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MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT 03/2011 Jahrgang 08 5,00 Euro 20348 Zur Zukunft der Gesundheitsversorgung Das Versorgungsstrukturgesetz Gesundheitsminister Daniel Bahr, MdB Zur Zukunft der Gesundheitsversorgung Das Versorgungsstrukturgesetz Gesundheitsminister Daniel Bahr, MdB

am puls - Magazin für Politik & Gesundheit 03/2011

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am puls - Magazin für Politik & Gesundheit 03/2011 Titel: BMin Daniel Bahr zum Versorgungsstrukturgesetz

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MAGAZIN FÜR POLITIK UND GESUNDHEIT

03/2011

Jahrgang 08

5,00 Euro

2034

8

Zur Zukunft der Gesundheitsversorgung

Das VersorgungsstrukturgesetzGesundheitsminister Daniel Bahr, MdB

Zur Zukunft der Gesundheitsversorgung

Das VersorgungsstrukturgesetzGesundheitsminister Daniel Bahr, MdB

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Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

Die Entwicklung bahnbrechender neuer Medikamente steht für Novartis an erster Stelle. Sie schaffen neue Behandlungsmöglichkeiten für bislang unerfüllte medizinische Bedürfnisse der Patienten. Patienten und ihre Bedürfnisse können jedoch sehr unterschiedlich sein. Deshalb bietet Novartis neben innovativen Medikamenten auch Möglichkeiten zur Krankheitsvorbeugung sowie Generika an und verbessert den Zugang zu medizinischer Versorgung.

www.novartis.de

Caring and curing Leben retten und Gesundheit verbessern – das ist unser Ziel.

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www.novartis.de

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Mit der Entscheidung der Bun-desregierung, den Gemeinsa-men Bundesausschuss (GBA) einer grundlegenden Reform zu unterziehen, ist der erste Schritt hin zu einer Neustrukturierung der Selbstverwaltung im Ge-sundheitswesen auf den Weg ge-bracht. Nun heißt es abwarten und sehen, wie weit die schwarz-gelbe Koalition bereit ist, bei die-ser Reform zu gehen. Grundsätz-lich ist alles zu prüfen, jede Sit-zung, jeder Ausschuss, jede „al-ternativlose“ Instanz muss hin-terfragt und auf den Prüfstand gestellt werden.

Auch die Krankenkassen brau-chen zukünft ig einen fairen und nachhaltigen Wettbewerb unter-einander. Gutes Management und solide Unternehmensfüh-rung müssen einen sichtbaren Erfolg haben. Es gibt Kranken-kassen, die mit einem Verwal-tungskostenanteil von acht Pro-zent arbeiten. Es gibt aber auch andere Beispiele: Solides Arbei-ten mit den Versichertengeldern für einen Verwaltungskostenan-teil von vier Prozent. Die gesetz-lichen Krankenkassen brauchen wieder die Beitragsautonomie. Nur so wird gewährleistet, dass sie im fairen Wettbewerb um Versicherte als Kunden werben.

Der Spitzenverband der Krankenkassen ist von einer umfassen-den Überprüfung auch nicht aus-geschlossen. Es ist nicht ersicht-lich, welche nachhaltigen Aufga-ben dieser eigentlich besetzt. Si-cherlich nicht gewollt ist der Ver-such, die Ärzteschaft immer wie-der unter einen Generalverdacht zu stellen und fortwährend zu be-haupten, Ärztinnen und Ärzte hät-ten lediglich das eigene Wohl im Sinn. Nicht beabsichtigt bei der Schaff ung dieses Gremiums war, dass die Führungsetage sich mitt-lerweile für das bessere Gesund-heitsministerium hält.

Die Kassenärztlichen Vereinigun-gen (KV) sollten ebenfalls in den Reformprozess eingebunden wer-den. Hier sollten wettbewerbsähn-liche Modelle, beispielsweise die freie KV Wahl des Arztes, durch-aus diskutiert und geprüft werden. Damit wird gewährleistet, dass auch zwischen einzelnen KVen ein System der Kundenorientierung entsteht, das dann letztlich eine echte Konkurrenzsituation schafft und somit auch den Patientinnen und Patienten einen greifb aren Vorteil bietet.Frank Rudolph1.stellv. LandesvorsitzenderGesundheitspolitischer Arbeitskreis der CDU-NRW

Dr. Mathias Höschel und Frank Rudolph, Herausgeber

Die Selbstverwaltung braucht Reformen

eDiTorial

INHALT

4 Schwerpunkt: VersorgungsstrukturgesetzBundesgesundheitsminister Daniel Bahr spricht sich dafür aus, Strukturen zu verbes-sern, um Patienten besser zu versorgen

6 Clemens Kuhne (IKK) listet eine Reihe vonKritikpunkten auf, die der Gesetzentwurf der Bundesregierung nach Ansicht der Kassen be-inhaltet

8 ÄrztemangelChristian Gumprecht von der CDU-Landtagsfraktion in Thüringen macht 50 Vorschläge gegen den Ärztemangel auf dem Land

9 In ihrem Konzept zur Fachkräftesicherungwill die Bundesregierung dem Ärztemangel unter anderem mit dem Abbau von Bürokratie und mit Änderungen beim Auswahlverfahren, erläutert Rudolf Henke

10 GebührenordnungDie PKV und die Ärzteschaft sind sich einig, dass die Gebührenordnung (GOÄ) einer grundlegen-den Reform bedarf, schreibt Volker Leienbach

12 HealthcareEin Beispiel für eine gut funktionierende Zu-sammenarbeit zwischen einer Pilotkasse und einem Software-Anbieterbeschreiben Andrea Mischker und Marc Risse

14 FreiwilligendiensteHartz IV-Empfänger könnten BFD eine nützliche Beschäftigung fi nden, meint Peter Tauber, MdB

16 SymposiumÜber ein gesundheitspolitisches Symposium berichtet Thomas Wingerath

17 Ambulante RehaAmbulant vor stationär – eine Alternative zur Kur? Das fragt und beantwortet Grischa Convent in seinem Beitrag

18 Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit... bilden einen weiten Spannungsbogen, der in der Theorie anders aussieht als in der Praxis, meint der Vorstand der KV Bayern

20 Reform des G-BADer Unions-Gesundheitspolitiker Rolf Koschor-rek erläutert die Schwerpunkte der Reform des G-BA

22 KommentarJens Spahn plädiert dafür, die Reform der Pfl e-geversicherung endlich anzupacken und nicht (wieder) auf die nächsten Jahre zu vertagen

22 Impressum

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VerSorGUnGSSTrUkTUrGeSeTZ

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Von Daniel Bahr, MdBBundesminister für Gesundheit

Liebe Leserinnen und Leser, in Deutsch-land können Dank der Fortschritte der Medizin immer mehr Menschen mit immer besseren Methoden und Th era-pien behandelt werden. Viele Erkran-kungen können heute geheilt oder dauer-haft gelindert werden. Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Diabetes können trotz ihrer Krank-heit mit einer guten Arzneimitteltherapie oft ein Leben mit hoher Lebensqualität führen. Gleichzeitig wird unsere Gesell-schaft immer älter, die Menschen brau-chen also auch mehr medizinische Ver-sorgung. Das alles wird zukünft ig mehr medizinisches Personal und Pfl egekräf-te erfordern. Und das bedeutet auch, dass wir schon heute die richtigen Entschei-dungen treff en müssen, um eine gute medizinischen Versorgung für die Zu-kunft zu sichern. Es ist meine feste Über-zeugung, dass unser Gesundheitswesen nur dann als qualitativ hochwertig und patientennah wahrgenommen und ak-zeptiert wird, wenn der Hausarzt oder

Werden die Karten durch das neue Versorgungsstrukturgesetz neu gemischt?

der Facharzt bei Bedarf schnell und unkompliziert erreichbar ist. Wenn es keine langen Fahrten zum Arzt gibt, wenn der Arzt Hausbesuche machen kann, wenn Hausärzten, Fachärzten und Kliniken gemeinsam daran gele-gen ist, für Patientinnen und Patienten eine gute Behandlung zu fi nden.

Wir stehen in Deutschland aktuell sehr gut da, auch im internationalen Ver-gleich. Aber in der sektorübergreifen-den Behandlung können wir uns noch verbessern. Den Arzt und die Ärztin um die Ecke gibt es in einigen struk-turschwachen Gebieten Deutschlands schon heute nicht mehr. Wir haben selbst in einigen Bezirken großer Städ-te einen Mangel an Ärzten. Was nützt es der Patientin, wenn der Bezirk, in dem sie lebt als überversorgt gilt, sich also keine neuen Ärzte dort nieder-lassen dürfen, der nächste Frauen-arzt aber 15 km entfernt seine Pra-xis hat und dort Termine nur schwer zu bekommen sind. Hier klafft eine große Lücke zwischen den am grü-nen Tisch gemachten Zahlen und der

wahrgenommenen Versorgungsrealität. Diese Lücke muss geschlossen werden. Dazu sollen die Maßnahmen des Ver-sorgungsstrukturgesetzes beitragen.

Das Versorgungsstrukturgesetz ist der zweite ganz wichtige Reformschritt in dieser Legislatur. Eine stabile Basis für diesen zweiten Schritt haben wir in der Regierungskoalition bereits gelegt und wichtige Vorarbeiten geleistet. Mit dem Gesetz zur nachhaltigen und sozial aus-gewogenen Finanzierung der gesetzli-chen Krankenversicherung haben wir das Gesundheitssystem in fi nanziel-ler Hinsicht konsolidiert. Zugleich hat die Koalition mit dem Gesetz zur Neu-ordnung des Arzneimittelmarktes eine neue Balance geschaff en zwischen In-novation und Bezahlbarkeit von Arz-neimitteln und so die Qualität der Arzneimittelversor gung gesichert, bei ef-fi zientem Einsatz der fi nanziellen Mittel.

Ich möchte mit dem jetzt vorgelegten Versorgungsstrukturgesetz die Struk-turen und Rahmenbedingungen so ver-ändern, dass eine gute Versorgung von

Wir verbessern Strukturen, damit Patientinnen und Patienten auch in Zukunft gut versorgt werden

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VerSorGUnGSSTrUkTUrGeSeTZ

Patientinnen und Patienten auch für die Zukunft erhalten bleibt. Ich will die Vo-raussetzungen dafür schaff en, dass eine fl ächendeckende, wohnortnahe und bedarfsgerechte Versorgung in ganz Deutschland erhalten bleibt. Dabei setze ich auf mehr Wettbewerb für In-novationen, auf mehr Wettbewerb zwi-schen den Kassen, auf fi nanzielle An-reize, auf familiengerechte Arbeitsmo-delle, auf intelligente Strukturen und eine besser Vernetzung zwischen Haus-arzt, Facharzt und Klinik. Es gilt, Hin-dernisse abzubauen, starre Strukturen aufzubrechen, den Akteuren vor Ort wieder mehr Verantwortung zu über-tragen und Gestaltungsspielräume zu eröff nen. Und schließlich werden wir auch mit fi nanziellen Anreizen arbeiten müssen, um strukturelle Nachteile aus-zugleichen. Das sind sinnvolle Investi-tionen in eine nachhaltige und stabile Patientenversorgung - gerade in struk-turschwachen Gebieten.

