geändert. So umrunden immer mehr Kapitäne das Kap der Guten Hoffnung statt den teuren Suez-Kanal zu benutzen.

Eine steigende Anzahl von Schiffen liegt zudem untätig vor der chinesischen Küste, und an Land stapeln sich die unbenutzten Container. Besonders in den Gewässern vor

Das hoch im nordenSchwer lasten die Exporteinbrüche auf den Häfen Hong Kong, Shenzhen und Guang-zhou im südchinesischen Perlflussdelta. Je weiter man jedoch nach Norden kommt, desto weniger dramatisch sieht die Lage aus.

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46 Aktuell ASIA 6:2009TRAnspORT & LOgIsTIk : China

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spätestens 2009 auf Rang 4 abdrängen. Hong Kong musste in der Vergangenheit kontinuierlich Marktanteile an die benach-barte Konkurrenz abtreten, deren Abfertigungskosten merk-lich geringer waren.

Doch 2008 war die Aufholjagd beendet. Das Perlfluss-delta, die Exportfabrik Chinas, war eine der ersten Regio-nen, die die internationale Finanzkrise deutlich zu spüren bekamen, und so legte der Containerumschlag Shenzhens

gegenüber dem Vorjahr nur noch um rund 1,5% zu. Hong Kong konnte derweil mit einem Plus von 2% erstmals seit vielen Jahren eine, wenn auch nur minimal, höhere Wachs-tumsrate realisieren.

Doch die Freude dürfte nicht lange währen, denn für 2009 müssen sich die beiden Erzrivalen nach Einschätzung von Analysten auf zweistellige Umsatzeinbußen vorberei-ten. Das 1. Quartal 2009 gab bereits einen kleinen Vorge-schmack. So vermeldeten die Terminals in Shenzhen einen Rückgang ihres Containerumschlags um 21% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Hong Kon-ger Marine Department erwartet einen ähnlich dra-matischen Einbruch.

keine Entwarnung aus guangzhouAuch vom Hafen in Guangzhou, der in den vergangenen Jahren mit Wachstumsraten von durchschnittlich rund 40% zu den dynamischsten der Welt gehörte, kam keine Entwarnung. Im Jahr 2003 noch mehr oder weniger be-deutungslos, war er bis 2008 zum drittgrößten Contai-nerhafen Chinas aufgestiegen und spielte gemessen am Umschlag schon in der gleichen Liga wie Rotterdam, Hamburg oder Dubai.

Die Boomzeiten sind nun vorbei. Im Jahr 2008 konnte er zwar noch einmal um 19% zulegen, doch ge-genüber den Jahren 2006 bis 2007 hatte sich die Wachs-tumsrate damit halbiert. Im 1. Quartal 2009 brach der Umschlag gegenüber dem Vorjahreszeitraum um fast ein Viertel ein. Das ist der stärkste Rückgang unter den zehn größten Häfen des Landes. Ningbo und Qingdao konnten gemessen am absoluten Umschlag sogar an Guangzhou vorbeiziehen und die Provinzhauptstadt auf Rang 5 der Statistik verweisen.

Damit zeichnete sich im Frühjahr 2009 bereits deutlich ab, dass die südchinesischen Häfen einschließ-lich Hong Kong zu den großen Verlierern der Krise gehören. Sie leiden vor allem darunter, dass sich ihre Hauptkunden, die Exportfabriken im Perlflussdelta, zu stark auf die Fertigung von Konsumwaren für die USA konzentriert haben.

Wachstum in Tianjin und QingdaoJe weiter es in Richtung Norden geht, desto weniger drama-tisch sieht derweil die Lage aus. So sanken die Container-

Zwar wird Hong Kong Platz 3 in der Rangliste der größten Container-

häfen Chinas behaupten können – der Umschlag sinkt trotzdem.

umschläge in Shanghai und Ningbo im 1. Quar-tal 2009 auf Jahres-basis nur um 15% beziehungsweise 10%. Die Häfen in Tianjin und Qing-dao konnten in den ersten drei Mona-ten mit jeweils plus 1% und plus 2% sogar leicht zule-gen. Damit dürften sie gestärkt aus der Krise hervorgehen. Auch auf längere Sicht dürften sie aber, insbesondere im Vergleich zu Hong Kong, Shanghai oder Shenzhen, kaum die Bedeutung von internationalen Transithäfen erlangen. :::

