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6 Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen Anders als bei der Gleichung x 5 – 2x 4 – 4x 3 + 2x 2 + 11x + 4 = 0, deren Lösungen aus einer quadratischen und einer kubischen Gleichung mit ganzen Koeffizienten bestimmt werden können, ist Vergleichbares bei der Gleichung 2x 5 + 6x 2 + 3 = 0 nicht möglich. Wie ist dieser Unterschied einerseits begründet und anderseits erkennbar? 6.1. Handelten die bisherigen Kapitel von Techniken, für Gleichungen eines bestimmten Grades allgemein gültige Auflösungsformeln zu finden, so haben wir nun Abels Nachweis für die Unmöglichkeit, die allgemeine Gleichung fünften oder höheren Grades mit Radikalen zu lösen, dadurch Rechnung zu tragen, uns bei Gleichungen ab dem fünften Grad auf spezi- elle Gleichungen zu beschränken. Die erste der beiden in der Fragestellung angeführten Gleichungen ist ein Beispiel dafür, dass auch ohne eine vollständige Zerlegung in Linearfak- toren eine Vereinfachung dadurch möglich sein kann, dass eine Pro- duktzerlegung gefunden wird, bei der die Faktoren Polynome mit einem Grad größer als 1 sind. Wegen ( )( ) x x x x x x x x x 5 4 3 2 3 2 2 4 2 11 4 3 4 2 1 + + + = ergeben sich drei der insgesamt fünf Lösungen aus der kubischen Glei- chung x x 3 3 4 0 = . und die zwei restlichen Lösungen aus der quadratischen Gleichung x x 2 2 1 0 = . Mit den in den vorangegangenen Kapiteln behandelten Methoden findet man daher insgesamt die Lösungen J. Bewersdorff, Algebra für Einsteiger, DOI 10.1007/978-3-658-02262-4_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Algebra für Einsteiger || Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen

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6 Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen

Anders als bei der Gleichung x5 – 2x 4 – 4x3 + 2x2 + 11x + 4 = 0, deren

Lösungen aus einer quadratischen und einer kubischen Gleichung mit ganzen Koeffizienten bestimmt werden können, ist Vergleichbares bei der Gleichung 2x5 + 6x2 + 3 = 0 nicht möglich. Wie ist dieser Unterschied einerseits begründet und anderseits erkennbar?

6.1. Handelten die bisherigen Kapitel von Techniken, für Gleichungen eines bestimmten Grades allgemein gültige Auflösungsformeln zu finden, so haben wir nun Abels Nachweis für die Unmöglichkeit, die allgemeine Gleichung fünften oder höheren Grades mit Radikalen zu lösen, dadurch Rechnung zu tragen, uns bei Gleichungen ab dem fünften Grad auf spezi-elle Gleichungen zu beschränken.

Die erste der beiden in der Fragestellung angeführten Gleichungen ist ein Beispiel dafür, dass auch ohne eine vollständige Zerlegung in Linearfak-toren eine Vereinfachung dadurch möglich sein kann, dass eine Pro-duktzerlegung gefunden wird, bei der die Faktoren Polynome mit einem Grad größer als 1 sind. Wegen

( )( )x x x x x x x x x5 4 3 2 3 22 4 2 11 4 3 4 2 1− − + + + = − − − −

ergeben sich drei der insgesamt fünf Lösungen aus der kubischen Glei-chung

x x3 3 4 0− − = .

und die zwei restlichen Lösungen aus der quadratischen Gleichung

x x2 2 1 0− − = .

Mit den in den vorangegangenen Kapiteln behandelten Methoden findet man daher insgesamt die Lösungen

J. Bewersdorff, Algebra für Einsteiger, DOI 10.1007/978-3-658-02262-4_6, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013

Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen 61

x

x

1 2 33 2 3 3

4 5

2 3 2 3 1

1 2

, ,

,

= + + − =

= ±

ζ ζ ζ mit

Für die zweite Gleichung ist eine entsprechende Zerlegung des Polynoms 2x5+ 6x2 + 3 in zwei Polynome mit rationalen Koeffizienten nicht mög-lich. Wieso eine solche negative Aussage möglich ist und wie im positi-ven Fall Zerlegungen gefunden werden können, davon soll im weiteren Verlauf dieses Kapitels die Rede sein. Dabei werden wir abweichend von den bisherigen Kapiteln, bei denen meist konkrete Berechnungen im Vordergrund standen, in mehr qualitativer Hinsicht verschiedene Eigen-schaften von Polynomen mit rationalen oder sogar ganzen Koeffizienten untersuchen. Die Beweise sind nicht allzu schwierig und lang, weisen aber im Vergleich zu den Berechnungen der diversen Auflösungsformeln eine ganz andere Art der Argumentation auf.

