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Algebraische Kombinatorik Vorlesung SS 2014 Wilhelm Plesken RWTH Aachen Prof. Dr. Wilhelm Plesken Lehrstuhl B f¨ ur Mathematik RWTH Aachen Templergraben 64 Internet: http://www.mathb.rwth-aachen.de c W. Plesken, Aachen 2014 Der Nachdruck dieses Textes, auch von einzelnen Teilen daraus, ist nicht gestattet.

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Algebraische Kombinatorik

Vorlesung SS 2014

Wilhelm Plesken

RWTH Aachen

Prof. Dr. Wilhelm PleskenLehrstuhl B fur MathematikRWTH AachenTemplergraben 64Internet: http://www.mathb.rwth-aachen.dec©W. Plesken, Aachen 2014

Der Nachdruck dieses Textes, auch von einzelnen Teilen daraus, ist nicht gestattet.

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Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung 5

1 Uberblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Geometrische Kombinatorik: Beispiel . . . . . . . . . . . . 6

3 Abzahlen mit erzeugenden Funktionen: Beispiele . . . . . . 11

4 Die Rolle der Gruppen: Beispiele und Sichtweise . . . . . . 17

2 Zahlen mit Gruppen und Ringen 23

1 Polyasche Abzahltheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2 Operation endlicher Gruppen auf endliche Halbgruppen . . 28

3 Der Burnsidering einer endlichen Gruppe . . . . . . . . . 41

4 Verfeinertes Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

3 Spezies von Strukturen 55

1 Spezies und die zugehorigen Reihen . . . . . . . . . . . . . 55

2 Aquivalenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

3 Der Halbring der Isomorphieklassen von Spezies . . . . . . 67

3.1 Addition von Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . 67

3.2 Multiplikation von Spezies . . . . . . . . . . . . . . 71

4 Substitution und Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . 76

4.1 Einsetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

4.2 Die Ableitung einer Spezies . . . . . . . . . . . . . 83

5 Punktieren und Cartesische Produkte . . . . . . . . . . . 87

5.1 Punktieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

5.2 Cartesisches Produkt . . . . . . . . . . . . . . . . 91

6 Gewichtete Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

6.1 Gewichtete Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93

6.2 Gewichtete Spezies . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

3

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4 INHALTSVERZEICHNIS

4 Assoziationsschemata 991 Matrizen und stark regulare Graphen . . . . . . . . . . . . 99

1.1 Kombinatorik des Matrixproduktes . . . . . . . . . 991.2 Stark regulare Graphen . . . . . . . . . . . . . . . . 100

2 Kommutative Assoziationsschemata . . . . . . . . . . . . . 1152.1 Allgemeine Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . 1152.2 Symmetrische Assoziationsschemata . . . . . . . . . 1182.3 Kommutative Assoziationsschemata und ihre Modul-

theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1302.4 Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144

5 Aufgaben 151

6 Literatur 1671 Allgemeine Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1672 Erzeugende Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1673 Zahlen mit Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1684 Assoziationschemata . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

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Kapitel 1

Einfuhrung

1 Uberblick

Die Kombinatorik ist ein Gebiet der Mathematik, welches in fast jedem an-deren Gebiet eine Rolle spielt oder im Prinzip spielen konnte. Wenn mansagt, dass ein kombinatorisches Problem vorliegt, wird dies ist haufig alsEntschuldigung genommen, dass man erst gar nicht versucht, das Problemzu losen. Wenn man es doch lost, bekommt man meistens gute Einsichtenin die Struktur des ursprunglichen Gesamtproblems.Man sieht an diesen Bemerkungen, dass die Kombinatorik eher eine Samm-lung von Methoden und Problemen ist als eine Theorie aus einem Guss.Es gibt viele Anstrengungen von Kombinatorikern, axiomatisch wenigstengroße Teile der Kombinatorik als einheitliche Theorie zu gestalten. Aberdas ist nicht immer einfach und erzeugt haufig mehr Probleme als es lost,obschon es naturlich ein Triumph der Axiomatik ist, wenn dieselbe Me-thode plotzlich in zunachst vollig verschieden aussehenden Problemen zurAnwendung kommt oder gar zur Losung fuhrt. Man darf den Schwierig-keitsgrad der kombinatorischen Probleme nicht unterschatzen. In diesemZusammenhang erinnere ich mich an einen Vortrag von de Bruin voretlichen Jahren hier in Aachen, wo er, ein ausgewiesener Experte sowohlin der Kombinatorik als auch im automatischen Beweisen, sagte, dass dieAutomatischen-Beweis-Programme haufig sehr viel mehr Zeit fur die Ve-rifikation von kombinatorischen Tatsachen braucht als fur die Verifikationvon irgendwelchen Dingen beispielsweise aus der algebraischen Topologie,die der menschliche Verstand gemeinhin als schwierig ansieht. Wir werdensehr bald prominente Beispiele fur sehr schwer zu verifizierenden Satze ausder Kombinatorik sehen. Zunachst aber noch eine sehr grobe Aufteilung

5

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6 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

der Kombinatorik in zwei große Teilgebiete:1.) Geometrische Kombinatorik2.) Abzahlende KombinatorikHierdurch ist sicher nicht alles abgedeckt. Es ware noch elementare Kombi-natorik zu erwahnen, die mit wenig algebraischen oder analytischen Hilfs-mitteln auskommt und die wir allenfalls streifen werden. Es gibt analytischeMethoden, algorithmische Methoden und algebraische Methoden. Die letz-ten beiden werden sicher zur Sprache kommen. Die Grenzen sind fließend.Aber es hilft vielleicht, eine Vorstellung zu bekommen, wenn ich aus jedemder beiden Hauptgebiete ein halbwegs reprasentatives Beispiel vorlege.

2 Geometrische Kombinatorik: Beispiel

Definition 1.1. Eine (endliche) Menge M mit einer Teilmenge G ⊆Pot(M) heißt projektive Ebene, falls gilt:1.) Zu je zwei verschiedenen Elementen aus M gibt es genau eine Mengeaus G, die beide Elemente enthalt.2.) Je zwei Mengen aus G haben einen einelementigen Durchschnitt.3.) Es gibt vier Elemente in M , von denen je drei nicht in einer Mengeaus G liegen.Sprechweisen: Die Elemente aus M heißen Punkte, die Mengen aus Gheißen Geraden. Punkte in derselben Geraden heißen kollinear.

Man sollte die drei Axiome in der geometrischen Sprechweise wiederholen.(In diesem Zusammenhang sei an Hilberts Standpunkt erinnert, den erin seinem Buch uber die Grundlagen der Geometrie vertreten hat.) Grund-legende Einsicht ist nun der folgende Satz.

Satz 1.2. Zu jeder endlichen projektiven Ebene (M,G) gibt es eine naturli-che Zahl n ∈ Z≥2, genannt die Ordnung der projektiven Ebene, mit fol-genden Eigenschaften:1.) Jede Gerade hat n+ 1 Punkte.2.) Durch jeden Punkt gehen genau n+ 1 Geraden.3.) Es gibt insgesamt n2 + n+ 1 Punkte, d. h. |M | = n2 + n+ 1.4.) Es gibt insgesamt n2 + n+ 1 Geraden, d. h. |G| = n2 + n+ 1.

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2. GEOMETRISCHE KOMBINATORIK: BEISPIEL 7

Beweis. Fur p, q ∈ M mit p 6= q sei pq die eindeutige Gerade aus G, die pund q enthalt. Sei g ∈ G eine Gerade und p ∈M − g ein Punkt, der nichtauf der Gereaden g liegt. Dann haben wir die Abbildung

π : M − p → g : q 7→ s mit s = g ∩ pq

Wegen der ersten zwei Axiome ist π wohldefiniert und fur jede Gerade hmit p 6∈ h ist π|h eine Bijektion. Aus dem Axiom 3, welches sicherstellt,dass wir genugend viele Punkte und Geraden haben, folgt nun, dass alleGeraden gleichviele Punkte haben, sagen wir n+1. Damit ist 1.) bewiesen,aber 2.) folgt auch direkt, denn die Definition von π zeigt, dass die Mengeder Geraden durch p in Bijektion mit g steht, denn die Geraden durch p

jeweils ohne p, sind gerade die Fasern von π. Die Bilanz dieser Situtation:|M − p| = (n + 1) · n liefert uns 3.). Schließlich bekommen wir 4.) ausdem wichtigen Prinzip des Doppeltzahlens, in diesem Fall der Menge derPaare (q, h) ∈M ×G mit q ∈ h:

# Punkte︸ ︷︷ ︸n2+n+1

·# Geraden durch Punkt︸ ︷︷ ︸n+1

= # Geraden︸ ︷︷ ︸?

·# Punkte auf Geraden︸ ︷︷ ︸n+1

q. e. d.

Es lohnt sich, eine Matrixformulierung der Axiome der projektiven Ebenezu geben.

Definition 1.3. Sei (M,G) eine projektive Ebene der Ordnung n. Dannheißt die Matrix

A : M ×G→ Z : (p, g)→

1 p ∈ g0 p 6∈ g

aus Z(n2+n+1)×(n2+n+1) die Inzidenzmatrix von (M,G) (wobei naturlich Bi-jektionen von G und M auf n2 + n+ 1 zugrundegelegt werden, d. h. diePunkte und Geraden werden durchnummeriert).

Bemerkung 1.4. A ∈ 0, 1d×d mit d := (n2 +n+ 1) und n ≥ 2 ist genaudann Inzidenzmatrix einer projektiven Ebene der Ordnung n, wenn

A · Atr = nId + Jd

wobei Id, Jd ∈ Zd×d die Einheitsmatrix und die Matrix mit samtlichen Ein-tragen gleich Eins bezeichnen.

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8 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Beweis. Beachte: Es gilt (A · Atr)(p,q) =∑

g∈GA(p, g)A(q, g) fur (p, q) ∈M ×M .=⇒: Ist A Inzidenzmatrix einer projektiven Ebene, so folgt die Matrixglei-chung fur A aus dem ersten Axiom und Satz 1.2 1.).⇐=: Die Matrixgleichung zeigt sofort, dass das erste Axiom der projekti-ven Ebene in 1.1 erfullt ist. Das zweite ist nicht ganz so unmittelbar. Hierein kombinatorischer Beweis:(

d

2

)= d ·

(n+ 1

2

),

d. h. eine zweielementige Teilmenge von M ist notwendigerweise eine zwei-elementige Teilmenge einer der d Mengen aus G. Der Rest ist klar. q. e. d.

Ubung: Gib einen mehr algebraischen Beweis von Bemerkung 1.4 durchNachweis von Atr ·A = nId + Jd. (Hinweis: nId + J kann man leicht inver-tieren.)

Ubung: Man definiere den Begriff der Isomorphie zwischen zwei projekti-ven Ebenen und den der Automorphismengruppe einer projektiven Ebene.(Hinweis: Aut(M,G) := StabSM (G) bezuglich der von der symmetrischenGruppe SM auf Pot(Pot(M) induzierten Operation.)

Beispiel 1.5. Fur n := 2 gibt es bis auf Isomorphie genau eine projekti-ve Ebene E2 der Ordnung n. Diese hat bei geeigneter Nummerierung derPunkte (Zeilen) und Geraden (Spalten) die Inzidenzmatrix und Visualisie-rung

A :=

1 1 1 0 0 0 01 0 0 1 1 0 01 0 0 0 0 1 10 1 0 1 0 1 00 1 0 0 1 0 10 0 1 1 0 0 10 0 1 0 1 1 0

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2. GEOMETRISCHE KOMBINATORIK: BEISPIEL 9

Ein Automorphismus σ wird in dieser Darstellung der projektiven Ebeneam besten beschrieben durch ein Paar (P (σ), Z(σ)) von Permutationsma-trizen vom Grad 7, wobei P (σ) die Operation auf den Punkten und Z(σ)die Operation auf den Geraden beschreibt. Die definierende Bedingung istalso

P (σ) · A · Z(σ)−1 = A oder P (σ) · A = A · Z(σ)

Ubung: Zeige in der obigen Situation, dass P (σ) und Z(σ) gleich viele Fix-punkte haben fur jedes σ ∈ Aut(E2).

Wir wollen Aut(E2) bestimmen.

Beispiel 1.6. (Forsetzung von 1.5, Bestimmung von Aut(E2))A hat Elementarteiler 2, 2, 6, also hat A := (Aij + 2Z) ∈ F7×7

2 den Rang 4.Wir bekommen also eine Matrix X ∈ F3×7

2 vom Rang 3 mit X.A = 03×7,sodass fur jedes σ ∈ Aut(E2) ein ∆(σ) ∈ GL(3,F2) existiert mit

∆(σ)X = X.P (σ).

Die Zeilen von X bilden eine Basis des Losungsraumes des linearen Glei-chungssystems xA = 0. Hier ist eine mogliche Wahl von X:

X :=

1 0 1 0 1 0 10 1 1 0 0 1 10 0 0 1 1 1 1

.

Die Spalten von X stehen in Bijektion zu M :

(1 : 0 : 0) (0 : 1 : 0)

(0 : 0 : 1)

Man kann jetzt eine Reihe interessanter Beobachtungen machen, deren Be-weis wir dringend als Betrachtung empfehlen:1.) ∆ : Aut(E2) → GL(3,F2) ist ein wohldefinierter Homomorphismus,denn X hat Rang 3.2.) ∆ : Aut(E2) → GL(3,F2) ist ein Monomorphismus, denn die Spalten

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10 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

von X sind paarweise verschieden.3.) Jedes a ∈ GL(3,F2) definiert eine eindeutige Permutationsmatrix αmit

aX = Xα.

4.) ∆ : Aut(E2)→ GL(3,F2) ist ein Isomorphismus.5.) Die Spalten von X bilden genau die Vektoren von F3×1

2 und konnen alsBinardarstellung der Zahlen 1 bis 7 interpretiert werden, sodass wir einesehr elegante Beschreibung der Punkte von E2 haben.

Nicht immer geht es so elegant. Wir wollen jedoch eine Definition extrahie-ren, die wir spater noch in einem allgemeineren Kontext ausweiten werden.

Definition 1.7. Sei (M,G) eine projektive Ebene der Ordnung n und Kein Korper. Eine Abbildung δ : M → K3×1 heißt eine Darstellung derprojektiven Ebene uber K, falls eine Teilmatrix (δ(p))p∈t mit ∅ 6= t ⊆ M

von (δ(p))p∈M ∈ K3×d genau dann Rang kleiner als 3 hat, wenn ein g ∈ Gexistiert mit t ⊆ g.

Ubung: Zeige: Fur jede Potenz q einer Primzahl p gibt es eine projektiveEbene der Ordnung q, welche uber Fq darstellbar ist.

Es gibt ein ganzes Buch uber projektive Ebenen (D. Hughes, F. Piper).Ich habe nie hineingeschaut, meine mich aber zu erinnern, dass fur n = 8auch eine projektive Ebene existiert, die nicht uber F8 darstellbar ist. Diemoglichen Ordnungen n endlicher projektiver Ebenen sind nicht bekannt.Es gibt einen allgemeinen Satz (Bruck, Ryser), dass n entweder kon-gruent 0 oder 3 modulo 4 sein muss, oder im Falle n kongruent 1 oder2 modulo 4 die Ordnung n Summe zweier Qudadrate ganzer Zahlen seinmuss. Der kleinste Fall, den dieser Satz offen lasst, ist n = 10, in welchemdie Nichtexistenz Ende der achtziger Jahr mit massivem Computereinsatznachgewiesen wurde. Dies ist ein eindrucksvolles Beispiel fur algorithmi-sche Kombinatorik. Kurzere Beweise der Nichtexistenz fur n = 10 sindimmer noch Gegenstand der Forschung. Der nachste offene Fall n = 12 istnoch offen.

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3. ABZAHLEN MIT ERZEUGENDEN FUNKTIONEN: BEISPIELE 11

Der Begriff der projektiven Ebene ist in mehrfacher Weise verallgemeinertworden, einerseits zu Blockplanen (mit Anwendungen in der Versuchspla-nung), andererseits zu Matroiden (mit Anwendungen z. B. in der Codie-rungstheorie).

Projekt: Eine projekive Ebene (M,G) kann als Verband aufgefasst werdenmit der Tragermenge ∅,M ∪ Pot1(M) ∪ G, dem mengentheoretischenDurchschnitt als ∧ und offensichtlich definiertem ∨. Man studiere die vonvier Punkten erzeugten Teilverbande von P2(K) := P(K3×1) := (K3×1 −0)/K∗.

3 Abzahlen mit erzeugenden Funktionen: Beispiele

Definition 1.8. Sei a := (ai)i∈Z≥0∈ KZ≥0 eine Folge im Korper K. Dann

heißt

σ := σa :=∞∑i=0

aixi ∈ K[[x]]

die erzeugende Funktion von a.

Bei uns ist K meist der rationale oder reelle Zahlkorper und die ai bezeich-nen gewisse Anzahlen, die von i abhangen. Die Ringstruktur des formalenPotenzreihenringes hilft uns, etwas uber alle ai gleichzeitig in Erfahrungzu bringen. Zum Warmwerden beginnen wir mit dem Standardbeispiel derFibonacci-Folge, sozusagen zur Erinnerung fur die meisten und als erhel-lende Neuerfahrung fur den Rest.

Beispiel 1.9. Wir schauen uns die Folge der Matrizen (Ai)i≥0 mit

A :=

(1 11 0

)∈ R2×2

an: (1 00 1

),

(1 11 0

),

(2 11 1

),

(3 22 1

),

(5 33 2

),

(8 55 3

), . . .

Wir sehen die Fibonacci-Folge gleich mehrfach: in der (1, 1)-Postion derMatrixfolge, verschoben in der (1, 2)-Position, als Summe der (2, 1)- und(2, 2)-Positionen, etc. . Die beiden Folgen aus der (2, 1)- und (2, 2)-Position

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12 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

bilden eine Basis der Losungsraumes aller Folgen Z≥0 → R : i 7→ ai mitai+2 = ai+ai+1 oder besser ai+2−ai+1−ai = 0. Dies hangt damit zusammen,dass A das charakteristische Polynom p(x) := x2 − x − 1 hat und somitnach dem Satz von Hamilton Cayley

A2 − A− I2 = 0, also auch Ai+2 − Ai+1 − Ai = 0

gilt, eine Gleichung die sich selbstverstandlich auf die Eintrage der Matri-zen ubertragt. Man sieht das Wachstum der Folgen, wenn man A diago-nalisiert. Man betrachte die erzeugende Funktion der Losungen der obigenLosungsfolgen (ai) :

σ :=∞∑i=0

aixi ∈ R[[x]].

Wir schauen mal, was passiert, wenn wir σ mit 1 − x − x2 = −x2p(1/x)multiplizieren:

1σ = a0 +a1x +a2x2 +a3x

3 +a4x4 . . .

−xσ = 0 −a0x −a1x2 −a2x

3 +a3x4 . . .

−x2σ = 0 +0 −a0x2 −a1x

3 −a2x4 . . .

(1− x− x2) · σ = a0 +(a1 − a0)x +0 +0 . . .

,

wodurch man mit Hilfe der Partialbruchentwicklung

σ =a0 + (a1 − a0)x

1− x− x2=

s

1− αx+

t

1− βx

mit α := 1+√

52 , β := 1−

√5

2 und

s =(1 + β)a0√

5, t =

a1 − a0 − αa0√5

,

woraus man eine explizite Formel bekommt fur das n-te Glied der Folgemit Hilfe der geometrischen Reihe.

Das nachste Beispiel ist interessanter und auch etwas komplizierter, sodassman etwas lernen kann.

Beispiel 1.10. Wir stellen uns vor, dass wir viele kongruente gleichseitigeDreiecke (z. B. aus Papier) haben, mit denen wir ein Konstruktionsspiel

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3. ABZAHLEN MIT ERZEUGENDEN FUNKTIONEN: BEISPIELE 13

machen wollen. Wir beginnen mit einem Dreieck, welchem wir die Num-mer Null geben. An jeder Seite heften wir genau ein weiteres Dreieck an.Diesen allen geben wir die Nummer 1. Wir haben jetzt 6 freie Seiten zurVerfugung, sodass wir 6 Dreiecke mit der Nummer 2 anheften konnen.Wenn wir fortfahren, achten wir immer darauf, dass hochstens 7 Dreieckein einer Dreiecksecke zusammenstoßen. Hat man die Zahl 7 erreicht, klebtman die Seiten der letzten beiden Dreiecke zusammen, sodass sich schließ-lich um jeden Dreieckseckpunkt einer Rosette aus 7 Dreiecken bildet.Wurden wir dies Spiel mit 3-er statt 7-er Rossetten spielen, ware es nachdem ersten Erweiterungsschritt aus: Wir bekamen ein regelmaßiges Tetra-eder: 4 = 1+3. Mit 4-er Rosetten ist nach 3 Schritten Schluss: 1+3+3+1 =8; wir bekommen ein regelmaßiges Oktaeder. Mit 5-er Rosetten ist nach 5Schritten Schuss: 1+3+6+6+3+1 = 20; wir bekommen ein regelmaßigesIkosaeder. Schließlich mit 6-er Rosetten bekommen wir die EuklidischeEbene in gleichseitige Dreiecke gepflastert. Wir haben folgende Anzahlenai von Dreiecken mit der Nummer i:

a0 = 1, a1 = 3, a2 = 6, a3 = 6, . . .

Wir lassen es als Ubungsaufgabe, die weiteren Glieder zu bestimmen.Der erste wirklich neue Fall, ist dann der der 7-er Rosetten. (Man istversucht vom ersten negativ gekrummten Fall zu sprechen, wenn man dieobigen Falle als positiv gekrummt bzw. ungekrummt bezeichnen will.) Siehtman im vorliegenden Fall von dem Startdreieck mit der Nummer Null ab, sohaben wir hochstens drei verschiedene Arten von Dreiecken mit der Num-mer i:1.) ai,1 := Anzahl der Dreiecke mit der Nummer i, einem Nachbar mitder Nummer i− 1 (Vorganger) und zwei Nachbarn mit der Nummer i+ 1(Nachfolger).2.) ai,2 := Anzahl der Dreiecke mit der Nummer i, einem Nachbar mit derNummer i − 1 (Vorganger), einem Nachbarn ebenfalls mit der Nummer i(Zusammenstoß) und einem Nachbarn mit der Nummer i+1 (Nachfolger).3.) ai,3 := Anzahl der Dreiecke mit der Nummer i, zwei Nachbarn mit derNummer i − 1 (Vorganger) und einem Nachbarn mit der Nummer i + 1(Nachfolger).Man uberlegt sich leicht, dass es entsprechend zwei Typen von 7-er Rosettengibt: 1.) solche mit genau einem Dreieck mit kleinster Nummer (sicherlichvom 1. Typ) und zwei Dreiecken mit großter Nummer (sicherlich vom 2.

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14 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Typ) und 2.) solche mit zwei Dreiecken mit kleinster Nummer (sicherlichvom 2. Typ, sollten bei dem anderen gemeinsamen Eckpunkt eine Roset-te vom ersten Rosettentyp bilden) und genau einem Dreieck mit großterNummer (notwendig vom Dreieckstyp 3).Was uns am Ende interessiert, sind die ai := ai,1 + ai,2 + ai,3. Es ist nunsehr viel einfacher, erst Rekursionen fur die drei Einzelfolgen herzustellen,die aber dann untereinander verkoppelt sind. Wir fangen bei i = 1 an undstreben eine Vektorrekursion fur die Vektorfolge der vi := (ai,1, ai,2, ai,3)

tr

an.Hier sind offensichtliche Gleichungen:

ai+3,1 + ai+3,2 + ai+3,3 = 2ai+2,1 + ai+2,2 + ai+2,3 − ai,2/2ai+3,2 = 2ai,1

ai+3,3 = ai,2/2

Wir schreiben dies als eine Matrixgleichung fur jedes i ≥ 1:

vi+3 − Avi+2 −Bvi = 0 mit A :=

2 1 1

0 0 0

0 0 0

, B :=

−2 −1 0

2 0 0

0 1/2 0

.

Wir setzen

v :=∞∑i=0

vixi := (

∞∑i=0

ai,1xi,∞∑i=0

ai,2xi,∞∑i=0

ai,3xi)tr

Und setzen bzw. rechnen aus und uberprufen:

v =

300

x+

600

x2+

660

x3+

1260

x4+

18120

x5+

30123

x6+. . .

Wir verfahren jetzt analog zur Fibonacci-Folge, mussen allerding beach-ten, dass die Rekursion erst ab dem Koeffizienten von x4 gilt, und erhaltenaus der obigen Rekursion

(v − v1x− v2x2 − v3x

3)/x3 − A(v − v1x− v2x2)/x2 −Bv = 0

also nach Multiplikation mit x3 und umsortieren:

(I3 − Ax−Bx3)v = v1x+ (v2 − Av1)x2 + (v3 − Av2)x

3.

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3. ABZAHLEN MIT ERZEUGENDEN FUNKTIONEN: BEISPIELE 15

Eingesetzt:2x3 − 2x+ 1 x3 − x −x−2x3 1 0

0 −1/2x3 1

v =

−6x3 + 3x

6x3

0

,

sodass

v =1

q

−3

(x5 − x4 − x3 + x2 − x− 1

)x

6x3

3x6

mit q := 1−x−x2+x3−x4−x5+x6

und, bei Berucksichtigung von a0 = 1

∞∑i=0

aixi = 1 +

3x(1 + x+ x2 + x3 + x4)

q

= 1 + 3x+ 6x2 + 12x3 + 18x4 + 30x5 + 45x6 + 72x7 + 111x8 + 174x9 + . . .

Dies besagt insbesondere, dass es auch eine lineare Rekursion mit konstan-ten Koeffizienten fur ai, mit i > 0 vom Grad 6 gibt. Wenn man das weiß,kann man direkt mit den Methoden aus dem Fibonacci-Beispiel die er-zeugenden Funktion aus den ersten 6 Schichten angeben, ohne den Umweguber die Unterscheidung der Dreiecke.

Ubung: Man bestimme die Wachstumsgeschwindigkeit der Folge ai aus demletzten Beispiel mit Hilfe des Polynoms q. (Vorsicht: Es kommt nicht aufden absolut großten Eigenwert von q an, sondern auf den absolut kleinsten!Warum?)

Ubung: Man modifiziere das letzte Beispiel dahingehend, dass man miteinem Vertex bzw. einer 7-er Rosette anfangt, deren Dreiecke dann dieNummer 0 bekommen, so dass man (nach leichter Anpassung der Defini-tionen der ai,j) ausgeht von

v =

700

x+

1400

x2 +

1407

x3 + . . .

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16 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Warum sind im obigen Beispiel alle Koeffizienten durch 3 teilbar in dervorliegenden Variation durch 7?

Als allgemeinen Struktursatz wollen wir aus diesem Abschnitt die folgendeAussage mitnehmen.

Satz 1.11. Sei K ein Korper und (ai)i≥0 ∈ KZ≥0 eine Folge. Genau dannexistiert eine rationale Funktion r(x) ∈ K(x), deren Nenner nicht durchx teilbar ist mit einer Entwicklung r(x) =

∑∞i=0 aix

i, wenn ein n ∈ N undKoeffizienten c0 6= 0, c1, . . . , cn 6= 0 existieren mit

c0ak + c1ak−1 + · · ·+ cnak−n = 0

fur alle hinreichend große k.

Beweis. Angenommen c0ak + c1ak−1 + · · ·+ cnak−n = 0 gilt fur alle k ≥ N .(Wir konnen ohne Einschrankung c0 = 1 annehmen.) Dann setzen wir

q(x) := c0 + c1x+ . . . cnxn,

sodass gilt:

q(x)∞∑i=0

aixi = p(x),

wobei p(x) ∈ K[x] ein Polynom vom Grad hochstens N − 1. Es folgt

∞∑i=0

aixi =

p(x)

q(x)∈ K(x),

ist also rationale Funktion der gewunschten Form.Sei umgekehrt r(x) :=

∑∞i=0 aix

i eine rationale Funktion, genauer r(x) =p(x)/q(x) mit q(x), p(x) ∈ K[x] und q(0) 6= 0. Wir konnen also q(x) =c0 + c1x + · · · + cnx

n mit c0 6= 0 annehmen. Wegen r(x)q(x) = p(x) folgtdann die obige Rekursion fur alle k ≥ Grad(p(x)). q. e. d.

Ubung: Sei K ein Korper. p(x), q(x) ∈ K[x] mit q(0) 6= 0. Zeige:1.) p(x)/q(x) ∈ K(x) kann in eine Potenzreihe ∈ K[[x]] entwickelt werden.(Hinweis: Œq(0) = 1. Schreibe q(x) = 1 − xs(x) und benutze die geome-trische Reihe.)

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4. DIE ROLLE DER GRUPPEN: BEISPIELE UND SICHTWEISE 17

2.) Vereinfache die Herstellung der Potenzreihe durch Partialbruchzerle-gung von p(x)/q(x).3.) Im Falle K ⊆ C liefert die Taylor-Reihe die gewunsche Antwort.

4 Die Rolle der Gruppen: Beispiele und Sichtweise

In der Kombinatorik geht man in der Regel von einer endlichen Mengeaus und fuhrt diverse Konstruktionen aus, die ihrerseits auch wieder zuendlichen Mengen fuhren. In diesem Abschnitt wollen wir versuchen einenStandard zu definieren, der sich in anderen Gebieten der Mathematik, et-wa der Geometrie, bereits lange durchgesetzt hat: Wir wollen eine Mengemoglichst immer als G-Menge fur eine Gruppe G oder, was die zweiteMoglichkeit ist, als Menge von Bahnen unter einer Gruppe, verstehen. Obeiner dieser beiden Standpunkte angemessen ist, muss in jeder konkretenSituation entschieden werden. Wir begnugen uns hier mit einigen Beispie-len, um uns der Idee zu nahern.

Beispiel 1.12. Gegeben eine endliche Menge aus n Elementen, uber dieweiter keine Struktur bekannt ist. Wir werden dann meistens n := 1, 2, . . . , nals diese Menge notieren und sie als Sn-Menge betrachten, wobei Sn diesymmetrische Gruppe vom Grad n bezeichnet. ( Es ware fast noch besser,die Menge Sn/Sn−1 als Grundmenge zu nehmen, weil wir dann klarer uberdie diversen Konstruktionen sprechen konnten. Aber wir wollen unserenStandpunkt nicht uberstrapazieren.) Dann ist fur k ≤ n

Potk(n) :=

(n

k

):= T ⊆ n | |T | = k

auch wieder eine Sn-Menge, und zwar genau wie n selbst eine transitive Sn-Menge. Durch Bestimmung der Ordnung des Stabilisators eines Elementesaus Potk(n) sehen wir sofort

|Potk(n)| =(n

k

)oder noch klarer

Potk(n) ≡ Sn/(Sk × Sn−k).

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18 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Ein (schlichter endlicher) Graph ist einfach eine Teilmenge von Pot2(n).Also ist die Menge aller Graphen mit Eckenmenge n nichts anderes als

Pot(Pot2(n)) bzw. Potk(Pot2(n)),

wenn wir die Kantenzahl auf k festlegen. Diese sind beide wieder Sn-Mengen,allerdings nicht mehr transitiv. Information uber die Bahnen ist außeror-dentlich interessant. Eine solche Bahn visualisiert man, indem man beider ublichen Visualisierung des Graphen die Eckennummerierung weglasst.Man spricht daher bei einem Element von Pot(Pot2(n)) von einem numme-rierten Graphen und bei einem Element von Pot(Pot2(n))/Sn von einemunnummerierten Graphen. Wahrend die Anzahl der nummerierten Gra-phen sich leicht zu

2(n2) bzw.

((n2

)k

)bestimmt, ist die Zahl der unnummerierten Graphen auf n Ecken schonschwieriger zu bestimmen.

3

4

2

1

Ubung: Wieviele nummerierte Graphen gehoren zu dem unnummeriertenGraphen im letzten Beispiel? Wie kann man derartige Anzahlen mit Wahr-scheinlichkeiten in Beziehung bringen, dass ein willkurlich hingeschriebenerGraph einen bestimmten Isomorphietyp hat, also zu einem bestimmten un-nummerierten Graph behort?

Ubung: Man diskutiere die Menge der gerichteten Graphen, nummeriertwie unnummeriert via der Sn-Menge n × n − (i, i)|i ∈ n. Ist die of-fensichtliche Abbildung der Menge der gerichteten Graphen auf die derGraphen Sn-vertraglich?

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4. DIE ROLLE DER GRUPPEN: BEISPIELE UND SICHTWEISE 19

Beispiel 1.13. Wir gehen wieder von n := 1, 2, 3, . . . , n aus, betrachtendie Menge aber als eine Menge mit zyklischer Reihenfolge, also als regulareCn-Menge. Sagen wir etwa Cn := 〈a|an〉 und lassen a durch den n-Zykel(1, 2, . . . , n) operieren. Wir konnen jetzt alle Konstruktionen aus Beispiel1.12 wiederholen mit der neuen Gruppe. Um die Zykelstruktur anzudeu-ten, malen wir die Eckpunkte des Graphen auf einem Kreis gemaß derzyklischen Reihenfolge. Die folgenden zwei unnummerierten Graphen sindbezuglich der S5 aquivalent, nicht jedoch bezuglich der C5.

Beispiel 1.14. Hat man m zu einer G-Menge gemacht, und n zu einerH-Menge fur zwei Gruppen G,H, so hat man mehrere Moglichkeiten furdie Gruppe und ihre Operation auf dem Kartesischen Produkt m× n.a.) Naheliegend ist die Gruppe G×H mit der offensichtlichen komponen-tenweisen Operation. Im Unterschied zu Sm×n ist G×H nicht mehr transi-tiv auf Potk(m×n) fur 1 < k < m+n−1. Selbst fur den Fall G := Sm undH := Sn ist diese Frage nach der Anzahl der Bahnen oder nach den Bah-nen selbst nicht ganz einfach zu beantworten. Man mache sich klar, dasswir bei diesen Bahnen uber das Isomorphieproblem bipartiter Graphensprechen, denn die Kanten eines solchen Graphen konnen leicht durch dieElemente von m× n beschrieben werden.b.) Nicht ganz so naheliegend, aber dafur sicherlich einfacher in der Bear-beitung ist das Kranzprodukt G oH (gezuglich der Permutationsdarstellungvon H auf n):

(G oH)× (m× n)→ m× n : ((g1, . . . , gn;h), (i, j)) 7→ (ghji, hj)

Fur den Spezialfall G := Sm und H := Sn lassen wir es als Ubungsaufga-be, ein Vertretersystem der Bahnen auf Potk(m × n) zu beschreiben. DieVorstellung ist jetzt nicht mehr, dass m und n gleichberechtigte Kompo-nentenmengen von m× n sind, sondern dass m× n eine uber n gefaserteMenge ist und in jeder Faser m× i etwas anderes geschieht.

Ubung: Geben Sie eine Bijektion von der Menge der Bahnen von Sm o Snauf Potk(m× n) auf die folgende Menge von Zahlpartitionen an:

(a1, a2, . . . , ak) | m ≥ a1 ≥ a2 ≥ · · · ≥ an ≥ 0,∑

ai = k.

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20 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

Zum Schluss dieses Abschnittes mochte ich doch noch ein interessantesgeometrisches Problem ansprechen, welches wir dann versuchen kombina-torisch zu losen, allerdings auch mit Hilfe der Gruppentheorie, damit wirsehen, welch gewaltige Hilfe uns von dort gegeben wird.

Beispiel 1.15. In Beispiel 1.10 hatten wir aus gleichseitigen Dreieckeneine simpliziale Flache aufgebaut, wobei in einem Eckpunkt immer genausieben Dreiecke zusammenstoßen. Diese Flache war universell und bestandaus unendlich vielen Dreiecken. Wir hatten ja sogar die Anzahl der Drei-ecke in den verschiedenen Koronen um ein Ausgangsdreieck bestimmt. Jetztstellen wir uns dieselbe Frage, wollen aber nur endlich viele Dreiecke zulas-sen. Es muss also eine kompakte oder geschlossene Flache herauskommen.Sagen wir, wir haben d Dreiecke, k Kanten und e Eckpunkte. Dann geltenfolgende Zusammenhange:

3d = 2k

7e = 3d

2k = 7e,

woraus sich die Losung

(d, k, e) = λ(14, 21, 6)

fur geeignetes λ ∈ N ergibt. (Fur diejenigen, die sich in der elementarenTopologie der Flachen auskennen, sei gesagt, dass die Euler-Charakteristikχ der Flache gleich −λ ist. Die Flache kann (im Falle ihrer Existenz) nurfur gerades λ orientierbar sein, und zwar vom Geschlecht 1 + λ/2.) Wirinteressieren uns z. B. fur den Fall λ = 4, also

(d, k, e) = (56, 84, 24)

Das kleinste gemeinsame Vielfache dieser Zahlen ist 168. Jetzt raten wir:Die einfache Gruppe PSL(2, 7), die ja Ordnung 168 hat, operiert auf unse-rer Flache und zwar transitiv auf der Menge der 56 Dreiecke, transitiv aufder Menge der 64 Kanten und transitiv auf der Menge der 24 Ecken. Manbeachte, PSL(2, 7) hat je genau eine transitive Operation bis auf Ahnlich-keit von diesen Bahnlangen.Wir modellieren unsere Flache als Verband, auf dem PSL(2, 7) durch Ver-bandsautomorphismen operiert. Man sieht durch Inspektion der Untergrup-pen, dass PSL(2, 7) jeweils bis auf Ahnlichkeit genau eine transitive Ope-ration zulasst. Wir beginnen mit der Operation auf 24 Punkten, also auf

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4. DIE ROLLE DER GRUPPEN: BEISPIELE UND SICHTWEISE 21

der Eckenmenge in spe. Man kann sie leicht erzeugen als Operation durchLinksmultiplikation auf den Restklassen nach einer 7-Sylow-Untergruppe:G := 〈a, b〉 mit

a := (1, 10)(2, 12)(3, 5)(4, 9)(6, 22)(7, 17)(8, 24)(11, 18)(13, 23)(14, 19)(15, 20)(16, 21)

b := (1, 2, 3)(4, 6, 9)(5, 7, 11)(8, 13, 12)(10, 15, 20)(14, 19, 16)(17, 21, 23)(18, 22, 24)

In der Tat sieht man sehr leicht, dass die Bahnen G(1, 2) als Kandidatder Kantenmenge und G(1, 2, 3) als Kanditat fur die Menge der Dreieckewirklich die gewunschten Langen 84 und 56 haben. Man verifiziert sehrleicht, dass jede Ecke mit 7 weiteren Ecken verbunden ist und dass derStabilisator von 1 in G eine C7 ist. Jedes Dreieck hat auch wirklich dreiSeiten. Die Verbandsdruktur ist also wie folgt:

V := ∅ ∪ 24 ∪G(1, 2) ∪G(1, 2, 3) ∪ 24 ⊆ Pot(24)

als Tragermenge, ∧ ist der mengentheoretische Durchschnitt, und

∨ : V × V → V : (a, b) 7→⋂

c mit a ⊆ c, b ⊆ c, c ∈ V.

Wir lassen die Verifikation der Verbandsaxiome als leichte Ubungsaufgabe.Die folgende Matrix gibt uns summarisch Auskunft uber unseren Verbandmit der G-Operation:

A∨ :=

1 1 1 1 1

0 1 2 3 24

0 0 1 3 84

0 0 0 1 56

0 0 0 0 1

Die Zeilen und Spalten sind indiziert durch die funf obigen Bahnen unterG. Die Matrix ist spaltenweise zu lesen: Etwa die vorletzte Spalte sagt, dassvon unten gelesen jedes Dreieck null mal die ganze Menge enthalt, genauein Dreieck enthalt (namlich sich selber), genau drei Seiten, genau dreiEcken und die leere Menge genau einmal enthalt.Was wir jetzt haben ist ein Bauplan fur die Flache. Die Rosette um denEckpunkt 1 sieht etwa so aus (Verifikation: Ubung):

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22 KAPITEL 1. EINFUHRUNG

2

3

9

1116

8

4

1

Wie schließt sich die Rosette um 9 an?Was jedoch keineswegs sichergestellt ist, ist die Einbettbarkeit dieser simpli-zialen Fache in den R3, was allerdings kein rein kombinatorisches Problemmehr ist.