47Aktuell ASIA 6:2009 TRAnspORT & LOgIsTIk : China

Quelle: Portcontainer, Marine Department Hong kong

hafen umschlag veränderung

shanghai 28,0 7,0%

hong kong (svR) 24,5 2,0%

shenzhen 21,4 1,5%

ningbo 11,2 19,0%

guangzhou 11,0 18,8%

Qingdao 10,3 9,1%

Tianjin 8,5 19,7%

Xiamen 5,0 10,3%

Dalian 4,5 18,1%

Lianyungang 3,0 48,2%

TOp 10 COnTAInERhäfEn 2008

(umschlag in Mio. teu, Veränderung im Vergleich zum Vorjahr)

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48 Aktuell ASIA 6:2009REChT & sTEuERn : Indien

einer Investmentgesellschaft, ebenfalls mit Sitz auf den Cay-man Islands, erwarb. Diese Investmentgesellschaft wiederum hielt über mehrere Zwischenholdings mit Sitz in Mauritius Mehrheitsanteile an der indischen Hutchison Essar Ltd. Nach der Anteilsübernahme durch Vodafone wurde die Hutchison Essar Ltd. in Vodafone Essar Ltd. umfirmiert.

Es handelt sich also bei der Transaktion Hutchison–Voda-fone um einen Auslandssachverhalt, der lediglich mittelbar einen in Indien belegenen Vermögensgegenstand betrifft. Für diesen mittelbaren Erwerb der Anteile an der Vodafone Essar wurde die Genehmigung des Foreign Investment Promotion Board in Indien eingeholt.

Nach Abschluss der Transaktion wurde Vodafone als Ver-treter der Hutchison von den indischen Steuerbehörden auf-gefordert, für Steuern auf den Veräußerungsgewinn („capital gains tax“) in Höhe von 2 Mrd. US-Dollar aus dieser Trans-aktion einzustehen. Vodafone hätte diesen Betrag bei der Zah-

lung des Kaufpreises einbehalten und an die indischen Steuerbehörden abführen müssen (withholding tax). Hiergegen hat-te Vodafone Klage vor dem Mumbai High Court erhoben. Der Mumbai High Court wies die Vodafone-Klage im Dezember 2008 zurück.

In Anbetracht dessen, dass weder der Verkäufer, noch der Käufer, noch das Un-ternehmen, dessen Anteile übertragen wurden, ihren Sitz in Indien haben, ist die Anwendbarkeit indischen Steuerrechts im vorliegenden Fall auf den ersten Blick fragwürdig. Denn lediglich das mittelbare Zielunternehmen, die Vodafone Essar, hat ihren Sitz in Indien. Jedoch ist die Be-

sonderheit zu berücksichtigen, dass die Transaktion über eine Offshore-Gesellschaft auf den Cayman Islands erfolgte, also über eine reine Holdinggesellschaft, die keine eigene Substanz hat. Darüber hinaus besteht mit Cayman Islands kein Doppel-besteuerungsabkommen, welches eine Besteuerung von „capi-tal gains tax“ in Indien ausgeschlossen hätte.

nur scheinbar ein AuslandssachverhaltDie indische Steuerbehörde hatte argumentiert, dass es nur scheinbar um einen reinen Auslandssachverhalt ging, da der eigentliche Vermögensgegenstand, für den der Kaufpreis ge-zahlt wurde, in Indien lag. Dies würde es rechtfertigen, durch die gesellschaftsrechtlichen Strukturen – insbesondere die Offshore-Gesellschaften ohne Substanz und eigenen Wert – hindurchzusehen (ähnlich der gesellschaftsrechtlichen Durch-griffshaftung, „piercing of the corporate veil“).

VON ANGelIkA YAteS ::: Im Rahmen der steuerlichen Struktu-rierung einer Auslandsinvestition spielt insbesondere auch die in vielen Ländern übliche Besteuerung des Veräußerungsge-winns („capital gains tax“) im Falle eines Exits stets eine Rolle. Bereits im Vorfeld des Erwerbs einer Beteiligung ist folglich daran zu denken, wie ein durch die spätere Veräußerung der erworbenen Anteile erzielter Gewinn zu versteuern ist. Der allgemeine Satz für „capital gains tax“ liegt in Indien derzeit bei 21,12%.