In der Hauptsache werden unsere Überlegungen davon handeln, wie sich die Untersuchung der Möglichkeiten einer Produktzerlegung in Polynome mit rationalen Koeffizienten dadurch vereinfachen lässt, dass diese Un-tersuchung auf solche Polynome beschränkt werden kann, die sogar gan-ze Koeffizienten besitzen. Die zu untersuchende Gesamtheit wird mit ei-ner solchen Verfahrensweise nicht nur entscheidend reduziert. Darüber hinaus können weitere Folgerungen auf der Basis von Teilbarkeitsbezie-hungen abgeleitet werden, und zwar in zweierlei Hinsicht: Sind solche Zerlegungen überhaupt möglich und wenn ja, welche Zusatzbedingungen müssen sie erfüllen?

Grundlage der Anwendungen ist der folgende, auf Carl Friedrich Gauß zurückgehende Satz:

SATZ. Sind g(x) und h(x) zwei Polynome, bei denen der Koeffizient der höchsten Potenz jeweils gleich 1 ist – man nennt solche Polynome normiert –, deren andere Koeffizienten allesamt rational sind und de-ren Produkt g(x)·h(x) lauter ganze Koeffizienten besitzt, dann sind auch sämtliche Koeffizienten der beiden Polynome g(x) und h(x) gan-ze Zahlen.

Übrigens kann der Satz als eine drastische Verallgemeinerung der wohl-bekannten Aussage, dass die Quadratwurzel aus 2 kein Bruch ist, angese-hen werden: Das Polynom x2 – 2 kann nämlich keine Zerlegung in Line-

62 Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen

arfaktoren mit rationalen Koeffizienten erlauben, da diese Koeffizienten ansonsten sogar ganze Zahlen sein müssten, was aber offensichtlich nicht der Fall sein kann. Auch der Beweis des Satzes, den wir im Kasten „Die Zerlegung von Polynomen mit ganzen Koeffizienten“ ausführen werden, weist in seiner Argumentation eine gewisse Verwandtschaft auf mit dem klassischen Beweis dafür, dass die Quadratwurzel aus 2 irrational ist: Grundlage ist beides mal eine detaillierte Prüfung von Teilbarkeitsbezie-hungen, wobei die zur Behauptung gegenteilige Annahme zum Wider-spruch geführt wird.

Die Zerlegung von Polynomen mit ganzen Koeffizien-ten

SATZ. Sind g(x) und h(x) zwei normierte Polynome mit rationa-len Koeffizienten, deren Produkt g(x)·h(x) lauter ganze Koeffi-zienten besitzt, dann sind auch sämtliche Koeffizienten der bei-den Polynome g(x) und h(x) ganze Zahlen.

Der Nachweis dieses auf Gauß zurückgehenden Satzes beginnt damit, dass man bei jedem der beiden Polynome g(x) und h(x) eventuell vor-handene Nenner „wegmultipliziert“. Konkret nehmen wir zwei posi-tive ganze Zahlen a und b, beide mit minimaler Größe, für welche die beiden Polynome a·g(x) und b·h(x) ausnahmslos ganze Koeffizien-ten besitzen, die wir mit c0, c1, ... beziehungsweise mit d0, d1, ... be-zeichnen wollen. Nun wird das Produkt ab·g(x)·h(x) untersucht:

Wir werden gleich durch Widerspruch zeigen, dass es keine Primzahl p gibt, die alle Koeffizienten des Produktpolynoms ab·g(x)·h(x) teilt. Damit wird die Behauptung bewiesen sein: Da bereits das Pro-dukt g(x)·h(x) lauter ganze Koeffizienten besitzt, folgt zunächst ab = 1 und daher a = b = 1, so dass nach Konstruktion dieser beiden Zahlen die gegebenen Polynome g(x) und h(x) keiner Beseitigung des Nenners bedurft hätten, da ihre Koeffizienten ausnahmslos ganze Zahlen sind.