Ubung: Man verifiziere, dass durch G := 〈(2, 3, 5, 4), (1, 3, 6, 4)〉 mit V :=∅∪6∪G(1, 2)∪G(1, 2, 3)∪6 ⊆ Pot(6) analog zu oben ein Bauplanfur ein regelmaßiges Oktaeder gegeben ist.

Ubung: Setze in Beispiel 1.15 λ := 6 und erstelle mit Hilfe der GruppeSL(2, 8) (auf 36 Punkten) einen Bauplan fur die entsprechende Fache. (Hin-weis: In GAP kann man die Gruppe mit dem Befehl “PrimitiveGroup(36, 1)”aufrufen.)

Wir halten aus diesem Abschnitt fest, dass es ein sehr interessantes Pro-blem ist, aus endlichen G-Mengen G-Verbande zu konstruieren.

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Kapitel 2

Zahlen mit Gruppen und Ringen

1 Polyasche Abzahltheorie

In diesem Abschnitt wollen wir eine Methode kennenlernen, die Anzahl derBahnen einer endlichen Gruppe G auf der Menge der Abbildung FM zuzahlen, wobei M eine endliche G-Menge ist und F eine endliche Menge,auf der G trivial operiert. Manchmal bezeichnet man F als eine Mengevon Farben und spricht von Farbungsproblemen. Dies ist aber nur einevon vielen Interpretationen.

Bemerkung 2.1. Sei M eine G-Menge und F eine beliebige Menge.1.) G operiert auf FM durch

G× FM → FM : (g, f) 7→ fg−1 mit g : M →M : m 7→ gm.

2.) Invarianten dieser Operation sind f(M) und Faserbilanz (|f−1(a)|)a∈F .3.) Die Fixpunkte dieser Operation sind die Abbildungen, die konstant aufden G-Bahnen auf M sind.

Hier sind einige Beispiele fur relevante Situationen:

Beispiel 2.2. 1.) Sei G := Sn und M := Pot2(n) sowie F := 0, 1. We-gen der charakteristischen Funktion von Mengen ist dann FM mit Pot(M)als G-Menge zu identifizieren, sodass uns die Bahnenanzahl die Zahl derschlichten unnummerierten Graphen auf n Punkten liefert. Beispielswei-se ware es wunschenswert zu wissen, wie sich diese Anzahl in die einzel-nen Anzahlen unnummerierten Graphen auf n Punkten mit k Kanten fur0 ≤ k ≤

(n2

)aufspaltet.

23

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24 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

2.) Sei M die Seitenmenge eines regelmaßigen Ikosaeders und G ∼= A5 dieDrehgruppe des Ikosaeders sowie F := b, g, r eine Menge von Farben.Dann ist FM/G die Menge der (unnummerierten) Farbungen der Ikosa-ederseiten. Neben der Anzahl der Elemente von FM/G ware auch hier eineAufspaltung nach den Anzahlen der Seiten mit gegebener Farbe von Inter-esse.3.) Sei in der Chemie ein Kohlenwasserstoffmolekul als Tragermolekul ge-geben. Man kann die Positionen der durch Liganden austauschbaren H-Atome als Menge M nehmen, die Drehgruppe des Molekuls als Gruppe undeine Ligandenmenge als Menge F . Dieselbe Frage wie in 2.) stellt sich.

Haupthilfsmittel ist das bekannte Burnsidesche Lemma, welches bekannt-lich auf Cauchy zuruckgeht.

Satz 2.3. Die endliche Gruppe G operiere auf der endlichen Menge N ,kurz (N,G) sei eine endliche Operation. Dann gilt

|N/G| = 1

|G|∑g∈G

|Fix(g)| mit Fix(g) := n ∈ N |gn = n.

Die Berechnung der Summe vereinfacht sich durch die Beobachtung, dassdie Fixpunktanzahlen auf jeder Konjugiertenklasse von G konstant ist. Esgeht sogar noch etwas allgemeiner:

Bemerkung 2.4. Zwei Elemente einer endlichen Gruppe G gehoren zuderselben r-Klasse, wenn die von ihnen erzeugten zyklischen Untergrup-pen in G konjugiert sind. Die Fixpunktanzahlen oder allgemeiner der Zy-keltyp zweier r-aquivalenter Elemente in G bei einer Operation auf einerendlichen G-Menge M sind gleich.

Wahrend man bei symmetrischen Gruppen keinen Gewinn durch diese De-finition hat, da die rationalen Klassen mit den Konjugiertenklassen zusam-menfallen, hat man bei zyklischen Gruppen einen sehr großen Gewinn: ImFalle der Primzahlordnung hat man nur genau zwei rationale Klassen.

Unter Berucksichtigung von Teil 3 der Bemerkung 2.1 kann man nun sehrleicht einige Gesamtzahlen in Beispiel 2.2 ausrechnen.

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1. POLYASCHE ABZAHLTHEORIE 25

Beispiel 2.5. [Fortsetzung von Beispiel 2.2]1.) n = 5. Die Zykelstruktur von g ∈ S5 auf 5 bestimmt die Fixpunktan-zahlen auf FPot2(5) zu 2a(g), wo a(g) gleich der Anzahl der Bahnen von 〈g〉auf Pot2(5) ist, also

Zykeltyp auf 5 15 2 · 13 3 · 12 22 · 1 4 · 1 3 · 2 5

Zykeltyp auf(

52

)110 23 · 14 33 · 1 24 · 12 42 · 2 6 · 3 · 1 52

Klassenlange 1 5!2·3!

5!3·2!

5!(22·2!)·1

5!4·1!

5!3·2

5!5

Somit ist die Anzahl der unnummerierten Graphen

1

120(1 · 210 + 10 · 27 + 20 · 24 + 15 · 26 + 30 · 23 + 20 · 23 + 24 · 22) = 34

2.) Ubung

Ein moglicher Grund eine Anzahl zu bestimmen ist sein Nutzen bei derexpliziten Konstruktion: Man weiß, wann man fertig ist. 34 ist eine schonrecht große Anzahl bei einer Handkonstruktion. Also versuchen wir dasProblem in Teilprobleme aufzuspalten. Das Verdienst Polyas ist es, dasser das Zahlen der Losungen fur samtliche Teilprobleme durch eine einzigePolynomrechnung, die die entsprechende Zahlrechung ersetzt, erledigt, oh-ne dass Mehrarbeit in der Vorbereitung der Daten entsteht.

Definition 2.6. Sei (M,G) eine endliche Operation. Fur g ∈ M sei g :M →M : m 7→ gm.1.) ai(g) bezeichnet die Anzahl der i-Zykel in der disjunkten Zykelzerlegungvon g, also die Anzahl der Bahnen von 〈g〉 der Lange i auf M .2.)

Z(M,G) := Z(M,G)(z1, . . . , z|M |) :=1

|G|∑g∈G

|M |∏i=1

zai(g)i ∈ Q[z1, . . . , z|M |]

heißt der Zykelzahler von (G,M).

Satz 2.7. (Polyascher Einsetzungssatz)Sei (M,G) eine endliche Operation und F eine endliche Menge. Dann gilt:

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26 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Die Anzahl der Bahnen von G auf FM mit Faserbilanz (ar)r∈F ∈ (Z≥0)F

ist gegeben durch den Koeffizienten von∏

r∈F xarr in der Polya-Einsetzung

ζ(M,G) := Z(G,M)(∑r∈F

xr,∑r∈F

x2r, . . . ,

∑r∈F

x|M |r ),

wobei xr Variable uber Q sind, die in Bijektion zu den r ∈ F stehen.

Beweis. Wir identifizieren r ∈ F mit der zugehorigen Variablen xr undarbeiten nur noch mit letzteren. Sei g ∈ G. Wie sieht ein typischer Fixpunktvon g in FM aus? Den Elementen aus M in einem festen Zykel α von g

wird dasselbe xr(α) zugeordnet. Wenn wir alle vorkommenden Variablenzusammenmultiplizieren, bekommen wir∏

α

x|α|r(α),

ein Monom, an welchem wir ablesen konnen, wie viele Elemente von M aufjedes der xr mit r ∈ F abgebildet wurde. Mit anderen Worten, wir habenhier genau die Information, die fur die Faserbilanz der Fixpunkte gebrauchtwird. Wir konnen also das Burnsidesche Lemma anwenden, simultan furjede mogliche Faserbilanz um an die Bahnenanzahl zu kommen. Es fehltnur noch der Schritt, wie diese Monome durch den Polya-Einsetzungssatzentstehen. Wir bleiben bei dem festen g ∈ G. Dann ist klar, dass die Mo-nome, die durch das Ausmultiplizieren der

∑r∈F x

|α|r entstehen, wo α die

Zykel von g durchlauft, gerade die obigen Monome sind, d. h. das Produktist genau die Summe all dieser Monome. Die Behauptung folgt nach dieserInterpretation direkt aus dem Burnsideschen Lemma. q. e. d.

Beispiel 2.8. [Fortsetzung von Beispiel 2.5]1.)

Z(Pot2(5),S5) =1

120(z10

1 +10z41z

32 +20z1z

33 +15z2

1z42 +30z2z

24 +20z1z3z6 +24z2

5)

sodass die Polya-Einsetzung

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1. POLYASCHE ABZAHLTHEORIE 27

ζ(Pot2(5),S5) =1

120((x0 + x1)

10 + 10(x0 + x1)4(x2

0 + x21)

3 + 20(x0 + x1)(x30 + x3

1)3 +

15(x0 + x1)2(x2

0 + x21)

4 + +30(x20 + x2

1)(x40 + x4

1)2 +

20(x0 + x1)(x30 + x3

1)(x60 + x6

1) + 24(x50 + x5

1)2)

= x010 + x0

9x1 + 2x08x1

2 + 4x07x1

3 + 6x06x1

4 + 6x05x1

5 +

6x04x1

6 + 4x03x1

7 + 2x02x1

8 + x0x19 + x1

10

Setzt man x0 := 1 und x1 := 1 ein, so erhalt man das alte Ergebnis 34wieder.Jetzt ist es relativ schmerzlos, die zugehorigen Graphen von Hand zu kon-struieren. Wir begnugen uns mit dem Fall von 5 Kanten. Die Komplement-graphen haben dann auch funf Kanten, was bei der Handkonstruktion auchnoch etwas hilft:

2.) Der Zykelzahler der A5 auf 20 Punkten ist

Z(A5/C3,A5) =1

60(z20

1 + 15z102 + 20z2

1z63 + 24z4

5)

Die Polya-Einsetzung z1 = b+ g+ r, z2 = b2 + g2 + r2 etc. liefert ein sehrgroßes homogenes symmetrisches Polynom vom Grad 20: Die Einsetzungb = g = r = 1 liefert 58130055 (unnummerierte) Farbungen. (Im Vergleich320/60 ≈ 5, 811307335 · 107.) Aber man kann ja auch einzelne Koeffizien-ten des Polynoms gezielt ausrechnen, z. B. der Koeffizient von b7g7r6 ist2217132. (Zum Vergleich:

(20

7 7 6

)/60 = 2217072.)

Ubung: Man zahle die Graphen auf 5 zyklisch angeordneten Punkten undvergleiche das Ergebnis mit dem obigen.

Ubung: Man gebe den Zykelzahler einer zyklischen Gruppe der Ordnungn bei der regularen Operation an.

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28 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Ubung: Seien (M,G) und (N,H) endliche Operationen. Definiere die end-liche Operation (M ]N,G×H), sodass

Z(M]N,G×H) = Z(M,G)Z(N,H).

Eine Spur anspruchsvoller ist die folgende Ubung:

Ubung: Seien (M,G) und (N,H) endliche Operationen. Die endliche Ope-ration (M ×N,G×H) sei definiert durch

(G×H)× (M ×N) → M ×N :

((g, h), (m,n) 7→ (g, h)(m,n) := (gm, hn) = (g(m), h(n)).

Zeige:

Z(M×N,G×H) =1

|G||H|∑

(g,h)∈G×H

|M |∏i=1

|N |∏k=1

zggT(i,k)ai(g)ak(h)kgV(i,k) .

Man benutzte dies, um die unnummerierten bipartiten Graphen mit 5 + 5Ecken (mit Hilfe eines kleinen Maple-Programmes) zu zahlen.

Es gibt noch eine ganze Reihe Probleme, die im Bereich des gleichzei-tig Nutzlichen und Machbaren sind, etwa die Bestimmung von Z(Pot2(M),G)

aus Z(M,G), die Bestimmung des Zykelzahlers eines Kranzproduktes, dieBestimmung von ai(g) aus den a1(g

j) etc.. Versuchen Sie es selbst oderschauen Sie in Kerber’s Buch nach.

2 Operation endlicher Gruppen auf endliche Halb-

gruppen

Wir betrachten in diesem Abschnitt die folgende Situation: Die (endli-che1) Gruppe G operiere auf der endlichen Halbgruppe (M, ·) durch Halb-gruppenautomorphismen, was wir kurz mit endliche Strukturoperation(M, ·, G) bezeichnen wollen.

1Die Endlichkeit der operierenden Gruppen ist unwesentlich, die der Halbgruppe jedoch wichtig.

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 29

Definition 2.9. Sei (M, ·, G) eine endliche Strukturoperation. Sei B :=(B1, . . . , Bs) das Tupel der Bahnen von G auf M und vi ∈ Bi ein Vertreterder Bahn Bi.

αijk := |(a, b) ∈ Bi ×Bj|a · b = vk|heißt die (Bi, Bj, Bk)-Produktzahl von (M, ·, G).

Bemerkung 2.10. Die (Bi, Bj, Bk)-Anzahl ist unabhangig von der Ver-treterwahl, denn sie ist gleich

1

|Bk||(a, b, c) ∈ Bi ×Bj ×Bk|a · b = c|.

Manchmal sind diese Anzahlen leicht, manchmal schwer auszurechnen.

Beispiel 2.11. Sei M := F3×3q und G := GL(3,Fq)2 mit der Operation

G×M →M : ((g, h),m) 7→ gmh−1.

Der Rang ist eine trennende Invariante fur die Bahnen, sodass wir 4 Bah-nen Bi haben, wo Bi aus den Matrizen vom Rang i+ 1 besteht.1.) Auf M nehmen wir als assoziative Verknupfung die Multiplikation. Lei-der operiert dann G nicht als Gruppe von Automorphismen. Aber es sei alsUbung der Nachweis empfohlen, dass die Produktzahlen trotzdem wohldefi-niert, also vertreterunabhangig sind.Man sieht leicht, dass die (Bi, Bj, B4)-Anzahl gleich Null ist, falls i oder jnicht 4 ist und im Falle i = j = 4 erhalt man sehr leicht

a4,4,4 = |GL(3,Fq)| =2∏i=0

(q3 − qi).

2.) Auf M nehmen wir die Addition als assoziative Verknupfung.Die (B4, B4, B1)-Produktzahl erkennt man sehr leicht wieder als |GL(3,Fq)|.Aber beispielsweise

a4,4,4 = q9 − 2 q8 − q7 + 2 q6 + 2 q5 + q4 − 4 q3

ist elementar sicher recht schwer zu erhalten. (Sie ist ubrigens gleich derAnzahl der Matrizen vom Rang 3, die 1 nicht als Eigenwert haben.)

Wir werden noch viele Beispiele sehen. Ich mochte jetzt einen strukturellenZugang zum Studium dieser Zahlen vorstellen.

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30 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Definition 2.12. Sei (M, ·, G) eine endliche Strukturoperation mit Bah-nentupel B := (B1, . . . , Bs). Ein (M, ·, G)-Ring oder Abzahlring fur (M, ·, G)ist ein Ring mit einer Z-Basis b := (b1, . . . , bs), sodass fur alle 1 ≤ i, j ≤ s

bibj =s∑

k=1

αi,j,kbk,

d. h. die (Bi, Bj, Bk)-Produktzahl ist die (bi, bj, bk)-Strukturkonstante desRinges bzuglich der Basis b.

Satz 2.13. Sei (M, ·, G) eine endliche Strukturoperation. Dann existiertein Abzahlring fur (M, ·, G).

Beweis. Sei ZM der Halbgruppenring von M . (Also ZM := ZM , die charak-teristische Funktion der einelementigen Mengen m ⊆M wird wieder mitm bezeichnet. Diese bilden eine Z-Basis und das Produkt mn := m ·n wirdbilinear fortgesetzt.) Die Operation von G auf M durch Automorphismensetzt sich fort zu einer Operation von G auf ZM durch Ringautomorphis-men. Bezeichnen wir die Bahnen von G auf M durch Bi, so bilden die

bi :=∑m∈Bi

m

eine Z-Basis des Fixringes

FixG(ZM) := x ∈ ZM |gx = x fur alle g ∈ g.

Offenbar gilt:

bibj =∑m∈Bi

∑n∈Bj

m · n =s∑

k=1

αijkbk.

q. e. d.

Bemerkung 2.14. Dieselbe Konstruktion funktioniert fur jede Partitionvon M in Teilmengen Bi, solange die Produktzahlen αijk wohldefiniert sind,d. h. vertreterunabhangig.

Dieser Satz ist nicht so zu verstehen, dass er uns sofort die Produktzahlenliefert. Es ist eher ein Hinweis, wie man an sie moglicherweise herankommenkann. In Beispiel 2.10 1.) hat der Halbgruppenring eine sehr komplizierte

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 31

Strukur; man kann naturlich hoffen, dass der Abzahlring einfacher gestricktist; z. B. ist er kommutativ (Beweis: Ubung). In Beispiel 2.10 2.) ist derHalbgruppenring schon eher zuganglich. Hier beachte man die allgemei-ne Einsicht, dass sich die Strukturkonstanten nicht andern, wenn man alsGrundring C statt Z wahlt. Entsprechend konnte man hier eine Chancehaben. Wir wenden uns aber jezt einer anderen Beispielklasse zu.

Satz 2.15. Sei (M,∧,∨) ein endlicher Verband mit zugehoriger partiellerOrdnung ≤, auf dem eine Gruppe G durch Verbandsautomorphismen ope-riert, sodass B1, . . . , Bs die Bahnen von G auf M mit Vertretern vi ∈ Bi

sind.1.) Der (M,∨, G)-Ring R∨ ist isomorph zur ringdirekten Summe ⊕si=1Zmit

R∨ → ⊕si=1Z : b∨i 7→ (α∨i,1, . . . , α∨i,s)

mit

α∨i,j := |x ∈ Bi|x ≤ vj| = α∨ijj

fur alle 1 ≤ i, j ≤ s.2.) Der (M,∧, G)-Ring R∧ ist isomorph zur ringdirekten Summe ⊕si=1Zmit

R∧ → ⊕si=1Z : b∨i 7→ (α∧i,1, . . . , α∧i,s)

mit

α∧i,j := |x ∈ Bi|vj ≤ x| = α∧ijj

fur alle 1 ≤ i, j ≤ s.3.) Fur 1 ≤ i, j ≤ s gilt:

α∨ij|Bj| = α∧ji|Bi|.

(Wenn B1 aus dem Infimum und Bs aus dem Supremum aller Elementevon M besteht, gilt insbesondere |Bi| = α∨is = α∧i1.)

Beweis. 1.) Sei ZM∨ der Halbgruppenring von (M,∨) wie im Beweis vonSatz 2.13. Jedes Element m ∈ M definiert einen Homomorphismus α∨m :FixG(ZM∨)→ Z durch die folgende Rechnung in ZM∨:

mx =∑n∈M

ann mit an ∈ Z.

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32 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Offenbar gilt an = 0 fur n ≤ m, n 6= m. Dann ist α∨m(x) := am. Da α∨mnur auf FixG(ZM∨) definiert ist, folgt leicht, dass α∨m = α∨n gilt, wenn m,nin derselben Bahn unter G liegen. Die Umkehrung ist sofort klar, wennman die αm auf den bi auswertet. Dass α∨m multiplikativ ist, folgt sofortaus dem Assoziativ- und Kommutativgesetz fur ∨ wegen m∨m = m. Wirhaben also s verschiedene Epimorphismen αi := αvi, die zu den Bahnen Bi

korrespondieren. Wir fassen sie zusammen zu einem Homomorphismus

α∨ := α∨1 ⊕ · · · ⊕ α∨s : FixG(ZM∨)→ ⊕si=1Z : x 7→ (α∨1 (x), . . . , α∨s (x))

Offenbar haben FixG(ZM∨) und ⊕si=1Z denselben Z-Rang, sodass wir zumNachweis der Isomorphie nur die Surjektivitat von α∨ uberprufen mussen.Zu diesem Zweck ordnen wir die Bahnen Bi kompatibel zu der partiellenOrdnung ≤: existieren x ∈ Bi und y ∈ Bj mit x ≤ y, dann soll i ≤ j sein.Eine solche Anordnung ist offenbar moglich. Nun fassen wir α∨(bi) als diei-te Zeile einer Matrix A∨ auf. Aus der Definition der αi ist klar, dass A∨

eine obere Dreicksmatrix ist mit Einsen auf der Diagonalen. Damit folgtdie Surjektivitat von α∨.2.) Vollig analog zu 1.).3.) Wir zahlen die Elemente von (a, b) ∈ Bi × Bj|a ≤ b auf zwei Artenund bekommen α∨ij|Bj| = α∧ji|Bi| als Kardinalitat. q. e. d.

Beispiel 2.16. [Fortsetzung Beispiel 1.15]Die Matrix

A∨ :=

1 1 1 1 1

0 1 2 3 24

0 0 1 3 84

0 0 0 1 56

0 0 0 0 1

ist ein Beipiel fur eine Matrix, wie wir sie im Beweis des letzten Satzeskonstruiert hatten. Der Verband und die Gruppe sind im Rahmen der Be-schreibung der simplizialen Flache in Beispiel 1.15 angegeben. Wir konnenhier durch Transponieren und Konjugieren mit einer Diagonalmatrix die

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 33

Schnittmatrix erhalten:

A∧ :=

1 0 0 0 0

24 1 0 0 0

84 7 1 0 0

56 7 2 1 0

1 1 1 1 1

Multiplizieren wir zum Beispiel die 3. und 4. Zeile von A∧, so erhalten wirdie Zeile

(4704, 49, 2, 0, 0),

welche sich durch Multiplikation mit (A∧)−1 verwandelt in

(3696, 35, 2, 0, 0),

was so zu interpretieren ist: Es gibt 2 Paare von einer Kante mit einemDreieck, so dass der Schnitt eine vorgebene Kante ist, 35 Paare, sodass derSchnitt eine vorgegebene Ecke ist und 3696 Paare, so dass der Schnitt leerist. Ensprechendes kann man mit der Matrix A∨ machen.

Ubung: Fuhre die analoge Rechnung fur das Ikosaeder mit der A5 als Grup-pe durch. Wie bekommt man hieraus die entsprechenden Daten fur dasDodekaeder?

Beispiel 2.17. Sei P(M) der Partitionenverband der Menge M . Fur P1, P2 ∈P(M) definieren wir P1 ≤ P2, falls P1 eine Verfeinerung von P2 ist, d.h. die Klassen von P2 sind Vereinigungen gewisser Klassen von P1. Es istklar, dass ein Verband vorliegt, auf dem die symmetrische Gruppe SM durchAutomorphismen operiert. Die Bahnen auf P(M) sind durch die Zahlpar-titionen von |M | parametrisiert: Sie geben die Klassenlangen an. Z. B.M := 6. Wir haben die folgenden Zahlpartitionen von 6 mit den Langender S5-Bahnen, die sich gleich den Stabilisatorindizes in S6 sind:

Zahlpartition (15) (2, 13) (22, 1) (3, 12) (3, 2) (4, 1) (5)

Stabilisator S5 S2 × S3 S2 o S2 S3 × S2 S3 × S2 S4 S5

Bahnlange 1 10 15 10 10 5 1

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34 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Dies liefert bereits die letzte Spalte der Matrix A∨:

A∨ =

1 1 1 1 1 1 10 1 2 3 4 6 100 0 1 0 3 3 150 0 0 1 1 4 100 0 0 0 1 0 100 0 0 0 0 1 50 0 0 0 0 0 1

, A∧ =

1 0 0 0 0 0 010 1 0 0 0 0 015 3 1 0 0 0 010 3 0 1 0 0 010 4 2 1 1 0 05 3 1 2 0 1 01 1 1 1 1 1 1

Es gibt einige Multiplikationen, die man leicht kombinatorisch nachvollzie-hen kann, z. B.

b∧(3,2)b∧(4,1) = 2b∧(22,1) + 2b∧(3,12).

Andere sind schon schwieriger, z. B.

b∨(22,1)b∨(3,12) = 3b∨(3,2) + 12b∨(4,1) + 60b∨(5)

Man kann die Aufstellung der Matrizen fur großere Mengen noch etwassystematisieren, was wir aber jetzt nicht weiterverfolgen wollen.

Wir wollen jetzt einige Beispiele mit Vektorraumen und Matrizen uberendlichen Korpern diskutieren.

Lemma 2.18. Sei

λn := λn(x) :=n−1∏i=0

(xn − xi) ∈ Z[x],

und fur ganze Zahlen 0 ≤ i ≤ n sei[n

i

]:=

[n

i

](x) :=

λn(x)

λi(x)λn−i(x)xi(n−i)

der Gausssche Binomialkoeffizient2. Dann gilt:1.) λn(q) = |GL(n, q)| ist die Ordnung der vollen linearen Gruppen vomGrad n uber dem Korper von q Elementen, wo q die Potenz einer Primzahlist.2.)

[ni

](x) ∈ Z[x] und

[ni

]q

:=[ni

](q) ist die Anzahl der i-dimensionalen

2Fur i < 0 oder i > n definiert man[ni

]:= 0.

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 35

Teilraume in einem n-dimensionalen Fq-Vektorraum, wo q eine Primzahl-potenz ist.3.) [

n

i

](1) =

(n

i

).

Beweis. 1.) Klar.2.) GL(n, q) operiert transitiv auf der Menge der i-dimensionalen Teilraumevon Fn×1

q mit Stabilisator

(a b

0 c

)|a ∈ GL(i, q), c ∈ GL(n− i, q), b ∈ Fi×(n−i)

q

des Teilraums mit den ersten i Standardbasisvektoren als Basis, worausdie zweite Behauptung sofort folgt. Dass

[ni

](x) ∈ Z[x] liegt, sieht man

an einer genauen Bilanz der irreduziblen Teiler der Polynome. Die Bilanzder Potenzen von x lassen wir als einfache Ubungsaufgabe. Sei κk(x) dask-te Kreisteilungspolynom, welches bekanntlich irreduzibel uber Q vomGrad ϕ(n) ist und in Z[x] mit fuhrendem Koeffizienten 1 liegt. Neben x

sind die κk(x) die einzigen irreduziblen Polynomteiler, die im Zahler oderNenner vorkommen. κk(x) kommt im Zahler bn/kc mal und im Nennerbi/kc+ b(n− i)/kc mal vor. Aber offenbar gilt bi/kc+ b(n− i)/kc < bn/kc, sodass diese Behauptung auch folgt. Beachte: Im Falle k = 1 haben wirGleichheit.3.) Wegen 2.) ist [

n

i

]=

∏nk=1[k]∏i

k=1[k]∏n−i

k=1[k]

mit [k] :=∑k−1

s=0 xs, woraus die Behauptung sofort folgt. q. e. d.

Ubung: Zeige x teilt nicht[ni

]fur 0 ≤ i ≤ n, d. h. in der Definition von

[ni

]kurzen sich die x-Anteile ebenso wie die x− 1-Anteile weg.

Wir konnen jetzt den Verband der Teilraume von Fn×1q unter der Operation

von GL(n, q) als weiteres Anwendungsbeispiel analysieren.

Satz 2.19. 1.) Sei n ∈ N und definiere fur 0 ≤ i ≤ n:

bi := (

[0

i

],

[1

i

], . . . ,

[n

i

]) ∈ Z[x]1×(n+1)

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36 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Dann ist die Matrix mit den Zeilen b0, . . . , bn eine obere Dreickmatrix mitEinsen auf der Diagonalen. Bezuglich komponentenweiser Multiplikationbilden die bi eine Z[x]-Basis einer Z[x]-Algebra R = ⊕ni=0Z[x]. Die Mul-tiplikationskoeffizienten sind gegeben durch αijk = 0, falls i + j < k oderi > k oder j > k, und sonst

αijk =[k]! · x(k−i)(k−j)

[k − i]! · [k − j]! · [i+ j − k]!

mit [k] :=∑k−1

s=0 xs und [k]! :=

∏ki=1[i].

2.) Sei T (Fn×1q ) der Teilraumverband des Fq-Vektorraumes V mit der naturli-

chen Operation von GL(n, q). Dann bekommt man den (T (Fn×1q ),∨,GL(nq))-

Ring Rq indem man die Variable x in Teil 1 durch q spezialisiert mitb0(q), . . . , bn(q)) als ausgezeichnete Basis. Insbesondere bekommt man furjede Wahl eines k-dimensionalen Teilraumes Wk ≤ Fn×1

q :

αijk(q) = |(U, V ) ∈ T (Fn×1q )2|dimU = i, dimV = j, U + V = Wk|

Zu den Multiplikationskoeffizienten des (T (Fn×1q ),∧,GL(nq))-Ringes kommt

man durch Ubergang zu Kodimensionen:

αi′j′k′(q) = |(U, V ) ∈ T (Fn×1q )2|dimU = i, dimV = j, U ∩ V = Wk|

mit i′ := n− i etc..3.) Zu dem (Pot(n,∩, Sn)- bzw. (Pot(n,∪, Sn)-Ring R1 kommt man durchdie Spezialisierung x = 1:

αijk(1) = |(U, V ) ∈ Pot(n)2| |U | = i, |V | = j, U ∪ V = Wk|

bzw.

αi′j′k′(1) = |(U, V ) ∈ Pot(n)2| |U | = i, |V | = j, U ∩ V = Wk|

mit Wk ⊆ n aus k Elementen.

Man beachte: Dadurch dass nicht nur die Matrix sondern auch alle Mul-tiplikationskoeffizienten angegeben werden, ergeben sich eine Reihe vonIdentitaten fur die Produkte von Gaussschen Binomialkoeffizienten. ZurVerdeutlichung hier die Matrix fur n := 6 in der Faktorisierung in Kreis-teilungspolynome aus dem Beweis von Lemma 2.18 mit der Spezialisierung

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 37

x = 1 zum transponierten Pascalschen Dreieck :

1 1 1 1 1 1 10 1 κ2 κ3 κ2κ4 κ5 κ2κ3κ6

0 0 1 κ3 κ3κ4 κ4κ5 κ3κ5κ6

0 0 0 1 κ2κ4 κ4κ5 κ2κ4κ5κ6

0 0 0 0 1 κ5 κ3κ5κ6

0 0 0 0 0 1 κ2κ3κ6

0 0 0 0 0 0 1

,

1 1 1 1 1 1 10 1 2 3 4 5 60 0 1 3 6 10 150 0 0 1 4 10 200 0 0 0 1 5 150 0 0 0 0 1 60 0 0 0 0 0 1

Ubung: 1.) Man stelle einen Zusammenhang her zwischen der Faktorisie-rung des Gaussschen Binomialkoeffizienten

[nk

]in Kreisteilungspolynome

und der des Binomialkoeffizienten(nk

)in Primfaktoren.

2.) Wie verallgemeinert sich die bekannte Rekursion(n+1k+1

)=(nk

)+(nk+1

)auf Gaussschen Binomialkoeffizienten? (Hinweis: Teste und variiere noti-genfalls

[n+1k+1

]=[nk

]+ xk+1

[nk+1

].)

3.) Gibt es eine Version von(n+1k+1

)=(nk

)n+1k+1 fur Gausssche Binomialkoef-

fizienten?3.) Wie wurde man (uber Ketten von Teilraumen) Gausssche Multinomi-alkoeffizienten definieren? Kommen solche versteckt im letzten Satz vor?

Beweis. (Satz 2.19) 1.) Dadurch, dass die Matrix mit den Zeilen bi we-gen Lemma 2.18 obere Dreicksgestalt hat mit Einsen auf der Diagonalen,ist klar, dass die Z[x]-Algebra R abgesehen von den Strukturkoeffizientenkorrekt beschrieben ist. Die Beschreibung der Strukturkoeffizienten bekom-men wir aus dem Beweis von Teil 2.2.) Der (T (Fn×1

q ),∨,GL(n, q))-Ring Rq mit der ausgezeichneten Z-Basis(c0, . . . , cn) hat nach Definition die Multipliaktionskoeffizienten aijk :=|Aijk| mit

Aijk := (U, V ) ∈ T (Fn×1q )2|dimU = i, dimV = j, U + V = Wk.

Wir haben die offensichtlichen Falle, wo Aijk leer ist. Anderenfalls ope-riert aber GL(Wk) transitiv auf Aijk. Man beachte hierzu, dass wegen derGrassmann-Identitat dim(V ∩U) = i+ j− k gilt und dass GL(Wk) tran-sitiv operiert auf der Menge der (i + j − k)-dimensionalen Teilraume vonWk. Da der Stabilisator S eines solchen moglichen Schnittes U∩V die vollelineare Gruppe auf (U +V )/(U ∩V ) induziert, ist klar, dass dieser auf der

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38 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Menge der Paare (U, V ) mit dem vorgegenen Schnitt transitiv operiert, so-dass die Transitivitat von GL(Wk) auf Aijk folgt und wir nur den Stabilisa-torindex ausrechnen mussen. Bei geeigneter Basiswahl sieht der Stabilisatorso aus (Beachte dim(V/(V ∩ U)) = k − i und dim(U/(V ∩ U)) = k − j.):

a 0 0

0 c 0

b d e

| a ∈ GL(k − j,Fq), b ∈ F(i+j−k)×(k−j)q , c ∈ GL(k − i,Fq),

d ∈ F(i+j−k)×(k−i)q , e ∈ GL(i+ j − k,Fq)

welches eine Untergruppe vom Index q(k−j)(k−i) im Stabilisator der Teil-raumkette U ∩ V ≤ U ≤ Wk von Wk ist. Da letzterer Stabilisator offenbarIndex[

k

k − j, k − i, i+ j − k

]q

:=

∏ks=1[s](q)∏k−j

s=1[s](q)∏k−i

s=1[s](q)∏i+j−k

s=1 [s](q)

in GL(k,Fq) hat, bekommen wir in der Bilanz

|Aijk| =[

k

k − j, k − i, i+ j − k

]q

q(k−j)(k−i),

wie behauptet. Da ein univariates Polynom durch unendlich viele Wer-te festgelegt ist, folgt an dieser Stelle auch 1.). Die Ubertragung auf denAbzahlring fur den Schnitt lassen wir als einfache Ubung.3.) Analog zu 2.) unter Berucksichtigung von

[ni

]1

=(ni

). q. e. d.

Da wir inzwischen Experten fur Gausssche Binomialkoeffizienten gewor-den sind, wollen wir uns gleich an die Losung des Problems in Beispiel 2.111.) begeben. Zuvor ein Lemma, welches wir mehrmals benutzen werden.

Lemma 2.20. Sei V ein n-dimensionaler Fq-Vektorraum. Fur m ≥ n istdie Zahl der Erzeugendensysteme e ∈ V m von V gleich

λm(q)

λm−n(q)qn(m−n).

Insbesondere gibt es ein Polynom ε(n,m)(x) =[mn

]λn ∈ Z[x], welches λm(x)

teilt, sodass diese Anzahl gleich ε(n,m)(q) ist.

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2. OPERATION ENDLICHER GRUPPEN AUF ENDLICHE HALBGRUPPEN 39

Beweis. Nach Gauss operiert GL(m,Fq) transitiv auf der Menge dieser Er-zeugendensysteme. Die behauptete Anzahl ist der Index des Stabilisatorsvon (B, 0, . . . , 0︸ ︷︷ ︸

m−n

) ∈ V m, wo B ∈ V n eine Basis von V ist. q. e. d.

Ubung: Bestimme auf mehrere Arten die Anzahl der m× n-Matrizen vomRang k uber Fq.

Satz 2.21. Sei R der Abzahlring von Fn×nq bezuglich der Rang-Partition(vgl. Beispiel 2.11) und der Matrixmultiplikation. Ist (b0, . . . , bn) eine aus-gezeichnete Basis, wobei bi den Matrizen vom Rang i entspricht, so sinddie Strukturkonstanten gegeben durch die Spezialiserung bei x = q von

aijk(x) :=

[n

k

][n− ki− k

]2[n− ij − k

][n− kj − k

]λkλi−kλj−kx

(n−k)k

im Falle i ≥ k und j ≥ k und aijk := 0 sonst.

Beweis. Offenbar ist aijk(q) gleich der Anzahl der Elemente der Menge

(X, Y ) ∈ (Fn×nq )2|Rang(X) = i,Rang(Y ) = j,XY = Diag(Ik, On−k).

Es gibt nun offensichtliche Falle, wo diese Menge leer ist, etwa bei i > k

oder j > k. Falls das nicht der Fall ist, partionieren wir X in zwei Teile,namlich in X1 ∈ Fk×nq , bestehend aus den ersten k Zeilen von X, und

X2 ∈ F(n−k)×nq , bestehend aus den letzten n−k Zeilen von X. Entsprechdes

machen wir mit den Spalten von Y , sodass Y = (Y1|Y2). Wegen X1Y1 = Ik,folgt Rang(X1) = k.Die Anzahl der Moglichkeiten fur X1 ist also nach Lemma 2.20 gleich

εk,n(q) =λn(q)

λn−k(q)qk(n−k)=

[n

k

]q

λk(q)

Die einzige Bedingung fur Y1 ist nun X1Y1 = Ik. Da die Losungsmengeeines linearen Gleichungssystems vorliegt, ist die Anzahl Y1 bei festem X1

gleichq(n−k)k.

Bei fest vorgegebenen X1, Y1 ist die Bedingung fur X2 einfach nur, dass dieZeilen von X2 durch Rechtsmultiplikation mit Y1 annulliert werden, alsoin einem (n− k)-dimensionalen Raum liegen, und daselbst einen Teilraum

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40 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

der Dimension i − k aufspannen. Da der Linksannullator von Y1 ein Vek-torraumkomplement des Zeilenraums von X1 ist, hat dann X automatischden Rang i. Also ist die Anzahl der Moglichkeiten fur X2 unter diesenVorgaben[

n− ki− k

]q

εi−k,n−k(q) =

[n− ki− k

]q

λn−k(q)

λn−i(q)q(n−i)(i−k)=

[n− ki− k

]2

q

λi−k(q).

Haben wir dies nun festgelegt, ist die Bedingung fur Y2, dass seine Spaltenim Rechtsannulator von X liegen, also in einem (n− i)-dimensionalen Vek-torraum und daselbst einen Teilraum der Dimension j − k erzeugen, derdann automatisch in einem Vektorraumkomplement des von Y1 erzeugtenSpaltenraumes liegt. Die Anzahl der Moglichkeiten sind also analog zurletzen Betrachtung:[n− ij − k

]q

εj−k,n−k(q) =

[n− ij − k

]q

λn−k(q)

λn−j(q)q(n−j)(j−k)=

[n− ij − k

]q

[n− kj − k

]q

λj−k(q).

Insgesamt[n

k

]q

λk(q)q(n−k)k

[n− ki− k

]2

q

λi−k(q)

[n− ij − k

]q

[n− kj − k

]q

λj−k(q)

q. e. d.

