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4'. Ii'riedriciis. llmmonate als hiniiw t3ysteme. I. 141 Ammonate als binare Systeme. 1. Von FRITZ FRIEDRICHS. Mit 11 Figuren im Text. All gem ein er Tei 1. Das Gebiet der Arnmonate hat trotz auBerordeutlich zablreicher Arbeiten bisher noch nicht die Klarheit erreicht, die man in An- betracht seiner Bedeutung als Schule der systematischen Verwand- schaftslehre erwarten 50lh. Gerade die einfachsten Verbindungen sind kaum oder nur sehr iinzureichend untersucht. Ich erinnere nur daran, daB ein bei Zimmertemperatur bestaadiges Triammonat des Ammoniumsulfateu erst vor lturzem von BHOWNX. WICLSH und ULRICH entdeckt worden ist, da5 die Literatur eine Verbindung NaC1.5NH3 gibt, der nach Versuchen Herrn LEES im hiesigen Laboratorium die Zusammensetzung 2NaC1.5NH3 zukommt, wie iiberhaupt das Verhaltnis der Alkalisalae zu Ammouiak so gut wie noch gar nicht erforscht ist. Urn dss experimentelle Material in dieser Richtung zu prufen uud zu erganzen, sind auf Anregung von Herrn Prof. A. W. BHOWNE, dem ich an dieser Stelle hierfiir, wie fur manchen prsktischen Wink meinen Dank ausspreche, die vor- liegenden Arbeiten begonnen worden. Yon einer valenztheoretischen Betrachtung sehe ich vorerst ab, da das experimentelle Material hierfur noch nicht ausreichend erscheint. Systematik. In einer friiheren Arbeit l) wurdeu vom Verfasser auf Grund des gegenseitigen Verhnltens von drei Hauptkurventypen biniire Systeme systematisch behandelt. Als Hauptkurventypen galten: die Lijslichkeitskurve, die Entmischungskurve und die kritische Kurve. Die Loslichkeitskurve als Grenze 'zwischen Fest und Flilssig, die Entmischungskurve als Grenze eines Qebietes, in welohem zwei 0iissige Phasen, deren Zusammensetzang die beiden Aste der stets l) FRITZ FRIEDBICHS, R anorg. Chsrn. 84 (lQlS), 373.

Ammonate als binäre Systeme. I

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4'. Ii'riedriciis. llmmonate als hiniiw t3ysteme. I. 141

Ammonate als binare Systeme. 1. Von FRITZ FRIEDRICHS.

M i t 1 1 Figuren im Text.

A l l g e m e i n e r T e i 1. Das Gebiet der Arnmonate hat trotz auBerordeutlich zablreicher

Arbeiten bisher noch nicht die Klarheit erreicht, die man in An- betracht seiner Bedeutung als Schule der systematischen Verwand- schaftslehre erwarten 50lh. Gerade die einfachsten Verbindungen sind kaum oder nur sehr iinzureichend untersucht. Ich erinnere nur daran, daB ein bei Zimmertemperatur bestaadiges Triammonat des Ammoniumsulfateu erst vor lturzem von BHOWNX. WICLSH und ULRICH entdeckt worden ist, da5 die Literatur eine Verbindung NaC1.5NH3 gibt, der nach Versuchen Herrn LEES im hiesigen Laboratorium die Zusammensetzung 2NaC1.5NH3 zukommt, wie iiberhaupt das Verhaltnis der Alkalisalae zu Ammouiak so gut wie noch gar nicht erforscht ist. Urn dss experimentelle Material in dieser Richtung zu prufen uud zu erganzen, sind auf Anregung von Herrn Prof. A. W. BHOWNE, dem ich an dieser Stelle hierfiir, wie fur manchen prsktischen Wink meinen Dank ausspreche, die vor- liegenden Arbeiten begonnen worden. Yon einer valenztheoretischen Betrachtung sehe ich vorerst ab, da das experimentelle Material hierfur noch nicht ausreichend erscheint.

Systematik.

In einer friiheren Arbeit l) wurdeu vom Verfasser auf Grund des gegenseitigen Verhnltens von drei Hauptkurventypen biniire Systeme systematisch behandelt. Als Hauptkurventypen galten: die Lijslichkeitskurve, die Entmischungskurve und die kritische Kurve. Die Loslichkeitskurve als Grenze 'zwischen Fest und Flilssig, die Entmischungskurve als Grenze eines Qebietes, in welohem zwei 0iissige Phasen, deren Zusammensetzang die beiden Aste der stets

l) FRITZ FRIEDBICHS, R anorg. Chsrn. 84 (lQlS), 373.

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142 F. Friedrich.

geschlossenen Kurve gibt, stabil koexistieren. Die kritische Kurve stellt die obere Grenze des Fliissigkeitsgebietes dar; sie ist im Qegen- satz zu den ersten beiden Kurven keine Dreiphasenlinie, sondern stellt nur dea Ubergrtog der bivarianten Flltssigkeitsfliiche in dits trivariante Uampfgebiet dar. I n der vorliegenden Abhandlung wollen wir unser Augenmerk weniger auf kritische Erscheinungen nnd Ent- mischungen wie auf den Verlauf der Loslichkeitskurve richten. Wir gelangen d a m zu folgenden Gruppen:

1. Die Komponenten bilden keine Verbindungen. Die Projektionen der y, 1, z-Flache fiir diesen Fall sind in Fig. 1

dargestellt. Sn' und Sa" sind die Projektionen des Schmelzpunktes

I

Fig. 1. Fig. 2.

des leichter fluchitgen Komponenten A , des Losungsmittels, in unserin Falle Ammonik, Sb' und Sb" des Yunktes S b , des Schmelzpunktes des weniger fliichtigen Komponenten B, des gelosten Stoffes. Die Sublima- tionskurve von Aist TSa', von BTSb', die Siedeknrven Sa'Kb' und Sb' Kb'. Diese Kurven beginnen im absoluten Nullpunkt T. Die Sublimations- kurven finden ihre Endpunkte in den Schmelzpunkten, den Schnitt- punkten mit den Siedekurven, die Siedekurven in den kritischen Punkten h'a' und h'b'. Auf Kurve S a E (Sa,'E' und Sa"E") ist festes A i m Qleichgewicht mit seiner gesattigten Losung und Dampf'.