Ärzte und Krankenkassen bleiben wei-ter verantwortlich für die Verteilung der Arztsitze, aber sie sollen mehr Frei-heiten bekommen und die starren Vor-gaben sollen aufgehoben werden. Statt-dessen soll sich die Planung stärker an

regionalen Besonderheiten orientie-ren und somit zielgenauer werden. Den Ländern soll dabei eine erweiterte Ein-wirkungs- und Gestaltungsmöglichkei-ten überantwortet werden. Wir schaf-fen es so, dass die Planungen künft ig näher am Menschen sind und der Situ-ation vor Ort angepasst werden.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Angehörige der Heilberu-fe wird gefördert, denn nur attrakti-ve Arbeitsbedingungen helfen, Ärztin-nen und Ärzte in ihrem Beruf zu hal-ten und neue Berufsanwärter zu ge-winnen. Schließlich wird es ergänzend auch Anreize in der Vergütung der Ärz-tinnen und Ärzte geben. Denn bis-her ist es oft so, dass Ärzte in unterver-sorgten Gebieten mehr Patienten zu be-treuen haben und deswegen paradoxer Weise auch noch mit Honorarabzügen bestraft werden. Dieses unverständli-che System wollen wir vom Kopf auf die Füße stellen und so einen weiteren An-reiz schaff en, für die Niederlassung von Ärzten in strukturschwachen Regio-nen. Als ergänzendes Element wollen wir neue, mobile Versorgungskon zepte fördern, mit denen eine Region fl exi-bel versorgt werden kann. Das kann

Daniel bahr

Daniel bahr wurde am 4. November 1976 in Lahnstein geboren. Nach seiner Ausbil-dung zum Bankkaufmann absolvierte er sein Studium der Volkswirtschaftslehre und Business Management an der West-fälischen Wilhelms-Universität Münster. Seit 1996 ist er Mitarbeiter der Dresdner Bank AG, zunächst in Schwerin, später in Hamburg, wo er zuletzt im Bereich Firmen- und Unternehmenskundenberatung tätig war. Seit 2003 ist Daniel Bahr gehaltslos beurlaubt. Von 1999 bis 2004 war Daniel Bahr Bun-desvorsitzender der Jungen Liberalen. Seit 2001 ist er Mitglied im Bundesvor-stand der FDP, seit 2006 Vorsitzender des FDP-Bezirksverbandes Münsterland und seit November 2010 Landesvorsitzender der FDP Nordrhein-Westfalen

Die bessere Versorgung der Patienten und Patientinnen steht im Mittelpunkt des neuen Gesetzes

z.B. den Ausbau von Zweigpraxen aber auch die Investition in telemedizinische Anwendungen bedeuten.

Die Vergütung der Ärzte wird refor-miert und fl exibler gemacht, damit auch hier den regionalen Gegebenhei-ten besser Rechnung getragen werden kann. Starre Vorgaben haben auch hier zu unverständlichen und widersprüch-lichen Ergebnissen geführt. Ein System aber, das undurchschaubar und unge-recht ist, das wird nicht akzeptiert. Des-halb sind jetzt zumindest fl exiblere Re-gelungen eingebaut worden, die wieder Gestaltungsspielräume zulassen.

Mit dem GKV-Versorgungsstrukturge-setz schaff en wir einen fl exiblen Rah-men und setzen die richtigen Anreize für eine bessere Versorgung von Patien-tinnen und Pati enten.

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Von Dr. Clemens Kuhne

Die Bundesregierung hat einen Gesetz-entwurf verabschiedet, der die Bedarfs-planung und die Struktur der ärztlichen Versorgung reformiert und den Ärzten wiederholt mehr Honorar verschafft. Im Versorgungsstrukturgesetz fi ndet sich aber noch mehr Bemerkenswertes: von der Schwächung der Selbstver-waltung bis hin zu einem verwunder-lichen neuen Wettbewerbsinstrument für die Kassen.

Das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetz-lichen Krankenversicherung, kurz: Versorgungsstrukturgesetz, hieß zu-nächst im politischen Fachjargon und in den Eckpunkten des Bundesminis-teriums für Gesundheit (BMG) noch

Mit dem Entwurf des Versorgungsstrukturgesetzes kann sich die GKV noch nicht so richtig anfreunden

schlicht Versorgungsgesetz. Nachdem die Eckpunkte und Gesetzentwürfe in die Öff entlichkeit gelangt waren, as-soziierten allerdings nicht wenige Be-obachter mit dem Gesetz weniger das Bemühen, der Bevölkerung eine bes-sere ärztliche Versorgung zuteil wer-den zu lassen, sondern vielmehr, die Ärzte fi nanziell besser zu versorgen. Von einer langfristigen Qualitätsver-besserung der medizinischen Versor-gung der Patienten z. B. durch den Abbau der Fehl, Unter- und Überver-sorgung ist nicht die Rede. Stattdes-sen soll es strukturelle Veränderungen in der Versorgung geben. Die neue Überschrift „Versorgungsstrukturge-setz“ ist daher ehrlicher.

Viel SkepsisVielleicht tragen die weiteren parla-mentarischen Beratungen dazu bei, das Gesetz entscheidend zu verbes-sern. Denn viele geplante Regelun-gen verursachen Skepsis. Beginnen wir mit der Bedarfsplanung. Eines der Hauptziele des Bundesgesund-heitsministers ist es, mit einer Neu-ordnung der Bedarfsplanung der am-bulanten ärztlichen Versorgung einer drohenden Unterversorgung in be-stimmten Gebieten Deutschlands zu begegnen. Konkret sollen Ärzte keine Honorarabschläge mehr be-fürchten müssen. Das heißt nichts an-deres, als dass die Kassen respektive die Versicherten zukünft ig noch tie-fer in die Tasche greifen dürfen. Denn

Der Versorgung Struktur gegeben?

Der Versorgung Struktur gegeben?

Der Versorgung Struktur gegeben?

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Dr. cleMenS kUhne

clemens kuhne, Jahrgang 1977, hat an der FU Berlin Politikwissenschaft studiert. Neben dem Studium/Promotion arbeitete er als studentischer Mitarbeiter im Euro-päischen Parlament, im Deutschen Bun-destag und als wissenschaftlicher Pro-jektmitarbeiter in der Grundsatzabteilung des Bundespräsidialamtes. Ab 2006 war er im Berliner Büro der Kaufmännischen Krankenkasse (später KKH-Allianz) be-schäftigt, dessen Leitung er 2008 über-nahm. Seit 2011 leitet Kuhne den Be-reich Politik und Lobbyarbeit der Gemein-samen Vertretung der Innungskranken-kassen, IKK e. V. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

VerSorGUnGSSTrUkTUrGeSeTZ

Abschläge in überversorgten Gebieten zur Gegenfi nanzierung sind nicht vor-gesehen. Fakt ist: Es gibt eine Überversor-gung der allgemeinärztlichen Versor-gung, vor allem in den Ballungsge-bieten. Würde man diese Überversor-gung zugunsten der unterversorgten Gebiete abbauen, müsste kein zusätz-liches Geld fl ießen. Doch leider reicht der politische Mut hier nicht aus. Der Weg ist beschwerlich, denn der Zorn der Ärzte wäre einem gewiss. Nieder-gelassenen Ärzten in überversorgten Gebieten, die in den Ruhestand gehen, müssten nämlich ihre Praxis schlie-ßen. Heute verkaufen sie diese Praxis – die Überversorgung bleibt bestehen. Die Bundesregierung will nur halb-herzig die Möglichkeit ausbauen, dass Kassenärztliche Vereinigungen diese Praxis aufk aufen können. Halbherzig, weil das dynastische Prinzip einge-führt wird: Praxen in überversorgten Gebieten dürfen auch zukünft ig wei-tergeführt werden, wenn der Nachfol-ger zur Familie gehört. So etwas gibt es wohl nur in der Bundesrepublik Deutschland.

Kräftige HonorarsteigerungenAuf kräft ige Honorarsteigerungen dürfen sich auch die Zahnärzte freu-en. Nicht nur deren Gebührenord-nung, die für privat (und bei bestimm-ten Leistungen auch für gesetzlich) Versicherte gilt, wird novelliert. Auch die gesetzlichen Krankenkassen wer-den mehr Geld überweisen müssen, wenn es nach dem Willen des BMG geht und wesentliche Regelungen zur Ausgabenbegrenzung entfallen.

Nicht zuletzt dürft e die neue „ambu-lante spezialärztliche Versorgung“ mehr Geld in die Börsen der Ärzte und Krankenhäuser spülen. Mengen-begrenzungen in diesem neuen Be-reich sind ebenso wenig vorgesehen wie eine Gegenfi nanzierung durch Einsparungen in anderen Leistungs-bereichen. Doch um nicht den Ein-druck zu vermitteln, der Autor würde nur die Ausgabensteigerungen be-klagen, sei festgestellt, dass die Kas-sen durchaus bereit sein dürft en, hohe

Behandlungsqualität entsprechend zu vergüten. Die spezialärztliche Versor-gung für seltene und schwere Krank-heiten war sogar eine Idee der Kassen, wenngleich die Umsetzung im Gesetz zu Wünschen übrig lässt.

Wenden wir uns der weiteren Th e-menagenda des Gesetzes zu: Bedenk-lich sind die Versuche der Bundesre-gierung, den Gemeinsamen Bundes-ausschuss (G-BA) zu politisieren. Zu-künft ig haben das BMG und der Bun-destag entscheidenden Einfl uss auf die Benennung der „unparteiischen“ Vorsitzenden des Selbstverwaltungs-organs. Man scheint wirklich zu glau-ben, damit die Legitimation des Gre-miums, das weitreichende Entschei-dungen über die Leistungen der GKV trifft , zu erhöhen. Dabei gibt es keiner-lei Legitimationskette hin zur Politik. Vielmehr ist die Legitimation durch die selbstverwalteten Krankenkassen und Leistungserbringer (Ärzte, Kran-kenhäuser) gegeben. Kopfschütteln er-zeugt überdies der Vorschlag, dass zu-künft ig wieder der sektorübergreifen-de Ansatz durch einen sektorspezifi -schen Ansatz ersetzt wird. Das heißt, dass nur noch die von einem Be-schluss wesentlich betroff enen Leis-tungserbringer an Entscheidungen beteiligt werden. Mit Ausnahme der Zahnärzte, die vielleicht wirklich nicht über ein Krebsmedikament mitent-scheiden müssen, ist diese Neuerung unerklärlich. Sollten Sektorengren-zen nicht abgebaut werden und bald der Vergangenheit angehören? Alles in allem dienen die Vorschläge zur Re-form des G-BA dessen nachhaltiger Schwächung.

