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Akutrehabilitation querschnitt- verletzter Patienten Florian Högel Ryan Patrick Esser Volker Bühren Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 5 · 2017 Wirbelsäule 4 VNR: 2760512017152371961 DOI: 10.1055/s-0043-102906 Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12 (5): 523540 ISSN 1611-7859 © 2017 Georg Thieme Verlag KG Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

Akutrehabilitation querschnitt- verletzter Patienten · Abb.1 ISNCSCI-Klassifikation (ISNCSCI=International Standards for Neurological Classification of Spinal Cord Injury) Quelle:

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Akutrehabilitation querschnitt-verletzter Patienten

Florian HögelRyan Patrick Esser

Volker Bühren

Orthopädie und Unfallchirurgie up2date

5 · 2017

Wirbelsäule 4

VNR: 2760512017152371961

DOI: 10.1055/s-0043-102906

Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12 (5): 523–540

ISSN 1611-7859

© 2017 Georg Thieme Verlag KG

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Unter dieser Rubrik sind bereits erschienen:

Verletzungen des Rückenmarks – Akutbehandlung F. Högel,J. Vastmans, M. Vogel, V. Bühren Heft 6/2016

Der lumbale Bandscheibenvorfall H. Mayer, F. HeiderHeft 6/2016

Die AOSpine-Klassifikation thorakolumbaler VerletzungenF. Kandziora, P. Schleicher, M. Reinhold, K. Schnake, M. ScholzHeft 5/2016

Untersuchung der Halswirbelsäule C. Josten, C. Heyde,J.-S. Jarvers Heft 1/2016

Verletzungen der subaxialen Halswirbelsäule M. Scholz,P. Schleicher, F. Kandziora Heft 6/2015

Intraspinale Raumforderungen M. Wostrack, B. MeyerHeft 6/2015

Untersuchungen der Brust- und Lendenwirbelsäule F. Heider,C. Siepe Heft 6/2015

Die Skoliose im Wachstumsalter P. Bernstein, J. SeifertHeft 4/2015

Multimodale interdisziplinäre Therapie beim chronischenRückenschmerz J. Mallwitz, T. Dörner, M. Richter Heft 6/2014

Verletzungen der thorakolumbalen WirbelsäuleO. Gonschorek, V. Bühren Heft 6/2014

Die lumbale Spinalkanalstenose U. Liljenqvist Heft 2/2014

Diagnostik und konservative Therapie von lumbalen Rücken-schmerzen W. Beyer Heft 6/2013

Frakturen der unteren Lendenwirbelsäule K. Schnake,F. Kandziora Heft 4/2013

Spondylitis und ihre Differenzialdiagnosen R. Erlemann,A. Hoogeveen Heft 4/2013

Verletzungen und Erkrankungen der oberen HWS (C0–C2)J. Madert, K.-H. Frosch, T. Niemeyer Heft 2/2013

Bandscheibenendoprothetik und andere bewegungserhaltendeStabilisierungsverfahren der Lendenwirbelsäule – klinischeAspekte W. Käfer, H.-J. Wilke, B. Cakir Heft 2/2012

Infektionen der Wirbelsäule S. Mörk, R. Kothe, C. UlrichHeft 5/2011

Injektionstherapie an der Wirbelsäule J. Artner, P. Nichterlein,B. Cakir, H. Reichel Heft 4/2011

Subaxiale degenerative Instabilität und spondylotische Myelo-pathie O. Meier, J. Zenner, L. Ferraris, A. Hempfing, H. KollerHeft 2/2011

Die Therapie der hochgradigen Spondylolisthese und Spondy-loptose A. Hempfing, H. Koller, L. Ferraris, J. Völpel, O. MeierHeft 6/2010

Primäre Tumoren der Wirbelsäule U. Liljenqvist, V. BullmannHeft 5/2010

Operative Behandlung von WirbelsäulenmetastasenV. Bullmann, U. Liljenqvist Heft 4/2010

Isthmische Spondylolyse und Spondylolisthese F. Kandziora,K. Schnake Heft 3/2010

Wirbelsäulenverletzungen im Kindesalter C. Nau, S. Rose,H. Laurer, I. Marzi Heft 1/2010

Verletzungen des Rückenmarks J. Vastmans, M. Vogel, F. Högel,V. Bühren Heft 6/2009

Sagittale Balance und posttraumatische Fehlstellungen derBrust- und Lendenwirbelsäule. Teil 1 H. Koller, J. Zenner,L. Ferraris, O. Meier Heft 5/2009

Sagittale Balance und posttraumatische Fehlstellungen derBrust- und Lendenwirbelsäule. Teil 2 H. Koller, J. Zenner,L. Ferraris, O. Meier Heft 5/2009

Die lumbale Spinalkanalstenose R. Kothe, C. Ulrich, L. Papa-vero Heft 5/2008

Perkutane Vertebroplastie und Kyphoplastie S. Wetzel, K. Wil-helm Heft 1/2008

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Akutrehabilitation querschnittverletzterPatienten

Florian Högel, Ryan Patrick Esser, Volker Bühren

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Einschränkungen oder auch kompletter Verlust von Motorik und Sensibilität sind dieFolgen von Rückenmarkverletzungen, und je nach Lähmungshöhe sind die Blasen-und Darmfunktion und das vegetative Nervensystem ebenfalls betroffen. Um diesePatienten wieder in ihr Umfeld einzugliedern, ist die Zusammenarbeit eines inter-disziplinären Teams aus Orthopäden/Unfallchirurgen, Neurologen, Neurourologenund Internisten wie auch aus Krankenpflege, Physio-, Ergo- und Sporttherapeuten,Psychologen und Sozialdienstmitarbeitern notwendig.

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ABKÜRZUNGEN

AIS ASIA Impairment Scale

ASIA American Spinal Injury Association

BG Berufsgenossenschaft

DMGP Deutschsprachige Medizinische

Gesellschaft für Paraplegiologie

EMG Elektromyelografie

EMSCI European Multicenter Study about

Spinal Cord Injury

FES funktionelle Elektrostimulation

GRASSP-Test The Graded Redefined Assessment of

Strength, Sensibility and Prehension

Hb Hämoglobin

HO heterotope Ossifikation

HWS Halswirbelsäule

IPP Intrinsic-Plus-Position

ISNCSCI International Standards for Neuro-

logical Classification of Spinal Cord

Injury

MEP magnetisch evozierte Potenziale

MU Mouse Unit

NLG Nervenleitgeschwindigkeit

PNF Propriozeptive Neuromuskuläre

Fazilitation

ROM Range of Motion

SCIM‑III-Test Spinal Cord Injury Measure

SSEP somatosensorisch evozierte

Potenziale

THC Tetrahydrocannabinol

TVT tiefe Venenthrombose

VAC-Therapie Vakuumtherapie

VLT Van-Lieshout-Test

et al. Akutrehabilitation querschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallc

EinleitungNach Rückenmarkverletzungen kommt es zu einer Ein-schränkung oder auch zum kompletten Verlust von Funk-tionen wie Motorik und Sensibilität, wobei auch die Bla-sen- und Darmfunktion und das vegetative Nervensys-tem einer ausgeprägten Störung unterworfen sind.

Die Inzidenz für Rückenmarkverletzungen liegt in Nord-amerika bei 39 pro 1Million, in Westeuropa bei 15 pro1Million und in Australien bei ca. 16 pro 1Million.

MerkeDie Hauptursache für traumatische Rückenmark-verletzungen sind Unfälle, im WesentlichenVerkehrsunfälle.

Die frühe Rehabilitation rückenmarkverletzter Patientenist ein essenzieller Bestandteil der Maßnahmen, dieseMenschen wieder in das gewohnte Umfeld hinsichtlichsozialer Teilhabe und Arbeit zu bringen. Hierzu ist ein in-terdisziplinäres Team aus Orthopäden/Unfallchirurgen,Neurologen, Neurourologen und Internisten auf der ei-nen Seite und ein spezialisiertes Team aus Krankenpflege,Physio-, Ergo- und Sporttherapeuten sowie Psychologenund Sozialdienstmitarbeitern notwendig, um die vielfälti-gen Probleme eines Querschnittpatienten professionellzu adressieren.

Die Zeit und die Kosten, welche für die Frührehabilitationbenötigt werden, sind immens. Die Kosten einer quer-schnittspezifischen Akuttherapie im Sinne einer spezi-fischen Frührehabilitationsmaßnahme belaufen sich fürTetraplegiker auf ca. 95000–120000 Euro und für Para-plegiker auf ca. 45000–85000 Euro. Entsprechend sinddie Liegezeiten bei Tetraplegikern zwischen 95 und

523hirurgie up2date 2017; 12: 523–540

▶ Tab. 1 Do(ISNCSCI-Kl

ISNCSCI-Klassifikatio

AIS A

AIS B

AIS C

AIS D

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180 Tagen und bei Paraplegikern zwischen 60 und 90 Ta-gen anzusiedeln. Aufgrund der kürzer werdenden Ver-weildauern ist eine enge Zusammenarbeit und gute Kom-munikation im interdisziplinären Team unabdingbar.Hierbei werden vor allem koordinatorische Fähigkeitenbenötigt, um die speziellen Anforderungen eines Quer-schnittpatienten erfüllen zu können.