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Beide Kurven schneiden sich im Eutektikum E (E' und &"), welcher Punkt somit einen Quadrupelpunkt darstellt. Die Kurve Sb'M E', die Dampfspannungskurve der gesgttigten Liisung, steigt vom Schmelz- punkte Sb' an, erreicht in M ein Druckmaximum und wird dann rucklaufig bis T.

2. Es treten eine oder mehrere Verbindungen der beiden Komponenten auf.

a) D ie Verb indung h a t e inen s t ab i i en Schmelzpunkt .

Die hier auftretendeu Verhiiltnisse sind in Fig. 2 dargestellt. Die Kurven T S a ' , TSb' , Sa ' I fa ' und Sb'Kb' stellen wieder die Sublimations-, resp. die Siedekurven der Komponenten dar. Sb'N1 TJ'T und S b" 1,'" EI"Sa", die Projektionen der Loslichkeitskurve, nehmen wieder oben beschriebenen Verlauf, werden jedoch von den Projek- tionen einer zweiten Schlinge II' US a b E, ( 7' Z;' S a b' M2 E2' und lJ" S a b" E2") geschnitten, wodurch U wieder als Quadrupelpunkt ge- kennzeichnet ist. Diese Schlinge stellt das Existenzgebiet der Ver- bindung A B in fester Form dar, und zwar anf der Strecke TU, der Dissoziationskurve, im Qleichgewicht mit festem B und Gas, auf der Strecke U S a b N, E,' mit seiner gestlttigten *Lasung und Gas. Im Gegensatz zu der Schlinge S b M , U erreicht die Schlinge der Ver- bindung A B in S a b ( S a b' und Sub") ein Temperaturmaximum, an welchem Punkte die Zusammensetzung der festen und fliiesigen Phase die gleiche ist. Dieser Punkt ist der Schmelepunkt der Ver- bindung A B. Auf der Strecke S a b E, fallt die Konzentration der gesattigten Losung an B, wahrend sie umgekehrt anf S a b U steigt. Auf der letzteren Strecke herrscht also der interessante Zustand, da6 der Gehalt der ausgeschiedenen Kristalle an Losungsmittel gro6er ist, als der der iiberstehenden Losung.

Uer Quadrupelpunkt C7, der Schnittpunkt der beiden Schlingen, an welchem festes B , die Verbindung A B , die gesattigte Lii- sung und Gas im Qleichgewicht siod, ist der Umwandlungs- punkt der Verbindung AB. In den meisten Fiillen wird sich durch vorsichtiges Abkiihlen die Kurve S b U noch eine Strecke iiber den Umwandlungspunkt hinaus verfolgen lassen. Kijnnten wir die Kurve weiter realisieren, ohne daB die Verbindung zur Ausscheidung kAme, so erhielten wir Verhailtnisse wie in Gruppe 1, d. h. beim Schnittpunkt mit der Eiskurve T S a ein metastabiles Eutektikum El.

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144 l? Frkdrichs.

Die Schlinge der Verbindung U S n b M, schneidet die Eisknrve in E,, dern Eutektikum der Verbindung, mi t festem A, Losung und Gae im Qleichgewicht.

b) Der Schnie lzpunkt d e r Verb indung i s t metas tab i l . Verschieben wir den Umwandlungspunkt D auf der Kurve

U S a b M, E,, 80 mird zuerst der Schmelzpunkt der Verbindung meta- stabil, bei weiterem Verschieben auch das Druckrnaximuni N2, so da6 wir die in Fig. 3 dargestellten Verhaltnisse erhalten.

A

Fig. 3. Fig. 4.

S b U ist wieder die Kurve fur die Gleichgewichte des festen Komponenten B mit seiner gesattigten Losung, die, wenn man sie weiter verfolgen konnte, den eutektischen Punkt E ergeben wiirde. In V, dem Umwandlungspunkt, w i d dieae Kurve von der Schlinge der Verbindung geschnitten.

3, Es treten Mischkristalle auf.

a) Die Mischungsre ihe i s t ununterbrochen . Die hier auftretenden Verhaltnisse gibt Fig. 4. S a und S b sind

wieder die Schmelzpunkte der Komponenten, S a' Ka', und S b'K b' ihre Siedekurven. Die Gefrierpuokte der Mischkristalle liegen nun ent-

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weder samtlich zwischen denen der Komponenten (Kurve 1) oder sie bilden ein Maximum (Kurve XI) ader ein Minimum (Kurve 111). Die Tensionskurve der gesattigten Losung wird mit dejenigen der Gruppe 1 Ahnlichkeit haben und wie diese ein Druckmaximum bilden, die Eiskurve wird aber erst im Schmelzpunkte des Lasungsmittels erreicht. Ein Eutektikdm tritt also in diesem Fslle nicht auf ader fallt mit dem Schmelzpunkte S b zusammen.

b) D i e Mischungsre ibe i s t un terbrochen . Treten in einem System statt einer kontinuierlichen Reihe von

Mischkristallen zwei Reihen auf, so muB ein Punkt existieren, in

Fig. 5. Fig. 6.

dem diese beiden Arten mit ihrer Losung und Gas im Qleichgewicht sind, mit anderen Worten, ein Quadrupelpunkt. Dieser Punkt kann nun entweder zwischen den Schmelzpunkten der Komponenten liegen, d a m erhalten wir das Bild 5, oder er liegt unterhalb dieser Punkte, dann ergibt sich Fig. 6. Diem Kurven ahneln sehf den der Gruppe 2, nur tritt hier an Stelle der Eiskdrve die Xurve der zweiten festen Losung Sa U, welche die Sublimationskurve des fliichtigeren Kom- ponenten, wie oben erst in Sa: erreipht.

Die soeben fur Niscbkristalle angegeknen Tensionskurven ent- behren fast jeder experimentelleu Grundlage , MischkristaIle sind

Z. anorg. u. allg. C h e w Bd. 11G. 10

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146 IC Fricdrichs.

bisher nur zwischen zwei Yetallen oder Salzen, bei denen naturgemaS keine Tensionskurven aufgestellt werden konnten, studiert worden.