Ungläubig lässt ein weiterer Vor-schlag die Krankenkassen zurück: Sie sollen demnächst die Satzungsleis-tungen ausweiten dürfen. Bekannt-lich sind die Leistungen der Kassen zu etwa 95 Prozent identisch. Doch der Gesetzgeber hatte es den Kassen er-möglicht, einen Teil der Einnahmen bzw. der Fondszuweisungen für frei-willige Mehrleisten auszugeben. Diese Leistungen werden in der Satzung ge-regelt und tragen daher den Namen

„Satzungsleistungen“. Heutige Sat-zungsleistungen betreff en insbesonde-re Haushaltshilfen oder Reiseschutz-impfungen. Kassen sollen diese Mehr-angebote künft ig zugunsten eines ge-steigerten Wettbewerbs in den Be-reichen Hilfsmittel, nicht zugelasse-ne Leistungserbringer (!), künstliche Befruchtung etc. ausweiten können. Doch sie sollen dafür kein zusätzliches Geld aus dem Gesundheitsfonds er-halten, sondern Zusatzbeiträge erhe-ben. Werden aber die Kassen ernsthaft Zusatzbeiträge erheben, um die Sat-zungsleistungen anbieten zu können?

Fazit: Das Gesetz will die richtigen Dinge reformieren. Eine neue Be-darfsplanung, ein neuer Versorgungs-sektor, eine Reform des G-BA und mehr Wettbewerbsinstrumente für die GKV sind alles gute Ziele. Doch die Lösungsvorschläge sind nicht ge-eignet, diese Ziele zu erreichen.

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ÄrZTeManGel

chriSTian GUMPrechT

christian Gumprecht ist Sprecher für So-ziales, Familie und Gesundheit der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag. Der lang-jährige Landrat des ostthüringischen Al-tenburger Landes ist seit 2004 Mitglied des Landtages. Er gehört den Ausschüs-sen für Soziales und Inneres an.

Der Runde Tisch zur ärztlichen Versorgung in Thüringen hat rund 50 Vorschläge unterbreitet, mit denen die ärztliche Ver-sorgung im Freistaat auch in Zukunft ge-sichert werden kann. Die Teilnehmer des Tisches präsentierten ihre Anregungen im Rahmen des 2. Gesundheitsforums der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag.

Beteiligt waren Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik, der Kassenärzt-lichen Vereinigung, der Ärztekammer, der Krankenkassen, des Apotheker-verbandes und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Die Arbeit des Run-den Tisches ist ein Beweis, dass die uns gestellten Aufgaben lösbar sind – zu-mindest dann, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. So sind wir dem gemeinsamen Ziel ein ganzes Stück näher gekommen! Der Runde Tisch setzt mit den vorgeschlagenen Maß-nahmen an verschiedenen Stellschrau-ben an: im Bereich des Studiums und der Studienförderung, der Aus- und Weiterbildung, beim Berufseinstieg und der ärztlichen Tätigkeit, der Zu-sammenarbeit zwischen Krankenhäu-sern und niedergelassenen Ärzten und

Es gibt keine Patentlösung zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung auf dem Land

50 Vorschläge gegen ÄrztemangelGesundheitsforum der CDU-Landtagsfraktion zur ärztlichen Versorgung

Maßnahmen der Vereinigungen der ärztlichen Selbstverwaltung.

Feinarbeit ist gefragt

Es ist deutlich geworden, dass es den einen Hebel zur Sicherstellung der ärzt-lichen Versorgung nicht gibt – stattdes-sen ist Feinarbeit in vielen Bereichen gefragt. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Anregung an Kassenärztliche Ver-einigung und Apothekerverband, sich auf eine gemeinsame Verordnungs-richtlinie für frei erhältliche Medika-mente zu einigen. So sparen Arzt und Apotheker Zeit, und dies kommt wie-derum den Th üringer Patientinnen und Patienten zu Gute. Ein weiterer Vorschlag des Runden Tisches: Pra-xisgründungen fi nanziell zu unterstüt-zen, indem Ärzten der Zugang zu be-reits bestehenden Förderprogrammen der Th üringer Aufb aubank geöff net wird. Zur langfristigen Sicherung des Ärztenachwuchses schlägt der Bericht zudem die Erhöhung der Zahl der Stu-dienplätze der Humanmedizin in Th ü-ringen um 10 Prozent vor. Die Teil-nehmer des Runden Tisches stellten

sich auch die Frage, wie sich eine ärzt-liche Versorgung in Regionen gestalten lässt, die künft ig nicht mehr fl ächende-ckend durch „reguläre“ Niederlassun-gen abgesichert werden können. Inno-vative Lösungen, um die entstehenden Versorgungslücken zu schließen, sind etwa Landambulanzen oder auch mo-bile Versorgungsformen.

Ein sinkendes Angebot an medizini-schen Fachkräft en bedeutet auch, dass die begrenzte ärztliche Kapazität noch eff ektiver für die medizinische Ver-sorgung der Patienten genutzt wer-den muss. Hier plädiert der Bericht des Runden Tisches für eine stärkere Ge-wichtung der Rolle der Hausärzte. Sie sollten in noch höherem Maße als bis-her die Rolle des Familienarztes und Koordinators übernehmen und für die Basisbetreuung kranker Menschen an deren Wohnort zur Verfügung stehen. Hochqualifi zierte medizinische Fach-angestellte – z.B. gemäß des VERAH®-Konzeptes – können den Hausarzt von Aufgaben wie Dokumentation, Injek-tionen oder Blutabnahmen entlasten. So werden Wartezeiten verringert und Behandlungsabläufe noch besser koor-diniert.

50 Vorschläge gegen Ärztemangel

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FachkrÄFTeSicherUnG

Allergologie

Allgemeine Laboruntersuchungen

Anti-Aging

Arbeitsmedizin

Erbkrankheiten/Humangenetik

Individuelle Gesundheitsleistungen

Patientenschulungen

Umweltmedizin

Vaterschaftsteste

Vorsorgeuntersuchungen

Labor Diagnostik

MEDIZINISCHES VERSORGUNGSZENTRUM

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Von Rudolf Henke

In ihrem Konzept zur Fachkräftesicherung will die Bundesregierung dem Ärzteman-gel unter anderem mit dem Abbau von Bürokratie und mit Änderungen beim Auswahlverfahren für die Zulassung zum Medizinstudium begegnen. Für Ärzte und Ingenieure soll zudem die Vorrangprüfung der Bundesagentur für Arbeit ausgesetzt werden. Die Abschaffung erfolgt durch einen Erlass an die Arbeitsagenturen. Die Aussetzung der Vorrangprüfung ist richtig, sie ist eine überfl üssige büro-kratische Hürde. Die Arbeitsagenturen lehnen ohnehin nur drei Prozent aller Anträge von Krankenhäusern ab, wie das Bundesgesundheitsministerium kürzlich mitgeteilt hat. Vorrang hat für uns, dass alle ausländischen Ärzte, die nach Deutschland kommen, nicht nur fachlich, sondern auch sprachlich und interkulturell ausreichend kompetent sind. Wo Arzt drauf steht, muss auch immer Arzt drin sein. Die bloße Be-rufserfahrung in Ländern mit abwei-chenden Bildungswegen kann kein Er-satz für eine sonst gebotene gleichwer-tige Qualifi kation sein.

Die Gleichwertigkeitsprüfung für Ärzte, die nicht aus dem Europäischen Wirtschaft sraum (EWR) und auch

Fachkräftestrategie der Bundesregierungnicht aus der Schweiz kommen, steht daher auch nicht zur Disposition. Not-wendig wären aber auch hier Verbesse-rungen. Nach wie vor gibt es ein heil-loses Durcheinander auf Länderebene. Was, wann und wie geprüft wird, hand-haben die Bundesländer auf höchst unterschiedliche Weise.

Geprüft werden sollen dabei grund-sätzlich Kenntnisse, die ein deutscher Medizinstudent am Ende des Studiums erworben hat. Vor diesem Hintergrund wäre es zwingend, zunächst einmal durch eine bundeseinheitliche, trans-parent nachvollziehbare Prüfung Klar-heit für zuwanderungswillige Ärztin-nen und Ärzte zu schaff en, die es in an-deren Ländern schon längst gibt.

Die Regierung muss bei der Fachkräf-tesicherung im Auge behalten, dass in vielen Ländern gut ausgebildete Fach-kräft e mindestens ebenso dringend ge-braucht werden wie in Deutschland. Wir können nicht einfach Nachwuchs-ärzte aus Schwellen- und Entwick-lungsländern abwerben, die dort drin-gend zur Sicherstellung der Versor-gung gebraucht werden. Deshalb geht der Vorschlag, die Aufenthaltsbegren-zung für Medizinstudierende aus ande-ren Ländern aufzuheben, in eine völlig falsche Richtung.

Unsere Probleme müssen wir in ers-ter Linie selbst lösen. Das geht nur, indem wir die Arbeitsbedingungen in Deutschland verbessern und die Arbeitsplätze der Ärzte attraktiver ge-stalten.

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rudolf henke, MdB, Jahrgang 1954, verheiratet, vier Kinder. Nach seinem Studium der Humanmedizin an der RWTH Aachen erhielt der Internist 1979 seine Aprobation. 1988 wurde er Oberarzt an der Klinik für Hämatologie/Onkologie am St.-Antonius-Hospital Eschweiler und be-gann sein Engagement in der berufsstän-dischen Selbstverwaltung und wurde Vor-standsmitglied der Ärztekammer Nord-rhein. Seit 1995 ist er Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Vorsitzender des Marburger Bundes ist er seit 2007

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GebÜhrenorDnUnG

Von Dr. Volker Leienbach

Die Private Krankenversicherung und die Ärzteschaft sind sich einig, dass die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) einer grundlegenden Reform bedarf, nachdem sie seit Jahrzehnten in weiten Teilen nicht mehr aktualisiert worden ist. Daher hat der Verband der Privaten Krankenversi-cherung (PKV) ein umfassendes Modell für eine zukünftige GOÄ erarbeitet, das dem Bundesgesundheitsministerium zu-sammen mit einem Vorschlag der Bundes-ärztekammer (BÄK) als Grundlage für die Neuentwicklung dient. Das PKV-Konzept ist nicht nur solide kalkuliert, sondern ent-hält auch Instrumente, mit denen medizi-nische Innovationen schneller aufgenom-men werden können. Zudem ermöglicht es Spielräume für fl exiblere Lösungen zur Verbesserung der Behandlungsqualität.

