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b Biogene Amine sind natürliche Produkte der enzymatischen Carb- oxylierung von Aminosäuren in Getränken und Lebensmitteln und dienen als Indikator für deren Ver- derb. Das biogene Amin Histamin kann eine allergieähnliche Lebens- mittelvergiftung auslösen. Nach den Richtlinien der US-Lebensmit- telbehörde FDA dürfen maximal 50 ppm Histamin in einem Lebens- mittel vorkommen. 100 ppm ist der Grenzwert der Europäischen Union für Meereserzeugnisse, in- ternationale Lebensmittelstandards erlauben in Fischsoßen maximal 400 ppm. Cadaverin, das zum Ver- wesungsgeruch von Leichen bei- trägt, und Tyramin, das in Käse vorkommt, beides ebenfalls bioge- ne Amine, scheinen die Lebensmit- teltoxizität des Histamins zu ver- stärken. Automatisierte Derivatisierung b Bislang wurde die Analyse von Aminen mit HPLC und Nachsäu- lenderivatisierung mit o-Phthalal- dehyd (OPA) und Fluoreszenzde- tektion durchgeführt. Nachsäulen- derivatisierung hat den Nachteil, dass die Amine erst über die Chro- matographiesäule getrennt werden und anschließend das Derivatisie- rungsreagenz mit einer zusätzli- chen Pumpe hinzu geführt werden muss, bevor die Derivatisierung dann in einem Reaktor startet – dies bedeutet einen erheblichen technischen Aufwand. Die Deriva- tisierung ist notwendig, da die Sub- stanzen nicht von sich aus fluores- zieren. Die Probenvorbehandlungsfunkti- on des Autosamplers Nexera SIL- 30AC von Shimadzu automatisiert die Derivatisierung der Amine mit OPA vollständig. Bei einer Methode zur simultanen Analyse von sieben biogenen Aminen dienten als Deriva- tisierungsreagenzien eine 3-Mercap- topropionsäure-Lösung (MPA) von 10 μL MPA und eine OPA-Lösung von 10 mg OPA in jeweils 10 mL 0,1-molarem Boratpuffer (pH 9,2). Der Autosampler gibt zu 7,5 μL Pro- benlösung 45 μL MPA- und 22 μL OPA-Lösung, mischt und injiziert nach zwei Minuten 1 μL des Reakti- onsgemischs auf die HPLC-Säule. Kürzere Analysenzeit durch kurze Säule und schnellere Vorbereitung b Abbildung 1 zeigt das Chroma- togramm einer Standardlösung aus den biogenen Aminen Histamin, Agmatin, Tyramin, Tryptamin, Pu- trescin, Phenethylamin und Cada- verin mit einer einer Konzentration von jeweils 10 mg·L –1 , aufgenom- men mit dem Fluoreszenzdetektor RF-20AXS. Durch die kurze Trenn- säule (75 mm Länge, 2,0 mm I.D.) Sascha Giegold Der Gehalt an biogenen Aminen wie Histamin, Cadaverin oder Tyramin in einem Lebensmittel liefert Hinweise darauf, ob es verdorben ist. Automatisierte Vorsäulenderivatisierung beschleunigt die flüssigchromatographische Bestimmung dieser toxischen Substanzen. Amine in Getränken und Fleisch BAnalytikV Abb. 1. Chromatogramm einer Standardlösung von sieben biogenen Aminen. (Konzentration je 10 mg·L –1 , Trennsäule: Shin-pack XR-ODS III, Länge 75 mm, Durchmesser 2 mm, Partikeldurchmesser 1,6 μm; mobile Phase: 0,1 mol·L –1 Acetatpuffer, Acetonitril, Flussrate 0,5 mL·min –1 , Säulentemperatur 40 °C) Nachrichten aus der Chemie| 61 | November 2013 | www.gdch.de/nachrichten 1138

Amine in Getränken und Fleisch

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b Biogene Amine sind natürliche Produkte der enzymatischen Carb -oxylierung von Aminosäuren in Getränken und Lebensmitteln und dienen als Indikator für deren Ver-derb. Das biogene Amin Histamin kann eine allergieähnliche Lebens-mittelvergiftung auslösen. Nach den Richtlinien der US-Lebensmit-telbehörde FDA dürfen maximal 50 ppm Histamin in einem Lebens-mittel vorkommen. 100 ppm ist der Grenzwert der Europäischen Union für Meereserzeugnisse, in-ternationale Lebensmittelstandards erlauben in Fischsoßen maximal 400 ppm. Cadaverin, das zum Ver-

wesungsgeruch von Leichen bei-trägt, und Tyramin, das in Käse vorkommt, beides ebenfalls bioge-ne Amine, scheinen die Lebensmit-teltoxizität des Histamins zu ver-stärken.

Automatisierte Derivatisierung

b Bislang wurde die Analyse von Aminen mit HPLC und Nachsäu-lenderivatisierung mit o-Phthalal-dehyd (OPA) und Fluoreszenzde-tektion durchgeführt. Nachsäulen-derivatisierung hat den Nachteil, dass die Amine erst über die Chro-matographiesäule getrennt werden

und anschließend das Derivatisie-rungsreagenz mit einer zusätzli-chen Pumpe hinzu geführt werden muss, bevor die Derivatisierung dann in einem Reaktor startet – dies bedeutet einen erheblichen technischen Aufwand. Die Deriva-tisierung ist notwendig, da die Sub-stanzen nicht von sich aus fluores-zieren.

