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Dezember 2015 7,50 € Kontaktologie Zeitschrift für medizinische Kontaktologie und Sportophthalmologie Aktuelle Myopie und Myopieprogression: Beiträge von der 16. DAKG Expertentagung in Köln ab Seite 4 © davis - Fotolia.com / © Minerva Studio- Fotolia.com Ressort Kontaktlinsen im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands Deutsche Augenärztliche Kontaktlinsengesellschaft e. V. Paralympischer Orden für Bolsinger Seite 15 Formstabile KL bei Kindern Seite 21 Trockenes Auge und Hyaluronsäure Seite 30 Zeus schreckliche Tochter und die Medizin Seite 33 Ressort Sportophthalmologie im Berufsverband der Augenärzte Deutschlands

Aktuelle Dezember 2015 Kontaktologieepaper.biermann-verlag.de/ophthalmologie/152_AktKontakt_i/files/assets/common/...Dezember 2015 7,50 € Kontaktologie Zeitschrift für medizinische

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Dezember 20157,50 €

KontaktologieZeitschrift für medizinische Kontaktologie und Sportophthalmologie

Aktuelle

• Myopie und Myopieprogression: Beiträge von der 16. DAKG Expertentagung in Köln ab Seite 4

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Ressort Kontaktlinsenim Berufsverband der Augenärzte Deutschlands

Deutsche Augenärztliche Kontaktlinsengesellschaft e. V.

Paralympischer Orden für Bolsinger Seite 15

Formstabile KL bei Kindern Seite 21

Trockenes Auge und Hyaluronsäure Seite 30

Zeus schreckliche Tochter und die Medizin Seite 33

Ressort Sportophthalmologieim Berufsverband derAugenärzte Deutschlands

Aktuelle KontAKtologie2 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

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K o n t a k t l i n s e n f a c h l i c h : D A K G 2 0 1 516. DAKG Expertentagung in Köln: Interdisziplinäres Symposium zur Myopie und Myopieprogression S. 4

Management der Myopieprogression mittels Kontaktlinsen S. 4

Myopie-Epidemie – gibt es sie wirklich? S. 6

Einfluss auf die Sehqualität: Kontaktlinsen versus Chirurgie S. 7

Sehqualität im Vergleich: Myopie und Emmetropie unter Berücksichtigung von Aberrationen S. 8

Akkommodationsamplitude und Myopieprogression S. 9

Stellenwert der Brille bei Korrektur und Kontrolle der Myopie S. 9

Besondere visuelle Anforderungen: Digitaler Sehstress und progressive Myopie in Verbindung mit Kontaktlinsen S. 11

Myopiekontrolle mittels Orthokeratologie bei Kindern: Fallbeispiele S. 14

Brauchen myope Kinder eine individuelle optische Versorgung? S. 29

K o n t a k t l i n s e n f a c h l i c h : w e i t e r e T h e m e nEinhaltung der Hygiene besonders wichtig: Akanthamöben-Keratitis bei orthokeratologischen Kontaktlinsen S. 21

Gutes Sehen, aktives Leben: Formstabile grenzlimbale Kontaktlinsen bei Kindern und Jugendlichen S. 16

Hyaluronsäure-Augentropfen: Was Sie über deren rheologische Eigenschaften wissen sollten S. 31

S p o r t o p h t h a l m o l o g i eParalympischer Orden: Dr. Axel Bolsinger erhält hohe Auszeichnung S. 15

Sehtest(s) im Sport im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung S. 21

Sehen schützt vor Blindheit nicht: „Unaufmerksamkeitsblindheit“ hat auch Auswirkungen im Alltag S. 35

F e u i l l e t o n Zeus schreckliche Tochter und die Medizin: Atropin hat einen festen Platz in der Augenheilkunde S. 33

K o n t a k t o l o g i s c h e s A u g e n z w i n k e r n S. 35

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Herausgeber: Dr. med. Dieter SchnellFax: 02295-9099073

E-Mail: [email protected]

Erscheinungsweise 3 × jährlich

Biermann Verlag GmbHOtto-Hahn-Str. 7, 50997 KölnTel.: 02236-376-0, Fax: -999

Zeitschrift für medizinische Kontaktologie und Sportophthalmologie

redaktionsleiter: Dieter Kaulard

Chefin vom Dienst: Michaela Schmid Mitarbeit: Anke Struebig

redaktion: Britta Achenbach Michael Kesten

Grafik und Layout: H. Udo Pößneck

Marketing: Michael Kesten Leiter Geschäftsbereich Ophthalmologie

Tel.: 02236-376-516, Fax: -517

Vertrieb: Bilquis StimbergTel: 02236-376-210, Fax: -211

Druck: Griebsch & Rochol DruckGabelsbergerstr. 1, 59069 Hamm

KontaktologieZeitschrift für medizinische Kontaktologie und Sportophthalmologie

Aktuelle

Aktuelle KontAKtologieAKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft 3

E D I T O R I A LLieber Leserinnen und Leser,

Die zunehmende Myopisierung weiter Be-völkerungsteile, vor allem in Asien, wo bis zu 90 % der Menschen betroffen sind, be-schäftigt auch die Wissenschaftler in Eu-ropa und speziell Deutschland. Noch immer ist nicht klar, wie dieses Augenwachstums-phänomen zu Stande kommt und was die Myopie-progression erzeugt. Fest steht allerdings, dass die Genetik und die Nah-arbeit eine Hauptrolle dabei spielen. Noch vor wenigen Jahren war man der Meinung, die Akkommodation sei für die Wachs-tumsanregung durch Naharbeit schuld. Heute glauben viele Wissenschaftler, eine relativ geringe unterakkommodation trage die Haupt-Schuld an zunehmendem Län-genwachstum des Auges. Viele Kongresse und Weiterbildungsveranstaltungen der Augenärzte beschäftigen sich mit diesem Thema (s. auch Berichte der DAKG-Tagung in diesem Heft). An den vorgeschlagenen Therapien interessieren uns Kontakto logen vor allem die als sehr wirksam gegen die Myopieprogression beschriebenen Anpas-sungen formstabiler Kontaktlinsen, vor allem in Bezug auf periphere myo pische Defokussierung (pauné et al. 2015), und ganz besonders von orthokeratologischen Linsen mit speziellem Design (Swarbrick et al. 2015).

Der als sehr wirksam bezeichneten niedrig dosierte Atropin-Therapie (0,01 %) stehen deutsche Ophthalmologen abwartend ge-genüber (Chassine et al. 2015). Die als fast gleich wirksam eingestufte tägliche Bewe-gung von 1 bis 3 Stunden im Freien ent-spricht der Empfehlung täglichen Sport-treibens unserer Sport ophthalmologen (Chassine 2015).

Ebenfalls bestätigt wurde unsere frühere Erkenntnis, dass das Hornhautödem beim verlängerten Tragen von Silikonhydrogel-linsen (Lotrafilcon A (Dk, 140), Balafil-con A (Dk, 91), galyfilcon A (Dk, 60) und senofilcon A (Dk, 103)) abhängig von der Gaspermeabilität des jeweiligen Materials

(Moezzi et al. 2015) verstärkt wird. Fest steht, dass alle Silikonhydrogellinsen das nächtliche Hornhaut-Ödem nicht uner-heblich vergrößern und damit die Erho-lungszeit am Morgen deutlich verlängern, was neben der Hornhautverdünnung (Lei et al. 2015) gegen ein verlängertes Tragen auch dieses Linsenmateriales spricht.

Entwarnung für das Tragen von Einweg-kontaktlinsen, die früher im Verdacht standen, der Hornhaut Stoffe zu entzie-hen, gaben Del Águila-Carrasco und seine Mitautoren (2015). Nach längerem Tragen fünf verschiedener Linsenarten und Mate-rialien waren keine Schäden zu erkennen.

Im Bereich der Sportophthalmologie stehen wie in den vergangenen zwei Jahren zurzeit wieder Testreihen der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit im Sport (ASiS) von auf dem Markt befindlichen Sportbrillen und Sport-Schutzbrillen an. Neben techni-schen und Fall-Tests werden subjektive praxis-prüfungen durch sporterfahrene Augenärzte und Optiker am Lehrstuhl für Sportmedizin und Sport Ernährung der ruhruniversität Bochum durchgeführt. Aus den letzten Tests sind zehn empfeh-lenswerte Sport- und Sportschutzbrillen hervorgegangen, die Zertifikate erhielten. Alle Sportbrillen- Empfehlungen wurden mit Testergeb nissen in einem Flyer zu-sammengefasst, der über den DOZ-Verlag ([email protected]) bezogen werden kann. Bei den Testungen wirken für den BVA und das ressort Sportophthalmologie Dr. Thomas Katlun und der Herausgeber mit.

Beim ressort Sportophthalmologie treffen immer mehr Anfragen zu Augenproble-men im Sport ein, sowohl von Sportlern als auch von Kolleginnen und Kollegen. Am 16. und 17. Januar 2016 besteht in der Sportschule Hennef/Sieg wieder die Möglichkeit, das sportophthalmologische Wissen zu vervollkommnen, auch über

moderne Kontaktlinsen im Sport. 2/3 der plätze waren schon 14 Tage nach dem Versand der Einladungen belegt.

Die Epaper Ausgabe des Heftes 24, die erstmalig allen Augenärzten des BVA zu-ging, hat ein breites Echo hervorgerufen. Ein letzter Tipp: Vergessen Sie nicht, Ihre Augen im nahenden Wintersport vor uV-Licht und starker Blendung wirksam zu schützen. Kollegen aus der Alpenregion berichten von einer Zunahme der sonnen-lichtbedingten Kerato-Konjunktivitiden bei Sporttreibenden im Gebirge. So könn-te man warnen: Augen schützt vor zu viel Licht und vergesst ´s uV-Licht nicht!

In diesem Sinne grüße ich Sie für heute herzlich und wünsche Ihnen eine frohe Weihnachtszeit,

Dieter Schnell

Dieter Schnell

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Aktuelle KontAKtologie4 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• Unter der Schirmherrschaft von Prof. Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augenheilkunde der Universitäts-Klinik Köln, und Dr. Gudrun Bischoff, 1. Vorsitzende der Deutschen Augenärztlichen Kontaktlin-sengesellschaft e. V., lud die DAKG am 12. September 2015 zur 16. Interdisziplinären Expertentagung in der Domstadt Köln ein. Im 28. Stock des KölnSky Towers, hoch über den Dächern der Stadt, traf sich ein inter-essiertes fachkundiges Publikum, um alle Forschungsergebnisse und Kenntnisse rund um die Myopie und deren Progression zu erfahren und aufzuarbeiten.

Insgesamt 160 Teilnehmer er-fuhren über erstmalige Stu-

dienergebnisse, aktuelle Forschungsansätze und Kenntnisse zur Kursichtig-keit und diskutierten über

moderne Therapieoptionen. Die Inhalte der behandelten

Themen reichten von der ope-rativen und konservativen Be-

handlung schwerer und schwerster Folgen der pathologischen Myopie, über die ver-schiedenen Möglichkeiten der Korrektur des Brechungsfehlers mit Brille und Kontaktlin-se bis hin zur Vorstellung präventiver und therapeutischer, aber auch medikamentöser Maßnahmen zur Verhinderung der Myopie-progression.

Die Therapieoptionen sind in großen Zügen bekannt. Neu und inzwischen im interna-tionalen Ausland erfolgreich eingeführt ist die Low-Dose Therapie mit 0,01%igem

Atropin. Bei dieser Dosierung gibt es bis auf gelegentlich auftretende Allergien nur zu vernachlässigende unerwünschte Neben-wirkungen.

Speziell geformte Kontaktlinsen, die den peripheren Defokus des Bulbus ausgleichen, vermindern das genetisch determinierte weitere Längenwachstum. Unterschiedliche individuelle Ansätze machen dieses Thema vielschichtig und interessant, wie die DAKG-Expertentagung eindeutig zeigte.

Im Anschluss an das interdisziplinäre Sym-posium trafen sich am Sonntag augenärzt-liche Kontaktlinsenexperten, die im Rah-men der von der DAKG ins Leben gerufenen Initiative „Auge-Refraktion-Sehschärfe“ unter anderem an der Ausarbeitung eines Empfehlungspapiers für junge myope Pati-enten und deren besorgte Eltern arbeiteten.

Dieses Empfehlungspapier, welches Ende des Jahres zur Verfügung stehen wird, ist all-gemein verständlich gehalten und zeigt zu-sammenfassend die Optionen auf, die heute vertretbar kommuniziert werden können. Jeder Kollege kann sich für den Einzelfall die Therapieoption wählen, die individuell passt.

Der positiv aufgenommene interdiszipli-näre Ansatz der 16. DAKG-Expertentagung ist womöglich ein wegweisender Anstoß für zukünftige erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Optikern, Kontaktlinsenanpassern, Fachärzten und Universitäten für neue wir-kungsvolle Methoden gegen die Myopie und deren Progression. Wir freuen uns Ihnen nachfolgend einige Abstracts zu präsentie-ren, welche die Vielfältigkeit der Beiträge des Symposiums zeigen. Dabei möchten wir darauf hinweisen, dass die Rechte weiterhin bei den jeweiligen Autoren liegen.

•Je nach Region leiden heutzutage zwi-schen 20 % und 80 % der Weltbevölkerung unter Myopie [1]. Dies ist in den meisten Fällen auf ein überdimensioniertes Längen-wachstum des Augapfels zurückzuführen und bringt ein hohes Risiko für retinale

Erkrankungen wie Netzhautabrisse oder Aderhaut- und Retinaatrophien mit sich [2]. Dabei bildet das forcierte Bulbuswachstum in den jungen Lebensjahren zwischen 8 und 20 Jahren den Hauptanteil an der Myopie-progression[3]. Dabei scheint dem periphe-

ren Defokus der Netzhaut, der sogenannten peripheren, relativen Hypermetropie, eine große Bedeutung bei der formdeprivierten Progression zuzukommen [4], indem die zentralen und die peripheren Netzhautarea-le unterschiedliche Brennpunkte aufweisen.

16. DAKG Expertentagung in Köln Interdisziplinäres Symposium zur Myopie und Myopieprogression

Management der Myopieprogression mittels KontaktlinsenMultiple Materialien und refraktive Ansätze stehen zur Verfügung

Die DAKG-Expertentagung fand in diesem Jahr mit Ausblick auf den Kölner Dom statt.

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16. DAKg expertentagung Köln 2015:Myopie und Myopieprogression

Aktuelle KontAKtologie 5AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

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Kontaktlinsen werden seit Dekaden dazu genutzt um eine bremsende Wirkung auf die Myopieprogression auszuüben [5,6].

Mit der grundlegend überarbeiteten Me-thode der „Advanced Orthokeratology“ [7] wurde ab 1995 eine kontrollierte, temporäre und umkehrbare Umformung der Hornhaut ermöglicht. Diese wird seither erfolgreich verwendet, um die Myopie dauerhaft zu re-duzieren [8]. In Anlehnung an die periphere Hornhautaufsteilung der Orthokeratologie-Methode und deren positiven refraktiven Einfluss auf die periphere Retina [9,10] wer-den ebenfalls verschiedene bi- und multifo-kale Kontaktlinsen verwendet, um die un-terschiedlichen Brennpunkte der Netzhaut zu berücksichtigen [11]. Dabei kann in der

Anpassmethodik und der Wahl der Kontakt-linsenart sowie der Addition auf die unter-schiedliche periphere Refraktion der Retina Rücksicht genommen werden [12]. Die ak-tuell modernste Version der eine Myopie-progression kontrollierenden Kontaktlinsen kombiniert multifokale Eigenschaften mit der Orthokeratologie (Lörtscher und Phillips 2014). Verschiedene Studien mit den un-terschiedlichen Materialien und refraktiven Ansätzen haben aber auch unterschiedli-che Wirkungserfolge aufgezeigt. So zeigen Auswertungen verschiedener Studien der

letzten Jahre [13–21], dass die höchsten Wirkungseffekte mit Kontaktlinsen durch Orthokeratology und multifokale Orthoke-ratology erzielt werden, gefolgt von Mono-vision und verschiedenen weichen bi- oder multifokalen Kontaktlinsentypen (Johnson AAO 2013 und 2014)[22].

Für das Management der Myopieprogres-sion mittels Kontaktlinsen stehen multiple Materialien und refraktive Ansätze zur Ver-fügung. Vereinfacht ausgedrückt können bei geringgradigen und progredienten Myopien auch multifokale weiche Kontaktlinsen zum Einsatz kommen, wogegen bei hoher Dispo-sition, höherer Ausgangsmyopie und rascher verlaufender Progression eher (multifokale) Orthokeratologie-Kontaktlinsen erfolgsver-sprechend sind.

Autor: Michael Bärtschi, phD./Doctor of phi-losophy in Biomedicine, SALuS university uSA, Master of Science in Clinical Optome-try FAAO, SBAO Contact lens specialist IS-CLS, VDC, BCLA, Interlens, Master of Medical Education AMME, IACLE, Wissenschaftler, Kontaktlinsenspezialist und Medizinallehrer, eyeness AG, Hirschengraben 11, 3011 Bern, Schweiz

Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

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16. DAKg expertentagung

Köln 2015:Myopie und

Myopieprogression

Aktuelle KontAKtologie6 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• Im Jahr 2002 führte Theodore Grosvenor den Begriff der „Myopie-Epidemie“ ein, um die hohe Zahl von Myopien in Ost- und Süd-ostasien zu beschreiben [1,2]. Bezog sich dieser neugeprägte Begriff zunächst nur auf die genannten Regionen Asiens, wird heute

von einer weltweiten Myopie-Epide-mie gesprochen. Ausgangspunkt

für diese erweiterte Verwen-dung des Begriffs sind zwei US-Amerikanische Stu-dien, die als NHANES 1 und 2 bekannt geworden

sind [3,4]. Das primäre Ziel dieser beiden Studien war

die Bestimmung des Gesund-heits- und Ernährungsstatus der

US-amerikanischen Bevölkerung; später kam noch der Status der Augen als Unter-suchungsgegenstand hinzu.

Um diese, wie auch ältere Studien korrekt bewerten zu können, müssen bestimmte Mindestkriterien für die Durchführung epi-demiologischer Studien gewährleistet sein [5]. Diese sind

. Die Myopie muss sinnvoll definiert sein, d. h. es muss ein Grenzwert angegeben wer-den. Ältere Studien definieren jede Fern-punktrefraktion kleiner als 0 dpt als Myopie. In den meisten aktuellen Myopie-Studien wird von einer Myopie ausgegangen, wenn die Fernpunktrefraktion kleiner gleich -0,5

dpt ist. Unterschiedliche Myopie-definitionen erschweren

die Vergleichbarkeit von Studien.

. Es müssen zu-verlässige Unter-suchungsver fahren zur Bestimmung der

Fernpunktrefraktion

angewandt werden. Als Goldstandard gilt die Skiaskopie, die bei Kindern und Jugend-lich auch in Zykloplegie zu erfolgen hat. Ein Autorefraktometer ist aufgrund der Verwendung von Infrarot und der Instru-mentenmyopie nur bedingt geeignet. In der Regel können die Wert um bis zu -1 dpt vom korrekten Wert abweichen [6]. Sensitivi-tät und Spezifität der Autorefraktometer-messungen sind mit je 70 % allenfalls als moderat einzustufen. Es sollten keine Be-stimmung der Fernpunktrefraktion auf der Basis der Bestimmung der Glasstärken mit einem Scheitelbrechwertmesser oder mit Hilfe von Fragebögen vorgenommen wer-den [7].

. Studien müssen populationsbasiert sein. Insbesondere viele Studien aus Asien haben als Studienteilnehmer Studenten, Soldaten und Bewohner großer Städte. Man geht heute davon aus, dass ländliche Bevölke-rungen, Personen mit geringem Bildungs-abschluss und geringem Einkommen eine niedrige Myopie-Prävalenz haben als die zuvor genannten Bevölkerungsgruppen.

. Die Ergebnisse der epidemiologischen Studien müssen alterskorreliert dargestellt werden.