Transparente betriebswirtschaftliche KalkulationWir brauchen in der GOÄ mehr Trans-parenz. Dazu ist vor allem eine betriebs-wirtschaft liche Kalkulation auf der Basis nachvollziehbarer Kostendaten nötig. Sehr gut erscheint uns dabei der Gedan-ke des Gesundheitsministeriums, ein unabhängiges Institut zu bilden, das die Basis dafür legen soll. Ein solches unab-hängiges Institut könnte auch dazu bei-tragen, dass zukünft ig medizinische In-novationen möglichst zeitnah in die Ge-bührenordnung aufgenommen werden können.

Es liegt in der Natur der Sache, dass zwi-schen dem Erbringer einer Leistung und demjenigen, der die Kosten dafür zu tragen hat, häufi g unterschiedliche Vorstellungen über die angemessene

Vergütungshöhe bestehen. Deswegen ist es zwingend erforderlich, dass eine transparente betriebswirtschaft liche Kalkulation die Grundlage der neuen GOÄ bildet. Die Berechnungen der PKV basieren daher auf den besten verfügba-ren Kostendaten.

Stärkung der „sprechenden“ MedizinDie persönliche Zuwendung des Arztes zu seinen Patienten ist der mit Abstand wichtigste Bestandteil der ambulanten Behandlung. Das PKV-Modell sieht aus diesem Grund eine deutliche Stärkung der „sprechenden Medizin“ vor. Die per-sönliche Zuwendung soll durch eine re-lativ stärkere Honorierung der aufge-wendeten Zeit vergütet werden, wäh-rend im Gegenzug rein technische Leis-tungen relativ niedriger vergütet werden sollen. Dies erhöht nicht nur den Anreiz, sich für den Patientenkontakt mehr Zeit zu nehmen, es erleichtert den Patien-ten gleichzeitig auch die Rechnungsprü-fung. Zudem werden damit Fehlanreize zu medizinisch nicht notwendigen Men-genausweitungen vermieden. Dass es in der hergebrachten GOÄ heute solche Fehlanreize gibt, beweist beispielsweise die Tatsache, dass in der Labormedizin die Pro-Kopf-Ausgaben für Privatver-sicherte etwa fünfmal so hoch sind wie für Kassenpatienten. Ein solcher Unter-schied ist jedenfalls medizinisch nicht zu begründen.

Spielraum für Qualitäts-VereinbarungenWie auch immer die Reform letztlich aussehen mag, so wird die GOÄ in jedem Fall eine staatliche Verordnung mit re-lativ starren Vorgaben bleiben. Sie lässt keinen Spielraum, um beispielsweise in-novative Lösungen zur Verbesserung der Behandlungsqualität zu erproben und einzuführen. Daher sieht das PKV-Mo-dell eine so genannte Öff nungsklausel in der GOÄ vor, die es Ärzten und PKV er-laubt, in gegenseitigem Einvernehmen und jeweils mit Einverständnis des Versi-cherten von der GOÄ abweichende Ver-einbarungen im Sinne der Patienten zu treff en.

Viele Ärztefunktionäre erkennen leider die Chancen einer solchen Öff nungsklausel

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REFORM DER GEBÜHRENORDNUNG FÜR ÄRZTE:

Chance auf mehr Qualität bei angemessener Vergütung

Die Gebührenordnung für Ärzte bedarf einer grundlegenden Reform

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Dr. Volker leienbach

Volker leienbach geboren 1954 in Köln. Der Betriebswirt wurde 1980 in Köln pro-moviert. Von 1984 bis 2002 war er Ge-schäftsführer der Gesellschaft für Versi-cherungswissenschaft und –gestaltung e.V. (GVG). Seit 2002 ist er Verbands-direktor und Geschäftsführendes Vor-standsmitglied des Verbands der priva-ten Krankenversicherung e.V.

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Innovation hat einen Namen:Covidien

Kompetenzin der Produktentwicklung Im vergangenen Jahr wurde Covidien zwei Mal in Folge durch das Patent Board in Chicago (USA) als Innovationsführer seiner Branche gekührt1. Basis der Ana-lysen des Patent Board ist die Bewertung der jeweiligen Patent-Portfolios von insgesamt mehr als 120 internationa-len Unternehmen. Insbesondere in der Chirurgie zählt Covidien seit vielen Jahren zu den unangefochtenen Markt-führern. Aktuelle Beispiele der Innovati-onskra� von Covidien in der Chirurgie sind die neuen revolutionären Handin-strumente im Bereich SILS™ (Single In-cision Laparoscopic Surgery), der EEA™ Hämorrhoiden Stapler, die höchst in-novative Nahtmaterial der V-Loc™ Pro-duktserie oder der Endo GIA™ Ultra Universal Stapler mit der innovativen Tri-Staple™ Technologie.

Kompetenzin ärztlicher AusbildungDie Covidien »Master Class« Schulungen in Elancourt (Paris) und Straßburg set-zen Maßstäbe und vermitteln praktisches Wissen in einem professionellen Umfeld und auf höchstem Niveau. Gleiches gilt für die Ausbildung von OP-Schwestern und P� egern, sowie der eigenen Mitar-beiter. »Best in Class« ist unser nationaler und internationaler Anspruch.

COVIDIEN, COVIDIEN mit Logo, das Covidien-Logo und “positive results for life” sind in den USA und international eingetragene Marken der Covidien AG. Andere Marken sind Eigentum eines Unternehmens der

Covidien-Gruppe oder ihres jeweiligen Inhabers. © 2010 Covidien. Alle Rechte vorbehalten.

1 The Patent Board, 20 North Wacker Drive, Chicago, IL 60606http://www.patentboard.com/PressRoom/ArticleView/tabid/95/smid/440/ArticleID/108/reftab/38/t/Covidien%20continues%20to%20lead%20industry/Default.aspx

Covidien Deutschland GmbHGewerbepark 193333 Neustadt/Donau+49 (0)9445 959 0 [t]+49 (0)9445 959 155 [f]

WWW.COVIDIEN.COM

Weiterdenken

noch nicht. Sie sprechen stattdessen von dem vermeintlichen Risiko, dies könne zu Dumpingpreisen führen. Dieses Argument ist allerdings nicht nachvollziehbar. Denn eine betriebs-wirtschaftlich sauber kalkulierte neue Gebührenordnung würde schließ-lich immer eine Preisuntergrenze bil-den, die folglich niemals unterschrit-ten werden könnte. Auf deren Basis könnten dann mittels einer Öffnungs-klausel besondere Vereinbarungen von Ärzten und PKV über Qualität, Menge und Honorierung aufsetzen. Zudem kämen Vereinbarungen ab-weichend von der GOÄ nur zu Stan-de, wenn beide Seiten darin Vortei-le sehen und beide die entsprechen-den Verträge unterschreiben. Davor sollten die Verfechter selbstbewusster ärztlicher Freiberuflichkeit eigentlich keine Scheu haben.

Eine Umfrage des Meinungsfor-schungsinstituts EMNID vom Januar dieses Jahres zeigt im Übrigen, dass die Ärzte an der Basis der Idee einer Öffnungsklausel wesentlich aufge-schlossener gegenüberstehen als ihre Funktionäre: Eine absolute Mehrheit von 57 Prozent der befragten Ärzte befürwortet demnach die Einfüh-rung eines solchen Instruments.

Die PKV bleibt eine budgetfreie ZoneAnders als von Ärztevertretern gefor-dert, ist eine Anhebung des Punktwer-tes in der GOÄ hingegen nicht erfor-derlich. Denn die Pro-Kopf-Ausgaben für die ambulante Arztbehandlung von Privatpatienten sind seit 1983 von damals 240 Euro auf 822 Euro im Jahr 2009 gestiegen, also um mehr als 240 Prozent. Das ist mehr als dreimal so viel wie die allgemeine Preisstei-gerung in Deutschland. Der Verweis der Bundesärztekammer auf den seit 1983 nur leicht angestiegenen Punkt-wert kann in diesem Zusammenhang nicht überzeugen. Denn entschei-dend für die ärztlichen Einnahmen aus der Behandlung Privatversicherter ist nicht allein der Punktwert, sondern auch der Steigerungsfaktor und die er-brachte Menge an Leistungen.

Die seit 2009 für alle Bundesbürger gel-tende Pflicht zur Versicherung bringt wiederum die Private Krankenversiche-rung mehr noch als zuvor in die Pflicht, im Versicherteninteresse für die Qua-lität und Bezahlbarkeit der Leistungen einzustehen. Letztlich liegt es im ge-meinsamen Interesse von Ärzten und PKV, das Leistungsversprechen der Pri-vaten Krankenversicherung werthaltig und zu tragbaren Kosten für die Versi-cherten einzulösen.

Denn die PKV ist und bleibt im Unter-schied zur Gesetzlichen Krankenver-sicherung eine budgetfreie Zone mit deutlich größeren Freiheitsgraden für die Ärzte. Das GOÄ-Modell der Priva-ten Krankenversicherung betont diese Stärken, sichert den Ärzten eine an-gemessene Vergütung und ermöglicht beiden Seiten mehr Handlungsspielräu-me. Dabei setzt sie weiterhin auf sach-liche Beratungen gemeinsam mit der Bundesärztekammer, den Vertretern der Beihilfe und dem Bundesgesund-heitsministerium, um möglichst rasch zu einer tragfähigen Reform der Ge-bührenordnung für Ärzte zu kommen.

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healThcare-PlaTTForM

Von Dr. Andrea Mischker und Marc Risse

1996 wurde BIG direkt gesund von der Bun-desinnung der Hörgeräteakustiker als erste Direktkrankenversicherung gegründet. Vom Unternehmenssitz in Dortmund aus betreuen 500 Mitarbeiter rund 400.000 Versicherte aus dem gesamten Bundes-gebiet. Die Unternehmensphilosophie der BIG basiert auf einer konsequenten On-line-Ausrichtung und dem Entschluss, neue Wege im Online-Kundendialog zu gehen. Dies gilt auch für die internen Prozesse in der Leistungsabwicklung. So wird die Hilfsmittelversorgung der BIG seit dem 1. April 2011 über die Zentrale Healthcare Plattform (ZHP.X3) der HMM Deutschland GmbH abgewickelt.