4. Es tritt Entrnlschung der flUssigen Phase ein. Die hier auftretenden Verhaltnisse sind in ihren t, z-Projektionen

friiher besprochen worden. Die p, t-Projektionen sind in Fig. 7 dar- gestellt. Das Entmischungsgebiet projiziert sich a l s gekriimmte Linie mit den Mischpunkten als Endpunkten. Kommt die Ent- mischungskurve nicht zum Schnitt (MI Nl), so ist naturgemafi auch

I

, I '

Fig. 7. Fig. 8.

kein EinfluB auf die Lijslichkeitskurve BU erwarten; kommt sie zum Schnitt (Ms N2), so entsteht der Quadrnpelpunkt U , an welchem festes B, mit zwei nicht mischbaren gesiittigten LSsungen und Gas im Gleichgewicht sind.

EinflnS der Loslichkeit anf den Verlanf der p , t, x-Knrven. J e gr66er die Laslichkeit eines Systems ist, um so niedriger

werden die Tensionen seiner gesiittigten LZjsung sein, um so niedriger also anch das Druckmaximnm.

Fur Gruppe 1 sind die Verhiiltnisse bei verschiedener Loslich- keit in Fig. 8 dargestellt. Die Bexeichnungen sind die gleichen wie

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.immonate ah biniire Systeme. I. 147

friiher, nur ist hier noch die Kurve fur die kondensierten Systeme (Sa‘ Xu’ und Sb’Xb‘) eingetragen, die frfther aus Qriinden der Uber- sichtlichkeit und, weil fiir die Betrachtungen nicht von Bdang, un- beriickeichtigt blieben. Betrachten wir zuerst die t, x- Projektionen, so wird hier mit abnehmender Loelichkeit das Eutektiknm E,” auf der Eiskurve zum Schmelzpunkte des Losungsmittels wandern und iiber E2”, E,”, E,” schlie6lich bei vollstindiger Unlaslichkeit den Schmelzpunkt S u” erreichen. Die Liielichkeitskurve S ,”El” wird aich mit abnehmender Loslichkeit immer mehr kriimmen, bk’ bei vollstkdiger Unlbslichkeit der eine Ast der Kurve mit der t-Achse, der andere rnit einer durch Sb” gelegten Parallelen zur 3;-Achse zusammenfallt. Bei Tempereturen oberhalb dieser Parallelen existieren fliissiges A und ffiissiges B in zwei unmischbaren Pbasen neben- einander. I n den p , t-Projektionen steigt rnit abnehmender Loslich- keit das Druckmaximum Nl, Mz, M,, M4. Der linke Ast niihert sich mehr und mehr der Siedekurve des Losungsmittels, der rechte der Kurve Sb‘Xb‘, um endlich bei vollstandiger Unloslichkeit mit diesen Kurven znsammenzafallen. Schneiden sich Loslichkeitskurve und kritische Kiirve, so wird clas Druckmaximum metastabil und die Schnittpunkte (k a und k b) stellen kritische Endpunkte der ge- sattigten Liisung dar.

Analog verlauft der EinfluS der Loslichkeit auf Systeme, in welchen die Komponenten eine Verbindung eingehen. Auch hier steigt das Druckmaximum rnit abnehmender Loslichkeit, so daB so- wohl Druckmaximum wie Schmelz- und Urnwandlungspunkt oberhalb der kritischen Kurve liegen konnen. Der linke Ast der Kurve n’hert sich wie vorher mehr und mehr der Siedekurve des Losungsmittels. Bei vollstiaudiger Unlaslichkeit wird das Druckmaximum unendlich, die beiden Aste der Schlinge werden in ihren oberen Teilen parallel. L)a fur den linken Ast der Schlinge, weil sie rnit der Siedekurve dee Losungsmittels zusammenPillt, die KAM~AY -Yomor sche Forinel Geltung findet, lath sich die Geltung dieser Formel auch fur den rechten Ast, die Dissoziationskurve, verpluten. Diese Vermutung ist durch die Versuche EPHRAIMS’) als zutreffend erwiesen worden. EPHRAIU untersuchte die Dissoziationskurven einer groBen Anzahl Ton Ammonaten und fand, da6 die meisten Kurven der RAMBAY- YouKci schen Formel, besonders nach einer geriugfiigigen Abhderlrng, gehorchen. Die wenigen Systeme, die EPHRAIM nicht in nberein-

I) FRITZ EPHRAIM, %. phys . Chewi. S1 (1912), Heft 5. 10*

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14s K IG-iedrichs.

stimmung mit der Formel bringen konnte, waren auch die einzigen seiner Versuchsreihe, die betriichtlichere Loslichkeit der Komponenten ineinander zeigten. Ohne die Lijslichkeit als Grund der Abweichungen erkannt zu haben, beschaftigte sich EPHRAIM in seinen weiteren Ansfuhrungen nur mit Systemen sehr geringer Loslichkeit. Nine Ausdehnung der RAMSAY -PomG schen Formel auf L)issoziations- kurven ist daher nur nrtch Einfuhrung eines Koeffizienten fur die Loslichkeit der Komponenten ineinander zuliissig.

I n dem Fehlen von Umwandlungspunkten glaubte EPHRAIM eine typische Eigenschaft der Ammonate gegeniiber den Hydraten zu erblicken; da jedoch, wie schon erwahnt, die von EPHRAIM unter- suchten Sys teme alle nur sehr geringe Loslichkeit zeigten, erscheint dies nicht weiter vermnderlich, weil unter diesen VerhIltnissen eine Lbsung von der Tension der Verbindung ausgeschlossen ist. Bei hohen Temperaturen ware vielleicht eine hierflir geniigende Loslichkeit auch bei EPHRAIMS Systemen erreichbar, wenn der Um- wandlungspunkt d a m nicht, was sicher anzunehmen ist, iiber der kritischen Kurve zu liegen kommen wtirde, also nicht realisierbar sein wird.

Die einzige fliissige Phase, die im Gleichgewicht mit einer un- loslichen Verbindung auftreten kann, ist eine der beiden Kompo- nenten. Mit dem geschmolzenen Salze wird stets die niedrigste Verbindung, mit dem reinen Liisungsmittel stets die hiichste im Gleichgewicht sein. Anders wenn sich die Tension des LBsungs- mittels durch Zusatz eines zweiten loslichen Salzes erniedrigt, dann wird die Verbindung auftreten, deren Dissoziationsdruck am nilch- sten unter der Tension des Losungsmittels liegt. Dieser uber- gang la6t sich sehr schon am Cuprichloridhexammonat durch all- miihlichen Zusatz von Ammoniumchlorid zu iiberstehendem flussigen Arnmoniak in einer Vertiefung der Farbe (Ubergang in Tetraammonat) beobachten.

