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Akzentregeln Der richtige Akzent ist manchmal bedeutungsunterscheidend: 1. Letzte/Vorletzte Silbe: βις „der Bogen (Waffe)“, βος „Leben“; τινι „jemandem“, τνι „wem?“ usw. 2. Verschiedene Akzente: „entweder, oder, than; he!, psst!“ <> „wahrlich!, wirklich?“, να auf dass er sei“, ι „oh weh!, juhu!“ <> ιῶ „heile!, hilf ab!“, ῆτε „fürwahr“ <> τε „oder auch, than“, ν „sieh da!“ <> ῆν „ich/er war“, γων „führend“ <> αγν „Wettkampf“, οκοι „zuhause“ <> οῖκοι „Häuser“, φλει „liebe!“ <> φιλεῖ „er liebt“, φυγν „fliehend“ <> φυγῶν „die Fluchten“ 3. Akzent/kein Akzent: ει „falls/ob“, εῖ „du bist“, „der“, „welches (Relativpronomen)“, τις „jemand“ <> τς „wer?“, τι „etwas“ <> τ „was?“, στι(ν) „es gibt, es ist möglich“ <> ... εστι(ν) oder ... εστ(ν) „er ist ...“ Die Tabelle aus dem Kapitel „Akzente“ zeigt: - Zirkumflex steht nie auf der drittletzten Silbe - Nur wenn der letzte Vokal eines Wortes kurzsilbig (ᾰ, ῐ, ῠ, ε, ο) ist, kann o Zirkumflex auf der vorletzten Silbe stehen o Akut auf der drittletzten Silbe stehen - Ist die letzte Silbe nicht kurz, ist die einzig mögliche Betonung Akut auf der letzten/vorletzten Silbe Daraus ergeben sich einige Hinweise, wie man die Akzente richtig setzt: Das Wort μῦθος im Nominativ hat einen Zirkumflex, aber der Genitiv (μū ́ θου) darf stattdessen nur einen Akut haben, weil kein kurzer Vokal (sondern -ου) am Wortende steht. Also: Zirkumflex > Akut bei langer Endsilbe. νθρωπος hat den Akzent auf der ersten Silbe, aber der Genitiv ( ανθρπου) muss ihn eine Silbe Richtung Wortende verschieben, weil die letzte Silbe keinen Kurzen Vokal enthält. Also: Akut darf bei langer Endsilbe nicht auf der drittletzten Silbe stehen und wird eine Silbe nach rechts verschoben. Die gleiche Erklärung gilt für παδευε und παιδεω, πλεμος und πολμῳ usw. πλεμοι endet zwar nicht auf einen kurzen Vokal, aber bei der Besprechung der Silbenlänge wurde gesagt, dass Substantive sowie einige Verbformen mit der Endung -αι/-οι auch als kurz zu zählen sind! Bei Verbformen tritt die Betonung möglichst weit vom Ende des Wortes zurück, maximal auf die drittletzte Silbe. Es gibt Ausnahmen gegen diese Akzentregel, die späteren Kapiteln besprochen werden (Kontrakta, Optative, infinite Formen…), sie werden hier aber schon mal genannt: - Die drittletzte Silbe wird betont, wenn die letzte kurz ist (ᾰ,ε,ῐ,ο,ῠ, meist auch αι): πε-πεισ-μαι = ππεισμαι „ich bin überzeugt (worden)“, ι-ᾱ-σι = ᾱσι „sie gehen“ - Die vorletzte Silbe wird betont, wenn a) die letzte naturlang ist oder b) diese Silbe die letzte Silbe eines Präfix ist a) παι-δευ-ω = παιδεω, παι-δευ-οι = παιδεοι „er möge erziehen“ b) παρευ+θες = παρεθες „schiebe ein!“, παρα+σχες = παρσχες „gewähre“, απο+δος = απ-δος „gib zurück!“ Außerdem: 1. Perfekt-Partizipien auf –μνος wie πεπαιδευμ νος „jemand, der erzogen worden ist“

Altgriechisch Akzentregeln

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Lehrtext Altgriechisch: Wie man Akzente, soweit voraussagbar, richtig setzt.