Bislang boten sogenannte Offshore-Holding-Strukturen einen möglichen Ausweg. Ein Großteil der Auslandsinvestiti-onen in Indien wird über Offshore-Holdinggesellschaften ge-tätigt, die ihren Sitz in solchen Ländern haben, mit denen In-dien ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat. So konnte eine Besteuerung von Veräußerungsgewinnen bislang durch eine Investition über Mauritius, Zypern oder Singapur vermieden werden. Andere steuerliche Vorteile der Offshore-

Holding-Strukturen liegen in der günstigeren Besteuerung von Dividendenausschüttungen sowie Zinszahlungen.

Offshore-Modell gerät ins WankenDie Entscheidung im Fall Vodafone jedoch stellte die Tauglich-keit dieser Modelle zumindest für die Besteuerung von Veräu-ßerungsgewinnen in Frage. Im Jahr 2007 erwarb Vodafone die Mehrheitsanteile an der indischen Hutchison Essar Ltd., einem der größten Mobilfunkbetreiber auf dem indischen Markt, für rund 11 Mrd. US-Dollar. Die Transaktion wurde dabei so ge-staltet, dass die Vodafone International Holdings BV, mit Sitz in den Niederlanden, von der Hutchison Telecommunications International Ltd., mit Sitz auf den Cayman Islands, Anteile an

Der fall vodafone und seine konsequenzenBislang war es in Indien üblich, den Veräußerungsgewinn aus einem mittelbaren Erwerb von indischen Unternehmen über sogenannte Offshore-Holding gesellschaften nicht zu besteuern. Ein Ende dieser Praxis deutet die Entscheidung im Fall Vodafone an.

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Wenig Grund zur Freude für Vodafone in Indien: Das Unterneh-

men soll Steuern in Höhe von 2 Mrd. US-Dollar nachzahlen.

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49Aktuell ASIA 6:2009 REChT & sTEuERn : Indien

Diesen Ansatz der indischen Steuerbehörde, den Erwerb einer mittelbaren Beteiligung an einer indischen Gesellschaft mit dem Erwerb der zugrunde liegenden Assets gleichzustel-len, hat der Mumbai High Court aufrechterhalten. Es kann also bei Offshore-Strukturen durch die gesellschaftsrecht-lichen Strukturen „hindurchgesehen“ und der Sachverhalt mit dem unmittelbaren Erwerb der Vermögensgegenstände der indischen Gesellschaft gleichgestellt werden. Das we-sentliche Asset, das den Kaufpreis in Höhe von 11 Mrd. US-Dollar rechtfertigte, war im vorliegenden Fall die indische Mobilfunklizenz, die Vodafone mittelbar durch den Anteil-serwerb von Hutchinson erworben hatte.

Wie kommt der käufer in die pflicht?Da nun aber die Steuer auf den Veräußerungsgewinn auch in Indien grundsätzlich vom Verkäufer des Geschäftsanteils zu entrichten ist, stellt sich die Frage, auf welcher rechtlichen Grundlage Vodafone anstelle des primär steuerpflichtigen Verkäufers (hier Hutchison) für die rückständigen Steuern in Anspruch genommen wird.

Nach section 195 des indischen Income Tax Act ist der Käufer verpflichtet, bei der Zahlung des Kaufpreises an ein ausländisches Unternehmen „capital gains tax“ einzubehalten und abzuführen. Sofern der Käufer die Steuer nicht einbehält und nicht an die Steuerbehörde abführt, kann er selbst gemäß sections 191 und 201 des indischen Income Tax Acts für die pflichtwidrig nicht einbehaltene Steuer haftbar gemacht wer-den. Fraglich war jedoch, ob diese Vorschriften des indischen Income Tax Act auch dann anwendbar sind, wenn der Käufer ein ausländisches Unternehmen ist, welches ja den indischen Gesetzen grundsätzlich nicht unterliegt.

Der Mumbai High Court hat in seiner Entscheidung die Vorschriften des indischen Income Tax Act jedoch für auf Vodafone anwendbar befunden. Er hat sich dabei insbesonde-re auf die amerikanische „Effects Doctrine“ berufen, die das Recht eines Staates anerkennt, eine Person, die sich nicht in dem Staat aufhält auch für ein Verhalten, das sich außerhalb des Staates abspielt, zur Rechenschaft zu ziehen, wenn dieses

Verhalten Konsequenzen hat, die sich innerhalb des Staates auswirken. Gegen die Entscheidung des Mumbai High Court hat Vodafone eine sogenannte Special Leave Petition beim höchs ten Gericht Indiens, dem Supreme Court, eingelegt. Mit Entscheidung vom 23. Januar 2009 hat der Supreme Court diese jedoch zurückgewiesen. Gleichzeitig hat der Supreme Court jedoch der indischen Steuerbehörde aufgegeben, ihre Zuständigkeit erneut zu überprüfen. Der endgültige Ausgang ist daher noch ungewiss.

