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Vol. XXII, 1971 161 Algebraische Zahlen mit Konjugierten auf dem Einheitskreis Von FR~Z HALTER-KOCH 1. Sei u eine algebraische Zahl n-ten Grades, und seien ul ..... un e C ihre Kon- ju~erten. Dann gilt: Ist u ganz-algebraisch, so ist u genau dann eine Einheitswurzel, wenn ul ..... Un auf dem Einheitskreis liegen. Dieser Satz kann gedeutet werden als algebralsche Charakterisierung der ganzen algebraischen Zahlen mit s~mtlichen Konju~erten auf dem Einheitskreis. In dieser Note sollen nun allgemeiner algebraische Zahlen mit mindestens einer Konjugierten auf dem Einheitskreis algebraisch und arithmetisch gekennzeichnet werden. Hat die algebraische Zahl u die Konjugierte u~ auf dem Einheitskreis, so gilt ffir die konju~ert-komplexe Zahl 1 Also shad u und 1/u fiber Q konju~ert; diese Eigensehaft soll zun~ehst rein algebraiseh studiert werden. 2. Sei k ein beliebiger KSrper und A die separable Hfille yon k. Definition. Ein Element x ~ A heiBe invers-konju~ert fiber k, wenn x und 1Ix fiber k konju~ert sind. Ist x ~ k fiber k invers-konju~ert, so ist notwendig x = l/x, also x ~ • 1. Die fiber k invers-konju~erten x ~ ANk sind offensichtlich genau die Wurzeln der irre- duziblen symmetrischen Polynome /~ k IX], d.h., der i=1 Da symmetrlsche Polynome ungeraden Grades stets durch X -~ 1 teflbar sind, hat jedes fiber k invers-konju~erte x ~ ANk geraden Grad fiber k. Ist n > 1 und prim zur Charakteristik yon k, so sind aUe nicht in k liegenden n-ten Einheitswurzeln ~ ~ A invers-konju~ert fiber k. Satz 1. Fiir x ~ ANk sind dquivalent: a) x i~t invers-kon~ugiert iiber k, b) [k(x): k(x + I/x)] ----2, e) x ~ ]r (z + 1/x), d) x ist invers-koniugiert igoer k(x + l/x). Archiv der Mathemafik XXII 11

Algebraische Zahlen mit Konjugierten auf dem Einheitskreis

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Vol. XXII, 1971 161

Algebraische Zahlen mit Konjugierten auf dem Einheitskreis

Von

F R ~ Z HALTER-KOCH

1. Sei u eine algebraische Zahl n-ten Grades, und seien ul . . . . . un e C ihre Kon- ju~erten. Dann gilt:

Is t u ganz-algebraisch, so ist u genau dann eine Einheitswurzel, wenn ul . . . . . Un auf dem Einheitskreis liegen.

Dieser Satz kann gedeutet werden als algebralsche Charakterisierung der ganzen algebraischen Zahlen mit s~mtlichen Konju~er ten auf dem Einheitskreis. In dieser Note sollen nun allgemeiner algebraische Zahlen mit mindestens einer Konjugierten auf dem Einheitskreis algebraisch und arithmetisch gekennzeichnet werden.

Ha t die algebraische Zahl u die Konjugierte u~ auf dem Einheitskreis, so gilt ffir die konju~ert-komplexe Zahl

1

Also shad u und 1/u fiber Q kon ju~er t ; diese Eigensehaft soll zun~ehst rein algebraiseh studiert werden.

2. Sei k ein beliebiger KSrper und A die separable Hfille yon k.

Definition. Ein Element x ~ A heiBe invers-konju~ert fiber k, wenn x und 1Ix fiber k konju~er t sind.

Ist x ~ k fiber k invers-konju~ert, so ist notwendig x = l / x , also x ~ • 1. Die fiber k invers-konju~erten x ~ ANk sind offensichtlich genau die Wurzeln der irre- duziblen symmetrischen Polynome / ~ k IX], d.h., der

i = 1

Da symmetrlsche Polynome ungeraden Grades stets durch X -~ 1 teflbar sind, hat jedes fiber k invers-konju~erte x ~ ANk geraden Grad fiber k.

Ist n > 1 und prim zur Charakteristik yon k, so sind aUe nicht in k liegenden n-ten Einheitswurzeln ~ ~ A invers-konju~ert fiber k.

Satz 1. Fiir x ~ A N k sind dquivalent:

a) x i~t invers-kon~ugiert iiber k,

b) [k(x): k(x + I/x)] ---- 2,

e) x ~ ]r (z + 1/x), d) x ist invers-koniugiert igoer k ( x + l /x) .

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B e w e i s . Is t x invers-konjugiert fiber k, so de~niert x ~ 1Ix einen k-Automorphis- mus T yon k(x) mit T 2 = 1 und FixpunktkSrper k(x -~ I/x); also ist

[It(x): l~(x + 1/x)] = 2 .