Die Isothermen. Legen wir durch die Zustandsflachen parallel zur t, s-Ebene

Schnitte, so erhalten wir die Isothermen des Systems. In Fig. 9 sind die hiiufigsten Formen derselben dargestellt, und zwar ist als Ordinate der Druck, als Abszisse die Konzentration des Syetems, abziiglich der Gasphase, gewahlt.

Retrachten wir nun zuerst die Isothermen der Gruppe 1 (Fig. 9, I), und gehen hierbei von dem weniger fliichtigen Komponenten aus.

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Amnaonale nls binarc Systenze. I . 149

Bei allmiihlichem Zusat z des fliichtigeren Komponenten A steigt der Druck des Systems bis pl, dem Druck der gesattigten Losung. Bei weiterem Zaeatze tritt jetzt diese Losung ale dritte Phase auf, so da6 das System univariant wird und bei veranderter Konzentration iler Druck konstant bleiben mu6, solange noch 3 Phasen zugegen sind. Fahrt man mit dem Zusatze von A fort, so nimmt die Menge der fliissigen Phase mehr und mehr auf Kosten der festenezu, bis letztere bei der Konzentration c, vollstandig verschwindet. Diem Konzentration ist dann die Konzentratian der gesattigten Losung, oder die Loslichkeit oon A und B bei der Tempe- ratur der Isotherme. Vori die- sem Pnnkte ab besteht das System nur noch ans zwei Phasen, ist also bivariant. Bei weiterem Verdiinnen steigt der Druck der Losung und erreicht bei unendlicher Verdlinnung den Druck pa des reinen Lo- sungsmittels.

Bei umgekehrtem Gange, beim Eindampfen der Losung, ist es in den meisten Fallen moglich, die Kurve der ver- diinnten Losung noch ein Stuck unterhalb des Druckes p1 metastabil zu verfolgen; die Losung befindet sich dann in iibersattigtem Zustande. Nach weiterem Konzentrieren, zeit- weisem Abkiihlen auf tiefere Temperaturen oder Impfen tritt spon- tane Kristallisation ein. Das System wird durch Auftreten der Kristalle als feste Phase univariant und der Druck steigt plotzlich bis auf den der gesattigten Losung.

Bei den Isothermen der Qruppe 2 (Fig. 9, 11) steigt auf Zusatz des Losungsmittels A der Druck bis zum Auftreten ciner neuen Phase, der festen Verbindung A B. Uas System besteht dann au6er der Dampfphsse aus zwei festen Phasen, B und A B , ist also uni- variant. Der Druck bleibt konstant, his das gesamte B in die Ver-

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bindung A B uberfiihrt ist. Dieser Druck p2 ist der Dissoziations- drnck der Verbindung bei der Temperatur der Isotherme. 1st freies B als Phase verschwunden (bei Konzentration e2)) so ist das System wieder bivariant; der Druek muB dann wieder steigen bis zum Auf- treten einer neuen Phase. Diese kann entweder eine hohere Ver- bindung oder aber die gesattigte Liisung der Verbindung A B sein. In ersterem Balle wiederholt sich der eben geschilderte Vorgang, im zweiten ist der weitere Verlauf der Kurve analog Glruppe 1. Gehen wir auch hier wieder riickwarts und verfolgen die Kurve der verdilnnten Losung auf metastabiles Qebiet, so geschieht es haufig, daB nicht, wie zu erwarten ware, die Verbindung als feste Phase zur Ausscheidung gelangt, sondern freies B. Die Kurve verlauft dann metastabil wie in Qruppe 1. Wir haben hier also im gleichen System zwei verschiedene Loslicbkeiten (e, und c2) und zwei ver- schiedene gesattigte Liisungen mit den Tensionen p , und pB. Je mehr man nun die Temperatur der Isothermen der Umwandlungs- temperatur nahert, um so kleiner werden die Differenzen c3-c2 und p3-p2 , his eie bei der Umwandlnngstemperatur den Wert 0 er- reichen.

Im Falle der Existenz einer zweiten Verbindung tritt eine dieser Verbindung entsprechende neue Stufe in der Isotherme auf (Fig. 9, III). Hier sind dann drei verschiedene gesattigte Liisungen und drei ver- schiedene Loslichkeiten cl, c3 und cs mit den Tensionen pl, p s und ps miiglicb, von denen jedoch nur eine stabil ist.

1st die gebildete Verbindung unloslich im reinen Losungsmittel, so steigt der Druck nach Umwandlung des gesamten l3 in die Ver- bindung A B direkt zur Tension des' reinen A ba).

Die Isothermen der Miscbkristalle unterscheiden sich wenig von den vorherigen Kurven. Bei Zusatz von A zu reinem B steigt auch hier der Druck, und die Bildung von Mischkristtallen gibt sich auf den Isothermen durch Abweichung von der Ordinate zu erkennen (Fig. 9, IV). bis beim Auftreten einer dritten Phase, der gesattigten Liisung oder einer zweiten Reihe von Mischkristallen, das System univariant, der Druck also konstant wird. Der weitere Verlauf der Kurve iet analog den obigen. Auf weitere Komplikationen bei dieser Gruppe sol1 hier nicht weiter eingegangen werden.

Fiir den Fall der Entmischung erhalten m i r die Isotherme nebenstehender Form (Fig. 9, V). Der Druck steigt hier wieder bis zum Auftreten der gesattigten Losung, wird dann konstant bis zum Verschminden des festen B. Von hier, dem Loslichkeitspunkt, ist

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Ammonute uls binaw Systeme. I. 151

daa System wieder bivariant bis z u r Entmischung. An diesem Yunkt tritt eine zweite fliissige Phase auf, so dab der Druck konstant bleiben muS, bis zum Vemchwinden der ersten L h n g . Der weitere Verlauf der Kurve ist der normale der verdiinnten Losung. Beim Verdunsten dee Losungsmitteb verlauft der ganze Vorgang wieder in umgekehrter Reihenfolge. Ubersattigungen sind auch hier moglich.