MerkeEine frühe Rehabilitation von Querschnittgelähmtenin einer geeigneten Facheinrichtung konnte bessereBehandlungsergebnisse, eine kürzere Verweildauerund im Endeffekt niedrigere volkswirtschaftlicheKosten aufzeigen [1].

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Diagnostisches VorgehenUm eine korrekte Abschätzung der Lähmungshöhe, desLähmungsgrades, der prognostischen Aussagen und dergeeigneten Anforderungen hinsichtlich der Therapiezieleund Möglichkeiten des individuellen Patienten treffen zukönnen, steht vor jeder Therapieverordnung eine zielfüh-rende Diagnostik, die aus den unten ausgeführten Be-standteilen besteht. Ohne diese Art der Herangehenswei-se läuft man Gefahr, wichtige Kriterien und Frühkompli-kationen zu übersehen und zu riskieren.

Anamnese

Die Anamnese ist, ebenso wie in allen anderen Bereichender Medizin, ein unabdingbares Instrument der Diagno-sefindung. Hierzu gehört eine Unfallanamnese mit Erhe-bung des genauen Unfallmechanismus, sofern dieservom Patienten wiedergegeben werden kann. Auch die Er-hebung einer Fremdanamnese ist sinnvoll, da wichtigeZusatzinformationen und ‑diagnosen eruiert werdenkönnen, die von großem Wert für die weitere Therapie-planung sein können. Des Weiteren muss eine Befragungzur Medikamenteneinnahme, Ess-, Trink-, Schlaf- undStuhlgewohnheiten stattfinden. Auch früherer Drogen-konsum sollte abgefragt werden, da es gerade bei ehe-maligen Drogenabhängigen durch neue Medikamenten-

kumentation der Befunde nach der Klassifikation der International Standassifikation).

nQuerschnitt-lähmung

Kennzeichen

komplett keine sensible oder motorische Funktion in

inkomplett sensible Funktion unterhalb des neurologis

inkomplett motorische Funktion unterhalb des neurolo

die Mehrzahl der Kennmuskeln unterhalb d

inkomplett motorische Funktion unterhalb des neurolo

die Mehrzahl der Kennmuskeln unterhalb d

normal sensible und motorische Funktion normal

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

verordnungen zu einem Rückfall kommen kann. Zur wei-teren Anamneseerhebung gehört die Befragung zu bis-herigen Sportgewohnheiten.

PRAXISTIPP

Speziell Ausdauersportler bedürfen einer aktivieren-

den Therapie, da sie verstärkt kollaptisch in der

Frühphase der Mobilisationstherapie reagieren.

Zur Vervollständigung sollte auch die Sozialanamnese ge-hören. Von besonderer Wichtigkeit sind Familienverhält-nisse und Berufsausbildung, da zu späteren Zeitpunktendie Angehörigen und Arbeitgeber in die Rückführung indas poststationäre Leben einbezogen werden.

Körperliche Untersuchung

Um eine Tetra- oder Paraplegie richtig einzuschätzen undden Patienten der für ihn am besten geeigneten Therapiezuführen zu können, sollte jeder Patient gemäß desISNCSCI-Schema (ehemals ASIA-Untersuchung) unter-sucht werden. Hierzu gehört neben der Untersuchungder motorischen Kraftgrade, gemessen über die gesamte„Range of Motion“ (ROM), die Untersuchung der Oberflä-chen- (Light-Touch) und Tiefensensibilität (Pin-Prick)(▶ Abb. 1).

Unabdingbar für die korrekte Bestimmung einer kom-pletten bzw. inkompletten Querschnittlähmung ist dierektale Untersuchung. Hierbei sollte sowohl die motori-sche Kraft des Schließmuskels als auch die tiefe analeSensibilität aufgezeichnet werden, da diese Region durchdas letzte Rückenmarksegment (S4/5) innerviert wird.

MerkeLiegt bei einem Patienten bei der rektalen Unter-suchung weder eine motorische Antwort noch eineForm der Sensibilität vor, so besteht definitions-gemäß immer eine komplette Querschnittlähmung.

ards for Neurological Classification of Spinal Cord Injury

den sakralen Segmenten S4 und S5 erhalten

chen Niveaus und bis in die sakralen Segmente S4 und S5 erhalten

gischen Niveaus erhalten

es neurologischen Niveaus haben einen Kraftgrad < 3

gischen Niveaus erhalten

es neurologischen Niveaus haben einen Kraftgrad ≥ 3

erletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

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Partiell innervierte SegmenteASIA Schadensskala

Inkomplett = Vorliegen irgendwelcher sensibler odermotorischer Funktion in tiefstem sakralen Segment

Das kaudalste Segmentmit normaler Funktion

Kennmuskeln sensible Kennzonen

Sensible Kennzonen

R LR L

MOTORIK SENSIBILITÄT

SensibilitätMotorik

SensibilitätMotorik

Zone partiellenFunktionserhalts

Komplett oder inkomplett?NeurologischeHöhen

Berüh-rung

Nadel-stich

C 2

C 3

C 4

EllbogenbeugerHandgelenkstreckerEllbogenstreckerFingerbeuger (distale Phalanx des Mittelfingers)

Fingerabspreizer

C 5C 6C 7C 8T 1

L 2L 3L 4L 5S 1

C 2

C 2

C 7C 8

C 6

C 7

C 8

C 3

C 4

C 6

C 5C 5

C 6

T 3T 2T 2

T 1 T 1

T 4

T 5

T 6

T 7

T 8

T 9

T 10

T 11

T 12L 1

L 2S 2 S 2

S 3

S 4 – 5

S 1 S 1L 5L 5

L4

L3

L2

L 2

L3

L4

L 2

L 3L 3

L 4

L 5

S 1

S 1

S 1

L 5

L 4

L 1

C 3C 4C 5C 6C 7C 8T 1T 2T 3T 4T 5T 6T 7T 8T 9T 10T 11T 12L 1L 2L 3L 4L 5S 1S 2S 3S 4 – 5

HüftbeugerKniestreckerFußheberGroßzehstreckerFußsenker

Willkürliche Analsphinkter-kontraktion (Ja / Nein) Perianale Empfindung (Ja / Nein)

palmarpalmar palmar

dorsal dorsal

(max : 112)

(max: 112)+ =(25) (25) (50)

Gesamt(56)(MAXIMUM)(MAXIMUM) (56) (56) (56)

++

==

Nadelstich-ScoreBerührungs-Score

obereExtremitäten

gesamt

0 = fehlend1 = eingeschränkt2 = normalNT = nicht prüfbar

R

Bemerkungen:

L

R L R L

+ =(25) (25) (50)(MAXIMUM)

untereExtremitäten

gesamt

▶ Abb. 1 ISNCSCI-Klassifikation (ISNCSCI = International Standards for Neurological Classification of Spinal Cord Injury) Quelle: Vastmans J, VogelM, Högel F et al. Verletzungen des Rückenmarks. Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2009; 4: 367–394.

PRAXIS

Von European Multicenter Study about Spinal Cord Injury

(EMSI-Projekt) empfohlene Untersuchungsintervalle der

neurophysiologischen Diagnostik

▪ very acute (Tag 1–15)

▪ acute I (Tag 16–40)

▪ acute II (Tag 70–98)

▪ chronic (Tag 300–400)D

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Man beschreibt diesen Zustand dann als „kompletteQuerschnittlähmung – AIS A (ASIA Impairment Scale)“und notiert die weiteren Zonen der regelrechten bzw. ge-störten Motorik und Sensibilität (▶ Abb. 1 [2] u. ▶ Tab. 1).

Neurophysiologie

Um besser objektivierbare Messwerte und eine prognos-tische Aussagekraft zu kreieren, sollte eine elektrophysio-logische Messung zu Beginn der Therapie und nach defi-nierten Zeitabständen durchgeführt werden. Hierbeiwerden die durch das EMSCI-Projekt vorgegebenen Zeit-abstände empfohlen. Diese sind in 4 Phasen aufgeteilt (s.Übersicht).

Bei den neurophysiologischen Messungen werden mag-netisch evozierte Potenziale (MEP) und somatosensorischevozierte Potenziale (SSEP) abgeleitet.

Zusätzlich empfiehlt es sich, beim rückenmarkverletztenPatienten folgende Parameter mitzubestimmen:

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallc

▪ die sympathische Hautreaktion, die ein Maß für dievegetative Störung bei Rückenmarkverletzten dar-stellt, und

▪ den H-Reflex als Maß der Integrität des Eigenreflex-bogens.