Ubung: Man zeige, dass in Satz 2.21 wieder eine Matrix in Z[x](n+1)×(n+1)

existiert, deren Zeilen bei komponentenweiser Multiplikation die angege-benen Multplikationskoeffizienten liefern und bei der Spezialisierung x = qden Abzahlring fur Fn×nq liefern. Hinweis: Nummeriert man die Zeilen derMatrix von 0 bis n, so sind der (i, j)-Eintrag ajij. Beachte, dass diese Ein-trage auch von n abhangen. Hier ist die Matrix fur n = 3 mit faktorisiertenEintragen:

1 0 0 0κ2

3κ1 κ3κ1x 0 0κ2

3κ2κ21x κ3κ

22κ

21x

2 κ3κ2κ21x

3 0κ3κ2κ

31x

3 κ3κ2κ31x

3 κ3κ2κ31x

3 κ3κ2κ31x

3

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3. DER BURNSIDERING EINER ENDLICHEN GRUPPE 41

3 Der Burnsidering einer endlichen Gruppe

Wir wollen uns fur eine gegebene endliche Gruppe G einen Uberblick uberall ihre transitiven Operationen (bis auf Ahnlichkeit) sowie gewisse Bezie-hungen zwischen diesen Operationen verschaffen. Bei hinreichender Kennt-nis des Untergruppenverbandes der Gruppe G werden wir in der Lagesein, eine Reihe der fruher angesprochenen Probleme uber G-Mengen, un-nummerierte Strukturen, etc. zu losen. Die Idee ist die offensichtliche Ver-allgemeinerung der folgenden: Die naturlichen Zahlen zusammen mit derNull, also Z≥0, kann angesehen werden als die Menge der Aquivalenzklas-sen endlicher Mengen unter der Aquivalenzrelation “in Bijektion stehen”.Die Verknupfungen der Addition und der Multiplikation entsprechen aufder mengentheoretischen Seite den Verknupfungen “disjunkte Vereinigungnehmen” und “cartesisches Produkt nehmen”.

Satz 2.22. Sei G eine endliche Gruppe.1.) Auf der Menge B≥0(G) der Ahnlichkeitsklassen [M ] der endlichen G-Mengen M haben wir zwei assoziative und kommutative Verknupfungen,Addition + und Multiplikation · definiert durch

[M1] + [M2] := [M1 ]M2] mit M1 ∩M2 = ∅,

wo die Operation von G von M1 und M2 auf M1 ]M2 fortgesetzt wird und

[M1] · [M2] := [M1 ×M2],

wo G auf M1 ×M2 diagonal operiert:

g(m1,m2) = (gm1, gm2) fur alle m1 ∈M1,m2 ∈M2, g ∈ G.

[∅] ist das einzige neutrale Element der Addition und [1] das einzigeneutrale Element der Multiplikation, wobei G auf 1 trivial operiert. (Mansagt auch, B≥0(G) ist ein kommutativer Halbring mit Eins und Null.)2.) Fur jede Untergruppe U ≤ G von G ist

fixU : B≥0(G)→ Z≥0 : [M ] 7→ |FixU(M)|

eine additive und multiplikative Abbildung (Halbringhomomorphismus) mitfolgenden Eigenschaften:

fixU = fixH fur U,H ≤ G genau dann, wenn U,H konjugiert in G;

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42 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

und

fixU([M ]) = fixU([N ]) fur alle U ≤ G genau dann, wenn [M ] = [N ].

3.) Auf der Menge der Paare der Ahnlichkeitsklassen fuhrt man eine Aqui-valenzrelation ein:

([M1], [M2]) ∼ ([N1], [N2]) genau dann, wenn [M1] + [N2] = [N1] + [M2],

wobei die Aquivalenzklasse von ([M1], [M2]) mit [M1]−[M2] bezeichnet wird.Die Aquivalenzklassen bilden einen kommutativen Ring B(G), genannt derBurnsidering von G, mit den folgenden wohldefinierten Verknupfungen:

([M1]− [M2]) + ([N1]− [N2]) := ([M1] + [N1])− ([M2] + [N2])

und

([M1]−[M2])·([N1]−[N2]) := ([M1]·[N1]+[M2]·[N2])−([M1]·[N2]+[M2]·[N1]).

Die Abbildung

B≥0(G)→ B(G) : [M ] 7→ [M ] := [M ]− [∅]

ist injektiv, additiv und multiplikativ. B(G) ist als Z-Modul (oder abelscheadditive Gruppe) frei mit Basis [G/U ], wo U ein Vertretersystem der Kon-jugiertenklassen von Untergruppen von G durchlauft.

Beweis. 1.) Dies ist eine einfache Bemerkung.2.) Die einzige nicht evidente Aussage ist

fixU([M ]) = fixU([N ]) fur alle U ≤ G impliziert [M ] = [N ].

fixG([M ]) gibt offenbar an, wieviele triviale (also einpunktige) Bahnen in Msind. Wir konnen also annehmen, dass fixG([M ]) = 0 gilt. Fur zwei Unter-gruppen U,H ≤ G gilt offenbar: fixU([G/H]) > 0 genau dann, wenn U zueiner Untergruppe von H konjugiert ist. Fur den Fall U = H wissen wir ausder Computeralgebra, dass fixU([G/U ]) = |NG(U) : U | gilt. Also fur jedemaximale Untergruppe U von G sagt uns fixU([M ])/|NG(U) : U |, wievieleBahnen mit Stabilisator U oder aquivalent zu G/U wir aus M herausneh-men konnen. Sei dies geschehen. Dann konnen wir mit den zweitmaximalenUntergruppen ebenso verfahren etc..3.) Ubung mit Hilfe von 2.). Fur die Injektivitat kann man die fixU benut-zen. q. e. d.

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3. DER BURNSIDERING EINER ENDLICHEN GRUPPE 43

Definition 2.23. Sei G eine endliche Gruppe und U1 = 1, U2, . . . , Uk =G ein Vertretersystem der Konjugiertenklassen der Untergruppen von Gmit |Ui| ≤ |Uj|, falls i < j. Dann heißt die Matrix(

fixUj([G/Ui]))

1≤i,j≤k

die Markentafel von G.

Beispiel 2.24. Die Markentafel fur A4 ist12

6 24 . 1

3 3 . 3

1 1 1 1 1

Man sieht die moglichen Bahnlangen in der ersten Spalte und die Norma-lisatorindizes in der Diagonalen. Multipliziert man etwa die zweite und diedritte Zeile, so bekommt man das doppelte der ersten Zeile: Fassen wir dieA4 als orientierungserhaltende Symmetriegruppe eines regelmaßigen Tetra-eders auf, so haben wir genau zwei Bahnen auf den Paaren von Kanten undEcken. (Die Ecke liegt auf der Kante oder nicht.) Die beiden Bahnen sindregular: Eine (orientierungstreue) Symmetrie, die eine Ecke und eine Kan-te festlasst, ist bereits die Identitat. Berucksichtigt man die Orientierungnicht, so ist die Symmetriegruppe die S4 mit der Markentafel

24

12 412 . 28 . . 2

6 6 . . 66 2 2 . . 26 2 . . . . 24 . 2 1 . . . 1

3 3 1 . 3 1 1 . 12 2 . 2 2 . . . . 2

1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

.

Wir lassen es als Ubungsaufgabe, die entsprechende Rechnung dort zu ma-chen.

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44 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Ubung: Schreibe die Markentafel einer endlichen zyklischen Gruppe auf.

Wir wollen Satz 2.19 auf die Berechnung des Burnsideringes anwenden.

Satz 2.25. Sei G eine endliche Gruppe, (Ui)i=1...s ein Vertretersystemder Konjugiertenklassen der Untergruppen mit U1 = 1 und Us = G,(Mi)i=1...s ein Vertretersystem der Ahnlichkeitsklassen der transitiven G-Mengen, sodass die Stabilisatoren der Elemente aus Mi zu Ui konjugiertsind, z. B. Mi = G/Ui. Schließlich sei R∧(G) der Abzahlring fur den Unter-gruppenverband bezuglich ∩ und G unter Konjugation mit ausgezeichnetenBasisvektoren b∧i entsprechend den Ui. Dann ist

B(G)→ R∧(G) : [Mi] 7→ nib∧i

ein Ringmonomorphismus, wobei ni := |NG(Ui)/Ui| ist.

Beweis. Offenbar haben wir einen Z-Modulmonomorphismus. Wir mussenzeigen, dass er mit den beiden Multiplikationen vertraglich ist. Sei also

[Mi][Mj] =∑k

µki,j[Mk]

b∧i b∧j =

∑k

α∧,kij b∧i .

Wir mussen zeigen:ninjnk

α∧,kij = µki,j.

Sei Bi die Menge der zu Ui konjugierten Untergruppen. Es gilt:

µki,j =1

nk|(m,n) ∈Mi ×Mj | Gm ∩Gn = Uk|

=ninjnk|(U, V ) ∈ Bi ×Bj | U ∩ V = Uk|

=ninjnk

α∧,kij .

q. e. d.

Beispiel 2.26. Wir bestimmen den Burnsidering der alternierenden Grup-pe A5. Namen fur die Vertreter der Konjugiertenklassen der Untergruppen

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3. DER BURNSIDERING EINER ENDLICHEN GRUPPE 45

sind C1, C2, C3, C5, V4, D6, D10, A4, A5, also die zyklischen Untergrup-pen, ihre Normalisatoren, deren Normalisatoren und die A5 selbst. Manuberzeugt sich leicht, dass dies alle Untergruppen sind. Wir erhalten

A∨ =

1 1 1 1 1 1 1 1 1

. 1 . . 3 3 5 3 15

. . 1 . . 1 . 4 10

. . . 1 . . 1 . 6

. . . . 1 . . 1 5

. . . . . 1 . . 10

. . . . . . 1 . 6

. . . . . . . 1 5

. . . . . . . . 1

.

Z. B. liefert das Produkt der zweiten Zeile mit der dritten Zeile

b∨2 b∨3 = 3b∨6 + 12b∨8 + 60b∨9 .

Z. B. gibt es somit 60 Paare von Untergruppen konjugiert zu C2 und C3,deren Erzeugnis die ganze Gruppe A5 ist. Man erhalt nun mit Hilfe vonSatz 2.19 3.) die Matrix A∧ als Konjugierte der Transponierten von A∨

mit Hilfe der Diagonalmatrix, deren Eintrage in der letzten Spalte von A∨

stehen.

A∧ =

1 . . . . . . . .

15 1 . . . . . . .10 . 1 . . . . . .6 . . 1 . . . . .

5 1 . . 1 . . . .

10 2 1 . . 1 . . .6 2 . 1 . . 1 . .

5 1 2 . 1 . . 1 .

1 1 1 1 1 1 1 1 1

Jetzt werden die Zeilen mit den Indizes der Untergruppen in ihren Nor-malisatoren multipliziert und man erhalt die Burnsidesche Markentafel,

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46 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

deren Zeilen den [Mi] ∈ B(G) entsprechen:

M(G) =

60 . . . . . . . .

30 2 . . . . . . .20 . 2 . . . . . .12 . . 2 . . . . .

15 3 . . 3 . . . .10 2 1 . . 1 . . .6 2 . 1 . . 1 . .

5 1 2 . 1 . . 1 .

1 1 1 1 1 1 1 1 1

Beispielsweise liest man aus dem Produkt der 5. und 6. Zeile ab, dass[M5][M6] = [M1] + 3[M2] ist.

Ubung: Fuhre die analoge Rechnung fur PSL(2, 7) ∼= GL(3, 2) durch.

Wir wollen jetzt untersuchen, ob wir mit Hilfe der Markentafel einen Uber-blick uber die Bahnen von Potk(M) fur eine endliche G-Menge M bekom-men. Ich werde diesen Zugang nur skizzieren, da wir im nachsten Abschnitteinen anderen Zugang bekommen uber die G-aquivariante Version der Po-lyaschen Abzahltheorie.

Bemerkung 2.27. Sei G eine endliche Gruppe.1.) Ist M eine endliche G-Menge, so auch Potk(M) fur jedes 0 ≤ k ≤ |M |.2.) Sind M1,M2 disjunkte endliche G-Mengen, so gilt in B(G):

[Potk(M1

⊎M2)] =

k∑i=0

[Poti(M1)][Potk−i(M1)].

3.) Ist M eine transitive G-Menge, so gilt

fixG(Potk(M) =

1 k = 0 oder k = |M |0 sonst

4.) Ist M eine G-Menge und U ≤ G eine Untergruppe, so sei M|U dieU-Menge, die durch Einschrankung der Operation auf U definiert ist. Esgilt: Die Einschrankung auf U ist vertauschbar mit der Operation Potk und

fixU(M) = fixU(M|U)

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3. DER BURNSIDERING EINER ENDLICHEN GRUPPE 47

und weiter ist diese Anzahl gleich der Anzahl der G-Bahnen in G/U ×Mahnlich zu G/U .

Beweis. 1.) bis 3.): Ubung.4.) Nur der letzte Teil bedarf einer Erlauterung: Bekanntlich sind die G-Bahnen von G/U ×M in Bijektion mit den U Bahnen auf M oder genauerauf M|U , wobei einer G-Bahn der Lange s eine U -Bahn der Lange s/[G : U ]entspricht. q. e. d.

Die Anwendung dieser Bemerkung ist recht umstandlich, wie ich bei einemBeispiel feststellen musste. Ich verweise auf das Ende des nachsten Ab-schnitts fur eine Alternativlosung, die ein gutes Stuck automatischer geht.Aber der Beweis von Teil 4 hat noch eine andere Anwendung, die wir alsUbungsaufgabe lassen.

Ubung: Seien M und N zwei transitive G-Mengen. Wie kann man dieMarkentafel benutzen, um die Anzahl der G-aquivarianten Abbildungenvon M auf N zu bestimmen? Wieviele aquivariante Farbungen eines Iko-saeders mit 5 bzw. 10 Farben gibt es?

Oftmals braucht man nicht die gesamte Markentafel, um ein Problem zulosen: Hat man eine Klasse K von Untergruppen, die abgeschlossen sindunter Konjugation und Durchschnittbildung, dann lasst sich aus den G-Mengen, deren Punktstabilisatoren in K liegen bereits eine reduzierte Mar-kentafel bilden, wie man durch eine leichte Verscharfung unserer Uberle-gungen ohne Schwierigkeiten einsieht. Hier ist ein sehr bekanntes Beispiel.

Satz 2.28. Fur eine Partition P der endlichen Menge M sei

Y(P ) :=⋂X∈P

StabSM (X)

die Young-Untergruppe zu P . Dann gilt:1.) StabSM (P ) = NSM (Y(P )).2.) Die Menge Y(M) der Young-Untergruppen von SM ist abgeschlossen

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48 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

unter Konjugation und Schnittbildung in SM .3.) Die Abbildung

P(M)→ Y(M) : P 7→ Y(P )

ist ein SM -aquivarianter Halbgruppenisomorphismus von (P(M),∧) auf(Y(M),∩).

Beweis. 1.) Ubung.2.) und 3.) hangen eng zusammen. Sind P,Q Partitionen von M , so bestehtP ∧Q aus den nicht leeren X ∩Y mit X ∈ P, Y ∈ Q. Andererseits ist aberoffenbar Y(P ∧Q) isomorph zu dem direkten Produkt der symmetrischenGruppen SX∩Y genau dieser X ∩ Y . Rest Ubung. q. e. d.

Insbesondere hat man also den Ubergang von der Schnittmatrix zur redu-zierten Markentafel.

Beispiel 2.29. [Fortsetzung Beispiel 2.17] Sei P(5) der Partitionenverbandder Menge 5. Hier die Bahnenstatistik unter der symmetrischen Gruppe S5:Zahlpartition (15) (2, 13) (22, 1) (3, 12) (3, 2) (4, 1) (5)

Stabilisator S5 S2 × S3 S2 o S2 S3 × S2 S3 × S2 S4 S5

Bahnlange 1 10 15 10 10 5 1

Young-Ugr. 1 S2 S2 × S2 S3 S3 × S2 S4 S5

Aus der Matrix A∧ bekommen wir die reduzierte Markentafel Mr(S5):

A∧ =

1 0 0 0 0 0 010 1 0 0 0 0 015 3 1 0 0 0 010 3 0 1 0 0 010 4 2 1 1 0 05 3 1 2 0 1 01 1 1 1 1 1 1

,Mr(S5) =

120 0 0 0 0 0 060 6 0 0 0 0 030 6 2 0 0 0 020 6 0 2 0 0 010 4 2 1 1 0 05 3 1 2 0 1 01 1 1 1 1 1 1

Ubung: Zeige, dass im Falle von Satz 2.28 die Menge der Young-Untergruppenauch unter Erzeugnisbildung abgeschlossen ist und dass der Verband derYoung-Untergruppen der SM isomorph ist zum Partitionenverband Part(m)und dass dieser Isomorphimus SM -vertraglich ist. Man gebe weiter ein Bei-spiel fur eine Klasse von Untergruppen einer endlichen Gruppe G an, wel-che zwar abgeschlossen unter Konjugation und Schnittbildung, aber nichtunter Erzeugnisbildung ist, und gebe die entsprechende Markentafel an.

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4. VERFEINERTES ZAHLEN 49

4 Verfeinertes Zahlen

In diesem Abschnitt wollen wir mit Hilfe des Burnsiderings das Pol-yasche Abzahlproblem aus dem ersten Abschnitt 1 verfeinern. Hier noch-mals zur Vergegenwartigung etwas Notation.

Definition 2.30. Sei G eine endliche Gruppe, M eine endliche G-Mengeund F eine weitere endliche Menge.G operiert auf FM durch

G× FM → FM : (g, f) 7→ f · g−1,

wo g die von g ∈ G auf M induzierte Permutation ist. Eine Bahn aus FM

unter G heißt eine Farbung der G-Menge M durch die Farbenmenge F .

Bemerkung 2.31. Man fasst die Elemente xi von F als Unbestimmtex1, . . . , xn im Polynomring Z[F ] := Z[x1, . . . , xn] auf. Dann ist die Zuord-nung

ζ : FM → Z[F ] : f 7→∏m∈M

f(m)

eine Invariante der G-Operation, d. h. ζ ist konstant auf den G-Bahnen aufFM . Farbungen Gf ⊆ FM mit ζ(f) = x

a(1)1 · · ·xa(n)

n heißen vom Farbungs-

typ oder von der Faserbilanz xa(1)1 · · ·xa(n)

n .

Polya beantwortet also die Frage, in wieviele Bahnen ζ−1(xa(1)1 · · ·xa(n)

n )zerfallt. Wir wollen die Frage beantworten, welcheG-Menge ζ−1(xa(1)

1 · · ·xa(n)n )

ist, also wie sich [ζ−1(xa(1)1 · · ·xa(n)

n )] ∈ B(G) als Summe in der ausge-zeicheneten Basis darstellt. Zu dem Zweck mussen wir wissen, wievieleFixpunkte jede Untergruppe U ≤ G von G auf ζ−1(xa(1)

1 · · · xa(n)n ) hat.

Lemma 2.32. f ∈ FM ist Fixpunkt fur U ≤ G genau dann, wenn fkonstant auf den Bahnen von U auf M ist. Insbesondere ist die Anzahlder U-Fixpunkte gleich |F ||M/U |. Genauer ist die Anzahl der U-Fixpunkte

in ζ−1(xa(1)1 · · ·xa(n)

n ) gleich dem Koeffizienten von xa(1)1 · · ·xa(n)

n in demPolynom

pU = pU(x1, . . . , xn) :=

β∏j=1

n∑i=1

xλ(j)i ,

wobei U genau β Bahnen auf M hat, deren Langen mit λ(j) mit j =1, . . . , α bezeichnet sind.

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50 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Beweis. Die erste Aussage ist offensichtlich. Jedes f ∈ ζ−1(xa(1)1 · · ·xa(n)

n )bildet nach Definition von ζ genau a(i) Elemente von M auf xi ab furi = 1, . . . , n. Soll es sich um Fixpunkte unter U handeln, werden ganzeBahnen B immer auf dasselbe xi abgebildet, d. h. der Beitrag dieser Bahnzu x

a(1)1 · · ·xa(n)

n ist x|B|i = x

λ(j)i fur geeignetes j. Die Behauptung ist jetzt

klar auf Grund des Distributivgesetzes. q. e. d.

Was noch bleibt, ist die Bestimmung der λ(j) fur jede Untergruppe U .Diese kann man aber aus dem Burnsidering von G leicht bestimmen.

Satz 2.33. Sei M eine endliche G-Menge fur die endliche Gruppe G. Wei-ter durchlaufe U := Ui, i = 1, . . . , s, die Untergruppen von G bis auf Kon-jugation und pi := pUi sei das gerade definierte Polynom. Dann sei

q :=∑

a(1)+···+a(n)=|M |

[ζ−1(xa(1)1 · · ·xa(n)

n )]xa(1)1 · · · xa(n)

n

=s∑i=1

∑a(1)+···+a(n)=|M |

ra(1),...,a(n);ixa(1)1 · · ·xa(n)

n︸ ︷︷ ︸qi

[G/Ui]

das Element aus Z[x1, . . . , xn] ⊗ B(G), welches die Anzahl ra(1),...,a(n);i der

Farbungen mit Stabilisator konjugiert zu Ui vom Farbungstyp xa(1)1 · · ·xa(n)

n

zahlt. Identifiziert man [G/Ui] mit der i-ten Zeile der Markentafel M(G)von B(G), dann gilt:1.) (q1, . . . , qs) = (p1, . . . , ps)M(G)−1.2.) Die Bahnlangen λ(l) = λ(i, l) von Ui auf M , die in der Definition vonpi benotigt werden, liest man ab aus

[M ][G/Ui] =s∑l=1

mi,l[G/Ul],

mit λ(i, l) := |G/Ul||G/Ui| = |Ui|

|Ul| mit Vielfachheit mi,l, d. h.

pi =s∏l=1

(n∑r=1

xλ(i,l)r )mi,l

fur i = 1, . . . , s. (Beachte, mi,l = 0, falls λ(i, l) nicht ganzzahlig ist.)

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4. VERFEINERTES ZAHLEN 51

Beweis. 1.) ist nach der Vorbereitung durch das Lemma klar.2.) Da G transitiv auf den G/Ui operiert, stehen die G-Bahnen von M ×G/Ui in Bijektion mit den Ui-Bahnen auf M , wobei eine Ui-Bahn der Langeλ(i, l) einer G-Bahn der Lange λ(i, l)|G/Ui| entspricht. Die Behauptungfolgt jetzt unmittelbar aus der Definition der pi in Lemma 2.32. q. e. d.

Man beachte, daß dieser Satz nur die Markentafel und [M ] als Linearkom-bination der Zeilen der Markentafel benotigt. Ist G nicht transitiv auf M ,so kann man diesen Satz noch verfeinern:

Bemerkung 2.34. Sei in der obigen Situation [M ] = [M1] + [M2] fur zweinicht leere G-Mengen M1,M2. Dann ist [FM ] = [FM1][FM2] und auf derEbene der Farbungen mit vorgegebenen Farben bekommt man ebenfalls eineFaktorisierung, wie folgt: Seien (α(1), . . . , α(n)), (β(1), . . . , β(n)) ∈ Zn mit∑

i α(i) = |M1| und∑

i β(i) = |M2|. Sei ζi := ζ|Mi. Weiter sei

[ζ−11 (x

α(1)1 · · ·xα(n)

n ] =s∑i=1

vi[G/Ui]

sowie

[ζ−12 (x

β(1)1 · · ·xβ(n)

n ] =s∑i=1

wi[G/Ui].

und

[G/Ui][G/Uj] =∑k

mijk[G/Uk].

Dann gibt es genau viwjmijk Bahnen O ⊆ FM mit1.) [f|M1

| f ∈ O] = [G/Ui],

2.) f|M1∈ ζ−1

1 (xα(1)1 · · · xα(n)

n ),3.) [f|M2

| f ∈ O] = [G/Uj],

4.) f|M2∈ ζ−1

2 (xβ(1)1 · · · xβ(n)

n ),5.)[O] = [G/Uk].Zum Vergleich: die einfache Anwenung von Satz 2.33 hatte

[ζ−1(xα(1)+β(1)1 · · ·xα(n)+β(n)

n )] =s∑

k=1

zk[G/Uk]

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52 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

ergeben mit

zk =s∑

i,j=1

viwjmijk.

Das folgende Beispiel begnugt sich mit einer transitiven G-Menge M .

Beispiel 2.35. Sei G := A4 die alternierende Gruppe vom Grad 4. Dannist

M(G) :=

126 24 . 13 3 . 31 1 1 1 1

ihre Markentafel. Wir wollen die transitive G-Menge mit 6 Punkten zwei-farbig einfarben. An welche Modelle wir da denken konnen, diskutieren wirnachher. Entscheidend ist, daß wir jetzt schon alle Information haben, umdie Farbungen rein mechanisch auszurechnen:1.) Bestimmung der pi: Aus der Tafel bekommen wir:

U [M ][G/U ] pUC1 6[G/C1] (x+ y)6

C2 2[G/C1] + 2[G/C2] (x2 + y2)2(x+ y)2

C3 2[G/C1] (x3 + y3)2

V4 3[G/C2] (x2 + y2)3

A4 [G/C2] x6 + y6

2.) Bestimmung der qi, also der Vielfachheiten der Bahntypen gemaß desFarbungstyps:

(q1, . . . , q5) = (p1, . . . , p5)M(G)−1

liefert ausmultipliziert:(x4y2 + x2y4, x5y + 2x3y3 + xy5, 2x3y3, x4y2 + x2y4, x6 + y6

)was also gleich

(x4y2 + x2y4)[G/C1] + (x5y + 2x3y3 + xy5)[G/C2]+2x3y3[G/C3] + (x4y2 + x2y4)[G/V4] + (x6 + y6)[G/G]

ist. So bedeutet 2x3y3 im dritten Eintrag, daß es zwei Farbungen vom Typ[G/C3] gibt mit drei Farben x und drei Farben y.

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4. VERFEINERTES ZAHLEN 53

3.) Modelle:Man kann bei M z. B. an die Kanten eines regelmaßigen Tetraeders den-ken, auf dem die Gruppe orientierungserhaltend operiert. Dann konnen xund y fur die Farben rot und grun stehen oder nach Geschmack auch furschwarz und gelb. Dann werden oben die Farbungen nach Ahnlichkeitstypgezahlt.Man kann bei M auch an Pot2(4) denken, also an die Menge der zweiele-mentigen Teilmengen einer 4-elementigen Menge, auf der A4 in naturlicherWeise operiert. Dann kann man x und y als 0 und 1 interpretieren undkann oben die Vielfachheiten der A4-Ahnlichkeitstypen auf Poti(Pot2(4))ablesen fur jedes i = 0, . . . , 6. Letztere kann man auch wieder als A4-Ahn-lichkeitstypen auf Graphen mit 4 Punkten und i Kanten interpretieren.

Ubung: Man farbe bei dem letzten Beispiel auch noch die Ecken (oder dieSeiten) des Tetraeders und finde durch eine zusatzliche Multiplikation imBurnsidering Anzahlen von simultanen Farbungen, wo folgende Daten vor-geschrieben sind: 1) der Farbungstyp der Kanten, 2) der Ahnlichkeitstypder Kantenfarbung, 3) der Farbungstyp der Ecken, 4) der Ahnlichkeitstypder Eckenfarbung und 5) der simultane Ahnlichkeitstyp, also die Konjugier-tenklasse des gemeinsamen Stabilisators von Ecken- und Kantenfarbung.

Folgerung 2.36. Die endliche Gruppe G operiere auf der endlichen Men-ge M . Dann kann man aus der Markentafel M(G) und der Identifikationvon [M ] als Element des Burnsideringes alleine die Bahntypen mit Viel-fachheiten auf Poti(M) fur jedes i = 0, . . . , |M | bestimmen.

Beweis. Man wende Satz 2.33 an auf |F | = 2 und interpretiere die Abbil-dungen oder Farbungen als charakteristische Funktionen der Teilmengenvon M . q. e. d.

Wir wollen es hiermit bewenden lassen. Von Interesse war vor einiger Zeitdie Fullerene, also ein Tragermolekul mit Ikosaedersymmetrie, an welchesman diverse Liganden anhangen kann. Die obige Theorie liefert eine sehrmuhelose Anzahlbestimmung von derartigen Verbindungen. Diese Anzah-len werden dann dazu benutzt, bei der Aufzahlung festzustellen, wann manfertig ist.

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54 KAPITEL 2. ZAHLEN MIT GRUPPEN UND RINGEN

Ubung: Wie oft muß man die Potenzmengenbildung iterieren, bis man aus5 alle Untergruppen von S5 als Stabilisatoren bekommt?

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Kapitel 3

Spezies von Strukturen

1 Spezies und die zugehorigen Reihen

Wir wollen einen funktoriellen Standpunkt einnehmen, um unsere Pro-blemstellung zu beschreiben. Wir definieren kurz was eine Kategorie ist,um dann sagen zu konnen was ein Funktor ist. Dann werden wir Beispielevon Funktoren auffuhren, die wir dann unter dem Aspekt des Abzahlensuntersuchen werden. Es wird sich zeigen, dass wir viele bekannte Beispielewiederfinden, aber auch noch mehr neue bekommen werden.

Definition 3.1. Eine Kategorie K besteht aus einer Klasse von Ob-jekten und fur jedes Paar (X, Y ) von Objekten von K haben wir eineMenge mor(X, Y ) := morK(X, Y ), deren Elemente Morphismen genanntwerden, sodass die folgenden drei Axiome gelten:1.) Fur je drei Objekte X, Y, Z aus K gibt es eine Abbildung, genannt Kom-position,

mor(Y, Z)×mor(X, Y )→ mor(X,Z) : (f, g) 7→ f g = fg

2.) Sind vier Objekte X, Y, Z, U aus K gegeben, so gilt das Assoziativgesetzfur die Komposition:

(f g) h = f (g h)

fur alle h ∈ mor(X, Y ), g ∈ mor(Y, Z), f ∈ mor(Z,U).3.) Fur jedes Objekt X von K gibt es einen eindeutigen Morphismus IdX ∈mor(X,X) mit

IdX f = f und g IdX = g

fur alle Objekte Y aus K, alle f ∈ mor(Y,X) und alle g ∈ mor(X, Y ).Weiter heißt ein Morphismus f ∈ mor(Y,X) Isomorphismus, falls ein

55

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56 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Morphismus g ∈ mor(X, Y ) mit

f g = IdX und g f = IdX .

Ist zudem X = Y , so heißt f Automorphismus.

Beispiel 3.2. 1.) B sei die Kategorie endlicher Mengen und

mor(X, Y ) := f : X → Y | f bijektiv

als Morphismenmenge fur je zwei Objekte aus E.2.) E sei die Kategorie endlicher Mengen und

mor(X, Y ) := f : X → Y | f Abbildung

als Morphismenmenge fur je zwei Objekte aus E.3.) Sei K ein Korper und VK sei die Kategorie endlich dimensionalen K-Vektorraume und mor(X, Y ) := HomK(X, Y ) als Morphismenmenge fur jezwei Objekte aus VK.4.) Eine Gruppe ist eine Kategorie mit genau einem Objekt, deren Mor-phismen samtlich Isomorphismen sind.5.) Ein Monoid ist eine Kategorie mit genau einem Objekt.6.) Ist (X,≤) eine partiell geordnete Menge. K(X,≤) ist die Kategorie,deren Objekte die Elemente von X sind und fur a, b ∈ X sei

mor(a, b) :=

ia,b a ≤ b

∅ sonst.

Dabei ist ia,b ic,a := ic,b, falls c ≤ a ≤ b. Insbesondere ist ia,a = Ida.7.) T ist die Kategorie der topologischen Raume mit stetigen Abbildungenals Morphismen.8.) Sei G eine Gruppe und BG die Kategorie endlicher G-Mengen und

mor(X, Y ) := f : X → Y | f bijektiv, G-aquivariant

als Morphismenmenge fur je zwei Objekte aus EG.9.) Sei G eine Gruppe und EG die Kategorie endlicher G-Mengen und

mor(X, Y ) := f : X → Y | f G-aquivariant

als Morphismenmenge fur je zwei Objekte aus EG.

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1. SPEZIES UND DIE ZUGEHORIGEN REIHEN 57

Wir sehen, dass der Begriff der Kategorie so allgemein ist, dass man viel-leicht wenig konkreten Nutzen erwartet. Aber Kategorien sind eigentlichnur definiert worden, weil sie Funktoren, also funktorielle Konstruktio-nen, abstrakt definierbar machen.

Definition 3.3. Sind K und L Kategorien, so heißt F oder deutlicherF : K → L ein (kovarianter) Funktor von K nach L, falls jedem ObjektA aus K, kurz A ∈ K, ein Objekt F (A) ∈ L zugeordnet wird, sodass fur jezwei Objekte X, Y ∈ K eine Abbildung

mor(X, Y )→ mor(F (X), F (Y )) : f 7→ F (f)

definiert ist, die mit Komposition vertraglich ist, d. h.1.) F (IdX) = IdF (X) fur alle Objekte X ∈ K.2.) Fur alle X, Y, Z ∈ K und alle f ∈ mor(X, Y ), g ∈ mor(Y, Z) gilt

F (g f) = F (g) F (f).

Beispiel 3.4. 1.) F : B → E definiert durch 1.) F (M) := M × M furM ∈ B und 2.) fur jeden Morphismus f : M → N in B

F (f) := (f, f) : M ×M → N ×N : (m1,m2) 7→ (f(m1), f(m2)),

ist offenbar ein Funktor.2.) F : BFp → E, welches jedem Fp-Vektorraum seine zugrunde liegendeMenge zuordnet und die Abbildungen belasst, ist ebenfalls eine Funktor,ein sogenannter Vergissfunktor, weil er die Vektorraumstruktur vergisst.

Ubung: Definiere mindestens 3 Funktoren von EG nach E , wo G eine end-liche Gruppe ist.

Jetzt kommen wir zu den Objekten, die uns eigentlich interessieren.

Definition 3.5. Eine Spezies ist ein Funktor von B nach E.

Hier ein etwas ungewohnliches Beispiel.

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58 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Beispiel 3.6. Der Funktor binarer Baum bB : B → E ist auf Mengenwie folgt rekursiv definiert:bB (∅) = ∅. Fur U nicht leere endliche Menge sei

bB (U) := (l, x, r)|x ∈ U, S ⊆ U−x, l ∈ bB (S), r ∈ bB (U−(x∪S)

Ubung: Man vervollstandige die Definition von bB , indem man die An-wendung auf Morphsimen angibt. Man schreibe ein Programm, welchesdiesen Funktor darstellt. Wieviele binare Baume gibt es auf 4 Punkten.Wieviele Isomorphietypen?

Satz 3.7. Sei F eine Spezies und M eine endliche Mengen von n Elemen-ten. Dann ist F (M) eine Sn-Menge, deren Ahnlichkeitsklasse nur von n

abhangt.

Beweis. Es ist bequemer in diesem Kontext Operationen durch Homomor-phismen in symmetrische Gruppen zu beschreiben, also statt zu sagen

Sn × F (n)→ F (n) : (g, k) 7→ F (g)(k)

ist eine Operation der Sn auf F (n), sagen wir

Sn → SF (n) : g 7→ F (g)

ist ein Homomorphismus. (Dass dies der Fall ist, folgt sofort aus der Funk-tordefinition.) Sei nun κ : n→M ein Morphismus in B, also eine bijektiveAbbildung. Dann ist

Sn → SF (M) : g 7→ F (κgκ−1) = F (κ)F (g)F (κ)−1

eine Operation von Sn auf F (M), also ein Strukturtransport mit F (κ) ineine Operation von Sn auf F (n) nach F (M). Insbesondere sind die beidenOpertationen von Sn auf F (n) und F (M) ahnlich, sodass die Ahnlichkeits-klasse von F (M) nicht von der gewahlten Bijektion κ abhangt. q. e. d.

Als Folgerung aus diesem Satz ist die folgende Definition, die unser Auf-gabenfeld beschreibt, widerspruchsfrei:

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1. SPEZIES UND DIE ZUGEHORIGEN REIHEN 59

Definition 3.8. Sei F : B → E eine Spezies.1.) Die erzeugende Funktion F (x) von F ist definiert durch

F (x) :=∞∑n=0

|F (n)|xn

n!∈ Q[[x]]

und zahlt die nummerierten F -Strukturen und ist erzeugende Funktionvom exponentiellen Typ.2.) Die Isomorphietypen oder unnummerierten F -Strukturen sinddie Bahnen von F (n) unter Sn.3.) Die typ-erzeugende Funktion F (x) von F ist definiert durch

F (x) :=∞∑n=0

|F (n)/Sn|xn ∈ Q[[x]]

und zahlt die unnummerierten F -Strukturen und ist erzeugende Funktionvom gewohnlichen Typ.

Es gibt noch eine dritte erzeugende Reihe, die Zykelindexreihe oder Zy-kelzahlerreihe, die auf den Zykelzahler aufbaut, den wir in der PolyaschenAbzahltheorie kennengelernt haben. Da er schwierig auszurechnen ist, schau-en wir uns zuerst Beispiele fur das an, was wir bis jetzt definiert haben.

Beispiel 3.9. Wir definieren die Spezies Totalordnung tO durch

tO : B → E : M 7→ R ⊆M ×M | R Totalordnung auf M

Ist f : M → N ein Morphismus in B, so ist

tO (f) : tO (M)→ tO (N) : R 7→ (f(r), f(s))|(r, s) ∈ R

Offenbar haben wir

tO (x) =∞∑i=0

xn =1

1− x,

weil wir genau n! Totalordnungen auf einer n-elementigen Menge haben.Diese werden regular permutiert von der Sn, so dass die typenerzeugendeFunktion gleich der erzeugenden Funktion ist:

tO (x) = tO (x) =1

1− x,

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60 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Hier ist noch eine Spezies, die alle kennen und dieselbe erzeugende Funktionhat:

Beispiel 3.10. Wir definieren die Spezies symmetrische Gruppe S

durchS : B → E : M 7→ SM

Ist f : M → N ein Morphismus in B, so ist

S (f) : SM → SN : g 7→ fgf−1

Offenbar haben wir

S (x) =∞∑i=0

xn =1

1− x,

weil wir genau n! Permutationen einer n-elementigen Menge haben. DieIsomorphietypen stehen in diesem Fall in Bijektion zu den Zahlpartitionen:

S (x) =∞∏i=1

1

1− xi= 1+x+2x2+3x3+5x4+7x5+11x6+15x7+22x8+30x9+42x10+. . .

Das unendliche Produkt ist hier im formalen Sinne zu verstehen: Um inder Entwicklung den Koeffienten von xn zu bestimmen, stelle ich zunachsteinmal fest, dass nur Beitrage kommen von den ersten n geometrischenReihen:

1

1− xi= 1 + xi + x2i + x3i + . . .

Damit liegt also eine wohldefinierte formale Potenzreihe vor. Dass der Ko-effizient vin xn gleich der Anzahl der Zahlpartitionen von n ist, wird da-durch gleichzeitig evident. (Es versteht sich, dass die Untersuchung vonZahlpartitionen eine sehr lange Geschichte hat.)

Man erkennt an diesem Beispiel, dass die typ-erzeugende Funktion einerSpezies oft sehr viel schwieriger zu bestimmen ist, als die allgemeine erzeu-gende Funktion. Hier ist noch ein herausforderndes Beispiel, welches dieseEinschatzung unterstutzt.

Beispiel 3.11. Die Spezies Endofunktionen eF ist definiert durch

eF : B → E : M 7→MM

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1. SPEZIES UND DIE ZUGEHORIGEN REIHEN 61

und fur einen Morphismus f : M → N in B

eF (f) : MM → NN : g 7→ fgf−1.

Offenbar haben wir

eF (x) =∞∑i=0

nnxn

n!,

wahrend die typ-erzeugende Funktion erheblich mehr Aufwand erfordert.Malt man sich als Visualisierung einer Abbildung von M in sich einen ge-richteten Graphen, so erhalt man Zykel, wie im Falle der symmetrischenGruppe, jedoch dieses Mal dekoriert mit gewurzelten Baumen. Spater wer-den wir verstehen, wie man die Information uber die symmetrischen Grup-pen und den gewurzelten Baumen zusammensetzen kann fur die Endofunk-tionen.

Ubung: Man definiere die Spezies Graph, sG , also schlichter Graph imSinne von Teilmenge von Pot2(M) und bestimme die erzeugende FunktionsG (x) sowie die ersten zehn Entwicklungsglieder der typenerzeugenden

Funktion sG (x).