Sehr gut funktionierende Zusammenarbeit zwischen einer Pilotkasse und einem Software-Anbieter

BIG direkt gesund berichtet als Pilotkasse über den Einsatz der Zentralen Healthcare-Plattform ZHP.X3 der HMM Deutschland GmbH

Aktuell versorgen mehr als 17.000 sonstige Leistungserbringer bun-desweit Versicherte der BIG mit Hilfsmitteln. Steigende Hilfsmittel-verordnungen erfordern optimier-te Abwicklungsprozesse bei Leis-tungserbringern und Krankenkas-sen. Jede Hilfsmittelversorgung steht dabei als Einzelfallentschei-dung im Spannungsfeld zwischen medizinischer Notwendigkeit und Wirtschaft lichkeit. Die Vertrags-hierarchie des § 127 SGB V erfor-dert ein Vertragscontrolling, das hoch komplexe Anforderungen an elektronische Plattformen zur Ab-bildung der vertraglich vereinbar-ten Hilfsmittelbeschaff ung stellt. Überdies wird eine elektronische

Kommunikation und Datenmi-gration in zahlreiche Schnittstel-len verlangt, um alle Beschaff ungs-prozesse abzubilden und zu doku-mentieren. Prozesszeiten zur Fall-abwicklung müssen gestrafft und gleichzeitig die Datenqualität der Hilfsmittelhistorien erhöht wer-den. Eine Lagerführung bei dezen-traler Lagerstruktur soll mit Zugriff auf kassenartenübergeifende Lager-bestände organisiert werden, täg-lich angebotene Tages- oder Kon-tingentpreise für die wirtschaft li-che Versorgung im Einzelfall müs-sen vorhanden sein. Zugleich gilt es, vertragsgebundene Folgeversor-gungen verwaltungsarm abzuwi-ckeln. Diese Anforderungen sind

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healThcare-PlaTTForM

nur ein Auszug selbiger, die von der BIG an ihre elektronische Hilfsmit-telbeschaff ung gestellt werden.

Mit ZHP-online der HMM Deutschland GmbH wurde ein Sys-tem und gleichsam ein Partner ge-funden, mit dem die Hilfsmittelbe-schaff ung unter den genannten An-forderungen gelingen soll. Hierzu wurde im Vorfeld das ZHPclassic-System durch die HMM Deutsch-land GmbH bei allen Prozessbetei-ligten der BIG wie z.B. Führungs-kräft en, Mitarbeitern, Personalrat, Datenschutzbeauft ragter etc. vorge-stellt. Nicht nur Funktionalität und Bedienoberfl äche, sondern auch die Datenübertragung in Schnittsstel-len überzeugten. Dass die BIG das neue ZHP.X3, das die Kostenträ-ger über den X3-Standard mit über 7.000 Leistungserbringern vernetzt, als Pilotkasse einsetzen und tes-ten würde, ergab sich während der Projektdurchführung. Der Vor-teil ist, dass über den X3-Standard auch andere KV Systeme und Bran-chensoft warelösungen der Leis-tungserbringer unterstützt wer-den, was Performance und Abwick-lungsfrequenzen deutlich erhöht. Zur Umsetzung des Projekts wur-den Ansprechpartner und Vertei-ler defi niert und eine Projektgrup-pe aus Mitarbeitern von BIG und HMM eingerichtet. Ein Maßnah-menplan verhalf allen Beteiligten, den aktuellen Sachstand, den Zeit-rahmen und die Adressaten für die Durchführung einzelner Projekt-schritte zu kennen. In einer Test-phase wurden die Mitarbeiter der BIG geschult, Testfälle bearbeitet und Szenarien durchgespielt. “Uns ist es gelungen, durch die professio-nelle Zusammenarbeit der Projekt-gruppe eine schnelle und unkom-plizierte Integration des Systems bei gleichzeitig hoher Akzeptanz durch die Mitarbeiter und Mitarbeiterin-nen zu erreichen“, resümiert Marc Risse, Projektleiter bei der BIG. Die Schulungen wurden jederzeit durch ein kompetentes Team der HMM Deutschland begleitet und direkt

vor Ort durchgeführt. Etwaige Feh-lerquellen konnten so direkt aufge-griff en und behoben werden. „Sys-temumstellungen sind unabhän-gig von der Größe einer Organisa-tionen immer ein Kraft akt“, weiß Risse. „Von unseren Mitarbeitern in der Leistungsabteilung wurde und wird ein hohes Maß an Flexibili-tät und Lernbereitschaft verlangt“. Die Zeit korreliert dabei positiv mit dem Maß an erworbenen Kompe-tenzen in der täglichen Systemver-wendung.Die Mitarbeiter der BIG, die tag-täglich ZHP.X3 verwenden, bewer-ten es als zeitsparend und effi zient, Vorgänge werden ad hoc gefunden, Wege wirtschaft licher Versorgun-gen wie z.B. durch Poolversorgun-gen können voll ausgeschöpft wer-den. Gerade bei hochpreisigen Hilfsmitteln ist die Suche nach wie-dereinsatzfähigen Produktalternati-ven in kassenübergreifenden Lager-systemen eine ressourcenschonen-de Option.

Zwischen BIG und HMM fi nden ein stetiger Austausch und gemein-same Anwendungsdemonstratio-nen statt, aus denen neue Elemen-te zur Abwicklung auf der Plattform hervorgehen. Aktuell werden Tun-nellösungen zur formalen Vorprü-fung von vertragsgebundenen Kos-tenvoranschlägen geschaff en, damit

die Anwendung von Verträgen ver-tragskonform in der gewünschten Datenqualität erfolgt. Auch werden automatische Genehmigungsregeln getestet, um das Verfahren dort zu vereinfachen, wo Fragen der medi-zinischen Notwendigkeit und Wirt-schaft lichkeit bereits geklärt sind.

Sehnsüchtig wird die geplante elek-tronische Anbindung an die MDK-Standorte erwartet, um auch den Prozess der Beauft ragung nach § 275 SGB V auf elektronischem Sys-tem zu vereinheitlichen. Der Zu-griff anderer Leistungsbereiche lässt ebenfalls Ressourcen in der Vermeidung von Doppelanforde-rungen und Fehlversorgungen er-kennen. Zukünft ig ist es für die BIG von Vorteil, alle Kostenvoran-schläge im Hilfsmittelbereich über die Plattform zu erhalten bzw. not-wendigenfalls zu digitalisieren, um gleichsam mit dem Digitalisie-rungsprozess eine erste Formprü-fung zu durchlaufen. Zukünft ig ist auch die Abwicklung weiterer Leis-tungsbereiche auf digitalem Weg wie z.B. in den Leistungsbereichen Zahnersatz, Psychotherapie und Pfl egeversicherung denkbar.

Die beteiligten Projektpartner (von links): Veit Schwabe (BIG), Marc Risse (BIG), Ingo Feld-haus (HMM), Babette Stolp (HMM), Dr. Andrea Mischker (BIG), Thomas Becker (BIG)

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FreiWilliGenDienSTe

Dr. PeTer TaUber

Peter Tauber, MdB (37) geboren in Frankfurt am Main ist evangelisch und ledig. Der promovierte Historiker stu-dierte an der Johann Wolfgang Goe-the-Universität in Frankfurt am Main und war von 2003 bis 2004 persönli-cher Referent der hessischen Kultusmi-nisterin und stellvertretenden Minister-präsidentin Karin Wolff. Seit 2009 ver-tritt er den Wahlkreis Hanau im Deut-schen Bundestag und ist Mitglied der Ausschüsse für Arbeit und Soziales und Familie, Senioren Frauen und Jugend, sowie des Unterausschusses „Bürger-schaftliches Engagement“.

Veränderungen bestimmen unser Leben, und frei nach He-raklit von Ephesus gilt die alte Weisheit: „Nichts ist so be-ständig wie die Lageände-rung“. Nach der Aussetzung von Wehrpfl icht und Zivil-dienst startete zum 1. Juli die-sen Jahres der Bundesfreiwil-ligendienst (BFD). Dieser neue Dienst ist – entgegen landläufi -ger Meinung – nicht der direk-te Nachfolger des Zivildiens-tes und er ist vor allem auch kein K o n k u r r e n z -dienst zum Frei-willigen Sozialen Jahr (FSJ) oder dem Freiwilligen Ö k o l o g i s c h e n Jahr (FÖJ).

Der BFD ist vielmehr eine Chance und eine sinnvolle Er-gänzung. Der ehemalige Zivil-dienst war ein Ersatzdienst der jungen Männern off en stand, die aus Gewissensgründen den Dienst an der Waff e nicht leis-ten wollten. Die beiden Freiwil-ligendienste FSJ und FÖJ beru-hen zwar auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, stehen aber aus-schließlich jungen Freiwilli-gen off en, die das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Perspektive für Arbeitslose

Der neue BFD ist also aus vie-len Gründen eine Chance. Er ist eine Chance für alle Menschen, die einen sinnstift enden Betrag leisten wollen und bereits das 27. Lebensjahr vollendet haben. Der BFD ist eine Chance für die Bewerberinnen und Bewer-ber, die keinen Platz für das FSJ

Freiwilligendienste als Chance begreifen

bekommen haben. Viele wis-sen nicht, dass es nach aktuellen Zahlen 60.000 Bewerberinnen und Bewerber für das FSJ gibt, aber nur 35.000 Plätze. Mit dem BFD ist nun ein Instrument ge-schaff en worden, das die zusätz-liche Nachfrage bedienen kann.

Bereits im April 2011 waren Dr. Carsten Linnemann, MdB und ich sicher, dass es bei entspre-chender Begleitung im Rahmen

des BFD gelin-gen kann, Lang-z e i t a r b e i t s lo -sen eine neue Perspektive zu geben. Wir wi-d e r s p r a c h e n auch dem oft ge-zeichneten Kli-schee, Hartz IV-

Empfänger seien für den Ein-satz im sozialen Bereich generell ungeeignet. Solche plakativen Unterstellungen sind absolut un-gehörig und widersprechen mei-nem Menschenbild.

Finanzieller Anreiz

Aus meiner Sicht ist zurzeit pro-blematisch, dass Hartz-IV-Emp-fänger, die am BFD teilnehmen möchten, für ihr Engagement eher bestraft als belohnt werden: Von den üblichen 330 Euro „Ta-schengeld“ im Monat dürfen sie nur 60 Euro behalten – so nied-rig ist der Freibetrag. Die jetzi-ge Regelung verspielt die Chan-ce, Arbeitslosen die Möglich-keit zu einer sinnstift enden Be-tätigung und einem Wiederein-stieg in den Arbeitsmarkt zu er-öff nen. Dr. Linnemann und ich werden sofort nach der parla-mentarischen Sommerpause die

Initiative im Bundestag ergrei-fen, um den Freibetrag von 60 auf 175 Euro anzuheben. Zu die-sem Schluss kommt auch ein Gut-achten der Wissenschaft lichen Dienste des Deutschen Bundes-tags.