In der NHANES-1-Studie aus dem Jahre 1972 galt jedes Auge, dessen Fernpunkt-refraktion kleiner als 0 dpt war, als myop. Jede Person, die keine Brille trug und einen Visus von 1,0 erreichte galt als nicht myop. Die Fernpunktrefraktion wurde mittels Scheitelbrechwertmesser, mit dem die Bril-lengläser vermessen wurden, ermittelt. Nur bei Sehschärfen von weniger als 0,5 wurde die Fernpunktrefraktion des Auges mit dem Skiaskop ermittelt. Ein großes Problem von NHANES 1 war die hohe Anzahl von fast 30 % an Personen, die für die Studie aus-

gewählt worden waren, schließ-lich aber nicht an der Studie teilnahmen (non-part ic ipat ion) . Hierdurch war die

Projektion von der Studie auf die Gesamtbe-völkerung nicht uneingeschränkt möglich. Über alle Altersstufen und Ethnien gemit-telt wurde eine Myopie-Prävalenz von 25 % gefunden [8].

Die NHANES-2-Studie wurde in den Jahren 1999–2004 durchgeführt. Hier wurde bei al-len Studienteilnehmern, deren Augen status geprüft wurde, eine Messung mit einem Autorefraktometer ohne Zykloplegie vorge-nommen. Aufgrund dieser Daten gaben die Autoren eine Myopie-Prävalenz von 33 % an [9]. Die Autoren führen aber explizit aus, dass ein Vergleich mit der NHANES-1-Studie wegen erheblicher methodischer Differen-zen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Ins-besondere stellen sie fest, dass nicht sicher von einem Anstieg der Myopie-Prävalenz ausgegangen werden kann. In einer zwei-ten Publikation, in der die Auswertekriterien der NHANES-2-Studie angewandt wurden, kamen dieselben Autoren auf eine Myopie-Prävalenz von 41,6 % [4]. Dieser Anstieg der Myopie-Prävalenz ist der Wert, der heute immer wieder zitiert und als Beleg für die Myopie-Epidemie herangezogen wird. Die Autoren dieser Arbeit weisen aber mehrfach daraufhin, dass ihre erste Publikation, in der eine Prävalenz von 33 % gefunden wurde, die entscheidende Publikation ist. Die zwei-te Publikation wurde nach Angaben ihrer Autoren nur verfasst, um einen direkten Vergleich auf der Basis gleicher Methoden ziehen zu können, auch wenn diese nicht als geeignet angesehen werden müssen [4].

Die Fernpunktrefraktion gehorcht weit-gehend einer Normalverteilung, was unter entwicklungsphysiologischen Aspekten sinnvoll ist. Ein Merkmal, das normalverteilt ist, wird polygen vererbt. Solche Erbgänge erlauben es dem Individuum, sich optimal an seine Umwelt anzupassen. Ein Indivi-duum, das viel Naharbeitet leistet, könnte durch eine Myopisierung darauf reagieren und so die Belastungen beim Sehen in der Nähe reduzieren.

Der Mittelwert der Fernpunktrefraktion liegt bei etwa bei +0,5 dpt; das durchschnittliche

Myopie-Epidemie – gibt es sie wirklich?Eine kurze Beurteilung der Literatur

16. DAKg expertentagung Köln 2015:Myopie und Myopieprogression

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Auge ist also leicht hyperop. Aus der Normal-verteilung lässt sich mit Hilfe der komplemen-tären Fehlerfunktion (complementary error function) die Wahrscheinlichkeit bestimmen, dass ein bestimmter Wert auftritt. Es gilt

Für einen Mittelwert µ = +0,5 dpt und ei-nem Grenzwert x = -0,5 dpt der Myopie er-gibt sich bei einer Standardabweichung von 1,5 dpt eine Wahrscheinlichkeit, dass ein Refraktionswert kleiner als -0,5 dpt ist, von 26 %. Bei einem Grenzwert von -0,25 dpt liegt die Wahrscheinlichkeit bei etwa 31 %. Allein aufgrund statistischer Überlegungen ergibt sich, dass unter Kaukasiern Myopie-Prävalenzen von 20–30% als der Normalfall anzusehen sind.

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Autor: Dr. Andreas Berke, Direktor der Höheren Fachschule für Augenoptik Köln, Bayenthalgürtel 6–8, 50968 Köln

Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

• Zielsetzung: Von psychophysischen Un-tersuchungen an Sportlern ist bekannt, dass der gemessene Visus nur einen Teil der visuellen Perzeption (=Wahrnehmung) aus-macht, worunter Helligkeitswahrnehmung (Luminanz), Größenabschätzung, Kontrast-sensitivität, Bewegungs- und Tiefenwahr-nehmung etc., aber auch das kognitive Leistungsspektrum und höhere kortikale Leistungen fallen.

Methoden: In einer Studie in dem für die Internationalen Sportveranstaltungen und Weltmeisterschaften zuständigen ASPE-TAR-Krankenhaus in Doha/Qatar mit 10.000 Screeninguntersuchungen im Jahr 2014 haben wir 188 Patienten, davon 90 Topath-leten, mit einem beidseitigen unkorrigier-ten Visus von ≤0,9 ohne andere Augener-krankungen mit Pentacam und IOLmaster untersucht. Hauptendpunkte dabei waren die Inzidenz von kornealer Myopie, axialer Myopie, Visus, Amblyopie und Sehhilfen.

Ergebnisse: Durchschnittlicher Visus (98): unkorrigiert 0,6/0,63 korrigiert 0,9/0,93. Unkorrigierter Visus an mindestens einem Auge: ≤0,4: 38:98, einseitig (12), beidsei-

tig (26), atrophia bulbi: 1 (Formel1-Mo-torrad-Weltbestenliste). Keine Brillen oder Kontaktlinsen: 90:98 (89,8 %). Brillen-/KL-träger (18): unkorrigierter Visus: 0,58/0,63, korrigiert: 0,8/0,9. Amblyopie (17): 12 er-reichten beidseitig, 5 einseitig keinen kor-rigierten Visus von 0,9. Keratokonus (28): durchschnittlicher Visus 0,5/0,57 (korrigiert 0,8/0,83), 23:28 erreichten nur einseitig einen korrigierten Visus von ≥0,8. Die Ek-tasiepatienten hatten PMD (4x), zentralen (1x) und inferioren (23x) Keratokonus. 6:28 hatten forrtgeschrittenen Keratokonus 3–4 (Pentacam), 2 waren operiert worden (CXL, Ferrararinge). Nur 3:28 wussten von ihrer Erkrankung und 1 hatte Kontaktlinsen. Fast alle Keratokonuspatienten waren Handball-spieler.

Schlussfolgerungen: Der optometrische Vi-sus korreliert häufig nicht mit der visuellen Perzeption und Leistung von Topathleten. Unkorrigierte Refraktionsfehler (39 %), ebenso der Anteil an neu festgestellten kornealen Ektasien von 25,5% sind in die-ser Studie häufig. Leistungsrelevant scheint eher das kognitive Leistungsspektrum (Auf-merksamkeit, Voraussagefähigkeit, Lernen,

Erinnerung, Problemverarbeitung, Okulo-motorik (prädiktive Sakkaden), Antizipa-tionsfähigkeit, kognitive Funktionen des Action Observation Network mit Ri-chungswahrnehmung, Pattern- Recall, Identifizierung von Fehlinformationen und In-terpretation dynamischer visueller Information zu sein. Zusätzlich spielt das Psychoprofil dieser Men-schen eine wesentliche Rol-le. Die Akzeptanz von Sehhil-fen, auch Kontaktlinsen, ist bei diesen Topathleten limitiert.

Autor: prof. Alexander Arthur Bialasiewicz, Head of Department of Ophthalmology, Chairman, Clinical research & CpD, Al-Ahli Hospital, Ahmed Bin Ali Street, p.O.Box 6401, Doha, Katar

Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

Einfluss auf die Sehqualität: Kontaktlinsen versus Chirurgie Warum manche myope Fehlsichtige trotz schlechten Visus eine gute visuelle perzeption haben

16. DAKg expertentagung

Köln 2015:Myopie und

Myopieprogression

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Aktuelle KontAKtologie8 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• Die hohe Prävalenz der Myopie bei Kin-dern und Jugendlichen in einigen asiati-schen Ländern ist in Fachkreisen akzeptiert und wurde mittels klinischer Studien belegt (z. B [7]). Die Ursache für diese Entwicklung konnte trotz inten siver wissenschaftlicher

Bemühungen noch nicht geklärt werden. Auf Basis klinischer

Studien wird angenommen, dass neben der Genetik auch visuelle Einflüs-se einen Einfluss auf die Emmetropi sierung ha-

ben. Monochromatische Abbildungsfehler höhe-

rer Ordnung gelten als eine mögliche Komponente, die zur

Emmetropisierung beitragen könnte. Stu-dien konzentrieren sich bei der Analyse von Abbildungsfehlern höherer Ordnung im We-sentlichen auf die Koma und die sphärische Aberration, da diese im Vergleich zu an-deren Abbildungsfehlern höherer Ordnung hoch ausfallen. Weiterhin wird häufig auch die Gesamtheit der Abbildungsfehler höhe-rer Ordnung in Form des Root Mean Square (HO RMS) analysiert. Verschiedene Studien haben Abbildungsfehler höherer Ordnung zwischen Myopen, Emmetropen und Hyper-open verglichen. Abbildung 1 zeigt die Ver-

teilung der Abbildungsfehler höherer Ord-nung separat für Emmetrope und Myope.

Die Analyse der Abbildungsfehler höherer Ordnung in Bezug auf die Emmetropisierung wird durch die Tatsache erschwert, dass sich die Abbildungsfehler höherer Ordnung mit dem Alter verändern [2] und auch abhängig von der Akkommodation sind [1,8].

Bislang konnte allerdings kein eindeuti-ger statistischer Zusammenhang zwischen sphärischer Aberration und Myopieprogres-sion nachgewiesen werden. Verschiedene Studien kommen zu unterschiedlichen Er-gebnissen [4,3,6,8].

Modellberechnungen von Thibos und Kolle-gen [9] ergaben, dass die sphärische Aber-ration als Indikator genutzt werden könnte, um das Augenwachstum auf Basis des Kon-trastes zu steuern.

Alternativ könnte auch Koma eine entschei-dende Komponente sein. Dieser Ansatz be-ruht auf den Beobachtungen, dass orthoke-ratologische Kontaktlinsen die Progression der Myopie reduzieren und Koma stark mit dem Längenwachstum bei Anwendern von orthokeratologischen Linsen korreliert [10].

In derselben Studie wurde keine Korrelation zwischen sphärischer Aberration und axia-lem Längenwachstum gefunden.

Referenzen und literatur:

1. Atchison DA et al. Measurement of

monochromatic ocular aberrations of human eyes

as a function of accommodation by the Howland

aberroscope technique. Vision Res 2015;35(3):313–

323.

2. Calver RI, Cox MJ, Elliott DB. Effect of aging on

the monochromatic aberrations of the human eye.

J opt Soc Am A opt Image Sci Vis 1999;16(9):2069–

2078.

3. Carkeet A et al. Refractive error and

monochromatic aberrations in Singaporean children.

Vision Research 2002;42(14):1809–1824.

4. Collins M, Wildsoet Cf, Atchison DA.

Monochromatic aberrations and myopia. Vision Res

1995;35(9):1157–1163.

5. Hartwig A, Atchison DA. Analysis of higher-order

aberrations in a large clinical population. Invest

ophthalmol Vis Sci 2012;53(12):7862–7870.

6. He JC et al. Wavefront aberrations in eyes of

emmetropic and moderately myopic school children

and young adults. Vision Research 2002;42(8):1063–

1070.

7. Pan CW et al. the age-specific prevalence of

myopia in Asia: a meta-analysis. optom Vis Sci

2015;92(3):258–266.

8. Philip K et al. Influence of higher order

aberrations and retinal image quality in myopisation

of emmetropic eyes. Vision Res 2014;105: 233–243.

9. thibos ln et al. Spherical aberration and the sign

of defocus. optom Vis Sci 2013;90(11):1284–1291.

10. Hiraoka t et al. Influence of ocular Wavefront

Aberrations on Axial length Elongation in Myopic

Children treated with overnight orthokeratology.

ophthalmology 2015;122,(1):93–100

Autor: Andreas Hartwig, phD/Doctor of phi-losophy, university of Manchester, GB, Dipl. Ing. (FH), FAAO, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, Firma Hartwig, Dorfstr. 8–10, 24226 Heikendorf Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

Sehqualität im Vergleich Myopie und Emmetropie unter Berücksichtigung von Aberrationen

Abbildung 1: Abbildungsfehler höherer Ordnung für Myope und Hyperope [5].

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Aktuelle KontAKtologie 9AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

• Eine reduzierte Akkommodations-amplitude wurde im Rahmen einer klinischen Studie an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena als potenzieller Risikofaktor für die Myopie-progression identifiziert. Die Myopisierung könnte ein Anpassungsprozess auf die hohe Beanspruchung des visuellen Systems bei Naharbeit bei geringer Akkommodationsam-plitude sein. Es wird empfohlen, bei progressiv myopen Patienten/Kunden eine Prüfung der Akkommodationsparameter (Akkommodati-onsamplitude, Akkommodationsflexibilität und Akkommodationsgenauigkeit) durchzu-führen. Liegt eine Akkommodationsinsuffizi-enz vor, sollte eine entsprechende Korrektion durch eine Plus Addition (i. d. R. 0.5 bis 1.5 dpt) und/oder Vision Training erfolgen.

Autor: B. Sc. philipp Hessler, Ernst-Abbe-Hochschule Jena, Fachbereich SciTec, Carl-Zeiss-promenade 2, 07745 Jena Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

Akkommodationsamplitude und MyopieprogressionMyopie als Folge hoher Beanspruchung bei Naharbeit

16. DAKg expertentagung

Köln 2015:Myopie und

Myopieprogression

• Die Kurzsichtigkeit stellt in den indus-trialisierten Ländern Europas, Amerikas und Asiens die wohl häufigste Abnormalität in der Entwicklung des Auges in der Jugend dar und ist in 80 % der Fälle die Folge einer Verlängerung des Augapfels: pro Millimeter Längenwachstum wird das Auge um etwa 2,7 Dioptrien kurzsichtiger. Höhere Myo pien (ab ca. 6 Dioptrien) gehen einher mit einem er-höhten Risiko einer Netzhautablösung, aber auch Glaukom und Katarakt nehmen bei hö-herer Myopie zu.

Die Veränderung des Augapfels und die damit einhergehende fehlerhafte Fokussierung der Lichtstrahlen vor oder hinter der Netzhaut kann mittels Brillengläser, Kontaktlinsen, re-fraktiver Chirurgie korrigiert werden. Die am häufigsten verwendete Korrektionsmöglich-keit stellt dabei mit 74 % die Brille dar, gefolgt

von Kontaktlinsen (22 %) und der refraktiven Chirurgie (4 %).

Als Korrektionsmittel der Wahl für den Aus-gleich von Refraktionsfehlern hat die Brille so-mit ein hohes Potenzial für die Beeinflussung der Progression der juvenilen Myopie, und es wurden unterschiedliche Strategien entwi-ckelt, um mittels unterschiedlicher Brillen-glasdesigns die aus der Grund lagenforschung bekannten Einflüsse auf die Myopieprogres-sion zu eliminieren. Um zum Beispiel die Akkommodation beim Blick in die Nähe zu unterstützen, wurden bifokale wie auch mul-tifokale Brillengläser in großen Probandenko-horten untersucht. Dabei soll die sogenannte Unterakkommodation (Lag of Accommoda-tion), die häufig bei myopen Kindern beob-achtet wird und ein poten zielles Fehlersignal für das Augenwachstum darstellt, reduziert

bzw. eliminiert werden. Eine weitere Theorie beruht auf der durch Naharbeit induzierten transienten Myopie (NITM = nearwork indu-ced transient myopia), wobei durch langes Sehen in der Nähe beim nachfolgenden Blick in die Ferne das Auge kurzzeitig myopisiert wird. Auch dieser Fehler solch durch die mittels bifokalen oder multifokalen Brillen-gläser induzierte Addition reduziert werden. Wissenschaftliche Untersuchungen konnten jedoch nur einen geringen Effekt dieser Bril-lengläser auf die Progression der juvenilen Myopie feststellen. Eine Metaanalyse von 7 Studien, bei denen Mehrstärken-Brillengläser (multifokale und bifokale Brillengläser mit Additionen von 1,5–2,0 D) verwendet wur-den, zeigte eine um 0,16 D (95 %-Konfidenz-intervall [KI] 0,07–0,25) geringere Progression der Myopie bei 633 Trägern von multifokalen Brillengläser im Vergleich zu Trägern von Ein-

Stellenwert der Brille bei Korrektur und Kontrolle der Myopieunterschiedliche Strategien mit unterschiedlich Designs der Gläser

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Aktuelle KontAKtologie10 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

stärkenbrillengläsern nach einem Jahr. Ein Unterschied zwischen bifokalen und multifokalen Brillengläsern konnte nicht nachgewiesen

werden (Progression Gleit-sicht: 0,17 D; 95%-KI 0,10–

0,24; Progression Bifokal: 0,16 D, 95%-KI 0,01–0,32). Ein möglicher Grund

für den nur geringen beobachteten Effekte auf die Progression der zentralen Kurzsich-tigkeit könnte in der gewählten Additionen liegen. So konnte zum Beispiel gezeigt wer-den, dass die Addition für eine Entfernung von 33 cm unterschiedlich für Erwachsene und Kinder ist. Weiterhin kann nicht aus-geschlossen werden, dass die Kinder für die unterschiedlichen, alltäglichen Sehaufgaben nicht den Progressionkanal (Nahzone beim Bifokalglas) nutzen. Gruppenanalysen ha-ben außerdem gezeigt, dass die Verwendung von Multifokalbrillengläsern bei Kindern mit Esophorie besonders wirksam sind. Da diese Brillengläser eine Exophorie induzieren, wur-den durch Jiang, Bussa, Tea und Seger ein 3D -Prisma benutzt, um die okkulomotrische Antwort auszugleichen – die resultierende Addition für eine Entfernung von 33 cm wä-re nur noch 0,2 D – ob diese Addition einen Einfluss auf die Myopieprogression hat, bleibt fragwürdig.

Aus Versuchen an Tiermodellen ist bekannt, dass eine induzierte Myopie mittels Plus-gläsern (gleich der Unterkorrektion einer My-opie) zu der Entwicklung von Weitsichtigkeit führt. Daher wurde in Studien untersucht, ob sich eine Unterkorrektion der zentralen Myopie positiv auf die Refraktionsentwick-lung auswirkt. Zwei Studien mit insgesamt 142 Probanden untersuchten, wie sich ei-ne randomisierte Unterkorrektion von 0,50 –0,75 D im Vergleich zur Vollkorrektion auf die Progression der Myopie auswirkte. Die Auswertung nach einem Jahr zeigt, dass die mittlere Progression bei 72 Kinder um -0,15 D (95%-KI zwischen -0,29 und 0,00) höher war als bei der Vergleichsgruppe. Bei der Interven-tion über zwei Jahre, berichteten Chung und Kollegen eine um -0,23 D höhere Progression (95%-KI zwischen -0,50 und 0,04). In den relativ kleinen Kohorten konnte somit kein positiver Effekt dieser Behandlung bestätigt werden – im Gegenteil, die Progression stei-gerte sich sogar. Im Gegensatz zur Unterkor-rektion wurde der Effekt von Monovision in einer Probandengruppe von 13 Kinder unter-sucht. Dabei wurden die dominanten Augen der Kinder für die Ferne und die nicht nicht-dominanten Augen für die Nähe korrigiert (refraktiver Unterschied: 2 D). Die Progression der Myopie im nah-korrigierten Auge war si-gnifikant kleiner als im fern-korrigierten Au-

ge (inter-eye Differenz: 0,36 D/Jahr bei n=13 Kindern). Li und Kollegen haben außerdem untersucht, ob das Tragen keiner Brille einen Einfluss auf die Progression der Myopie hat – in einer Probandengruppe von 67 Kindern (9–12 Jahre, Refraktion zwischen -0,50 und -3,50 D) konnte jedoch kein Unterschied in der Progression zwischen den Kindern fest-gestellt werden, die eine bzw. keine Brille getragen haben.