I s t [k(x): k(x zr l/x)] = 2, so ist natfirlich x 6 k(x + I/x). I s t x 6 k(x -+- l/x), so ist g = X 2 -- (x -+- 1/x)X ~- 1 das irreduzible Polynom yon x fiber k(x ~- i/x), und g hat die Wurzeln x und 1Ix. Also sind x und 1Ix fiber k(x + I/x) konju~ert .

I s t x invers-konju~ert fiber k(x ~ l[x), so definiert x ~-> 1/x einen k(x ~ 1/x)- Automorphismus, also erst reeht einen /~-Automorphismus, yon k(x); daher ist x invers-konju~ert fiber k, q.e.d.

Fiir endlich-algebraische KSrpererweiterungen K/Ko bezeichne -4rK/Ko die Normen- abbfldung; x �9 K heiBe Normeinselement yon K/Ko, wenn XK/~:o(X) ---- 1. Mit dieser Termi-o lo~e gilt:

Satz 2. Die iiber k invers-kon~ugierten x �9 A \ B sind genau die nieht in k liegenden Normeinselemente der quadratischen K6rTererweiterungen K /Ko mit k a Ko a K a A.

B e w e i s . Is t x � 9 invers-konjugiert fiber k, so ist x lqormeinselement der qua- dratischen Erweiterung k (x)/k (x -b l/x).

Sei Umgekehrt K]Ko quadratisch, x �9 K und ~rK/K~ 1. I s t x �9 Ko, so ist x = 4- 1 �9 k; sei also x ~ K0 und T die erzeugende Substitution fiir K[Ko. Dann ist XKmo(X) = x - v (x) = 1, a l s o

x + ~ ( x ) - - - - - x + I / x � 9 und K = K o ( x ) , k ( x + l / x ) C K o .

Also ist x6k(x-+- I/x), woraus nach Satz 1 die Behauptung folgt. Da es zu jeder quadratischen Erweiterung K/Ko Normeinselemente x �9 K \ K o

gibt, grit:

Korollar. Folgende Aussagen sind 5quivalent:

a) Es gibt ein iiber k invers-kon~ugiertes x �9 A \ k .

b) Es gibt eine quadratische Erweiterung K/Ko mit k a Ko r K a A.

3. Sei K ein algebraischer Zahlk6rper und ST die Menge der unendliehen Prim- stellen yon K. Dabei entsprechen den reellen Prlm~tellen umkehrbar eindeutig die Q-Monomorphismen v~: K--> R und den koml01exen PrimsteUen umkehrbar ein- deutig die Paare vi, ~ : K--> C yon Q-Monomorphismen mit ~ ( x ) ~ - v t ( x ) und vi r ~ (-: C--> C bedeutet ~bergang zum konju~er t Komplexen). Unter den Kon- ju~er ten einer Zahl u �9 K soUen im folgenden stets die us ~ v~ (u) bzw. ~ ~- ~ (u) ~ C verstanden werden. ])ann gilt:

Satz 3. a) Die algebraischen Zahlen (ganzen algebraischen Zahlen) mit mindestens einer Koniugierten au] dem Einheitslcreis sind genau die Normeinselemente (Relativ- einheiten, d.h. Einheiten mit Relativnorm 1) der~enigen quadratischen Erweiterungen K/Ko alcebraischer Zahlk6rper, bei denen m i n d , tens eine reelle Primstelle vo yon Ko in K komplex wird.

b) Sei K /Ko eine quadrati.sehe Erweiterung algebraischer Zatdk6rper ; vl . . . . . vr seien

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genau die~enigen komTlexen Primstellen yon K, deren Einschriinlcung au] Ko reell ist. Dann 8ind die 1Vormeinselemente yon K]Ko genau die x e K mit

Ix!~, = . . . . I x l~ , = 1 1 ) .

Beweis . Da die ganzen algebraischen Zahlen mit Norm 1 Einheiten sind, sind die geklammerten Aussagen in a) klar; b) wird sich beim Beweis yon a) automatisch ergeben.

Sei x . 4- 1 eine algebraische Zahl mit der Konjugierten x~ auf dem Einheitskreis. Dann ist x ein Normeinselement der quadratischen Erweiterung Q(x)/Q(x ~ I/x); sei ~ : Q (x) --> C der durch r (x) = xi defmierte Q-Monomorphismus und v~ die ~t entsprechende komplexe Primstelle yon Q (x); wegen ~ (Q (x ~- 1Ix)) c t t ist die Ein- sehr~nkung yon vi auf Q(x + 1Ix) eine reelle Primstelle yon Q(x -~ I/x).

Sei umgekehrt K/Ko eine quadratische Erweiterung algebraiseher ZahlkSrper, v0 eine reelle Primstelle yon Ko und v eine fiber v0 liegende komplexe Primstelle yon K. Es genfi~ nun zu zeigen: Ist x e K, so ist genau dann 2/'K/l~o(x) = 1, werm I x[v = 1. Aber v ist die einzige fiber v0 liegende Primstelle yon K, und daher ist

also genan damn Ix Iv = I, wenn A:'K/Ko(X) ~ I, da vo reell war, q.e.d.