Auch Zusatzuntersuchungen wie Elektromyelografie(EMG) und Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) sind in dieDiagnostik miteinzubeziehen, um zusätzliche Plexusschä-den verifizieren zu können.

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CaveDie neurophysiologische Untersuchung kann durchUmwelteinflüsse wie Licht und Lärmreize beeinflusstwerden, weshalb man diese Untersuchung nachMöglichkeit immer unter den gleichen Bedingungendurchführen sollte. Auch begleitende Schädel-Hirn-Verletzungen haben einen Einfluss auf die Unter-suchungsergebnisse der Neurophysiologie.

BildgebungRöntgen

Zumeist liegt bei Eintreffen des querschnittverletzten Pa-tienten in einer Rehabilitationseinrichtung eine komplet-te Röntgendiagnostik vor. Die konventionelle Röntgen-diagnostik hat jedoch in der Verlaufskontrolle nach wievor ihren Stellenwert. So sollte vor allem bei von ventralstabilisierten HWS-Verletzungen vor Abnahme der wei-chen Halskrawatte eine Verlaufskontrolle durchgeführtwerden, um frühzeitig auftretende Materialauslockerun-gen oder Fehlstellungen zu erfassen und dementspre-chend reagieren zu können. Auch vor Entlassung eines

▶ Abb. 2 Konventionelles Verlaufsröntgen der Halswirbelsäule in 2 Ediskoligamentärer Verletzung C5/6.a Ansicht a.–p.b Seitliche Ansicht.

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

Patienten in die Spätrehabilitation sollte eine Verlaufs-kontrolluntersuchung durchgeführt werden (▶ Abb. 2).

Computertomografie

Da frischen, traumatischen Querschnittverletzungen zu-meist Hochrasanztraumata vorausgegangen sind, solltedem weiterbehandelnden Querschnittzentrum eine CT-Polytraumaspirale vorliegen. Die Häufigkeit von Begleit-verletzungen bei Wirbelsäulentraumata ist nicht uner-heblich und umfasst bei HWS-Verletzungen zu einemProzentsatz von 25% ein begleitendes Schädel-Hirn-Trau-ma und zu etwa 17% ein schweres Thoraxtrauma. DieseBegleitverletzungen sollten durch eine CT-Diagnostikverifiziert sein, da der weitere Behandlungsverlauf hier-durch wesentlichen beeinflusst sein kann und konseku-tive Komplikationen frühzeitig erkannt werden sollten.Vor allem sollte nach operativen Eingriffen die Implan-tatlage durch eine CT-Bildgebung dargestellt und doku-mentiert werden, sofern keine intraoperative CT-Bild-gebung vorliegt.

benen bei einem Patienten mit inkompletter Tetraparese nach

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▶ Abb. 3 Materiallage- und Stellungskontrolle bei kom-pletter Paraplegie und langstreckiger dorsaler Instrumen-tierung vor Beginn der Mobilisation.

▶ Abb. 4 MRT der Halswirbelsäule bei inkompletter Paraparese sub Th2initial. Bei Spastikexazerbation und zunehmendem Kraft- und Funktions-verlust der Hände Kontroll-MRT mit Ausbildung einer Syrinx bis C08 Monate nach Trauma.a Ausdehnung des Myelonödems.b Syrinx.

▶ Abb. 5 Nachweis einer Ödembildung als präkalzifizie-rende Vorstufe von heterotopen Ossifikationen ventro-kaudal des Trochantermassivs bei einem 54-jährigenParaplegiker.

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Oftmals ergeben sich im Behandlungsverlauf zuneh-mende Haltungsstörungen, die mit einer Sinterung derverletzten Wirbelkörper zusammenhängen. Dies kannam besten mit der CT-Diagnostik nachvollzogen werden,und der Patient kann der entsprechendenTherapie unter-zogen werden (▶ Abb. 3).

MRT

Ist die MRT-Untersuchung zum Zeitpunkt der akuten Rü-ckenmarkverletzung aufgrund der relativ langen Unter-suchungsdauer als umstritten zu betrachten, so nimmtder Stellenwert zum Zeitpunkt der querschnittspezi-fischen Akuttherapie bzw. ‑rehabilitation zu. Störungenin der Beurteilbarkeit durch Metallartefakte liegen zwarvor, jedoch kann mithilfe geeigneter Softwareadaptatio-nen dieses Störrauschen minimiert und Veränderungender Rückenmarkläsion beurteilt werden.

Von Interesse sind hierbei die Ausdehnung des Myelon-ödems (▶ Abb. 4a) sowie die Veränderung der Struktu-ren bei Exazerbation einer Spastik der quergestreiftenSkelettmuskulatur oder Verlust bereits vorhandener mus-kulärer sowie sensibler Funktionen, da man in einem sol-chen Fall eine Syrinx (▶ Abb. 4b) ausschließen sollte.

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallc

Auch zum Ausschluss liquider Verhalte kann die MRT hin-zugezogen werden.

Neben der Diagnostik der Rückenmarkstrukturen kanndie MRT-Diagnostik auch Aufschluss darüber geben, obvor allem im Bereich der Hüftgelenke Vorstufen von hete-rotopen Ossifikationen vorliegen (▶ Abb. 5).

Zum derzeitigen Augenblick liegen noch keine Studienvor, die uns über die Wertigkeit der MRT hinsichtlich derPrognostik einer Querschnittlähmung Aufschluss gebenkönnen.

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Sonografie

Die Ultraschalluntersuchung wird zum Zeitpunkt der frü-hen Rehabilitation genutzt, um rechtzeitig die Entwicklungheterotoper Ossifikationen (HO) erkennen zu können.

PRAXISTIPP

Ultraschalluntersuchungen sollten alle 3 Wochen

oder bei einem Auftreten unklaren Fiebers, Schwel-

lungen, Bewegungseinschränkungen und Rötungen

im Hüftbereich sowie einem Ansteigen der D-Dimere

in einen vierstelligen ng/ml-Bereich durchgeführt

werden.

Hierbei sollte von lateral begonnen werden und der Tro-chanter major, der Hüftkopf sowie der Venenstern alsStrukturen identifiziert werden. Zu beachten ist dieStruktur der Muskulatur. Im Normalfall findet man einehomogene Fiederung der Muskelpakete. Liegen jedochödematöse Vorstufen einer HO vor, so ist diese homo-gene Struktur durch ein chaotisches intramuskuläresSchallmuster ersetzt, ggf. sind bei beginnenden Kalzifi-zierungen bereits Schallauslöschungen zu sehen(▶ Abb. 6).

Labordiagnostik

Die Labordiagnostik dient der Verlaufsbeobachtung vonpostoperativen Befunden. Ein Augenmerk sollte hierbeigelegt werden auf▪ die Entzündungswerte,▪ den Hb-Wert sowie▪ die Leber- und Nierenwerte.

▶ Abb. 6 Sonografischer Nachweis von intramuskulärenÖdemen im proximalen M. rectus femoris bei einem37-jährigen Paraplegiker, 7 Wochen nach Rückenmark-verletzung.

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

MerkeDie Leberwerte sind vor allem nach längeren undkomplikationsreichen Intensivaufenthalten zu be-achten, da eine sekundär sklerosierende Cholangitisfatale Folgen haben kann.

Auch die Gerinnungsdiagnostik ist von besonderem Inte-resse, da diese Werte besonders bei septischem Gesche-hen leicht entgleisen können und dem Arzt einen Hinweisauf drohende Komplikationen geben können.

Im Hinblick auf die Entwicklung von heterotopen Ossifi-kationen sind die D-Dimere interessant. Zudem sollte inregelmäßigen Abständen – d.h. zumindest einmal proWoche – der Urin kontrolliert werden, um Harnwegs-infekte rechtzeitig zu erkennen.

Lungenfunktionsdiagnostik

Vor allem bei tetraplegischen Patienten mit einem Läh-mungsniveau oberhalb von C4 und der Notwendigkeitzur Dauerbeatmung wird eine Lungenfunktionsdiagnos-tik über die Ermittlung der Blutgase durchgeführt. Diesewird benötigt, um die Heimbeatmungsmaschine korrekteinstellen zu können.

Im Vorfeld zu Schluckendoskopien, Videofluoroskopienund ventralen thorakoskopischen Spondylodesen ist eineLungenfunktionsdiagnostik beim nicht dauerhaft beat-meten Patienten durchzuführen. Lungenkapazitäts-bestimmungen sind sinnvoll, um das Weaning-Potenzialfestzustellen und das Weaning zu steuern.

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Frühkomplikationen

Heterotope Ossifikationen

Zu den querschnittassoziierten Frühkomplikationen zäh-len u. a. heterotope Ossifikationen (HO). Diese treten inca. 5–12% der Fälle nach traumatischer Rückenmarkver-letzung und gehäuft bei Männern auf. Zur suffizientenFrüherkennung gehören ein regelmäßiges Ultraschall-screening in 3-wöchentlichen Intervallen sowie die regel-mäßige Bestimmung der D-Dimere.