In einigen Studien konnte ein positiver Effekt von bifokalen bzw. multifokalen Brillenglä-sern auf die Progression der Myopie im Ver-gleich zur Korrektion mit Einstärkenbrillen-gläsern festgestellt werden. Der Effekt von Bifokalbrillengläsern bzw. Gleitsichtsicht-gläsern ist dabei zwar teilweise statistisch signifikant, aber die klinische Relevanz für die Progression der Myopie ist nicht immer gegeben. Eine kombinierte Intervention von multifokalen Brillengläsern ist dagegen viel-versprechender und wurde bereits in klini-schen Studien getestet.

Dr. sc. hum. Arne Ohlendorf, Carl Zeiss Visi-on International GmbH, Optometrist, Vision Scientist, Team Manager Visual Optics Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

16. DAKg expertentagung Köln 2015:Myopie und Myopieprogression

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Aktuelle KontAKtologie 11AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

• Analysiert man das Sehverhalten unter den heutigen, täglichen Gegebenheiten, so spie-len maßgeblich digitale Medien mit ihren be-sonderen, technischen Merkmalen, visuellen Anforderungen und körperlichen Belastun-gen eine wichtige Rolle. Es können mittler-weile Zusammenhänge mit der Entwicklung von Kurzsichtigkeiten unter den speziellen Sehanforderungen, welche z. B. Smartphones erfordern, dargestellt werden. Spezielle Kon-taktlinsen (KL) können die visuelle Belastung durch die neuen Sehanforderungen reduzie-ren.

Bereits 2/3 der Arbeitsplätze sind heute fast ausschließlich Computerarbeitsplätze, die mit besonderen Sehanforderung uns Augenopti-kern/Optometristen in unserer alltäglichen Praxis wohl bekannt sind.

Was passiert nach der Arbeit oder der Schule? Beobachten Sie einmal bewusst z. B. eine wartende Menschenmenge am Bahnsteig.Es stechen eher die Personen hervor, welche eben nicht das Smartphone zum Zeitvertreib nutzen. Der klassische Zeitungsleser hingegen hat eine deutlich entspanntere Lesedistanz aufgrund höherer Schriftgröße. Denn trotz Retinadisplays müssen Smartphones näher ans Auge gehalten werden, um die Schrift zu erkennen oder Texte zu überblicken.

Die dazu nötige Haltung wird heute schon von Orthopäden als Volkskrankheit „Smart-phone-Nacken“ bezeichnet. Der Ausdruck Volkskrankheit zeigt bereits, wie dominant das Smartphone in unsere Gesellschaft ein-gebunden ist und bei jungen Menschen schon von Social-Media-Sucht gesprochen wird. Nach einer von Swisscom bei GDI (Gott-lieb Duttweiler Institute for Economic and Social Studies) beauftragten Studie zeigt sich klar, wie sich Vernetzung weiter ent-wickeln wird oder bereits entwickelt hat. „Früher hat sich einmal pro Abend mit den Hauptnachrichten das Medienfenster in die Welt geöffnet. Heute fließen Meldungen, Informationen und Unterhaltungen un-ausgesetzt und vielarmig in den Digitalen Stream. Sonderbare Dinge wie Testbild oder Sendeschluss kennen junge Mediennutzer nicht mehr. Früher gab es einen Zustand, dann kam eine Veränderung, dann ein neuer Zustand. Jetzt ist Veränderung der Zustand. [ … ] Always on ist die Grundlage der neuen Lebensweise, die „ONLINE SEIN“ heißt. (Quelle GDI, Die Zukunft der vernetzten Gesellschaft, Seite 8 ff, 2014)

Visuelle Belastung und progressive Myopie

Veränderte Anforderungen an das natür-liche Sehen, welches sich eigentlich durch seine z. B. Fixationswechsel zwischen Fer-ne und Nähe oder stetigen Versionen des Augenpaares darstellt, sind beim Sehen am Display gefordert. Sehen am Display kann als statisches, monotones Sehverhalten mit marginalen Fixationswechseln bezeichnet werden.

Dauernde visuelle Nahbelastung wird Ihnen sicher häufig durch Symptome wie asthenopische Beschwerden, Augenbrennen, tränende rote Augen etc. dargestellt. Dies ist schon lange kein Thema mehr, welches nur Presby-ope betrifft, sondern auch junge Menschen. Im be-sonderen Kontext wird sta-tisches Sehen auch mit hoher Signifikanz zur Myopieprogressi-on dargestellt.

Digitale Medien wie Smartphone oder Tablet sind omnipräsent bei Jugendlichen und auch Kindern und längst alltägliche Be-gleiter unter reger Nutzung. Sehen am klei-nen Display des Smartphones erfordert al-lerdings höchste Ansprüche an das visuelle System durch verkürzte Leseabstände. Um

Besondere visuelle AnforderungenDigitaler Sehstress und progressive Myopie in Verbindung mit Kontaktlinsen

Abb. 2Abb. 1

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Köln 2015:Myopie und

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Aktuelle KontAKtologie12 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

die technisch nötige Auflösung in diesen kurzen Abständen darzubieten, offerieren Smartphone- oder Tabletherstellern soge-nannte Retina-Displays. Diese erlauben ge-ringe Leseabstände mit trotzdem höchster Informationsflut auf den kleinen Displays.

Statisch monotones Sehen in kurzen Ab-ständen und über lange Zeiträum wird mit hoher Prävalenz als Verursacher progressi-ver Myopie diskutiert. Mit gesteigertem Ak-kommodationsaufwand wird der Akkommo-dationserfolg auf der peripheren Netzhaut geringer. Positive sphärische Aberration wird bei konvexeren optischen Medien aus-geprägter und sorgt für hyperope, periphere Netzhautbilder. Dieser Defokus wird signifi-kant mit progressiver Myopie in Zusammen-hang gestellt.

progressive Myopie – gibt es Ansätze zur Dämpfung?

Unter fast epidemischen Steigerungen von Kurzsichtigkeiten bei Kindern werden z. B. in China recht rabiate Mittel zu de-ren Dämpfung eingesetzt. Eine Stange am Tisch des Schülers soll kürzere als nötige Leseabstände gar nicht erst ermöglichen. Solche mechanischen Ansätze bei Smart-phones würden wohl deren Absatz erheblich minimieren. Das Smartphone dauerhaft zu verbieten, wird wohl in unserer Gesellschaft mit den prognostizierten, gesteigertem di-gitalen Vernetzen nicht auszudenken sein.

Neben Maßnahmen wie Tageslicht oder Ein-flüsse von Orthokeratologie auf Augenlänge

und geringere hyperope Abbildung auf der Retina soll in Folge ein Ansatz mit multifo-kalen Linsen diskutiert werden.

Akkommodationsunterstützende Kontaktlinsen und progressive Myopie

Eine akkommodationsunterstützende KL hat die Aufgabe, einen möglichst ungestörten Seheindruck in der Ferne zu präsentieren und den Akkommodationsaufwand zu ver-ringern. Des Weiteren soll sich die KL gut verträglich in das Augenmilieu einbinden und nachhaltig sichere Versorgungen er-möglichen. Galifa hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein Instrument zur Minimierung nahstressbedingter Einflüsse auf die Myo-pieprogression anzubieten.

Aufbauend auf den bewährten Galifa Kom-fort-Geometrien MODULA L stellen wir ein akkommodationsunterstützendes KL-De-sign vor. Modula L Scalia wirkt durch ihre konzentrischen Fern,-und Nahteilsegmente beim Blick geradeaus ohne Einfluss auf den Fernvisus, bietet aber nach einer definierten Fernzone eine langsam steigende Addition in der Peripherie an. Damit wird negative sphärische Aberration mit hyperopem, reti-nalen Defokus reduziert.

Ideale Anpassungen sind durch gut glei-tende KL auf dem Auge dargestellt . Diese Bewegung wird in ihrer Dynamik durch die Lider beeinflusst. Ideal bei konzentrisch auf-gebauten multifokalen KL ist ein Abstützen (Alternieren) der KL an der Unterlidkante

um vor der Pupille die Nahzone anzubie-ten. Die Lesehaltung beim Betrachten des Smartphone verschiebt den Sitz der KL nach oben und der Linsenträger wird durch das periphere Nahsegment unterstützt. Der Ak-kommodationsaufwand gemildert.

Nachhaltige KL-Anpassungen

Stabile KL ermöglichen eine dauerhaft, ge-sunde KL-Versorgungen. Vorteile wie gute Sauerstoffversorgung durch besten Trä-nenaustausch zeigen sich in der täglichen Praxis. Diskomfort stabiler KL kann durch große, grenzlimbal angepasste Linsen kon-trolliert werden. Wird bei grenzlimbalen KL der für eine ideale Verträglichkeit nö-tige Tränenaustausch durch das Galifa ATE Design gefördert, sind langfristig gesunde, nachhaltige KL-Versorgungen möglich. Durch regelmäßige Kontrollen und z. B. jähr-lich avisierten KL-Wechsel begleitet man die Anpassung aktiv.

Mit Lens and Life rundet Galifa den Anpass-erfolg mit einem Partnerkonzept ab, wel-ches das Anpassrisiko im Zuge der Anpass,-und Tragephase der KL minimiert und Kunde und Anpasser ein lukratives Paket rund um das Tragen von KL zur möglichen Dämpfung der Myopieprogression anbietet.

Autor: Dirk Seidel, Galifa Contactlinsen AG, Staatl. Geprüfter Augenoptiker u. Augenop-tikmeister Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

• Nach der Einführung mehrerer Silikon-hydrogele seit 1999 gibt es nun noch ein-mal eine neue Generation. Da stellt sich die Frage, was können wir hier noch zusätzlich erwarten? Wenn wir uns die Verteilung der Kontaktlinsen(KL)-Materialien weltweit an-schauen, haben die Silikonhydrogele schon einen Anteil von 68 % des Kontaktlinsen-Marktes eingenommen, den Rest teilen sich

27 % Hydrogele und nur 8 % RGP inklusi-ve Hybrid-Linsen. Als die ersten Silikon- Hydrogele 1999 auf den Markt kamen, dachten viele: Jetzt revolutionieren wir den Kontaktlinsenmarkt in Deutschland. Wir werden große Anteile an KL-Trägern hinzu gewinnen und die Drop-out Rate wird deut-lich sinken. Man ging davon aus, dass die hohe Sauerstoffdurchlässigkeit die meisten

Probleme beseitigt und sich die Verträglich-keit „ganz automatisch“ einstellen würde. Nach 15 Jahren sehen wir allerdings, dass sich der KL-Trägeranteil in Deutschland leider nicht verändert hat, er liegt immer noch bei 5–6 %. Sauerstoffdurchlässigkeit allein ist kein Garant für einen hohen und vor allen Dingen langen Tragekomfort einer KL über den gesamten Tag hinweg. Mit der

Eine neue Silikonhydrogel GenerationWas können wir erwarten?

Aktuelle KontAKtologie 13AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

16. DAKg expertentagung

Köln 2015:Myopie und

Myopieprogression

Einführung der Silikon-Hydrogele kamen nicht positive Aspekte der Kombination Si-likon und Hydrogel zum Vorschein, sondern auch Herausforderungen, wie der sehr viel höhere Modulus oder die eingeschränkten Oberflächeneigenschaften, beide bedingt durch die Silikonkomponente. Es gab bei der Herstellung die Regel: Je höher man den Anteil an Silikon wählte, desto geringer war der Hydrogel- und Wassergehalt in der KL und desto höher war auch die „Steifig-keit“ oder Modulus des Materials. Vor den Silikonhydrogelen kannte man die Eigen-schaft Modulus bei Weichlinsen gar nicht. Die neuen Weichlinsen waren wesentlich steifer auf dem Auge und ließen den Spon-tankomfort gegenüber den üblichen Hyd-rogellinsen deutlich schlechter werden. Die Ablagerungsart auf den Linsenoberflächen verlagerte sich von mehr Proteinen zu mehr Lipiden auf der – auch wieder bedingt durch

den hydrophoben Silikonanteil im Material. Sie lassen die Oberfläche während des KL-Tragens abtrocknen und unangenehm wer-den. Die Langzeitverträglichkeit am Tag ist für sehr viele KL-Träger immer noch nicht gegeben.

In den vergangenen Jahren hat die Indus-trie schon viel getan, um dieses Problem zu lösen. Für eine bessere Verträglichkeit der Kontaktlinsen wurden interne Benetzer in die Silikon-Hydrogele oder Benetzer in die Blisterlösungen integriert. Seit 2010 gab es eine Welle von All in One Solutions, die plötzlich alle Benetzer, wie z. B. Hyaluron enthielten – alle aus dem Grund, die Ober-flächenabtrocknung zu verhindern und eine Verträglichkeit der Linsen für den gesamten Tag zu gewährleisten. Auch die Wasserstoff-peroxide haben seit Januar dieses Jahres Benetzer in ihrer Formel.

Was können wir von einer neuen Silikon-hydrogel Generation zusätzlich erwarten? Diese neue Generation kommt mit einer neuen, sehr effektiven Herstellungs-Tech-nologie auf den Markt. Das Cast Moulding gliedert sich in zwei Phasen. Die erste Phase besteht aus einer besonderen Auswahl von Silikonmolekülen und deren Polymerisa tion. Früher wurden für die Silikonhydrogele kurzkettige Silikonmoleküle verwendet. Der Vorteil: sehr hohe Sauerstoffdurchlässigkeit. Der Nachteil: ein sehr steifes Material. Bei der neuen Technologie verwendet man ne-ben kurzkettigen Molekülen auch langket-tige Silikonmoleküle, die das Material weich und elastisch machen. In dieser Kombinati-on erreicht das Material einen Dk/t-Wert von 163 und einen geringen Modulus von 0,70 mP∙s und ist ideal für eine gute Ver-träglichkeit während des gesamten Tages.

Die zweite Phase der Herstellung ist noch spannender und lässt es sehr logisch er-scheinen, dass diese neue Silikonhydrogel Generation höchste Verträglichkeit wäh-rend der gesamten Tragedauer bieten kann. In der zweiten Phase des Mouldings wird das Polymer Polyvinylporrolidone (PVP) mit der Silikonmatrix verbunden. Das PVP kennt man als benetzendes und wasserspeichern-des Polymer. Es wird als Hilfsstoff bei vielen Produkten der pharmazeutischen Industrie verwendet, wie z. B. in Augentropfen zur Nachbenetzung. Auch in der Kontaktoptik kennen wir das Polyvinylporrolidone als internen Benetzer von Kontaktlinsen. Bei diesen Materialkombinationen wird das Po-lyvinylporrolidone während der Herstellung fertig polmerisiert in die Silikonmatrix ein-gesetzt (Abb. A) Bei der neuen Technologie „wächst” das PVP um die Silikonmatrix her-um, so dass hydrophobe Stellen auf der Kon-taktlinsenoberfläche weitgehend vermieden

werden können (Abb. B) Bei diesem Vorgang wird 4-mal mehr PVP verwendet als bei an-deren Materialkombinationen. Zusammen-gefasst heißt das, die Silikonmatrix wird während der Herstellung vom PVP-Polymer „ummantelt“; so kann die Feuchtig-keit in der Kontaktlinse gehalten werden und die Oberfläche bleibt stetig benetzbar. Wie gut benetzbar die Mate-rialoberfläche ist, zeigt eine Studie bei der die Ab-lagerungen nach 30 Tagen Anwendung im Tagestrage-modus auf der Oberfläche be-obachtet wurde. Bei 92,6 % der Kontaktlinsen wurden wenig bis gar keine Ablagerungen festgestellt [1].

Einen weiteren Fortschritt sieht man an der Randgestaltung der Kontaktlinse. Die mittlere Peripherie würde dünner gestaltet, damit der Rand die Steifigkeit auf dem Auge verliert. Das trägt zu einem höheren Kom-fort bei ohne eine gute Handhabung und die Reißfestigkeit zu beeinflussen.

Mit dieser außergewöhnlichen Material-kombination, Herstellungsweise und Be-netzungsleistung kann die neue Silikonhy-drogel Generation endlich den erhofften langen Tragekomfort während des gesam-ten Tages erfüllen. Die neue Herstellungsart nennt sich Moisture SealTM Technologie, die Kontaktlinse heißt Bausch+Lomb Ult-raTM und wird in 2016 in Europa einge-führt. In den USA ist sie seit einem Jahr bereits mit großem Erfolg am Markt.

1 this was based on a 3 month fDA study where

patients wore Bausch + lomb UltRAtM contact

lenses for on a daily wear basis for 30 days before

replacing their lenses. lenses were evaluated every

30 days. ECP ratings of deposition, at slit lamp, after

one month of wear using Biotrue® multi-purpose

solution

Sabine Strübing, MSc Master of Science in Clinical Optometry, EyeCare & Correction Consulting Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

Aktuelle KontAKtologie14 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• Es gibt viele wissenschaftliche Studien zum Einfluss von Ortho-K Linsen auf die Myopieprogression, bei denen man festge-

stellt hat, dass bei den Ortho-K Trä-gern im Vergleich zur Kontroll-

gruppe das axiale Wachstum der Baulänge des Auges bis zu 50 % gehemmt wurde. Vergleichbare Ergebnisse erzielt man ebenso mit

Multifokallinsen im Cen-ter-Distance-Design.

So lassen sich konkrete Fälle vorstellen, bei denen sleep&see Ortho-K

Linsen von Techno-Lens mit großem Erfolg getragen werden und die Myopie auch nach vielen Jahren sehr stabil geblieben ist.

Hier vier solcher Fallbeispiele:

1. Fallbeispiel Timo:• Timo, geb. 1993• mit 12 Jahren die erste Brille ca. -1,00 dpt• mit 14 J. -3,00 dpt• beide Elternteile myop (Vater ca. -7,00) • 07/2007 OK-Linsen

• Myopiezunahme in 8 Jahren R:-0,75 /L:–0,25

Da auch mit aufgesetzten Kontaktlinsen je-derzeit Vollkorrektur vorhanden ist, können wir uns die Veränderung der Myopie aus den Linsendaten berechnen:

Myopie (dpt) = r0 (dpt) – r2 (dpt) + 0,75 (dpt)

Die zentrale Rückflächenzone r0 berechnet sich aus dem flachen Hornhautmeridian, der um den Betrag der Kurzsichtigkeit und einem Korrekturfaktor, dem sogenannten Jessen-Faktor, flacher gemacht wird. Die periphere Auflagezone setzt sich aus dem flachen Hornhautmedidian und der Exzent-ritität in 30° zusammen.

2. Fallbeispiel Jonathan:• Jonatan, geb. 2004• mit 9 Jahren R: -2,00 -0,50 0° L: -1,75 -0,50 165• bisher keine Korrektur• Vater myop > -8,00 dpt, Hartlinsen• seit 2013 OK-Linsen

• Myopiezunahme in 2 Jahren: R/L: 0,00 dpt

3. Fallbeispiel Paula:• Paula, geb. 1998• mit 12 Jahren R: -3,25 dpt L: -3,00 dpt• Eltern myop • Bisher Brille, unterkorrigiert R/L -2,00 dpt=> kontraproduktiv• seit 2010 OK-Linsen• Myopiezunahme in 4 Jahren: R/L: 0,00dpt

4. Fallbeispiel Laura:• Laura, geb. 1996 (ältere Schwester von Paula)• mit 14 Jahren R/L: -1,75 dpt• Eltern myop • 07/2010 OK-Linsen angepasst• Abbruch wegen Handhabungsproblematik• 2 ½ Jahre Handlingstraining • 2013 Neustart Ortho-K R/L -2,25 dpt• Myopiezunahme in 2 Jahren: R/L: 0,00dpt

Im Fall von Laura sehen wir, welch große Rolle die Motivation spielt. Sie wollte wie ihre jüngere Schwester Paula Nachtlinsen tragen und war hoch motiviert. Der Neustart nach 2 ½ Jahren war für das Kind ein riesen Erfolgserlebnis.

Ortho-K kann einer eventuellen Zunahme der Kurzsichtigkeit entgegenwirken.