Auswirkungen auf die TransaktionspraxisDer Vodafone Fall hat in Indien äußerst kontroverse Diskus-sionen hervorgerufen. Transaktionen über Offshore-Gesell-schaften wurden neu überdacht. Presseberichten zufolge haben die indischen Steuerbehörden in circa 400 ähnlich gelagerten Fällen ebenfalls Ermittlungen eingeleitet. Die indische Trans-aktionspraxis hat wie folgt auf diese Entwicklungen reagiert:• Investitionen und anschließende Veräußerungen von in-dischen Beteiligungen sollten über solche Offshore-Gesell-schaften durchgeführt werden, die ihren Sitz in einem Land haben, mit dem Indien ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen hat, das die Besteuerung von „capital gains tax“ in Indien ausdrücklich ausschließt. Aber selbst dann kann ein Vorgehen der indischen Steuerbehörde wohl nicht mit Sicher-heit vermieden werden. • Offshore-Holding-Gesellschaften sollten über eine gewisse eigenständige Substanz verfügen und nicht den Anschein er-wecken, dass sie einzig und allein zur Nutzung der Steuervor-teile betrieben werden.• Die von einem ausländischen Käufer gegebenenfalls einzu-behaltende „capital gains tax“ sollte bei der Ermittlung des Kaufpreises eingepreist werden oder durch eine entsprechende Freistellung in den Transaktionsdokumenten vom auslän-dischen Verkäufer übernommen werden. :::

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17.06.2009, Altdorf bei nürnberg Beschaffungsmarkt ChinaChina hat sich längst zum größten Be-schaffungsmarkt der Welt entwickelt. Mit Lieferanten aus China zusammen-zuarbeiten, ist heute für viele interna-tional operierende Unternehmen eine Selbstverständlichkeit. Trotzdem stellt die Beschaffung in China europäische Unternehmen immer noch vor kom-plexe Herausforderungen. Dies gilt ins-besondere für den Umgang mit einer oft völlig unvertrauten Geschäftskultur. Denn von den meisten Fehlern, die in

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Als der Seefahrer William Adams of limehouse 1599 in die weite Welt aufbricht, weiß man in europa praktisch nichts über Japan. Abgeschottet, fast ohne jeden Außenkontakt wird das kaiserreich de facto vom Shogun tokugawa regiert. William landet im Jahr 1600 als Schiffsbrüchiger in Japan – und es gelingt ihm, was vorher und nachher nie wieder ein Ausländer schaffen sollte: er wird Samurai in den Diensten des Shogun. Der Roman um den ersten engländer in Japan und geheimes Vorbild des klassikers „Shogun“ liest sich spannend und authentisch, wie gemacht für alle, die früher karl May verschlungen haben und nun heimlich auf eine „erwachsene“ Fortsetzung warten. Giles Milton: Samurai William, Wunderkammer Verlag, 19,95 euro, 336 Seiten, erschienen: März 2009

diesem Bereich gemacht werden, wird man vor Ort nie etwas erfahren.

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50 Aktuell ASIA 6:2009sERvICE : Termine

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Erscheinungsweise: Aktuell Asia erscheint monatlich

Druck: Justfine Printing, Shanghai

Aktuell Asia stützt sich neben umfangreicher eigenberichter-stattung auch auf Dow Jones Newswires und weitere Nach-richtenagenturen sowie auf Berichte der gtai – Germany tra-de and Invest, köln. Inhalt nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr. Alle Rechte vorbehalten. es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Inhalte urheberschutz be-steht. kopien, Nachdrucke, Weitergaben im umlauf, Bearbei-tungen, Auswertungen oder sonstigen Vervielfältigungen jeg-licher Art bzw. Verbreitung oder Nutzung für Verbreitungen in allen Medien (gedruckt oder elektronisch) sind nur mit vorheriger, ausdrücklicher Genehmigung durch MBM GmbH gestattet. Zuwiderhandlungen werden rechtlich verfolgt!