Korollar 1. D/e Einheitswurzeln sind genau die ttelativeinheiten der quadratischen Erweiterungen K/Ko algebraischer Zahl]cSrTer, bei denen Ko totalreell und K total- imagin~ir ist.

Korollar 2. Sei u eine totalreelle ganze algebraische Zahl; /iir die Koniugierten u~ e R gelte durchweg l ui] < 2. Dann ist Q (u) der grSflte reelle Teillc6rper des KreiskSrloers

B e ~ e i ~ . E~ ist Q(~) tot~lreen und Q(~) (V~-~-Z-~) totamna~o-~ar, da ~:-- -- 4 < 0 f ~ ane K o n i ~ g e n e - m yon ~ g~t. ~ = �89 (~ + V ~ - 4) i~t eine Relati~einheit ffir Q (u, Vu 2 - 4)/Q (u) und daher naeh Korollar 1 eine Einheitswurzel. Es ist also Q (u, Vu 2 - 4) -- Q (~) ein KreiskSrper und Q (u) sein grSBter reeller TeilkSrper, q.e.d.

Um nicht notwendig ganze algebraische Zahlen mit Konju~er ten auf dem Ein- heitskreis n~her zu untersuchen, benSt i~ man einige Tatsachen fiber verallgemeinerte Einheiten. Sei S eine endliehe Menge yon Primstellen des algebraischen ZahlkSrpers K mit S ~ S~. Ez(K) sei die Gruppe der S-Einheiten yon K, d.h. die Gruppe der s e K mit lel~: 1 ffir alle ve~S, Z ( K ) die Gruppe der ~ e K mit l~Iv: 1 fiir alle v. Dann besag% der Dirichletsehe Einheitensatz:

Es (K)/Z (K) ist eine freie abelsche Gruppe yore Rang card (S) - - 1, und Z (K) ist die Gruppe der Einheitswurzeln in K.

Ist K/Ko eine endliche Erweiterung algebraischer Zahll~Srper, so bezeiehne Ez (K/Ko) die Gruppe der S-Relativeinheiten fiir K/Ko, d.h., die Gruppe der Norm- einselemente e e Es(K). Es ~o~lt:

1) [ ]v~ ist die der Primstelle v~ zugeordnete Bewertung yon K.

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Lemma. Sei K/Ko eine endliche Erweiterung algebraischer ZahlM~rper, S ~ S~n eine endliche Menge van Primstellen van K und S[Ko die Menge der unter S lieqenden Primstellen van Ko. Dann gilt:

EsI~o(Ko)" Es(K/Ko) hat endlichen Index in Es(K).

B e w e i s . Sei [K : K0] = 1. Betrachte den Homomorphismus

~4fx/t:o v: Es(K) > ESlKo(Ko ) can> ESlX;o(Ko)/Es]~o(Ko)Z.

Es ist Kern (v) ---- Esf~o(Ko) �9 Es (K/Ko) und daher Es (K)/EsIKo(Ko) " Es (K/Ko) iso- morph zu .~K/Ko(Es(K))]EsI~,(Ko)L Letztere Gruppe ist abet nach dem Dirichlet- schen Einheitensatz endlich, woraus die Behauptung folgt, q .e .d.

I~ach dem L e m m a gdlt n u n : Genau dann ist die Gruppe Es(K/Ko) endlich (besteht also nu t aus Einheits-

wur~eln), wenn card (S) = card (S I K0). Daraus kann man unmit te lbar ablesen:

Satz 4. a) Hat die algebraische Zahl u sSmtliche Kanjugierten au] dem Einheitslcreis, ist abet ]~eine Einheitswurzel, so geht im Nenner van u mindestens ein in Q (u) zerlegter Primdivisor p van Q(u + l/u) au].

b) Sei K/Ko eine quadratische Erweiterung, Ko totalreell, K totalima!linSr, Po ein in K zerlegter Primdivisor van Ko, P0 ---- P P' in K, und sei S ~ (p, ~'~ eine endliche Menge van Primdivisoren van K. Dann gibt es in K unendlich viele algebraische Zahlen u mit s~mtlichen Konjugierten au/ dem EinheitsIcreis, in deran .u hSchstens Primstellen aus S au~gehen.

Literaturverzeichnis

[1] H. HASS~., Zahlentheorie. Berlin 1963. [2] H. HASSX, Bericht fiber neuere Untersuchungen und Probleme aus der Theorie der algebra-

ischen ZahlkSrper, Teil Ia. Wfirzburg 1965. [3] H. HASSE, t~ber die Klassenzahl abelscher Zahlk6rper. Berlin 1952. [4] S. L~G, Algebra. New York 1967. [5] E. Wx~ss, Algebraic Number Theory. New York 1963.

Eingegangen am 8. 6. 1970

Anschrift des Autors- l~ranz Halter-Koch ~/Iathematisches Institut der Universit~t 5 KSln-Lindenthal