Darüber hinaus bietet Orthokeratologie vie-le weitere Vorteile für Kinder: es wird gene-rell keine Brille mehr benötigt, das Linsen-management liegt in der Obhut der Eltern, es ist eine sichere und bequeme Korrektur und kein Kind möchte diese Kontaktlinsen jemals mehr missen.

Alexandra Steinlein Staatl. Gepr. Augenoptikerin und Augen-optikmeisterin, TECHNO-LENS Deutschland GmbH, Schleißheimer Str. 267, 80809 München

Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

Myopiekontrolle mittels Orthokeratologie bei KindernFallbeispiele aus der praxis

Abbildung

16. DAKg expertentagung Köln 2015:Myopie und Myopieprogression

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Aktuelle KontAKtologie 15AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

• Das Ressort Sportophthalmologie des BVA gratuliert seinem Mitstreiter über Jahrzehnte, Dr. Axel Bolsinger (Bendorf), zur Ehrung mit der höchsten Auszeichnung der internationalen Paralympischen Bewegung, dem Paralympischen Orden, durch das IPC (International Paralympic Committee) herz-lich. Seine hohen Verdienste um den Sport von Blinden und Sehbehinderten finden durch diese Ehrung ihre Anerkennung und verdiente Würdigung.

Das Ressort bedankt sich bei dem Geehrten aus diesem Anlass auch für die viele Mühe und Arbeit, die Opferung von Freizeit und den Einsatz persönlicher Mittel für die Ar-beit im Ressort und weit darüber hinaus.

Auszüge aus dem Wortlaut der Veröffentlichung der Ehrung

3. November 2015

Der paralympische Orden ist die weltweit höchste Auszeichnung im Behindertensport. Der Orden wird in Würdigung außerge-wöhnlicher und langdauernder Verdienste um die Paralympischen Spiele und die Para-lympische Bewegung verliehen. Die Ehrung besteht seit 1994, wurde alle zwei Jahre insgesamt etwa 100-mal verliehen, davon bisher zweimal weltweit an Ärzte und fünf-mal an Deutsche. Alle zwei Jahre werden die 162 nationalen Paralympischen Komitees aufgerufen, Vorschläge für die Verleihung des paralympischen Ordens einzureichen.

In diesem Jahr wurden 18 Kandidaten be-nannt.

Drei Personen weltweit wurde dann der Paralympische Orden zuerkannt: Sylvana Mestre (Spanien), der ehemaligen Vorsit-zenden des IPC Ski Alpin Sport Technical Committee (STC); Georgios Fountoulakis, Präsident des Hellenischen Paralympischen Komitees und Dr. Axel Bolsinger, Augenarzt, Berater und Klassifizierer des deutschen Nationalen Paralympischen Komitees (NPC).

Die Verleihung fand in Mexico City am 14. November 2015 statt.

Laudatio

Dr. Bolsinger hat den Standard, die Qualität und Transparenz in der visuellen Klassifizie-rung verbessert und wurde ein starker Be-fürworter für Fair-Play im Paralympischen Sport. Er legte großen Wert auf die Verbes-serung der wissenschaftlichen Analyse, der medizinisch-technischen Ausstattung und der Anweisungen für die Klassifizierung sowie die Ausbildung der Klassifizierer der blinden und sehbehinderten Sportler.

Zwischen 1996 und 2011 war er der füh-rende Augenarzt und Mitglied der Medizi-nischen Kommission der NPC Deutschland.

Bolsinger war mehr als zwei Jahrzehnte lang Gutachter und Berater für das Nati-onale Paralympische Komitee Deutschland.

Als Augenarzt hat er für den Behinder-tensportverband die Chefklassifizierungen der Blindensportler geleitet. In Sportarten wie nordischer und alpiner Skilauf, Reiten, Leichtathletik, Paracycling, Goalball, Judo sowie Schwimmen war er stets der medi-zinische Fachmann und als dieser auch bei den Paralympischen Spielen vertreten. Dr. Bolsinger nahm als VI-Klassifizierer in Syd-ney 2000, Salt Lake City 2002, Athen 2004, Turin 2006 und Beijing 2008 an Paralympi-schen Spielen teil.

Zudem war der Facharzt für Augenheilkun-de zehn Jahre lang medizinischer Direktor Europa der International Blind Sports Fede-ration (IBSA). Mit seinen Forschungen hat er einen erheblichen Beitrag zur Fairness sowie vor allem zur Professionalisierung des Behindertensports im Allgemeinen und des Blindensports im Speziellen geleistet. Dabei hat er zum Fortschritt der medizin-technischen Ausstattung im Blindensport beigetragen. Seine Expertise zu den Klas-sifizierungen hat er in weltweiten Meetings und Seminaren weitergegeben und so qua-lifiziertes Personal ausgebildet. Forschungs-ergebnisse hat er in wissenschaftlicher Lite-ratur und auf Kongressen weitervermittelt und zum Verständnis des Paralympischen Sports beigetragen. Damit hat der Ben-dorfer (Rheinland-Pfalz) neue Maßstäbe in der Klassifizierung im Blindensport gesetzt.

Autor: Dr. Dieter Schnell Leiter des ressorts Sportophthalmologie des BVA

Dr. Axel Bolsinger erhält hohe Auszeichnungparalympischer Orden für Verdienste um den Blinden- und Sehbehindertensport

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Aktuelle KontAKtologie16 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• Kinder und Jugendliche stellen eine Ziel-gruppe dar, die im Hinblick auf Kontaktlinsen bis dato viel zu wenig beachtet wurde. Dabei sind gerade sie hervorragende potenzielle Neu-kunden, die uns nach erfolgreicher Anpassung ihr Leben lang treu bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen ist es von enormer Bedeutung, dass eine Vertrauensbeziehung zwischen Ihnen als Anpasser, dem Kind/Jugendlichen und deren Eltern aufgebaut wird. Zusätzlich ist es er-forderlich, die Kontaktlinsen-Anpassung mit Serviceangeboten zu ergänzen.

1. Kinder und Jugendliche: eine Zielgruppe mit hohem potenzial

1.1 Zahlreiche Vorteile durch das Tragen von Kontaktlinsen

Brillen sind bei vielen Freizeitbeschäftigun-gen unpraktisch und störend: Sie können herunterfallen und kaputtgehen, sie kön-nen beschlagen, Fassungen schränken das Blickfeld ein, unter Helmen sind Brillen hin-derlich und bei einigen Sportarten ist das Tragen von Brillen nicht zulässig.

Kontaktlinsen geben ein Gefühl der Freiheit – in der Schule, in der Ausbildung, in der Freizeit und beim Sport. Insbesondere wenn Kinder draußen spielen und Sport treiben, haben sie durch das Tragen von Kontakt-linsen zahlreiche Vorteile: Sie erleben ein natürlicheres Sehen und eine höhere Seh-qualität.

Des Weiteren unterstreichen Kontaktlinsen die natürliche, persönliche Ausstrahlung und verbessern die Selbstwahrnehmung, die auch mit dem sozialen Verhalten und dem Beziehungserfolg in Zusammenhang steht. Kinder, die ihre Brille ungern tragen, neh-men sie in der Schule öfter ab. Mit Kontakt-linsen haben sie ein dauerhaft klares Bild, was zu höheren schulischen Erfolgen führt (Walline et al. 2009).

1.2 Vorteile für myope Kinder und Jugendliche

Kinder, die Kontaktlinsen tragen, werden aufgeschlossener und aktiver und verbrin-gen ihre Freizeit öfter draußen. Der Aufent-

halt im Freien senkt das Risiko, eine Myopie zu entwickeln, signifikant, wie Studien dar-stellen [2,7]. Weitere Studien zeigen, dass Kinder, die myop wurden, bereits 3 Jahre vor Auftreten der Myopie deutlich weniger Stunden im Freien verbracht haben als Kin-der, die keine Myopie entwickelten [3].

Erklärt werden könnte dieses Phänomen durch eine vermehrte Dopaminfreisetzung aus der Retina. Außerdem werden im Frei-en andere Sehaufgaben eingesetzt als im Raum: Selten wird gelesen, und für die meisten Aktivitäten braucht es keine Ak-kommodation. Darüber hinaus wird ver-mutet, dass ein höherer Vitamin-D-Level, entstanden durch vermehrte Sonnenein-strahlung, einen positiven Einfluss auf die Myopieentwicklung hat. Dieser Level ist bei Myopen 20 % geringer als bei Emmetropen bzw. Hyperopen [5]. Mutti stellt zudem die Hypothese auf, dass ein höherer Vitamin-D-Anteil die Muskelfunktionen, insbesondere die Funktion des Ziliarmuskels, erhöht.

2–3 Stunden pro Tag im Freien verlang-samen die Myopieprogression, auch wenn

Gutes Sehen, aktives LebenErfolgreiche Versorgung von Kindern und Jugendlichen

mit formstabilen grenzlimbalen Kontaktlinsen

Abb. 1: SSV Hochwald Mädchenmannschaften von 8–15 Jahren (5 mit Myopien)

Aktuelle KontAKtologie 17AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

die Eltern myop sind und viel gelesen wird [4].

1.3 Ab wann können Kinder Kontaktlinsen tragen?

Oft stellen sich die Eltern die Frage: „Ist mein Kind wirklich reif genug, Kontaktlinsen zu tragen?“ Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Studien belegen, dass Kinder ab 8 Jahren Kontaktlinsen tragen und selbstständig pflegen können. Das Alter ist jedoch kein ausreichender Maßstab. Die El-tern können am besten entscheiden, ob ihre Kinder genügend Verantwortung mitbrin-gen: Räumen sie ihr Zimmer auf? Müssen sie ans Zähneputzen oder Haare kämmen erin-nert werden? Können sie darauf vertrauen, dass ihr Kind die Kontaktlinsen entfernt, wenn sie unkomfortabel sein sollten?

Die häufigsten Motivationsgründe für das Tragen von Kontaktlinsen sind bei Mädchen das Erscheinungsbild und bei Jungen sport-liche Aktivitäten. Wenn das Kind von sich aus motiviert ist, Kontaktlinsen zu tragen, und wenn die Eltern diesen Wunsch unter-stützen, sind dies die besten Voraussetzun-gen dafür, Kontaktlinsen anzupassen.

1.4 Beziehen Sie die Eltern von Anfang an mit ein!

Für den langfristigen Erfolg ist es enorm wichtig, eine Vertrauensbeziehung zu Kind und Eltern aufzubauen. Beziehen Sie aus diesem Grund die Eltern von Anfang an in alle Entscheidungen und Diskussionen mit

ein. Räumen Sie Bedenken aus, wie zum Beispiel die Frage, ob das Kontaktlinsentra-gen für ihr Kind wirklich gesund ist. Sichern Sie zu, dass Handling und Pflege ausgiebig geschult werden. Sprechen Sie über den Verlauf der Anpassung und die entstehen-den Kosten. Erläutern Sie die Möglichkeiten bei Bruch oder Verlust einer Kontaktlinse. Lassen Sie den Eltern gegebenenfalls Be-denkzeit und geben Sie die entsprechenden Informationen schriftlich mit. Nehmen Sie sich Zeit, alle Fragen und Bedenken gleich am Anfang gründlich zu besprechen.

1.5 Streben Sie eine langfristig sichere und gesunde Versorgung an und kombinieren Sie die Anpassung mit Serviceangeboten!

Studien zeigen, dass Kinder im Alter von 8–15 Jahren kein höheres Risiko auf Au-genkomplikationen aufweisen als Jugendli-che oder Erwachsene [1,6,10]. Wesentliche Voraussetzung für eine langfristige gesunde Versorgung jedes einzigartigen Kinderauges ist jedoch die sorgfältige Auswahl und An-passung des geeigneten Kontaktlinsentyps.

Individuelle formstabile und weiche Kon-taktlinsen können exakt auf das Auge des Kindes angepasst werden. Dies ist aufgrund der hohen Parametervielfalt und der präzi-sen Fertigungstechnologie möglich. Mit der Anpassung grenzlimbaler formstabiler Kon-taktlinsen eröffnet sich eine neue Chance zur optimalen langfristigen Versorgung von Kindern und Jugendlichen: hoher Spontan-komfort, optimale Zentrierung und geringes Verlustrisiko dank individueller Fertigung

und Anpassung sind nur einige der Vortei-le. Weitere hervorragende Eigenschaften, insbesondere im Vergleich zu weichen Kon-taktlinsen sind:

. geringeres Infektionsrisiko

. einfache Handhabung und Pflege

. sehr hohe Sauerstoffversorgung aufgrund modernster Materialien und Tränenfilmaus-tausch. sehr gute Abbildungsqualität auch bei hohen Fehlsichtigkeiten und Astigmatismen

Die Anpassung individueller Kontaktlinsen sollte mit Service- oder Versicherungsan-geboten kombiniert werden, sodass auch bei Bruch, Verlust oder Stärkenänderungen für Ersatz gesorgt ist. Regelmässige Nach-kontrollen und der Tausch der Kontaktlin-sen müssen sichergestellt werden, um einen langfristigen Erfolg zu erzielen.

2. Anpassung formstabiler grenzlim-baler Kontaktlinsen am Beispiel der Modula L

Komfort-Size mit Active Tear Exchange (ATE) und eine exzellente Optik – diese Eigenschaften der Modula L ermöglichen insbesondere Kindern und Jugendlichen, Kontaktlinsen-Einsteigern jeden Alters und Umsteigern von Weichlinsen einen enorm hohen Spontankomfort und somit einen idealen Einstieg in das Tragen formstabi-ler Kontaktlinsen. Das grenzlimbale Design führt zu einer besonders hohen Verträglich-keit und zu entspanntem Sehen auf Dauer. Die Anpassung ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

. sehr gute Zentrierung der Kontaktlinse auf der Cornea. gleichmäßige Druckverteilung. optimaler Tränenaustausch und hohe Sau-erstoffversorgung durch ATE-Technologie. sehr gute Abbildung, insbesondere für myope Kinder und Jugendliche. minimale Verlustgefahr, somit für sportli-che Aktivitäten geeignet. Reduktion des Auftretens von 3-9°° Stip-pungen

Wie gehen Sie bei der Anpassung dieser Kontaktlinse vor? Wie sehen das ideale Abb 2: Modula L: Komfort-Design mit ATE Technologie

Aktuelle KontAKtologie18 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

Fluoreszeinbild, die Bewegung und die Zen-trierung der Kontaktlinse aus? Diese Fragen werden im Folgenden beantwortet, denn die ideale Anpassung der Kontaktlinse ist eine wichtige Voraussetzung für den hohen Tragekomfort und den langfristigen Erfolg.

2.1 Geometrie und Durchmesser

Die Geometrie der Modula L, die derzeit rotationssymmetrisch, rücktorisch und bi-torisch erhätlich ist, wird durch zwei Pa-rameter beschrieben: die Basiskurve(n) und den Durchmesser (vgl. Abb 2, Seite 17). In der vollasphärischen Rückfläche befinden sich zwei ringförmige Tränendepots, die den aktiven Tränenaustausch und somit die Ver-sorgung des vorderen Augenabschnitts mit Sauerstoff fördern. Der Durchmesser wird 1 mm kleiner als der horizontale Hornhaut-durchmesser gewählt. Als gute Standard-durchmesser haben sich 10,50 bis 11,00 mm herauskristallisiert.

2.2 Basiskurve(n)

Das vollasphärische Design der Modula L ist für grenzlimbale Anpassungen optimiert. Die Anpassung findet ausschließlich über die Basiskurve und den Durchmesser statt, wobei die Beurteilung des Fluoreszein bildes, der Bewegung und Zentrierung die aus-schlaggebenden Kriterien sind. Idealerweise wird die Kontaktlinse so angepasst, dass sie zentral minimal etwas mehr unterspült wird als außerhalb der Tränendepots. Dadurch wird sie peripher gleichmäßig aufliegen, was zu einer optimalen Zentrierung führt.

Bereits ab ca. 0,25 bis 0,30 mm zentraler und vor allem peripherer Hornhautradien-differenz wird eine rück- bzw. bitorische Kontaktlinse empfohlen, um eine optimale Zentrierung zu erzielen. Die Radien werden horizontal parallel und vertikal ca. 0,05 bis 0,10 mm flacher als der entsprechende Hornhautradius angepasst. Die untenste-hende Abbildung (Abb. 3) zeigt eine Über-sicht der Fluoreszeinbilder diverser Modula

L auf einer Cornea mit ca. 3/10 Hornhaut-astigmatismus.

2.3 Aktiver Tränenaustausch und hohe Sauerstoffversorgung durch ATE-Technologie

ATE (Active Tear Exchange) Technologie: In der Rückfläche der Kontaktlinse befinden sich zwei ringförmige Tränendepots. Dieses Design erhöht die Kapillarkräfte, und da-mit wird der aktive Tränenaustausch, der durch die Bewegung und Rotation stattfin-det, gefördert. Die Sauerstoffversorgung des vorderen Augenabschnittes, die nicht nur für Kinderaugen ein wichtiges Kriterium ist, wird dadurch ebenfalls erhöht.

Die Kontaktlinse bewegt sich idealerwei-se auch nach langen Tragezeiten gleitend. Stellen Sie dies in den Nachkontrollen nach mind. 6–8 Stunden Tragezeit sicher und in-struieren Sie Ihre Kontaktlinsenträger, dass sie selbstständig darauf achten, wie leicht

Abb 3: Cornea mit ca. 3/10 Hornhautastigmatismus. Die Fourieranalyse zeigt den peripher leicht zunehmenden Astigmatismus.

Aktuelle KontAKtologie 19AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

die Kontaktlinse am Abend vom Auge ab-zunehmen ist.

2.4 pflege, Handling und Nutzungs-dauer

Studien belegen, dass Kinder ab 8 Jahren Kontaktlinsen tragen und selbstständig pflegen können. Sie benötigen zum Erler-nen des Handlings und der Pflege kaum länger als Teenager und gehen oft beson-ders sorgfältig und gewissenhaft mit ihren Contactlinsen um [8]. Investieren Sie Zeit, um den Kindern und deren Eltern die Hand-habung und Pflege zu erläutern und geben Sie die Informationen im Anschluss schrift-lich mit – am besten zusammengefasst in einer Handhabungsbroschüre, die explizit für Kinder und Jugendliche verfasst wurde.

Es wird empfohlen, die Modula L im Mate-rial Optimum Extreme anzupassen. Dieses weist einen Dk von 125 und eine sehr gute Benetzung (Benetzungswinkel 6°) auf. Das Material hat aufgrund des höheren DK eine weichere Struktur, wodurch die Nutzungs-dauer auf 12 bis max. 18 Monate beschränkt ist. Bestellen Sie Ihre jungen Kontaktlinsen-träger alle 12 Monate zur Nachkontrolle ein und tauschen Sie die Kontaktlinsen nach dieser Tragezeit aus.

Für die Pflege der Modula L haben sich alko-holhaltige Oberlächenreiniger und weniger visköse Aufbewahrungslösungen bewährt. Jedoch können generell alle am Markt er-hältlichen Pflegemittel verwendet werden – sowohl abrasive Reiniger als auch Reiniger auf Tensidbasis.

Für die Lagerung sollten ausschließlich fla-che Behälter verwendet werden, in denen die Kontaktlinsen frei schwimmen können. In den Behältern, in die die Kontaktlinsen eingeklemmt werden, könnten sie sich durch den Druck in ihrer Form verändern oder brechen.