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Aktuell AsIAIM JulI/AuGuSt

fEIERTAgE IM JunI 2009

Indien 24. Rath Yatra, Bankfeiertagkambodscha 1. tag des kindes

18. Geburtstag der königsmutterMalaysia 6. Geburtstag des königsPhilippinen 15. unabhängigkeitstagSri lanka 7. Poson-Poya-VollmondtagSüdkorea 6. Heldengedenktag

Quelle: gtai

TRINA Management (Thailand) Co. Ltd.18th Floor, Unit # 1802, Bangkok Business Center Building#29, Sukhumvit 63 Road, Klongton Nua, Wattana, Bangkok 10110Tel (66 2) 714 4177, Fax (66 2) 714 [email protected] http://trina-thai.comMitglied der Schweizer und Deutschen Handelskammern in Bangkok

51Aktuell ASIA 6:2009 sERvICE : Termine

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52 Aktuell ASIA 6:2009TRAvEL & LIfEsTyLE : Vietnam

der übersetzt „Großer Markt“ heißt, wohnen und arbeiten hauptsächlich Chinesen. Als Handelszentrum hat es bis ins Mekong-Delta hinein Bedeutung. Soweit das Auge reicht, lau-fen Hunderte von Stromkabeln, lose zusammengebunden und von Holzmasten gestützt, die Straßen entlang. Motorroller sind, wie überall in der Stadt, das beliebteste Verkehrsmittel: Fast jeder Einwohner besitzt einen, mindestens. Abgase und Lärm verstopfen die Straße. Doch zwischen Garküchen und Antiquariaten, überfüllten Wohnhäusern und Marktständen erspäht der aufmerksame Besucher halbversteckte Tempel, die sich inmitten des geschäftigen Treibens als Oasen der Ruhe entpuppen. Der älteste Tempel im chinesischen Stil ist der Chua Thien Hau, der barmherzigen Göttin der Fischer und Seeleute geweiht. Im dämmrigen Innenhof hängen große, duftende Räucherspiralen. Das Sonnenlicht fällt auf das blau-grün leuchtende Dach, dessen glatte Ziegel mit aufwendig verzierten Keramikfiguren übersät sind: Seeleute, edle Damen, Schiffe und Meerestiere.

Auch die direkte Umgebung Ho-Chi-Minh-Stadts lädt zu Ausflügen ein. Im Touristenviertel Pham Ngu Lao lassen sich günstige Touren in die Umgebung buchen. Mit Bussen werden Besucher nach Tay Ninh, dem Zentrum der Cao Dai Sekte, und zu den Tunneln von Cu Chi gefahren.

Christus und Buddha, Drachen und schlangenIn etwa zwei Stunden erreicht der Bus Tay Ninh. Im Zen-trum des über 100 qkm großen Geländes der Cao-Dai-Sekte

VON MAReN FReuDeNBeRG ::: In den frühmorgendlichen Gassen herrscht noch wenig Betrieb. Die Gästehäuser und Restau-rants, die die schmalen Straßen und breiten Boulevards Ho-Chi-Minh-Stadts säumen, liegen verriegelt und im Tiefschlaf da. Es ist gerade erst hell geworden, langsam kriechen warme Sonnenstrahlen über die zahllosen Fassaden der Stadt. Ein unscheinbares Café, eingekeilt zwischen zwei mehrstöckigen Hotels, ist schon geöffnet und serviert vietnamesischen Kaf-fee: klein, stark, auf Wunsch mit gezuckerter, zähflüssiger Kondensmilch. Da es selbst um halb fünf Uhr morgens schon warm ist, schmeckt der Wachmacher am besten auf Eis – als ca phe sua da.

Nur zwei Stunden später ist das Thermometer bereits auf 35 °C hochgeschnellt, und Ho-Chi-Minh-Stadt ist hellwach. Die schmalen Ladentüren sind weit geöffnet in Erwartung der Kundschaft und einer kühlen Brise. Der Verkehr wird zunehmend dichter, lauter, aggressiver. Garküchen laden mit bunten Plastikstühlen auf dem Gehweg zum Frühstück ein. Um die niedrigen Tische gesellen sich Geschäftsleute zu Bauarbeitern, Straßenkehrer zu Beamten, die neben Schul-kindern und Marktfrauen das traditionelle Frühstück aus Reisnudelsuppe mit Huhn, Koriander, Basilikum, Chili, Li-metten und Sojasprossen (pho ga) genießen.