CaveEin gehäuftes Auftreten der HO liegt in der5.–8. Woche nach Trauma vor.

Heterotope Ossifikationen werden zunächst durch Ultra-schall gesichert und bei Verdacht durch ein MRT des Be-ckens verifiziert. Hierzu reicht ein MRT mit 1,5 Tesla aus,wobei vor allem die ventralen Muskeln beurteilt werdensollen. Dorsal ist meist ein Ödem sichtbar, das jedochnur selten einen pathologischen Charakter hat, da Öde-me in dieser Region durch die meist sitzende Belastungdie Regel sind.

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Die Klassifikation der HO wird nach Brooker [3] vor-genommen, der die Ossifikationen in 4 Stadien eingeteilthat.

PRAXISTIPP

Die Ödeme zählen zu den Vorstufen und sind durch

eine fraktionierte 5-malige Bestrahlung mit 3 Gray

(Gy) gut zu therapieren. Bis dato ergaben unsere

hausinternen Nachuntersuchungen eine Restitutio

ad integrum von 98% [4].

Thrombose

Eine weitere Frühkomplikation ist, wie bei allen traumati-schen Ereignissen, die erhöhte Thromboserate. Sie be-trägt je nach Literaturangabe bis zu 81% und ist somitähnlich wie bei polytraumatisierten Patienten anzusehen.Gemäß der Untersuchung einer speziellen Fachgruppe[5] wird eine Thromboseprophylaxe von 2 × täglich30mg Enoxaparin empfohlen. Hierdurch kann die Entste-hung evonTVTund Lungenembolie signifikant gemindertwerden.

Dekubitalulzera

Eine ebenfalls durch eine akute Verletzung des Rücken-marks hervorgerufene Frühkomplikation kann die Entste-hung von Druckulzera sein. Dieses Problem kann zum ei-nen durch die gestörte Sensibilität, zum anderen aberauch durch die Veränderung der Schweißsekretion unddas gestörte Temperaturempfinden verursacht werden.

MerkeIn diesem Zusammenhang ist es wichtig, auf Haut-rötungen oder Mazerationen im Rahmen derLagerungsmanöver zu achten.

▶ Abb. 7 I.-gradige Weichteilschädigung in der Analfaltedurch starkes Schwitzen bei Temperaturregulationsstö-rung nach frischer Tetraplegie.

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Sind Hautveränderungen entstanden, so ist es primär vonBedeutung, die betroffenen Stellen zu entlasten, da vorallem die Druck- und Scherbelastung der Weichteile zueinem Fortschreiten der Weichteilschäden führen kann.Zur Weichteilschonung und Vermeidung von Scherbelas-tung ist es wesentlich, Schädigungen vor allem bei denTransfers durch eine schonende Mobilisation, z. B. durchein Liftersystem, zu vermeiden.

Oberflächliche Hautläsionen können zum einen mit einerSoftlaserbehandlung therapiert werden, aber auch dasBetupfen der Haut mit einer gerbenden Lösung, wie z. B.Eosinlösung, kann zu einer raschen Abheilung und Stabi-lisierung der betroffenen Weichteile führen.

Sollte die Hautläsion durch eine vermehrte Schweißse-kretion hervorgerufen werden (▶ Abb. 7), so kann manbei Versagen der konventionellen Behandlung mitschweißabsorbierenden Verbandsmaterialien, wie z.B.Kaltostat oder Nextra, arbeiten oder auch eine intrakuta-ne Botulinumtoxinbehandlung durchführen. Hierzu mar-kiert man die betroffene Region mit 20 Feldern à 1 cm2

und appliziert pro Feld 1MU Botox intrakutan.

Bei tiefergreifenden Weichteilschäden Grad III (▶ Abb. 8)kann zusätzlich zu den entlastenden Maßnahmen aucheine funktionelle Elektrostimulation (FES) durchgeführtwerden, um die Durchblutungssituation der Weichteilezu verbessern.

Liegen Nekrosen oder schmierige Beläge vor, so hilft inder Regel nur die chirurgische Therapie mit Abtragungder abgestorbenen Gewebeanteile und die anschlie-ßende Gewebskonditionierung (▶ Abb. 9 u. Fallbeispiel1). Hierzu muss keine teure VAC-Therapie durchgeführtwerden. Die Konditionierung kann durch tägliches Aus-duschen der Wunde und Stimulation des Gewebes durch

▶ Abb. 8 II.- bis III.-gradiger Substanzdefekt mit Aus-bildung eines Granulationsrasens nach entlastendenMaßnahmen und FES-Therapie (FES = funktionelle Elek-trostimulation).

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▶ Abb. 9 Trockene Nekrose in der Analfalte nach Weichteilschädigung durch Scherkräfte beim Transfer und begleitender Hyper-sekretion von Schweiß.a Klinischer Aspekt.b Nach chirurgischer Entfernung der Nekrose beginnende Einsprossung von Epithelzellen, sodass unter weiterer Wundkonditio-nierung eine Gewebeverpflanzung nicht notwendig wird.

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Polyurethanschwämme und Alginaten herbeigeführtwerden. Zeigt sich nach entsprechender Therapie eingut durchbluteter Granulationsrasen, so kann eine Lap-pendeckung erfolgen.

MerkeInsgesamt ist die Entstehung eines Druckulkus in derFrühphase nach einer Rückenmarkverletzung jedocheher selten und entsteht meist erst nach 1–3 Jahren.

Pneumonie

Pulmonale Infektionen sind vor allem bei polytraumati-sierten Patienten und langzeitbeatmeten Patienten miteiner hochzervikalen Querschnittlähmung von C0–C4 zubeachten. Bei diesen Patienten liegt das Risiko für einePneumonie bei ca. 40% innerhalb der ersten 5 Jahre nachTrauma.

Eine engmaschige Kontrolle der Lungenfunktion mit täg-lichem Auskultieren der Lunge sowie frühzeitiger Inter-vention bei sich anbahnendem Infekt mittels Inhalatio-nen und topischer Antibiotikagabe wird empfohlen. Umpulmonale Erschöpfungsphasen, Aspirationen undSchluckstörungen zu vermeiden, ist ein langwierigerWeaning-Prozess mit stundenweiser Entwöhnung durch-zuführen, die von Atmungstherapeuten und Logopädenbegleitet werden sollte.

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Therapeutische Maßnahmen

THERAPEUTISCHES PRINZIP

Die rehabilitative Therapie beginnt bereits auf der

Intensivstation.

Hier ist vor allem auf die Aufrechterhaltung eines suffi-zienten Kreislaufs zu achten, da bei rückenmarkverletz-ten Patienten eine hypotone Kreislaufsituation aufgrundder a- bzw. hyposympathikotonen Dysregulation vorliegt.Viele ältere Querschnittpatienten sind anamnestisch mitblutdrucksenkenden Medikamenten behandelt. Es emp-fiehlt sich, eine dezidierte Blutdruckdiagnostik mit Lang-zeitblutdruckmessung und Langzeit-EKG durchzuführen,um im Rahmen einer Medikamentenvisite überflüssige„Blutdrucksenker“ abzusetzen.

Da bei den Patienten eine Blasen- und Mastdarmentlee-rungsstörung besteht, müssen eine Blasendrainage, zu-nächst mit transurethralem Dauerkatheter, durchgeführtund ein regelmäßiges und praktikables „Darmmanage-ment“ etabliert werden. Zudem liegt ein erhöhtesThrombose- und Embolierisiko vor, weshalb wir eine Anti-koagulationstherapie mit 0,3mg Enoxaparin, 2 × täglichfür 8 Wochen und das Tragen von Kompressionsstrümp-fen für 10 Wochen empfehlen.

Ebenso wird bereits während des Intesivaufenthaltes eineLagerungstherapie von Händen und unteren Extremitä-ten empfohlen, um zum einen eine Kontrakturprophylaxezu erreichen und zum anderen noch erhaltene Funktio-

erletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

FALLBEISPIEL 1

Anamnese

Männlicher, 38-jähriger Paraparetiker sub Th9 (AIS B) mit traumatischem Bandscheibenvorfall vor einem halben Jahr.

Ausbildung eines III.-gradigen Ulkus in der Rima ani durch starkes Schwitzen. Im MRT zeigt sich ein deutliches Myelon-

ödem; am selbenTag erfolgt die Diskektomie.

Zuverlegung in ein Querschnittzentrum zur querschnittspezifischen Akuttherapie.

Diagnostik

Am Aufnahmetag wird eine Untersuchung nach ISNCSCI-Schema durchgeführt mit folgenden Befunden:

▪ inkomplette Paraparese unterhalb vonTh9

▪ AIS B nach ISNCSCI-Schema.