Das Absetzen der Kontaktlinsen erfolgt in der Regel mit dem Sauger, da sich die grenzlimbal angepassten Kontaktlinsen mit der Blink-Methode nur schwer entfernen lassen und sich durch den Liddruck in ihren Parametern verändern könnten. Bitten Sie

Rotationssymmetrische Rückfläche auf torischer CorneaModula L 7.70 -3.00 10.50- horizontal ideale Auflage- vertikal zu flach- Gefahr des Hoch- bzw. Tiefsitzes

SteilanpassungModula L RT 7.60 / 7.30 10.50- zentral zu stark unterspült- zu starke markante Auflage ausserhalb der

Tränendepots- hohe Gefahr des Fesitzes- physiologisch nicht akzeptabel

ideale AnpassungModula L RT 7.70 / 7.40 10.50- Ideale gleichmäßige Auflage ausserhalb

der Tränendepots- zentral minimal stärker unterspült- In Kombination mit einer guten Bewegung

ideale Anpassung

leichte FlachanpassungModula L RT 7.80 / 7.50 10.50- außerhalb der Tränendepots Auflage, vor allem auf

den Bereich vor dem Bevel begrenzt

- je nach Bewegung, Zentrierung und Befunden bei der Nachkontrolle (Abdrücke?, Veränderungen der Cornea?) ist diese Anpassung tolerabel

FlachanpassungModula L RT 7.90 / 7.60 10.50- außerhalb der Tränendepots keine Auflage

sichtbar

- Gefahr der Dezentration, schwankenden Stabilisation, vermehrt Fremdkörper unter der Kontaktlinse

- eingeschränkter Tragekomfort

- nicht akzeptable Anpassung

Abb. 3: Leitfaden zur Fluoreszeinbildbeurteilung: diverse Modula L auf einer Cornea mit ca. 3/10 Horn-

hautastigmatismus.

Aktuelle KontAKtologie20 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

Ihre Kontaktlinsenträger darauf zu achten, ob sich die Kontaktlinse stets leicht vom Auge löst.

3. Fazit

Die Modula L ist eine formstabile Kontakt-linse, die eine langfristig gesunde Versor-gung von Kindern und Jugendlichen mit Kontaktlinsen ermöglicht. Der hohe Spon-tankomfort, die hervorragende Sehschär-fe und die geringe Verlustgefahr sind nur einige der herausragenden Eigenschaften, die den Einstieg in das Tragen formstabiler Kontaktlinsen für Kinder und Jugendliche vereinfachen.

Sprechen Sie Ihre jungen Brillenträger und deren Eltern aktiv auf die Vorteile von Kon-taktlinsen an. Fragen Sie die Kinder und Jugendlichen nach ihren Lieblingsbeschäf-tigungen, wenn sie bei Ihnen zur Brillen-anpassung im Laden sind und finden Sie heraus, ob sie schon einmal über Kontakt-linsen nachgedacht haben. So können Sie

auch junge Brillenträger und deren Eltern neugierig machen und als neue Kontaktlin-senträger hinzugewinnen.

Quellen:

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Young Soft Contact lens Wearers from the Contact

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[3] Jones-Jordan lA, et al. Visual Activity before and

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ophthalmology & Visual Science 2011 52(3):1841–

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[4] Myopia Prevention and Control (2012). online

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index.html, zuletzt aktualisiert am 24.02.2012, zuletzt

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[5] Mutti Do, Marks AR. Blood levels of Vitamin D in

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contactlensupdate.com/2013/03/27/age-and-

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wearers-a-review/, zuletzt geprüft am 09.12.2013.

[7] Rose KA, Morgan Ig, Ip J. outdoor Activity

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[8] Walline JJ et al. (2007b): Contact lens in

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[9] Walline JJ et al. Randomized trial of the Effect of

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232.

[10] Walline JJ, lorenz, Ko, nichols JJ. long-term

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Contact lens 2013;39(4):283–289.

Nora Bretschneider Dipl.-Ing. (FH) Augenoptik Leitung Galifa professional Service

Beim Spielen draußen haben Kontaktlinsen für Kinder viele Vorteile.

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• Gutes Sehen ist eine wesentliche Vor-aussetzung für sicheren und erfolgreichen Sport – v. a. im Leistungssport. [1-5] Die ständig fortschreitende Dynamisierung z. B. der Sportspiele, die sich in einer Zunahme der (Spiel-)Geschwindigkeit und Erhöhung der (Situations-)Komplexität zeigt, stellt die Spieler vor inzwischen oft grenzwertige Herausforderungen: die Bewältigung von hochkomplexen visumotorischen Koordina-tionsleistungen. Letztere zeigt z. B. der Zu-spieler im Volleyball, der trotz einer kaum noch spielbaren Annahme dennoch seinen Angreifer präzise einzusetzen vermag [6]: „Volleyball ist Schach mit Tempo 200“. [7] Folglich sind vor allem Sportspieler oft „vi-suelle Mehrkämpfer“ [8] und Informations-manager. [6,9]

Gute Seh- und Wahrnehmungsleistung so-wie hohe Aufmerksamkeit sind im Sportspiel unverzichtbar: Beim Handball oder Hockey muss aus den Augenwinkeln wahrgenom-men werden, was Mitspieler und/oder Ge-genspieler gerade tun (ob sie z. B. beim

Tempogegenstoß anspielbar sind oder ob es ggf. doch ein Gegner ist, der plötzlich in der Gesichtsfeldperipherie auftaucht). Beim Tennis oder Beachvolleyball müssen die Sportler möglichst genau vorhersehen

(antizipieren), welchen Weg der Ball nimmt: (Visuelle) Wahrnehmung und Reaktion spie-len in nahezu allen Sportarten, v. a. aber in den Sport- und Rückschlagspielen eine ent-scheidende Rolle. [5]

• Orthokeratologische Kontaktlinsen er-möglichen durch nächtliches Tragen ein Sehen am Tag ohne Korrektur. In Deutsch-land wenig verbreitet, existieren dement-sprechend kaum Erfahrungen mit möglichen Komplikationen. Aus anderen Ländern, ins-besondere dem asiatischen Raum, existieren jedoch kleinere Fallserien zu mikrobiellen Keratitiden, die mit orthokeratologischen Kontaktlinsen assoziiert sind. Dabei nehmen Akanthamöben einen der vorderen Plätze in der Häufigkeit des Erregerspektrums ein [1]. Nebenstehendes Bild zeigt den Aufnahme-befund einer Patientin, die in unserer Horn-hautsprechstunde vorgestellt wurde.

Bei der Patientin war es nach zunächst jah-relangem problemlosen Tragen orthokera-tologischer Kontaktlinsen beim Wechsel des

verwendeten Linsentyps zu einer Keratitis gekommen. Bei der Erstvorstellung in un-serer Klinik bestand bereits ein klassisches Ringinfiltrat, sodass unter hochgradigem klinischen Verdacht auf das Vorliegen ei-

ner Akanthamöben-Infektion sofort mit der spezifischen Therapie bestehend aus Propa-midin (Brolene®), Polyhexanid (PHMB) und Gentamicin begonnen wurde. Der klinische Verdacht bestätigte sich nach fünf Tagen durch eine positive Akanthamöben-PCR. Der Fall unterstreicht, wie wichtig gerade bei orthokeratologischen Linsen regelmä-ßige Hinweise auf die Einhaltung der not-wendigen Hygienemaßnahmen sind. Bei kli-nischem Verdacht auf eine Akanth amöben-Infektion sollte bereits vor Vorliegen eines Antibiogramms mit der spezifischen Thera-pie begonnen werden.

1. Watt Kg, Swarbrick HA. Eye Contact lens

2007;33(6):373–377.

Autor: Dr. Christian girbardt

E-Mail: [email protected]

Sehtest(s) im Sport im rahmen der GesundheitsuntersuchungMöglichkeiten und Grenzen am Beispiel der Hockey-Nationalmannschaften

Einhaltung der Hygiene besonders wichtigAkanthamöben-Keratitis bei orthokeratologischen Kontaktlinsen

Aufnahmebefund (Foto: Uni-Augenklinik Leipzig)

Abb. 1: Visuelles Leistungsprofil – Diagnostik von Fehlsichtigkeiten (Kurz- und Weitsichtigkeit, Horn-

hautverkrümmung u.a.) ergänzt durch eine multifaktorielle visuelle Leistungsanalyse (Bewegungssehen,

blickmotorische Leistung, Tiefen- und Raumsehen, Peripheres Sehen u.a.)

Aktuelle KontAKtologie22 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

Greift man das von Tidow [8] gezeichnete Bild des Sportspielers als „visueller Mehr-kämpfer“ auf, macht es Sinn, bei der visuellen (Leistungs-)Diagnostik (bzw. beim Sehtest im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung) die einzelnen „Disziplinen“ dieses visuellen Mehrkampfes (Sehschärfe, Räumliches Se-hen/Tiefensehen, peripheres Sehen/Gesichts-feld, dynamisches Sehen/Blickmotorische Leistung, Antizipationsleistung u. a.) geson-dert zu analysieren. [5] Derartige (multifak-torielle) visuelle Leistungsprofile – bei denen in Ergänzung zur augenärztlichen (bzw. op-tometrischen) Diagnostik auch sportbezogen bedeutsame Parameter wie das Bewegungs-sehen, das periphere Sehen oder das Tiefen-sehen untersucht werden – werden an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) seit vielen Jahren erhoben und (auch sportartbezogen) analysiert.

Etwa ein Fünftel der Leistungssportler betrei-ben ihren Sport „fehlsichtig“!

Erhebungen in verschiedenen Sportarten zei-gen, dass ca. 20 % der – im Rahmen von vi-suellen Leistungsdiagnostiken untersuchten – Spitzensportler ihren Sport fehlsichtig (d. h. ohne eigentlich erforderliche Sehhilfe oder mit unzureichender Korrektion) ausüben. Diese Sportler müssen in Folge mit einer ad-äquaten Korrektion – in den meisten Sportar-ten mit Kontaktlinsen – ausgestattet werden. [3-5,11] Denn erhebliche Visusminderungen führen selbst beim Vorliegen automatisierter Bewegungsabläufe zu koordinativen und da-mit technomotorischen Verschlechterungen. [2,12-16]

Die oben genannten multifaktoriellen visu-ellen Leistungsanalysen erbrachten unter anderem im Bereich des Bewegungssehens sportartspezifische, geschlechtsspezifische und zum Teil sogar positionsbezogene Be-sonderheiten: So erzielen Rückschlagspieler (z. B. Tennisspieler) eine deutlich bessere blickmotorische Leistungsfähigkeit (sog. sak-kadische Ortungsgeschwindigkeit) als Sport-ler aus den Mannschafts-Sportspielen (z. B. Handball), den Individualsportarten (z. B. Al-pin-Ski, Schwimmen) oder „Nicht-Sportler“. [4,8,17-18]

Dieser Befund wird durch zahlreiche Studien [19-21] gestützt, wonach Volleyball-, Base-

ball-, Tennis- und Badmintonspieler – jeweils im Vergleich zu „Nicht-Sportlern“ – eine bessere blickmotorische Leistung (höhere Ortungsgeschwindigkeiten) erreichen.

Eine geschlechtsspezifische Differenzierung ergibt nach Jendrusch [4] für männliche Sportler in den schnelleren Sportarten (z. B. Tennis, Handball oder Volleyball) deutlich höhere Ortungsgeschwindigkeiten als für weibliche, während bei „Nicht-Sportlern“ – aber auch bei Individualsportler(inne)n wie z. B. Wurfscheibenschütz(inn)en oder Skifahrer(inne)n [22] – kaum Unterschiede auftreten. Diese Geschlechtsspezifik beruht vermutlich darauf, dass – verglichen mit den Damen – die Ball- und Aktionsgeschwin-digkeiten in den genannten Sportarten im Herrenbereich deutlich höher sind und somit möglicherweise als adäquater Trainingsreiz für adaptive Prozesse im Bereich der Blick-motorik fungieren. [4,17,23]

Interessant – und die oben genannten Ergeb-nisse untermauernd – sind hier auch Ergeb-nisse zur blickmotorischen Leistungsfähigkeit von Fußballspielern: So ist spielpositionsbe-zogen die sakkadische Ortungsgeschwindig-keit (d. h. die blickmotorische Leistung) von Bundesliga-Torhütern – vermutlich ebenfalls beanspruchungsinduziert – signifikant höher als die von Bundesliga-Feldspielern. [24]

Allerdings gibt es in Deutschland – neben der RUB – (leider) keine weiteren sportme-dizinischen Einrichtungen, die eine visuelle Leistungsdiagnostik in der oben genannten Komplexität (vgl. Abb. 1) durchführen bzw. mangels Ausstattung durchführen können.

In der Regel werden zur Aufdeckung von Fehlsichtigkeit(en) oder Problemen im visu-ellen Bereich im Rahmen der Gesundheits-untersuchung (wenn überhaupt) einfache Screening-Sehtests (z. B. Visusuntersuchung) eingesetzt.

Sportmedizinische Grunduntersuchungen des DOSB

Erst seit Anfang 2012 gehören (obligatori-sche) Visusuntersuchungen zusätzlich zum Untersuchungsspektrum aller Sportler(innen) von Spielsportarten und können entspre-

chend zur Abrechnung beim DOSB geltend gemacht werden. Dies gilt für die Disziplinen/Sportarten Basketball, Badminton, Eishockey, Handball, Hockey, Rugby, Tischtennis, Was-serball, (Beach-)Volleyball sowie Base- und Softball, Rollhockey, Squash und Radball. Im Mai 2014 hat der DOSB die Visusuntersu-chung auf die Sportarten Boxen und Taek-wondo ausgeweitet. Seitdem können nun im Untersuchungsbogen unter der Rubrik „Zusatzuntersuchungen“ neben den mono-kularen, d. h. einäugigen (Fern-)Visuswerten zusätzlich auch Angaben zu Phorie (Sehach-senstellung; ggf. „Schielstellung“), Stereose-hen und Farbsehen gemacht werden sowie weiterführende Empfehlungen (z. B. die Not-wendigkeit einer Sehhilfe im Sport bzw. einer weiteren augenärztlichen Abklärung) einge-tragen werden. Allerdings nur dann, wenn die Untersuchungseinrichtung über eine entspre-chende gerätetechnische Ausstattung verfügt (und das ist leider nicht selbstverständlich). Die Kostenerstattung liegt bei 15 Euro pro Sehtest.

Auf D- und C/D-Kaderathlet(inn)en-Ebene hat z. B. der LSB NRW – mit Einführung der Datenbank für Leistungssport (DaLiD) – eben-falls 2012 eine Visusuntersuchung in den Kanon der Sportgesundheitsuntersuchungen aufgenommen. Unter „Allgemeinbefund“ können Angaben zum (Fern-)Visus mit (c.c.) und ohne (s.c.) optische(r) Korrektion ange-geben werden. Die Untersuchungszentren wurden mit einer (hochauflösenden) Seh-probentafel ausgestattet. Kriterien für eine weiter(führend)e augenärztliche/augenopti-sche Untersuchung sind ein einäugiger Vi-sus unter 1,00 oder eine deutliche einseitige Visusminderung (große Visusdifferenzen). Empfehlungen, z. B. die Notwendigkeit einer optischen Korrektion oder einer augenärztli-chen Kontrolle, können gegebenenfalls unter „Bemerkungen“ eingetragen werden.

Vor diesem Hintergrund hatte die vorliegende Studie zum Ziel, die Effektivität einfacher Vi-susuntersuchungen (im Sinne o. g. Screening-tests) bei der Diagnose von Fehlsichtigkeiten/visuellen Defiziten im Vergleich zu multifak-toriellen Sehtests zu analysieren. Eine Längs-schnittanalyse von Sportlern, die über mehre-re Jahre visuell-diagnostisch betreut wurden, sollte ferner aufzeigen, ob und wie sich die visuelle Leistungsfähigkeit (am Beispiel der

Aktuelle KontAKtologie 23AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

Sehschärfe) durch regelmäßige Sehtestung und gegebenenfalls optische Korrektion mit Hilfe von Sportbrille oder Kontaktlinsen ver-ändert.

untersuchungsmethoden

probanden

Für die Quer- und Längsschnittanalyse wur-den Sehtestdaten der Damen- (n = 143;

Alter: 20,7±3,3 Jahre) und Herren-Hockey-nationalmannschaft (n=110; Alter: 20,5±2,8 Jahre) über einen Zeitraum von sieben Jahren (2006–2013) ausgewertet, die im Rahmen der jährlichen Gesundheits-/Leistungsdiagnostik am Lehrstuhl für Sportmedizin der Ruhr-Universität Bochum erhoben wurden (Tab. 1).

Gesamtkollektiv

Bei der Gesamtstichprobe (n=253; 33 % A-Kader-, 6 % B-Kader- und 59 % C-Kaderathlet(inne)en; 2 % ohne Angabe) wurde im Querschnitt auf Basis der jeweils ersten Sehtestung die „Fehlsichtigkeitsquote“ (Handlungsbedarf; Empfehlung einer weiter-führenden Untersuchung beim Augenarzt bzw. Augenoptiker) sowie die mittlere Seh-schärfe errechnet.

Längsschnittkollektiv

In die Längsschnittauswertung miteinbezo-gen wurden Spieler (n=27; Alter: 19,7±2,1

Jahre) und Spielerinnen (n=25; Alter: 21,5±2,6 Jahre), die im oben genannten Zeitraum über sieben Jahre mindestens vier-mal (in Folge) am Sehtest teilnahmen. Ana-lysiert wurden die Fehlsichtigkeitsquote(n), die Compliance/Adherence (bezogen auf die jeweiligen Korrekturempfehlungen) sowie die individuelle und gruppenbezogene Ent-wicklung der Sehschärfe (Visus; ggf. nach Korrektion). Die (Korrektur-)Empfehlungen lauteten exemplarisch: „Ohne Befund – kein Handlungsbedarf“, „Weiter beobach-

ten – erneuter Sehtest in 6–12 Monaten“ oder „Achtung – Korrektionsbedarf (augen-ärztliche/augenoptische Kontrolle und ggf. optische Korrektion notwendig)“.

Visusbestimmung vs. multifaktorieller Sehtest

Die (Fern-)Visuswerte wurden mithilfe einer

hochauflösenden Halb- bzw. Drittelvisus-stufentafel (entwickelt von Lingelbach und Jendrusch, 2011) bzw. eines Binoptometers (Oculus Binoptometer 2 mit Sonder-Visus-Testscheibe 3.0; 5970 S-V3) jeweils für das linke und rechte Auge in einer Entfernung von 5 Metern bestimmt (Visus-Maximal-wert = 3,2). Die Sportler(innen) führten den Test so durch, wie sie ihren Sport ausüben. Das heißt, Hockeyspieler, die beim Sport regelmäßig Kontaktlinsen tragen, wurden auch mit diesen getestet.

Die statistisch-mathematischen Berech-nungen erfolgten mithilfe des logMAR-Visus (und wurden in den Abbildungen zur besseren Nachvollziehbarkeit in den Visus rückgerechnet).

Im Rahmen des multifaktoriellen Sehtests absolvierten die Sportler(innen) ferner eine objektive (Autorefraktometer) sowie eine subjektive Refraktion, um gegebenenfalls vorhandene Fehlsichtigkeit(en) wie eine Kurz- oder Weitsichtigkeit und/oder eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) feststellen beziehungsweise ausschließen zu können. Die Kontrastsehleistung wurde als Kontrastempfindlichkeitsfunktion mit Hilfe der VISTECH-Tafeln (Ginsburgtest) bei Ortsfrequenzen von 1,5, 3,0, 6,0, 12,0 und 18,0 cpd bestimmt.

Fehlsichtigkeitsquote – Berechnung

Die Berechnung der Fehlsichtigkeitsquote(n) erfolgte im Rahmen der multifaktoriellen Auswertung (RUB) anhand der Refrakti-onswerte (Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit, Hornhautverkrümmung etc.), der monoku-

geschlecht Kader* (A-/B-/C-Kader)

Alter [Jahren]

Visus (Rechtes Auge)

Visus (Linkes Auge)

Männer (n = 110)A = 34,5 %B = 3,6 %C = 60,0 %

20,5 ± 2,8

χ ∼ 1,60 χ

∼ 1,60

P25 1,12 P25 1,14

P75 1,83 P75 1,90Mann-Whitney-U-Test (2-seitig): 2p = 0,651 2p = 0,036 2p = 0,009

Frauen (n = 143)A = 31,5 %B = 7,7 %C = 58,7 %

20,7 ± 3,3

χ ∼ 1,60 χ

∼ 1,60

P25 1,41 P25 1,41

P75 2,00 P75 2,00* jeweils ca. 2 % „ohne Angabe“

Tab. 1: Personenbezogene Daten des Gesamtkollektivs (n = 253) im geschlechtsspezifischen Vergleich.