In Ho-Chi-Minh-Stadt sind französische, amerikanische und natürlich die vietnamesische Geschichte und Architek-tur im Stadtbild vereint. Bei einem Spaziergang durch die schattigen Alleen des alten französischen Stadtkerns wird dies ebenso deutlich wie im modernen Zentrum: Dort finden sich immer wieder alte Tempel zwischen modernen Hotels, Bank-gebäude und Boutiquen. Besonders Ho-Chi-Minh-Stadts zahlreiche Gotteshäuser kontrastieren ästhetisch mit den modernen Bauten der Stadt. Nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1883 war die Kathedrale Notre Dame lange das Wahr-zeichen der Stadt. Inmitten der glänzenden Hochhäuser ist es heute kaum vorstellbar, dass ihre beiden Spitztürme einst die höchsten Punkte der Skyline ausmachten.

China ist nicht fernNur wenige Kilometer von der Stadtmitte entfernt liegt Cho Lon, das nicht nur zu Hauptgeschäftszeiten mit einem sum-menden Bienenstock vergleichbar ist. In diesem Stadtteil,

kaffee auf Eis am Morgen

Wer sich nach Stunden und Tagen des Geschäftemachens im Trubel Ho-Chi-

Minh-Stadts nach kleinen Fluchten sehnt, hat die große Auswahl. Touren ins Grüne,

in die Vergangenheit oder auch in die Literatur stehen im Angebot.

Die Lehre des Caodaismus, der in dieser Kirche in Tay Ninh

zelebriert wird, fußt auf den verschiedensten Weltreligionen.

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Aktuell ASIA 6:2009 53TRAvEL & LIfEsTyLE : Vietnam

steht die Hauptkirche, innen und außen knallbunt verziert mit Elementen aus dem Bud-dhismus, Konfuzianismus, Taoismus und Christentum. Treffende Worte fand der amerikanische Schriftsteller Graham Greene: „Christ and Buddha looking down from the roof of the Cathedral on a Walt Disney fantasia of the East, dragons and snakes in Technicolor.“ Besucher dürfen dem viermal am Tag stattfindenden Gottesdienst von der Kirchenbalustrade aus beiwohnen. Es mag auf den ersten Blick schwer-fallen, die Bedeutung hin-ter dem bunten Schauspiel wahrzunehmen. Doch zu Blütezeiten hatte die Sekte über 4 Millionen Anhänger, eine eigene Verwaltung und sogar eine Armee. Cao Dai ist in Südvietnam auch heute noch eine einflussreiche Re-

ligionsgemeinschaft, die unter anderen Victor Hugo und Isaac Newton als Heilige verehrt.

Beklemmende Reise unter die ErdeDie Tunnel von Cu Chi sind ein beliebtes Ausflugsziel für Tou-risten. Während des Krieges errichteten die Vietcong-Wider-standskämpfer ganze Städte unter der Erde, auf drei Stockwer-ken und bis zu 12 Meter tief. Einige Gänge sind für Besucher offen, und obwohl sie wesentlich höher und breiter als damals

restauriert und zusätzlich mit elektrischem Licht versehen sind, droht in der kühlen, staubigen Enge doch ein Anflug von Klaustrophobie. Gelang es den Amerikanern, in die Tunnel einzudringen, wurden die Gänge mit Giftgas vollgepumpt und an den schmalsten Stellen versiegelt. Erleichterung macht sich breit, wenn man durch die enge Öffnung ins Sonnenlicht und Vogelgezwitscher steigt.

Wer sich eher nach ländlicher Abwechslung sehnt, bucht eine Tour ins Mekong-Delta. Hier bewegt man sich fast aus-nahmslos auf dem Wasser, entlang eines der neun Fluss arme. Das Land der neun Drachen, wie das Delta auch genannt wird, ist die heißeste und feuchteste Region Vietnams. Die saftig grüne, üppige Vegetation streicht am Ufer vorbei, kleine Wellen plätschern gegen den Bug. Das Boot hat eine Kajüte zum Übernachten, ein Sonnendeck und einen Speisebereich. Unterwegs tauchen Verkäuferinnen in langen, schmalen Holzbooten auf, um Obst, Gemüse, Reis und manchmal Fleisch feilzubieten. Im Mekong-Delta gibt es mehr als zehn verschiedene Sorten Mangos, luftballongroße Jackfruits, die 15 kg und mehr wiegen, und die Durianfrucht. Ihr Fleisch ist wohlschmeckender, als es der Duft verspricht und gehört zu den vielen angenehmen Überraschungen des Deltas.