Am Folgetag schließt sich die neurophysiologische Untersuchung an und zeigt H-Reflexe an den Füßen zeitverzögert, SEP

schwach,MEP nicht auslösbar. Es zeigt sich darüber hinaus eine sympathischeHautreaktionmit schwachen Potenzialen an

den Füßen.

Therapeutisches Vorgehen

Aufnahme vonTrainingstherapie, Transferübungen, Stabilitätstraining, Beginnmit intermittierendem Selbstkatheteris-

mus und Etablierung eines Darmmanagements.

Im Verlauf kommt es jedoch zu folgenden Frühkomplikationen:

▪ 1. Frühkomplikation:

– Fieberhafter Harnwegsinfekt; der Patient bleibt im Bett, schwitzt stark.

– Gabe einer testgerechten Antibiotikatherapie.

▪ 2. Frühkomplikation:

– Hautläsion in der Rima ani.

– Trotz Lagerungstherapie entwickelt sich ein III.-gradiger Dekubitus (▶ Abb. 10a).

– Es besteht die Notwendigkeit der Ausschneidung der Nekrosen und der konservativenWundkonditionierung mit

Ausduschen, Bettruhe und FES (= funktionelle Elektrostimulation) bis zur Epithelialisierung (▶ Abb. 10b). Es kommt

zur trockenen Abheilung des Ulkus nach FES-Therapie und intrakutaner Injektion von 20 MU („mouse units“) Xeomin,

sodass unter weiterer Wundkonditionierung eine Gewebeverpflanzung nicht notwendig wird.

Erneute Mobilisation mit Liftersystem und Transfers mit Rutschbrett bei weiterer Hautstabilisierung.

Bei stabilen Hautverhältnissen entscheiden wir uns zur i. c. Injektion von 20MU Botulinumtoxin A entlang der Rima ani zur

Rezidivprophylaxe.

▶ Abb. 10 Ausbildung eines III.-gradigen Ulkus in der Rima ani durch starkes Schwitzen.a Klinischer Aspekt.b Trockene Abheilung des Ulkus nach FES-Therapie (FES = funktionelle Elektrostimulation) und intrakutane Injektion von20MU Xeomin.

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nen zu fördern. Speziell für inkomplette Lähmungsbilderist die Lokomotionstherapie durchzuführen [6,7].

Zur Vermeidung von Komplikationen wie z. B. Druckulze-ra und Komplikationen ist zu beachten, dass eine kon-sequente Lagerungstherapie sowie die Erprobung vongeeigneten Hilfsmitteln unerlässlich ist.

Da vor allem bei hochgelähmten Querschnittpatientendie Temperaturregulation gestört ist, muss bei subfebri-len und febrilen Körpertemperaturen für eine entspre-chende Diagnostik und Therapie Sorge getragen werden.

Ergotherapie

Die Ergotherapie hat das Ziel, die Handlung des Patientenin seiner Umwelt zu verbessern. Das bedeutet, dass affek-tive, kognitive und physische Aspekte in der Behandlungangesprochen werden. Die Patienten werden deshalb un-ter Berücksichtigung der Tätigkeitsräume Freizeit, Pro-duktivität und Selbstversorgung gefördert.

Ergotherapeutische Diagnostik

An ergotherapeutischen Assessments werden zunächstdie Körperstrukturen nach der Neutral-Null-Methode er-fasst sowie die Körperfunktionen hinsichtlich der Hand-kraft und Sensibilität mittels folgender Tests erfasst:▪ Van-Lieshout-Test (VLT),▪ Graded Redefined Assessment of Strength Sensibility

and Prehension (GRASSP),▪ Zwei-Punkte-Diskrimination.

Zur Bewertung der Selbstversorgung werden in der Ergo-therapie der SCIM‑III-Test (Spinal Cord Injury Measure)durchgeführt und zusätzlich eine Wohnungs- und Hilfs-mittelcheckliste angefertigt (s. Infobox).

ÜBERSICHT

Hilfsmittel

▪ Adaptierung von Essbesteck und Zahnbürste

▪ Erprobung und Bedienungshilfe für Kommunika-

tionsmedien

▪ Verordnungen von Hilfsmitteln für die tägliche

Hygiene (Duschklappsitz, Badewannenbrett etc.)

▪ Verordnung von Pflegebett und Einlegerahmen

▶ Abb. 11 Durchbewegen der Finger, um die passiveBeweglichkeit zu erhalten. Die Hand wird nur in Beuge-stellung des Handgelenkes geöffnet. In Streckstellung desHandgelenkes werden die Finger gebeugt.

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Ergotherapeutische Maßnahmen

Die ergotherapeutischen Behandlungsmaßnahmen rich-ten sich nach patientenindividuellen Umständen wie z. B.Motivation, Wille, kulturellem Hintergrund, Herkunft undAlter. Auch der Umgang mit Schmerzen, Spastizität undKrankheitsverarbeitung sind in die Therapiemaßnahmeneinzubeziehen. Die Anpassung der Therapiemaßnahmenist ein dynamischer Prozess und orientiert sich an der

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

Ausprägung der Lähmung (AIS A–D) sowie der Läh-mungshöhe.

Die verwendeten Therapiekonzepte, die auch durch dieDMGP (Deutschsprachige Medizinische Gesellschaft fürParaplegiologie) empfohlen werden, sind▪ Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF),▪ Bobath-Therapie,▪ Manuelle Therapie,▪ thermoplastische Schienenversorgung,▪ Sitzpositionsoptimierung,▪ Ergonomie,▪ sensomotorische Rehabilitation bei Restsensibilität.

Zur weiterführenden fachlichen Qualifikation sind folgen-de Konzepte zu empfehlen:▪ Funktionelle Elektrostimulation (FES) (mit/ohne

Biofeedback),▪ Spiegeltherapie,▪ Kinästhetik,▪ Triggerpunktbehandlung und/oder Myofascial

Release,▪ funktionelle Bewegungslehre,▪ Affolter-Modell, Prä-Affolter,▪ Spiraldynamik und Neurodynamik zur Funktionsver-

besserung und zum Funktionsersatz.

MerkeAus orthopädischer Sicht ist speziell für tetraplegi-sche Patienten die Einsetzbarkeit der gelähmtenHände von Interesse. Geeignet für diese Maßnahmensind Patienten mit einem Lähmungsniveau von C6/7.

Hier werden in der Frühphase mittels individuell ange-passter Handlagerungsschienen eine Kontrakturprophy-laxe sowie ein spezielles Funktionshandtraining durch-geführt, das über einen Tenodeseeffekt den Handschluss

erletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

und die Daumenadduktion bei der Handgelenkextensionfördern soll. Hierdurch kann eine Haltefunktion erreichtwerden, die zur Benutzung eines adaptierten Schreibstif-tes oder auch von Haushaltsartikeln benötigt wird.

Die Patienten werden auf eine „aktive Funktionshand“vorbereitet. Zunächst muss die passive Beugesehnen-

▶ Abb. 12 Durchbewegen der Finger, um die passive Beweglichkeita Die Hand wird nur in Beugestellung des Handgelenkes geöffnet.b In Streckstellung des Handgelenkes werden die Finger gebeugt.

▶ Abb. 13 Unterschiedliche Lagerungsmöglichkeiten von Cock-up-Sa Dorsal angelegte Schiene aus Thermoplastmaterial.b Volare Schiene, die vor allem bei schweren Händen angelegt wird.c Einkleben der Finger bei laxen bzw. schwachen Hand- und Fingergd Beim Abnehmen der Schienen ist auf Rötungen und Druckstellen

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallc

spannung erhalten bzw. eine Verkürzung durch eine spe-zielle Handlagerung gefördert werden. Dies erfolgt überein Lagerungsschema, welches durch individuell ange-passte IPP-Schienen (Intrinsic-Plus-Position) durch-geführt wird (▶ Abb. 11). Um Fingergelenkkontrakturenzu vermeiden, erfolgt ein passives Durchbewegen ohneÜberdehnen der Fingerbeugesehnen (▶ Abb. 12).

zu erhalten.

chienen (dorsal/volar).

elenken.zu achten.

533hirurgie up2date 2017; 12: 523–540

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MerkeDie wichtigste Verhaltensregel für das Bewegen einerFunktionshand ist, dass die Finger nur in Beugestel-lung des Handgelenkes gestreckt werden dürfen.

Sind die Hände anfangs noch schwach, so werden sietagsüber in Cock-up-Schienen gelagert. Hierbei wird dieFauststellung ggf. durch ein Kleben der Finger unter-stützt (▶ Abb. 13). Bei jedem Abnehmen der Schienenist auf Rötungen und Druckstellen zu achten.

PhysiotherapieZiele

Zielsetzung der Physiotherapie bei Querschnittpatientenist im akuten Stadium einer Querschnittlähmung die Ak-tivierung des Patienten mit einem der Lähmungshöheentsprechenden funktionellen Training mit den in derÜbersicht zusammengefassten Therapiezielen.