χ ∼ = Median; P25 = 25 %-Perzentil; P75 = 75 %-Perzentil; 2p = 2-seitige Signifikanz im Mann-Whitney-

U-Test (bei unabhängigen Stichproben)

Abb. 2: Visuswerte des Gesamtkollektivs (n = 253) für das linke und rechte Auge dargestellt als Box-

Whisker-Plot mit Median, Quartilen (P25 und P75) sowie Minimum und Maximum im Vergleich Frauen

(links) vs. Männer (rechts)

Aktuelle KontAKtologie24 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

laren (Fern- und Nah-)Visusdaten sowie der Kontrastsehleistung (Kontrastempfindlich-keit v.a. im höher-frequenten, sehschärfe-abhängigen Bereich).

In einem zweiten Auswertungsschritt wur-de die „Fehlsichtigkeit“ (analog zum bis-herigen DOSB-Verfahren) ausschließlich anhand der Beurteilung der monokularen (Fern-)Visusdaten berechnet. Kriterien für eine weiter(führend)e augenärztliche/augen optische Untersuchung waren hier ein einäugiger Visus unter 1,00 oder eine deutliche einseitige Visusminderung (große Visus differenzen; ≥ 2 Visusstufen).

Wesentliche Ergebnisse

Gesamtkollektiv (Querschnittsstudie)

Circa 29 % der untersuchten Sportler(innen) verwenden im Alltag eine Sehhilfe (inkl. Le-sebrille). Von den für die „Ferne“ korrigier-ten Athlet(inn)en verwenden im Alltag 73 % Kontaktlinsen (27 % nutzen ausschließlich eine Fernbrille). Die Damen tragen mit 74 % etwas häufiger Kontaktlinsen als die Herren (70 %).

Circa 34 % der korrekturbedürftigen Hockeyspieler(innen) verwenden keine Seh-hilfe beim Hockeyspielen (Damen=29 %; Herren=44 %).

Betrachtet man zunächst die Gesamtstich-probe (n=253) so zeigt sich, dass diese

(beim ersten Sehtest) im Mittel einen Visus von χ

∼=1,60 (P25 = 1,27, P75 = 2,00) erreicht. Dabei erreichen die Damen (bei gleichem Median) signifikant höhere Visuswerte als die Herren (vgl. Tab. 1 und Abb. 2).

Hier bleibt ferner festzuhalten, dass bei der ersten Sehtestung – der Test wird so durchgeführt, wie die Sportler ihren Sport betreiben – 8,3 % der Sportler(innen) als „korrekturbedürftig fehlsichtig“ eingestuft werden mussten, wenn ausschließlich der Visus (<1,00) – beziehungsweise starke Visus differenzen – als Entscheidungs-kriterien herangezogen wurden (Abb. 3). Berücksichtigt man bei der Beurteilung neben dem Visus (s. o.) zusätzlich die Re-fraktionsergebnisse sowie die Ergebnisse

geschlecht Kader* (A-/B-/C-Kader)

Alter [Jahren]

Visus-entwicklung [Mediane] (Sehtest 1 - 4)

Auge χ ∼

Test 1 χ ∼

Test 2 χ ∼

Test 3 χ ∼

Test 4 Friedman-Test

Männer (n = 27) A = 48,1 % C = 51,9 % 19,7 ± 2,1

R.A.: 1,61 2,00 2,00 2,00 p = 0,001

Messwiederholung →

L.A.: 1,59 2,00 2,00 2,00 p ≤ 0,001

Frauen (n = 25) A = 68,0 % C = 32,0 % 21,5 ± 2,6

R.A.: 1,60 1,60 1,60 1,60 p = 0,179

Messwiederholung →

L.A.: 1,60 1,60 2,00 1,80 p = 0,012

* beim ersten Sehtest

Tab. 2: Personenbezogene Daten des Längsschnittkollektivs (n = 52) im geschlechtsspezifischen Vergleich. χ ∼ = Median; p = Irrtumswahrscheinlichkeit; Fried-

man-Test = Messwiederholungsanalyse/Rangvarianzanalyse bei mehreren verbundenen Stichproben

Abb. 3: Fehlsichtigkeitsquote des Gesamtkollektivs (n = 253) in Abhängigkeit von der Berechnungsgrundlage. Basis der Berechnung: 1 = Fernvisus; 2 = Refrak-

tionswerte, Visuswerte (nah und fern), Kontrastsehleistung

Aktuelle KontAKtologie 25AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

im Kontrastsehtest (v. a. die im höher-fre-quenten, sehschärfeabhängigen Bereich), resultiert eine Quote von 23,8 % korrek-turbedürftig Fehlsichtigen (vgl. Abb. 3). Bei diesen Sportler(inne)n wird entsprechend „Handlungsbedarf“, also z. B. eine not-wendige Kontaktlinsen(neu-)anpassung/ -versorgung, Kontaktlinsen optimierung (z.B. torische KL anpassen oder Qualität der Anpassung optimieren) oder augenärztliche Abklärung etc., rückgemeldet.

Eine Kurzsichtigkeit liegt in ca. 45 % (linkes Auge) bis 49 % (rechtes Auge) vor (Horn-hautverkrümmung: linkes Auge=41 %; rechtes Auge=39 %).

Circa 6 % der Sportler(innen) erhalten die Rückmeldung „weiter beobachten“ und werden zu einem erneuten Sehtest in 6–12 Monaten aufgefordert/eingeladen. Etwa 70 % der Athlet(inn)en absolvieren den Test „ohne Befund“.

Entwicklung der Sehschärfe im Längs-schnitt

Die synoptische Analyse der Längsschnitt-daten zeigt, dass durch die regelmäßige Sehtestung und die optische Korrektion bei (meist neu entdeckter) Fehlsichtigkeit die mittlere Sehschärfe (Fernvisus) im ge-samten Hockeyteam (n=52) im Verlauf der vier Sehtests um ca. zwei Visus(halb)stufen signifikant gesteigert werden konnte (R.A.: p≤0,001; L.A.: p≤0,001; vgl. Abb. 4 und Tab. 2).

Im geschlechtsspezifischen Vergleich stei-gen die Visuswerte auf dem rechten (R.A.) und linken Auge (L.A.) bei den Herren (n=27) vom ersten Sehtest (R.A.=1,61, P25=1,06, P75=1,85; L.A.=1,59, P25=1,22, P75=1,95) bis zum zweiten Sehtest signifikant an (R.A.=2,00, P25=1,60, P75=2,25, 2p=0,001; L.A.=2,00, P25=1,60, P75=2,00, 2p=0,009) und bleiben dann bis zum vierten Sehtest auf diesem sehr hohen Niveau (Tab. 2, Abb. 5). Die Messwiederholungs(rang)varianz-analyse ergibt hier eine signifikante Seh-schärfesteigerung im Gesamtverlauf (R.A.: p=0,001; L.A.: p≤0,001).

Bei den Damen (n=25) konnte im Verlauf der vier Testungen nur auf dem linken Auge

eine signifikante Visus-Entwicklung (L.A.: p=0,012) festgestellt werden (R.A.: p=0,179; vgl. Tab. 2 und Abb. 5). Auf dem linken Auge steigen die Visuswerte erst nach dem zwei-ten Sehtest (von Visus L.A.=1,60 auf Visus 2,00) an und bleiben bis zur letzten Testung

nahezu konstant (vgl. Tab. 2, Abb. 5). Die Visussteigerung von Sehtest 1 (L.A.=1,60, P25=1,26, P75=1,70) zu Sehtest 4 (L.A.=1,80, P25=1,41, P75=2,00) ist deutlich aber nicht signifikant (2p=0,069).

Auf dem rechten Auge (R.A.) stagniert der Visus bei 1,60; nur bei der Betrachtung der Streuung wird deutlich, dass auch hier im Testverlauf (bei gleichbleibendem Median) eine positive Entwicklung der Sehschärfe festzustellen ist (vgl. Tab. 2 und Abb. 5).

Grund für die bei den Damen augenschein-

lich etwas weniger ausgeprägte Verbesse-rung durch die regelmäßige Betreuung und Korrektion ist ggf. auch die mit 36 % im Vergleich zu den Herren (11 %) deutlich hö-here Quote an Fehlsichtigkeiten, die sich im Betreuungsverlauf (also im Zeitraum der 4 Sehtestungen) neu entwickelt haben.

Beide Gruppen verbessern sich aber im Rah-men der mehrjährigen Betreuung im Ver-gleich zur Gesamtstichprobe im Mittel (von Visus 1,6 auf Visus ca. 2,0) deutlich.

Die Compliance/Adherence bei den Herren (mit ca. 50 %) ist im Trend besser als bei den Damen, bei denen nur 45 % die ärztlichen Korrekturempfehlungen dauerhaft anneh-men/berücksichtigen. Ein Trend, der dem Untersucherteam im Verlauf der Betreuung bereits „subjektiv“ aufgefallen war.

Diskussion

Fehlsichtigkeit und Compliance

Die vorliegenden Studienergebnisse verdeutlichen die Notwendigkeit einer regelmäßigen Sehtestung. So übten – nach Auswertung des multifaktoriellen Sehtest-Screenings (monokulare Sehschärfe, Re-fraktionswerte, Kontrastsehleistung) – ins-gesamt 23,8 % der erstmals untersuchten Hockeyspieler(innen) (n=253) ihren Sport fehlsichtig, das heißt ohne eigentlich er-forderliche Sehhilfe oder aber mit unzurei-chender Korrektion, aus. Die fehlsichtigen Sportler(innen) wurden heimatnah weiter-versorgt und in der Regel mithilfe von Kon-

Abb. 5: Visus-Entwicklung (Mediane ± P25 und P75) des Längsschnittkollektivs (n = 52) für das linke und

rechte Auge im Vergleich Frauen (links) vs. Männer (rechts)

Abb. 4: Visus-Entwicklung (Mediane ± P25 und P75)

des Längsschnittkollektivs (n = 52) für das linke

und rechte Auge

Aktuelle KontAKtologie26 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

taktlinsen korrigiert. Bei vorhandener, aber schlechter optischer Versorgung wurde eine Kontaktlinsenoptimierung durchgeführt/veranlasst.

Die ermittelte Fehlsichtigkeitsquote ent-spricht früheren Befunden, nach denen rund 20 % der im Rahmen von visuel-len Leistungsdiagnostiken untersuchten Spitzensportler(innen) als fehlsichtig ein-gestuft und in Folge mit einer adäquaten Korrektion ausgestattet werden müssen. [3-4,11,25]

Derartige Fehlsichtigkeiten entwickeln sich oft über Jahre hinweg und werden von den Betroffenen häufig erst sehr spät erkannt beziehungsweise verdrängt – Wahrneh-mung ist eben subjektiv! Oft liegt der letzte Sehtest (z.B. Führerscheinsehtest) bezie-hungsweise Augenarztbesuch Jahre zurück, auch, weil die Bedeutung „Guten Sehens“ im Vergleich zu anderen Körperfunktionen z. B. der des Herz-Kreislauf-Systems unter-schätzt wird. So werden vorhandene Defi-zite gar nicht erkannt (bzw. oft erst spät diagnostiziert) und wirken unentdeckt leis-tungsmindernd.

Fehlsichtige Sportler(innen), die ohne ad-äquate Korrektion ihren Sport ausüben, können sich und andere Sportreibende ge-fährden. Häufigster Grund für die fehlen-de Korrektion beim Sport ist „mangelndes Problembewusstsein“. Das heißt, die Be-deutung/Notwendigkeit guten Sehens für die optimale/erfolgreiche und sichere Aus-übung ihrer Sportart ist vielen unklar oder wird unterbewertet. [15]

Dies wird auch durch die zum Teil schlechte Compliance im Umgang mit der vorhande-nen Fehlsichtigkeit untermauert: Nur etwa 50 % der im Längsschnitt untersuchten Hockeyspieler sowie 45 % der Hockeyspiele-rinnen befolgten die jeweiligen Korrektur-/Handlungsempfehlungen zeitnah und dau-erhaft. Hier muss der Trainer gegebenenfalls vermitteln, dass eine korrigierte Sportbril-le beziehungsweise Kontaktlinsen (ggf. in Kombination mit einer Sport(schutz)brille) beim fehlsichtigen Sportler so selbstver-ständlich zur Ausrüstung gehören (sollten), wie z. B. adäquate Sportschuhe oder ande-res, notwendiges Equipment.

Seit Kurzem werden zumindest die von der Deutschen Sporthilfe e. V. geförderten Sportler wieder kostenfrei mit Kontakt-linsen sowie Pflegemitteln versorgt – damit fällt ein weiterer „Hemmschuh“, das leidige Kostenargument, weg!

Sehschärfe (Visus)

Die im Mittel von den Hockeyspieler(inne)n (n=253) erzielte monokulare Sehschärfe (Vi-sus 1,60) entspricht zahlreichen Literaturbe-funden. Dies wird auch durch eigene aktuelle Analysen von Sehtestdaten aus der LSB NRW-Datenbank für Leistungssport (DaLiD) bestä-

tigt: Ausgewertet wurden die Sehtestdaten von 1721 Kaderathlet(inn)en (80 %=D-Kader) mit einem Durchschnittsalter von 15±3 Jah-ren. Auch hier lag die Fernsehschärfe für das linke und rechte Auge jeweils im Mittel (Me-dian) bei Visus=1,60.

Bei synoptischer Betrachtung vorliegender Untersuchungen zur Sehschärfe Sporttrei-bender werden im Trend und zum Teil auch signifikant höhere Visuswerte bei Sportlern im Vergleich zu „Nicht-Sportlern“ – bzw. Häufungen von extrem hohen Visuswerten (z. T. über Visus 3,00) bei Spitzensportler(in-ne)n – beschrieben. [4,24,26-27]

Erickson (2007) referiert Untersuchungen von Fremion et al. (1986), Coffey & Reichow

(1990) und Laby et al. (1996), die die oben genannten Befunde ebenfalls untermauern. [28]

Folglich sollten bei Sehschärfetests Visus-tafeln/Sehtestgeräte eingesetzt werden, die hochauflösend zumindest bis zu einem Visus von 2,00 prüfen.

Da die Sehschärfe auch andere visuelle Teilleistungen (z. B. das Tiefensehvermögen) beeinflussen kann und in sporttypischen Si-tuationen oft hohe Anforderungen an die Detailwahrnehmung gestellt werden – so kann z. B. das Erkennen der Ballnaht auf dem Tennisball oder der Schrift auf dem Tischtennisball und deren Verschiebung Rückschlüsse auf die Drallrichtung erlau-ben [4-5,29] – sind individuell möglichst hohe Sehschärfewerte zu fordern. Monoku-lare Fernvisuswerte von circa 1,60-2,00 sind bei jungen Erwachsenen „Normalität“. Bei vorhandener (leichterer) Fehlsichtigkeit mit monokularen Visuswerten über 1,00 (ohne Korrektion; s.c.) und z. B. ohne Schielstel-lung (v. a. bei jüngeren Sportlern) muss der Augenarzt im Einzelfall und sportartbezo-gen entscheiden, ob eine Korrektion für den Sport notwendig bzw. zur Leistungsoptimie-rung und im Sinne der Unfall- und Verlet-zungsprophylaxe sinnvoll ist.

Der grundsätzliche Zusammenhang zwi-schen „Gutem Sehen“, guter Sehschärfe und sicherem, erfolgreichem Sporttreiben sowie der motorischen Leistung(-sentwicklung) ist durch zahlreiche Studien belegt. [2,4,12-13,16,29]

Visusprüfung vs. erweitertes Sehtest-Screening

Bei der Auswertung der Sehtestdaten aus der LSB NRW-Datenbank für Leistungs-sport (DaLiD) wurde festgestellt, dass – auf Basis der dort angewandten Kriterien für die Empfehlung einer weiteren augenärzt-lichen/augenoptischen Untersuchung (mit einem Visus < 1,00 auf einem Auge) – ledig-lich 10,3 % der Sportler visuell auffällig und somit gegebenenfalls an den Augenarzt/Au-genoptiker weiterverwiesen wurden.

Der hier vorgelegte Befund, dass – bei glei-cher Auswahl der Bewertungskriterien – nur

Abb. 6: Visus-Entwicklung (Einzelfallbeispiele) im

Verlauf der Betreuung/optischen Korrektion

Aktuelle KontAKtologie 27AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

8,3 % der Sportler als „fehlsichtig“ einge-stuft werden konnten, bestätigt dies.

Der Vergleich mit den oben genannten Literaturbefunden verweist aber auch dar-auf, dass die Kriterien für eine weiter(führen–d)e augenärztliche/augenoptische Unter-suchung („einäugiger Visus unter 1,00“ und/oder „einseitige Visusminderung bzw. große Visusdifferenzen“) bei alleiniger/aus-schließlicher Visusprüfung zwar sinnvoll erscheinen, letztendlich aber zahlreiche po-tenziell fehlsichtige Sportler bei dieser rein visusbezogenen Testung „durch das Raster fallen“ (in der vorliegenden Stichprobe circa 15 %); eine mögliche, auch die sportliche Leistung mindernde, Fehlsichtigkeit bleibt gegebenenfalls „unerkannt“.

Insofern war es nur folgerichtig, dass der DOSB – in Kenntnis der Studienergebnisse – zum Jahreswechsel 2013/2014 empfohlen hat, zusätzlich zur monokularen Visusprü-fung ein erweitertes Sehtest-Screening im Rahmen der sportmedizinischen Grund-untersuchung durchzuführen (erweitert um Stereosehtest, Phorietest und Farbsehtest). Der DOSB hat die sportmedizinischen Zen-tren ferner dabei unterstützt, entsprechend geeignete Sehtestgeräte anzuschaffen.

Die aus diagnostischer Sicht sicher wün-schenswerte, zusätzliche Durchführung einer objektiven (und wenn möglich sub-jektiven) Refraktion sowie eines Kontrast-sehtests bleibt zur Zeit noch eine Vision. Der dafür notwendige Geräte-/Kostenauf-wand übersteigt leider die Möglichkeiten der (meisten) Untersuchungszentren.

Schlussbemerkung

Die Bedeutung der visuellen Leistungsfähig-keit im Sport wird – nach wie vor – eher „unterschätzt“. Die „Forderung“ von Tidow (1996), „…die traditionellen Spektren der Leistungsphysiologie wie auch der Trai-ningswissenschaft um das Segment ’Ana-lyse, Diagnose und Leistungssteuerung des visuellen Systems’ zu erweitern“ (Tidow, 1996, S. 283) [17], ist nach wie vor nur un-zureichend erfüllt, trotz eindeutiger Belege zur Notwendigkeit guten Sehens im Sport aus leistungsbezogener aber auch unfall-

prophylaktischer Sicht. Hier besteht auch zukünftig weiterer Handlungsbedarf.

„Visueller Mehrkampf“ in den Sportspielen setzt eine optimale Informationsaufnahme (und folglich auch optimale Korrektion beim Sport, als ersten Schritt) voraus. Regelmä-ßige Sehtestung und wenn notwendig die sportartadäquate optische Korrektion sind die Voraussetzung für ein erfolgverspre-chendes „Informations-Management“. [5]

Zusammenfassung

Gutes Sehen ist wesentliche Voraussetzung für sicheren und erfolgreichen Sport – vor allem im Leistungssport. Andererseits sind regelmäßige (aussagekräftige) Sehtests zur Analyse der multidimensionalen visuellen Leistungsfähigkeit und zur Aufdeckung von Fehlsichtigkeit(en) nur in wenigen Sport-arten (bzw. in wenigen sportmedizinischen Einrichtungen) fester Bestandteil der Ge-sundheits- oder Leistungsdiagnostik. In dem Beitrag werden Sehtestdaten der Damen- und Herren-Hockeynationalmannschaft (n=253), die über einen Zeitraum von sieben Jahren (2006-2013) an der Ruhr-Universität Bochum im Rahmen der jährlichen Gesund-heitsdiagnostik erhoben wurden, quer- und längsschnittbezogen ausgewertet sowie Probleme bei der Erhebung und Auswer-tung/Interpretation von Sehtestdaten the-matisiert. Bei synoptischer Betrachtung der Ergebnisse zeigt sich unter anderem, dass die bisher (z. B. im Rahmen der DOSB-Gesundheitsuntersuchung) gängige allei-nige Visusprüfung nicht ausreicht, um alle Sportler mit korrekturbedürftigen Fehlsich-tigkeiten „herauszufiltern“ und einer not-wendigen augenärztlichen/optometrischen Weiterversorgung zuzuführen.