Im Laufe der Zeit werden wir noch eine Reihe weiterer Spezies kennen-lernen. Wir wollen jetzt noch eine dritte erzeugende Reihe fur Spezieseinfuhren, die durch das Burnsidesche Lemma motiviert ist. Zur Erin-nerung ai(g) ist die Anzahl der i-Zykel in einer Permutation g ∈ SM .

Definition 3.12. Sei F eine Spezies. Die Zykelindexreihe von F istdefiniert durch

ZF (x1, x2, x3, . . .) :=∞∑n=0

1

n!

∑g∈Sn

|Fix(F (g))|n∏i=1

xai(g)i ,

wobei F (g) ∈ SF (n) zu verstehen ist und ZF (x1, x2, x3, . . .) als formale Po-tenzreihe in unendlich vielen Variablen aufzufassen ist.

Man wurde erwarten, dass die einzelnen Summen, indiziert durch die sym-metrischen Gruppen Sn, Zykelzahler im Sinne von Definiton 2.6 sind. Dies

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62 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

ist jedoch nicht der Fall, denn es kommen die Faktoren |Fix(F (g))| inner-halb der einzelnen Summen hinzu. (Kerber behandelt noch allgemeinereSituationen, wo er die Fixpunktanzahlen durch Werte eines Charaktersersetzt.)

Es ist klar, dass die Zykelindexreihe meistens noch schwerer ausrzurechnenist als die anderen beiden Reihen. Hier sind zwei Beispiele, wo es geht undwir uns an die Definition gewohnen konnen.

Beispiel 3.13. 1.) Die Spezies tO Totalordnung liefert offenbar wegen derregularen Operation der Sn

ZtO

=1

1− x1,

denn |Fix tO ((g))| = n! fur g = Idn und 0 sonst. Also

ZtO

=∞∑n=0

1

n!n!xn1 =

1

1− x1.

2.) Die Spezies S symmetrische Gruppe liefert

ZS

=∞∏i=1

1

1− xi.

Denn Fix( S (g)) = CSn(g), so dass

|CSn(g)|n!

=1

|Sng|,

aber dieser Term kommt |Sng|-mal mit demselben Monomfaktor xa1(g)1 x

a2(g)2 · · ·xan(g)

n

vor, sodass die einzelne Summe uber die Sn samt Vorfaktor 1/n! einfachnur die Summe ∑

g∈Sn/∼

xa1(g)1 x

a2(g)2 · · ·xan(g)

n

ist, wobei ∼ konjugiert in Sn und die Behauptung sofort folgt, weil wir eineSumme uber die Zahlpartitionen haben.

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1. SPEZIES UND DIE ZUGEHORIGEN REIHEN 63

Der entscheidende Beweisschritt im letzten Beispiel lasst eine allgemeineUmformulierung der Definition der Zykelindexreihe zu, die manchmal sehrhilfreich ist.

Bemerkung 3.14. In der Definition 3.12, der Zykelindexreihe ist g →|Fix(F (g))|

∏ni=1 x

ai(g)i eine Klassenfunktion der Sn, also als Funktion der

Zahlpartitionen p ` n auffassbar und∑

i iai(g) = n, sodass

ZF (x1, x2, x3, . . .) :=∞∑n=0

∑p`n

fixF (p)

a1(p)! · · · an(p)!xa1(p)1 (x2/2)a2(p) · · · (xn/n)an(p)

mit fixF (p) := |Fix(F (g))| fur irgendein g ∈ Sn vom Zykeltyp p ` n.

Damit wir in der Ubung bleiben, behandeln wir noch zwei neue Spezies:

Beispiel 3.15. 1.) Die Spezies einelementige Menge eM ist auf Ob-jekten definiert als eM (M) := M. Damit sind dann auch die Werte furdie Morphismen festgelegt. Es gilt:

eM (x) = ex

eM (x) =1

1− xZeM

= exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · )

Die ersten beiden Gleichungen sind klar. Fur die dritte braucht man nureinen Schritt, um auf die Formulierung in Bemerkung 3.14 zu kommen,denn F (p) = 1 fur alle p ` n:

exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · ) =

∞∏i=1

exp(xi/i)

=∞∏i=1

(1 + (xi/i) +1

2!(xi/i)

2 · · · )

=∞∑n=0

∑p`n

1

a1(p)! · · · an(p)!xa1(p)1 (x2/2)a1(p) · · · (xn/n)an(p).

2.) Die Spezies alle Elemente aE ist auf Objekten definiert als aE (M) :=M und in naheliegender Weise aE (f) := f fur die Morphismen f . Wir

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64 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

lassen die Verfikation der folgenden drei Behauptungen als Ubung:

aE (x) = xex

aE (x) =x

1− xZaE

= x1exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · )

Hier ist nun der Grund, warum die Zykelindexreihe schwieriger zu erhaltenist als die anderen beiden erzeugenden Funktionen.

Satz 3.16. Fur jede Spezies F gilt:1.) F (x) = ZF (x, 0, 0, . . .).2.) F (x) = ZF (x, x2, x3, . . .).

Beweis. 1.)

ZF (x, 0, 0, . . .) =∞∑n=0

∑p`n

fixF (p)

a1(p)! · · · an(p)!xa1(p)(0/2)a2(p) · · · (0/n)an(p)

=∞∑n=0

fixF (1n))|n!

= F (x),

weil von jeder einzelnen Summe immer nur der erste Term ubrigbleibt.2.) Der zweite Teil folgt direkt aus der Definition und dem BurnsideschenLemma. q. e. d.

2 Aquivalenzen

Wir haben bereits an einem Beispiel gesehen, dass fur zwei Spezies F,Gaus F (x) = G(x) noch lange nicht F (x) = G(x) folgt, denn die Existenzeiner Bijektion αM : F (M) → G(M) bedeutet noch lange nicht, dass aufbeiden Seiten gleich viele S|M |-Bahnen existieren, ganz zu schweigen von derExistenz einer SM -Aquivalenz. Hier ist die Definition, die wir brauchen unddie direkt aus der Definition der naturlichen Aquivalenz zweier Funktorenaus der Kategorientheorie ubernommen ist.

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2. AQUIVALENZEN 65

Definition 3.17. Ein Isomorphismus zwischen zwei Spezies F,G ist ei-ne Familie von Bijektionen αM : F (M) → G(M), welche die folgendeNaturlichkeitsbedingung erfullt: Das Diagramm

F (M) G(M)

F (N) G(N)

αM

F (f) G(f)

αN

kommutiert fur jede Bijektion f : M → N in B. Wir schreiben dann auchF ≡ G.

Insbesondere sind in dieser Situation F (n) und G(n) als Sn-Mengen ahn-lich, sodass wir sofort die folgende Bemerkung einsehen.

Bemerkung 3.18. Sind die Spezies F,G isomorph, so gilt:

F (x) = G(x)

F (x) = G(x)

ZF (x1, x2, . . .) = ZG(x1, x2, . . .).

Vom Kombinatorischen Standpunkt sind isomorphe Spezies gleich. Des-halb schreiben wir in Zukunft F = G statt G ≡ G. Es gibt nun nebender anfangs erwahnten Gleichmachtigkeit zweier Spezies F,G, dass alsoF (x) = G(x) gilt, noch andere Abschwachungen der Isomorphie, die wirkurz streifen wollen.

Definition 3.19. 1.) Sei F eine Spezies und n ∈ N. Dann bezeichnet F≤ndie Spezies, die auf den Objekten von B, also auf endlichen Mengen Mdefiniert ist als

F≤n(M) =

F (M) falls |M | ≤ n∅ falls |M | > n

und auf Morphismen, also Bijektionen f , sei F≤n(f) := F (f) falls derDefinitionsbereich hochstens n Elemente hat.2.) Zwei Spezies F und G haben Kontakt der Ordnung n, falls F≤n =G≤n. Wir schreiben dann F =n G.

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66 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Kontakt der Ordnung n ist offenbar genau wie Isomorphie eine Aquiva-lenzrelation auf der Menge der Spezies. Wir brauchen eine entsprechendeDefinition auf der Seite der erzeugenden Funktionen.

Definition 3.20. Sei n ∈ N.Auf Q[[x]] ist der Kontakt der Ordnung n definiert als Kongruenz mo-dulo xn+1, also fur f =

∑∞i=1 fix

i ∈ Q[[x]] sei f≤n :=∑n

i=1 fixi ∈ Q[x] der

Standardvertreter der Restklasse f + 〈xn+1 ∈ Q[[x]]/〈xn+1〉. Wir schreibenf =n g, falls f≤n = g≤n fur f, g ∈ Q[[x]].Fur

h :=∑

k1+2k2+3k3+···<∞

hk1k2...xk11 x

k22 · · · ∈ Q[[x1, x2, . . .]

seih≤n :=

∑k1+2k2+3k3+···≤n

hk1k2...xk11 x

k22 · · ·xknn ∈ Q[[x1, . . . xn].

Entsprechend ist auch hier der Kontakt der Ordnung n, also =n, defi-niert uber die Gleichheit der h≤n.

Offenbar gilt:

Bemerkung 3.21. Seien F und G Spezies mit F =n G. Dann gilt:

F (x) =n G(x)

F (x) =n G(x)

ZF (x1, x2, . . .) =n ZG(x1, x2, . . .).

Schließlich brauchen wir noch das Konzept des Grenzwertes einer Folgevon Spezies, welches ganz in der Philosophie der Art und Weise ist, wiewir Potenzreihengleichheit bzw. -wohldefiniertheit uberprufen.

Definition 3.22 (Grenzwert einer Folge von Spezies). Fur eine Folge(Fn)n∈N von Spezies konvergiert gegen eine Spezies F , falls fur jedesN ∈ N ein k ∈ N existiert mit

Fn =N F fur alle n ≥ k.

Wir schreiben dannF = lim

n→∞Fn

und nennen F den Grenzwert der Folge.

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3. DER HALBRING DER ISOMORPHIEKLASSEN VON SPEZIES 67

Beispiel 3.23. Sei F eine Spezies. Dann gilt

F = limn→∞

F≤n

Beweis: Ubung.

3 Der Halbring der Isomorphieklassen von Spezies

Ahnlich wie die naturlichen Zahlen bilden die Spezies einen Halbring. Dasbedeutet, dass wir eine Addition und Multiplikation haben, die den ubli-chen Axiomen genugt. So wie jedes Elemente n von N fur alle Mengen ausn Elementen steht, steht jedes Element unseres zu definierenden Halbringsfur eine Isomorphieklasse von Spezies. Wir behalten unsere Konvention bei,dass wir mit Vertretern dieser Isomorphieklassen rechnen und Isomorphiedurch das Gleichheitszeichen bezeichnen. Zuerst mussen wir eine Additiondefinieren.

3.1 Addition von Spezies

Definition 3.24. 1.) SP sei die Menge der Isomorphieklassen der Spezies.2.) Seien F,G Spezies. Die Spezies F + G, Summe von F und G, istdefiniert auf Objekten von B also endlichen Mengen M durch

(F +G)(M) := F (M) ]G(M),

wobei notigenfalls die Disjunktheit von F (M) und G(M) dadurch erzwun-gen wird, dass man F (M) und G(M) ersetzt durch F (M)×1 und G(M)×2. Fur Morphismen f : M → N in B ist

(F+G)(f) : F (M)]G(M)→ F (N)]G(N) : a 7→

(F (f))(a) a ∈ F (M)(G(f))(a) a ∈ G(M)

Es ist einfach, aber etwas umstandlich, die Wohldefiniertheit von F + Gzu zeigen, also dass F + G wieder Spezies ist und bis auf Isomoprphieeindeutig bestimmt. Wir lassen dies als Ubung. Exemplarisch uberprufenwir das Kommutativgesetz, welches sofort aus der Wohldefiniertheit folgt.

Lemma 3.25. Seien F,G,H Spezies. Dann ist F + G = G + F und F +(G+H) = (F +G) +H.

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68 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Beweis. Kommutativgesetz: Sei M ∈ B. Durch Wahl geeigneter Vertreterder Isomorphieklassen von F und G konnen wir annehmen, dass F (M) undG(M) fur alle M ∈ B disjunkt sind. Dann ist offenbar F (M) ] G(M) =G(M) ] F (M) und wir konnen αM = IdF (M)]G(M) als Isomorphismus zwi-schen F +G und G+ F nehmen.Assoziativgesetz: analog. q. e. d.

Beispiel 3.26. 1.) Offenbar ist die Spezies 0 , die jedem M ∈ B die leereMenge zuordnet, das Nullelement in (SP ,+):

0 + F = F + 0 = F.

2.) Die Spezies 1 ist auf den Objekten von B so definiert, dass 1 (∅)einelementig ist und 1 (M) := ∅ falls M ∈ B nicht leer ist. Fur i ∈ Nsetzen wir

i := i 1 := 1 + · · ·+ 1︸ ︷︷ ︸i

.

Offenbar ist

(Z≥0.+)→ (SP ,+) : i 7→ i

ein Halbgruppenmonomorphismus. D. h. (Z≥0.+) ist eingebettet in (SP ,+).

Fur die drei erzeugenden Reihen bekommen wir direkt aus der DefinitionAdditivitat:

Satz 3.27. Seien F,G Spezies. Dann gilt:

(F +G)(x) = F (x) +G(x)

˜(F +G)(x) = F (x) + G(x)

ZF+G(x1, x2, . . .) = ZF (x1, x2, . . .) + ZG(x1, x2, . . .).

Die Moglichkeit der Addition eroffnet auch die Frage nach der Zerlegbarkeiteiner Spezies in eine Summe zweier anderer.

Beispiel 3.28. Die Spezies einelementige Menge eM zerlegt sich als

eM = eMg + eMu

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3. DER HALBRING DER ISOMORPHIEKLASSEN VON SPEZIES 69

mit

eMg (M) =

M |M | gerade∅ |M | ungerade

, eMu (M) =

M |M | ungerade∅ |M | gerade

.

Intuitiv gesprochen, erkennt eMg die Mengen mit geradzahlig vielen Ele-

menten und eMu die mit einer ungeraden Anzahl von Elementen. Wirbekommen dann

exp(x) = cosh(x) + sinh(x)1

1− x=

1

1− x+

x

1− xexp(x1 +

x2

2+x3

3+ · · · ) = exp(

x2

2+x4

4+x6

6+ · · · ) cosh(x1 +

x3

3+ · · · ) +

exp(x2

2+x4

4+x6

6+ · · · ) sinh(x1 +

x3

3+ · · · )

Die ersten beiden Identitaten stehen sofort da, die dritte lassen wir alsUbung im Unterscheiden von geraden und ungeraden Zahlen.

Die Addition von Spezies kann auf summierbare Familien von Spezies er-weitert werden, was von grundlegender Wichtigkeit ist.

Definition 3.29. Eine Familie (Fi)i∈I von Spezies heißt summierbar,falls fur jede Menge M ∈ B gilt:

|I ∈ I| Fi(M) 6= ∅| <∞.

Fur eine summierbare Familie (Fi)i∈I ist die Spezies∑

i∈I Fi definiert aufMengen durch

(∑i∈I

Fi)(M) :=∑i∈I

Fi(M) :=⊎i∈I

Fi(M)× i

und fur Morphismen f : M → N

(∑i∈I

Fi)(f) :⊎i∈I

Fi(M)× i →⊎i∈I

Fi(N)× i : (a, i) 7→ ((Fi(f))(a), i)

Die Verifikation der folgenden Bemerkung lassen wir als Ubung:

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70 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Bemerkung 3.30. Fur jede summierbare Familie (Fi)i∈I gilt:

(∑i∈I

Fi)(x) =∑i∈I

Fi(x)

˜(∑i∈I

Fi)(x) =∑i∈I

Fi(x)

Z∑i∈I Fi

(x1, x2, . . .) =∑i∈I

ZFi(x1, x2, . . .).

Hier ist ein grundlegendes Beispiel, dass sich auf jede Spezies bezieht undunsere Formeln in einem neuen Licht erscheinen lasst.

Beispiel 3.31 (Kanonische Zerlegung). Sei F eine Spezies. Definiereeine Folge (Fn)n≥0 von Spezies durch

Fn(M) :=

F (M) |M | = n

∅ sonst

fur alle endlichem Mengen M und fur Bijektionen entsprechend. Dann ist(Fn)n≥0 eine summierbare Familie und

F = F0 + F1 + F2 + · · · .

Fi heißt auch F eingeschrankt auf die Kardinalitat i. Als Beispiel betrach-ten wir F = eM . Man hat also

eM = eM0 + eM1 + eM2 + · · ·

Diese Zerlegung spiegelt sich wieder bei der Entwicklung der zugeordnetenReihen:

exp(x) = 1 +x

1!+x2

2!+ · · ·

1

1− x= 1 + x+ x2 + · · ·

exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · ) =

∑n≥0

∑k1+2k2+···=n

xk11 x

k22 x

k33 · · ·

1k1k1!2k2k2! · · ·

Beim nachsten Beispiel fur summierbare Familien haben wir eine andereArt der Indizierung als bei der kanonischen Zerlegung.

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3. DER HALBRING DER ISOMORPHIEKLASSEN VON SPEZIES 71

Beispiel 3.32. Sei Pm die Potenzmengenspezies, deren Definitionwir als leichte Ubung lassen. Offenbar haben wir

Pm (x) =∞∑n=0

2nxn

n!= exp(2x)

Pm (x) = 1 + 2x+ 3x2 + · · · = 1

(1− x)2

und eine Zerlegung

Pm = Pm0 + Pm1 + Pm2 + · · ·

wobei Pmk (M) := Potk(M) fur endliche Mengen M ist und fur Morphis-men entsprechend definiert. Wir bekommen

Pmk (x) =∞∑n=0

(n

k

)xn

n!=

∞∑n=0

xn

k!(n− k)!

Pmk (x) = xk + xk+1 + · · · = xk

1− x

Die Bilanz stimmt wieder, aber der Vergleich ist anders als im letzten Bei-spiel. Sie erfolgt auf Grund bekannter Identitaten, die hierdurch eine Er-klarung im Rahmen dieses Kalkuls finden.

3.2 Multiplikation von Spezies

Die Multiplikation sollte sich wiederspiegeln bei der Multiplikation der di-versen erzeugenden Funktionen. Wir schauen uns den exponentiellen Typan:

Bemerkung 3.33.

∞∑i=0

aixi

i!

∞∑j=0

bjxj

j!=

∞∑k=0

(k∑i=0

(k

i

)aibk−i)

xk

k!

Es stellt sich die Frage, wo man die entsprechende kombinatorische Situa-tion wiederfindet. Hier ist ein motivierendes Beispiel, welches uns den Wegweisen sollte:

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72 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Beispiel 3.34. Betrachte die Spezies S der symmetrischen Gruppe. EinePermutation g ∈ Sn unterteilt n in zwei disjunkte Teilmengen: Die Mengeder Fixpunkte und das Komplement. Geht man durch alle Permutationenmit k Fixpunkten, bekommt man

(nk

)solcher Aufteilungen. Auf der Seite

der Fixpunkte hat man dann genau eine Moglichkeit. Dies sollte uns andie Spezies eM erinnern. Auf der anderen Seite haben wir alle moglichenfixpunktfreien Permutationen des Komplementes. Wir definieren die Spe-zies fixpunktfreie Permutationen ffP und sollten dann eine Definitionanstreben, mit der wir

S = eM · ffPbekommen.

Definition 3.35. Seien F,G zwei Spezies. Dann ist die ProduktspeziesFG = F · G auf endlichen Mengen M , also Objekten von B wie folgtdefiniert:

(FG)(M) :=⊎T⊆M

F (T )×G(M − T )

und fur Morphsimen f : M → N durch seine Restriktionen (FG)(f)|F (T )×G(M−T )

gegeben durch

F (f|T )×G(f|M−T ) : F (T )×G(M − T )→ F (f(T ))×G(f(M − T )︸ ︷︷ ︸N−f(T )

)

fur alle T ⊆M .

Es ist klar, dass das Produkt wohldefiniert ist und vertraglich mit Isomor-phie. Wir lassen die Rechenreglen fur die Isomorphieklassen als Ubung:

Ubung: Zeige, dass die Multiplikation von Spezies assoziativ und kommu-

tativ ist und dass das Distributivgesetz erfullt ist und 1 das Einselementist und 0 · F = 0 fur alle F ∈ SP . Mit anderen Worten, zeige (SP ,+, ·)ist ein kommutativer Halbring mit Eins.

Fur diesen Halbring haben wir nun drei Homomorphismen, welche durchdie drei erzeugenden Reihen gegeben sind. Um dies einzusehen fehlt unsnoch der folgende Satz:

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3. DER HALBRING DER ISOMORPHIEKLASSEN VON SPEZIES 73

Satz 3.36. Seien F,G Spezies. Dann gilt:

(F ·G)(x) = F (x) ·G(x)

˜(F ·G)(x) = F (x) · G(x)

ZF ·G(x1, x2, . . .) = ZF (x1, x2, . . .)ZG(x1, x2, . . .).

Beweis. Die erste Gleichung haben wir schon praktisch bei der Einstim-mung erledigt, zumindest, was die Ideen angeht.Die zweite Gleichung benutzt die Transitivitat der Sn auf den Potk(n) unddie Tatsache, dass der Stabilisator eines T ∈ Potk(n) auf T die volle STund auf n − T die volle Sn−T induziert. Wir lassen ansonsten die letztenbeiden Gleichungen als Ubung. q. e. d.

Beispiel 3.37. [Fortsetzung Beispiel 3.34]

1

1− x= ex · ffP (x)∏

k≥1

1

1− xk=

1

1− x· ffP (x)

∏k≥1

1

1− xk= exp(x1 +

x2

2+x3

3+ · · · )Z

ffP(x1, x2, . . .).

Aus diesen drei Gleichungen konnen wir jetzt die drei erzeugenden Funk-tonen fur ffP ausrechnen:

ffP (x) =e−x

1− x

ffP (x) =∏k≥2

1

1− xk

ZffP

(x1, x2, . . .) = exp(−(x1 +x2

2+x3

3+ · · · ))

∏k≥1

1

1− xk.

Aus der ersten Gleichung bekommt man leicht die Anzahl der fixpunktfreienPermutationen in Sn, namlich

n!(1− 1

1!+

1

2!− 1

3!· · · ± 1

n!),

eine Auskunft die man auch auf diverse andere Arten erhalt.

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74 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Ubung: Zeige: Rur jede Spezies F und jedes n ∈ N gilt: nF = n · F .

Wir kommen nochmals auf die Potenzmengen zuruck.

Beispiel 3.38 (Fortsetzung Beispiel 3.32). Es gilt Pm = eM · eM . Mitdieser Einsicht konnen wir jetzt auch die Zykelindexreihe bestimmen:

ZPm

(x1, x2, . . .) = (exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · ))2.

Hieraus bekommt man mit etwas Muhe, was man durch direktes Hinsehenohne Muhe bekommt:

fixPm

((n1, n2, . . .)︸ ︷︷ ︸`n

= 2n1+n2+···.

Weiter gilt offenbar fur die k-Teilmengen: Pmk = eMk · eM , sodass wirfur die erzeugenden Funktionen

Pmk (x) = exxk

k!

Pmk (x) =xk

1− x

ZPmk

(x1, x2, . . .) = exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · ) ·

∑n1+2n2+···=k

xn11 x

n22 · · ·

1n1n1!2n2n2! · · ·.

Naturlich kann man hieraus wieder altbekannte Tatsachen ablesen.

Es stellt sich die Frage nach der kombinatorischen Interpretation von Pro-dukten von mehreren Spezies.

Bemerkung 3.39. Seien F1, . . . , Fk Spezies. Dann gilt fur alle M ∈ B:

(F1 · F2 · · ·Fk)(M) =⊎

F (M1)× . . .× F (Mk),

wobei die disjunkte Vereinigung genommen ist uber alle Mengensysteme

k → Pot(M) : i 7→Mi mit M =k⊎i=1

Mi

und fur Morphismen enprechend. Man beachte, der Fall k = 2 ist genauidentisch mit der Definition des Produktes, wenn man eine Teilmenge T ⊂M mit (M1 := T,M2 := M − T1) identifiziert. Man kann die Definitionauch in offensichtlicher Weise auf unendliche Produkte ausweiten.

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3. DER HALBRING DER ISOMORPHIEKLASSEN VON SPEZIES 75

Die naheliegendste Anwendung sind die indizierten Partitionen, die sichvon gewohnlichen Partitionen durch die Anordnung und von den geradebeim Produkt benutzten Zerlegungen durch die Abwesenheit leerer Klassenunterscheiden.

Beispiel 3.40. Eine indizierte Partition oder geordnete Partitioneiner Menge M in k Klassen ist eine Abbildung

k → Pot(M)− ∅ : i 7→Mi mit M =k⊎i=1

Mi

Die entsprechende Spezies bezeichnen wir mit iP k . Wir definieren weiter-hin die Spezies

eM+ := eM1 + eM2 + · · ·und haben dann offenbar

iP k = eM+k,

sodass wir aus unserem Satz die erzeugenden Funktionen bekommen:

iP k (x) = (ex − 1)k

iP k (x) =xk

(1− x)k

ZiP k

(x1, x2, . . .) = (exp(x1 +x2

2+x3

3+ · · · )− 1)k.

Die Familie der eM+k

ist summierbar (Ubung), sodass wir die Spezies iPder indizierten Partitionen definieren konnen durch

iP :=∞∑k=0

iP k =∞∑k=0

eM+k,

fur die wir dann mit Hilfe des vorigen Abschnittes die erzeugenden Funk-tionen erhalten durch

iP (x) =1

1− (ex − 1)

iP (x) =1− x1− 2x

ZiP

(x1, x2, . . .) =1

1− (exp(x1 + x2

2 + x3

3 + · · · )− 1).

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76 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Das letzte Beispiel lassen wir als Ubung.

Ubung: Sei tO die Spezies der Totalordnungen definiert in Beispiel 3.9

und tOi die Einschrankung auf die Kardinalitat i. Zeige:

1.) tO1 = eM1 und allgemeiner tOi = eM1i

fur i ≥ 1.2.) Leite aus

tO =∞∑i=0

eM1i

= 1 + eM1 · tO =∞∏i=0

( 1 + eM12i

)

die erzeugenden Funktionen von tO und Identitaten fur diese her.

4 Substitution und Differentiation

In diesem Abschnitt wollen wir uber Addition und Multiplikation hinausneue kombinatorische Operationen fur Spezies kennenlernen und sehen, wiesie die erzeugenden Funktionen der Spezies bestimmen.

4.1 Einsetzen

Wir beginnen wieder mit einem motivierendem Beispiel.

Beispiel 3.41. Wir hatten bereits fruher uber die Spezies eF Endofunk-tionen gesprochen und auf einen moglichen Zusammenhang mit der SpeziesS symmetrische Gruppe hingewiesen. Was uns zum Ubergang von S nochfehlt, ist erstens die Spezies gewurzelter Baum, wB , die wir gleich un-ten definieren werden, und zweitens eine Konstruktion, wie wir von S undwB zu eF kommen, welches die Einsetzung oder Substitution sein wird:

eF = S wB ,

wodurch formell zum Ausdruck gebracht werden soll, dass an die Vertizesder Zykel in der disjunkten Zykelzerlegung der Permutationen noch Baumeangehangt werden, die aus dem gerichteten Permutationsgraphen einen ge-richteten Endofunktionsgraphen machen. Man kann es auch so sehen, dasseine Endofunktion durch eine Permutation gewurzelter Baume beschrieben

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4. SUBSTITUTION UND DIFFERENTIATION 77

wird.Zur formellen Definition der Spezies gewurzelter Baum wB : Fur M ∈B ist wB (M) = ∅ falls M = ∅ und sonst

wB (M) = f ∈MM |f |M |(M) = w fur ein w ∈M

Die Werte auf Morphismen werden wie bei S und eF uber Konjuga-tion definiert. Der entscheidende Punkt bei der Analyse von wB wirdsein, dass die Einschrankung eines f ∈ wB (M) mit Wurzel w, d. h.w = f |M |(M) auf M−w wieder leicht zu einer disjunkten Vereinigungvon Wurzelbaumen gemacht werden kann, deren Wurzeln gerade die Faserf−1(w) bilden.

Nun zur Definition der Komposition zweier Spezies. Damit wir diese for-mal sauber mit allen Einzelheiten des Strukturtransportes hinschreibenkonnen, brauchen wir vorher eine Definition der Spezies der Partitionen,die wir als Ubung lassen.

Ubung: Definiere die Spezies Pa Partionen in Ubertragung der Definiti-

on der Spezies Pm Potenzmenge.

Definition 3.42. Seien F,G zwei Spezies mit G(∅) = ∅. Die Spezies F G := F (G) ist definiert als (partitionelle) Komposition: Fur M ∈ B ist

(F G)(M) :=⊎

π∈Par(M)

F (π)×∏p∈π

G(p),

wobei Par(M) ⊆ Pot(M) die Menge der Partitionen auf M ist. Die Ele-mente, also F G-Strukturen, schreiben als Tripel (π, ϕ, (γp)p∈π), wobei dasπ ∈ Par(M) andeutet, in welcher der Mengen der disjunkten Vereinigungwir sind, und (ϕ, (γp)p∈π) ∈ F (π)×

∏p∈πG(p) ist. Ist nun f : M → N ein

Morphismus in B, also eine Bijektion, so definieren wir

(F G)(f) : (F G)(M) → (F G)(N) :

durch Zusammensetzen der Abbildungen

F (π)×∏p∈π

G(p) → F ( f(π)︸︷︷︸( Pa (f))(π)

)×∏q∈f(π)

G(q) :

(π, ϕ, (γp)p∈π) 7→ (π, ϕ, (γq)q∈π

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78 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

wobei π := Pa (f)(π) oder -weniger formell- π := f(π), was wiederumeine Partition ist, und zwar von N = f(M),weiter ϕ := (F (f))(ϕ)und schließlich γq := (G( Pm (f))(γ

Pm (f−1)(q)) oder - weniger formell -

γq := (G(f))(γ(f−1)(q)).

Ubung: Verifiziere die Korrektheit der Definition, uberprufe insbesonderedie Funktoreigenschaft.

Anschaulich gesprochen ist eine F G-Struktur eine disjunkte Vereinigungvon G-Strukturen, bei der F auf der Ebene der Indizierung der Gesamt-heit dieser G-Strukturen eine Rolle spielt. In dem folgenden Satz, den wirnur, wenn wir am Ende der Vorlesung noch Zeit haben, beweisen wollen,sehen wir, warum wir uns die ganze Zeit mit dem Zykelindexzahler herum-geschlagen haben.

Satz 3.43. Seien F und G Spezies mit G(∅) = ∅. Die zur KompositionF G gehorigen Reihen sind gegeben durch

(F G)(x) = F (G(x))

˜(F G)(x) = ZF (G(x), G(x2), G(x3), . . .)

ZFG(x1, x2, . . .) = ZF (ZG(x1, x2, x3, . . .), ZG(x2, x4, x6, . . .), . . . .)

Man beachte, dass wegen x|G(x) die Komposition F (G(x)) als formalePotenzreihe wohldefiniert ist, ebenso wie ZF (G(x), G(x2), G(x3), . . .). DerSubstitution im dritten Teil geben wir einen speziellen Namen:

Definition 3.44. Seien f = f(x1, x2, . . .), g = g(x1, x2, . . .) ∈ Q[x1, x2, x3, . . .]formale Potenzreihen. Dann ist die plethystische Substitution f g vong in f definiert durch

(f g)(x1, x2, . . .) := f(g1, g2, g3, . . .)

mit

gk := g(xk, x2k, x3k, . . .)

fur jedes k ∈ N.

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4. SUBSTITUTION UND DIFFERENTIATION 79

Offenbar hat man gk = xk g = g xk. Hier ist eine Ubung, die zeigt, wiefeingesponnen die plethystische Substitution ist:

Ubung: Seien a = a(x1, x2, . . .), b = b(x1, x2, . . .) ∈ Q[[x1, x2, . . .]]. Zeige

b =∞∑k=1

1

kak ⇐⇒ a =

∞∑k=1

µ(k)

kbk,

wobei µ die klassische Mobiusfunktion auf den naturlichen Zahlen ist.

Beispiel 3.45. [Forsetzung von Beispiel 3.41]Wir hatten gesehen eF = S wB und bekommen nun mit dem letztenSatz

eF (x) =∞∑n=0

nnxn

n!= S ( wB ) =

1

1− wB (x)

eF (x) = ZS

( wB (x), wB (x2), wB (x3), . . .)

ZeF

(x1, x2, . . .) =∞∏i=1

1

1− xi Z wB

Was also im Hinblick auf die Spezies eF der Endofunktionen interessantware, ist die Bestimmung der erzeugenden Funktionen zur Spezies wB dergewurzelten Baume. Die erste kann man ubrigens aus der ersten Identitatoben im Prinzip direkt ausrechnen. Wir gehen hier einen anderen Weg:Es gilt:

wB = eM1 · eM ( wB )

Zum Beweis mache man sich klar, dass man aus einem Wald gewurzelterBaume dadurch einen gewurzelten Baum bekommt, dass man eine neueWurzel einfuhrt und die alten Wurzeln mit dieser verbindet. Umgekehrtentsteht jeder gewurzelte Baum auch auf diese Weise. Die Spezies eM ( wB )erzeugt eben die Walder und die Multiplikation mit eM1 macht aus jedemWald wieder einen gewurzelten Baum mit der hinzugefugten Wurzel. Wir

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80 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

bekommen also

wB (x) = x exp( wB (x))

wB (x) = x exp( wB (x) +wB (x2)

2+

wB (x3)

3+ · · · )

ZwB

(x1, x2, . . .) = x1 exp(ZwB

(x1.x2, . . .) +1

2ZwB

(x2, x4, . . .) + . . .)

Wenn wir genug Zeit haben, werden wir Techniken kennenlernen, die dieseGleichungen losen konnen.

Beispiel 3.46. Zunachst ist aus der Definition der Komposition, die ja beiden Objekten Partitionen eingebaut hat, klar, dass

iP = tO ( eM+ )

gilt, wie der Name geordnete Partition ja auch nahelegt. (Unsere fruherenErgebnisse konnen wir hier nochmals bekommen.) Entsprechend sieht man,dass die Spezies Pa (Partition), deren formale Definition wir oben alsUbung vorgeschlagen hatten, isomorph zu eM eM+ ist:

Pa = eM ( eM+ ).

Hieraus bekommen wir wieder mit dem obigen Satz

Pa (x) = exp(exp(x)− 1)

P a (x) =∞∏i=1

1

1− xi

ZPa

(x1, x2, . . .) = exp(∑k≥1

1

k(exp(xk +

x2k

2+x3k

3+ · · · )− 1),

wobei die zweite Identitat sehr naheliegend ist.

Wir wollen ein weiteres Beispiel der Form eM F betrachten, und zwarnehmen wir als zweite Spezies die Zykel.

Beispiel 3.47. Sei Zy die Spezies der Zykel, die also jeder endlichenMenge M die Menge der |M |-Zykel in der SM zuordnet und Morphismen

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4. SUBSTITUTION UND DIFFERENTIATION 81

wie bei S und eF in die induzierten Konjugationen verwandelt. Offenbarhaben wir (n− 1)! Zykel in Sn, sodass wir sofort

Zy (x) =∞∑n=1

(n− 1)!xn

n!=

∞∑n=1

xn

n= log(

1

1− x)

bekommen und da wir bis auf Konjugation immer nur einen n-Zykel in derSn haben, folgt

Zy (x) =x

1− x.

Wir wollen dies jetzt im Rahmen unseres Kalkuls verstehen. Dazu stellenwir fest:

S = eM Zy ,

was also aus der Tatsache folgt, dass jede Permutation bis auf Reihenfolgeeindeutig als Produkt von disjunkten Zykeln geschrieben werden kann. Un-ser Satz liefert uns aus der Kenntnis der erzeugenden Funktionen von Sund eM heraus jeweils die mit ∗ indizierte Gleichheit in jeder Zeile:

1

1− x= S (x) =∗ exp( Zy (x))∏

k≥1

1

1− xk= S (x) =∗ Z

eM( Zy (x), Zy (x2), . . .) = exp(

∞∑k=1

1

k

xk

1− xk)

∏k≥1

1

1− xk= Z

S(x1, x2, . . .) =∗ exp(

∑k≥1

1

k(Z

Zy(xk, x2k, . . .),

Die erste Gleichung gibt eine neue Herleitung von Zy (x). Die Gleichheitdes ersten und letzten Terms in der zweiten Gleichungskette lasst sich ele-mentar verifizieren, indem man logarithmiert. Aus der sehr interessantendritten Gleichungskette bekommt man mit der fruheren Ubung uber plethy-stische Substitution

ZZy

=∞∑k=1

φ(k)

klog

1

1− xk.

Die Verifikation lassen wir als Ubung. Es sei daran erinnert, dass manlog 1

1−x =∑∞

k=1xk

k durch gliedweise Integration aus der geometrischen Rei-he bekommt.

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82 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Wir haben jetzt zwei Beispiele der folgenden Situation gesehen:

Definition 3.48. Sein F,Z Spezies, sodass F = eM Z. Dann sagen wirZ ist die Spezies der zusammenhangenden F -Strukturen.

Aus Satz 3.43 bekommen wir sofort:

Bemerkung 3.49. In der Notation von Definition 3.48 gilt:

F (x) = exp(Z(x))

F (x) = exp(∞∑n=1

1

kZ(xk))

ZF (x1, x2, . . .) = exp(∞∑n=1

1

kZZ(xk, x2k, x3k, . . .))

Also die zusammenhangenden Pa -Strukturen werden durch eM+ be-schrieben, der Spezies der nichtleer-nach-einelementigen Mengen, die zu-sammenhangenden S -Strukturen sind durch Zy beschrieben. Hier istnoch ein Beispiel:

Ubung: Man definiere die Spezies zG der zusammenhangenden schlich-ten Graphen und zeige, dass sie die im Sinne von Definition 3.48 zusam-menhangenden sG -Strukturen sind, d. h. sG = eM zG .

Ubung: Man benutze die fruhere Ubung uber plethystische Komposition,um in der Situation von Bemerkung 3.49 die erzeugenden Funktionen vonZ durch die von F auszudrucken.

Das Problem, die erzeugenden Funktionen fur die Spezies partielle Ord-nungen, (Definition Ubung) zu finden, scheint noch ein offenes Problemzu sein. Wir schließen diesen Unterabschnitt mit einer mehr algebraischenBemerkung.

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4. SUBSTITUTION UND DIFFERENTIATION 83

Bemerkung 3.50. 1.) eM1 ist das neutrale Element fur die Substitution:

F eM1 = eM1 F = F

fur alle Spezies F .2.) Substitution (falls definiert), ist assoziativ.3.) Falls fur die Spezies G die aquivalenten Bedingungen G(∅) = ∅ oderG(0) = 0 gilt, so lasst sich die Komposition von G mit sich selbst iteriieren:a.) G(0) := eM1 ,

b.) G(n+1) := G G(n)(= G(n) G).

Beweis. Ubung q. e. d.

4.2 Die Ableitung einer Spezies

Wir suchen eine kombinatorische Interpretation der Ableitung der erzeu-genden Funktion der nummerierten Strukturen einer Spezies: Sei F ei-ne Spezies. Gesucht eine Spezies G mit G(x) = F ′(x), also |G(n)| =|F (n+ 1)|. Was ware da naheliegender als die folgende Defintion?