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Page 1: Altgriechisch Akzentregeln

Akzentregeln

Der richtige Akzent ist manchmal bedeutungsunterscheidend:1. Letzte/Vorletzte Silbe: βιος „der Bogen (Waffe)“, βιος „Leben“; τινι „jemandem“, τινι „wem?“

usw.2. Verschiedene Akzente: η „entweder, oder, than; he!, psst!“ <> ῆ „wahrlich!, wirklich?“, ἱνα ῇ „auf

dass er sei“, ιω „oh weh!, juhu!“ <> ιῶ „heile!, hilf ab!“, ῆτε „fürwahr“ <> ητε „oder auch, than“, ην „sieh da!“ <> ῆν „ich/er war“, αγων „führend“ <> αγων „Wettkampf“, οικοι „zuhause“ <>

οῖκοι „Häuser“, φιλει „liebe!“ <> φιλεῖ „er liebt“, φυγων „fliehend“ <> φυγῶν „die Fluchten“3. Akzent/kein Akzent: ει „falls/ob“, εῖ „du bist“, ὁ „der“, ὁ „welches (Relativpronomen)“, τις „jemand“ <> τις „wer?“, τι „etwas“ <> τι „was?“, εστι(ν) „es gibt, es ist möglich“ <> ... εστι(ν) oder ... εστι(ν) „er ist ...“

Die Tabelle aus dem Kapitel „Akzente“ zeigt:- Zirkumflex steht nie auf der drittletzten Silbe- Nur wenn der letzte Vokal eines Wortes

kurzsilbig (ᾰ, ῐ, ῠ, ε, ο) ist, kanno Zirkumflex auf der vorletzten Silbe steheno Akut auf der drittletzten Silbe stehen

- Ist die letzte Silbe nicht kurz, ist die einzigmögliche Betonung Akut aufder letzten/vorletzten Silbe

Daraus ergeben sich einige Hinweise, wie man die Akzente richtig setzt:

Das Wort μῦθος im Nominativ hat einen Zirkumflex, aber der Genitiv (μū�θου) darf stattdessen nur einen Akut haben, weil kein kurzer Vokal (sondern -ου) am Wortende steht. Also: Zirkumflex > Akut bei langer Endsilbe.

ανθρωπος hat den Akzent auf der ersten Silbe, aber der Genitiv (ανθρωπου) muss ihn eine Silbe Richtung Wortende verschieben, weil die letzte Silbe keinen Kurzen Vokal enthält. Also: Akut darf bei langer Endsilbe nicht auf der drittletzten Silbe stehen und wird eine Silbe nach rechts verschoben.

Die gleiche Erklärung gilt für παιδευε und παιδευω, πολεμος und πολεμῳ usw.πολεμοι endet zwar nicht auf einen kurzen Vokal, aber bei der Besprechung der Silbenlänge wurde

gesagt, dass Substantive sowie einige Verbformen mit der Endung -αι/-οι auch als kurz zu zählen sind!

Bei Verbformen tritt die Betonung möglichst weit vom Ende des Wortes zurück, maximal auf die drittletzte Silbe. Es gibt Ausnahmen gegen diese Akzentregel, die späteren Kapiteln besprochen werden (Kontrakta, Optative, infinite Formen…), sie werden hier aber schon mal genannt:

- Die drittletzte Silbe wird betont, wenn die letzte kurz ist (ᾰ,ε,ῐ,ο,ῠ, meist auch αι):πε-πεισ-μαι = πεπεισμαι „ich bin überzeugt (worden)“, ι-ᾱ-σι = ιᾱσι „sie gehen“

- Die vorletzte Silbe wird betont, wenn a) die letzte naturlang ist oder b) diese Silbe die letzte Silbe eines Präfix ista) παι-δευ-ω = παιδευω, παι-δευ-οι = παιδευοι „er möge erziehen“b) παρευ+θες = παρευθες „schiebe ein!“, παρα+σχες = παρασχες „gewähre“, απο+δος = απο-δος „gib zurück!“ Außerdem:

1. Perfekt-Partizipien auf –μενος wie πεπαιδευμενος „jemand, der erzogen worden ist“2. Verbaladjektive auf –τεος wie παιδευτεος „jemand, der erzogen werden soll“.