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Aktuelle KontAKtologie28 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

Aktuelle Kontaktologie (Zeitschrift für medizinische

Kontaktologie und Sportophthalmologie)

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Autoren: Dr. Gernot Jendrusch, Vanessa Oertzen-Hagemann, prof. petra platen, Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, ruhr-universität Bochum Korrespondenz: Dr. G. Jendrusch, Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung, ruhr-universität Bochum, Gesundheitscampus Nord 10, 44801 Bochum E-Mail: [email protected]

Auf Basis der wissenschaftlichen Erkennt-nisse von Prof. Frank Schaeffel und Prof. Earl L. Smith III wird in der derzeitigen For-schung zur Myopieprävention der Ansatz

einer Verbesserung der Abbildung der peripheren Bildschale zur

Netzhaut verfolgt. Ziel ist es, hierdurch eine größtmög-liche Verlangsamung der Myopieentwicklung bei Kindern und Jugendlichen

zu bewirken.

Betrachten wir die klinischen Studien, die bislang zum Thema

Myopiekontrolle im Zusammenhang mit weichen Testlinsen durchgeführt wurden, so lässt sich feststellen, dass die Erfolgs-quoten bei 30–50% reduzierter Myopiepro-gression liegen. Hierbei kommen zum Teil

reguläre Multifokallinsen mit Fernwirkung im Zentrum als solche „Myopielinsen“ zum Einsatz oder es werden idea lisierte Stärken-profile entwickelt (Holden B; BHVI: Hecht Forum 2015). Die verwendeten Testlinsen weisen unterschiedliche optische Profile mit relativen Pluswirkungen zur Peripherie auf, um die periphere Bildschale für eine Myo-pieprävention zu optimieren.

Das angestrebte Ziel ist, diese periphere Abbildung vor die Netzhaut zu legen. In-wieweit eine exakte Abbildung auf die pe-riphere Netzhaut mit personalisierten Kon-taktlinsen die Erfolgsquoten beeinflussen könnte und ob sie so auch gegebenenfalls höher als 50 % liegen könnte, lässt sich im Moment noch nicht beantworten.

Neben den Erkenntnissen aus den wissen-

schaftlichen Studien zur Myopieentwick-lung und zum Bulbuslängenwachstum las-sen sich aber auch weitere für die Praxis relevante Einflussfaktoren ableiten. Auch deshalb schätzen wir es sehr, in die Koope-ration mit dem BHVI – Brien Holden Vision Institute eingebunden zu sein, da es durch die wissenschaftliche Arbeit erst möglich ist, bestmögliche Erkenntnisse zu erzielen.

Einige von diesen praxisrelevanten Erkennt-nissen sollen im Folgenden betrachtet wer-den:

So haben die Untersuchungen von Hyman et al. [4] und Gwaizda et al. [1] zeigen können, dass je jünger das Eintrittsalter in die My-opie ist, die Stärkenprogression größer und die endgültige Myopie umso höher ausfällt. Somit sollten Kinder, die ein Potential zur

Brauchen myope Kinder eine individuelle optische Versorgung?Wissenschaftliche Erkenntnisse aus einer internationalen Kooperation

16. DAKg expertentagung Köln 2015:Myopie und Myopieprogression

Aktuelle KontAKtologie 29AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

Myopieentwicklung zeigen, möglichst früh mit speziellen „Multifokallinsen“ versorgt werden. Aufgrund des jungen Einstieg-salters und der sich daraus ergebenden wünschenswerten, langfristigen Linsenver-träglichkeit, ist eine nachhaltige gesunde Versorgung mit Kontaktlinsen von hoher Bedeutung.

Lam et al. [5] konnten zeigen, dass mit ihren Testlinsen die Länge der Tragezeit von Bedeutung war. So erzielten sie bei den Probanden, die ihre Linsen länger als 7 Stunden trugen, eine um 58 % geringe-re Myopieprogression. Probanden mit einer täglichen Tragezeit von unter 5 Stunden zeigten hierbei eine verringerte Progressi-on um nur 25 %. Das zeitliche Ausmaß der optischen Wirkungsweise scheint demnach von Bedeutung, sodass die Kontaktlinsen möglichst ganztags getragen werden soll-ten. Dieser Zusammenhang bestätigt auch, dass mit Ortho-K ebenfalls Erfolgsquoten von 30–57 % beobachtet wurden (Conrad, F.;BHVI; Hecht CL-Forum 2015). Ungeachtet dessen, ob oder ab wann man bei Kinder Ortho-K anwenden möchte, liegt hier über die gesamte Wachphase eine entsprechende optische Wirkungsweise vor.

Formstabile Kontaktlinsen spielen bei den wissenschaftlichen, veröffentlichten Stu-dien in den letzten Jahren eine untergeord-nete Rolle, da sie im Weltmarkt im Vergleich zu den Austauschsystemlinsen einen sehr kleinen Marktanteil ausmachen und des-halb solche wissenschaftlichen Studien fast nicht mehr durchgeführt werden. Auch hat man ihre Wirksamkeit im Zusammenhang mit der Myopieprävention nicht eindeutig belegen können.

Erst Shen et al. [6] konnten mit ihren Unter-suchungen zum optischen Wirkungsprofil der in der „CLAMP-Studie“ [7] verwendeten Kontaktlinsen einen möglichen Zusammen-hang zu dem von Walline et al. gefunde-nen besseren Abschneiden der formstabi-len Contactlinsen aufzeigen. Auch wenn in der CLAMP-Studie kein signifikant unter-schiedliches Ergebnis im Längenwachstum festgehalten werden konnte, so gab es ein signifikant unterschiedliches Ergebnis in der Myopieprogression zwischen Weichlinsen und formstabilen Kontaktlinsen. Nach den

Untersuchungen von Shen zeigte sich bei den formstabilen Kontaktlinsen die gerings-te periphere relative Hyperopie. Außerdem kann die bessere Abbildungsqualität auf-grund einer Astigmatismuskorrektion eine positive Rolle spielen.

Walline et al. haben außerdem in die-ser Studie gezeigt, dass 78,5 % der Kinder ohne Probleme erfolgreich mit formstabi-len Kontaktlinsen versorgt werden konnten. Formstabile Kontaktlinsen sind eine aus-gesprochen augengesunde Versorgung, die Gewöhnung geht bei Kindern schnell und sie können so erfolgreich über Jahrzehnte vertragen werden.

Bezogen auf das Thema der Myopiepräven-tion bedeutet dies, dass man heute formsta-bile Kontaktlinsen (z. B. derzeit „MultiLIFE“) mit einer entsprechend konzentrischen, multifokalen Wirkungsweise zur Peripherie anpasst. Sie entsprechen bei Blickrichtung geradeaus dem gewünschten Wirkprinzip der optimierten peripheren Bildschale, ohne den Fernvisus zu beeinflussen.

Ebenso spielt das Akkommodations- und Vergenzverhalten im Zusammenhang mit der Myopieentwicklung bzw. dem Erfolg der verringerten Myopieprogression eine Rolle [2,3]. Hierbei ist wichtig, die individuellen Gegebenheiten bei dem jeweiligen Kind zu kennen, um den richtigen Linsentyp (weiche „Myopielinsen“, Ortho-K, formstabile Myo-pielinsen) auszuwählen. Liegt ein „Lag of Accommodation“ (Unterakkommodation) bei häufiger Naharbeit vor, so bieten ange-nehm gleitende formstabile Kontaktlinsen den Vorteil, dass bei Blicksenkung und ein-hergehender Verschiebung der Kontaktlinse nach oben die multifokale Zone vor der Pu-pille wirkt. Hier sollte sich dann ein positiver Effekt bei vorliegender Unterakkommodati-on und Nahpunktseinstellung zeigen.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass durch die verschiedenen Einflussparameter eine systematische optometrische Datenerfas-sung hilfreich und wichtig ist, um myope Kinder bestmöglich mit den oben beschrie-benen unterschiedlichen Kontaktlinsen individuell zu versorgen und zu betreuen. Wir haben Melissa Waurick gebeten, in ih-rer Master-Abschlussarbeit einen Leitfaden

und Arbeitsbogen zur optometrischen Da-tenerfassung bei myopen Kindern zu ent-wickeln. In Abstimmung mit den Verbänden und einem zu bildenden Arbeitsgremium soll dieser den interessierten Augenärzten und Augenoptikern zur Verfügung gestellt werden. Neben der Arbeitsunterstützung in der systematischen Betreuung und Versor-gung der myopen Kinder in der eigenen Pra-xis, könnte eine so geartete Datenerfassung bei entsprechend organisiertem Rücklauf zudem die Möglichkeit bieten, über einen längeren Zeitraum auch beobachten zu kön-nen, wie sich der Anteil myoper Kinder in Deutschland entwickelt.

Autor: Frank Widmer, Dipl. Ing. FH Augen-optik, Hecht Contactlinsen GmbH

Vortrag von der 16. DAKG-Expertentagung, 12.-13.09.2015, Köln

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Aktuelle KontAKtologie30 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

Bei der Behandlung Trockener Augen unter-schiedlicher Genese stehen Augenarzt und Patient mittlerweile vor der Qual der Wahl zwischen einer unüberschaubaren Vielzahl an Hyaluronsäure (HA, Hyaluronan, Natri-um Hyaluronat) haltigen Tränenersatz- und Kontaktlinsenbenetzungslösungen. Für die Entscheidung helfen leider weder Angaben über die Konzentration der Hyaluronsäure noch die werblichen Aussagen der Her-steller weiter. Wir haben uns daher dazu entschlossen, das Fließverhalten der uns bekannten HA Tränenersatzlösungen zu prüfen und die Ergebnisse an dieser Stelle zu veröffentlichen.

Da es für die rheologische Prüfung von Tränenersatzlösungen weder eine Norm noch ein Arzneibuchverfahren gibt, lag es nahe, sich an der internationalen Norm DIN EN ISO 15798:2013 zu orientieren, die

Kriterien und Prüfverfahren für viskoelas-tische Substanzen (OVD) zur Verwendung in der Katarakt-Chirurgie festlegt. Diese Norm schreibt vor, dass der Hersteller zusätzlich zur Konzentration die Molmasse der ver-wendeten rheologisch aktiven Komponente (HA) angibt und die Viskosität in Abhän-gigkeit der Scherrate im Bereich 0,001 bis 1000 s-1 misst und deren Beziehung anhand eines Diagramms darstellt, in dem Viskosität und Scherrate logarithmisch gegeneinan-der aufgetragen sind. Was bedeuten diese Begriffe?

Rheologische Prüfung bedeutet Prüfung des Fließverhaltens unter unterschiedli-chen Bedingungen. Befindet sich zwischen zwei Flächen eine Flüssigkeit und wird ei-ne dieser Flächen relativ zur anderen be-wegt, ist dafür eine Kraft proportional zur Viskosität der Flüssigkeit erforderlich. Als Scherrate wird dabei die Geschwindigkeit der bewegten Fläche in der Einheit mm/s dividiert durch den Abstand der Flächen in der Einheit mm bezeichnet. Die resultieren-de Einheit für die Scherrate ist daher s-1. Die Viskosität wird üblicherweise in der Einheit

mPa∙s angegeben. Eine Flüssigkeit, bei der die Viskosität für alle Scherraten gleich ist, wird als Newtonsche Flüssigkeit bezeichnet (z.B. Wasser, das bei 20 °C die Viskosität 1 mPa∙s hat). Bei viskoelastischen Flüssigkei-ten, wie Hyaluronsäure-Lösungen, nimmt die Viskosität mit zunehmender Scherrate ab. Bei geringen Scherraten erreicht die Kurve ein Plateau, dessen Niveau sich der sogenannten Nullscherviskosität (Viskosität in Abwesenheit von Scherkräften) annähert. Die Scherrate von 1000 s-1 entspricht etwa den Bedingungen, unter denen in der Kata-raktchirurgie die viskoelastische Substanz durch eine Kanüle in das Auge injiziert wird.

Auf Tränenersatzlösungen übertragen ent-spricht die Nullscherviskosität (η0) den Be-dingungen bei geöffnetem Lid, die Viskosität bei 1000 s-1 (η1000) der Scherrate, wenn die Lidkante beim Lidschlag über das Hornhaut-epithel gleitet. Die Viskosität der Tränen-flüssigkeit beträgt bei geöffnetem Auge etwa 65 mPa∙s und sinkt beim Lidschlag auf etwa 10 mPa∙s (Tiffany 1994). Eine ideale Tränenersatzlösung sollte nach Möglichkeit ein ähnliches Fließverhalten aufweisen. Ge-

Hyaluronsäure-AugentropfenWas Sie über deren rheologische Eigenschaften wissen sollten

Abbildung 1: Logarithmische Darstellung der

Viskosität in Abhängigkeit der Scherrate für

Comfort Shield® MDS und iGel HA Augentropfen.

Abbildung 2: Abhängigkeit der Nullscherviskosität η0 und der Viskosität η1000 bei 1000 s-1 Scherrate von

der Molmasse und Konzentration von HA-Lösungen. Farbige durchgezogene Linien kennzeichnen HA

Lösungen gleicher Molmasse, schwarze gestrichelte Linien Lösungen gleicher HA-Konzentration. Der

Durchschnittswert der Nullscherviskosität η0 und der Viskosität η1000 für Tränenflüssigkeit ist als roter

Punkt dargestellt.

Aktuelle KontAKtologie 31AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

ringere Nullscherviskosität bedeutet kürze-re Verweildauer auf dem Auge und mithin geringere Wirksamkeit. Höhere Viskosität während des Lidschlags bedeutet erhöhte Scherkräfte auf das Epithel, was zu uner-wünschten Nebenwirkungen führen kann. Durch Messung der Nullscherviskosität und der Viskosität bei 1000 s-1 Scherrate lässt sich eine verlässliche Vorhersage über das Fließverhalten einer Tränenersatzlösung auf dem Auge treffen.

Abbildung 1 (links) zeigt die Abhängigkeit der Viskosität zweier HA Tränenersatzlösun-gen von der Scherrate in logarithmischer Darstellung. Da die HA-Konzentration in Tränenersatzlösungen sehr viel geringer ist als in viskoelastischen Substanzen für die Kataraktchirurgie, ist es technisch mit den für viskoelastische Substanzen üblichen Methoden kaum möglich, die Viskosität von Tränenersatzlösungen bis in den Bereich geringer Scherraten von 0,001 s-1 verläss-lich zu messen. Bei der messtechnisch gut zugänglichen Scherrate von 1 s-1 ist aber das Plateau der Viskosität noch nicht er-reicht und aus diesem Grund die Nullscher-viskosität η0 nicht abschätzbar. Wir haben daher ein Prüfverfahren angewandt, das die Bestimmung der Nullscherviskosität von Tränenersatzlösungen mittels Kriech-viskositätsmessung erlaubt (Masterarbeit René Reiss).

Mit dem entwickelten Prüfverfahren wur-den zunächst die Viskositäten η0 und η1000 von Hyaluronsäure-Lösungen unterschiedli-cher Molmassen und Konzentrationen ge-messen (Abb. 2, links). Die durchgezogenen farbigen Kurven entsprechen HA gleicher Molmasse, die gestrichelten schwarzen HA gleicher Konzentration. Erwartungsgemäß resultiert eine niedrigere Molmasse in ge-ringerer und eine höhere Konzentration in höherer Viskosität. Zu beachten ist hierbei, dass sich das Fließverhalten der natürlichen Träne nur durch Kombination von hoher Molmasse (ca. 3 MDa) mit vergleichswei-se geringer Konzentration (ca. 0,15 % HA) simulieren lässt.

Abbildung 3 zeigt die Prüfergebnisse un-terschiedlicher Tränenersatzlösungen (Drei-ecke). Die gestrichelte horizontale Linie stellt die obere Grenze der Viskosität dar, bei

Abbildung 3: Nullscherviskosität η0 und Viskosität η1000 bei 1000 s-1 Scherrate unterschiedlicher HA Au-

gentropfen (orange Dreiecke). Der Durchschnittswert für Tränenflüssigkeit ist als roter Punkt dargestellt.

Die unterschiedlichen Kategorien von HA Tränenersatzlösungen sind durch gestrichelte Linien getrennt.

Produktname Herstellereyevice UNIVERSAL Benetzungslösung OPTOSOLGenTeal HA Lösung AlconHyabak Augentropfen Thea PharmaHyalein SantenHylo-Vision HD Augentropfen OmniVisionlacrifresh moisture unidose Avizorlens & lid Laboratorium Dr. G. BichselLipoNit Augentropfen Optima MedicalThealoz Duo Augentropfen Thea PharmaTRIUM Augentropfen SantenVismed light Augentropfen TRB Chemedica

Produktname HerstellerBepanthen Augentropfen Bayer VitalHYLO-CARE Augentropfen UrsapharmHYLO-COMOD Augentropfen UrsapharmHYLO-PROTECT Augentropfen UrsapharmiGel Augentropfen AGEPHAVismed multi Augentropfen TRB Chemedica

Produktname HerstellerArtelac Splash Augentropfen Mann / Bausch&LombArtelac Splash EDO Augentropfen Mann / Bausch&LombPiiloset BioDrop FarmigeaBiolan Augentropfen SantenHya-Ophtal system WinzerHylo-Vision HD plus Augentropfen OmniVisionOcusan Augentropfen AGEPHA

Tabelle 1: HA-Augentropfen der Kategorie 1 mit sehr geringer Nullscherviskosität (η0 < 6 mPa∙s)

Tabelle 3: HA-Augentropfen der Kategorie 3 mit mittlerer Nullscherviskosität (16 mPa∙s < η0 < 32 mPa∙s)

Tabelle 2: HA-Augentropfen der Kategorie 2 mit geringer Nullscherviskosität (6 mPa∙s < η0 < 16 mPa∙s)

Aktuelle KontAKtologie32 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

der die Scherkäfte beim Lidschlag um nicht mehr als 20 % über dem der natürlichen Träne liegen. Die vertikalen gestrichelten Linien kennzeichnen 10 %, 25 % und 50 % der Nullscherviskosität des natürlichen Tränenfilms.

Danach lässt sich jede HA-Tränenersatzlö-sungen einem der folgenden fünf Bereiche oder besser Kategorien zuordnen:

- Kategorie 1: HA-Augentropfen mit sehr geringer Wirksamkeit (η0 < 6 mPa∙s) und nahezu Newtonschen Fließeigenschaften (Tab. 1, S. 27); von Viskoelastizität sollte hier nicht gesprochen werden

- Kategorie 2: HA-Augentropfen mit gerin-ger Wirksamkeit (6 mPa∙s < η0 < 16 mPa∙s) und wenig ausgeprägter Viskoelastizität (Tab. 2, S. 27) ; auch hier wäre Vorsicht bei der Aussage ‚langanhaltende Wirkung‘ an-gezeigt

- Kategorie 3: HA-Augentropfen mit guter Wirksamkeit (16 mPa∙s < η0 < 32 mPa∙s) und ausgeprägter Viskoelastizität (Tab. 3, S. 27)

- Kategorie 4: HA-Augentropfen, die das Fließverhalten der Tränen simulieren (η0 >32 mPa∙s und η1000 < 12 mPa∙s) (Tab. 4)

- Kategorie 5: HA-Augengele, mit hoher Nullscherviskosität (η0 >32 mPa∙s), die aber beim Lidschlag erhöhte Scherkräfte auf das

Hornhautepithel ausüben (η1000 > 12 mPa∙s) (Tab. 5)

Tabelle 3 enthält nur Augentropfen, deren rheologisch aktive Komponente ausschließ-lich HA ist. Augentropfen mit Kombinati-onen rheologisch wirksamer Komponenten wurden nicht berücksichtigt. So enthält zum Beispiel Blink Intensive Tears Plus ne-ben 0,38 % HA auch 0,25 % Polyethylen-glykol 400. Die für Blink Intensive Tears Plus gemessenen Viskositätswerte sind η0 = 54,3 mPa∙s und η1000 = 19,7 mPa∙s. Das Fließverhalten dieses Produktes entspricht daher den Augengelen in Kategorie 5.