Definition 3.51. Sei F eine Spezies von Strukturen. Die Spezies F ′ = ddxF

der Ableitung von F ist auf endlichen Mengen M gegeben durch

F ′(M) := F (M ] ∗) = F (M+) mit M+ := M ] ∗

wo ∗ ein Element ist, welches nicht in M liegt (etwa ∗ = M). Fur Mor-phismen f : M → N ist

F ′(f) := F (f+)

mit

f+ : M ] ∗︸ ︷︷ ︸M+

→ N ] ∗︸ ︷︷ ︸N+

: m 7→f(m) m ∈M∗ m = ∗

So einfach die Definition ist, so genau muss man bei der Interpretation inkonkreten Situationen hinschauen. Wir betrachten einige Beispiele:

Beispiel 3.52. 1.) Sei F := Zy die Spezies der Zykel. Dann gilt Zy′ =

tO . Denn, anschaulich gesprochen, brechen wir den gerichteten Zykel aufder Menge M ] ∗ bei ∗ auf, indem wir ∗ einfach weglassen, um eine

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84 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Totalordnung auf M zu bekommen. Dies ist auch kompatibel mit den Mor-phismen und reversibel.2.) Sei F := Pa die Spezies der Partitionen. Dann ist Pa′ die SpeziespP der partiellen Partitionen definiert auf endlichen Mengen M durch

pP (M) := Pa (T ) | T ⊆M.

Die Definition auf Morphismen ergibt sich auf naturliche Weise aus derfur Partitionen. Die Gleichheit Pa′ = pP ergibt sich dadurch, dass man

einfach die Klassen der Partitionen aus Pa (M ] ∗), die ∗ enthalten,weglasst.3.) Sei F := tO . Dann ist tO′ = tO · tO . Den Beweis lassen wir alsUbung.

Wir haben nun den folgenden Satz, der die erzeugenden Funktionen fur dieAbleitungen angibt:

Satz 3.53. Sei F eine Spezies von Strukturen. Dann gilt fur die AbleitungF ′ von F :1.) F ′(x) = d

dxF (x).

2.) F ′(x) = ∂∂x1ZF (x, x2, x3, . . .).

3.) ZF ′(x1, x2, x3, . . .) = ∂∂x1ZF (x1, x2, x3, . . .).

Beweis. 1.) Sofort aus der Konstruktion bzw. Definition.2.) Aus 3.) und Satz 3.16.3.) Wir gehen von der Beschreibung der Zykelindexreihe in Bemerkung3.14 aus:

ZF ′(x1, x2, x3, . . .) :=∞∑k=0

∑n1+2n2+···=k

fixF ′(p)xn1

1 xn22 · · ·

1n1n1!2n2n2! · · ·.

Sei nun g ∈ Sk vom Zykeltyp p ` k. Dann ist F ′(g) = F (g+) mit g+ ∈ Sk]∗mit ∗ als zusatzlichem Fixpunkt. Also ist der Zykeltyp von g+ gegebendurch q ` k + 1 mit a1(q) = a1(p) + 1 und ai(q) = ai(p) fur i > 1. Alsoliefert aus der Zykelindexreihe von F , also

ZF (x1, x2, x3, . . .) :=∞∑k=0

∑n1+2n2+···=k

fixF (p)xn1

1 xn22 · · ·

1n1n1!2n2n2! · · ·,

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4. SUBSTITUTION UND DIFFERENTIATION 85

der Term von q durch partielle Ableitung nach x1 diesen Term zu p in ZF ′.Dier Terme in ZF zu Partitionen q mit a1(q) = 0 liefern 0 als partielleAbleitung nach x1. Also insgesamt haben wir die Behauptung ZF ′ = ∂

∂x1ZF

verifiziert. q. e. d.

Wir wenden den Satz auf das letzte Beispiel an.

Beispiel 3.54. [Fortsetzung Beispiel 3.52]

1.) Zy′ = tO , also

Zy′ (x) = tO (x) =1

1− xliefert

Zy (x) = log1

1− xZZy′

= ZtO

=1

1− x1liefert

ZZy

= log1

1− x1+ u(x2, x3, . . .)

mit unbekannter Funktion u(x2, x3, . . .), wobei das letzte Ergebnis zwarrichtig ist, aber doch recht unvollstandig verglichen mit der Formel in Bei-spiel 3.47.2.) pP = Pa′ . Wir wissen bereits

Pa (x) = exp(exp(x)− 1)

ZPa

(x1, x2, . . .) = exp(∑k≥1

1

k(exp(xk +

x2k

2+x3k

3+ · · · )− 1),

sodass wir

pP (x) = exp(x+ exp(x)− 1)

ZpP

(x1, x2, . . .) = exp(∑k≥1

1

k(xk + exp(xk +

x2k

2+x3k

3+ · · · )− 1),

erhalten, wobei die zweite Gleichung sich nach etwas Rechnung (Ubung!)ergibt. Hieraus erhalten wir dann auch

pP (x) =1

(1− x)2

∞∏k=2

1

1− xk.

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86 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

3.) Die sehr anschauliche kombinatorische Identitat tO′ = tO · tObestatigt sich durch die erzeugende Funktion der nummerierten Struktu-ren:

d

dx

1

1− x=

1

(1− x)2.

Man kann naturlich auch hohere Ableitungen definieren und betrachten.

Man hat etwa Zy′′ = tO2. Einzelheiten lassen wir als Ubung, wobei man

beachten muss, dass man bei der n-ten Ableitung n verschiedene Sterne aus-einanderzuhalten hat, was man durch Nummerieren der Sterne erreichenkann.

Hier ist noch ein Beispiel fur zusammenhangende F -Strukturen, jetzt aberim Kontext der Ableitung betrachtet.

Beispiel 3.55. Die Spezies Ww Wald gewurzelter Baume macht ausjeder endlichen Menge eine disjunkte Vereinigung gewurzelter Baume, ge-nauer Ww (M) ist die Menge aller Endoabbildungen α ∈MM , deren Fix-punktmenge mit denen ihrer samtlichen Potenzen ubereinstimmt. (DieseFixpunkte sind dann die Wurzel.) Damit ist die Definition des Spezies aufMorphismen auch klar. Man sieht sofort:

Ww = eM ( wB ),

d. h. wB liefert die zusammenhangenden Strukturen aus den Ww -Strukturen.Die Ableitung kommt uber die Spezies aB , allgemeine Baume, ins Spiel,also der schlichten zykellosen zusammenhangenden Graphen. Es gilt namlich

aB′ = Ww

Zum Beweis mache man sich klar, dass die Nachbarn des ∗-Vertex, derbei aB (M ] ∗) weggelassen wird, gerade die Wurzeln der disjunktenBaume in dem entstehenden Wald gewurzelter Baume werden. Umgekehrtist klar, wie man von einem Wald gewurzelter Baume in eindeutiger Weisezu einem allgemeinen Baum zuruckkommt, indem man einen neuen Ver-tex einfuhrt und diesen mit samtlichen Wurzeln verbindet. Den genauenZusammenhang zwischen aB und wB werden wir spater sehen. Wieman von den erzeugenden Funktionen von aB zu denen von Ww kommt,

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5. PUNKTIEREN UND CARTESISCHE PRODUKTE 87

konnen wir jetzt schon an unserem Satz ablesen: Wir hatten in Beispiel

Ww (x) =d

dxaB (x)

Ww (x) =∂

∂x1ZaB

(x, x2, x3, . . .)

ZWw

(x1, x2, . . .) =∂

∂x1ZaB

(x1, x2, . . .)

Ubung: Fur Spezies F,G zeige:

(F +G)′ = F ′ +G′

(F ·G)′ = F ′ ·G+ F ·G′

(F G)′ = (F ′ G) ·G′,

wobei im letzten Fall G(∅) = ∅ vorausgesetzt ist.

5 Punktieren und Cartesische Produkte

5.1 Punktieren

Wir gehen von folgender Bemerkung aus, die wir auf die erzeugende Funk-tion nummerierter Strukturen einer Spezies anzuwenden gedenken.

Bemerkung 3.56. x ddx

∑∞n=0 fn

xn

n! =∑∞

n=0 nfnxn

n! .

Definition 3.57. Sei F eine Spezies von Strukturen. Die Spezies F • heißtSpezies der punktierten F -Strukturen und ist auf endlichen Mengen Mdefiniert durch

F •(M) := F (M)×M.

Ist f : M → N ein Morphismus in B, also eine Bijektion endlicher Men-gen, so definiert man

F •(f) := F (f)×f : F (M)×M → F (N)×N : (s,m) 7→ ((F (f))(s), f(m)).

Anschaulich bedeutet diese Definition, dass wir bei den F -Strukturen ein-zelne Elemente ausgezeichnet haben, etwa wie beim Ubergang von einemBaum zu einem gewurzelten Baum:

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88 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Beispiel 3.58. Die punktierte Spezies aB (allgemeiner) Baum ist nichtsanderes als die Spezies gewurzelter Baum, oder etwas salopper: ein punk-tierter Baum ist ein gewurzelter Baum:

aB• = wB

Wegen der offensichtlichen Identitat F • = eM1 · F ′ bekommen wir sofortdie erzeugenden Funktionen von F •:

Satz 3.59.

F •(x) = xd

dxF (x)

F •(x) = x∂

∂x1ZF (x, x2, x3, . . .)

ZF •(x1, x2, x3, . . .) = x1∂

∂x1ZF (x1, x2, x3, . . .)

Wir geben jetzt ein Beispiel, wo mehrere unserer Begriffsbildungen insSpiel kommen, insbesondere die der Gleichmachtigkeit, welche wir nochnicht ernsthaft benutzt haben.

Beispiel 3.60. Wir wollen die Anzahl

βn := | aB (n)|

der Baume auf n Ecken bestimmen, also aB (x). Zu diesem Zweck defi-nieren wir die Spezies der Wirbeltiere:

Wi := aB•• = wB• .

Der Name beruht darauf, dass man einen eindeutigen schlichten Pfad zwi-schen den beiden ausgezeichteten Ecken in Wi (n) hat, sozusagen die Wir-belsaule, an der an jedem Wirbel gewurzelte Baume angehangt sind. Ausder Definition bekommen wir sofort

ωn := |Wi (n)| = n2βn.

Die Wirbelsaule in α ∈ Wi (n) gibt α die Struktur einer nicht leeren Folgevon gewurzelten Baumen mit der Wurzel des i-ten Baumes = i-ter Wirbelauf der Wirbelsaule. Mit anderen Worten:

Wi = tO+ ( wB )

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5. PUNKTIEREN UND CARTESISCHE PRODUKTE 89

Nun wissen wir aber, dass tO mit S gleichmachtig ist, also auch tO+

mit S+ , kurz

tO+ ≡ S+ ,

sodass wir

Wi ≡ S+ ( wB )

erhalten, weil die erzeugende Funktion der nummerierten Strukturen beider Substitution offenbar nur abhangt von den beiden entsprechenden er-zeugenden Funktionen der ursprunglichen Spezies. Wegen eF = S ( wB ),bekommen wir

Wi ≡ eF+

Da uns eF (x) sehr wohl bekannt ist, erhalten wir

ωn = nn also βn = nn−2 und | wB (n)| = nn−1

Die letzte Gleichheit ist ubrigens klassisch und geht auf Cayley zuruck.Wir lassen es als Ubungsaufgabe, die Zykelindexreihe fur Wi = tO+ ≡wB und eF+ = S+ ( wB ) zu vergleichen, um einzusehen dass Wi und

eF+ sehr weit davon entfernt sind, kombinatorisch aquivalent zu sein.

Man fuhre sich die anschaulichen Hintergrunde all dieser Aquivalenzenund Nichtaquivalenzen vor Augen.

Die nachste Anwendung ist von einem anderen Typ und ist eine Erganzungzu Bemerkung 3.48.

Bemerkung 3.61. Seien F,Z Spezies mit F = eM (Z), sodass wir Z-Spezies als zusammenhangende F -Spezies auffassen konnen. Sei F (n) 6= ∅und κn(F ) die durchschnittliche Anzahl von Zusammenhangskomponentenvon F -Strukturen auf n. Dann gilt:

κn(F ) =|(F · Z)(n)||F (n)|

.

Beweis. Eine eM • (Z)-Struktur ist eine eM (Z)-Struktur mit einer ausge-zeichneten Komponente. Wir haben also eine surjektive Abbildung

( eM • (Z))(n)→ ( eM (Z))(n),

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90 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

die einfach die Auszeichnung vergisst und somit fur jedes S ∈ ( eM (Z))(n)genau κ(S) Urbilder hat, wo κ(S) die Anzahl der Zusammenhangskompo-nenten von S bezeichnet. Also

|( eM • (Z))(n)| =∑

S∈( eM (Z))(n)

κ(S),

sodass

κn(F ) =|( eM • (Z))(n)||( eM (Z))(n)|

.

Da offenbar eM ′ = eM gilt, erhalten wir eM • = eM1 · eM . Wir kom-

ponieren mit Z und erhalten eM • (Z) = Z · eM (Z). Da eM (Z) = F ist,folgt die Behauptung. q. e. d.

Hier sind drei kleine Anwendungen dieser Bemerkung:

Beispiel 3.62. 1.) Fur die Spezies Pa = eM ( eM+ ) der Partitionenhaben wir also

κn( Pa ) =|( Pa · eM+ )(n)|| Pa (n)|

=|( Pa · eM )(n)| − ( Pa ((n))

| Pa (n)|denn eM = eM0 + eM+ = 1 + eM+ . Aus Beispiel 3.52 wissen wir

einerseits Pa′ = pP und andererseits pP = Pa · eM . Hieraus bekom-men wir

κn( Pa ) =| Pa (n+ 1)|| Pa (n)|

− 1

Die Anzahlen | Pa (n)| heißen ubrigens auch Bell-Zahlen und konnen derReihe Pa (x) = exp(exp(x)− 1) entnommen werden.2.) Fur die Spezies S = eM ( Zy ) der Permutationen haben wir

κn( S ) =|( S · Zy )(n)|| S (n)|

= 1 +1

2+ · · ·+ 1

n≈ log(n),

wie man direkt aus den beiden erezugenden Reihen ablesen kann.3.) Wir lassen die Verifikation der Situation der Graphen und und ihrerZusammenhangskomponenten als Ubungaufgabe:

κn( sG ) = 2−(n2)n∑i=1

(n

i

)2(n−1

2 )| zG (i)|

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5. PUNKTIEREN UND CARTESISCHE PRODUKTE 91

5.2 Cartesisches Produkt

Definition 3.63. Das Hadamard-Produkt exponentieller erzeugender Funk-tionen ist definiert durch

(∞∑n=1

fnxn

n!)× (

∞∑n=1

gnxn

n!) := (

∞∑n=1

fngnxn

n!).

Auf der Ebene der Spezies definieren wir:

Definition 3.64. Seien F,G zwei Spezies von Strukturen. Die Spezies F ×G heißt Cartesisches Produkt von F und G und ist auf endlichen MengenM gegeben durch

(F ×G)(M) := F (M)×G(M)

und fur bijektitive Abbildung f : M → N endlicher Mengen durch

(F×G)(f) : F (M)×G(M)→ F (N)×G(N) : (a, b) 7→ ((F (f))(a), (G(f))(b)).

Wie haben wir uns eine F ×G-Struktur auf der endlichen Menge M , alsoein Element von (F ×G)(M) vorzustellen? Es ist ein Paar von Strukturenauf derselben Menge M , also ein Element von F (M) gepaart mit einem ausG(M). Man konnte also sagen, dass die Menge M jetzt zwei Strukturentragt. Sagen wir F := aB und G := S . Dann besagt die erste Struktur,dass wir einen Baum haben, aber gleichzeitig ist eine Permutation derEcken des Baumes festgelegt. Dies ist zu unterscheiden von einer F · G-Struktur, bei der man auf einer Teilmenge T von M eine F -Struktur hatund auf dem Komplement eine G-Struktur. Wir kommen zur Beschreibungder Zykelindexreihe.

Definition 3.65. Seien f(x) :=∑

n fnxn

aut(n) , g(x) :=∑

n gnxn

aut(n) ∈ Q[[x]]

mit x := (x1, x2, . . .) und n := (n1, n2, . . .) `∑ni eine Partition und

aut(n) :=∏

i inini! die Ordnung des Zentralisators einer Permutation von

Zykeltyp n in der entsprechenden symmetrischen Gruppe. Dann ist

f(x)× g(x) :=∑n

fngnxn

aut(n)

Den Beweis des folgenden Satzes lassen wir als leichte Ubung:

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92 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Satz 3.66. Seien F,G Spezies. Dann gilt:

(F ×G)(x) = F (x)×G(x)

˜(F ×G)(x) = ZF×G(x, x2, x3, . . .)

ZF×G(x) = ZF (x)× ZG(x)

Wir wollen an dieser Stelle den Schlussstrich unter diese Art von Kon-struktionen ziehen. Eine Konstruktion die noch fehlt, die aber auch leichtzu behandeln ist, ist die funktorielle Komposition FG mit (FG)(M) =

F (G(M)) wie sie etwa bei Graphen vorkommt: sG = Pm Pm2 . Ein-zelheiten uberlassen wir den Interessenten. Hier nochmals eine Ubersichtuber die meisten Spezies, die wir betrachtet haben:

Name Abkurzung Referenz Konstruktionen

binarer Baum bB 3.6

totale Ordnung tO 3.9

symmetrische Gruppe S 3.10 eM · ffP = eM ZyEndofunktionen eF 3.11 S wBschlichterGraph sG v. 3.12 eM zG

einelementige Menge eM 3.15

alle Elemente aE 3.15

Nullelement 0 3.26

Einselement 1 3.26

Potenzmenge Pm 3.32 eM · eMk-Potenzmenge Pmk 3.32 eMk · eM

fixpunktfreie Permutationen ffP 3.34

indizierte Partition iP 3.40∑∞

i=0 eM+i

= tO eM+

gewurzelter Baum wB 3.41 wB = eM1 · eM ( wB )

Partition Pa 3.46 eM eM+

Zykel Zy 3.47

zusammenhangender Graph zG n. 3.49

partielle Partitionen pP 3.52 pP = Pa′

Wald gewurzelter Baume Ww 3.55 Ww = eM ( wB )

allgemeine Baume aB 3.55 aB′ == Ww

Wirbeltiere Wi 3.60 aB•• = wB• .

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6. GEWICHTETE SPEZIES 93

6 Gewichtete Spezies

Die bisher betrachteten Spezies waren in der Regel recht grob spezifi-ziert. Wir wollen eine verfeinerte Sprache einfuhren, die auf eine Zerlegungder betrachteten Spezies gemaß Fasern gewisser Funktionen hinauslauft.Zunachst die mengentheoretischen Grundlagen.

6.1 Gewichtete Mengen

Wir beginnen mit einem Beispiel, welches die Art der Verfeinerung, die wirausdrucken konnen, demonstriert.

Beispiel 3.67. Betrachte

w : wB (n)→ Q[t] : α 7→ tf(α)

wobei f(α) die Anzahl der Blatter des gewurzelten Baumes α ist. Die An-zahl der Elemente von wB (n) wird dann durch das Inventar

| wB (n)|w :=∑

α∈ wB (n)

w(α) =∑

α∈ wB (n)

tf(α)

von wB (n) ersetzt. Durch die Substitution t = 1 gewinnt man die Anzahlder Elemente zuruck.

Definition 3.68. Sei K ⊆ C ein Integritatsbereich und R ein Potenzrei-henring in einer beliebigen Anzahl von Variablen uber K.1.) Eine R-gewichtete Menge ist ein Paar (M,w), wo M eine Mengeist und w : M → R eine Abbildung.2.) Ist M endlich, so ist das Inventar von (M,w) definiert als

|M |w :=∑α∈M

w(α).

3.) Sind (M,w) und (N, v) zwei R-gewichtete Mengen, so ist ein Mor-phismus gewichteter Mengen

f : (M,w)→ (N, v)

als gewichterhaltende Abbildung von M nach N definiert, d. h. v(f(m)) =w(m) fur alle m ∈ M . Ein Morphismus heißt Isomorphismus, falls erbijektiv ist. In diesem Fall schreibt man: (M,w) ' (N, v)

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94 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

Klar: (M,w) ' (N, v) impliziert |M |w = |N |v. Man kann nun die Sum-me, sprich disjunkte Vereinigung, sowie das Produkt, sprich CartesischesProdukt, von R-gewichteten Mengen bilden.

Definition 3.69. Seien (M,w) und (N, v) zwei R-gewichtete Mengen.1.) Die Summe oder disjunkte Vereinigung (M,w)+(N, v) von (M,w)und (N, v) ist gegeben durch (M ]N,µ) mit

µ : M ]N → R : x 7→w(x) x ∈Mv(x) x ∈ N

2.) Das Produkt oder Cartesische Produkt (M,w)×(N, v) von (M,w)und (N, v) ist gegeben durch (M ×N, ρ) mit

ρ : M ×N → R : (m,n) 7→ w(m)v(n)

Man sieht nun sofort den folgenden Satz ein:

Satz 3.70. Seien (M,w) und (N, v) zwei endliche R-gewichtete Mengen.Dann gilt mit den obigen Bezeichnungen:1.) |M ]N |µ = |M |w + |N |v.2.) |M ×N |µ = |M |w|N |v.3.) Ist w gegeben durch M → R : m 7→ 1, so gilt |M |w = |M |.

Schließlich brauchen wir fur die Betrachtungen im nachsten Abschnitt nochdie folgende Bemerkung:

Bemerkung 3.71. Die endlichen R-gewichteten Mengen (M,w) bildendie Objekte einer Kategorie ER, deren Morphismen die Morphismen derR-gewichteten Mengen aus Definition 3.68 sind.

Fur die Betrachtungen im nachsten Abschnitt kommt noch eine etwas all-gemeinere Kategorie als ER in Frage, wo die Endlichkeitsbedingung abge-schwacht ist, aber wir belassen es bei ER.

6.2 Gewichtete Spezies

Nun zu der versprochenen Verfeinerung unserer fruheren Betrachtungen. Rsei wie oben Ring formaler Potenzreihen oder Polynome uber Integritats-bereich ⊆ C.

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6. GEWICHTETE SPEZIES 95

Definition 3.72. Eine R-gewichtete Spezies ist ein (kovarianter) Funk-tor von B, der Kategorie der endlichen Mengen mit Bijektionen als Mor-phismen, in die Kategorie ER. Folgende Schreibweise wird benutzt fur R-Spezies: F = Fw und eine endlichen Menge M liefert das Bildobjekt :(F (M), wM), ( soweit diese Schreibweise hinreichend eindeutig ist).

Beispiel 3.73. Die Spezies S der Permutationen wird zu einer gewichte-ten Spezies Sw mit Zykelzahler α gemacht, wobei α eine formale Variableist, R := Z[α] (oder ein geeigneter Oberring), und fur jede Permutationσ ∈ SM sei w(σ) := αzyk(σ) mit zyk(σ) := Anzahl der Zykel von σ in derdisjunkten Zykelschreibweise. Durch die Spezialisierung α = 1 bekommenwir aus Sw wieder S zuruck.

Wir wollen nun die zugehorigen erzeugenden Reihen an die allgemeinereSituation anpassen.

Definition 3.74. Sei F = Fw eine R-gewichtete Spezies.1.) Die erzeugende Reihe von F ist die exponentielle Potenzreihe Fw(x)definiert durch

Fw(x) :=∞∑n=0

|F (n)|wxn

n!,

wo |F (n)|w das Inventar von (F (n), wn) ist.2.) Zykelindexreihe ZFw von Fw ist definiert als

ZFw(x1, x2, x3, . . .) :=∞∑n=0

1

n!

∑g∈Sn

|Fix(F (g))|wn∏i=1

xai(g)i .

Bemerkung 3.75. 1.) Sind g, h ∈ Sn konjugiert, so gilt |Fix(F (g))|w =|Fix(F (h))|w. Also konnen wir wieder wie fruher schreiben:

ZFw(x) =∑n

|Fix(F (n))|wxn

aut(n).

2.) Isomorphe, genauer gewichtet isomorphe F -Strukturen haben dassel-be Gewicht, sodass |F (n)/ ' |w wohldefiniert ist, wobei man von einerbeliebigen Vertretermenge der Isomorphieklassen in F (n) ausgehen kann.Insbesondere konnen wir die typerzeugende Reihe von Fw definierendurch

Fw(x) :=∞∑n=0

|F (n)/ ' |wxn.

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96 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

3.) Es gilt wieder wie im gewohnlichen Fall

Fw(x) = ZFw(x, 0, 0, . . .)

Fw(x) = ZFw(x, x2, x3, . . .)

Wir werden sehen, dass die Formeln fur die Herstellung der erzeugendenFunktionen sich weitgehend ubertragen, allerding muss man die Frge nachden Gewichten der zusammengesetzten Spezies stellen. Wir machen das inForm einer Tabelle:

Spezies Struktur Gewicht

Fw +Gv s w(s) falls s ∈ F (M), v(s) falls s ∈ G(M)

Fw ·Gv s = (a, b) w(a)v(b)

Fw Gv s = (π, ϕ, (γp)p∈π) w(ϕ)∏

p∈π v(γp)

F ′w s w(s)

F •w (s,m) w(s)

Fw ×Gv s = (a, b) w(a)v(b)

Den Satz uber die Beschreibung der erzeugenden Funktionen der neuenSpezies aus denen der Ausgangspezies gebe ich nicht mehr an, sondern be-merke einfach, dass die Formel auch im Kontext der R-gewichteten Speziesrichtig bleiben. Statt dessen betrachten wir einige Beispiele, damit wir se-hen, was die Erweiterung der Konzepte Neues gebracht hat.

Ubung: Sei F eine Spezies und α eine Unbestimmte. Man kann F zu einerZ[α]-gewichteten Spezies Fα machen, indem man jeder Struktur in F (M)das Gewicht α gibt. Dann ist Fα(x) = αF (x) und ZFα = αZF .

Beispiel 3.76 ( Fortsetzung von Beispiel 3.73). Sei Sw wie in Beipiel

3.73 eingefuhrt. Dann ist in der Terminologie der letzten Ubung Sw =

eM ( Zyα ) und wir bekommen aus den Formeln:

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6. GEWICHTETE SPEZIES 97

Sw (x) = exp(−α log(1− x)) = (1

1− x)α

Sw (x) =∞∏k=1

1

1− αxk=∞∏k=1

(1

1− xk)νk(α)

ZSw

(x1, x2, . . .) =∞∏k=1

(1

1− xk)νk(α)

mit νn(α) := 1n

∑d|n φ(nd)αd. Die Einzelheiten lassen wir als Ubung. Bei-

spielsweise kann man die erste Formel mit der beruhmten Newton- oderBinomialreihe auswerten: (1 + x)α =

∑∞k=0

(αk

)xk:

Sw (x) =∞∑k=0

(−αk

)(−x)k =

∞∑k=0

(α + k − 1

k

)xk =

∞∑k=0

(k−1∏i=0

(α + i))xk

k!

Also z. B. zu S3 gehort das Polynom α(α + 1)(α + 2) = α3 + 3α2 + 2α.Setzen wir α = 1 bekommen wir die Gruppenordnung 3!. Der Koeffizientbei αi gibt die Anzahl der Elemente, welche Produkt von i Zykeln sind.

Sehr ahnlich ist das folgende Beispiel der Partitionen:

Beispiel 3.77. Sei Paw := eM ( eM+,t ). Wir bekommen aus den For-meln:

Paw (x) = exp(t exp(x)− 1)

P aw (x) =∞∏k=1

1

1− txk=∞∏k=1

(1

1− xk)νk(t)

ZPaw

(x1, x2, . . .) = exp∞∑k=0

tk

k(exp(xk +

x2k

2+x3k

3+ · · · )− 1).

wieder mit νn(t) := 1n

∑d|n φ(nd)td.

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98 KAPITEL 3. SPEZIES VON STRUKTUREN

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Kapitel 4

Assoziationsschemata

1 Matrizen und stark regulare Graphen

1.1 Kombinatorik des Matrixproduktes

Die folgende Bemerkung ist elementar, aber manchmal sehr hilfreich.

Bemerkung 4.1. Sei R ein Ring und A ∈ Rn×n.1.) Man kann A als einen gerichteten Graphen G(A) auf n mit gewichtetenKanten interpretieren, wobei eine gerichtete Kante (i, j) ∈ n × n genaudann zu G(A) gehort, wenn Aij 6= 0. In diesem Falle bekommt (i, j) dasGewicht Aij.2.) Fur k ∈ N ist (Ak)ij gleich ∑

w∈Wk(i,j)

g(w),

wobei Wk(i, j) die Menge der Wege von i nach j der Lange k in G(A) ist:

Wk(i, j) := (i =: i0, i1, . . . , ik := j)|is ∈ n,Aisis+16= 0 ∀ 0 ≤ s < k

und

g : Wk(i, j)→ R : (i =: i0, i1, . . . , ik := j) 7→k−1∏s=0

Aisis+1.

Beweis. 1.) Dies ist bereits die Definition einer Matrix.2.) Induktion uber k. q. e. d.

Wir nehmen als Eckenmenge unserer Graphen aus Bequemlichkeit haufig n,Aber es versteht sich von selbst, dass jede (endliche) Menge als Eckenmengefungieren kann. Dies kommt bei Anwendungen oft zum Tragen.

99

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100 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Definition 4.2. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein (schlichter) Graph mit Eckenmengen. Dann heißt die charakteristische Funktion

A(Γ) := χΓl ∈ Zn×n

von Γl die Adjazenzmatrix von Γ, wobei Γl ⊆ n×n der gerichtete Graph

Γl := (i, j)|i, j ∈ Γ

ist.

Ubung: Sei Γ ein Graph auf der Eckenmenge n. Interpretiere A(Γ)k)ij = 1.

Zeige: Γ ist genau dann zusammenhangend, falls alle Eintrage von∑n−1

i=0 A(Γ)i

positiv sind.

Ubung: Bestimme die Adjazenzmatrix des Graphen der Kanten eines Ok-taeders und gib die erzeugende Funktion fur die Anzahl der geschlossenenWege, die von einer festen Ecke ausgehen und enden, in Abhangigkeit vonihrer Lange. (Hinweis: Die erzeugende Funktion ist rational, vgl. Beispiel1.9 u. f.).

Ubung: (Fur CARAT-Benutzer) Wie kann man mit CARAT aus der Ad-jazenzmatrix die Automorphismengruppe eines Graphen berechnen? (Hin-weis: Man kann mehr als eine Bilinearform als Struktur einem Gitter mit-geben.)

1.2 Stark regulare Graphen

In diesem Abschnitt wollen wir neben einigen Techniken auch eine wichti-ge grundlegende Einsicht gewinnen: Regularitat fuhrt nicht notwendig zuSymmetrie.

Definition 4.3. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein (schlichter) Graph.1.) Fur E ⊆ n heißt ΓE := Pot2(E) ∩ Γ ⊆ Pot2(E) der induzierte Teil-graph von Γ auf E.2.) Sei t ∈ Z≥0. Die Bedingung C(t) besagt:Je zwei isomorphe induzierte Teilgraphen T1, T2 auf hochstens t Ecken ha-ben dieselbe Anzahl Ecken von Γ, die gemeinsame Nachbarn aller Ecken

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 101

von T1 bzw. T2 sind.Graphen, die C(t) erfullen, heißen auch t-tupel-regular. Die Anzahl derSimultannachbarn zu einem induzierten Teilgraphen T bezeichnen wir mitλ(T ).3.) Insbesondere heißen die Graphen, die C(1) erfullen, regular, d. h. je-de Ecke hat eine konstante Anzahl Nachbarn, sagen wir k := λ(•). Manspricht dann von k-regularen Graphen.4.) Insbesondere heißen die Graphen, die C(2) erfullen, stark regular.Ein solcher Graph ist notwendig k-regular fur ein k := λ(•). Normalerwei-se schließt man die Falle k = 0 und k = n− 1 aus. Weiter hat ein solcherGraph zwei weitere Parameter λ := λ(•−•) und µ := λ(• •). Man sprichtvon einem stark regularen Graphen mit Parametern (n, k, λ, µ).

Regulare Graphen gibt es wie Sand am Meer. Grenzfalle wie 1-regulareGraphen kann man noch gut uberschauen (Ubung). k-regulare Graphensind charakterisiert durch die Eigenschaften ihrer Adjazenzmatrix A: sym-metrisch, Eintrage 0, 1, auf der Diagonalen Nullen, AJ = kJ , wobei J dieMatrix mit samtlichen Eintragen 1 ist.

Beispiel 4.4. 1.) Sei G eine endliche Gruppe der Ordnung n und T ⊆ G

eine Teilmenge aus k Elementen mit g ∈ T impliziert g−1 ∈ T und g 6= 1.Dann ist

A := A(G, T ) :=∑g∈T

∆(g) ∈ Zn×n

die Adjazenzmatrix eines k-regularen Graphen Γ(G, T ) auf n Punkten, wo-bei ∆ : G → GL(n,Z) die regulare Darstellung von G bezuglich der BasisG ⊆ ZG ist. Zeige: G bettet sich in Aut(Γ) ein, insbesondere operiertAut(Γ) transitiv auf der Eckenmenge von Γ. Wie formuliert man die Defi-nition des Graphen, wenn man G als Eckenmenge nimmt? (Vergleich mitdem Cayley-Graphen!)2.) Ist Γ ⊆ Pot2(n) ein regularer Graph, so auch sein Komplement Γ :=Pot2(n) − Γ. Erklare, in welchem Sinne die Automorphismengruppen vonΓ und Γ gleich sind.3.) Ist Γ ein regularer Graph, mit zwei Kanten a, b und c, d, wobeia, b, c, d vier verschiedene Ecken sind mit a, d, b, c 6∈ Γ, so ist der an

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102 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

diesem Kantenpaar gekreuzte Graph Γ′ ebenfalls regular. Dabei hat Γ′ die-sebe Vertexmenge wie Γ und die Kantenmenge von Γ′ ist gegeben durch

Γ′ = (Γ− a, b, c, d) ∪ a, d, b, c.

Ubung Konstruiere einen 3-regularen Graphen, dessen Automorphismen-gruppe nicht transitiv auf der Eckenmenge operiert. Konstruiere einen re-gularen Graphen mit trivialer Automorphismengruppe.

Wir kommen zu den stark regularen Graphen, die schon eingeschranktersind, aber auch in großen Mengen anzutreffen sind. Auch ihre Automor-phismengruppen konnen trivial sein. Zu Anfang einige Trivialbeispiele.

Beispiel 4.5. 1,) Der vollstandige Graph Pot2(n) ist stark regular mitParamern (n, n− 1, λ = n− 2) und undefiniertem µ.2.) Disjunkte Vereinigungen vollstandiger Graphen gleicher Kardinalitatsind stark regular mit µ = 0.3.) Kreise sind 2-regular. Sie sind genau dann stark regular, wenn ihreEckenzahl zwischen 3 und 5 liegt.

Zunachst folgt aus der Definition, dass es Relationen zwischen den Para-metern gibt.

Satz 4.6. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein stark regularer Graph mit Parametern(n, k, λ, µ). Dann gilt:

k(k − λ− 1) = (n− k − 1)µ.

Beweis. Sei v eine fest gewahlte Ecke von Γ. Wir zahlen auf zwei Arten,wieviele Elemente die Menge

(x, y) ∈ n2|v, x ∈ Γ, x, y ∈ Γ, y, v 6∈ Γ

enthalt.1.) Fur x gibt es k Moglichkeiten. Nachdem x gewahlt ist, kommen fury zunachst k Elemente in Frage, die zu x benachbart sind. Hiervon ist vwegzunehmen. Hiervon sind auch noch die λ Elemente wegzunehmen, die

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 103

sowohl zu x als auch zu v benachbart sind. Also ist die Anzahl k(k−λ−1).2.) Fur y gibt es n− 1−k Moglichkeiten. Nachdem y gewahlt ist, kommenfur x genau µ Elemente in Frage. Also ist die Anzahl (n− k− 1)µ. q. e. d.

Kern- und Angelpunkt ist das folgende Lemma, aus dem man auch alter-nativ Satz 4.6 herleiten kann.

Lemma 4.7. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein stark regularer Graph mit Parametern(n, k, λ, µ). Fur die Adjazenzmatrix A := A(Γ) gilt dann

A2 = kIn + λA+ µ(Jn − In − A),

wo Jn : n× n→ Z : (i, j) 7→ 1 ist.

Beweis. Zunachst beachte man, dass A := Jn− In−A die Adjazenzmatrixdes Komplementargraphen Γ von Γ ist. Wegen In +A+A = Jn haben wirdrei Arten Elemente (i, j) ∈ n× n.1.) i = j. Wir haben offenbar k Wege der Lange 2 in Γl von i nach i, d. h.(A2)ii = k.2.) (i, j) ∈ Γ. Wir haben offenbar λ = λ(• − •) Wege der Lange 2 in Γl

von i nach j, d. h. (A2)ij = λ.3.) (i, j) ∈ Γ. Wir haben offenbar µ = λ(• •) Wege der Lange 2 in Γl voni nach j, d. h. (A2)ij = µ.Insgesamt folgt die Behauptung. q. e. d.

Folgerung 4.8. Je zwei Ecken von Γ sind durch einen Weg der Lange ≤ 2verbunden, falls µ > 0 oder Γ zusammenhangend, d. h. der Durchmesservon Γ ist dann 2, außer wenn Γ ein vollstandiger Graph ist.

Ubung: Zeige: Nicht zusammenhangende stark regularer Graphen sind dis-junkte Vereinigungen vollstandiger Graphen gleicher Kardinalitat.

Folgerung 4.9. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein stark regularer Graph mit Parametern(n, k, λ, µ). Dann ist der Komplementargraph Γ ebenfalls stark regular mitden Parametern (n, k := n− 1− k, λ := µ+ n− 2k − 2, µ := λ+ n− 2k).

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104 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Beweis. Zunachst folgt aus Lemma 4.7, dass (In, A,A) eine Basis von Q[A]bildet und dass die regulare Darstellung von Q[A] bezuglich dieser Basisdie folgende Gestalt hat:

A 7→ a :=

0 k 01 λ α0 µ β

, A 7→ b :=

0 0 n− 1− k0 α µ

1 β λ

,

wobei α, β, λ, µ noch zu bestimmen sind. Dass der Koeffizient von In in derEntwicklung von AA gleich Null ist und der von In in der Etwicklung von

A2

gleich n− 1− k, ist eine leichte Ubung. Nun hat die Matrix Jn Rang 1mit Eigenwerten n von der Vielfachheit 1 und 0 von der Vielfachheit n−1.Entsprechend wird Jn, welches ja auf I3 + a + b abgebildet wird, auf eineMatrix vom Rang 1 mit Eigenwerten n−1, 0, 0 abgebildet. Da wir die ersteSpalte und erste Zeile von I3 + a+ b kennen, folgt

I3 + a+ b =

1 k n− 1− k1 k n− 1− k1 k n− 1− k

,

Aus dieser Gleichung bestimmen sich α, β, λ, µ zu

α = k − λ− 1

β = k − µλ = µ+ n− 2k − 2

µ = λ+ n− 2k.

Insbesondere haben wir fur A die aus Lemma 4.7 fur A stammende Glei-chung

A2

= (n− 1− k)In + λA+ µ (Jn − In − A)︸ ︷︷ ︸A=A

.

Hieraus folgt die Behauptung, denn diese Gleichung charakterisiert die Ad-jazenzmatrizen stark regularer Graphen. q. e. d.

Ubung: Interpretiere λ und µ matrizentheoretisch. Leite Satz 4.6 aus demBeweis der letzten Folgerung ab durch Betrachtung des Eigenraumes zumEigenwert n von I3 + a+ b.

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 105

Bekanntlich sind symmetrische Matrizen uber den reellen Zahlen diago-nalisierbar, sodass wir wissen, dass Q[A] halbeinfach ist. Wir konnen dieDimensionen der (reellen) Eigenraume ausrechnen und bekommen so wei-tere Abschatzungen fur λ und µ.

Folgerung 4.10. Die beiden Zahlen

1

2(n− 1 +

(n− 1)(µ− λ)− 2k√(µ− λ)2 + 4(k − µ)

),1

2(n− 1− (n− 1)(µ− λ)− 2k√

(µ− λ)2 + 4(k − µ))

sind positive ganze Zahlen.

Beweis. Das charakteristische Polynom von a ist

(x− k)(x2 − (λ− µ)x+ µ− k).