Die tenaimetrieche Methode der Liielichkeitebeatimmung und der Analyee der auftretenden Verbindungen.

Aus der Betrachtung der Isothermen ergibt sich ohne weiterea eine Methode der Loslichkeitsbestimmug, die auch unter Verhalt- nissen anwendbar ist, bei der andere Methoden infolge experimen- teller Schwierigkeiten versagen. Die einzige Voraussetzung ftir die Loslichkeitsbestimmung aus den Isothermen, die tensimetrjsche Methode, wie wir sie nennen wollen, sind, neben einer hinreichend konstanten Temperatur, die Kenntnis von Druck und Konzentration des Systems, und zwar genligt die Bestimmung von 5 Punkten Die Tension der gesilttigten Losung sei mit zwei Punkten be- stimmt, die Lage der Puakte wahlt man am besten so, daS die aus der Losung ausgeschiedene Menge der Kristalle nicht sehr groS ist, also nahe am Knickpunkt der Kurve, da bei Gegenwart von nur wenig Fliissigkeit die Einstellung des Gleichgewichtes wegen der dann oft auftretenden Adsorptionserscheinnngen langwieriger sein ksnn. Der Verlauf der Kurve ftir verdiinnte Losung md3, da die Kurve keine Qerade ist, durch mindestens drei Punkte bestimmt werden. Bei Wahl dieser Punkte tut man gut, einen derselben auf metastabiles Gebiet, auf die Strecke der tibersattigten Losung zu legen, was in den meisten Fallen auch obne Schwierigkeiten ge- lingt. Durch gIaphische Interpolation wird dann die Loslichkeit des Systems bei der Temperatur der Isotherme mit betrachtlicher Genauigkeit gefunden.

Die Empfindlichkeit dieser Metbode der Loslicbkeitsbestimmung nimmt mit fallender Temperatur immer mebr ab, da eine Konstant- haltung sehr tiefer Temperaturen groSe Schwierigkeiten macht und die Druckunterschiede zwischen der gesattigten Losling und dem reinen Losungsmittel immer geringer werden; der Knick der Iso- therme wird also immer stumpfwinkliger , bis die Druckdifferenz zwischen den Messungen schlieSlich die GrijSe des expeiimentellen Fehlers erreicht. Bei Temperaturen unter - 5 O O wurde daher die

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152 l? Friedrich.

Bestimmung der Loslichkeit i n I der Weise durchgefuhrt, da6 bei konstanter-Konaentration und steigender Temperatur nach Zusammen- frieren der Lasung der Punkt ermittelt wurde, an welchem die letzte Spur dcr featen Phase verschwand. Eine Priifung, ob geniigend Temperatwgleichgewicht bei dieser Bestimmung nach der Gefrier- pnnktsmethode eingetreten ist, kann man in leichter Weise so aus- fiihren, daB man das System, wenn der Gefrierpnnkt fast erreicht ist, wieder um ein geringes abkiihlt und beobachtet, ob die noch anwesenden kleinen Kristalle sich wieder vergrotlern oder vermehren ; die hierzu notige Temperaturerniedrigung entspricht dem bei der Bestimmung gemachten Fehler.

In gleicher Weise wie die Loslichkeit wird auch die Zusammen- setzung der gebildeten Verbindung tensimetrisch bestimmt.

Beachreibung der Apparatur.

Wie au5 Vorhergehendem ersichtlich, ist zur Aufstellung der Zustandsflbhen die Kenntnis von Druck, Temperatur und Kon- zentration des betreflenden Systems erforderlich. Die Restimmung von Druck und Temperatur bildet keine weiterren Schwierigkeiten.

Der relative Druck kann dirckt an einem Quecksilbermanometer abgelesen werden und mittels Barometerstatid und Zimmertemperatnr zum absoluten Druck korrigiert werden.

Die Temperatur des Systems wird in althergebrachter Weise mittels Thermometer bestimmt , welches je nach Temperatur mit Quecksilber oder Pentan gefullt ist; und zwar wird entweder drts Thermometer direkt von dem zu untersuchenden System umgeben oder aber es taucht dicht neben dem Behalter des Systems, der Zelle, in das Bad. Obgleich die 'erste Methode, da bei ilir die Temperatur des Systems direkt gemessen wird , der zweiten vor- zuziehen ist, wurde doch, mit Ausnahme einiger Falle, die zweite angewandt wegen ihrer bequemeren Ausfiihrbarkeit. Eine betracbt- liche Abweichung beider Methoden voneinander wurde nicht be- obachtet, wenn dafiir Sorge getragen wurde, daf3 Thermometer wie System Gleichgewicht erreichen konnten.

GroBere Schwierigkeiten bringt die Bestimmung der Konzentration, da hier nur die Konzentration de9 kodensierten Systems von Wert ist. Die Bestimmung der Gesamtkonzentration ist bei den hier untersuchten Systemen mit Ammoniak als Liisungsmittel verh'altnis- miiBig leicht, da man Ammoniak als Gas in einer BIirette iiber

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Anamomte als binare Lhysteme. I. 153

Quecksilber messen und zu einer gewogenen Menge des zweiten Kom- ponenten zueetzen kann. Die vollstiindige Kondensation des zu- gesetzten Ammoniaks fiiiihrt zu gro0en experimentellen SchwierigkeiteB, weshalb bei den Versuchen vorgezogen wurde, mit Gasphase zu arbiten, die Gt68e derselben zu bestimmen und von der Gesamt. konzentration in Abzug zu bringen.

Der eigentliche Hauptteil des Bpparates ist die birnfbrrnige

D ' I

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K

Fig. 10.