Zusammenfassende Beurteilung: Die HA-Tränenersatzlösungen der Kategorien 1 und 2 (Tab. 1 und 2) eignen sich vor allem zur

Behandlung leichter Formen des Trockenen Auges, auch in Verbindung mit Kontakt-linsentragen. Die Produkte der Kategorie 3 (Tab. 3) sind universell einsetzbar. Bei den Augengelen der Kategorie 5 (Tab. 5) ist ins-besondere unter Bedingungen empfindli-cher Hornhaut z. B. nach refraktiver Horn-hautchirurgie, beim Kontaktlinsentragen, sowie bei chronischen Entzündungszustän-den bei mäßigem bis starkem Trockenem Auge Vorsicht geboten. Einzig das Produkt der Kategorie 4 (Tab. 4; Comfort Shield®) ist universell einsetzbar, sogar bei Patienten mit wiederkehrender Erosio (private Mittei-lung Tomalla). Comfort Shield® simuliert das Fließverhalten der menschlichen Träne und stabilisiert darüber hinaus aufgrund seiner sehr hohen HA-Molmasse das Epi-thel von Hornhaut und Conjunctiva (Müller-

Lierheim in Aktuelle Kontaktolo-gie 2015). Comfort Shield® trägt deshalb zur Wiederherstellung des Gleichgewichts bei chro-nisch gereizten Augen bei. Die Tropffrequenz sinkt mit zuneh-mender Anwendung. Comfort Shield® ist daher auch äußerst wirtschaftlich.

Autoren: Wolfgang G.K. Müller-Lierheim, i.com medical GmbH, Kaflerstr. 15, 81241 München E-Mail: [email protected] rené reiss und Karl-Heinz Jacob, Technische Hochschule Georg Si-mon Ohm, Fakultät Angewandte Chemie, prinzregentenufer 47, 90489 Nürnberg

Produktname HerstellerBiolan Gel SantenHYLO-GEL Augentropfen UrsapharmHylo-Vision Gel multi Augentropfen OmniVisionPerfect Aqua Plus oK Augenerfrischung MPG&EVismed gel multi Augentropfen TRB Chemedica

Tabelle 5: HA-Augengele der Kategorie 5 mit hoher Nullscherviskosität (η0 > 32 mPa∙s), die aber beim

Lidschlag erhöhte Scherkräfte auf das Hornhautepithel ausüben (η1000 > 12 mPa∙s)

Produktname HerstellerComfort Shield MDS i.com medical

Comfort Shield SD i.com medical

Tabelle 4: HA-Augentropfen der Kategorie 4 mit hoher Nullscherviskosität und niedriger Viskosität beim

Lidschlag (η0 > 32 mPa∙s und η1000 < 12 mPa∙s)

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Aktuelle KontAKtologie 33AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

Sie galt bei den alten Griechen als Stellver-treterin für das Unabwendbare. Sie war die-jenige, die den Lebensfaden abschnitt, den zuvor ihre beiden Schwestern gewoben und bemessen hatten. Ein antikes Königreich war nach ihr benannt, eine Pflanze mitsamt ihrem tödlichen Gift und auch der Totenkopffalter erinnern heute an sie: Atropos, Zeus´ Tochter, eine der drei Moiren, den griechischen Schick-salsgöttinnen und Namenspatronin eines le-gendären Gifts: dem Atropin, einem Alkaloid der Tollkirsche, Atropa belladonna.

Griechische Mythologie trifft auf Biologie, Chemie...

Vieles erinnert auch heute noch an sie: Atro-pos gilt der griechischen Legende nach als älteste der drei Moiren. Sie wählte die Art und Weise des Todes eines jeden Menschen. Als „Zerstörerin“ war sie für das Abschneiden des Lebensfadens verantwortlich, den ihre Schwester Clotho gesponnen und die drit-te der drei Schwestern, Lachesis, bemessen hatte. Deshalb wird Atropos häufig mit einer Schere dargestellt.

Im Altertum war ein ganzes Königreich nach ihr benannt: Atropatene, das heute in der Re-gion Aserbaidschans zu finden wäre. Mit der Zeichnung eines Schädels auf seinem Rücken erinnert der lateinische Name des Totenkopf-schwärmers, Acherontia atropos an die töd-liche Wirkung von Atropos ebenso, wie der Name der Tollkirsche, Atropa belladonna und das in ihr enthaltene Gift, Atropin - an Zeus´ Tochter. Die Schwarze Tollkirsche, oder auch Hexen- oder Teufelsbeere, Rasewurz und Höl-lenkraut genannt, ist ein typischer Vertreter der Nachtschattengewächse. Linné etablierte 1737 den Gattungsnamen „Atropa“ in seiner Systematisierung des Pflanzenreiches. Ihr Art-name „belladonna“ bedeutet „schöne Frau“, da im Mittelalter die pupillenerweiternde Wir-kung des Pflanzensaftes kosmetisch genutzt wurde.

Chemisch verwirrend: streng genommen ist „Atropin“ die Bezeichnung für ein Gemisch der beiden R- bzw. S-Spiegelbild-Varianten des

Moleküls Hyoscyamin. In der Natur kommt in Nachtschattengewächsen nur S-Hyoscyamin vor, das auch die pharmakologisch wirksame Substanz darstellt. Erst bei der Isolierung geht die S-Variante in ein 1:1 Gemisch aus rechts- (R) und links-drehenden (S) Molekülen über. Erst diese Mischung heißt dann Atropin.

…und Medizin!

Vögel können Tollkirschen fressen ohne Scha-den zu nehmen, der Mensch nicht: im Allge-meinen gelten bei Kindern 3 – 4 Beeren, bei Erwachsenen 10 – 12 Beeren, die nicht mal schlecht schmecken, als tödlich. Die Giftwir-kung als Parasympatholytikum ist seit langem bekannt: Attalos III., (171 - 133 v.Chr) züchte-te Nachtschattengewächse und erprobte ihre Wirkung an Tieren und zum Tod Verurteilten. Traditionell wurde die Tollkirsche in der Antike als Schmerzmittel verwendet, im Orient wurde sie Bier und Wein zugesetzt, Theophrast von Eresos war die Tollkirsche als Gift und Mydri-atikum bekannt. Sogar für den Ausgang eines Krieges war Atropin verantwortlich: Unter dem Schotten Duncan I. wurde die Tollkirsche als „Kampfstoff“ im Krieg ca. 1035 gegen die Norweger eingesetzt, indem Duncan die Spei-sen der Feinde vergifteten ließ und so siegte. Sowohl bei Hildegard von Bingen im 12. Jh. als auch bei Leonhart Fuchs 1542 sind Darstellun-gen der Tollkirsche zu finden.

Im Mittelalter wird detaillierter über die Ver-wendung der Tollkirsche berichtet, im Vorder-grund stand die schmerzstillende Wirkung. Erst später führte die Erhöhung der Dosis zu „Hexensalben“. Der Ausdruck „Bella Donna“ wurde im 16. Jahrhundert in Venedig geprägt, er bezog sich auf die Anwendung von Tollkir-schensaft zur Erweiterung der Pupille. In einem Kräuterbuch von 1731 wird dokumentiert, dass das zerschnittene und aufgelegte Kraut alle Geschwüre und Geschwülste, entzündete Magen und entzündete Leber heile, indem es das Fieber lösche. Noch im 19. Jahrhundert wurden Wurzel- und Kräuterextrakte der Toll-kirsche zur Behandlung von verschiedenen Schmerzzuständen, Gelbsucht, Wassersucht, Keuchhusten, Nervenkrankheiten, Scharlach,

Epilepsie, Neurosen und Hautkrankheiten ne-ben vielen anderen verwendet.

Ab 1819 wurde die medizinische Wirkung von Atropin wissenschaftlich belegt: in diesem Jahr fertigte Runge seine Dissertation über die pupillenerweiternde Wirkung von Tollkirsch-Extrakten an. Die kristalline Reindarstellung des Atropins gelang 1831 dem Apotheker Mein. Geiger und Hesse isolierten 1833 Hy-oscyamin aus Pflanzen und im gleichen Jahr nahm die Firma Merck (Darmstadt) die At-ropin-Produktion durch die Aufarbeitung von Tollkirsch-Wurzeln auf. 1863 folgte die Kon-stitutionsaufklärung des Alkaloids. Die myd-riatischen Eigenschaften beschrieb Bernstein 1866. Ab 1867 wurden mit der „Bulgarischen Kur“ Extrakte der Tollkirsche bei Parkinsonis-mus angewendet. Die Speichelflussminderung wurde 1872 und 1878 die Wirkung auf den Intestinalbereich entdeckt. Die erste Atropin-Synthese führte 1901 Richard Willstätter durch. Erst die Herstellung des reinen schwe-felsauren Atropins brachte den Durchbruch in der klinischen Anwendung von Atropin.

Heute wird die Tollkirsche in der Volksmedizin kaum noch verwendet. In letzter Zeit häufen sich allerdings wieder Vergiftungsfälle, die durch den Missbrauch von Nachtschattenge-wächsen zu Rauschzwecken verursacht wer-den. Für einige Krankheitsbilder ist Atropin allerdings immer noch ein unverzichtbares Medikament: es kann als Bestandteil der Not-fallmedizin bei einer Reanimation und bei Ver-giftungen mit z. B. Insektiziden oder Nerven-gasen als Antidot eingesetzt werden. Atropin

Zeus schreckliche Tochter und die MedizinAtropin hat einen festen platz in der Augenheilkunde

Aktuelle KontAKtologie34 AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. Jahrgang · 25. Heft

• WissenschaftlerInnen des Instituts für Kognitions- und Sportspiel-forschung der Deutschen Sporthochschule untersuchen Fehler in unserer bewussten Wahrnehmung. Tatsächlich können wir vollkommen „blind“ für auffällige Objekte in unserem direkten Blickfeld sein, wenn diese Objekte unerwar-tet auftauchen und unsere Aufmerksam-keit gerade von etwas anderem abgelenkt ist.

Carina Kreitz und ihre Kollegen konnten nun im Rahmen einer von der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG; Antragsteller Prof. Dr. Daniel Memmert) geförderten Stu-die zeigen, dass das Auftauchen solcher Ob-jekte nicht einmal vollkommen unerwartet sein muss, damit die so ge-nannte „Unauf-merksamkeitsblindheit“ entsteht. Selbst wenn vermutet werden konnte, dass ein zu-sätzliches Objekt auftauchen würde, wurde dieses von der Hälfte der Versuchsteilneh-merInnen nicht bewusst wahr-genommen. Dies scheint immer dann der Fall zu sein,

wenn die Eigen-schaften des kritischen Objekts (z.B. seine Farbe oder Form) nicht zu den Eigenschaften der Stimuli passen, die gerade im Fokus der Auf-merksamkeit liegen. Wenn die Versuchsteilnehmer also innerhalb einer Aufgabe schwarze Objek-te beachten und weiße ignorieren sollten, waren sie viel häufiger „blind“ gegenüber weißen Objekten, die un-erwartet zusätz-lich auf dem Bildschirm auftauchten, als gegenüber schwarzen Objekten. Ob die unerwartet auftauchenden Objekte dabei vollkommen unerwartet auftauchten oder sogar erwartet werden konn-ten, spielte für die Entdeckenswahrscheinlichkeit kaum ei-ne Rolle.

Überträgt man diese Ergebnisse aus dem Labor auf das reale Leben, könnten sie kri-tische Folgen haben. Ist man z.B. als Auto-fahrerIn im Straßenverkehr unterwegs und achtet vor allem auf andere Autos, kann es passieren, dass ein Radfahrer oder Fußgän-

ger komplett übersehen wird. Die neuen Befunde legen nahe, dass diese Fehler der bewussten Wahrnehmung auch dann pas-sieren können, wenn man erwartet, dass ein Fahrrad oder ein Fußgänger ins Blick-feld kommen könnte, und sind so auf viele Alltagssituationen übertragbar. Auch Fehler im Bereich der Medizin könnten so erklärt werden: Theoretisch wissen Ärzte, dass un-terschiedliche Diagnosen zutreffen können, dass z.B. in einem Hirn-bild auch überra-schend ein Tumor zu sehen sein könnte. Dennoch kann es passieren, dass solche Objekte übersehen werden, wenn der Arzt seine Aufmerksamkeit auf völlig andere Ob-jekte und Diagnosen richtet.

Zusätzlich konnten Carina Kreitz und ihre Kollegen in ihrer wissen-schaftlichen Studie zeigen, dass interindividuelle Unterschiede in der kognitiven Kapazität das Auftreten von Unaufmerksamkeitsblindheit nicht be-einflussen. Menschen mit besonders hohen kognitiven Fähigkei-ten sind also nicht davor gefeit, „blind“ gegenüber unerwar-tet auftau-chenden Objekten zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, der Unaufmerksam-keitsblindheit zum Opfer zu fallen, scheint für alle Personen ungefähr gleich groß zu sein.

Der Beitrag “The influence of attention set, working memory capacity, and expectations on inattentional blindness” by Carina Kreitz, Philip Furley, Daniel Memmert, Daniel J. Si-mons wird in Kürze in der wissen-schaft-lichen Fachzeitschrift „Perception“ (www.perceptionweb.com) publiziert werden.

Sehen schützt vor Blindheit nicht „unaufmerksamkeitsblindheit“ hat auch Auswirkungen im Alltag

verringert bei der OP-Vorbereitung die Drü-sensekretion, beseitigt Krämpfe der glatten Muskulatur und hat zur Pupillenerweiterung und Ausschaltung der Akkommodation in der Augenheilkunde seinen festen Platz. Auch die Homöopathie nutzt häufig die Wirkung dieses hochgiftigen Wirkstoffes: z. B. bei Krämpfen aller Hohlorgane, Asthma, Magengeschwüren, Periodenschmerzen und Gicht kommen Ver-dünnungen von D6 bis D12 zur Anwendung.

Das Königreich Atropatene gibt es schon lange nicht mehr, Atropin hingegen immer noch: Es wird auch in unserer Zeit noch in der Medi-zin verwendet, bestimmt auch im heutigen Aserbaidschan. Zu klären bleibt, ob die CD der norwegischen Kult-Band „Gazpacho“ mit dem Titel „Missa Atropos“, die vielleicht als späte Hymne an die verlorene Schlacht gegen die Schotten zu verstehen ist. auch dort bekannt ist.

Autoren: Dr. Sibylle Scholtz [email protected] Florian Kretz [email protected] prof. Gerd u. Auffarth [email protected]

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Aktuelle KontAKtologie 35

Kontaktologisches Augenzwinkern

AKtKontAKtol DEZ. 2015 · 11. JAHRgAng · 25. HEft

Winterzeit

f Draußen wird es ungemütlich.Grad begann die Winterzeit.

Stimmungen sind unterschiedlich,jeder ist alarmbereit.

f Hell klingeln die Kinokassen,denn an der Gewitterfront

wurde der Verstand entlassen,es regiert nur noch James Bond.f An Europas Grenzen branden

hohe Flüchtlingswellen an.Ein Konzept ist nicht vorhanden,

wie man dieses ändern kann.f Unsre Kanzlerin erklärte:ohne Boden sei das Fass,

doch versprach, wie man ja hörte,unentwegt: „Wir schaffen das!“f Anders reagier´n die Bayern,

deren Zuversicht zerbricht,ohne lange rumzueiern

rufen sie: „Wir schaffen’s nicht!“f Dresden pflegt seine Pegida,

wo man droht und hetzt und schreit.Sind das nicht dieselben, sieh´ da,

wie einst in der Nazi-Zeit ?f Hört die AfD-Sirene,

Höcke heult so affengeilschrille nationale Töne.Da denk ich nur: Petry Heil!f Im Orient wird scharf

geschossenAus den Fugen geht die Welt.Ich hab deshalb, fest ent-schlossen,meine Uhr zurück gestellt.Winfried Rathke (Augenarzt i. R.)

Zitronenfalter

Glättet Botox bei den Altenan der Gänsehaut die Falten ?Wenn im Körper Mängel schwelen,weil Aminosäuren fehlen,und die einst gesunde Hautihrer Zukunft nicht mehr traut,dann vertrocknet bald der Leiba) beim Mann und b) beim Weib.

Schlaff und traurig manches hängt,was uns Gott noch prall geschenkt.

Doch man kann, was opportun,einiges dagegen tun.

Manche lassen ihre Ritzenheute fleißig unterspritzen.

Säuren vom Hyalurongibt es nämlich dafür schon.

Eine stramme Oberfläche

tarnt am Bindgeweb die Schwäche.Botox gibt der Haut den Rest.Wir sind wieder krisenfest.

Niemand muss in Wechseljahrensinnlos mit dem Faltboot fahren,Ganz in Ruh können wir Altenjetzt unsre Zitronen falten.

( gez. Faltstaff , al. Winfried Rathke, Augenarzt i. R.)

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Eine Glosse dazu von Guido Tartarotti (No-men est Omen) im Wiener Kurier am 28.10.15

Wurstsucht

Die WHO hat festgestellt, dass Wurst krebs-erregend ist (und zwar ganz besonders dann, wenn man sie raucht). Die Folgen dieser Er-kenntnis sind logisch:In einem ersten Schritt werden Wurstver-käufer dazu verpflichtet, beim Abwiegen „Darf’s ein bissl weniger sein?“ zu sagen. Der Verkauf von Wurstwaren ist später dann nur noch über eigene Automaten möglich, die Wurstpreise werden schrittweise auf 1000 Euro pro Deka Polnische angehoben, die Wurst bekommt aufgedruckte Warnhin-weise. Weiters werden in den Gaststätten eigene Wurst-Zimmer eingeführt, nach einer Übergangsfrist müssen unbelehrbare Wurstkonsumenten vor die Tür. An Kinder, Kranke und Politiker darf überhaupt keine Wurst mehr verkauft werden, die Musik von Conchita Wurst ist nur noch nach 22 Uhr erlaubt. Gegen Wurstdealer ist mit Härte vorzugehen, außerdem werden Wurstsucht-Entwöhnungszentren eingerichtet.Es gibt übrigens inzwischen auch Hinweise darauf, dass das Leben selbst tödlich sein könnte. Was da zu tun ist, weiß aber noch niemand.

Dazu ein diplomatisches Sonett

reinbiss

Unser Lebensstil-VerkünderWHO, zu allen Stunden,Hat soeben rausgefundenRotes Fleisch macht ungesünder,

Wenn im Übermaß genossen -Also meide Wurst und SchinkenGehe lieber einen trinkenOder iss den Fisch mit Flossen.

Insbesond‘re abzuraten Sei von Grillen, Kochen, Braten.Was bleibt außer „vegetarisch“?

Hähnchenfleisch, das muss man wissen,Gilt als weiß, drum reingebissen,Wenn es roh ist – wie barbarisch!Alexander Mühlen (ehem. dt. Botschafter)

Die WHO (Weltgesundheits-Organisation) hat aktuell den Verzehr von Wurst und Schinken als krebserregend eingestuft, da verarbeitete Fleischerzeugnisse für die Entstehung von Darmkrebs mitverant-wortlich seien. Laut Studien sollen etwa

34.000 Menschen jährlich wegen des in-tensiven Konsums verarbeiteter Fleisch-waren an Krebs erkranken und sterben. Sollte sich eine krebserregende Wirkung von rotem Fleisch bestätigen, sei sogar von 50.000 Todesfällen pro Jahr auszugehen.

Ein Blick genügtWenn wir in die Augen schauen,packt mitunter uns das Grauen

in der tristen Winterzeit,wo die Menschen wenig freut.

Und doch: Manchmal sieht man Lichterund sehr freundliche Gesichter,

ja, erblickt sogar mitunterin den Augen jenes Wunder,das die Liebe hat entfacht,

dies trotz kalter Winternacht.Darum lasset ohn´ Bedenken

uns einander Blicke schenken,dann erkennt das Augenlicht,

wem es gut geht und wem nicht.

Dieter Schnell

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