Wenn der BFD für Hartz IV-Empfänger attraktiver wird, rech-nen Experten damit, dass rund 5.000 Arbeitslose über den BFD eine nützliche Beschäft igung fi n-den. Der BFD ist eine gute Gele-genheit, sich zu beweisen, neues Selbstwertgefühl zu entwickeln und im Idealfall eine Tätigkeit kennenzulernen, aus der sich unter Umständen eine berufl iche Qualifi kation ergibt. Diese Chan-ce sollten wir für die Menschen nicht ungenutzt lassen.Wenn der BFD für Hartz IV-

Empfänger attraktiver wird, rechnen Experten damit,

dass rund 5.000 Arbeitslo-se über den BFD eine nütz-liche Beschäftigung finden.

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Mit Leidenschaft und Innovation gegen die Volkskrankheit Diabetes

Changing Diabetes® ist eine eingetragene Marke der Novo Nordisk A/S, Dänemark.

„Changing Diabetes® – Diabetes verändern“: Mit dieser ganz heitlichen Vision bekämpft Novo Nordisk die Volks-krankheit Diabetes und engagiert sich seit fast 90 Jahren leidenschaftlich von der Prävention bis zur Therapie.

Dieses Engagement hat eine lange Tradition: Es beginnt mit der Liebe des dänischen Medizin-Nobelpreisträgers August Krogh zu seiner Frau Marie, die an Diabetes erkrankt war. 1922 hörten die beiden auf einer Vortragsreise in Amerika von der ersten erfolgreichen Diabetesbehandlung mit Insulin. Das Paar traf sich mit den Forschern und bekam die Erlaubnis, Insulin künftig in Skandinavien produzieren zu dürfen.

Seither erforscht das dänische Unternehmen die Stoffwechsel-erkrankung und bietet immer wieder eigene Entwicklungen und

innovative Produkte an, um die Krankheit besser behandeln zu können und das Leben von Menschen mit Diabetes zu ver-bessern.

Darüber hinaus weist Novo Nordisk mit dem Sponsoring des Novo Nordisk Gutenberg Marathons sowie des D-Runs auf die Bedeutung von regelmäßiger sportlicher Betätigung hin, veranstaltet mit „Camp D“ Erlebnis camps für Jugendliche und junge Erwachsene mit Diabetes und informiert unter dem Motto „Diabetes im Blick“ Menschen mit Typ 2 Diabetes.

Weitere Informationen fi nden Sie unter: www.diabetes-im-blick.de www.campd.info www.d-run.de

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GeSUnDheiTSPoliTik

Das geplante Versorgungsstruk-turgesetz (GKV-VStG) soll neue Grundlagen für eine verbesserte Versorgung der Patienten schaf-fen - bei gleichzeitig wachsenden fi nanziellen Zwängen im System.

Von Dr. Thomas Wingerath

Wir leben in spannenden Zeiten: Die Auswirkungen des AMNOG auf Patientenversorgung und In-dustrie sind noch nicht voll abseh-bar, da arbeitet die Politik bereits an der nächsten Reform. Das ge-plante Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VStG) soll neue Grundla-gen für eine verbesserte Versor-gung der Patienten schaff en - bei gleichzeitig wachsenden fi nan-ziellen Zwängen im System.Unter dem Titel „Versorgungs-strukturen im Wandel - Versor-gungsstrukturgesetz 2011 zwi-schen fi nanziellen Zwängen und konkreten Versorgungsbedar-fen“ hatte die „AG Zukunft des Gesundheitswesens“ auch die-ses Jahr zum ge-sundheitspoliti-schen Dialog in die Hauptverwal-tung der Deut-schen Apothe-ker- und Ärzte-bank eingeladen.

Hochkarätige Referenten, dar-unter Prof. Eberhard Wille, Vor-sitzender des Sachverständigen-rates zur Begutachtung der Ent-wicklung im Gesundheitswe-sen, Dr. Andreas Köhler, Vor-standsvorsitzender Kassenärztli-che Bundesvereinigung, Dr. Hans Rossels, Präsident Krankenhaus-gesellschaft Nordrhein-Westfa-len, und Wilfried Jacobs, Vorsit-zender des Vorstands AOK Rhein-land/Hamburg, kamen nach Düs-seldorf, um den über 150 Teil-nehmern ihre Sichtweise auf das GKV-VStG darzustellen.Die Perspektive der Bundes- und Landesgesundheitspolitik

VERSORGUNGSSTRUKTUREN IM WANDELGesundheitspolitisches Symposium der „AG Zukunft des Gesundheitswesens“ als bedeutendes Impuls- und Netzwerk-treffen in Düsseldorf

skizzierten Jens Spahn, gesund-heitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, sowie Barbara Steff ens, Ministe-rin für Gesundheit, Emanzipa-tion, Pfl ege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, in ihren Impulsreferaten.

In Hinblick auf den aktuellen Re-ferentenentwurf ließ Spahn kei-nen Zweifel daran, dass man sich die aktuellen Regelungsinhalte im nachfolgenden parlamentari-schen Beratungsverfahren noch-mals sehr intensiv aus der Patien-tenperspektive anschauen werde.Konkret wurde er zur Rolle des Gemeinsamen Bundesausschus-ses (G-BA) in der geplanten am-bulanten spezialärztlichen Ver-

sorgung, die er durchaus kritisch sieht. „Muss es wirklich der G-BA sein, der die Rah-m e n b e d i n g u n -gen erarbeitet?“, fragte Spahn in die Runde. Man

könne sich durchaus vorstellen, die Zuständigkeit für die Umset-zung der gesetzlichen Vorgaben zu ändern. Eine Alternative wäre, die Aufgabe der Ausgestaltung des neuen Versorgungsbereiches bei den Vertragspartnern - GKV-SV, KBV und DKG - in dreisei-tigen Verträgen anzusiedeln, so Spahn. Unterstützung erhielt er von sei-nem Kollegen, dem CDU-Bun-destagsabgeordneten Dr. Rolf Ko-schorrek, Mitglied der AG Zu-kunft des Gesundheitswesens und auch Co-Moderator der Ge-sprächsrunden. Vieles könne die Selbstverwaltung besser machen.

Die Politik müsse aber den Rah-men vorgeben, damit die drei Vertragsparteien zusammen kommen.

Weiteren Änderungsbedarf sieht Spahn in der Konvergenz der ärztlichen Vergütung, in der In-tegrierten Versorgung oder auch beim Th ema Wartezeiten.

In den weiteren Vorträgen prä-sentierten die Referenten ihre Erwartungen und Anforderun-gen an das GKV-VStG. Deutlich wurde: Die sektorübergreifende Versorgung bietet große Chan-cen, Patientenversorgung besser und wirtschaft licher zu gestalten - wenn die Akteure bereit sind, über ihre Schatten zu springen und das eingefahrene Sektoren-denken zu überwinden. Sowohl in der Veranstaltung als auch im Anschluss bot sich die Möglich-keit, mit den Experten in einen intensiven Diskussions- und Mei-nungsaustausch zu treten.

Dr. ThoMaS WinGeraTh

Dr. Thomas Wingerath, Jahrgang 1966, zwei Kinder. Studium der Che-mie an den Universitäten Köln und Düsseldorf. Seit 2008 für die Novar-tis Pharma GmbH im Bereich Gesund-heitspolitik und Krankenkassenma-nagement tätig. Davor in verschiede-nen Positionen in Industrie und Bera-tung. Seit Juni 2007 Beiratsmitglied im GPA-NRW

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Dr. GriScha conVenT

aMbUlanTe rehabiliTaTion

Während der ambulanten Reha müssen Patienten die gewohnte Umgebung nicht mehr für mehrere Wochen verlassen

Von Dr. Grischa Convent

In den 90er Jahren noch skeptisch be-trachtet, hat sich die ambulante Rehabili-tation heute an vielen Orten durchgesetzt – längst nicht nur aus Kostengründen

Die langfristige Sicherung der Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems wird kon-trovers diskutiert, Veränderungen und Anpas-sungen sind allgegenwärtig. Dass jedoch Kos-teneinsparungen immer gleich mit Qualitäts-einbußen einhergehen, ist ein Trugschluss, wie das Modell der ambulanten medizinischen Re-habilitation seit mehr als zehn Jahren beweist. Statt Kuraufenthalten oft hunderte Kilometer vom Wohnort entfernt, wird dabei auf ambu-lante Rehabilitationseinrichtungen gesetzt, die eine wohnortnahe Versorgung sicherstellen.Während dieser Zeit müssen Patienten die ge-wohnte Umgebung nicht mehr für mehrere Wochen verlassen – ein entscheidender Vorteil nicht nur für Eltern mit Kindern oder Selbst-ständige, sondern auch für Ältere. Auf diese Weise können das soziale Umfeld in die Re-habilitation miteinbezogen und die häusli-chen Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Etwa eine vierstellige Summe wird bei einer ambulanten Rehabilitation gegen-über einer stationären Versorgung eingespart,

Ambulant vor stationär: eine Alternative zur Kur?

medizinisch und therapeutisch bieten die nach indikationsspezifi schen Vorgaben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Reha-bilitation (BAR) zugelassenen Einrichtun-gen unter fachärztlicher Leitung alles, was aus einer guten stationären Klinik bekannt ist. Die Kosten werden von den Renten-, Kranken- und Unfallversicherungsträgern übernommen.Ein weiterer Vorteil: Aufgrund der Nähe zum Wohnort wird nicht nur eine Zusam-menarbeit mit dem Hausarzt und Fachärz-ten erleichtert, sondern weitere Maßnah-men nach Abschluss der Rehabilitation können direkt eingeleitet werden. Solch eine gezielte Nachsorge trägt erheblich zur Stabilisierung des Rehabilitationserfolgs bei und kann direkt mit dem Arbeitgeber abgestimmt werden, um optimale Ergeb-nisse zu erreichen. Zur nachhaltigen Ge-sunderhaltung und Rezidivvermeidung bieten viele BAR-Einrichtungen heute außerdem ein umfassendes Programm bis hin zu qualifi ziert angeleiteten Selbstzah-lerprogrammen an.Angefangen mit orthopädischen Erkran-kungen richtet sich das ganzheitliche Kon-zept mittlerweile auch an Patienten der Kardiologie, Neurologie und Psychosoma-tik sowie seit kurzer Zeit auch an Patienten

der Onkologie. Diese Form der Rehabi-litation ist seit dem Jahr 2000 der statio-nären gleichgestellt. Das Ziel ist die best-mögliche Wiederherstellung der Leis-tungs-, Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Für die Patienten stehen neben Physio-therapie und therapeutisch geleitetem Training, Ergotherapie und Entspan-nungsübungen auch Gesundheitsvorträ-ge, Ernährungsberatung, Sozialberatung sowie psychologische Seminare und Ein-zelberatung auf dem Programm – über drei bis vier Wochen täglich fünf bis sie-ben Stunden. Die Verpfl egung ist in die-ser Zeit sichergestellt, nachmittags keh-ren die Patienten in ihre häusliche und familiäre Umgebung zurück.Trotz der Erfolge steht das System nicht still: Um besser auf die heutigen gesell-schaft lichen und politischen Ansprüche mit Fachkräft emangel und älter werden-den Mitarbeitern einzugehen, werden derzeit erste Modelle der medizinisch-berufl ich orientierten Rehabilitation ge-testet. Sie richten sich an Menschen mit besonderen berufl ichen Problemlagen, auf die in Absprache mit dem Arbeitge-ber oder Betriebsarzt im Rehabilitations-programm gezielt eingegangen wird, um eine zügige Rückkehr an den Arbeitsplatz sicherzustellen.