Resktionszelle V(Fig. 10) von ungefahr 10 ccm Inhalt, in welcher sich das zu untemnchende System befindet. Sie ist mit einer Teilung in Kubikzentimeter und seitlichem'hbus versehen, welcher zumEinbringen des zn untersuchenden Stoffes dient. Maglichst dicht an der ZeHe ist das Thermometer W angebracht, bei hoherer Temperatur ein in Zehntel geteiltes Quecksilberthermometer, bei Temperaturen unter - 10 O ein von der physikalischen Reichsanstalt geprtlftes Pentanthermometer. Zelle und Thermometer h%ngen in einem Bade, fur welchas als Behklter. bei Temperaturen unter Zimmertemperntnr,

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ein WEINHOLD sches GefaB I’ gebraucht wurde. M s Badfliissigkeit diente je nach der Temperatur 01, Waaser oder ein Qemisch von Ather und Alkohol, als Klihlmittel bis - SOo festea Kohlendioxyd, bei tieferen Temperaturen fliissige Luft. Das Niveau des Bades w a r so gehalten, daB der Faden des Thermometers volletiindig ein- tauchte. Im Bade befindet sicli auBer Zelle und Thermometer noch der Ruhrer X . Derselbe ist ein doppelt wirkender WITTscher Zentri- fugalruhrer mit einerTourenzah1 von ungefahr2000Umdrehungen in der Minute. Ein groBer Vorzug dieser Ar t von Riihrern ist der geringe Raumbedarf und seine glatte OberBBche, so da0, wenn auch einmal eine Kollision rnit Zelle und Thermometer oder GefaBwand durch irgend eine Betriebsstorung vorkam, ein Zertriimmern des einen oder anderen kaum eintreten konnte. Der Rahrer saugt sowohl von der Oberflache als vom Boden des Bades Fllissigkeit an und st06t sie innig gemischt in der Mitte wieder aus; besonders vorteilhaft erwies sich dieser Ruhrer bei Verwendung von festem Kohlendioxyd 81s Kilhlmittel, da letzteres infolge lebhafter Gasentwicklung b& hoheren Temperaturen an der OberHache des Ather- Alkoholgemisches schwimmt, bei tieferer Temperatur aber infolge seiner Schwere am Boden liegt.

Da es unter gewohnlichen Verhaltnissen au6erordentlich schwierig ist, bei tiefen Temperaturen die Temperatur des B d e s bis zum Gleichgewicht des Systems konstant zu halten, so m d t e die Ein- stellung des letzteren niit allen Mitteln beschleunigt werden. Dies gelang durch kraftiges Durchschiitteln des Zellinhaltes. Die Beweg- lichkeit der Zelle wurde in sehr vollkommener Weise durch Kin- schaltung einer kapillaren Glasfeder erreicht. Die schiittelnde Be- wegung selbst wurde durch den Exzenter T bewirkt, welcher seinen hntrieb durch das Vorgelege des Riihrers von einem HeiSluftmotor erhielt. Wenn in V nur Flilssigkeit oder wenigstens neben dieser nicht allzu groBe Mengen einer festen Phase vorhanden war, wurde schon innerhalb weniger Sekunden Gleichgewicht erreicht. Bei Systemen, die keine Reaktion mit Quecksilber eingehen, erwies sich das Einbringen eines Quecksilbertropfens, welcher durch das Schlitteln im Zellinhalt herumgeschleudert wurde, als vorteilhaft, besonders bei Gegenwart groBerer Mengen einer festen Phase. I n gefrorenem Zustand libte der Tropfen eine mahlende Wirkung auf Kristalle aus. Ein Bruch der Glasfeder trat nie ein, obwohl eine derartige Feder me i Jahre hinduroh fast tiiglich in Bewegung war.

Mittels Kapillaren stand die Zelle durch die Qlasfeder, einer- seits mit dem Manometer, anderseits mit der Burette in Verbindung.

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Bmmonale als bmiire Sgsteme. I. 156

Das Quecksilbermanometer hatte eine Lange von 4 m, so da6 Drucke bis 5 Atm. abgelesen werden konnten. Der offene Schenkel war zur Abhaltung von Luftfeuchtigkeit mit einem Chlorcalcinmrohr &I ver- schloseen. Die Burette, eine HEnPELsche Bilrette, rnit Zweiweghahn und Wassermantel, war vor Zusammensetzen des Apparates mit Hilfe einer OsrwAm when Pipette kalibriert.

Daa fiir die Veruuche als Losungamittel gebrauchte Ammoniak wurde dem Behalter A als Gas entnommen. Pyridin war in dem Ammoniak nur in ganz geringen Spuren nachweisbar. Die Ver- bindung zwischen Behalter und Apparat war in der Weise her- gestellt, dab ein an das Mundstiick des Behalters angeschraubtes Eisenrohr in das erweiterte Ende des Apparates hineinreichte und durch Stopfen mit Paraffin und Quecksilberdichtung befestigt war. Zur Erleichterung des Ersatzes eines leeren Behalters durch einen vollen war die groBe Glasfeder D eingeschaltet. Um den Apparat hierbei vor Luftzutritt zu schiitzen, konnte derselbe durch Hahn C abgeschlossen werden. Bei langerem Stehen des Apparates kommt es vor, daS Luft durch die Stopfbiichse am Behalter A eintritt welche dann durch das zu diesem Zwecke angebrachte Quecksilber- ventil H bei geschlossenem Hahn C wieder ausgestoSen werden kann. Der Hahn c' wurde daher nur bei Entnahme von Bmmoniak ge- offnet. Die beiden, je l m langen Schenkel dee Trockenrohres F waren mit Natriumdraht gefullt, obgleich eigentlich Natriumamid das idealste Rockenmittel fiir Ammoniak ist, welches die Feuchtigkeit des Ammoniaks durcb Ammoniak ersetzt nach der Gleicbung

NaNH, + H,O = NaOH + NH, ;

es zeigte sich jedoch, da6 metallisches Natrium praktisch die gleichen Dienste tut, da es sich schon nach kurzer Zeit in einer Ammoniak- atmosphare mit einer. Schicht von Amid ilberzieht. Der bei dieser Reaktion rZNa'+ 2NH, = 2NaNH, + H, anfhnglich in betrachtlicherem Umfange auftretende Wasserstoff war wenig storend, da das Gas stets unter Kontrolle stand. Aus diesem Grunde war das Qnecksilberventil H' und das Schraubennitro- meter K 1 ) eingebaut. J e nach Stellung des Zweiweghahns L tritt das Gas entweder durch das Queckeilberventil ins Freie oder in daa Nitrometer, welches, mit Schwefelsaure gefiillt, den nicht absorbierten Gssrest zd messen und zu analysieren gestattete. Erst wenn daa

I) FRITZ FRIEDRICHS, Z, anyeu. Ohem. 32 (1919), 356; Amer. Chem. Joum. - .

34 (1912), 285.

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Gas vollstandig im Nitrometer absorbiert wurde, wurde fur den Ver- such Ammoniak in die BIirette eingesogen.