▶ Abb. 14 Stationäres Robotiksystem (Lokomat) zur Aus-bildung eines physiologischen Gangbildes bei inkomplet-ter Paraparese. Zusätzliche Kontrolle der Haltung miteinem Ganzkörperspiegel.

ÜBERSICHT

Therapieziele im akuten Stadium

der Querschnittlähmung

▪ Förderung von

– Innervation

– Koordination

– Kraft

– Ausdauer

▪ Schulung der Körperwahrnehmung

▪ Erarbeitung eines Eigentrainings

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Im chronischen Stadium sollen vor allem die Komplikati-onsprophylaxe und die neurologische Dysregulation ge-schult werden. Des Weiteren werden durch eine beson-dere Sporttherapie eine Unterstützung der therapeuti-schen Ziele unter gruppendynamischen Aspekten geför-dert und die Erprobung von Hilfsmitteln durchgeführt.

Lähmungshöhe C0–C4

Die Schwerpunkte der Physiotherapie sind abhängig vonder Lähmungshöhe. So liegt bei Patienten mit einem Läh-mungsniveau von C0–C4 das Augenmerk auf der Verbes-serung der Funktionen des faziooralen Traktes und derAtemfunktion. Hinsichtlich der Hilfsmittelversorgungwerden vor allem Hilfsmittel zur Mobilisation und Atem-unterstützung erprobt.

Lähmungshöhe unterhalb von C5

Bei Patienten mit einem Lähmungsniveau unterhalb vonC5 kommen Übungen zur Unterstützung des Gleichge-wichts hinzu, die einen instabilen, unterstützten Sitz er-möglichen sollen. Die Aktivitäten sollen bis zur Mithilfebei unterstützten Bewegungsübergängen bis hin zumTransfer erarbeitet werden. Weiterhin soll die Hand-habung eines mechanischen Rollstuhles, evtl. mit elektri-

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

scher Unterstützung erprobt werden. Des Weiteren wer-den durch die Physiotherapie das Transfertraining vomRollstuhl auf die Untersuchungsliege und zurück sowieder Boden-Rollstuhl-Transfer geübt. Dies wird durch eineadditive Sporttherapie mit Rollstuhltraining, Gerätetrai-ning zur Förderung der Kraft und Ausdauer erreicht. Zu-sätzlich wird auch Rollstuhlrugby als Sportart angeboten.

Inkomplette Lähmung

Speziell für inkomplette Lähmungsbilder ist das aktivie-rende Training mittels robotikgestützter Systeme, vor al-lem stationärer Art, wichtig. Studien von Wirz sowie Curthaben gezeigt, dass ein häufiges Trainieren der teilge-lähmten Gliedmaßen in immer gleicher Art und Weisezu einer Verbesserung des Lähmungsgrades führt.

MerkeMithilfe der stationären Robotiksysteme könnenGewichtsabnahme und Kraft computergestützt ge-steuert werden und somit dazugewonnene Muskel-funktionen weiter trainiert werden (▶ Abb. 14).

erletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

FALLBEISPIEL 2

Anamnese

Männlicher, 57-jähriger Paraplegiker – Lähmungsniveau unterhalb

vonTh8 (AIS A) – seit einem BG-lich versicherten Forstunfall vor

25 Jahren.

Der Patient klagt über ein vermehrtes Völlegefühl und abwechselnd

über Koprostase und Durchfälle seit ca. 10 Monaten mit zunehmen-

der Tendenz. Er habe mit Laxanzien versucht, die Koprostasephasen

selbstständig in den Griff zu bekommen.

Vorstellung zur BG-Reha in der Rückenmarkverletztenabteilung zur

Abklärung der Darmproblematik und Verbesserung der allgemeinen

körperlichen Leistungsfähigkeit.

Diagnostik

Gabe von Kolontransitkapseln für 6 Tage und Anfertigung einer Ab-

domenübersichtsaufnahme (der Befund ist in ▶ Abb. 15 dargestellt.

Es zeigt sich ein massiv stuhlgefülltes Colon ascendens, transversum

und descendens mit einer Ansammlung der Marker im Sigma-Rek-

tum-Bereich.

Die berechnete Passagezeit beträgt 122 Stunden (die Norm bei

Männern beträgt < 60 Stunden).

TherapeutischeMaßnahmen

Daraufhin Entleerung des Dickdarms entsprechend einer Darm-

reinigung zur Koloskopie, um alle harten Stuhlanteile zu entfernen.

Anschließend erfolgt der Neuaufbau des Darmmanagements mit

Irrigationssystem.

▶ Abb. 15 Sequenziell trägere Darmanteile bei noch nicht volletabliertem Darmmanagement. Hierzu werden Kolontransitkap-seln benutzt, die über den Zeitraum von 6 Tagen verabreicht wer-den und eine funktionelle Darmdiagnostik darstellen. Die Markerzeigen die Positionen von Engstellen und geben Aufschluss überden Mobilitätsgrad des Darmes.

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Pflege

Durch die Krankenpflege werden primär die erste Mobili-sation und das Kreislauftraining durch Etablierung einesstabilen Sitzes durchgeführt. Zunächst im Bett wird derPatient unter Aufrichtung des Oberkörpers in den sog. Pi-lotsitz gebracht; weiterführend erfolgt die Mobilisationim Pflege- und Aktivrollstuhl. Im Zusammenhang mitder Verrichtung von Alltagstätigkeiten trainieren die Pa-tienten das in der Physiotherapie Erlernte, wie z. B. sichdie Zähne zu putzen oder zu rasieren. Auch die erlerntenTransfers werden zur Vertiefung und Überführung in dieAlltagstauglichkeit auf Stationsebene – zunächst gemein-sam mit dem Pflegepersonal – durchgeführt.

Einen weiteren Schwerpunkt im Bereich Pflegeverrich-tungen liegt bei der Erprobung einer geeigneten Matrat-zenversorgung sowie der Erprobung eines geeignetenDusch- bzw. Toilettenstuhls, immer unter Beachtung derWeichteilsituation. Diese Hilfsmittelversorgung ist indivi-duell auf die anatomischen Gegebenheiten sowie indivi-duellen Bedürfnisse abzustimmen.

MerkeIn Zusammenhang mit dem Dusch- bzw. Toiletten-stuhl steht auch die Darmentleerung als besonderswichtiges Kriterium im Mittelpunkt der Querschnit-trehabilitation. In der Regel wird versucht, ein festesAbführschema mit Darmentleerung alle 1–2 Tage zuetablieren.

Die Darmentleerung sollte nach Möglichkeit in den Ta-gesablauf des Patienten integrierbar sein, sodass der Pa-tient regelmäßig und ohne Inkontinenzereignisse denrestlichenTag verbringen kann. Zeitintervalle von 3–4 Ta-gen sollten nicht toleriert werden, da es im Verlauf einerQuerschnittlähmung auch zu einer Darmträgheit kommt,die nicht selten von Medikamenten herrührt, welche dieBlasenaktivität dämpfen. Durch eine verlängerte Darm-passage kommt es zu vermehrten Ausgasungen desStuhlbreis, was wiederum zu einer Überblähung und ver-minderten Darmmotilität führt.

Ein entsprechendes „Darmmanagement“ kann unter Zu-hilfenahme von digitaler Entleerung, Zäpfchen, Klysmenoder Irrigationssystemen, aber auch oraler Abführmitteletabliert werden (s. a. Fallbeispiel 2). Spätfolgen einernicht korrekt durchgeführten Darmentleerung könnenschwerwiegend sein und über längere Sicht zu einerIleussymptomatik führen (▶ Abb. 15), die gelegentlichnur noch durch die Anlage eines Anus praeter zu behebenist.

Auch perianale Fisteln und Abszesse sowie das gehäufteAuftreten von höhergradigen Hämorrhoiden kommt vor(▶ Abb. 16).

535Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

▶ Abb. 16 Höhergradige Hämorrhoiden 12 und 3 Uhr alsFolge von rektal-digitaler Entleerung.

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SpastikDie Spastik der quergestreiften Skelettmuskulatur ist einPhänomen der fehlgeleiteten Informationsverarbeitungauf Rückenmarkebene. Teilweise wird die Spastik als stö-rend und schmerzhaft empfunden, manchmal ist dieSpastik auch gefährdend, wenn der Patient Gefahr läuft,aus dem Rollstuhl zu stürzen.

MerkePrinzipiell ist die Spastik jedoch nicht als „Feind“ zubetrachten, da sie die Muskulatur passiv beübt undstabilisierend für die Extremitäten und den Rumpfwirken kann.

Dehnung

Sollte die Spastik jedoch als schmerzhaft oder gefähr-dend empfunden werden, sodass wichtige Verrichtungendes Alltags nicht mehr getätigt bzw. geübt werden kön-nen, wird eine Behandlung notwendig. Generell werdendie Gelenke bei Querschnittpatienten gedehnt, was beileichten Muskelspastiken schon ausreichend sein kann.Auch spezielle, dehnende Lagerungen gehören hier zuden konventionellen Behandlungstechniken.