Die Diskriminante des quadratischen Polynoms ist offenbar positiv, sodassdie Eigenwerte von A gegeben sind durch

k, s :=(λ− µ) +

√(λ− µ)2 + 4(k − µ)

2, t :=

(λ− µ)−√

(λ− µ)2 + 4(k − µ)

2

Die Vielfachheit von k ist offenbar 1, wie man an Jn sieht und die Vielfach-heiten v+, v− der beiden anderen Eigenwerte summieren sich zu n− 1 auf,sodass wir mit Hilfe der Spur von A das folgende lineare Gleichungssystemfur die Vielfachheiten bekommen:

v+ + v− = n− 1

sv+ + tv− = −k

Als eindeutige Losungen bekommt man

v+ =1

2(n− 1 +

(n− 1)(µ− λ)− 2k√(µ− λ)2 + 4(k − µ)

)

v− =1

2(n− 1− (n− 1)(µ− λ)− 2k√

(µ− λ)2 + 4(k − µ))

Da es sich um Anzahlen handelt, mussen diese beiden Zahlen naturlicheZahlen sein. q. e. d.

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106 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Ubung: Zeige als Folgerung aus dem Beweis von 4.10, dass nur die folgendenzwei Falle auftreten konnen: Entweder s, t ∈ Z, d. h. (λ − µ)2 + 4(k − µ)ist ein Quadrat, oder s, t 6∈ Z, in welchem Fall dann v+ = v− = n−1

2 ist.

Ubung: Zeige, dass der Eigenwert s nicht-negativ und der Eigenwert t ne-gativ ist.

Statt jetzt sofort mit der Theorie fortzufahren, sollten wir uns doch ei-nige Beispiele anschauen, die in erster Linie von sogenannten Rang-3-Permutationsgruppen kommen; jedoch gibt es auch haufig andere Beschrei-bungen, die zunachst nicht auf diese hohe Symmetrie schließen lassen. Wirhatten bereits die Kreise mit 3,4,5 Vertizes als stark regular erkannt. Dasnachste Beispiel ist der Kantengraph des vollstandig bipartiten Gra-phen K3,3 auf 3 + 3 Ecken.

Definition 4.11. Sei Γ ⊆ Pot2(n) ein Graph. Dann hat der Kantengraphκ(Γ) Γ als Eckenmenge und als Kantenmenge

a, b|a, b ∈ Γ, |a ∩ b| = 1.

Beispiel 4.12. 1.) Der Kantengraph κ(K3,3) ist ein stark regularer Graphmit Parametern (9, 4, 1, 2). Er ist bis auf Isomorphie der einzige stark re-gulare Graph mit diesen Parametern. Sein positiver Eigenwert s ist 1 mitder Vielfachheit 4 und sein negativer t ist −2, ebenfalls mit der Vielfachheit4. Hier ist ein Diagramm des Graphen, welches direkt aus der Definitionkommt:

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 107

1

2

3

a

b

cK3,3

1,a 1,b

1,c

2,a 2,b

2,c

3,a 3,b

3,c

κ(K3,3)

Diese Sichtweise zeigt bereits die volle Symmetriegruppe S3 o S2. Als Adja-zenzmatrix bietet sich an:

I3 ⊗ (J3 − I3) + (J3 − I3)⊗ I3

Trotzdem ist es sicher besser den Graphen als Quotitienen eines unendli-chen periodischen Graphen (Quadratgitter) zu sehen:

9 7 8 9

3 1 2 3

6 4 5 6

9 7 8 9

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108 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

In diesem Fall sieht man, dass die Automorphismengruppe mindestens eineC2

3 n D8 enthalt, die dann aber isomorph zu S3 o S2 ist. Diese Sichtweiseerlaubt Verallgemeinerungen dieses Graphen, indem man affine Gruppender Form Fnq n H betrachtet, wobei H ≤ GL(n, q) genau drei Bahnen aufFnq hat. (Gleich werden wir noch allgemeinere Beispiele sehen.)2.) Sei G eine transitive Permutationsgruppe auf n dergestalt, dass derStabilisator von 1 in G genau drei Bahnen auf n (inlusive 1)hat. Dannist G1, 2 ⊆ Pot2(n) ein stark regularer Graph, außer im Ausnahmefall(2, 1) 6∈ G(1, 2) ⊂ n2. (Sind z. B. die Bahnlangen des Stabilisators 1, k, k′

mit k 6= k′, so ist bereits der Ausnahmefall unmoglich.) Im gunstigen Fallbekommen wir einen stark regularen Graphen mit Parametern (n, k, λ, µ),wobei 2 in der Bahn der Lange k des Stabilisators der 1 liegt, und

λ = |(StabG(1))(2) ∩ (StabG(2))(1)|

und µ sich dann nach den bereits behandelten Formeln bestimmen lasst,aber auch eine sehr ahnliche permutationsgruppentheoretishe Beschreibunghat.Konkrete Beispiele fur diese Situation:3.) Die folgenden Gruppen liefern stark regulare Graphen:

Gruppe Parameter Kommentar

(Fq,+) o C(q−1)/2 (q, q−12 , q−5

4 , q−14 ) q Primpotenz, q ≡ 1 mod 4

≤ Aff(1,Fq) Paley-Graphen

Sn auf Pot2(n) ((n2

),(n−2

2

),(n−4

2

),(n−3

2

)) Fur n := 5

Petersen-Graph

S4 o S2 (16, 6, 2, 2) κ(K4,4)

C42 o S5 (16, 5, 0, 2) C2 o S5 mod Zentrum

Petersen-Graph:

Naturlich sind die Komplemente der oben gelisteten Graphen ebenfalls starkregular und sollten eigentlich der Liste angefugt werden. Die Paley-Graphen

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 109

fur Primzahlen q liefern Beispiele von stark regularen Graphen, bei denendie Eigenwerte s, t nicht ganz rational sind. Nimmt man q ≡ 3 (mod 4),so sieht man, dass der Ausnahmefall (2, 1) 6∈ G(1, 2) in 2.) durchaus vor-kommt. Weiter sei gesagt, dass nicht behauptet wird, dass die Gruppen inder Tabelle die vollen Automorphismengruppen des stark regularen Graphensind. Schließlich sei angemerkt, dass die obigen Graphen bis Komplemen-tierung und Isomorphie bereits alle stark regularen Graphen auf n ≤ 24 ab-decken. Fur n := 25 gibt es noch einen zweiten Graphen, der wieder durcheine Gruppe zustandekommt, wie in 2.) beschrieben, namlich κ(K5,5). Aberes scheint, dass erstmal fur n := 25 eine Reihe anderer stark regularerGraphen existieren, sogar welche mit trivialer Automorphismengruppe.

Ubung: Zeige, dass der Kantengraph κ(Kv,v) die Adjazenzmatrix Iv⊗(Jv−Iv) + (Jv− Iv)⊗ Iv hat. Bestimme die Parameter der zugehorigen stark re-gularen Graphen und zeige, dass Sv o S2 in der Automorphismengruppeenthalten ist.

Wir hatten bei der Einfuhrung der stark regularen Graphen auch nochdie hoheren Regularitatsbedingungen C(t) mit t ≥ 3 erwahnt. In diesemKontext vielleicht noch einige Beispiele ohne Beweis:

Beispiel 4.13. 1.) Ein Graph der C(5) erfullt, erfullt auch C(t) fur allet ≥ 5 und ist isomorph zu dem Kreisgraph auf 5 Punkten oder zu demKantengraph κ(K3,3).Ubung: Zeige, dass diese beiden Graphen C(5) erfullen.2.) Graphen, die C(4), aber nicht C(5) erfullen, bekommt man auch grup-pentheoretisch: den Schlafli-Graphen auf 27 Punkten aus der Weyl-Gruppe zum Wurzelsystem E6 (isomorph zu Sp(4, 3)) auf 27 Punkten (rea-lisierbar als die kurzelsten Vektoren mod ±1 des zum Wurzelgitter dualenGitters) und den McLaughlin-Graphen auf 275 Punkten konstuierbar ausder McLaughlin-Gruppe, einer sporadisch einfachen Gruppe.3.) Bei den Graphen, die C(3) erfullen, gibt es bereits unendlich viele, z.B. die κ(Kv,v), aber auch noch eine Reihe anderer.

Wir schließen diesen Abschnitt mit einer genaueren Betrachtung der Ei-genwerte der Adjazenzmatrix, die darauf hinauslauft, dass wir die regulare

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110 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Darstellung von R[A] ausreduzieren.

Notation: A sei die Adjazenzmatrix eines stark regularen Graphen auf nEcken mit k Nachbarn fur jede Ecke. Setze

A0 := In, A1 := A,A2 := A.

Die Matrizen der Orthogonalprojektionen auf die Eigenraume der Eigen-werte k, s, t seien mit

E0 :=1

nJn, E1, E2 ∈ Rn×n

bezeichnet. Weiter seien pi(j), qi(j) ∈ R fur 0 ≤ i, j ≤ 2 definiert durch

Ai =2∑j=0

pi(j)Ej

Ei =1

n

2∑j=0

qi(j)Aj

Bemerkung 4.14. 1.) Die Eigenwerte von Ai sind pi(0), pi(1), pi(2).2.) A := (A0, A1, A2) und E := (E0, E1, E2) sind Basen von R[A1] und

P := 0, 1, 22 → R : (i, j) 7→ pj(i)

beschreibt die Basistransformation EIdA, d. h.

P = EIdA .

3.) Setzt man weiter

Q := 0, 1, 22 → R : (i, j) 7→ qj(i),

so giltQ = n · AIdE .

Insbesondere istQP = PQ = nI3.

Definition 4.15. P heißt die erste Eigenmatrix und Q die zweite Ei-genmatrix des stark regularen Graphen Γ.

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 111

Ubung: Verifiziere durch Vergleich mit unserer fruheren Notation und derfruheren Ergebnissen:

P =

1 k n− k − 11 s −s− 11 t −t− 1

, Q =

1 −nt+k−t

s−tns+k−ss−t

1 −−t−n+ks−t

−s−n+ks−t

1 −−t+ks−t−s+ks−t

.

Wir bringen jetzt eine neue Begriffsbildung ins Spiel: das Hadamard- oderSchur-Produkt der Adjazenzmatrizen.

Definition 4.16. Das Hadamard-Produkt XY ∈ Km×n zweier MatrizenX, Y ∈ Km×n ist als komponentenweises Prodkukt definiert durch

(X Y )ij := XijYij

fur alle 1 ≤ i ≤ m und 1 ≤ j ≤ n.

Bemerkung 4.17. 1.) Fur jeden Korper K ist (Km×n, ) eine kommuta-tive K-Algebra isomorph zu ⊕mni=1K.2.) (Q[A], ) ist eine Teilalgebra von (Qn×n, ) mit primitiven ()-IdempotentenA0 = In, A1 = A,A2 = A, insbesondere

Ai Aj = δijAi

fur i, j = 0, 1, 2 undJn = A0 + A1 + A2

als Zerlegung der Eins.3.) Die Bezeichnung zweite Eigenmatrix fur Q erklart sich jetzt aus derDefinition von Q und 2.).4.) Es gibt entsprechend der beiden Multiplikationen zwei Spurbegriffe furQ[A], welche durch die Einbettung in Qn×n induziert sind:

Sp : Q[A]→ Q : X 7→n∑i=1

Xii und Sp : Q[A]→ Q : X 7→n∑

i,j=1

Xij

mit den zugehorigen Spurbilinearformen. Die beiden Spuren sind verbundendurch die Gleichung

Sp(X) = Sp(JnX)

fur alle X ∈ Q[A].

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112 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Es sei daran erinnert, dass wir die Dimensionen der Eigenraume von Azu den Eigenwerten k, s, t bereits fruher bestimmt hatten: 1, v+, v−. Wirfuhren im nachsten Satz eine neue Notation fur diese ein und leiten u. a.neue Ausdrucke fur sie her.

Satz 4.18. 1.) Die Dimension des R[A]-Eigenraumes zum A-Eigenwertp1(i) sei mit mi fur i = 0, 1, 2 bezeichnet. Weiter setze ki := pi(0) furi = 0, 1, 2, also gleich dem Eigenwert von Ai zum Spaltenraum von Jn.Dann gilt:

mi = Sp(Ei) = qi(0)

ki =1

nSp(Ai) = pi(0)

qj(i)

mj=

pi(j)

ki

2.) (Erste Orthogonalitatsrelationen):

2∑ν=0

1

kνpν(i)pν(j) =

n

miδij

3.) (Zweite Orthogonalitatsrelationen):

2∑ν=0

mνpi(ν)pj(ν) = nkiδij

Beweis. 1.a,b) mi = Sp(Ei) ist offensichtlich. Wendet man Sp auf Ei =1n

∑2j=0 qi(j)Aj an und beachtet man Sp(Ai) = 0 fur i = 1, 2, so folgt

Sp(Ei) = qi(0).ki = 1

nSp(Ai) = pi(0) ist wieder offensichtlich.Die dritte Gleichung in 1.) zeigen wir, nachdem wir 3.) bewiesen haben.3.)

AiAj = (∑µ

pi(µ)Eµ)∑ν

pj(ν)Eν

=∑µ,ν

pi(µ)pj(ν)EµEν︸ ︷︷ ︸δµνEν

=∑ν

pi(ν)pj(ν)Eν

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1. MATRIZEN UND STARK REGULARE GRAPHEN 113

Indem man auf beiden Seiten Spuren nimmt, folgt die Behauptung.1.c) Schreibe 3.) als Matrixgleichung um:

Pdiag(m0,m1,m2)Ptr = n · diag(k0, k1, k2)

oder

P−1 =1

n· diag(m0,m1,m2)P

trdiag(k0, k1, k2)−1

Wegen Q = nP−1 folgt die Behauptung.2.) Ubung. q. e. d.

Wir hatten bereits am Anfang die regulare Darstellung von Q[A] bezuglichder Basis A ausgeschrieben und eine Reihe wichtiger Folgerungen darausziehen konnen. Man beachte, dass die regulare Dastellung bezuglich derIdempotentenbasis E eher unspektakular, allerdings der Schlussel fur vie-les ist. Jetzt wenden wir uns (Q[A], ) zu. Hier konnen wir ebenfalls dieregulare Darstellung bezuglich der Basis E betrachten. Zum Auftakt einekleine Ubung zum Warmwerden.

Ubung: Schreibe die Orthogonalitatsrelationen in Satz 4.18 um in solchefur die qi(j).

Definition 4.19. pkij und qkij fur 0 ≤ i, j, k ≤ 2 seien die folgenden Multi-plikationskoeffizienten

AiAj =∑k

pkijAk

Ei Ej =1

n

∑k

qkijEk

Die regularen Darstellungen von R[A], ·) bzw. R[A], ) seien mit ρ : R[A], ·)→R3×3 und ρ : R[A], )→ R3×3 bezeichnet.

Bemerkung 4.20. Die regularen Darstellungen bezuglich der Basen A undE sind wie folgt:1.)ρA(Ai) = (pkij)0≤k,j≤2, vgl. I3, a, b aus Beweis von Folgerung 4.9. (DieseMatrizen werden auch Schnittmatrizen genannt.) Weiter ist ρE(Ai) =diag(P−,i) fur i = 0, 1, 2. (Die Nummerierung der Spalten beginnt auch bei

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114 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

0). Insbesondere enthalten die 33 Koeffizienten pkij nicht mehr Informationals die 32 aus P , einerseits wegen der gerade beschriebenen Rolle der Spal-ten von P und andererseits wegen der Rolle von P als P = EIdA. Insbeson-dere sind die pkij durch eine grundsatzlich einfache Rechnung aus den ein-fachen Multiplikationskonstanten bezuglich der Basis E, vgl. EiEj = δijEi,leicht zu bestimmen.2.) Analog: ρE(Ei) = (qkij)0≤k,j≤2 und ρA(Ei) = 1

ndiag(Q−,i), wie man auchdurch direktes Ausrechnen von Ei Aj sieht.

Ubung: Verifiziere und erklare die folgenden Formeln, die gewissermaßendual zueieandner sind:

qkij =n

mkSp(Ei Ej Ek)

=mimj

n

∑ν

1

k2ν

pν(i)pν(j)pν(k)

pkij =1

nkkSp(AiAjAk)

=kikjn

∑ν

1

m2ν

qν(i)qν(j)qν(k)

Was ist nun der Nutzen der qkij? Wir konnen zeigen, dass sie nicht negativereelle Zahlen sind, welches ein weiteres Einschrankungskriterium fur diemoglichen Parameter (n, k, λ, µ) liefern. Hierzu brauchen wir ein Lemma.

Lemma 4.21. Seien A,B symmetrische reelle Matrizen. Sind A und Bpositiv definit bzw. positiv semidefinit, so auch A B.

Beweis. Offensichtlich ist mit A,B auch A⊗B positiv definit bzw. positivsemidefinit, wie man an den Eigenwerten sieht. Fur eine positiv definitebzw. positiv semidefinite Matrix X ∈ Rm×m und eine Teilmenge T ⊂ m istdie Teilmatrix (Xij)i,j∈T offenbar wieder positiv definit bzw. semidefinit.A B ist aber eine derartige Teilmatrix von A⊗B. q. e. d.

Satz 4.22. (Krein-Bedingung fur stark regulare Graphen)qkij ∈ R≥0 fur 0 ≤ i, j, k ≤ 2.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 115

Beweis. Jedes Ei ist eine positiv semidefinite Matrix, wie man an den Ei-genwerten 0, 1 sieht. Nach unserem Lemma ist dann aber Ei Ej ebenfallspositiv semidefinit, hat also ausschließlich nicht negative Eigenwerte. We-

gen Ei Ej = 1n

∑k q

kijEk sind diese Eigenwerte gerade gleich

qkijn . q. e. d.

2 Kommutative Assoziationsschemata

2.1 Allgemeine Definition

Wir beginnen mit der allgemeinsten Definition eines Assoziationsschemas,vergleichen mit fruheren Betrachtungen und gehen dann auf gewisse Spe-zialfalle genauer ein.

Definition 4.23. Sei Ω eine endliche Menge von n Elementen und d ∈ N.1.) Ein Assoziationsschema von der Klasse d, genauer ein d-Assoziationsschemaauf Ω , ist eine (geoordnete) Partition Γ = (Γi) : i = 0, . . . d von Ω2 = Ω×Ωmit folgenden Eigenschaften:a) Γ0 = (i, i)|i ∈ Ω,b) Mit Γi gehort auch

Γtri := (i, j)|(j, i) ∈ Γi

zu Γ, d. h. zu jedem 0 ≤ i ≤ d existiert genau ein i′ mit 0 ≤ i′ ≤ d, sodassΓtri = Γi′.c) Fur alle 0 ≤ i, j, k ≤ d ist

pkij(x, y) := |z ∈ Ω|(x, z) ∈ Γi, (z, y) ∈ Γj|

konstant fur alle (x, y) ∈ Γk. Die gemeinsame Anzahl pkij(x, y) wird mit pkijbezeichnet.2.) Das Assoziationsschema Γ = (Γi) : i = 0, . . . d auf Ω heißt kommuta-tiv, falls

pkij = pkji

fur alle 0 ≤ i, j, k ≤ d.3.) Das Assoziationsschema Γ = (Γi) : i = 0, . . . d auf Ω heißt symme-trisch oder vom Bose-Mesner-Typ, falls i′ = i fur alle 0 ≤ i′ ≤ d.

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116 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Bemerkung 4.24. Sei Γ ein Assoziationsschema der Klasse d. Die Adja-zenzmatrix Ai ∈ Qn×nvon Γi ⊆ Ω× Ω ist die charakteristische Funktionvon Γi (wobei eine fur alle i geltende Identifikation von Ω mit n zugrunde-gelegt wird). Die Ai erfullen neben der Partitionseigenschaft

Jn =d∑i=0

Ai

die folgenden Gleichungen:a’) A0 = In.b’) Fur jedes 0 ≤ i ≤ d existiert ein 0 ≤ i′ ≤ d mit

Atri = Ai′.

c’) Fur alle 0 ≤ i, j, k ≤ d existieren pkij ∈ Z≥0 mit

AiAj =d∑

k=0

pkijAk

2.) Γ ist genau dann kommutativ, wenn AiAj = AjAi fur alle 0 ≤ i, j ≤ d

gilt.3.) Γ ist genau dann symmetrisch, wenn jedes Ai symmetrisch ist.Umgekehrt lasst sich aus den Matrizeneigenschaften auf ein eindeutigesAssoziationsschema ruckschließen.

Definition 4.25. Sei K ein Korper. Die Teilalgebra von Kn×n mit K-BasisA := (A0, A1, . . . , Ad) wird mit KΓ bezeichnet und heißt die K-Adjazenz-algebra von Γ.

Bemerkung 4.26. Die linksregulare Darstellung von KΓ bezuglich der Ba-sis A ist gegeben durch

ρA : KΓ → K(d+1)×(d+1) : Ai 7→ (pkij)0≤k,j≤d.

Die Bildmatrizen heißen Schnittmatrizen und die einzelnen pkij Schnitt-zahlen.

Beweis. Wegen AiAj =∑d

k=0 pkijAk steht in der j-ten Spalte von ρA(Ai) an

der k-ten Stelle, sprich k-te Zeile, die Schnittzahl pkij. Man beachte, dassdie Indizierung bei 0 anfangt. q. e. d.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 117

Dieses Konzept ist sehr allgemein. Es schließt z. B. alle endlichen Gruppenmit ein:

Beispiel 4.27. Sei Ω := G = g0 := 1, g1, . . . , g|G|−1 eine endliche Grup-pe. Setze

Γi := (g, h) ∈ G×G|gh−1 = gi

fur i = 0, . . . , |G| − 1. Dann liegt ein Assoziationsschema der Ordnung|G| − 1 vor und die Adjazenzalgebra KΓ ist isomorph zur GruppenalgebraKG.

Wir sind in diesem Stadium an spezielleren Beispielen interessiert. Zunachsteinmal gilt

Bemerkung 4.28. Ein symmetrisches Assoziationsschema ist kommuta-tiv.

Beweis. Es genugt zu zeigen, dass die zugehorige Algebra KΓ kommutativist:

AiAj = (AiAj)tr

= Atrj · Atr

i

= AjAi.

q. e. d.

Weiterhin kann man eine Reihe trivialer Definitionen in der großen Allge-meinheit machen.

Bemerkung 4.29. ki := p0ii‘ heißt die Valenz von Γi. Es gilt

1.) ki′ = ki,2.)∑d

i=0 ki = n.

Wir geben noch ein allgemeines Beispiel, welches das obige Beispiel alsSpezialfall hat.

Beispiel 4.30. (Schur-Ring)Die endliche Gruppe G operiere transitiv auf der Menge Ω. Dann bilden die

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118 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Bahnen Γi von G auf Ω×Ω, die sogenannten Orbitale, ein Assozitiations-schema mit Γ0 wie gewohnt die Diagonale. Die zugehorige Adjazenzalge-bra KΓ ist der Endomorphismenring des Permutationsmoduls KΩ. Dieserwurde schon fruh von I. Schur untersucht und ist eine der Quellen derTheorie. Fur die regulare Permutationsdarstellung sind wir bei dem obigenBeispiel.

2.2 Symmetrische Assoziationsschemata

Der Grund, warum wir nicht gleich zu kommutativen Assoziationsschematagehen, ist die graphentheoretische Interpretation, die in diesem Fall moglichist.

Bemerkung 4.31. Ein symmetrisches Assoziationsschema Γ der Klasse 2definiert ein Paar komplementarer stark regularer Graphen mit Adjazenz-matrizen A1 und A2 = A1. Umgekehrt definiert ein stark regularer Graphmit Adjazenmatrix A ein symmetrisches Assoziationsschema mit Adjazenz-matrizen A0 := In, A1 := A,A2 := A.

Dies wollen wir nun verallgemeinern. Unser nachstes Ziel ist eine graphen-theoretische Interpretation symmetrischer Assoziationsschemata.

Notation: Γ := (Γ0,Γ1, . . . ,Γd) symmetrisches d-Assoziationsschema auf nPunkten mit Adjazenzmatrizen (A0 = In, A1, . . . , Ad) mit Valenzen ki undMultiplikationskoeffizienten (= Schnittzahlen) pkij:

AiAj =d∑

k=0

pkijAk.

•w • w′

]pki,j

Γk

Γi Γj •w ]kiΓi

Bemerkung 4.32. 1.) Da Γ symmetrisches Assoziationsschema ist, kannman Γ2, . . . ,Γd mit Teilmengen von Pot2(Ω) identifizieren, sodass wir dkantendisjunkte Graphen Γi auf Ω vorliegen haben, deren Vereinigung der

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 119

vollstandige Graph auf Ω ist.2.) Jede Ecke v ∈ Ω hat bezuglich Γi genau ki Nachbarn, i = 1, . . . , d.3.) Zu je zwei durch Γk verbundene Ecken v, w ∈ Ω, also v, w ∈ Γk, gibtes genau pkij Ecken r ∈ Ω mit v, r ∈ Γi und w, r ∈ Γj, 1 ≤ i, j, k ≤ d.

Wir geben jetzt einige Beispiele. Hierzu eine graphentheoretische Definiti-on.

Definition 4.33. Sei ∆ = (Ω, E ⊆ Pot2(Ω)) ein Graph.1.) Fur zwei Ecken v, w ∈ Ω ist der Abstand ∂(v, w) definiert durch dieLange eines kurzesten Weges l von v nach w in ∆, d. h. (v := v0, v1, . . . , vl :=w) mit vi−1, vi ∈ E fur i = 1, . . . , l. Falls kein solcher Weg existiert, setztman ∂(v, w) :=∞ .2.) Der Durchmesser von ∆ ist das Maximum uber die Abstande samtli-cher Eckenpaare.

Beispiel 4.34. Sei ∆ ein zusammenhangender Graph auf Ω vom Durch-messer d. Definiere Γi := (v, w) ∈ Ω2|∂(v, w) = i fur i := 1, . . . , d undΓ0 := (v, v)|v ∈ Ω. Wir fragen: Wann ist Γ := (Γ0, . . . ,Γd) ein symme-trisches Assoziationsschema? Offenbar mussen wir nur noch die Bedingungmit der Wohldefiniertheit der pkij uberprufen. In den meisten Fallen ist sienaturlich verletzt. D. h., wir haben ein Mittel gefunden, interessante Gra-phen auszusondern. Hier ist ein erstes Beispiel:

•4

•2•6

•1

•5

•3

Das Hexagon liefert uns ein symmetrisches 3-Assoziationsschema mit Ad-jazenzmatrizen

A1 :=

(03 J3 − I3

J3 − I3 03

), A2 :=

(J3 − I3 O3

03 J3 − I3

), A3 :=

(03 I3

I3 03

).

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120 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Ubung: Zeige, dass der Graph der Kanten eines Wurfels (Ikodaeders) imSinne des letzten Beispiels ein symmetrisches 3-Assoziationsschema defi-niert und bestimme im Wurfelfall die Matrizen Ai fur i = 1, 2, 3.

Es gibt nun drei Hauptklassen von Beispielen symmetrischer Assoziati-onsschemata (zum Teil mit Uberlappungen), die besonders wichtig sind.Fangen wir mit den gruppentheoretischen Beispielen an, welche wir schonin Beispiel 4.30 andiskutiert hatten.

Beispiel 4.35. 1.) Sei G eine endliche Gruppe, die transitiv auf Ω ope-riert. Man sagt, die Operation ist generos transitiv, falls fur je zweiElemente i, j ∈ Ω ein g ∈ G existiert, mit gi = j und gj = i; mit an-deren Worten wenn alle Orbitale symmetrisch sind. In diesem Fall bildendie Bahnen Γi von G mit Γ0 die Diagonale von Ω in Ω2 ein symmetrischesd-Assoziationsschema, wobei d+1 die Anzahl der Bahnen des Stabilisatorseines Elementes von Ω in G auf Ω ist.2.) Als wichtiges Beispiel fur die Situation aus 1.) nehmen wir als Mengeeine beliebige endliche Gruppe H, also Ω := H und G := H × Hund alsOperation

H2 × Ω→ Ω : ((h1, h2), i) 7→ h1ih−12 .

Der Stabilisator von 1 ∈ Ω ist dann gerade die Diagonale von H in H2 undderen Bahnen auf Ω sind gerade die Konjugiertenklassen C0 := 1H, Ci, . . . , Cdder Elemente von H, sodass die Γi ⊂ Ω2 gegeben sind durch

Γi := (h1, h2) ∈ H2|h1h−12 ∈ Ci.

Wir nennen dieses Assoziationsschema das Konjugiertenklassensche-ma von H. Es ist immer kommutativ, denn der Adjazenzring ist isomorphzum Zentrum der Gruppenalgebra. Er ist genau dann symmetrisch, wennjedes Element von H zu seinem Inversen konjugiert ist.

Ubung: Definiere die Automorphismengruppe eines Assoziationsschemasund zeige, dass die Automorphismengruppe des Konjugiertenklassensche-mas der S3 isomorph zu S3 o S2 ist.

Das nachste wichtige Beispiel ist das Johnson-Schema.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 121

Beispiel 4.36. (Johnson-Schema)Sei V eine Menge von v Elementen und Ω := Potk(V ) fur ein 1 ≤ k ≤ v/2und Γ definiert durch

Γi := (S, T ) ∈ Ω2||S ∩ T | = k − ifur i = 0, 1, . . . k. Dann ist (Ω,Γ) ein symmetrisches Assoziationsschemaauf n :=

(vk

)Punkten, genannt das Johnson-Schema J(v, k). Es sub-

summiert sich unter Beispiel 4.35, denn die symmetrische Gruppe SV ∼= Svtransitiv auf Ω, sodass die (offensichtlich symmetrischen) Γi ⊆ Ω2 die Bah-nen von SV auf Ω2 sind. Man beachte, dass der Fall k := 2 bereits im vo-rigen Abschnitt behandelt wurde, weil Γ1 und Γ2 zueiander komplementarestark regularer Graphen sind.

Ubung: Man zeige, dass beim Johnson-Schema die Valenzen ki gegeben

sind durch ki =(ki

)(v−ki

).

Das nachste wichtige Beispiel ist das Hamming-Schema.

Beispiel 4.37. (Hamming-Schema)Sei F eine endliche Menge von q Elementen, Ω := Fm und Γ definiertdurch

Γi := (x, y) ∈ Ω2|i = |j ∈ m|xj 6= yj|fur i = 0, . . . , n. Dann ist (Ω,Γ) ein symmetrisches Assoziationsschemaauf n := qm Punkten, genannt das Hamming-Schema H(q,m). Es sub-summiert sich unter Beispiel 4.35, denn das Kranzprodukt Sq o Sm operierttransitiv auf Ω und hat gerade die Γi als Bahnen auf Ω2.

Ubung: Zeige, dass die Valenzen fur das Hamming-Schema durch ki :=(mi

)(q − 1)i gegeben sind.

Ubung: Vergleiche das Hamming-Schema fur m := 2 mit dem stark re-gularen Kantengraph von Kq,q. Verifiziere, dass die Schnittmatrizen gege-ben sind durch A0 := I3 und

A1 :=

0 2(q − 1) 01 q − 2 q − 10 2 2(q − 2)

, A2 :=

0 0 (q − 1)2

0 q − 1 (q − 1)(q − 2)1 2(q − 2) (q − 2)2

.

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122 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Wir kommen jetzt auf die Frage aus Beispiel 4.34 zuruck, wie man von ge-wissen Graphen zu kommutativen Assoziationsschemata kommt. Dies wirduns auch helfen, die letzten zwei Beispiele besser zu verstehen.

Definition 4.38. Sei ∆ := (Ω, E ⊆ Pot2(Ω)) ein k-regularer Graph vomDurchmesser d, Abstandsfunktion ∂ und Mengen von Abstand-i-EckenpaarenΓi wie in Beispiel 4.34 definiert. Weiter sei fur u ∈ Ω

Γi(u) := x ∈ Ω|∂(u, x) = i und ki := |Γi(u)|.

∆ heißt abstandsregular oder abstandsregularer Graph, falls es Zah-len a1, a2, . . . ad, b0 := k, b1, . . . , bd−1, c1 := 1, c2, . . . , cd ∈ Z≥0 gibt, sodassfur alle u ∈ Ω und i = 0, . . . d gilt:

Jedes x ∈ Γi(u) hat ci Nachbarn in Γi−1(u),hat bi Nachbarn in Γi+1(u),hat ai Nachbarn in Γi(u).

•u

k

1a1 b1

Γ1(u)

k2

c2a2 b2

Γ2(u)

. . . ki−1

ci−1ai−1

bi−1

Γi−1(u)

ki

ciai bi

Γi(u)

ki+1

ci+1ai+1

bi+1

Γi+1(u)

. . . kd

cdad

Γd(u)

Bemerkung 4.39. In einem abstandsregularen Graphen ∆ wie oben gilt:1.) Die ki sind wohldefiniert, d. h. unabhangig von der Wahl von u ∈ Ω.2.) Es bestehen die folgenden Abhangigkeiten zwischen den Parametern:

ai + bi + ci = k, ki+1ci+1 = kibi.

Insbesondere bestimmen die Parameter

k = k1 = b1, b2, . . . , bd−1, 1 = c1, c2, . . . , cd

die ubrigen.3.) Man kann die Parameter in der Matrix a ∈ Z(d+1)×(d+1)

≥0 zusammenfas-

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 123

sen:

a :=

0 kc1 a1 b1

c2 a2 b2

c3 a3. . .

c4. . .. . .

. . . bd−1

cd ad

4.) Die Distanzmatrizen oder auch Abstandsmatrizen Ai ∈ Zn×n von∆ konnen fur jeden endlichen Graphen vie folgt definiert werden:

Ai : Ω× Ω→ Z : (x, y) 7→

1 ∂(x, y) = i0 ∂(x, y) 6= i

Insbesondere ist Ao = In und A1 = A die Adjazenzmatrix des Graphen.Mit ihrer Hilfe kann man die Eigenschaft der Abstandsregularitat einesGraphen nachprufen, wie der folgende Satz zeigt.

Satz 4.40. Ein Graph ∆ wie oben ist genau dann abstandsregular, wennfur 1 ≤ i ≤ d− 1 Zahlen existieren, sodass gilt:

AAi = bi−1Ai−1 + aiAi + ci+1Ai+1

Beweis. Dies ist die inzwischen bekannte Ubersetzung von Graphenkonzep-ten in die Sprache der Adjazenzmatrizen, Schlussel ist die folgende Einsicht:Ist ex der zu x ∈ Ω gehorige Standardeinheitsvektor von KΩ ≡ Kn×1, so istAiex die Summe der ey mit y ∈ Ω, ∂(x, y) = i. Dies kann fur beide Beweis-richtungen herangezogen werden. Die Einzelheiten lassen wir als Ubung.Man beachte Bemerkung 4.1. Insbesondere wird klar, dass

(AAi)(x, y) = |z ∈ Ω|∂(x, z) = 1, ∂(y, z) = i|

und somit solche z ∈ Ω nur dann existieren, wenn ∂(x, y) = i − 1, i, i + 1ist und somit die Anzahlen bi−1, ai, ci+1 sind. q. e. d.

Folgerung 4.41. Fur einen abstandsregularen Graphen kann man die Ab-standsmatrizen aus der Adjazenzmatrix rekursiv gewinnen, insbesondere istAi durch ein Polynom vom Grad i in A darstellbar.

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124 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Folgerung 4.42. Ein abstandsregularer Graph vom Durchmesser d defi-niert ein eindeutiges symmetrisches Assoziationsschema der Klasse d, so-dass fur jedes 0 ≤ i ≤ d die i-Abstandsmatrix Ai des Graphen gleichder i-ten Adjazenzmatrix des Assoziationsschemas ist. Insbesondere ist dieMatrix a aus Bemerkung 4.39 das Bild der regularen Darstellung der Ad-jazenzalgebra KΓ bezuglich ihrer Basis (A0, A1, . . . , Ad).

Um die Effizienz dieser Einsicht zu sehen, kommen wir wieder auf dasHamming-Schema und das Johnson-Schema zuruck.

Beispiel 4.43. (Fortsetzung Beispiel 4.37) Der Graph zu Γ1 des Hamming-Schema H(q,m). Die Parameter sind

a :=

0 m(q − 1)1 (q − 2) (m− 1)(q − 1)

2 2(q − 2) (m− 2)(q − 1)

3 3(q − 2) . . .

4 . . .. . .

. . . (q − 1)m m(q − 2)

Z. B. fur m := 3 erhalt man sehr leicht

A2 =

0 0 3 (q − 1)2 0

0 2 q − 2 2 (q − 2) (q − 1) (q − 1)2

1 2 q − 4 q2 − 2 q + 2 2 (q − 2) (q − 1)

0 3 −12 + 6 q 3 (q − 2)2

,

A3 :=

0 0 0 (q − 1)3

0 0 (q − 1)2 (q − 2) (q − 1)2

0 q − 1 2 (q − 2) (q − 1) (q − 2)2 (q − 1)

1 3 q − 6 3 (q − 2)2 (q − 2)3

Man beachte die kombinatorische Kraft, die in derKombination von Satz4.40 und der Matrixmultiplikation liegt.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 125

Wir kommen zum Johnson-Schema.

Beispiel 4.44. (Fortsetzung Beispiel 4.36)Fur k = 3, also Pot3(v) bekommen wir folgende erste Schnittmatrix:

a :=

0 3 v − 9 0 0

1 v − 2 2 v − 8 0

0 4 2 v − 8 v − 5

0 0 9 3 v − 18

Diese Matrix ist also gultig fur alle v ≥ 6. Den Beweis lassen wir alsUbung. Da die Eintrage alle linear in v sind, was naturlich fur die ρ(Ai)fur i > 1 nicht mehr der Fall sein wird, sind wir guter Hoffnung, dass maneine Antwort vielleicht fur alle k bekommen kann. Wir begnugen uns hiermit k := 4, also Pot4(v):

a :=

0 4 v − 16 0 0 0

1 v − 2 3 v − 15 0 0

0 4 2 v − 8 2 v − 12 0

0 0 9 3 v − 18 v − 7

0 0 0 16 4 v − 32

Wir lassen es wieder als Ubung, diese Formel fur v ≥ 8 zu verifizieren.Vielleicht greifen wir uns ein Beispiel heraus: a22 (Beachte, die Numme-rierung fangt bei Null an!). Sagen wir, unsere Ausgangsmenge, von der auswir Abstande messen ist 4. Dann sagt uns a22 = 2v − 8, wieviele MengenX in Pot4(v) existieren mit ∂(4, X) = 2 und ∂(1, 2, 5, 6, X) = 1, oderetwas konkreter

|X − 4| = 2, |X − (1, 2, 5, 6| = 1.

Statt 1, 2, 5, 6 hatten wir auch irgendeine andere Menge aus Pot4(v) neh-men konnen, die genau 2 Elemente mit 4 gemeinsam hat. Aber wir bleiben

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126 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

bei unserer Wahl und arbeiten mit charakteristischen Funktionen:

4 111100000 . . .1, 2, 5, 6 110011000 . . .

X 01xx11xxx . . .X 10xx11xxx . . .X 11xx01xxx . . .X 11xx10xxx . . .

entsprechend den 4 Moglichkeiten aus 1, 2, 5, 6 einen Punkt wegzulassen.Das liefert Beitrage 2, 2, v − 5, v − 5 in jedem der Falle, also in Summe2v − 8.

Ubung: Bestimme die Parameter fur alle Johnson-Schemata J(v, k) mitk ≤ v/2.

Als weiteres Beispiel wollen wir Beispiel 2.11 2 aufgreifen, wo es um dieAnzahl der Paare von Matrizen (A,B) mit gegebenen Rangen fur A,B,A+B ∈ F3×3

q ging. Wir werden sehen, wie sich die abstandsregularen Graphensich auf dieses Problem anwenden lassen, jedoch ohne es vollstandig zulosen.

Beispiel 4.45. Sei q eine Potenz einer Primzahl und Ω := Fv×wq . Wirdefinieren einen Graphen auf Ω durch

X, Y ) ∈ Pot2(Ω)|Rang(X − Y ) = 1.