Nehmen wir nun also an, dass es eine Primzahl p gibt, die alle Koef-fizienten des Produktpolynoms ab·g(x)·h(x) teilt. Bezugnehmend auf diese Primzahl p unterscheiden wir nun zwei Unterfälle, die wir einzeln zum Widerspruch führen:

Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen 63

1. Zunächst behandeln wir den Fall, bei dem weder das Polynom a·g(x), noch das Polynom b·h(x) lauter durch die Primzahl p teilbare Koeffizienten besitzt. Es lassen sich dann kleinste Indizes j und k der-art auswählen, für die weder der Koeffizient cj noch dk durch p teilbar ist. Der Koeffizient zur Potenz x

j+k des Polynoms ab·g(x)·h(x), der sich als Summe

c d c d c dj k j k j k+ + + +− + + −1 1 1 1 ... ...

ergibt, ist nun – im Widerspruch zur gemachten Annahme – aufgrund der getroffenen Auswahl der Indizes j und k nicht durch p teilbar, da der erste Summand nicht durch p teilbar sein kann, während alle an-deren Summanden durch p teilbar sind. 2. Im zweiten Unterfall gehen wir davon aus, dass die Koeffizienten einer der beiden Faktoren a·g(x) und b·h(x) ausnahmslos durch die Primzahl p teilbar sind. Ohne Einschränkung können wir annehmen, dass dies für a·g(x) zutrifft. Da beim Polynom g(x) der Koeffizient der höchsten Potenz gleich 1 ist, muss zunächst a selbst durch p teil-bar sein. Insbesondere ist also a größer als 1. Das ist aber bereits der gewünschte Widerspruch, da auch das Polynom (a/p)·g(x) lauter ganze Koeffizienten besitzt und daher der Faktor a nicht wie ange-nommen minimal gewählt sein kann.

Wendet man den Satz auf den Spezialfall der Abspaltung eines Line-arfaktors an, so erkennt man sofort, dass normierte Polynome mit ganz-zahligen Koeffizienten im Bereich der rationalen Zahlen nur ganzzahlige Lösungen haben können. Da sie außerdem den absoluten Koeffizienten, das heißt den Koeffizienten zur nullten Potenz der Unbekannten, teilen müssen, lassen sie sich immer durch Probieren in endlich vielen Schritten finden.

6.2. Bevor wir einen Weg beschreiben, wie in vielen Einzelfällen der Nachweis einer Unmöglichkeit einer Produktzerlegung in Polynome mit rationalen Koeffizienten entscheidend vereinfacht werden kann, soll noch auf die konstruktive Anwendungsmöglichkeit des Satzes hingewiesen werden. Wie kann, so wollen wir uns fragen, eine existierende Pro-duktzerlegung gefunden werden? Als Beispiel greifen wir auf das erste in der Eingangsfrage angeführte Polynom x5 – 2x4 – 4x3 + 2x2 + 11x + 4 zurück: Auf jeden Fall muss entweder ein Polynom ersten oder zweiten

64 Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen

Grades als Bestandteil der Zerlegung gefunden werden können, wobei wir uns bei der Suche auf normierte und damit aufgrund des Satzes ganz-zahlige Polynome beschränken können. Daher kann zunächst die Exis-tenz eines Linearfaktors mit rationalen Koeffizienten verneint werden – dazu sind lediglich die sechs Teiler des absoluten Koeffizienten, nämlich ±1, ±2 und ±4 durch Probieren als Nullstellen des zu zerlegenden Poly-noms auszuschließen. Folglich muss eine Zerlegung, sollte sie überhaupt existieren, auf jeden Fall die Form

( )( )x x x x x x ax b x a x cx b5 4 3 2 2 3 2 42 4 2 11 4 2− − + + + = + + − + + +( )

aufweisen, wobei a und c ganze Zahlen sind und für b sogar nur die sechs Möglichkeiten b = ±1, ±2, ±4 bestehen. Noch weitere Eingrenzungen er-hält man, wenn man bei dem zu zerlegenden Polynom fünften Grades Funktionswerte von ganzzahligen Argumenten auswertet: So ergibt sich an der Stelle x = 2 der Funktionswert 2, so dass aufgrund der unterstellten Produktzerlegung der dortige Funktionswert des quadratischen Polynoms 2 teilen muss. Damit muss der Ausdruck 4 + 2a + b einen der vier Werte ±1, ±2 annehmen. Bereits diese beiden Eingrenzungen erlauben es, dass insgesamt „nur“ noch die den 6·4 = 24 Kombinationen entsprechenden Möglichkeiten durchprobiert werden müssen32.