Die Abzweigung N fiihrte zu 12 ahnlichen Apparaten. An dem ganzen Apparat waren Gummiverbindungen nur an unwesentlichen Stellen, wie Niveaurohr, verwendet, so da0 der ganze Apparat vom Ammoniakbehalter bis zum Manometer Z aus einem einzigen Stuck Glas bestand, ebenso alle in N angeschlossenen iibrigen Apparate. Bruch trat trotz der oft heftigen Erscblitterungen durch die mecha- nischen Riihr- und Schiittelwerke nur selten ein, da der ganze Apparat unter ausgiebiger Verwendung von Glasfedern elastisch konstruiert war.

Die Hahne waren gewohnliche Hahne der Firma GREINER & FRIEDRICHS, die, eingerieben mit dem RAMSAY schen Hahnfett und versehen mit einer guten Ligatur, Drucken von 0-5 Atm. wider- standen ohne zu lecken. Um trotzdem ganz sicher zu gehen, wurde nach jedem Zusatz oder nach jeder Entnahme von Ammoniak aus der Zelle das Quecksilber der Burette durch entsprechendes Reben des Niveaurohres 1 bis 2 .cm uber den Hahn Y getrieben. Nach SchlieBen des Hahnes blieb dann ein Quecksilberfaden in der Ka- yillare, so daB das System zwischen dem letzteren und dem inneren Meniskus des Manometers dicht eingeschlossen war.

Nach Fertigstellung der umfangreichen glasblaserischen Arbeiten war die sorgfaltigste Trooknung des ganzen Apparates die erste Aufgabe. Es wurde durch Durchblasen trockener Luft durch den Apparat vom Natriumrohr bis zum Manometer und unter gleich- zeitiger Erhitzung der einzelnen Teile, soweit irgend moglich init einem Bunsenbrenner bis fast zum Erweichen des Glases. Wo der- artiges Erhitzen nicht angangig, wie bei den Buretten, wurde Wasser- dampf fur einige Stunden durch den Mantel geleitet. Nach dem Erhitzen wurde das Durchblasen von trockener Luft noch einige Tage fortgesetzt. Burette, Ventil und Manometer wurden d a m mit sorgflkltig gereinigtem und getrocknetem Quecksilber beschickt. Nach -4nschlu8 des Ammoniakbehalters und Verdrangen der Luft durch Ammoniak war der Apparat betriebsfertig.

Beetimmnng der Konzentration des kondeneierten Systems. Die Gesamtkonzentration des Systems ergibt sich ohne weiteres

aus der eingewogenen Masse des gelosten Stoffes und dem als Gas zugemessenen Arnmoniak. Da jerloch hier nicht die Gesamtkonzen- tration von Interesse ist, sondern die Konzentration des kondensierten

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Systems, so mu6 von der Gesamtlionzentration die Gasphase in Abzug gebracht werden. Wiihrend der Druck der Gasphase bei der einzelnen Beobachtung uberall der gleiche ist, ist die Temperatur verschieden. Das Gas in der Zelle hat die Temperatur des Bades, das im Mano- meter Zimmertemperatur. Der Gasgehalt der Zelle lafit sich aus Druck und Temperatur des Systems und der Differenz zwischen dem Volumen der Zelle und dem an der Teilung der letzteren ab- gelesenen Volumen des kondensierten Systems leicht berechnen. r)as Volumen des Systems wurde in flussiger Form abgelesen und dem in fester Form gleichgesetzt, ein Fehler, der wegen seiner Gering- fugigkeit vernachlassigt werden kann. Schwieriger wurde die Be- stinimung des Oasvolumens im Manometer, da sich dasselbe mit jedem neuen Druck anderte. Die Ausfuhrung eines Blindversuches half diese Komplikation in einfachster Weise iiberwinden. Die leere Zelle wurde an einer bestimmten Stelle, z. R. 10 mm uber der Marke zugeschmolzen und der Apparat unter Verwendung der Burette als Luftpumpe evakniert, bis das Manometer Rarometerstand zeigte und keine nennenswerten Gasmengen mehr ausgesogen werden konnten. D a m wurde die Zelle in schmelzendes Eis gepackt und abgemessene Mengen Ammoniak in die Zelle eingefuhrt. Vor jedem weiteren Zusatz wurde, sobald Gleichgewicht eingetreten war, das Manometer abgelesen und der Stand notiert. Der Ammoniakzusatz wurde so lange fortgesetzt, bis das Manometer nicht mehr anstieg, der Druck des fliissigen Ammoniaks also erreicht war. Durch Wiederausziehen, Messen des ausgezogenen Ammoniaks und Ablesen des Manometers nach jeder Ammoniakentnahme wurden die zuerst gefilndenen Werte kontrolliert. Von den so erhaltenen Werten wurde der Ammoniak- gehalt der Zelle, berechnet aus dem Volumen der Zelle. dem ab- gelesenen Druck und der Temperatur Oo, subtrahiert. Von einer Korrektion des Manometergehaltes auf die jeweilige Zimmertempe- ratur wurde abgesehen, da dieselbe in den Raum der Messungen, der nach Moglichkeit auf konstante Temperatur gehalten wurde, nur nm wenige Grad schwankte.

Die aus dem Blindversuch gefundenen und berechneten Werte wurden fur jeden einzelnen Apparat in Diagrammen festgesetzt. Dss Diagramm fiir den Zellinhalt stellt ein Strahlenbundel dar mit den Drucken als Ordinate und dem Ammoniakgehalt in Milligramm als hbszisse. Fur die Temperatur war in Abstanden von 5 zu 5 Grad je ein Strahl berechnet und gezeichnet. Mit diesem Diagramm war eine rasche Ermittlung der einem bestimmten Druck und einer be-