Wir wollen uns uberlegen, dass dieser Graph abstandsregular ist und daszugehorige symmetrische Assoziationsschema betrachten. Zunachst ist sehrklar, dass Fv×wq o(GL(v, q)×GL(w, q)) auf unseremGraph durch Automor-phismen operiert (was ist der Kern der Operation?). Der Stabilisator derNullmatrix ist jedenfalls GL(v, q)×GL(w, q), sodass wir ein symmetrischesAssoziationsschema der Klasse min(v, w) gemaß der moglichen Range derMatrizen erwarten konnen. Dieses ist offensichtlich gegeben durch

Γi := (X, Y ) ∈ Ω2|Rang(X − Y ) = i

fur i = 0, . . . ,min(v, w). Es ist nun eine leichte Aufgabe aus der linearenAlgebra, sich davon zu uberzeugen, dass unser obiger Graph auf Ω mit

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 127

qvw Punkten abstandsregular ist und die Γi die Abstandsmengen sind. DieSchnittmatrix a auszurechnen, ist allerdings ein nicht ganz so einfachesProblem. Aber man jetzt schon sehen kann (Ubung!), dass der Abzahlringzu (Fv×wq ,GL(v, q) × GL(w, q)) zu unserer Adjazenzalgebra hier isomorphist. Fur das Beispiel v = w = 3 gebe ich zunachst ohne Beweis die ersteSchnittmatrix an:

a :=

0(q2 + q + 1

)2(q − 1) 0 0

1 2 q3 − q − 2 q2 (q − 1) (q + 1)2 0

0 q (q + 1) (q + 1)(2 q3 − q2 − q − 1

)q4 (q − 1)

0 0 q2(q2 + q + 1

) (q2 + q + 1

) (q3 − q2 − 1

)

Die Eigenwerte dieser Matrix sind

−q2 − q − 1, q3 − q2 − q − 1, q4 + q3 − q2 − q − 1,(q2 + q + 1

)2(q − 1)

Mit Eigenwerten hat auch unser vorlaufig letztes Beispiel zu tun, der Iko-saedergraph.

Beispiel 4.46. Wir wollen ausgehend vom Graph der Kanten eines re-gelmaßigen Ikosaeders explizite Koordinaten fur die 12 Ecken des Ikosa-eders bestimmen. Ich denke allen ist klar, dass die Operation der alter-nierenden Gruppe A5 auf den Ecken ahnlich zu der Operation auf A5/C5

ist und dass das Phanomen der gegenuberliegenden Ecken mit dem Nor-malisator der C5 in der A5, also der Zwischengruppe D10 zu tun hat. Wirnehmen uns ein Ikosaedermodell her und kommen zu dem Schluss: Wennder Graph abstandsregular ist, kann er nur die folgende erste Schnittmatrixhaben:

a :=

0 5 0 0

1 2 2 0

0 2 2 1

0 0 5 0

Jetzt ist es offensichtlich, dass ein abstandsregularer Graph vorliegt. DieEigenwerte sind

5,−1,±√

5.

Naturlich sind die Vielfachheiten in a alle gleich 1, aber in der Adjazenz-matrix A1 sind sie 1, 5, 3, 3. Die explizite Matrix der Projektion auf einen

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128 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Eigenraum, die ja offenbar eine Linearkombination der Ai ist, ist positiv se-midefinit und stellt gleichzeitig eine Gram-Matrix dar, und zwar der Bilderder 12 Punkte. Wahlt man einen geeigneten der beiden 3-dimensionalen Ei-genraume, bekommt man hieraus die Winkel der Geraden durch Nullpunktund Eckpunkt.

Die Eigenwertanalyse wollen wir in einem gesonderten Abschnitt gleich all-gemeiner fur kommutative halbeinfache Algebren durchfuhren. Den vorlie-genden Abschnitt beenden wir mit einer Bemerkung uber den Zusammen-hang des Abstandes in Graphen mit symmetrischen Assoziationsschemata.Hierdurch wird klar werden, inwieweit der Fall der abstandsregularen Gra-phen ausgezeichnet ist.

Bemerkung 4.47. Sei Γ ein symmetrisches Assoziationsschema auf Ωder Klasse d, sodass Γ1 ein zusammenhangender Graph auf Ω ist. Die i-teAbstandsmatrix zu Γ1 sei mit Bi bezeichnet. Dann gibt es eine eindeutigePartition β von d, sodass fur die i-te Klasse βi gilt:

Bi =∑j∈βi

Aj.

Man beachte, β1 = 1. Fur die Schnittzahlen pk1j von Γ bezuglich Γ1 aufGrund offensichtlicher Langenbetrachtungen:

pk1j = 0, sobald j ∈ βs und k ∈ βt mit |s− t| > 2.

In der Situation dieser Bemerkung ist Γ genau dann ein abstandsregularerGraph, falls die Bi zusammen mit der Einheitsmatrix eine Basis der vonihnen erzeugten Algebra bilden. Meistens wird dies aber nicht der Fall sein.Hier ist ein Beispiel.

Beispiel 4.48. Sei Ω := S4 und H := S4 × StabS4(1) operiere auf Ω durch

H × Ω→ Ω : ((g, h), x) 7→ gxh−1.

Die Operation ist transitiv mit kommutativem Schur-Ring. Der Stabilisa-tor der 1 ∈ Ω ist

(h, h)|h ∈ StabS4(1) ∼= S3

und die Bahnen dieses Stabilisators auf Ω sind gerade die StabS4(1)-Konju-

giertenklassen in S4, sodass wir ein symmetrisches Assoziationsschema der

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 129

Klasse 6 bekommen, weil zwei der 5 Konjugiertenklassen der S4 in jeweilszwei Klassen aufspalten. Wir definieren Γ1 als die Bahn von ((), (1, 4))unter H. Die ubrigen Γi sind ebenfalls Bahnen unter H mit folgendenVertretern ((), gi):

Γ1 Γ2 Γ3 Γ4 Γ5 Γ6

gi (14) (1, 2, 3) (1, 4, 3, 2) (2, 3) (2, 3, 4) (1, 2)(3, 4)

ki 3 6 6 3 2 3

Vergleicht man nun mit den Abstandsklassen bezuglich Γ1 ergibt sich fol-gende (geordnete) Partition auf 6:

β = (1, 2, 3, 4, 5, 6).

In der Tat ist die erste Schnittmatrix (pk1,j)0≤k.i≤6 gegeben durch

0 3 0 0 0 0 0

1 0 2 0 0 0 0

0 1 0 1 1 0 0

0 0 1 0 0 1 10 0 2 0 0 0 1

0 0 0 3 0 0 00 0 0 2 1 0 0

,

bei der man, durch die Trennlinien angedeutet, die in Bemerkung 4.47beschreibene Blockstruktur der Matrix erkennt. Hier ist nochmals ein Dia-gramm entsprechend

•u

3

0

Γ1(u)

6

0

Γ2(u)

6

0

Γ3(u)

3

0

Γ4(u)

2

0

Γ5(u)

3

0

Γ6(u)

1 12

1

1

2

1

3

1

2

1

1

1

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130 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Wir lassen es als eine lehrreiche Ubungsaufgabe zu sehen, was bezuglichder anderen Γi passiert. Meistens wird die Voraussetzung der letzten Be-merkung uber den Zusammenhang nicht erfullt sein.

Ubung: Zeige insbesondere, dass die Partition β von 0, 1, . . . , 6 bezuglichΓ3 gegeben ist durch (0, 3, 2, 5, 6, 1, 4).

Ubung: Wie kann man die Zusammenhangskomponenten von Γi an (In +Ai)

s fur hinreichend großes s ablesen?

2.3 Kommutative Assoziationsschemata und ihre Modultheorie

Wir kommen jetzt auf die kommutativen Assoziationsschemata zu spre-chen, die etwas allgemeiner sind als die symmetrischen.

Satz 4.49. Sei Γ ein kommutatives Assoziationsschema auf der endlichenMenge Ω. Dann ist die Adjazenzalgebra CΓ halbeinfach und kommutativ,also isomorph zur ringdirekten Summe ⊕di=0C von |Γ| = d+ 1 Kopien vonC.

Beweis. Die Adjazenzmatrixzen sind normal, denn jedes Ai vertauscht mitihrer komplex adjungierten Matrix Ai

tr= Ai′. Also ist jedes einzelne Ai

diagonalisierbar. Da sie miteinander kommutieren, sind sie auch simultandiagonalisierbar, sogar durch Konjugation mit einer unitaren Matrix. q. e.d.

Es ist eine Sache zu wissen, dass eine halbeinfache, kommutative Algebravorliegt, und eine andere Sache, ihre primitiven Idempotente zu finden, diein die einzelnen Komponenten projizieren. Es genugt die Eigenraume furdie regulare Darstellung auszurechnen.

Folgerung 4.50. Seien ai := ρA(Ai) = (pkij)0≤k,j die Schnittmatrizen.1.) Die Algebrenepimorphismen λi : CΓ → C sind bestimmt durch dasEigenwertproblem

det(xId+1 −d∑i=0

riai) =d∏j=0

(x−d∑i=0

riλj(Ai)).

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 131

2.) Die simultanen Eigenraume der aj sind samtlich eindimensional. Ist(u0, . . . , ud)

tr eine simultane Eigenspalte der aj zu den Eigenwerten λi(Aj)normiert durch die Bedingung

d∑j=0

Sp(aj)uj = 1,

so sind

Ei :=d∑j=0

ujAj

fur i = 0, . . . , d die primitiven Idempotente von CΓ. (Dabei ist es sinnvoll,λ0 als den trivialen Epimorphimus definiert durch λ0(Ai) = ki zu wahlen.)3.) Die Dimension des simultanen λj-Eigenraumes von CΓ auf Cn×1 ≡CΩ (besser λj-homogene Komponente des naturlichen Moduls), ist gegebendurch

Sp(Ej) = nu0

Beweis. Grundsatzlich ist klar, dass der regulare CΓ-Modul CΓCΓ in ei-ne direkte Summe einfacher (eindimensionaler, nicht isomorpher) Modulnzerfallt. Dabei ist jeder dieser Teilmoduln von einem primitiven Idempo-tent Ei erzeugt. Zu diesem primitiven Idempotent Ei gehort eine Algebren-epimorphismus λi : CΓ → C mit λi(Ei) = 1 (sogar λi(Ej) = δij). Wegenλi(AEi) = λi(A) fur alle A ∈ CΓ, ergibt sich die Ei als simultaner Eigenvek-tor der A =

∑j rjAj ∈ CΓ zum Eigenwert λi(A). Die Rechnung fuhren wir

mit den Matrizen in der (d+1)-dimensionalen regularen MatrixdartstellungρA(A) =

∑j rjaj durch, die uns sowohl den Eigenwert, also

∑j rjλi(aj) als

auch die zugehorige Eigenspalte (u0, . . . , ud)tr liefert, letztere allerdings nur

bis auf Vielfache. Dieses bestimmt sich dann eindeutig aus der BedingungSp(ρA(Ei)) = 1, also

∑dj=0 Sp(aj)uj = 1. Schließlich haben wir noch den

naturlichen CΓ-Modul CΩ. Die Dimension von EiCΩ bekommen wir dannaus der Formel fur die Ei unter Berucksichtigung der Tatsache, dass dienaturlichen Spuren der Aj gleich n = |Ω| fur j = 0 und 0 sonst sind. q. e. d.

An dieser Stelle sollten wir Bemerkung 4.14 auf unsere allgemeinere Si-tutation ubertragen und etwas breiter ausformulieren, denn die normiertensimultanen Eigenspalten der ai bestehen auch wieder aus Eigenwerten, so-dass die Matrix der Basistransformation von den Ai zu den Ei auch wieder

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132 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

den erste Eigenmatrix, oder auch besser Charaktertafel des Assoziations-schemas genannt wird.

Folgerung 4.51. 1.) A := (A0 := In, A1, . . . , Ad) und E := (E0 :=1nJn, A1, . . . , Ad) sind beides Basen der Adjazenzalgebra CΓ. Die Koeffizi-enten der Basistransformationen seien gegeben durch

Ai =d∑j=0

pi(j)Ej

Ei =1

n

d∑j=0

qi(j)Aj,

sodass mit

P := 0, 1, . . . , d2 → C : (i, j) 7→ pj(i) (Spaltenindex: j, Zeilenindex: i)

giltP = EIdA

und mitQ := 0, 1, . . . , d2 → C : (i, j) 7→ qj(i),

giltQ = n · AIdE .

Insbesondere istQP = PQ = nId+1.

2.) In der j-ten Spalte von P , also P−,j = (pj(0), . . . , pj(d))tr stehen dieEigenwerte von Aj, mit anderen Worten

(pj(0), . . . , pj(d)) = (λ0(Aj), . . . , λd(Aj)).

Die i-te Zeile von P , also Pi,− = (p0(i), . . . , pd(i)) entspricht dem Epimor-phismus λi, mit anderen Worten

(p0(i), . . . , pd(i)) = (λi(A0), . . . , λi(Ad)).

Dies rechtfertigt den Namen erste Eigenmatrix oder Charaktertafelfur P .3.) Die ausreduzierte regulare Darstellung der Adjazenzalgebra CΓ ist ge-geben durch

CΓ → C(d+1)×(d+1) : Ai 7→ diag(P−,i).

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 133

Insbesondere ist die gesamte Information uber die d Schnittmatrizen in dereinen Matrix P kodiert: Man kann die Spalten von P komponentenweisemultiplizieren und durch Linksmultiplikation mit 1

nQ wieder zerlegen.

Beweis. Alles folgt unmittelbar aus dem obigen. Man beachte noch zusatz-lich λi(Ej) = δij. q. e. d.

Als erstes betrachten wir ein Beispiel, wo wirklich nicht-symmetrische Ad-jazenzmatrizen auftreten, d. h. wo wir es mit gerichteten Graphen zu tunhaben.

Beispiel 4.52. In Beispiel 4.12 3.) hatten wir stark regulare Graphen,also abstandsregulare Graphen der Klasse d = 2 aus Gruppen konstruiert.Bei den Graphen vom Paley-Typ aus Cq o C(q−1)/2 war q ≡ 1 mod 4vorausgesetzt, weil der Fall q ≡ 3 mod 4 ein nicht-selbstgepaartes Orbitalliefert. Hier bekommen wir also eine unendliche Serie solcher Beispiele.Schauen wir uns den kleinsten interessanten Fall an, namlich q = 7. (DenFall q = 3 lassen wir als leichte, doch zugleich lehrreiche Ubung.) UnsereGruppe konnen wir wahlen als H := 〈(1, 2, 3, 4, 5, 6, 7), (2, 3, 5)(4, 7, 6)〉. DieBahn von (1, 2) liefert das Orbital mit der Adjazenzmatrix

A1 :=

0 1 1 0 1 0 0

0 0 1 1 0 1 0

0 0 0 1 1 0 1

1 0 0 0 1 1 0

0 1 0 0 0 1 1

1 0 1 0 0 0 1

1 1 0 1 0 0 0

Dann ist A2 := Atr

1 und eine leichte Rechnung zeigt

a1 =

0 0 3

1 1 1

0 2 1

, a2 =

0 3 0

0 1 2

1 1 1

,wobei A1 bereits die Adjazenzalgebra erzeugt, sodass die Bestimmung dereinfachen Teilmoduln des regularen Moduls allein auf eine Rechnung mit

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134 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

a1 gestutzt werden kann. a1 hat charakteristisches Polynom

(x− 3)(x− (θ + θ2 + θ4))(x− (θ3 + θ5 + θ6)),

wo θ eine primitive 7-te Einheitswurzel ist. Die normierte Eigenspalte zumEigenwert λ1(A1) = θ + θ2 + θ4 ist

1

7(3, θ3 + θ5 + θ6, θ + θ2 + θ4)tr

so dass der zugehorige Eigenraum 3-dimensional ist und wir das Idempo-tent explizit hinschreiben konnen:

E1 =1

7(3I7 + (θ3 + θ5 + θ6)A1 + (θ + θ2 + θ4)A2).

Man beachte: θ + θ2 + θ4 = −1+√−7

2 , wenn wir θ := exp 2πi7 und

√−7 mit

positivem Imaginarteil wahlen. Die Matrizen P und Q sind jetzt leicht zubestimmen:

P :=

1 3 3

1 −1+√−7

2−1−

√−7

2

1 −1−√−7

2−1+

√−7

2

, Q :=

1 3 3

1 −1−√−7

2−1+

√−7

2

1 −1+√−7

2−1−

√−7

2

Aus diesen lasst sich wieder leicht a1 und a2 ruckgewinnen,wie oben be-schrieben.

Ubung: Fuhre die Rechnung des letzten Beispiels fur Cq o C(q−1)/2 durch,wo q ≡ 1 mod 4 eine Primzahl ist. Gibt es alternative Wege?

Ubung: Sei Γ ein kommutatives Assoziationsschema mit einem Γi 6= Γtri .Zeige, dass dann mindestens ein Eigenwert von Ai nicht reell ist. (Hinweis:Betrachte Ai ± Atr

i .)

Ubung: Man stelle die Charaktertafel fur den Ikosaedergraphen bzw. furdas zugehorige Assoziationsschema auf.

Das Paley-Beispiel wird leichter verstandlich aus der Sicht der Charak-tere endlicher abelscher Gruppen, auf die wir spater noch aus anderen

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 135

Grunden kurz eingehen werden. Eine weitere Anwendung dieser Art vonPaley-Matrizen sind die Hadamard-Matrizen, auf die wir nicht mehreingehen konnen.

Dieses komponentenweise Multiplizieren hatten wir schon fruher bei denstark regularen Graphen angesprochen, um die Krein-Bedingungen herzu-leiten. Dort hatten wir festgestellt, dass die Adjazenzalgebra abgeschlossenwar unter dem Hadamard-Produkt, vgl. Bemerkung 4.17. Alles, was dortgesagt wurde, ubertragt sich auf Adjazenzalgebren kommutativer Assozia-tionsschemata.

Bemerkung 4.53. Die Adjazenzalgebra QΓ eines kommutativen Assoziati-onsschema Γ erlaubt eine -Produktstruktur induziert von QΩ×Ω. Alle Aus-sagen von Bemerkung 4.17 bis Satz 4.22 aus dem Zusammenhang starkregularer Graphen lassen sich in offensichtlicher Weise auf die gegenwarti-ge Situation kommutativer Assoziationsschemata anpassen. TabellarischeKurzfassung:

Matrixmultiplikation Hadamard-Multiplikation

EiEj = δijEi Ai Aj = δijAi

AiAj =∑

k pkijAk Ei Ej =

∑k q

kijEk

Schnittzahlen pkij ∈ Z≥0 Krein-Zahlen qkij ≥ 0

Ak =∑

i pk(i)Ei Ei = 1n

∑k qi(k)Ak

AkEi = pk(i)Ei Ei Ak = 1nqi(k)Ak

Valenzen ki = pi(0) Grade mi = qi(0)

∆V := diag(ki) ∆G := diag(mi)

(Spalten-)Charaktertafel :P := (pj(i))0≤i,j≤d Q = nP−1

∆VP = Qtr∆G.

Ubung: Fuhre das Programm dieser Bemerkung explizit durch unter Beruck-sichtigung folgender Maßgaben: Q[A] ist zu ersetzen durch QΓ ⊆ QΩ×Ω ≡Q|Ω|×|Ω|, R[A] durch CΓ, positiv semidefinite reelle Matrizen durch positivsemidefinite Hermitesche Matrizen.

Ein Beispiel ist noch wichtig, insbesondere fur diejenigen, die mit der Dar-stellungstheorie endlicher Gruppen in Kontakt gekommen sind.

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136 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Beispiel 4.54. Sei H eine endliche Gruppe mit Konjugiertenklassen C0 :=1, C1, . . . , Cd. Wir setzten Ω := H und definieren die Partition Γ von Ω2

durch

Γi := (x, y) ∈ Ω2|xy−1 ∈ Ci

Offenbar ist Γ ein Assoziationsschema auf Ω. Z. B. uberlegt man sich leicht,dass es vom Schur-Typ ist, wenn man die Operation der Gruppe H ×Hauf Ω = H zugrundelegt:

(H ×H)× Ω→ Ω : ((g, h), x) 7→ gxh−1.

Die Adjazenzalgebra CΓ ist isomorph zum Zentrum des Gruppenringes CH:

Ai 7→ Ci :=∑h∈Ci

h ∈ Z(CH)

definiert einen C-Algebrenisomorphismus.Beweis. Die Schnittzahlen von CΓ bezeichnen wir mit pkij und die Klas-senmutiplikationskoeffizienten von Z(CH) mit akij. Sei (x, y) ∈ Γk . Danngilt:

pkij = |z ∈ H|(x, z) ∈ Γi, (z, y) ∈ Γj|= |z ∈ H|xz−1 ∈ Ci, zy−1 ∈ Cj|= |(a, b) ∈ H ×H|a ∈ Ci, b ∈ Cj, ab = xy−1|= akij.

q. e. d.Insbesondere haben wir die Kommutativitat des Assoziationsschemas hier-mit nachgewiesen. Wir konnen also die regulare Darstellung bezuglich derStandardbasis A beispielsweise mit GAP leicht berechnen, falls man dieCharaktertafel der Gruppe hat. Diese liefert aber noch mehr, namlich dieMatrix Q, wenn man namlich die bekannte Formel fur die zentral primiti-ven Idempotente einer komplexen Gruppenalgebra benutzt:

Ei =χi(1)

|H|

d∑i=0

χi(g−1j )Cj,

wobei gj ∈ Cj ein Vertreter ist und χ ein komplexer irreduzibler Charaktervon H. Mit anderen Worten, die Matrix Q ist einfach das Transponierte

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 137

der gewohnlichen Charaktertafel, multipliziert mit der Diagonalmatrix derGrade der Charaktere:

Q = (χj(g−1i )χj(1))0≤i,j≤d,

wobei χ0(g) = 1 fur alle g ∈ H. Etwa im Falle H := S4 bekommt man

Q =

1 1 4 9 9

1 1 4 −3 −3

1 1 −2 0 0

1 −1 0 3 −3

1 −1 0 −3 3

und P =

1 3 8 6 6

1 3 8 −6 −6

1 3 −4 0 0

1 −1 0 2 −2

1 −1 0 −2 2

.

Der eigentliche Grund fur die Wichtigkeit der Abgeschlossenheit der Ad-jazenzalgebra unter dem Hadamard-Produkt liegt im folgenden Lemma,welches fur CΩ statt CΓ formuliert ist. Man kann das Hadamard-Produktauch bei Teilmoduln von CΩ bilden. Dort hat es etwas mit Partitionen zutun.

Lemma 4.55. Sei π eine Partition von Ω. Die Partitionsalgebra Kπ

wird erzeugt als Vektorraum von den charakteristischen Funktionen derKlassen von π. Es gilt:1.) Kπ ist abgeschlossen unter dem Hadamard-Produkt auf KΩ undenthalt die konstanten Funktionen.2.) Ist X eine -Teilagebra von KΩ, die die konstante Funktion enthalt,dann gibt es eine eindeutige Partition π von Ω mit X = Kπ.

Beweis. 1.) Klar. 2.) Die Tragermengen der primitiven -Idempotente bil-den die gewunschte Partition. q. e. d.

Wir wollen untersuchen, welche Partitionen von Ω zu unserem Assoziati-onsschema Γ passen. Hier eine erste Defintion.

Definition 4.56. Die Partition π von Ω heißt vertraglich mit Γ, falls Kπ

ein KΓ-Teilmodul von KΩ ist, d. h. zu jedem Ai existiert ein (eindeutiges)Bi ∈ K |π|×|π| mit

AiM(π) = M(π)Bi,

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138 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

wobei die Spalten von M(π) ∈ K |Ω|×|π| die charakterischen Funktionen derKlassen von π sind.

Diese Definition sagt noch nicht, dass man die Bi so manipulieren kann,dass man auf der Menge der Klassen wieder ein Assoziationsschema be-kommt. Zunachst eine grundlegende Bemerkung.

Bemerkung 4.57. In der Situation von Definition 4.56 gilt:1.) KΓ → K |π|×|π| : Ai 7→ Bi ist ein K-Algebrenhomomorphismus, alsoeine Darstellung von KΓ.2.) Die i-te Spalte von M(π) sei die charakteristische Spalte der Klasseπi von π. Dann sind die Eintrage von Bk wie folgt zu interpretieren: Vonjedem s ∈ πi gehen genau (Bk)ij Kanten des Graphen Γk in Punkte vonπj. Die Matrix Bk wird auch mit Ak/π bezeichnet und als Adjazenzmatrixeines gerichteten Graphen mit mehrfachen Kanten gedeutet.

Beweis. 1.) Klar, da Kπ ein KΓ-Teilmodul von KΩ.2.) Es ist hilfreich folgende Notation zu haben:

Γk(j) := i ∈ Ω|(i, j) ∈ Γk,

denn sie entspricht genau der Spalte Akej = (Ak)−,j, wobei ej fur j ∈ Ωder j-ten Standardbasisvektor von K |Ω|×1 ≡ KΩ ist. Wir schauen uns diej-te Spalte von AkM(π) an:∑

r∈πj

Aker =∑s∈Ω

vses ∈ Kπ.

Offenbar ist v konstant auf jedem πi. Weiter gilt fur jedes s ∈ Ω, alsoinsbesondere fur jedes s ∈ πi:

vs = |(s, r)|r ∈ πj, (s, r) ∈ Γk| = |r|r ∈ πj, (s, r) ∈ Γk|.

Diese gemeinsame Anzahl ist (Bk)ij, falls s ∈ πi. q. e. d.

Ubung: Zeige die Umkehrung von Bemerkung 4.57 2.):Ist π eine Partition von Ω, sodass fur je zwei Klassen πi und πj von π,und jedes k ∈ d die Anzahl der Γk-Kanten von einem s ∈ πi nach πj un-abhangig von der Wahl von s ∈ πi ist, so ist π mit dem Assoziationsschema

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 139

Γ vertraglich. Zeige weiter: |πi|(Bk)ij = |πj|(Bk′)ji.

Ubung: Sei G ≤ SΩ eine Gruppe von Automorphismen des Assoziations-schemas Γ. Zeige, dass die Bahnen von G auf Ω eine mit Γ vertraglichePartition bilden. Diskutiere einige Beispiele beim Petersen-Graph.

Diese Ubung zeigt unter anderem, dass auf die Aquivalenzklassen einerzulassigen Partition wieder eine halfeinfache kommutative Algebra ope-riert, die im allgemeinen jedoch nicht zu einem Assoziationsschema gehort.Im Hinblick auf unser Ziel, das gewisse epimorphe Bilder von Adjazenzalge-bren eines Assoziationsschemas wieder Adjazenzalgebra eines Assoziations-schemas ist, mussen wir noch zyklische Teilmoduln des naturlichen Modulsbetrachten. Um unsere Notation nicht zu kompliziert zu machen, identi-fizieren wir eine Funktion f ∈ KΩ mit der formalen Summe

∑x∈Ω f(x)x

und dieses wiedrum mit der Spalte (f(x1), . . . , f(x|Ω|))tr, sodass KΩ auf

drei Arten interpretiert werden kann, die aber inhaltlich identisch sind.

Lemma 4.58. Sei C ⊆ Ω eine nicht leere Teilmenge (etwa die Klasseeiner Aquivalenzrelation).1.) Die charakteristische Funktion C :=

∑x∈C x ∈ KΩ erzeugt einen KΓ-

Teilmodul D(C) des naturlichen Moduls KΩ. Dieser definiert eine PartitionπC auf Ω:

a, b gehoren zu derselben Klasse von πC ⇔ f(a) = f(b) fur alle f ∈ D(C).

2.) dim(D(C)) ≤ |πC |. Genau dann gilt Gleichheit, wenn D(C) abgeschlos-sen ist unter dem Hadamard-Produkt. In diesem Fall nennen wir C ein-fach (bezuglich Γ).

Beweis. 1.) Klar. 2.) Wir haben D(C) ≤ KπC und KπC ist abgeschlossenunter dem Hadamard-Produkt. Ist also D(C) abgeschlossen unter demHadamard-Produkt, so gilt offenbar Gleichheit, wie die Vandermonde-Determinante zeigt. Die Umkehrung ist offensichtlich. q. e. d.

Satz 4.59. Ist C ⊆ Ω einfach bezuglich Γ, so ist πC mit Γ vertraglich.

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140 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Beweis. Da nach Voraussetzung D(C) = KπC , ist KπC ein KΓ-Teilmodulvon KΩ, also ist πC vertraglich mit Γ. q. e. d.

Jetzt brauchen wir noch eine entscheidende zweite Begriffbildung, mit de-ren Hilfe wir dann zum Resultat kommen.

Definition 4.60. Zwei Teilmengen C,C ′ von Ω heißen isometrisch bezuglichKΓ, falls ein KΓ-Modulisomorphismus D(C)→ D(C ′) existiert, der durcheine Zeilenpermutation induziert ist.

Ubung: Die Distributionsmatrix D(C) einer Teilmenge C ⊆ Ω ist durch

die Matrix mit den Spalten AiC gegeben. Zeige: Zwei C,C ′ von Ω sindgenau dann isometrisch, wenn D(C) und D(C ′) durch Zeilenpermutationauseinander hervorgehen. (Hinweis: Die Menge der linearen Abhangigkei-ten der Spalten von D(C) und D(C ′) sind gleich, also haben wir einenIsomorphismus der Spaltenraume D(C) und D(C ′) als KΓ-Moduln, dennbeide Moduln sind epimorphe Bilder des regularen Moduls, mit demselbenKern, der eben durch die linearen Abhangigkeiten bestimmt ist.) Ubrigensist hier weder die Voraussetzung, dass die Algebra der Matrizen von derForm KΓ ist wesentlich, noch die Wahl der Basis der Algebra.

Ubung: Einelementige Teilmengen von Ω sind immer isometrisch. (Der Be-weis ist einfach, das Resultat wird spater benutzt.)

Ubung: Seien C,C ′ isometrische Teilmengen von Ω. Zeige:1.) |C| = |C ′|.2.) Die Klassen von πC stehen mit denen von πC ′ in einer Bijektion, die dieAnzahl der Elemente respektiert.3.) Ist C einfach, so auch C ′.

Wir kommen nun zu dem Satz, den wir zur Erkennung von Assoziations-algebren unter epimorphen Bildern gegebener Assoziationsalgebren einset-zen wollen. Man beachte, die Voraussetzungen und Aussage 1.) spielen sich

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 141

ganz in CΓ ab.

Satz 4.61. Sei π eine mit Γ vertragliche Partition von Ω, deren Klassensamtlich isometrisch bezuglich CΓ sind. Dann sind aquivalent:1.) Alle Klassen von π sind einfach.2.) CΓ/π := 〈B0 := A0/π, . . . Bd := Ad/π〉 ist Hadamard-abgeschlossen.3.) CΓ/π ist die Adjazenzalgebra eines Assoziationsschemas auf π (oder|π|).

Beweis. Zunachst einige allgemeine Bemerkungen und Notationen:

AiM(π) = M(π)Bi,

insbesondere ist Bi ∈ C|π|×|π| wohldefiniert, da π mit Γ vertraglich ist.Da alle Klassen untereinander isometrisch sind, haben sie alle gleichvieleElemente, sagen wir c. Insbesondere ist dann

M(π)tr ·M(π) = cI|π|.

und

Bi =1

cM(π)trAiM(π).

Wir haben den CΓ-Modul C|π|×1 auf dem Ai durch Linksmultiplikationmit Bi operiert. Dieser ist isomorph zu dem Teilmodul Cπ von CΩ, wobeider Klasse C von π einerseits eine Spalte C von M(π) entspricht undandererseits dem “C-ten” Standardbasisvektor eC von C|π|×1. Mit anderenWorten:

1

cM(π)tr : CΩ → C|π|×1 : x 7→ 1

cM(π)trx

beschreibt einen CΓ-Modulepimorphismus, der sich zu einem CΓ-Modul-isomorphismus von Cπ auf C|π|×1 und somit auch von D(C) = CΓC aufδ(C) := (CΓ/π)xC einschrankt. Insbesondere ist D(C) ⊆ CΩ genau dannHadamard-abgeschlossen, wenn δ(C) := (CΓ/π)xC ⊆ C|π|×1 Hadamard-abgeschlossen ist.“3.)⇒ 2.)” ist klar.“2.) ⇒ 3.)” Da die Adjazenzalgebren von Assoziationsschemata dadurchgekennzeichnet sind, dass sie -abgeschlossen sind und die Matrix J enthal-ten, bleibt nur noch zu zeigen, dass J|π| ∈ CΓ/π. Dies ist aber klar wegenJ|π| =

1cnM(π)trJnM(π).

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142 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

“3.) ⇒ 1.)” CΓ/π ist insbesondere abgeschlossen unter . Dies trifft dannebenfalls fur δ(C) zu fur jede Klasse C von π zu, denn δ(C) hat als C-Erzeugendensystem die C-ten Spalten derBi. Insbesondere ist die konstant-1-Spalte in δ(C), also auch inD(C). Ebenso ist nach unserer VorbemerkungD(C) -abgeschlossen. Damit ist dann nach Lemma 4.58 C einfach. (Manbeachte, π verfeinert πC .)“1.) ⇒ 2.)” Jede Klasse C von π sei einfach. Das Hauptziel ist zu zeigen,dass CΓ/π Hadamard-abgeschlossen ist. Dazu brauchen wir einen vorbe-reitenden Schritt:1. Behauptung: Dim(CΓ/π) = Dim(D(C)) fur jede Klasse C von π.Beweis. Sei C eine Klasse von π. Ihr entspricht eine Spalte C von M(π). Dadie Klassen von π alle isometrisch sind, sind die von den Spalten erzeug-ten CΓ-Moduln paarweise isomorph, haben also denselben Annihilator inCΓ und dieser ist wiederum gleich dem Annihilator von M(π), also samtli-cher Spalten. Aber CΓ/π ist isomorph zu der Restklassenalgebra nach demAnnihilator und D(C) kann als regularer Modul dieser Restklassenalgebraverstanden werden.2. Behauptung: CΓ/π ist -abgeschlossen.Da alle Klassen isometrisch sind, kommt jede Spalte von AiM(π) durcheine Permutation der Zeilen einer fest gewahlten C-ten Spalte von AiM(π)zustande. Da nach Bemerkung 4.57 die Eintrage in den Klassen von πkonstant sind, kann die Permutation so gewahlt werden, dass sie die denKlassen von π entsprechende Blocke respektiert. Die Permutation kann un-abhangig von i, muss allerdings in Abhangigkeit von der Spalte gewahltwerden. Entsprechend kommt jede Spalte von Bi aus der C-Spalte BieCdurch spaltenabhangige, Index-i-unabhangige Permutationen zustande. Wirhaben also |π| 01-Matrizen in C|π|×|π|, aus denen sich samtliche Bi linear-kombinieren lassen. Die Anzahl dieser 01-Matrizen ist aber noch zu groß:Wir mussen ihre Anzahl auf Dim(CΓ/π) = Dim(D(C)) reduzieren. AberDim(D(C)) = |πC | und πC vergrobert π, sodass πC eine Partition πC aufder Menge der Klassen von π induziert. Da nach Voraussetzung C einfachist, ist πC mit Γ vertraglich nach Satz 4.59. Nach Definition von πC , sinddie Eintrage von AiC konstant auf den Klassen von πC , also ist die C-Spalte auf den πC ebenfalls konstant. Somit kommt man mit |πC | vielen01-Matrizen aus. Dies ist aber gerade die Dimension von CΓ/π. Also istCΓ/π abgeschlossen unter -Multiplikation.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 143

q. e. d.

Viele der Satze und Aussagen, die wir hergeleitet haben, gelten in allge-meinerer Form, dass man beispielsweise als Algebra nicht CΓ voraussetzt,sondern eine kommutative halbeinfache (komplexe) Matrixalgebra. (Dieeinzige gravierende Anderung in den Aussagen ist, das man bei Satz 4.612.) noch die Aussage “und enthalt eine Matrix mit einer konstanten Spalte6= 0” hinzunehmen muss.) Man kann die Einzelheiten in der Originalarbeitnachlesen.

Schauen wir uns ein wichtiges Beispiel an, welches Bemerkung 4.47 kom-plementiert. Dort gingen wir davon aus, dass der Graph zu Γ1 zusam-menhangend war. Was passiert im anderen Fall?

Satz 4.62. Sei Γ symmetrisches Assoziationsschema und der Graph zu Γ1

unzusammenhangend. Dann bilden die Zusammenhangskomponenten auf Ωbezuglich Γ1 eine vertraglich Partition π, alle Zusammenhangskomponentenhaben die gleiche Anzahl Ecken und die Ai/π erzeugen als C-Vektorraumdie Adjazenzalgebra eines eindeutig bestimmten symmetrischen Assoziati-onsschemas auf π, also auf der Menge der Klassen von π.

Beweis. Wir wollen Satz 4.61 anwenden.1. Behauptung: π ist mit Γ vertraglich .Beweis. Sei S := M(π) ·M(π)tr. Offenbar ist S − In die Adjazenmatrixdes Graphen, der Vereinigung der vollstandigen Graphen der Klassen vonπ ist. Fur je zwei verschiedene Ecken i, j aus derselben Klasse von π gibtes einen Γ1-Weg von i nach j. Somit liegt S in der Adjazenzalgebra von Γ.(Wie kann man das noch verscharfen?) Insbesondere haben wir

JnS = SJn = cJn

fur eine Zahl c, denn JnS liegt in der Adjazenzalgebra und ist somit sym-metrisch. Das zeigt, dass alle Klassen von π genau c Elemente haben. ZurVertraglichkeit:

cAiM(π) = AiM(π).M(π)tr ·M(π)︸ ︷︷ ︸cI|π|

= SAi·M(π) = M(π)·(M(π)trAiM(π)),

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144 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

sodass π mit Γ vertraglich ist und Ai/π = 1cM(π)trAiM(π).

Als nachstes mussen wir zeigen, dass das Algebrenerzeugnis X der Ai/πdie Adjazenzalgebra eines Assoziationsschemas ist, also J|π| ∈ X und Xageschlossen unter dem Hadamrd-Produkt . Ersteres ist sofort klar, dennJn ∈ CΓ und

1

cM(π)trJnM(π)) = nJ|π|.

2. Behauptung: Jede Klasse C von π ist einfach und je zwei Klassen C,C ′ ∈π sind isometrisch.Beweis. Da 1

cS Idempotent ist, ist es Summe primitiver Idempotenter Ei

fur i in einer gewissen Indexmenge O. Die Ei mit i ∈ O bilden die C-Basis einer -abgeschlossenen Teilalgebra von CΓ, denn erstens ist Ei Ej

wegen der Krein-Bedingung eine Linearkombination mit nicht-negativenKoeffizienten der Ek und zweitens S S = S, sodass fur i, j ∈ O das -Produkt EiEj sich ausschließlich aus den Ek mit k ∈ O linearkombinierenlasst.Wir analysieren D(C). Es wird als Vektorraum erzeugt von EiC, wo i alleIndizes 0, . . . d durchlauft (nicht nur die von O). Sei u ∈ C. Dann gilt:

EiC = EiSeu =

cEieu i ∈ O0 sonst

D(C) ist also von den Spalten Eieu mit i ∈ O als C-Vektorraum er-zeugt. Da aber SCΓ Hadamard-abgeschlossen ist, ist D(C) ebenfalls -abgeschlossen. Nach Lemma 4.58 ist C somit einfach. Sei C ′ eine weitereKlasse von π und v ∈ C ′. Bekanntlich sind u und v isometrisch. Nach derBeschreibung der EiC ist aber klar, dass dann auch C und C ′ isometrischsind.3. Schluss: Wegen 1. und 2. folgt nach Satz 4.61 die Behauptung: Wir be-kommen ein Assoziationsschema auf π mit einem epimorphen Bild von CΓ

als Adjazenzalgebra. q. e. d.