Dr. med. Grischa convent (44) ist lei-tender Arzt für Orthopädie und Sozial-medizin der medicoreha-Gruppe sowie Diplom-Sportlehrer und Gesundheits-ökonom. Zum Unternehmen mit Haupt-sitz in Neuss gehören 13 Rehabilitati-ons- und Gesundheitseinrichtungen und zwei medizinische Fachschulen am Nie-derrhein. An den Standorten in Neuss, Rheydt und Köln werden jährlich mehr als 1000 Reha-Patienten behandelt.

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PaTienTenWohl

Laut aktuellen Medienberichten hat die amerikanische Ärztevereinigung Na-tional Physicians Alliance (NPA) unter dem Titel „Less is more“ einen Bericht veröff entlicht, demzufolge zu viele un-nötige Untersuchungen und Th era-pien durchgeführt werden. Sie bezieht sich auf Studien und Auswertungen von Fachliteratur und warnt vor dem ausufernden Einsatz teurer Diagnose-verfahren und der oft übereiligen Ver-schreibung teurer Medikamente. Prinzipiell ist es natürlich vernünft ig und richtig, nur diejenigen Untersu-chungen und Th erapien durchzufüh-ren, die medizinisch indiziert und not-wendig sind. Das verlangt allein schon unser Berufsethos. Unsere Patienten vertrauen darauf, dass wir sie aufgrund

Man darf Ärzte nicht permanent zwingen, zwischen Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit zu entscheiden

Zwischen Patientenwohl und Wirtschaftlichkeit

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Statement des Vorstands der KV Bayern zu aktuellen Veröffentlichungen zum Thema Überdiagnose und Übertherapie auch im deutschen Gesundheitswesen nach einer Veröffentlichung der US-Ärzte-vereinigung NPA

unserer ärztlichen Qualifi kation und unseres Verantwortungsgefühls nach den Regeln der ärztlichen Kunst be-handeln. Gleichzeitig fordert der Ge-setzgeber von uns, dass die ärztlichen Leistungen „ausreichend, zweckmäßig und wirtschaft lich sein“ müssen und „das Maß des Notwendigen nicht über-schreiten“ dürfen. Dieses gesetzlich ver-ankerte Wirtschaft lichkeitsgebot gilt nicht nur der Kostendämpfung in der Gesetzlichen Krankenversicherung – es dient auch dem Schutz unserer Patien-ten vor Überdiagnosen und Überthera-pie.

Kluft zwischen Theorie und PraxisGleichwohl unterscheidet sich der All-tag in der Praxis teils erheblich von der

reinen Lehre in der Th eorie: Unsere Pa-tienten erheben Anspruch auf eine um-fassende Diagnostik – auch wenn es sich beispielsweise nur um so etwas Profanes wie Rückenschmerzen han-delt. Teilweise ist der Leidensdruck auf-grund der Schmerzen hoch, teilwei-se sind Lebensqualität oder auch die berufl iche Leistungsfähigkeit einge-schränkt, teilweise haben unsere Pa-tienten einfach Angst, dass die Erkran-kung chronisch werden oder ein Anzei-chen für eine noch weit schlimmere Er-krankung sein könnte. Mit diesen Faktoren sind wir in unse-rer Praxis konfrontiert. Dabei hilft es dem Patienten wenig, von seinem Arzt zu hören, laut NPA seien bei Rücken-schmerzen in den ersten sechs Wochen

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keine bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Kernspin oder CT nötig. Der Patient wird sich vermutlich nur unver-standen und schlecht behandelt fühlen. Ebenso wenig ist einer besorgten Mut-ter zu vermitteln, ihr Kind müsse nach einem Sturz auf den Kopf nicht auf in-nere Schädelverletzungen mittels bild-gebender Verfahren untersucht werden, da laut Statistiken die wenigsten Kin-der von einem solchen Sturz bleibende Schädigungen davontragen. Denn was, wenn diese minimale statistische Wahr-scheinlichkeit ausgerechnet ihr Kind betrifft ?!

Patientenwohl und WirtschaftlichkeitWir Ärzte sehen uns dabei nicht nur mit den Sorgen und den daraus resul-tierenden Ansprüchen der Patienten und Angehörigen konfrontiert, son-dern tragen zudem auch ein nicht un-erhebliches Haft ungsrisiko. Lieber ei-nige Untersuchungen zu viel als eine möglicherweise chronifi zierende oder sogar lebensbedrohliche Erkrankung zu übersehen – das ist die Realität jenseits der Th eorie.

Wir Ärzte sind in erster Linie unse-ren Patienten verp ichtet, die tagtäg-lich in unsere Praxen kommen und darauf vertrauen, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um zur Gesundung beizutragen. Natürlich nehmen wir Ärzte dabei auch unse-re Mitverantwortung für die Kos-ten des Gesundheitssystems ernst.

Allerdings darf man uns Ärzte nicht permanent zwingen, zwischen Patien-tenwohl und Wirtschaft lichkeit zu ent-scheiden. Letztlich müssen wir eine ehrliche öff entliche Diskussion darüber führen, welche Medizin gesellschaft lich legitimiert ist – die optimale Diagnostik und Th erapie, die sich jeder unserer Pa-tienten wünscht, wenn er zu uns in die Praxis kommt? Oder die ausreichende, zweckmäßige und wirtschaft liche Dia-gnostik und Th erapie, die von den ge-setzlichen Krankenkassen gezahlt wird?

Dabei ist es auch dringend an der Zeit, den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung samt der Ver-gütung für einzelne ärztliche Leistun-gen zu überprüfen. Dass die gesetzli-chen Krankenkassen Labortests, den Einsatz bildgebender Verfahren und auch die schnelle Verordnung von Arz-neimitteln weitaus besser vergüten, als ein ausführliches und intensives

Anamnese-Gespräch zwischen Arzt und Patient, setzt für Ärzte, aber auch für Patienten die völlig falschen Signale: Es gibt den Patienten das Gefühl, dass der Arzt sie nur dann richtig untersucht und behandelt hat, wenn Labor und Technik zum Einsatz kamen und am Ende ein Rezept ausgestellt wird.

Möglicherweise haben die Kollegen von der NPA Recht und es werden auch in Deutschland zu viele Untersuchun-gen gemacht und Verordnungen ausge-stellt. Man darf es sich jedoch nicht so leicht machen und die Verantwortung dafür allein uns Ärzten anlasten. Die öff entliche Meinung, was einen guten Arzt, eine gute Diagnose und eine gute Behandlung ausmacht, muss sich än-dern. Erst dann werden sich auch die Ansprüche unserer Patienten und letzt-lich auch die honorarpolitische Bewer-tung ärztlicher Leistungen durch die Krankenkassen ändern.

Vorstand der KV Bayern (von links): Dr. Pedro Sanchez, Dr. Ilka Enger, Dr. Wolfgang Krombholz

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reForM DeS G-ba

Von Dr. Rolf Koschorrek

Der im Jahr 2004 eingesetzte Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat seine Aufga-ben wie die in ihn gesetzten Erwartungen als eine maßgebliche Institution unseres Gesundheitssystems erfüllt und ist zu einer unverzichtbaren Instanz geworden. Getragen von der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, in der Ärzte, Kran-kenhäuser und gesetzliche Krankenkas-sen vertreten sind, arbeitet der GBA un-abhängig von politischen Einfl üssen auf der Basis der gesetzlicher Grundlagen, wie sie im SGB V, insbesondere in den §§ 91 und 92, festgelegt sind. Er beschließt die Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaft liche Versor-gung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen. Für rd. 72 Millionen ge-setzlich Versicherte in Deutschland legt er den Leistungsumfang ihrer Kranken-kasse fest, d.h. welchen Anspruch sie auf bestimmte, von den gesetzlichen Kran-kenkassen zu zahlende Untersuchungen und Behandlungen haben.

Der G-BA ist ein zentrales und in jeder Hinsicht anerkanntes Gremium in

Das gemeinsame Ziel der jetzt im Rahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes beabsichtigten Änderungen ist es, die Entscheidungen zum Umfang des Leistungsanspruchs an die gesetzlichen Krankenkassen für die Bevölkerung verständlich und transparent zu machen

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Zur Reform des G-BA

unserem Gesundheitswesen, dessen Ent-scheidungen zu Umfang und Qualität des Leistungsanspruchs der GKV-Versicher-ten sach- und fachgerecht erfolgen. Auch die Entscheidungsstrukturen des G-BA haben sich prinzipiell bewährt. Wir wol-len allerdings die vorhandenen und be-währten Strukturen auf der Basis der Er-fahrungen, die seit der Einführung der sektorenübergreifenden und einheitli-chen Ausrichtung bei der Beschlussfas-sung gesammelt wurden, kontinuierlich optimieren. Die Reform des G-BA ist des-halb nicht als Kritik an den Beschlüssen oder der Kompetenz der Institution zu verstehen.