Die Probenvorbehandlungsfunkti-on des Autosamplers Nexera SIL-30AC von Shimadzu automatisiert die Derivatisierung der Amine mit OPA vollständig. Bei einer Methode zur simultanen Analyse von sieben biogenen Aminen dienten als Deriva-tisierungsreagenzien eine 3-Mercap-topropionsäure-Lösung (MPA) von 10 µL MPA und eine OPA-Lösung von 10 mg OPA in jeweils 10 mL 0,1-molarem Boratpuffer (pH 9,2). Der Autosampler gibt zu 7,5 µL Pro-benlösung 45 µL MPA- und 22 µL OPA-Lösung, mischt und injiziert nach zwei Minuten 1 µL des Reakti-onsgemischs auf die HPLC-Säule.

Kürzere Analysenzeit durch kurze Säule und schnellere Vorbereitung

b Abbildung 1 zeigt das Chroma-togramm einer Standardlösung aus den biogenen Aminen Histamin, Agmatin, Tyramin, Tryptamin, Pu-trescin, Phenethylamin und Cada-verin mit einer einer Konzentration von jeweils 10 mg·L–1, aufgenom-men mit dem Fluoreszenzdetektor RF-20AXS. Durch die kurze Trenn-säule (75 mm Länge, 2,0 mm I.D.)

Sascha Giegold

Der Gehalt an biogenen Aminen wie Histamin, Cadaverin oder Tyramin in einem Lebensmittel

liefert Hinweise darauf, ob es verdorben ist. Automatisierte Vorsäulenderivatisierung beschleunigt

die flüssigchromatographische Bestimmung dieser toxischen Substanzen.

Amine in Getränken und Fleisch

BAnalytikV

Abb. 1. Chromatogramm einer Standardlösung von sieben biogenen Aminen.

(Konzentration je 10 mg·L–1, Trennsäule: Shin-pack XR-ODS III, Länge 75 mm,

Durchmesser 2 mm, Partikeldurchmesser 1,6 μm; mobile Phase: 0,1 mol·L–1

Acetatpuffer, Acetonitril, Flussrate 0,5 mL·min–1, Säulentemperatur 40 °C)

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mit kleinen Partikeln (Durchmes-ser 1,6 µm) dauert die chromato-graphische Trennung 11 Minuten, sodass die gesamte Analysenzeit bei zirka 15 Minuten liegt.

Die Funktion der überlappenden Injektion verkürzt die Gesamtana-lysenzeit noch weiter. Diese Funk-tion erlaubt, dass die folgende Pro-be direkt nach der Injektion der ak-tuellen Probe derivatisiert und zur Injektion vorbereitet wird.

Um Linearität und Reproduzier-barkeit zu überprüfen, wurde eine Kalibrationskurve im Konzentrati-onsbereich von 0,1 bis 100 mg·L–1 aufgenommen, die eine hervorra-gende Linearität ergab mit einem Be-stimmtheitsmaß (R2) größer als 0,999 für alle Komponenten. Die re-lative Standardabweichung der Re-tentionszeiten liegt deutlich unter 0,1 %, die der Peakflächen unter 1 %.

Beispiele: Bier, Wein, Fleisch und Fisch

b Die Abbildung 2 zeigt die Ana-lysenergebnisse von Bier-, Wein-, Schweinefleisch- und Thunfisch-proben.

Bier und Wein wurden durch ei-nen 0,22-µm-Membranfilter filtriert und dann als Probenlösung verwen-det. Schweinefleisch und Thunfisch wurden zunächst für 24 Stunden bei 37 °C gelagert, um den Eiweißabbau und damit die Produktion von Ami-nen zu beschleunigen. Danach wur-de die Proben homogenisiert und mit wässriger Trichloressigsäurelö-sung (0,5 mol·L–1) versetzt. Nach der Zentrifugierung wurde der Überstand mit 0,3 mol·L–1 wässriger Natriumhydroxidlösung neutrali-siert und dann durch einen 0,22-µm-Membranfilter filtriert, um

als Probelösung einsetzbar zu sein. Die Chromatogramme zeigen, dass in den Proben nahezu alle Amine bis auf Tryptamin vorlagen.

Somit eignet sich der Nexera-SIL-30AC-Autosampler für die au-tomatisierte Vorsäulenderivatisie-rung von Lebensmittelproben und aufgrund der kurzen Analysendau-er und des daraus resultierenden hohen Probendurchsatzes für die Routineanalytik.

Sascha Giegold, Jahrgang 1976, ist seit dem

Jahr 2013 Produktspezialist HPLC bei Shimadzu

Deutschland. Zuvor war er Produktmanager

für pharmazeutische Referenzstandards bei

LGC Standards, Wesel, und Laborleiter Bioana-

lytik beim Lead Discovery Center, Dortmund.

Er hat an der Uni Siegen und am Institut für

Energie- und Umwelttechnologie, Duisburg,

über die Anwendung der Hochtemperatur-

Hochleistungsflüssigkeitschromatographie

promoviert. [email protected]

Abb. 2. Chromatogramme von Bier, Wein, Schweinefleisch und Thunfisch: Außer Tryptamin sind alle Histamine aus dem Standard in den Proben nachweisbar.

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