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Mögel, 17.11.2011 Begegnungen mit verletzter Elternschaft ZFF, Basel 17.11.2011 Lic. phil. Maria Mögel KJPD St. Gallen Dazwischen Eltern, Kind, Fachpersonen Gelingende Interaktion und Zusammenarbeit

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Mögel, 17.11.2011

Begegnungen mit verletzter Elternschaft

ZFF, Basel 17.11.2011Lic. phil. Maria Mögel

KJPD St. Gallen

DazwischenEltern, Kind, FachpersonenGelingende Interaktion undZusammenarbeit

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Mögel, 17.11.2011

Herausfordernde Aspekte der Elternarbeit in der Frühförderung

• Man könnte gut mit dem Kind arbeiten, wenn die Eltern es nur losliessen !

• Die Eltern wollen die Behinderung nicht wahrhaben....

Solche Schwierigkeiten sind meist nicht die Ursache, sondern das Ergebnis der Belastungen der Eltern-Kind-Beziehung durch die Beeinträchtigung. Auch die Konflikte, die wir in der Zusammenarbeit mit Eltern erfahren können, spiegeln die Belastungen dieser Beziehung wieder.

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Mögel, 17.11.2011

Übersicht

• Anders als erhofft...• Psychologie der frühen Elternschaft• Warum die Beeinträchtigung des Kindes die

Elternschaftsentwicklung so empfindlich verunsichern kann• Verlängerung der „Mutterschaftskonstellation“ als

Herausforderung in der Zusammenarbeit mit den Eltern• Netzwerke• Zuversicht durch Partizipation und Selbstwirksamkeit

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Anders als erhofft...Schock oder chronische Verunsicherung

• Prä-, postnatale Diagnostik und unklare Diagnosen

• Säuglinge nach Frühgeburt, mit Regulationsstörungen oder Behinderungen

• Kleinkinder mit verzögerten, auffälligen, behinderten Entwicklungsverläufen

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Psychologie der frühen Elternschaft

Biologische BereitschaftIntuitive elterliche Kompetenz Co-Regulation (Papousek)Sensible Phasen rund um die Geburt

Psychosoziale Faktoren Bindungsgeschichte

Elterliche Kooperation (Triadische Kapazität und Co-parenting)

Individuelle FaktorenImaginäres KindEltern-Ideal

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Verunsicherung der elterlichen Zuversicht durch das in seiner Entwicklung blockierte

KindDie Quelle und Grenzen intuitiver elterlicher Kompetenz:

Das Gedeihen des Kindes bestätigt oder erschöpft Empathie, Selbstwertgefühl und Selbstverständnis der Eltern (Ornstein, Laucht, Trevarthen, Papousek u.a.)

Exkurs Frühgeburt: zeitliche

Verzögerung

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Bindungsforschung und Behinderung

Trost, aber als Erwartung möglicherweise auch eine Belastung:

Eine empathische Eltern-Kind-Interaktion und daraus folgend eine sichere Bindung scheinen die Entwicklungspotentiale behinderter Kinder positiv zu beeinflussen

(H. Rauh, C. Calvet 2004, L. Capps et al. 1994)

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Das reale - gesunde - Kind erlaubt die Integration von Ambivalenz und Ideal

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Die -gesunde- elterliche Ambivalenz kann durch das kranke/behinderte Kind schuldhaft erlebt werden

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Unterschiede in der Verarbeitung von eindeutiger Behinderung und subtileren

Entwicklungsdefiziten

• „Alle glücklichen Familien sind einander ähnlich; jede unglückliche Familie jedoch ist auf ihre besondere Weise unglücklich.“ Leo Tolstoj, Anna Karenina

• Behinderung / Erkrankung: herausforderndes Schicksal

• diffusere, diskrete Einschränkungen wie Lernbehinderungen und emotionale oder Verhaltensstörungen: chronische Schuld- und Schamgefühle

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Befindlichkeit der verletzten Elternschaft und ihre Folgen für die Beziehung

Angst, Stress, Hyperarousalwidersprüchliches Verhalten

SchamgefühleRückzug, Unterinvolviertheit

SchuldgefühleÄrger, Überengagement, Flucht nach vorn

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Diese Befindlichkeit ergreift auch die Helfer Hindernisse in der Zusammenarbeit mit den

Eltern

Besetzungsabzug/ Abspaltung/Verleugnung: Schutz vor Desintegration

Kämpfe auf Nebenschauplätzen

Schuld- und SchamgefühleAbwehr von Trauer und Ohnmacht

Kindesschutz

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Verlängerung der „Mutterschaftskonstellation“ (D. Stern 1995)

Das (Über)leben und Gedeihen des Kindes

Die primäre Bezogenheit (Dialog)

Eine unterstützende Matrix: bemutterndes Netzwerk

Die Integration der alten und neuen Identität

Diese, für die peripartale Zeit typischen, Ängste und Hoffnungen der Eltern, bleiben bei belasteten Kinder anhaltend reaktiviert.