Transparenz und die darauf aufb au-ende Akzeptanz von Entscheidun-gen des G-BA werden immer wichti-ger, weil in der Selbstverwaltung und be-sonders vom G-BA heute weitreichen-de, durchaus gesamtgesellschaft lich re-levante Entscheidungen getroff en wer-den. Die Forderung nach mehr Transpa-renz und Nachvollziehbarkeit der Ent-scheidungen ergibt sich auch aus der Ent-scheidung des Verwaltungsgerichts Köln von Anfang dieses Jahres. Danach gilt das

Informationsfreiheitsgesetz (IFG) eben-so wie für die Behörden des Bundes auch für den G-BA als einer Institution, die öf-fentlich-rechtliche Verwaltungsaufga-ben durchführt. Der Anspruch auf Ein-sicht besteht danach für die Protokolle des G-BA, leider aber nicht für darüber hin-ausgehende Informationen über die Voten oder Stellungnahmen einzelner Mitglieder der Ausschüsse in einem Verfahren.

Die jetzt anstehende Reform des Ge-meinsamen Bundesausschusses umfasst im Wesentlichen die folgenden Punkte:❶ Bei Beschlüssen, die allein einen der

Leistungssektoren betreff en, soll zu-künft ig die mit fünf Mitgliedern be-setzte Leistungserbringerbank in einer sektorspezifi schen Besetzung an der Abstimmung teilnehmen. Für den Bereich der Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungs-methoden und weiterer sektorenüber-greifender Fragen, etwa der Qualitäts-sicherung, bleibt es bei der sektoren-übergreifenden Besetzung.

❷ Wir prüfen - auch verfassungsrecht-lich - wie das Verfahren zur Beru-fung der Neutralen weiterentwickelt

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reForM DeS G-ba

Dr. rolF koSch0rrek

rolf koschorrek, MdB, geboren 1956 in Bad Bramstedt, ist seit 2005 Mit-glied des Deutschen Bundestages. Nach dem Zahnmedizinstudium in Göttingen wurde er Zahnarzt in sei-nem Geburtsort. Seit 2009 ist er Bei-sitzer im Vorstand der CDU/CSU-Frak-tion und Obmann der CDU/CSU-Bun-destagsfraktion im Gesundheitsaus-schuss

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werden kann, um die Basis für die Akzeptanz der Entscheidungen des G-BA zu verbessern. In Betracht kommt insbesondere ein Verfahren, in dem die Unparteiischen zukünf-tig vom Patientenbeauft ragten nach § 140h SGB V oder durch den Gesund-heitsausschuss des Deutschen Bun-destages den Trägern des G-BA vorge-schlagen werden.

❸ Für Beschlüsse, die wegen des Aus-schlusses von bisher zu Lasten der ge-setzlichen Krankenversicherung er-brachter Leistungen besondere Aus-wirkungen auf die Versorgung haben und die in sektorenübergreifender Besetzung getroff en werden, schla-gen wir vor, die Einführung eines be-stimmten Mindestquorums, z.B. einer Zweidrittelmehrheit, zu prüfen, um diese weitreichenden Entscheidun-gen auf eine breitere Akzeptanzbasis zu stellen.

❹ Die Verfahren und Entscheidungs-wege des G-BA müssen für Außen-stehende und Betroff ene transparen-ter werden, die Verfahren mehr Of-fenheit und Möglichkeiten zur Beteili-gung bieten. Dies gilt auch für die An-tragsverfahren beim G-BA. Das Ver-hältnis des G-BA zu seinen Instituten und Projektnehmern ist hier einzube-ziehen.

❺ Bei Entscheidungen des G-BA mit Wirkung auf Dritte soll künft ig grundsätzlich eine Verpfl ichtung zur Schätzung entstehender Bürokratie-kosten eingeführt werden, so wie sie

bei der Gesetzgebung des Deutschen Bundestages schon lange besteht. Dies führt zu einem restriktiveren Umgang mit administrativen Aufgaben.

Angesichts der Tragweite der Entschei-dungen im G-BA ist es darüber hinaus nach meiner Überzeugung sinnvoll, wenn die Ausschüsse bzw. Unterausschüsse des G-BA auch die Hersteller von Arzneimit-teln und Medizinprodukten in die Ent-scheidungen stärker einbeziehen und ver-besserte Möglichkeiten zur Information über das zur Entscheidung anstehende Produkt geben. Bisher kommt das Stel-lungnahmeverfahren oft erst zu einem Zeitpunkt, wenn der Entscheidungspro-zess schon so gut wie abgeschlossen ist. Ein weiterer Punkt, der im Zusammen-hang mit dem Versorgungsgesetz zur Dis-kussion steht, ist die Rolle des G-BA bei der geplanten ambulanten spezialärzt-lichen Reform auf der Basis eines geän-derten § 116 b, SGB V. Im Entwurf ist zu-nächst vorgesehen, dass der G-BA die Rahmenbedingungen für die Koopera-tion von niedergelassenen Ärzten, Kran-kenhäusern und Kassen erarbeiten und festlegen. Hier bin ich mit vielen meiner Kollegen einig, dass die betroff enen Ver-tragspartner direkt miteinander über die Bedingungen für die neue Form der Zu-sammenarbeit verhandeln sollen. Der G-BA darf hier nicht eingeschaltet wer-den, denn es ist nach meiner Auff assung eine Aufgabe der Politik dafür zu sorgen, dass die drei Parteien direkt miteinander Verträge schließen.

Der G-BA ist und bleibt eine zentrale In-stitution unseres Gesundheitswesens. Die gute Arbeit, die in seinen Gremien ge-leistet wird, die fachliche Kompetenz, die dort vertreten ist und die weitreichende Bedeutung der dort getroff enen Entschei-dungen steht in Fachkreisen außer Frage - aber leider ist der G-BA als Gremium der Selbstverwaltung im Gesundheitswe-sen trotz guter Öff entlichkeitsarbeit in der Bevölkerung immer noch zu wenig be-kannt und anerkannt.

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JENS SPAHN

Jens Spahn, MdB, wurde 1980 in Ahaus geboren. Seine Ausbildung zum Bank-kaufmann bei der WestLB führte ihn auch nach Luxemburg. Der studierte Politikwis-senschaftler gehört seit 2002 dem Deut-schen Bundestag an. Seit 2009 ist er ge-sundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und stellvertre-tender Landesvorsitzender des Gesund-heitspolitischen Arbeitskreises der CDU Nordrhein-Westfalen.

HerausgeberDr. Mathias HöschelDr. Hanno KehrenFrank RudolphVerlagGünter KohlPR + MarketingGärtnerkoppel 324259 Westensee/ KielTel. 04305-992992 / Fax 04305-992993E-Mail: [email protected]

AnzeigenverkaufÜber den VerlagAnzeigenschluss für die nächste Ausgabe: 7.10.2011

RedaktionTim Küsters

Satz und LayoutWalter Katofsky, Kiel

DruckEvers-Druck, Meldorf

AbonnementEinzelheft: 24,- Euro pro Jahr bei 4 AusgabenGeschäfts-Abo: 20 Ex. Pro Ausgabe: 200,- Euro

Das Magazin am puls erscheint viermal im Jahr jeweils zur Mitte eines Quartals.

impressum

Generationengerechte Lösung in der Pflegeversicherung

Eine der zentralen gesellschaft spolitischen Fra-gen der Zukunft dreht sich um die Finanzierung der Pfl egeversicherung. Für uns alle ist die Si-cherung der Pfl ege älterer Menschen sehr wich-tig, denn jeder von uns kann einmal in diese Si-tuation kommen. Es ist nun an der Zeit, diese Frage zu beantworten und sich den Herausfor-derungen zu stellen und sie nicht - wie schon so häufi g - auf die nächsten Jahre zu „vertagen“. In den vergangenen Wochen haben 22 junge Ab-geordnete der CDU-/CSU-Bundestagsfraktion die Bundesregierung zum handeln aufgefordert.

Es geht darum, eine ausgewogene Balance zwi-schen nötigem Finanzbedarf und einer nicht übermäßigen Mehrbelastung der Versicherten zu fi nden. Wir dürfen dabei unseren Blick nicht allein auf die gegenwärtige Situation richten, sondern müssen angesichts der steigenden fi -nanziellen Last und der sinkenden Zahl von Bei-tragszahlern auch für kommende Generationen Vorsorge schaff en. Denn die Pfl egeversicherung muss auf lange Sicht leistungsfähig bleiben.

Es ist unser Ziel, insbesondere für den Zeitraum vorzusorgen, in dem die „Babyboomer“-Gene-rationen der 50er und 60er-Jahre in das Pfl ege-alter kommen. Denn dann müssen hohe Leis-tungsansprüchen von weniger jüngeren Men-schen fi nanziert werden. Wir müssen jetzt be-ginnen, eine Rücklage zu schaff en, um den Bei-tragssatz für die Arbeitnehmer der kommenden 2030er, 2040er und 2050er - Jahre zu stabilisie-ren und bezahlbar zu halten.

Wir dürfen dabei aber unseren Blick nicht allein auf die gegenwärtige Situation richten, sondern

müssen angesichts der steigenden fi nanziellen Last und der sinkenden Zahl von Beitragszah-lern auch für kommende Generationen Vorsor-ge schaff en. Denn die Pfl egeversicherung muss auf lange Sicht leistungsfähig bleiben.

Die Einführung einer Kapitalrücklage wurde seit Beginn der Pfl egeversicherung 1994 mehrmals verpasst. Es sind nun schon viel zu viele Jahre vergeudet, das Zeitfenster zum sinnvollen Start in eine solche Kapitalrücklage schließt sich mit jedem Tag, den wir zögern. Deshalb muss jetzt gehandelt werden und bei der anstehenden Pfl e-gereform eine Ergänzung des bestehenden Um-lageverfahrens um eine Kapitalrücklage festge-legt werden. Wer, wenn nicht die christlich-libe-rale Koalition soll die Kraft zu dieser Entschei-dung haben? Alles andere wäre gegenwartsbezo-gen und zukunft svergessen.Ich hoff e auf Ihre Unterstützung

Ihr

Jens Spahn

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PKV – Die gesunde Versicherung.

Wenn wir die Last der steigenden Pflegekosten nicht unbegrenzt unseren Kindern und Enkeln aufbürden wollen, müssen wir jetzt handeln. Noch ist es früh genug, mit kapitalgedeckten Rück stellungen für die ganze Gesellschaft vorzusorgen. Die Private Krankenversicherung weiß, wie es geht. www.gesunde-versicherung.de

Papi, warum hast Du nicht vorgesorgt?

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DIENSTLEISTuNgEN für DEN Arzt

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Wir entlasten Ärzte von allen kaufmännischen und verwaltungstechnischen Arbeiten, die bei der Abrech-nung privater honorarleistungen entstehen. Dadurch versetzen wir sie in die Lage, sich ihren patienten ungestört widmen zu können.

Ärzte tragen eine besondere Verantwortung. patienten helfen und heilen zu können, erfordert ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit. flexibilität, freie zeiteinteilung und optimal organisierte Abläufe sind die Voraussetzung dafür.