Medikamentöse Behandlung

Ist die Spastik nicht durch derartige Mittel zu beeinflus-sen, wird eine orale Medikation mit Baclofen begonnen.Man beginnt mit einer geringen Dosis und titriert sichbis an die niedrigste notwendige Dosis heran. Eine kom-plette Ausschaltung der Spastik ist nicht erwünscht.

Sollte die Spastik durch eine singuläre Medikation mitBaclofen nicht zu beeinflussen sein, so empfiehlt sich diezusätzliche Gabe eines weiteren Medikamentes wie z.B.Dantamacrin oder Tizanidin. Sind diese Medikamenteoral ausgereizt und spricht der Patient auch nicht aufTHC-Derivate an, ist die Anlage einer intrathekalen Baclo-fen-Pumpe in Erwägung zu ziehen.

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Es sollte zunächst eine externe Pumpe für den Zeitraumvon ca. 1 Woche angelegt werden. Dieses Vorgehen er-möglicht es dem Arzt und Patienten, die bestmöglicheTagesdosis zu ermitteln. Kommt es zu einer eindeutigenReduktion der Spastik und profitiert der Patient bei dentäglich zu verrichtenden Übungen in Bezug auf seineSelbstständigkeit, wird der intrathekale Katheter nach 7–10 Tagen gezogen, und man wartet, ob sich die Spastikwieder im vorherigen Ausmaß einstellt. Tut sie dies, wirdeine Baclofen-Pumpe als permanentes Implantat einge-setzt. Hierzu stehen mechanische und programmierbarePumpen zur Verfügung.

Neurourologische Aspektebeim Querschnittsyndrom

MerkeIn faktisch allen Formen und Ausprägungen der Quer-schnittlähmung kommt es zur Ausbildung einer neu-rogenen Blase und Einschränkung der Sexualfunktion.

Die Funktionsstörungen sind in Dauer und Beeinträchti-gung unterschiedlich und prägen neben den im Vorder-grund stehenden Mobilitätseinschränkungen das weitereLeben des Rückenmarkverletzten.

Abhängig vom Verletzungsmuster bleibt im günstigstenFall die Spontanmiktion erhalten. Die typischen Formender Entleerung sind▪ der intermittierende Selbstkatheterismus und▪ die reflektorische Harnentleerung.

Im Fall der fehlenden Handfunktion kann eine dauerhafteVersorgung mit einem suprapubischen Fistelkathetersinnvoll sein. Seltener besteht die Harnableitung durcheinen transurethralen Blasenkatheter.

In der Rehabilitation der Harnblase problematisch sindHarnwegsinfekte und chronische Veränderungen derHarnwege.

Neben bereits in der Antike und im Mittelalter verwende-ten Kathetern aus Pflanzenmaterial und tierischem Ge-webe begründete sich die Grundlage der Neurourologieim Sinne der Etablierung des Katheterismus. Die fun-damentale Erkenntnis zur Gewährleistung der Harnent-leerung zur Prophylaxe vor vesikorenalem Reflux, Nieren-insuffizienz und Urämie haben zu einer annähernd ver-gleichbaren Lebenserwartung gegenüber den Nichtver-letzten geführt.

MerkeNach Eintritt der Querschnittlähmung liegt dieSchockphase vor, die zwischen 4–8 Wochen anhaltenkann. In dieser Phase zeigt die Harnblase keineReflexantwort oder Druckanstieg.

erletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

KERNAUSSAGEN

▪ Vor jeder Therapieverordnung steht die zielführen-

de Diagnostik, um eine korrekte Abschätzung der

Lähmungshöhe, des Lähmungsgrades, der prog-

nostischen Aussichten und der geeigneten An-

forderungen hinsichtlich der Therapieziele und

Möglichkeiten des individuellen Patienten treffen

zu können.

▪ Die Diagnostik besteht aus

– Anamnese,

– körperlicher Untersuchung,

– neurophysiologischer Untersuchung,

– Bildgebung,

– Labordiagnostik,

– Lungenfunktionsdiagnostik.

▪ Die rehabilitative Therapie beginnt bereits auf der

Intensivstation.

▪ An Frühkomplikationen sind heterotope Ossifika-

tionen, Thrombosegefahr, Druckulzera sowie

pulmonale Infektionen zu bedenken.

▪ Das therapeutische Vorgehen gliedert sich in

– Ergotherapie,

– Physiotherapie,

– pflegerische Maßnahmen.

▪ Die Spastik ist aufgrund der fehlgeleiteten Infor-

mationsverarbeitung auf Rückenmarkebene ein

ganz spezielles Problem querschnittgelähmter

Patienten; sie ist dann therapeutisch anzugehen,

wenn sie schmerzhaft ist oder ein Gefahrenpoten-

zial für den Patienten beinhaltet.

▪ Neurogene Blasenfunktionsstörungenmüssen

ebenfalls in die Akutrehabilitation querschnitt-

gelähmter Patienten einbezogen werden.

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Die Harnableitung durch einen Katheter ist in dieser Pha-se essenziell. Dies wird durch die Anlage eines transure-thralen oder suprapubischen Katheters gewährleistet.Bei milder ausgeprägten Lähmungen wie der spastischenTetraparese kann auch sofort mit dem Einmalkatheteris-mus begonnen werden.

Diagnostische Säule der Neurourologie ist die urodyna-mische Untersuchung. Sie dient der Klassifikation derneurogenen Funktionsstörung und liefert genau im Über-gang von der Schockphase zur Manifestierung der eigent-lichen Störung die therapeutische Grundlage.

Neurogene Blasenfunktionsstörungen lassen sich grund-sätzlich in zwei Formen einteilen:▪ Detrusorhyperaktivität und▪ Detrusorhypoaktivität.

Diese Störungen können zusätzlich mit einer Detrusor-Sphinkter-Dyssynergie vorliegen.

Detrusorhypoaktivität

Das Unvermögen zur spontanen Harnentleerung zwingtzur Katheterisierung.

MerkeZiel ist das rasche Erlernen des intermittierendenSelbstkatheterismus oder Fremdkatheterismus.

Ist der Katheterismus nicht umsetzbar, wie es bei derkompletten Tetraplegie der Fall ist, sollte entweder eineHarnableitung durch einen suprapubischen Blasenkathe-ter etabliert werden oder eine Sphinkterotomie zur in-kontinenten reflektorischen Harnentleerung mit Kon-domurinalversorgung durchgeführt werden.

Detrusorhyperaktivität

Zum Erhalt der Blasenentleerung, Schutz des oberenHarntraktes und Rehabilitation der gestörten Blasenfunk-tion sind die Anwendungen der Detrusorhyperaktivitätherauszustellen.

Basis der Therapie ist hierbei die medikamentöse anti-cholinerge Dämpfung des überaktiven Detrusors, soweitkeine Kontraindikationen wie Unverträglichkeit, Neben-wirkungen oder im speziellen Falle einer Darmträgheitbestehen. Die tägliche anticholinerge Dauertherapieführt zum einen zu einer Druckabsenkung im Detrusor,zum anderen wird eine ausreichende Blasenkapazität ge-währleistet.

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Webinar zum Thema

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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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CME-Fortbildung

Über die Autoren

Florian Högel

Priv.-Doz. Dr. med. Jahrgang 1972. Nach einerAusbildung zum staatl. examinierten Kranken-pfleger 1996–2003 Studium der Humanmedi-zin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburgund LMU München. 2011 Facharzt für Ortho-pädie und Unfallchirurgie, 2014 Spezielle Un-

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fallchirurgie sowie ATLS-Zertifizierte. Seit 2011 tätig am Zen-trum für Wirbelsäulen und Rückenmarkverletzte der Berufs-genossenschaftlichen Unfallklinik Murnau, ab 2015 als Ober-arzt.

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Ryan Patrick Esser

Dr. med., Jahrgang 1969. 1994–1998 Studiumder Humanmedizin an der LMU München. 2000Promotion. 2001–2010 Urologische Klinik amKlinikum Landshut, 2004 Facharzt Urologie,Zusatzbezeichnungen Notfallmedizin, Medika-mentöse Tumortherapie, Fachgebundene ge-

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netische Beratung. Seit 2010 in der Urologischen Abteilung

der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau beschäf-tigt.

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Volker Bühren

Prof. Dr. med. Medizinstudium und Facharzt-weiterbildung in der Chirurgie an der MH Han-nover. Anschließend Oberarzt der Abteilung fürUnfallchirurgie der Chirurgischen Universitäts-klinik Homburg/Saar. Kommissarischer Direktorder Abteilung 1990–1992. Seit 1993 Ärztlicher

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Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Murnau,seit 2011 deren Klinikgeschäftsführer.