- Die letzte Silbe wird betont in Kontraktionen (s.u.) und einigen anderen Ausnahmefällen1. Befehlsformen im Aorist Medium (mit der Endung -ου): βαλοῦ „wirf!“, λιποῦ „lass zurück!“ usw.2. Weiterhin die folgenden fünf aktiven Aorist-Befehlsformen:

ἐλθε „komm!“, εἰπε „geh!“, εὑρε „finde!“, ιδε „sieh!“, λαβε „nimm!“3. Ferner Verbaladjektive auf -τος wie παιδευτος „einer, der erzogen wurde oder erziehbar ist“.4. Außerdem die Verben ειμι „sein“ und φημι „sagen“ im Präsens Indikativ, sofern sie überhaupt

einen Akzent haben:ειμι „ich bin“, φημι „ich sage“, εστι(ν) „er ist“, εισι(ν) „sie sind“ usw.

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Zirkumflex als Akzent haben vor allem einige Formen von „gehen werden“, „sein“, „sagen“ und „wissen“ im Präsens (bzw. Perfekt): εῖμι „ich werde gehen“, εῖ „du wirst gehen, du bist“, εῖσι(ν) „er wird gehen“, φῆς „du sagst“ οῖδα „ich weiß“, οῖσθα „du weißt“, οῖδε(ν) „er weiß“,

Ebenso verlangen einen Zirkumflex diejenigen Endungen von Infinitiven und Partizipien, die nicht selbst betont werden.Das ist natürlich nur möglich, wenn die letzte Silbe kurz ist: παιδεῦσαι „(zuende) erziehen“ (Aorist Aktiv) πεπαιδεῦσθαι „erzogen sein“ (Medium/Passiv Perfekt) παιδευθῆναι „(zuende) erzogen worden sein“ (Aorist Passiv)

παιδεῦον „erziehendes“ (Präsens Aktiv Neutrum) παιδεῦσον „erziehen werdendes“ (Futur Aktur Neutrum)

Weiterhin können Kontrakta auf der letzten Silbe einer Verbform einen Zirkumflex haben.

Übung:1. Ergänze bei Wörtern ohne Akzent alle fehlenden Akzente (ggf. durch Nachschlagen im Wörterbuch): ῶμος „Schulter“, ωμων, πολεμον, πολεμου, πολεμοι, πολεμοις, εν, ανθρωπῳ, μη, πυρᾳ, εις τι, παιδευεται „er wird erzogen“, εν μοι, εξ ἡμῶν, αιξ, ου, οὑ „dessen“, ευ (zwei Möglichkeiten), ᾳ:δε!, εισι, του „des“, ιθι „geh!“, ει „du bist“, ει „falls/ob“, τοῦτον „diesen (Akk.)“, τουτῳ „diesem“, εγω, τις „wer“, τις „jemand“, τι „etwas“, φιλος, βιβλοι, θεαι, το σῶμα „der Körper“, τα σωματα „die Körper“,παιδευθητι „lass dich erziehen!“, εφησθα „du sagtest“, βιος „Bogen“, ητε „oder auch“, φησι „er sagt“

2. Setze/korrigiere bei folgenden Wörtern ggf. den Akzent:τις εῖ „wer bist du?“, πρᾶξεις „Handlungen“, ἀπιστος „treulos“, ερχεται τις „jemand kommt“, πολεμοις „den Kriegen“, επ’ῶμων „auf den Schultern“, ἱστασθε „ihr steht“, ἰχθῦς „Fisch“