Mit einer solchen Art der Eingrenzung können natürlich auch negative Aussagen dahingehend nachgewiesen werden, dass ein gegebenes Poly-nom mit ganzzahligen Koeffizienten nicht als Produkt von zwei Polyno-men geringeren Grades mit rationalen Koeffizienten darstellbar ist – man nennt es dann irreduzibel über den rationalen Zahlen.

6.3. Wie schon angekündigt, gibt es für einen solchen Nachweis der Irre-duzibilität häufig einfachere Wege, die entscheidenden Gebrauch von

32 Ein ganz andere Art des Vorgehens wird möglich, wenn man die fünf komplexen

Nullstellen des zu zerlegenden Polynoms mit Näherungsverfahren numerisch be-stimmt. Dann ist nur noch zu prüfen, welche mögliche Auswahl von Linearfaktoren ein ganzzahliges Polynom ergeben – eine von Rundungsfehlern unabhängige Bestäti-gung kann durch Ausmultiplizieren der gegebenenfalls derart gefundenen Polynome erfolgen.

Wer es ganz eilig hat, kann auch ein Computer-Algebra-System verwenden. So erhält man beispielsweise beim Programm MuPAD durch Eingabe von

factor(poly(x^5-2*x^4-4*x^3+2*x^2+11*x+4,[x]))

sofort die gesuchte Produktzerlegung.

Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen 65

Teilbarkeitsbeziehungen machen. Auf das in der Eingangsfrage angeführ-te Polynom 2x5+ 6x2 + 3 anwendbar ist das so genannte Eisenstein’sche Irreduzibilitätskriterium, benannt nach dem Mathematiker Ferdinand Gotthold Max Eisenstein (1823-1852), der diesen Satz 1850 bewies, und zwar unabhängig von einem vier Jahre vorher durch Theodor Schöne-mann gegebenen Beweis:

SATZ. Gegeben sei ein Polynom f (x) = xn + an–1xn–1 + ... + a1x + a0,

dessen ganzzahlige Koeffizienten für eine Primzahl p die folgenden Teilbarkeitsbedingungen erfüllen: • an–1, ..., a1, a0 sind durch p teilbar und • a0 ist aber nicht durch p2 teilbar. Dann ist das Polynom f (x) über den rationalen Zahlen irreduzibel.

Der Beweis des Eisenstein’sche Irreduzibilitätskriteriums ist nicht sehr schwierig und ist im Kasten „Das Eisenstein’sche Irreduzibilitätskriteri-um“ zu finden.

Um mit der angeführten Version des Eisenstein’schen Irreduzibilitätskri-teriums feststellen zu können, dass das zweite in der Eingangsfrage ange-führte Polynom 2x5+ 6x2 + 3 tatsächlich irreduzibel über den rationalen Zahlen ist, das heißt, dass es nicht in ein Produkt von zwei Polynomen mit niedrigerem Grad und rationalen Koeffizienten zerlegt werden kann, bedarf es eines kleinen Kunstgriffs. Um ein normiertes Polynom zu erhal-ten, geht man zunächst zum mit 16 multiplizierten Polynom (2x)5 + 24(2x)2 + 48 über. Gemäß dem Eisenstein’schen Irreduzibilitäts-kriterium, angewendet auf die Primzahl p = 3, ist das Polynom y

5 + 24y 2 + 48 über den rationalen Zahlen irreduzibel. Damit ist auch das

Polynom 2x5 + 6x 2 + 3 über den rationalen Zahlen irreduzibel, da sich

eine Zerlegung sofort auf y5+ 24y2 + 48 übertragen ließe.