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Wie beantwortet die Behandlung die Sorge um das Überleben/Gedeihen des

Kindes ?

Kann der Blick auf das Entwicklungsbedürfnis des Kindes gelenkt werden?

Wird in der Behandlung der Beitrag der Eltern zum Gedeihen des Kindes sichtbar?

Eine Allianz zwischen TherapeutIn und Eltern in der Sorge um das Kind (v. Klitzing) ist das Ziel, nicht der Anfang

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Wie unterstützt die Behandlung die primäre Bezogenheit/ den Dialog?

Durch den Fokus auf Momente bedeutungsvollen Austauschs zwischen dem kleinen Kind und seinen ElternPsychotherapie: Behandlung der Verunsicherung der elterlichen Empathie Frühförderung: Beteiligung der Eltern am Therapieprozess

Durch das Interesse am Wohlergehen der Elternkind-Beziehung (Gute Grossmutter-Übertragung, D. Stern)

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Ziele in der Zusammenarbeit mit den Eltern

Wiedergewinnung des Kompetenzgefühls/der Selbstwirksamkeit als Eltern - die eigene Bedeutung für das Kind erleben

Das Kind als getrennt/ eigenständig wahrnehmen

Von Schuldgefühlen zu nützlicher Besorgnis

Novick & Novick 2001

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Bemutterndes Netzwerk 1/Familie

Netzwerke fördern die soziale Integration junger Eltern und entlasten die therapeutische Beziehung

Wie sind das Kind, seine Eltern und wie ist die Beeinträchtigung des Kindes in die erweiterte Familienstruktur integriert?

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Bemutterndes Netzwerk 2/Gesellschaft

Welche gesellschaftliche

Zugehörigkeit

wird Eltern und

Kind zuteil?

Zur Anzeige wird der QuickTime™ Dekompressor „“

benötigt.

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Bemutterndes Netzwerk 3/Helfer

Begleitet, ersetzt, verhindert das Helfernetz des behinderten, besonderen Kindes die Integration in die „peer-Gruppen“ des Kindes und der Eltern ?

Wieviele Helfer muss dieFamilie „bewirtschaften“?

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und beim Übergang ins Schulsystem?

Der Übergang von der Kleinkindheit in den Kindergarten und damit in das Schulsystem ist für alle Familien mit Hoffnungen und Ängsten verbunden.

Wie sind die Eltern des besonderen Kindes auf den Wechsel in die weniger anpassungsfähige schulische Umwelt vorbereitet? Werbegleitet Eltern und Kind?

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Zusammenfassung

Behinderungen und Beeinträchtigungen des Kindes stören und verlängern psychologische Prozesse der frühen Elternschaft

Die besonders geforderte Feinfühligkeit setzt Zuversicht in die Entwicklung des Kindes und der eigenen Elternschaft voraus Trägt die Behandlung zur

Selbstwirksamkeit der Eltern bei?

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LiteraturKeren M., Tyano S. et al. (2010): Parenthood and Mental Health, Wiley and Sons, New York Novick, J. und Novick , K.K. (2001): Parent work in analysis: children, adolescent and adults. Part I: The evaluation phase. In: Journal of Infant, Child, Adolescent Psychotherapy 1, 55-77Ornstein A., Ornstein P. (1994): Elternschaft als Funktion des Erwachsenen-Selbst: Eine psychoanalytische Betrachtung der Entwicklung. In: Kinderanalyse, 3, 351-376 Pelchat D. et al (1999): Adaptation of parents in relation to their 6-month-old infant’s type of disability, In: Child: Care, Health and Development, Volume 25, Issue 5, 377–398 Ritzmann I. (2008): Sorgenkinder. Kranke und behinderte Mädchen und Jungen im 18. Jahrhundert, Böhlau, WienStern D: Mutterschaftskonstellation, Klett-Cotta StuttgartRauh, H., Calvet C.(2004) Ist Bindungssicherheit entwicklungsfördernd für Kinder mit Down-Syndrom?, In: Kindheit und Entwicklung, Vol. 13,4,217-225Rauh H. (2004): Kindliche Behinderung und Bindungsentwicklung in: Ahnert L. (2004): Frühe Bindung. Entstehung und Entwicklung. Reinhardt, 321 ffvon Klitzing K. (2005): Rivalen oder Bündnispartner? Die Rolle der Eltern bei der analytischen Arbeit mit Kindern Kinderanalyse, Zeitschrift, Heft 2, 113-121Soulé M. (1982): L’enfant dans la tete – l’enfant imaginaire. In: Brazelton T.B. (Hg.): La dynamique du nourrisson. Les Editions ESF, Paris (S. 135-175)

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Bildquellen

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