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Priv.-Doz. (PMU‑Salzburg) Dr. Florian Högel

Facharzt für Unfallchirurgie, Orthopädie,Spezielle UnfallchirurgieZentrum für RückenmarkverletzteProf.-Küntscher-Straße 882418 [email protected]

Högel F et al. Akutrehabilitation querschnittv

Wissenschaftlich verantwortlichgemäß Zertifizierungsbestimmungen

erletzt

Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungs-bestimmungen für diesen Beitrag ist Priv.-Doz.(PMU‑Salzburg) Dr. Florian Högel, Murnau.

Literatur

[1] Richard-Denis A, Ehrmann Feldman D, Thompson C et al.Costs and length of stay for the acute care of patients withmotor-complete spinal cord injury following cervical trauma:the impact of early transfer to specialized acute SCI center.Am J Phys Med Rehabil 2017; 96: 449–456

[2] Vastmans J, Vogel M, Högel F et al. Verletzungen des Rücken-marks. Orthop Unfallchir up2date 2009; 4: 367–394

[3] Müller F. Heterotope Ossifikationen. In: Weigel B, Nerlich M,Hrsg. Praxisbuch Unfallchirurgie. Bd. 2, Kap 18.2.3. Berlin:Springer; 2005: 1086–1088

[4] Krauss H, Maier D, Bühren V et al. Development of heterotopicossifications, blood markers and outcome after radiation ther-apy in spinal cord injured patients. Spinal Cord 2015; 53: 345–348

[5] Spinal Cord Injury Thromboprophylaxis Investigators. Preven-tion of venous thromboembolism in the acute treatmentphase after spinal cord injury: a randomized, multicenter trialcomparing low-dose heparin plus intermittend pneumaticcompression with enoxaparin. J Trauma 2003; 54: 1116–1124

[6] Dietz V. Proprioception and locomotor disorders. Nature RevNeurosci 2002; 3: 781–790

[7] Dietz V, Curt A. Neurological aspects of spinal cord repair:promises and challenges. Lancet Neurol 2006; 5: 688–694

Bibliografie

DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-102906Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New YorkISSN 1611-7859

er Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540

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et al. Akutrehabilitati

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Frage 1

Welche Aussage ist falsch?A Durch die frühe Rehabilitation soll der Patient so schnell wie

möglich wieder am sozialen Leben teilnehmen.B Eine suffiziente Rehabilitation wird durch eine Interdisziplina-

rität gefördert.C Die Inzidenz für Rückenmarkverletzungen liegt in Nordame-

rika höher als in Europa und Australien.D Eine frühe Rehabilitation von Querschnittpatienten erbringt

keinen volkswirtschaftlichen Nutzen.E Tetraplegiker benötigen mehr Zeit für die Akuttherapie als

Paraplegiker.

Frage 2

Welche Aussage ist richtig?A Eine Drogenanamnese muss nicht durchgeführt werden, da

von dieser Seite keine Probleme im stationären Verlauf erwar-tet werden müssen.

B Ehemalige Ausdauersportler müssen länger auf eine aktivie-rende Therapie verzichten, da sie von jeher eine bessere Kon-dition haben.

C Der Pin-Prick- und Light-Touch-Test sind ausschlaggebend fürdie Feststellung, ob eine komplette oder inkomplette Läh-mung besteht.

D Prinzipiell ist es möglich, eine komplette Paraplegie zu habenund trotzdem Fußgänger zu sein.

E Das sensible Niveau Th7 liegt auf Höhe der Brustwarzen.

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Frage 3

Wodurch ist die Diagnostik in der Frühphase einer Querschnitt-lähmung gekennzeichnet?A Die neurophysiologische Messung hat keinen Einfluss auf die

prognostische Aussage des Krankheitsverlaufes.B Zusätzlich zu MEP (magnetisch evozierte Potenziale) und

SSEP (somatosensorisch evozierte Potenziale) werden auchdie sympathischen Hautreflexe gemessen.

C Die neurophysiologische Messung ist unabhängig von Um-weltreizen.

D Bei einer Querschnittlähmung können zusätzliche Plexus-schäden unterhalb der Lähmungshöhe nicht dargestellt wer-den.

E Zusätzliche Verletzungen höherer Zentren des zentralen Ner-vensystems haben keinen Einfluss auf die Untersuchungs-ergebnisse der neurophysiologischen Untersuchung.

Frage 4

Welche Aussage ist falsch?A Eine Verlaufsdiagnostik mittels konventionellen Röntgens ist

zu empfehlen, um Stellungsveränderungen des Implantat-materials frühzeitig zu entdecken.

B Therapiebeeinflussende Begleitverletzungen können häufigmit dem CT gesichert werden.

C Mit der MRT-Untersuchung können posttraumatische Verän-derungen des Rückenmarks, wie z.B. eine Syrinx, dargestelltwerden.

D Die MRT-Untersuchung des Beckens kann bei querschnittver-letzten Frühkomplikationen verifizieren.

E Die Sonografie ist eine eher unwichtige Untersuchung beiQuerschnittgelähmten.

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▶ Weitere Fragen auf der folgenden Seite…

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Fortsetzung…

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Frage 5

Welche Aussage ist richtig?A Die regelmäßige Kontrolle des Urins verhindert Infektionen

der Blase.B Regelmäßige Bestimmung der D-Dimere verhindert hetero-

tope Ossifikationen.C Zur Früherkennung von Gallenwegserkrankungen nach lang-

wierigen Aufenthalten auf der Intensivstation ist eine regel-mäßige Bestimmung der Leberwerte sinnvoll.

D Eine Lungenfunktionsdiagnostik ist nicht wichtig für die Ein-stellung der Heimbeatmungsmaschine.

E Die Lungenfunktion muss vor thorakoskopischen Stabilisie-rungen der Wirbelsäule nicht gemessen werden.

Frage 6

Eine der folgenden Aussagen zu heterotopen Ossifikationen(HO) ist falsch. Welche?A In 5–12% der Fälle nach akuter Querschnittlähmung tritt im

weiteren Verlauf eine heterotope Ossifikation (HO) auf.B Mit regelmäßigem Ultraschallscreening und D-Dimer-Be-

stimmungen kann man bereits in der Frühphase eine HO er-kennen.

C Heterotope Ossifikationen werden in 4 Stadien nach Brookereingeteilt.

D Dorsale Ödeme sind nicht pathognomonisch für die Entste-hung von heterotopen Ossifikationen.

E HO treten hauptsächlich bei Frauen auf.

Frage 7

Welche Aussage ist richtig?A Das Thromboserisiko bei Querschnittlähmung in Höhe C0–

C4 ist ähnlich hoch wie beim Polytrauma.B Die einmalige Gabe von Enoxaparin 30mg ist zur Thrombo-

seprophylaxe ausreichend.C Scherbelastungen haben keinen Einfluss auf die Entstehung

von Dekubitalulzera.D Alle Druckulzera ab Grad III müssen chirurgisch saniert wer-

den.E Die Aspirationspneumonie ist vor allem bei Komplettgelähm-

ten unterhalb von Th7 häufig.

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Frage 8

Welche Aussage ist richtig?A Die Frühmobilisation kann durch blutdrucksenkende Medika-

mente erschwert sein.B Während der intensivmedizinischen Behandlung sollte keine

Physiotherapie durchgeführt werden.C Da bei hochgelähmten Patienten Temperaturregulationsstö-

rung die Regel ist, ist eine weitere Diagnostik bei subfebrilenTemperaturen nicht notwendig.

D Die Blasenentleerung wird in der Frühphase der Querschnitt-lähmung meist mit einem suprapubischen Blasenkathetergesichert.

E Eine Lokomotionstherapie wird wegen der Inpraktikabilitätnicht auf der Intensivstation durchgeführt.

Frage 9

Welche Aussage ist falsch?A Der SCIM‑III-Test bewertet die Fähigkeit zur Selbstversor-

gung.B Mit dem GRASSP-Test kann die Handkraft und Sensibilität er-

fasst werden.C Zur Ausbildung einer Funktionshand wird der Tenodeseeffekt

genutzt.D Bei der plegischen Hand darf die Fingerstreckung nur in

Handgelenkbeugung erfolgen.E Mit Cock-up-Schienen werden nachts die Hände bei schon

gewonnenen Funktionen gelagert.

Frage 10

Welche Aussage ist richtig?A Die Hauptaufgabe der Physiotherapie ist die Schaffung einer

Sitzstabilität, unabhängig von der Lähmungshöhe.B Speziell für inkomplett Gelähmte ist ein roborierendes Trai-

ning mit immer wiederkehrenden Bewegungen sinnvoll.C Durch längere Phasen zwischen den Darmentleerungen kön-

nen querschnittassoziierte Komplikationen vermieden wer-den.

D Spastik der quergestreiften Skelettmuskulatur muss in jedemFall muskelrelaxierend behandelt werden.

E Die urodynamische Untersuchung sollte 2–4 Wochen nachEintritt der Querschnittlähmung durchgeführt werden.

erschnittverletzter Patienten Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 2017; 12: 523–540