Das haus des LiebhabersAm Spätnachmittag legt das Boot in der kleinen Stadt Sa Dec an. Hier steht das strahlend weiße, im sinofranzösischen Kolo-nialstil errichtete Lé-Haus, das durch eine Liebesaffäre seines Erbauers bekannt ist. Herr Lé war in jungen Jahren mit der erst 15-jährigen Marguerite Duras liiert, die Kindheit und Jugend im kolonialen Vietnam verbrachte und später in ihrem Roman „L’Amant“ beschrieb. Heute ist das reich verzierte Gebäude ein Museum und Gästehaus. Nach einem ausgedehnten Spazier-gang durch schattige Gärten und verwachsene Obstplantagen geht die Flussfahrt gemächlich weiter. Entspannt schaut man einer friedlichen, von Grillenzirpen begleiteten Nacht auf dem Boot entgegen, und dem ca phe sua da bei Sonnenaufgang. :::

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Das erste Mal in Asien war ich ... 1981, in Shang-hai. Die Anreise war damals noch mit der Transsib. In meine „erste“ asiatische Stadt komme ich noch immer gern zurück. Die Veränderungen der letzten 28 Jahre sind wirklich dramatisch.

Anders, als ich es erwartet hätte, war ... dass es bis-lang noch keine kriegerischen Auseinandersetzungen um die Spratlys und andere Inselgruppen im südchi-nesischen Meer gegeben hat.

Am meisten verändert hat sich seit damals ... die In-frastruktur in vielen asiatischen Ländern, mit Ausnah-me bislang von Vietnam.

Zum stichwort „interkulturelle unterschiede“ fällt mir spontan ein ... dass die Trennung zwischen Pri-vatem und Öffentlichem weniger stark ausgeprägt ist als in Europa. Alles geht ineinander über.

In das größte fettnäpfchen getreten bin ich, als ... ich in Pjöngjang aus meiner Sicht humorvoll gemein-te Kommentare über den Geburtort Kim Il Sungs machte. Das ist natürlich eine ernste Angelegenheit!

An den Asiaten schätze ich besonders ... ihre Groß-zügigkeit im Privaten und den Status der Bildung im letztendlich konfuzianischen System.

Wenn ich in Asien reise, bin ich zurzeit am liebsten in ... Chiang Mai und Nordthailand.

Asien-Reisende sollten auf jeden fall ... Myanmar besuchen. Aufgrund der Isolation hat sich dieses Land in den letzten Jahrzehnten am wenigsten verändert.

kennenlernen würde ich gern einmal ... Nguyen Vo Giap, den vietnamesischen General, der vor 55 Jah-ren in Dien Bien Phu die Franzosen besiegte, später noch die Amerikaner. Er lebt heute mit 98 Jahren in Hanoi.

Wenn ich in die Zukunft blicke, meine ich manch-mal, dass ... die – toleranten – asiatischen Demokra-turen vielleicht besser geeignet sind, die Probleme des 21. Jahrhunderts anzugehen, als zum Beispiel die EU.

Vor 28 Jahren stieg der Sinologe Jürgen Braunbach in Shanghai aus der Transsibi-rischen Eisenbahn. Seitdem ist er Asien treu geblieben. Als Quereinsteiger kam er we-nige Jahre später zu DB Schenker in Beijing und leitet heute als General Director die Landesorganisation Schenker Vietnam Co. Ltd. in Ho-Chi-Minh-Stadt.

„Die veränderungen sind dramatisch“

ZuR pERsOn

• Der gebürtige Kölner Jürgen Braunbach studierte Sino-logie in Berlin und war dort unter anderem als Mithe-rausgeber einer Zeitung über den Chinahandel tätig.

• Seine fließenden Mandarinkenntnisse brachten ihn 1989 zur chinesischen Schenker-Landesgesellschaft in Beijing.

• Vor 15 Jahren stellte sich der Familienvater der Heraus-forderung Vietnam und baute dort einen neuen Stand-ort auf.

54 Aktuell ASIA 6:2009TRAvEL & LIfEsTyLE : Ausgesprochen asiatisch