6.4. Eine wichtige Anwendung des Eisenstein’schen Irreduzibilitätskrite-riums bezieht sich auf die Kreisteilungsgleichung xn – 1 = 0. Da der Li-nearfaktor (x – 1) abgespaltet werden kann, ist diese Kreisteilungsglei-chung natürlich für n > 1 nie irreduzibel. Allerdings ist für Primzahl-exponenten n die Abspaltung des Linearfaktors (x – 1) die einzige Mög-lichkeit einer Produktzerlegung in Polynome mit rationalen Koeffizienten. Es kann nämlich gezeigt werden, dass das Polynom

66 Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen

x

xx x x x

nn n−

−= + + + +− −1

111 2 + 2...

im Fall, dass n eine Primzahl ist, irreduzibel über den rationalen Zahlen ist. Zum Beweis führt man die Substitution x = y + 1 durch und erhält mit Hilfe des binomischen Lehrsatzes

( )

( )

( )

y

yy

n

ny

ny

ny

n

yn ... n j

... j+y n

nn n

n

j

nj

+ −= +

+

+

+

= +−

⋅ ⋅+

− −

=

1 1

1 3 2 1

1 2 1

1 2 2

1

1

2

... +

Bekanntermaßen sind alle Binomialkoeffizienten ganze Zahlen. Dabei zeigt die zuletzt angegebene Darstellung, dass die in der Summation auf-tauchenden Binomialkoeffizienten allesamt durch n teilbar sind, denn der im Zähler auftauchende Primfaktor n kann im Nenner nicht aufgehoben werden. Damit ist das Eisenstein’sche Irreduzibilitätskriterium in Bezug auf die Primzahl n auf das Polynom (xn – 1)/(x – 1) anwendbar, womit dieses Polynom als irreduzibel über den rationalen Zahlen nachgewiesen ist.

Das Eisenstein’sche Irreduzibilitätskriterium

SATZ. Das Polynom f (x) = xn+ an–1xn–1 + ... + a1 + a0 sei gege-

ben, wobei dessen ganzzahlige Koeffizienten für eine Primzahl p die folgenden Teilbarkeitsbedingungen erfüllen:

• an–1, ..., a1, a0 sind durch p teilbar und • a0 ist aber nicht durch p2 teilbar. Dann ist das Polynom f (x) über den rationalen Zahlen irreduzi-

bel.

Der Beweis lässt sich wieder indirekt führen, das heißt, die zur Be-hauptung gegenteilige Annahme wird zum Widerspruch geführt. Wir gehen daher von einer Produktzerlegung f (x) = g(x)·h(x) in zwei normierte Polynome g(x) und h(x) mit rationalen Koeffizienten aus: g(x) = crx

r + cr–1xr–1 + ... + c0 und h(x) = dsx

s + ds–1xs–1 + ... + d0 mit

Gleichungen, die sich im Grad reduzieren lassen 67

cr = ds = 1. Dabei wird vorausgesetzt, dass die beiden Polynomgrade r und s größer oder gleich 1 sind.

Aufgrund des letzten Satzes müssen alle Koeffizienten cr, cr–1, ..., c0, ds, ds–1, ..., d0 sogar ganze Zahlen sein. Da das Produkt a0 = c0d0 durch die Primzahl p, aber nicht durch p2 teilbar ist, muss genau einer der beiden Koeffizienten c0 und d0 durch p teilbar sein. Ohne Ein-schränkung nehmen wir an, dass dies c0 sei; der Koeffizient d0 kann damit nicht durch p teilbar. Wegen cr = 1 findet man einen kleinsten Index j, für den cj nicht durch p teilbar ist. Für den entsprechenden Koeffizienten aj des Polynoms f (x) gilt die Formel

a c d c d c dj j j j= + + +−0 1 1 0 ... ,

wobei der erste Summand nicht durch p teilbar ist, während jeder der anderen Summanden durch p teilbar ist. Damit ist aj nicht durch p teilbar – wegen j ≤ r < n im Widerspruch zur Voraussetzung.

Aufgaben

1. Gesucht ist über den rationalen Zahlen eine Zerlegung des Polynoms

x6 + 9x5 + 19x4 – 4x3 + 5x2 – 13x – 3

in irreduzible Faktoren.

2. Man zeige, dass das Polynom

x6 + 4x5 – 2x4 + x3 – 3x2 + 5x + 1

über den rationalen Zahlen irreduzibel ist.