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stimmten Badtemperatur entsprechenden Ammoniakmenge in der Zelle ein leichtes. Das zweite Diagramm war fur die Ammoniak- menge im Manometer aufgestellt und gab die DiEerenz zwiechen den aus dem Blindverench bestimmten Ammoniakmengen und dem Ammoniakgehalt der Zelle bei 0" und dem jeweiligen Druck an Das Diagramm war eine einfache gekrtimmte Linie, ebenfalls mit den Drncken ale Ordinate und den Ammoniakmengen in Milligramm als Abszisse. Die Summe der aus den beiden Diagrammen abgelesenen Am- moniakmengen ergab die GrBBe der jeweiligen Gasphase in Milligramm Ammoniak. Dieser Wert wurde von der Oesamtkonzentration im System abgezogen und so die Ammoniakmenge im kondensierten Syetem gefunden. Die weitere Berechnung der prozentischen Zu- sammensetzung reap. des Molverhilltnisses aus der gewogenen Masse des geli3sten Stoffes und der soeben gefundenen Ammoniakmengen i s t ohne weiteres klar. Samtliche Berechnungen wurden mittels der chemischen Rechentafel von K ~ S T E R ausgefiihrt.

c)mg einee Verenches. Nach Beendigung des Blindversuches wurde die Zelle vom

Apparat abgeschnitten, der Tubus der Zelle durch Absprengen ge- ofFnet und an letzteren ein Qlasrohrstuck vom gleichen Durchmesser angesetzt. Nach sorgfilltiger Reinigung der Zelle mit Chromschwefel- slure, Wasser, Alkohol, Ather nnd heif3er trockener Luft, wurde sie wieder an alter Stelle angeschmolzen. Ein Blasen in die Zelle wurde hierbei nach Moglichkeit vermieden ; war es erforderlich, so

geschah es durch ein Chlorcalciumrohr. Das Beschicken der Zelle mit einer abgowogenen Menge des zu losenden Stoffes erfolgte durch den Tubus, bei fliissigen Stoffen mittels einer Wagepipette nach LUNGE, hei festen Stoffen mittels eines besonders konstruierten Wilgegllschens (Fig. 1 l), dessen Qebrauch aus der Abbildung hervorgeht. Sofort nach Be- schicken der Zelle wurde der Tubus moglichst an der gleichen Stelle wie beim Blindversuch abgeschmolzen und die Zelle mittels der Burette R , evakuiert bis das Mano- meter Barometerstand erreicht hatte. Jetzt wurde der Fig. 11. Ammoniakstrom angestellt und so gerichtet, daH er in das

Schraubennitrometer eintreten niidte. Erst wenn hier vollstandige Absorption eintrat und auch die Kapillaren der Burette mit Am- moniak durchgespiilt waren, wurde das benotigte Gasquantum in die Bilrette eingesogen. Die abgemessene Menge Ammoniak wurde

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nun in die mit festenl Kohlendioxyd gekuhlte Zelle eingefuhrt, wo sie sich sofort kondensierte. Die Entfernung der letzten Spuren von Fremdgasen wurde durch oftmes Abpumpen des nicht konden- sierten Bases erreicht. Die ausgepumpte Gasmenge wurde nach jedem Hub gemessen, durch das Ventil H ausgeaboh und von der zuerat zugeaetzten Menge abgexogen. Nachdem so GewiSheit erlanngt war, daf3 keine meSbaren Mengen von Fremdgasen mehr zugegen waren, wurde, wie schon geschildert , ein Quecksilberfaden als AbschluS iiber den Biirettenhahn gebracht.

Als erate wurden in den meisten Fallen die p,t-Kurven fest- gelegt, da dieselben am besten geeignet sind, in kurzer Zeit ein Bild uber die im System herrachenden Verhilltnisse zu geben. Zu diescm Zwecke wnrde das Bad so weit abgekiihlt, bis die gmze Maase des Zellinhaltes erstarrt war, dann wurden Ruhr- und Schiittelwerke in Gang gesetzt. Das Bad erwiirmte sich nun langaam mit einer durch- schnittlichen Geschwindigkeit von 1 Grad in 5 Minuten. In den meisten Fallen war Gleichgewicht in bedeutend kiirzerer Zeit er- reicht. Wenn ein Nachhinken befiirchtet wurde oder wenn das System sich in der Nahe eines wichtigen Punktes, wie Gefrierpunkt, Schmelzpnnkt oder Umwandlangspunkt befand, wurde die Geschwindig- keit durch regelmaBigen Zusatz kleiner Mengen festen Kohlendioxyde gemaBigt. Bei einiger Ubung war es miiglich, die Badtemperatur fur hinreichende Zeit konstant zu halten. Jedesmal, wenn das Thermo- meter einen Bradstrich passierte, wurde das Manometer abgelesen und Temperatur wie Druck notiert. Der abgelesene Druck in Millimeter Quecksilbersaule wurde auf 0 O und den absoluten Druck korrigiert und sofort in ein Koordinatansystem eingetragen. Dime Messungen wurden fortgesetzt, bis der gesamte Zellinhalt in fiussige Form iiber- gegangen war. Der Punkt, an welchem der letzte Rest der fester1 Phase verschwand, der Gefrierpunkt, wurde gesondert notiert. Hierauf wurde in oben geschilderter Weise die Konzentration an Ammoniak erhiiht und der ganze Vorgang wiederholt. Dies wurde fortgesetzt, bis die p,t-Kurve fur den MeSbereich des Apparates fertig vorlag.

Jetzt wurde mit der Aufstellung der Isothermen begonnen. Wahrend vorher die Konzentration konstant gehalten wurde und der Druck wie Temperatur verhderlich waren, wurde nun die Tempe- ratur konstant gehalten. Dies gescliah durch vorsichtigen Zusstz von festem Kohlendioxydgas, und zwar wurde der Zusatz so ein- gerichtet, daB die Temperatur zwischen einem Grad uber und eineru unter der Temperatur der Isotherme pendelte. Bei jedem Passieren

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der Temperatur der Isotherme wurde der Druck abgelesen und aotiert. Blieb der Druck nach dreimaliger Ablesung unverkndert, so wurde das System ale im Gleichgewicht befindlich angenommen.

Der normale Abstand der einzelnen Isothermen betrug 5 O , die unterste Grenze, bis zu welcher die tensimetrische Methode noch brauchbare Resultate lieferte, war - 50 doch konnten Verbindungen auch noch bei tieferen T’emperltturen amlysiert werden, wenn man an Stelle der Druekdifferenz den Punkt notierte, an welchem die Kristalle zu verwittern beginnen. Dieser Punkt war fast stets sehr scharf zu beobachten.

ftlmaa, N. 15, U. St: -4, Chentisches Inslittit dei- Cornell Universitat.

Rei der Redaktiou eingegangen am 11. Janusr 1921.