2.4 Abschluss

Wir wollen noch durch abschließende Beispiele Ideen und Techniken aufzei-gen und eine Brucke schlagen zu dem Kapitel uber Zahlen mit Gruppen und

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 145

Ringen. Unser erstes Beispiel fallt in die Kategorie q-Analoga, bei denenes um die Ubertragung von Beispielen uber allgemeine Mengen auf Vek-torraumen uber endlichen Mengen geht. Es sei an das Johnson-Schemain Beispiel 4.36 erinnert. Hier ist sein q-Analogon:

Beispiel 4.63. (q-Johnson-Schema)Sei q eine Primpotenz, V := Fv×1

q ein v-dimensionaler Fq-Vektorraum undΩ := Tk(V ) die Menge der k-dimensionalen Teilraume von V fur ein 1 ≤k ≤ v/2 und Γ definiert durch

Γi := (S, T ) ∈ Ω2|dim(S ∩ T ) = k − i

fur i = 0, 1, . . . k. Dann ist (Ω,Γ) ein symmetrisches Assoziationssche-ma auf n :=

[vk

](q) Punkten, genannt das q-Johnson-Schema J(q, v, k).

Es subsummiert sich unter Beispiel 4.35, denn die volle lineare GruppeGL(n, q) operiert transitiv auf Ω, sodass die (offensichtlich symmetrischen)Γi ⊆ Ω2 die Bahnen von GL(n, q) auf Ω2 sind. Es ist ziemlich klar, dass hierein abstandsregularer Graph vorliegt. Folgende Betrachtungen seien emp-fohlen: Aufstellung der Adjazenzmatrix A1 mit Hilfe von Satz 2.19, soweitallgemein moglich die Aufstellung der Charaktertafeln und ein Vergleichmit dem klassischen Johnson-Schema durch den Ubergang zu q := 1.

Wir wollen jetzt eine Technik kennenlernen, wie man bei bestimmten As-soziationsschemata, deren Grundmenge Ω ein endlicher Vektorraum oderallgemeiner eine endliche abelsche Gruppe ist, direkt die Charaktertafelausrechnen kann. Dies werden wir benutzen, um die Charaktertafel fur denabstandsregularen Rang-Graphen der n×m-Matrizen uber Fq auszurech-nen, vergl. Beispiel 4.45, ein Problem, welches noch offen war und bereitsin Beispiel 2.11 angesprochen wurde. Wir formulieren das nachste Lemmaso, dass es fur unseren Kalkul passt. Der Ubergang zur Charaktertheorieendlicher Gruppen braucht dann eine Ubersetzung: Unsere Spaltencharak-tere sind genau die zentralen Charaktere dort.

Lemma 4.64. Sei H eine endliche abelsche Gruppe.1.) Dann definiert linksregulare Operation von H auf Ω := H ein kommu-tatives Assozitiationsschema Γ = Γ(H) auf Ω durch die Bahnen von H aufΩ× Ω.

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146 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

2.) Die (Spalten-)Charaktertafel von Γ ist im Falle einer zyklischen GruppeH ∼= Cn gegeben durch

Tn := (exp (2πikl

n))0≤k,l≤n−1

und im Falle H ∼= Cn1× · · · × Cna durch

T (H) := Tn1⊗ · · · ⊗ Tna.

Die Spalten von T := T (H) sind indiziert durch die Elemente von H,sodass

χ : CH → (C|H|×1,+, ) : h 7→ T−,h

ein Algebrenisomorphismus ist. Die Zeilen von T (H) werden durch M ∗ :=Hom(H,C∗) indiziert. Man beachte, dass M ∗ wieder eine endliche abelscheGruppe ist, welche (unkanonisch) isomorph zu H ist.

Beweis. 1.) Klar, Schur-Typ, Endomorphismenring wieder isomorph zuCH.2.) Ubung. q. e. d.

Satz 4.65. Sei (M, ·, G) eine endliche Strukturoperation der endlichenGruppe G auf der endlichen abelschen Gruppe (M, ·).1.) Der Abzahlring von (M, ·, G) ist folgendermaßen konstruierbar: SeienB0 := 1, . . . , Bd die Bahnen von G auf M und Bi :=

∑x∈Bi x ∈ ZH.

Dann bilde man die Matrix B(M, ·, G) ∈ C(d+1)×(d+1) aus den verschie-den Zeilen der Matrix (χ(B0), . . . , χ(Bd). Dann bilden die Spalten vonB(M, ·, G) ∈ C(d+1)×(d+1) die ausgezeichnete Basis des Abzahlrings fur(M, ·, G) mit als Produkt.2.) Das Assoziationsschema Γ(M,G), welches durch die Operation vonMoG auf Ω := M definiert ist, dessen Klassen also die Vereinigung der G-Bahnen auf Γ(M) sind, hat ebenfalls B(M, ·, G) ∈ C(d+1)×(d+1) als (Spalten-)Charaktertafel. Eine alternative Beschreibung der Klassen Γ(M, g)i ist wiefolgt:

Γ(M,G)i := (m1,m2) ∈ Ω2|m−11 m2 ∈ Bi.

3.) Insbesondere sind der Abzahlring von (M, ·, G) und die Adjazenzalgebravon Γ(M,G) isomorph mit identischen Charaktertafeln.

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 147

Beweis. 1.) Sofort aus Lemma 4.64 und dem Beweis von Satz 2.13. Dassdie resultierende Charaktertafel quadratisch ist, sieht man mit R. Brauerso: Die Operation von G auf M und die auf der M ∗ ist zwar nicht ahnlichim Sinne der Permutationsoperationen, aber sehr wohl im Sinne der linea-ren Operationen, weil sie durch die Charaktertafel miteinander verbundenwerden. Insbesondere sind nach dem Burnsideschen Lemma, welches nurdie Spuren (interpretiert als Fixpunktanzahlen) benotigt, die Anzahl derBahnen gleich.2.) Ebenfalls klar, denn die Gruppe G wirkt durch Automorphismen aufdem Assoziationsschema Γ(H), also auch auf der Assoziationsalgebra, wel-che isomorph zu CH ist. Die Summen uber die G-Bahnen liefern in beidenFallen die ausgezeichnete Basis der Fixalgebra.3.) Sofort aus 1) und 2.). q. e. d.

Beispiel 4.66. (Erklarung zu Beispiel 4.52):M = C7 := 〈a〉 und G := C3 := 〈b〉 operiert auf M durch b : a 7→ a2. DieCharaktertafel ist

1 1 1 1 1 1 11 ζ ζ2 ζ3 ζ4 ζ5 ζ6

1 ζ2 ζ4 ζ6 ζ ζ3 ζ5

1 ζ3 ζ6 ζ2 ζ5 ζ ζ4

1 ζ4 ζ ζ5 ζ2 ζ6 ζ3

1 ζ5 ζ3 ζ ζ6 ζ4 ζ2

1 ζ6 ζ5 ζ4 ζ3 ζ2 ζ

wobei ζ eine primitive 7-te Einheitswurzel ist. Wir mussen die entsprechen-den Spaltensummen bilden:

1 1 + 1 + 1 1 + 1 + 11 ζ + ζ2 + ζ4 ζ3 + ζ5 + ζ6

1 ζ2 + ζ4 + ζ ζ6 + ζ3 + ζ5

1 ζ3 + ζ6 + ζ5 ζ2 + ζ + ζ4

1 ζ4 + ζ + ζ2 ζ5 + ζ6 + ζ3

1 ζ5 + ζ3 + ζ6 ζ + ζ4 + ζ2

1 ζ6 + ζ5 + ζ3 ζ4 + ζ2 + ζ

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148 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

Indem wir doppelte Zeilen weglassen, bleibt die endgultige Charaktertafel 1 3 31 ζ + ζ2 + ζ4 ζ3 + ζ5 + ζ6

1 ζ3 + ζ6 + ζ5 ζ2 + ζ + ζ4

,

die wir bereits fruher anders berechnet hatten.

Wir wollen jetzt unseren Satz auf den Ranggraphen von Matrizen anwen-den.

Satz 4.67. Sei q eine Primpotenz und r, s ∈ N.1.) Auf Ω := Fr×sq ist ein abstandsregularer Graph ∆ = ∆(q, r, s) definiertmit Kantenmenge

E := (X, Y ) ∈ Ω2|Rang(X − Y ) = 1.

Der Abstand zweier Matrizen bezuglich ∆ ist der Rang der Differenz der-beiden Matrizen.2.) Das zugehorige Assoziationsschema Γ ist vom Schurschen Typ im Sin-ne von Satz 4.65 auf Grund der regularen Operation von Fr×sq zusammenmit der Operation von GL(r, q)×GL(s, q):

(GL(r, q)×GL(s, q))× Fr×sq : ((g, h), X) 7→ gXh−1.

3.) Fur die Nullmatrix 0rs gilt:

Γi(0rs) = X ∈ Fr×sq |Rang(X) = i

mit Elementanzahl ki =[ri

](q)[si

](q)ϕi(q)q

i(i−1)2 mit ϕ(x) :=

∏ij=1(x

j − 1).4.) Die Charaktertafel fur die Assoziationsalgebra oder des (Fr×sq ,+,GL(r, q)×GL(s, q)))-Abzahlrings kann generisch als quadratische Matrix vom Gradmin(r, s)+1 uber Z[x] berechnet werden, sodass die gewunschte Tafel durchSpzialisierung x = q entsteht. Die Multiplikationskoeffizienten kommenauch durch Spezialisierung von Polynomen aus Z[x] zustande.

Beweis. (Skizze) 1.) und 2.) Wir sind offenbar in der Situation von Satz4.65 mit

(M, ·, G) = (Fr×sq ,+),GL(r, q)×GL(s, q)).

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2. KOMMUTATIVE ASSOZIATIONSSCHEMATA 149

Das liefert bereits ein kommutatives (sogar symmetrisches ) Assoziations-schema, wobei Γ1 den Graphen ∆ beschreibt. Die Abstandsregularitat folgtaus der bekannten Charakterisierung des Ranges einer Matrix:

Rang(X) = mini|∃X1, . . . , Xi ∈ Fr×sq vom Rang 1 mit X = X1+· · ·+Xi.

3.) Dies ist aus der linearen Algebra bekannt. Die Bahnlangen werden alsIndex des Stabilisators bestimmt.4.) Der entscheidende Schritt bei der Herstellung der Charaktertafel C imSinne von Satz 4.65 ist die Aufstellung der Spalte mit der Nummer 1 (Wirfangen bei 0 an zu zahlen, die 0-te Spalte ist die 1-Spalte.). Offenbar ist

C0,1(q) =(qr − 1)(qs − 1)

q − 1

Man muss dann einsehen (Vergl. Originalarbeit)

Ci+1,1(q) = Ci,1(q)− qr+s−1−i

und kann dann rekursiv die zweite, dritte etc. Spalte durch -Multiplikationder jeweiligen neuen Spalte mit der ersten Spalte konstruieren, indem mandas Skalarprodukt zum Ausreduzieren benutzt. q. e. d.

Zum Schluss sind zwei wichtige Kommentare uber Anwendungen zu ma-chen.

Bemerkung 4.68. Sei Γ ein kommutatives Assoziationsschema. Ist Ei ∈CΓ ein primitives Idempotent, dann tragt EiCΩ oftmals ein Struktur, dieunter mehreren Gesichtspunkten interessant sein kann.1.) Ist Ei ∈ RΓ, so erzeugt jede Spalte von Ei eine Gerade durch Null imEuklidischen Vektrorraum EiRΩ (als Teilraum des standard-EuklidischenRaum RΩ. Die kann eine sehr interessante Geradenkonfiguration sein, dadie Geraden nur wenige Winkel einschließen konnen, namlich hochsten Γviele. Der Schnitt dieser Geraden mit der Einheitssphare gibt dann inter-essante Punktkonfigurationen auf derselben. (vergl. Seidel).2.) Kommt Γ durch eine Gruppenoperation zustande, so dass die Adjazen-zalgebra ein Schur-Ring ist, also (kommutativer) Endomorphismenringeiner Permutationsdarstellung einer endlichen Gruppe H, so wird EiCΩ zu

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150 KAPITEL 4. ASSOZIATIONSSCHEMATA

einem einfachen CH-Modul. Liegt beispielsweise Ei bereits in QΓ, so er-zeugen die Z-Linearkombinationen sogar ein ZH-Gitter, genauer ein freiesZ-Gitter vom Rang Sp(Ei) auf dem H Z-linear operiert und welches keineZH-Faktorgitter mehr hat.

Beweis. Zu 1.) ist nicht zu sagen. Was 2.) angeht muss man den Satz vonMaschke und das Schur-sche Lemma aus der Darstellungstheorie be-nutzen. q. e. d.

Ubung: Diskutiere Beispiel 4.46 im Sinne der letzten Bemerkung.

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Kapitel 5

Aufgaben

Blatt 1Aufgabe 1 (2 Punkte)Es seien N und M zwei disjunkte endliche Mengen und 0 ≤ k ≤ |N |+ |M |.

(a) Bestimmen Sie die (SN × SM)-Bahnen auf Potk(N ]M).

(b) Folgern Sie aus (a), daß(n+mk

)=∑k

i=0

(ni

)(mk−i).

Aufgabe 2 (5 Punkte)Sei n ≥ 2 und d = n2 +n+ 1. Sei Jd ∈ Zd×d die Matrix deren Eintrage alle1 sind. Weiter sei A ∈ Zd×d eine Matrix mit Eintragen in 0, 1.

(a) Zeigen Sie: Ist AAt = nId + Jd, so gilt auch AtA = nId + Jd.

(b) Folgern Sie aus (a) einen vollstandigen Beweis von Bemerkung 1.4.

Hinweis: Bestimmen Sie det(A) und zeigen Sie AJd = (n+ 1)Jd = JdA.

Aufgabe 3 (2 Punkte)Sei K ein Korper und (ai)i ∈ KZ≥0 eine Folge. Weiter sei (si)i ihre Folgevon Partialsummen.

(a) Sei f(x) ∈ K[[x]] die erzeugende Funktion von (ai)i. Zeigen Sie, daßf(x)1−x die erzeugende Funktion von (si)i ist.

(b) Bestimmen Sie mit (a) die erzeugende Funktion der Folge der Qua-dratzahlen 0, 1, 4, 9, . . . .

151

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152 KAPITEL 5. AUFGABEN

Aufgabe 4 (4 Punkte)Bestimmen Sie die erzeugende Funktion aus Beispiel 1.10 fur den Fall, daßimmer 6 Dreiecke eine Rosette bilden.

Aufgabe 5 (3 Punkte)Bestimmen Sie die Anzahl der unnummerierten Farbungen des Ikosaedersbei denen 3 Flachen rot, 15 Flachen grun und 2 Flachen blau gefarbt sind.

Aufgabe 6 (4 Punkte)

(a) Sei g ∈ Sn. Bestimmen Sie die Große des Zentralisators CSn(g) inAbhangigkeit des Zykeltyps von g.

(b) Bestimmen Sie die Anzahl der ganzen Zahlen zwischen 105 und 106,deren Dezimaldarstellungen aus je genau 3 verschiedenen Ziffern un-gleich 0 gebildet sind.

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153

Blatt 2Aufgabe 1 (4 Punkte)Es seinen (M,G) und (N,H) endliche Operationen mit disjunkten MengenM und N . Bestimmen Sie den Zykelzahler Z(M]N,G×H) der Operation

(G×H)× (M ]N)→M ]N, ((g, h), x) 7→

gx falls x ∈M,

hx falls x ∈ N,in Abhangigkeit von Z(M,G) und Z(N,H).

Aufgabe 2 (5 Punkte)Es seinen (M,G) und (N,H) endliche Operationen. Dann operiert G×Hauf M ×N vermoge

(G×H)× (M ×N)→M ×N, ((g, h), (m,n)) 7→ (gm, hn) .

Zeigen Sie, daß

Z(M×N,G×H) =1

|G||H|∑

(g,h)∈G×H

|G|∏i=1

|H|∏k=1

zggT(i,k)ai(g)ak(h)kgV(i,k)

gilt und bestimmen Sie damit die Anzahl der unnummerierten bipartitenGraphen mit 5 + 5 Ecken.

Aufgabe 3 (6 Punkte)Die Ecken, Kanten und Seitenflachen eines Ikosaeders (zusammen mit ∅und dem Ikosaeder) bilden einen Verband V auf dem A5 operiert.

(a) Bestimmen Sie die Matrizen A∨ und A∧ von V mit der Gruppe A5.

(b) Wie viele Seitenpaare des Ikosaeders schneiden sich in einer vorgege-benen Ecke, Kante, Seite oder aber gar nicht?

(c) Die A5 operiert auch auf dem Verband der durch ein Dodekaeder (demzum Ikosaeder dualen platonischen Korper) gegeben ist. BestimmenSie die Matrizen A∨ und A∧ fur diesen Verband mit der Gruppe A5.

(d) Das Supremum wievieler Eckenpaare eines Dodekaeders ist eine vor-gegebene Seite, Kante, Ecke oder aber das ganze Dodekaeder?

Aufgabe 4 (5 Punkte)

Es seien 0 ≤ i ≤ n. Zeigen Sie, daß

[n

i

]∈ Z[x] teilerfremd zu x(x− 1) ist.

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154 KAPITEL 5. AUFGABEN

Blatt 3Aufgabe 1 (4 Punkte)Sei q eine Primzahlpotenz. Bestimmen Sie die Kardinalitat von

(a, b, c) ∈ (F3×3q )3 | Rang(a) = Rang(b) = Rang(c) = 2 und Rang(abc) = i

fur i ≥ 0.

Aufgabe 2 (4 Punkte)Seien 0 ≤ n ≤ m. Zeigen Sie die folgenden Identitaten:[m

n

](x) = xn ·

[m− 1

n

](x)+

[m− 1

n− 1

](x) =

[m− 1

n

](x)+xm−n ·

[m− 1

n− 1

](x)

Aufgabe 3 (4 Punkte)Bestimmen Sie die Markentafel einer zyklischen Gruppe der Ordnung n.

Aufgabe 4 (4 Punkte)Bestimmen Sie die Markentafel von Q8 und D8.

Aufgabe 5 (4 Punkte)Sei G eine endliche Gruppe. Weiter seien M und N zwei transitive G-Mengen. Wie kann man die Anzahl der G-aquivarianten Abbildungen vonM auf N aus der Markentafel von G ablesen? Wieviele A5-aquivarianteFarbungen eines Ikosaeders mit 5 bzw. 10 Farben gibt es bei denen A5

transitiv auf den Farben operiert?

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155

Blatt 4Aufgabe 1 (5 Punkte)Sei M eine endliche Menge. Zeigen Sie:

(a) Die Young-Untergruppen von SM bilden einen Verband bezuglich Schnittund Erzeugnisbildung.

(b) Es gibt einen SM -vertraglichen Verbandsisomorphismus zwischen denYoung-Untergruppen von SM und den Partitionen von M .

Aufgabe 2 (5 Punkte)Die A4 operiert auf den Seiten und Kanten eines Tetraeders. BestimmenSie die Anzahl der simultanen Farbungen der Seiten und Kanten mit zweiFarben in Abhangigkeit des Ahnlichkeitstyps (d.h. der Konjugiertenklassedes gemeinsamen Stabilisators).

Aufgabe 3 (4 Punkte)Wie oft muß man die Potenzmengenbildung iterieren, bis man aus 5 al-le Konjugiertenklassen von Untergruppen der S5 als Stabilisatoren be-kommt?

Aufgabe 4 (2 Punkte)Sei F eine Spezies und σ : U → V eine Bijektion zwischen zwei endlichenMengen. Zeigen Sie, daß F [σ] bijektiv ist und bestimmen Sie die Inverse.

Aufgabe 5 (4 Punkte)Die Menge bB (U) der Binarbaume uber einer endlichen Menge U ist de-finiert durch∅ falls U = ∅,(L,w,R) | L ∈ bB (S), R ∈ bB (T ) U = S ] w ] T sonst.

Der Binarbaum ((∅, 1, (∅, 2, ∅)), 3, ∅) uber 3kann z.B. wie folgt visualisiert werden:

3

1 •• 2

• •

(a) Wie muß man bB (σ) fur eine Bijektion σ : U → V von endlichenMengen U, V definieren, damit bB eine Spezies wird?

(b) Bestimmen Sie die verschiedenen Isomorphietypen von bB (4).

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156 KAPITEL 5. AUFGABEN

Blatt 5Aufgabe 1 (6 Punkte)Fur eine endliche Menge M und k ≥ 0 seien

0 (M) = ∅ Zy (M) = σ ∈ SM | σ ist ein |M |-Zykel

1 (M) =

M falls M = ∅∅ sonst

eM1 (M) =

M falls |M | = 1

∅ sonst

Pm (M) = Pot(M) Pmk (M) = Potk(M)

(a) Vervollstandigen Sie 0 , 1 , eM1 , Zy , Pm und Pmk jeweils zu ei-ner Spezies.

(b) Bestimmen Sie die erzeugenden und typerzeugenden Funktionen von

0 , 1 , eM1 , Zy , Pm , Pmk und aE .

(c) Bestimmen Sie die Zykelindexreihen von 0 , 1 , eM1 und aE .

Aufgabe 2 (5 Punkte)Definieren Sie die Spezies schlichter Graph sG . Bestimmen Sie die erzeu-gende Funktion sG (x) sowie die ersten 10 Entwicklungsglieder der typer-

zeugenden Funktion sG (x).

Aufgabe 3 (4 Punkte)Sei F eine Spezies. Zeigen Sie

limn→∞

F≤n = F .

Aufgabe 4 (5 Punkte)Seien F,G zwei Spezies.

(a) Zeigen Sie, daß F +G eine Spezies ist.

(b) Zeigen Sie, daß die Isomorphieklasse von F + G eindeutig durch dieIsomorphieklassen von F und G festgelegt ist.

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157

Blatt 6Aufgabe 1 (4 Punkte)Seien F,G Spezies und n ∈ Z≥0. Zeigen Sie:

(a) n · F = nF := F + · · ·+ F (n Summanden).

(b) F ·G = 0 impliziert F = 0 oder G = 0 .

Aufgabe 2 (5 Punkte)Sei tO die Spezies der Totalordnungen.

(a) Zeigen Sie tOi = eM1i

fur alle i ≥ 1.

(b) Begrunden Sie die Identitaten

tO =∞∑i=0

eM1i

= 1 + eM1 · tO =∞∏i=0

( 1 + eM12i

) .

Leiten Sie daraus die Zykelindexreihe von tO sowie Identitaten furdiese her.

Aufgabe 3 (5 Punkte)Es seien a = a(x1, x2, . . . ) und b = b(x1, x2, . . . ) aus Q[[x1, x2, . . . ]]. Weiterbezeichne µ : N→ −1, 0, 1 die Moebiusfunktion. Zeigen Sie

b =∞∑k=1

1

kak ⇐⇒ a =

∞∑k=1

µ(k)

kbk .

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158 KAPITEL 5. AUFGABEN

Aufgabe 4 (6 Punkte)

Sei k ∈ Z≥0. Weiter sei S(k) die Spezies der Permutationen welche genau k

Zykel haben und Pa(k) die Spezies der Partitionen mit genau k Blocken.

Fur n ∈ Z≥0 sind s(n, k) := | S(k) (n)| bzw. S(n, k) := | Pa(k) (n)| dieStirlingschen Zahlen erster bzw. zweiter Art. Zeigen Sie:

(a) S(k) = eMk Zy und Pa(k) = eMk eM+ .

(b)∞∑n=k

s(n, k)xn

n!=

(− log(1− x))k

k!und

∞∑n=k

S(n, k)xn

n!=

(exp(x)− 1)k

k!.

(c) Fur n ≥ 0 und k ≥ 1 gelten

s(n+ 1, k) = s(n, k − 1) + n · s(n, k)

S(n+ 1, k) = S(n, k − 1) + k · S(n, k) .

(d) Fur n ≥ 0 gelten

n∑i=0

s(n, i)xi = x(n) undn∑i=0

S(n, i)x(i) = xn,

wobei

x(`) = x(x+ 1)(x+ 2) . . . (x+ `− 1)

x(`) = x(x− 1)(x− 2) . . . (x− `+ 1) .

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159

Blatt 7Aufgabe 1 (5 Punkte)Sei G eine Spezies mit G(∅) = ∅ und F := eM G. Zeigen Sie

(a) G(x) = logF (x)

(b) G(x) =∑∞

k=1µ(k)k log F (xk)

(c) ZG(x1, x2, . . . ) =∑∞

k=1µ(k)k logZF (xk, x2k, . . . )

Aufgabe 2 (5 Punkte)Zeigen Sie

ZZy

(x1, x2, . . . ) =∞∑k=1

φ(k)

klog

1

1− xkund folgern Sie daraus die Identitat

x

1− x=

∞∑k=1

φ(k)

klog

1

1− xk.

Hier bezeichne φ : N→ N die Eulersche Phifunktion.

Aufgabe 3 (6 Punkte)Seien F,G Spezies. Zeigen Sie die folgenden Identitaten durch Angabe vonexpliziten Isomorphismen.

(a) (F +G)′ = F ′ +G′.

(b) (F ·G)′ = F ′ ·G+ F ·G′.

(c) (F G)′ = (F ′ G) ·G′ falls G(∅) = ∅.

Aufgabe 4 (4 Punkte)Es seien n ≥ 1 und i ≥ 0. Bestimmen Sie die n-ten Ableitungen von eMi ,

eM , Pm und tO .

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160 KAPITEL 5. AUFGABEN

Blatt 8Aufgabe 1 (4 Punkte)Bestimmen Sie einen expliziten Isomorphismus zwischen tO × S undtO × tO .

Aufgabe 2 (4 Punkte)Zeigen Sie Wi = wB + Wi · wB und folgern Sie daraus die Identitat

nn =n−1∑k=0

(n

k

)kk(n− k)n−k−1 (n ≥ 1) .

Aufgabe 3 (4 Punkte)Zeigen Sie, daß die durchschnittliche Anzahl der Zusammenhangskompo-nenten κn( sG ) in einem zufalligen schlichten Graphen mit n Kanten ge-geben ist durch

κn( sG ) = 2−(n2)n∑i=0

(n

i

)2(n−i2 )| zG (i)| .

Aufgabe 4 (4 Punkte)Sei F eine Spezies und n ∈ Z≥0. Wir definieren

F •n =

F falls n = 0,

(F •(n−1))• sonst.

Zeigen Sie

F •n =n∑k=0

S(n, k) eM1k · F (k)

wobei F (k) die k-te Ableitung von F und S(n, k) die Stirlingschen Zahlen2. Art bezeichnen (vgl. Aufgabe 4 auf Blatt 6).

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161

Aufgabe 5 (4 Punkte)Fur eine Permutation σ sei zyk(σ) die Anzahl der Zykel in einer disjunktenZykelzerlegung. Es sei Sw die Spezies S versehen mit der Gewichtsfunk-

tion w : S(M)→ Z[α], σ 7→ αzyk(σ). Zeigen Sie

Sw (x) =

(1

1− x

)αSw (x) =

∞∏k=1

(1

1− xk

)vk(α)

=∞∏k=1

1

1− αxk

ZSw

(x1, x2, . . . ) =∞∏k=1

(1

1− xk

)vk(α)

wobei vk(α) = 1k

∑d|k φ(d)αk/d.

(Hinweis: Man verwende Definition 9 und Proposition 11 auf S. 84f inBergeron, Labelle, Leroux: Combinatorial species and tree-like structures.)

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162 KAPITEL 5. AUFGABEN

Blatt 9Aufgabe 1 (2 Punkte)Sei Γ ein Graph auf der Eckenmenge n mit n ≥ 1.

(a) Sei k ≥ 0. Interpretieren Sie (A(Γ)k)ij > 0.

(b) Folgern Sie, daß Γ genau dann zusammenhangend ist, falls alle Ein-trage von

∑n−1i=0 A(Γ)i positiv sind.

Aufgabe 2 (5 Punkte)Sei G der Graph bestehend aus den Ecken und Kanten eines Oktaeders.

(a) Bestimmen Sie die Adjazenzmatrix von G.

(b) Bestimmen Sie die erzeugende Funktion fur die Anzahl der geschlos-senen Wege in G, die von einer festen Ecke ausgehen und enden, inAbhangigkeit von ihrer Lange.

Aufgabe 3 (4 Punkte)

(a) Konstruieren Sie einen 3-regularen Graphen, dessen Automorphismen-gruppe nicht transitiv auf der Eckenmenge operiert.

(b) Konstruieren Sie einen regularen Graphen mit trivialer Automorphis-mengruppe.

Aufgabe 4 (4 Punkte)Zeigen Sie, daß jeder stark regulare, nicht zusammenhangende Graph einedisjunkte Vereinigung vollstandiger Graphen der selben Kardinalitat ist.

Aufgabe 5 (5 Punkte)Bestimmen Sie bis auf Isomorphie alle stark regularen Graphen mit Para-metern (9, 4, 1, 2).

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163

Blatt 10Aufgabe 1 (6 Punkte)Es gelten die Bezeichnungen (wie im Beweis) von Folgerung 4.10. ZeigenSie:

(a) s ∈ Z ⇐⇒ t ∈ Z.

(b) Sind s, t /∈ Z, so ist v+ = v− = (n− 1)/2.

(c) Der Eigenwert s ist nicht-negativ, der Eigenwert t negativ.

Aufgabe 2 (4 Punkte)Sei Γ ein stark regularer Graph mit Parametern (n, k, λ, µ). Bestimmen siedie Eigenmatrizen von Γ. Begrunden Sie Ihre Antwort.

Aufgabe 3 (4 Punkte)Sei v ≥ 2 und Γ = κ(Kv,v).

(a) Begrunden Sie, warum die Automorphismengruppe von Γ eine Unter-gruppe isomorph zu Sv o S2 besitzt.

(b) Bestimmen Sie eine Adjazenzmatrix von Γ.

(c) Begrunden Sie, warum Γ stark regular ist.

(d) Bestimmen Sie die Parameter des stark regularen Graphen Γ.

Aufgabe 4 (6 Punkte)Beweisen Sie die folgenden Identitaten:

pki,j =1

nkkSp(AiAjAk)

=kikjn

∑ν

1

m2ν

qν(i)qν(j)qν(k)

qki,j =n

mkSp(Ei Ej Ek)

=mimj

n

∑ν

1

k2ν

pν(i)pν(j)pν(k)

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164 KAPITEL 5. AUFGABEN

Blatt 11Aufgabe 1 (4 Punkte)Sei Γ der Graph der Ecken und Kanten eines Wurfels bzw. eines Dode-kaeders. Zeigen Sie, daß Γ ein symmetrisches Assoziationsschema definiertund bestimmen Sie die zugehorigen Adjazenzmatrizen.

Bemerkung: Wir identifizieren die Ecken des Dodekaeders mit Ω := A5/C3.Weiter sei Γ′ das Assoziationsschema der Bahnen von A5 auf Ω × Ω (vgl.Beispiel 4.30). Der Permutationscharakter von A5 auf Ω ist die Summe desregularen Charakters und des irreduziblen Charakters vom Grad 4. Also istCΓ′ ∼= EndCA5

(CΩ) nicht kommutativ. Insbesondere ist Γ′ nicht isomorphzum Assoziationsschema des Kantengraphen des Dodekaeders.

Aufgabe 2 (4 Punkte)Definieren Sie die Automorphismengruppe eines Assoziationsschemas undzeigen Sie, daß die Automorphismengruppe des Konjugiertenklassensche-mas der S3 isomorph zu S3 o S2 ist.

Aufgabe 3 (4 Punkte)Sei q ≥ 2. Vergleichen Sie das Hamming-Schema H(q, 2) mit dem stark re-gularen Kantengraphen von Kq,q und bestimmen Sie die Schnittmatrizen.

Aufgabe 4 (4 Punkte)Seien q ≥ 2 und m ≥ 1. Bestimmen Sie die Parameter ai, bi, ci, ki fur dasHamming-Schema H(q,m).

Aufgabe 5 (4 Punkte)Bestimmen Sie die Parameter ai, bi, ci, ki fur das Johnson-Schema J(v, k).

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165

Blatt 12Aufgabe 1 (2 Punkte)Sei Γ ein symmetrisches Assoziationsschema. Beschreiben Sie, wie die Zu-sammenhangskomponenten von Γi aus (In + Ai)

e (mit e genugend groß)abgelesen werden konnen.

Aufgabe 2 (2 Punkte)Sei Γ ein kommutatives Assoziationsschema. Angenommen, es gibt ein i ≥0 mit Γi 6= Γtri . Zeigen Sie, daß Ai einen nicht-reellen Eigenwert besitzt.

Aufgabe 3 (4 Punkte)Es gelten die Bezeichnungen von Bemerkung 4.48. Bestimmen Sie die Ab-standsklassen bezuglich Γ3 sowie die zugehorige Partition β.

Aufgabe 4 (8 Punkte)Sei q 6= 2 eine Primzahl und Γ das Assoziationsschema des gerichtetenPaley-Graphen G der Ordnung q.

(a) Bestimmen Sie die Matrizen a1 und a2.

(b) Bestimmen Sie die Eigenmatrizen P und Q wie in Beispiel 4.52.

(c) Sei q ≡ 1 mod 4. Zeigen Sie, daß G ein stark regularer ungerichteterGraph ist und bestimmen Sie die zugehorigen Parameter.

(d) Sei q ≡ 1 mod 4. Bestimmen Sie P und Q erneut, dieses Mal mitHilfe von Aufgabe 2 auf Blatt 10.

Hinweis: Sei E = Fq[x]/〈x2 + 1〉 und σ bezeichne den nicht-trivialen Ring-morphismus auf E. Zu a ∈ Fq laßt sich |(x, y) ∈ Fq×Fq | x2 +y2 = a| mitHilfe der surjektiven Normabbildung E → Fq, x 7→ x · σ(x) bestimmen.Man betrachte dazu die Falle q ≡ 1 mod 4 und q ≡ 3 mod 4 getrennt.

Aufgabe 5 (4 Punkte)Bestimmen Sie die Charaktertafel (d.h. erste Eigenmatrix) des Assoziati-onsschemas des Ikosaedergraphen.

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166 KAPITEL 5. AUFGABEN

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Kapitel 6

Literatur

1 Allgemeine Literatur

Riordan, J.: Introduction to combinatorial analysis (2002)Jacobs K.; Jungnickel D.: Einfuhrung in die Kombinatorik (2004)van Lint, J.H.; Wilson, R.M.: A Course in Combinatorics (1992)Ryser, H. J. : Combinatorial Mathematics.Hall, M.: Combinatorial TheoryAigner, M.: Combinatorial Theory (1997)Cameron, P. J.: Combinatorics (1996)Comtet, L.: Advanced combinatorics (1974)Kung, J.P.S.; Rota,G.-C.; Yan, C.H.: Combinatorics The Rota Way (2009)

2 Erzeugende Funktionen

Stanley,R. P.: Enumerative Combinatorics vol 1 (1999), vol 2 (1999)Comtet, L.: Advanced combinatorics (1974)Sachkov, V. N.: Combinatorial methods in discrete mathematics (1996)Lando,S. K.: Lectures on Generating Functions (2003)Bergeron, F.; Labelle G.; Leroux P.: Combinatorial species and tree-likestructures (1998)Flajolet P.; Sedgewick R.: Analytic combinatorics (2008)Wilf, H.: GeneratingFunctionologyBrualdi, R.A.; Ryser, H.J.: Combinatorial matrix theory (1991)Bjorner, Brenti: Combinatorics of Coxeter Groups (2005)

167

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168 KAPITEL 6. LITERATUR

3 Zahlen mit Gruppen

Polya, G.; Read, R. C.: Combinatorial Enumeration of Groups, Graphs,and Chemical Compounds (1987)Kerber, A.: Applied Finite Group Actions (1999)Plesken, W.: Counting with groups and rings, Journal fur die reine u. an-gew. Mathematik Bd 224, (1982), 40-68.

4 Assoziationschemata

Bannai, E.; Ito, T.: Algebraic combinatorics. I. Association schemes. TheBenjamin/Cummings Publishing Co., Inc., Menlo Park, CA, 1984Godsil, C. D.: Algebraic combinatorics. Chapman and Hall MathematicsSeries. Chapman & Hall, New York, 1993.Beineke,L. W. ; Wilson, R. J. (ed.): Topics in algebraic graph theory. (2005)Seidel, J. J.: Introduction to Association Schemes, in Seminaire Lotharingi-en de Combinatoire (Thurnau, 1991), 77–91, Publ. Inst. Rech. Math. Av.,476, Univ. Louis Pasteur, Strasbourg, 1992.Godsil, C. D.; Martin, W. J.: Quotients of association schemes. J. Combin.Theory Ser. A 69 (1995), no. 2, 185–199.Brouwer, A. E.; Cohen, A. M.; Neumaier, A.: Distance-regular graphs.Springer-Verlag, Berlin, 1989.

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Index

Ableitung, 83Abstand, 119Abstandsmatrizen, 123abstandsregular, 122abstandsregularer Graph, 122Abzahlring, 30Adjazenzalgebra, 116Adjazenzmatrix, 100, 116alle Elemente, 63allgemeine Baume, 86Assoziationsschema, 115Automorphismus, 56

binarer Baum, 58bipartiter Graphen, 19Burnsidering, 42

Cartesische Produkt, 94Charaktertafel, 132

Darstellung , 10disjunkte Vereinigung, 94Distanzmatrizen, 123Distributionsmatrix, 140Doppeltzahlens, 7Durchmesser, 103, 119

einelementige Menge, 63endliche Operation, 24endliche Strukturoperation, 28Endofunktionen, 60erste Eigenmatrix, 110, 132erzeugende Funktion, 11, 59

erzeugende Reihe, 95

exponentiellen Typ, 59

Farbung, 49

Farbungstyp, 49

Faserbilanz, 23, 49

Funktor, 57

Funktoren, 57

Gausssche Binomialkoeffizient, 34

generos transitiv, 120

geordnete Partition, 75

Geraden, 6

gewohnlichen Typ, 59

gewurzelter Baum, 76, 77

Gleichmachtigkeit, 65

Graph, 18

Grenzwert, 66

Hamming-Schema, 121

indizierte Partition, 75

induzierte Teilgraph, 100

Inventar, 93

isometrisch, 140

Isomorphietypen, 59

Isomorphismus, 55, 65, 93

Johnson-Schema, 121

k-regularen Graphen, 101

Kanonische Zerlegung, 70

Kantengraph, 106

169

Page 170: Algebraische Kombinatorik - RWTH Aachen UniversityMarkus.Kirschmer/algkomb/skript.pdf · 2014. 8. 25. · Die Kombinatorik ist ein Gebiet der Mathematik, welches in fast jedem an-deren

170 INDEX

Kategorie, 55

Klasse, 115

kollinear, 6

kommutativ, 115

Komposition, 55, 77

Konjugiertenklassenschema, 120

Kontakt der Ordnung n, 65, 66

konvergiert, 66

Markentafel, 43, 45

Morphismen, 55

Morphismus, 93

Naturlichkeit, 65

nummerierten F -Strukturen, 59

Objekt, 55

Orbitale, 118

Ordnung, 6

partielle Ordnungen, 82

partiellen Partitionen, 84

Partionen, 77

Partitionsalgebra, 137

Pascalsche Dreieck, 37

plethystische Substitution, 78

Polyascher Einsetzungssatz, 25

Potenzmengenspezies, 71

Produkt, 94

Produktspezies, 72

Produktzahl, 29

projektive Ebene, 6

Punkte, 6

punktierten F -Strukturen, 87

q-Johnson-Schema, 145

R-gewichtete Menge, 93

R-gewichtete Spezies, 95

r-Klasse, 24regular, 101

Schnittmatrizen, 113, 116Schnittzahlen, 116Spezies, 57stark regular, 101Summe, 67, 94summierbar, 69symmetrisch, 115symmetrische Gruppe, 60

t-tupel-regular, 101Totalordnung, 59typ-erzeugende Funktion, 59typerzeugende Reihe, 95

unnummerierten F -Strukturen, 59

vertraglich, 137vollstandig bipartiten Graphen, 106

Wald gewurzelter Baume, 86

Zahlpartitionen, 63zusammenhangenden F -Strukturen,

82zusammenhangenden schlichten Gra-

phen, 82zweite Eigenmatrix, 110Zykel, 80Zykelindexreihe, 61, 95Zykelzahler, 25