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A. KrauBe, Z. Ernet u. T. Grzebkowiak. Beechleunigung d. Luftoxydation UBW. 51 Amorphe und krlstalllslerte Oxydhydrate und Oxyde. XXXVII. l) Uber die Beschleunigung der Luftoxydation des Eisen (11)- hydroxyds dureh Blei (11)-hydroxyd bzw. Pb"-lonen, sowie den gitterrichtenden und gitterstabilisierenden Einflull demelben Von ALFONS KRAUSE, Z. ERNST und T. GRZEQKOWIAK Das mit einem AlkaliuberschuB gefiillte Ferrohydroxyd oxydiert sicb an der Luft nicht vollstiindig, da dunkelfarbigesFerroferrit entsteht. Die Ferroferritbildung beruht darauf, daB das wiihrend der Oxy- dation des Fe(OH), sich bildende Metaferrihydroxyd oder y-Hydr- oxyd infolge negativer Aufladung sich leicht mit der iiberschussigen, noch verbliebenen Ferrohydroxydbese verbindetz). Ganz 5hnlich liegen die Verhiiltnisse wenn man das axis Ferrosalzlosung mit uber- schussigem Ammoniak gefiillte Eisen(I1)-hydroxyd in demselben Reaktionsgemisch durch einen Luftstrom oxydierts). Im nicht alkalischen Medium dagegen (p~ < 5,2) findet unter gleichen Ver- suchsbedingungen vollstiindige Oxydation zu Metaferrihydroxyd oder zu y-FeOOH statt. Die Oxydation des Ferrohydroxyds im ammoniakalischen Milieu ist nach KRAUSE und ERN ST^) recht kompliziert. Dabei handelt 8s sich niimlich um zwei miteinander in Wettbewerb tretende Reak- tionen, und zwar: Autoxydation des Fe(OH), und die Ferroferrit- reaktion, deren Geschwindigkeiten fur den Verlauf dieser Vorgange maljgebend sind. Man mulj sich das so vorstellen, dab das als In- duktor fungierende Ferrohydroxyd (9 Molekule Fe(OH),) einen Ober- schuB an Luftsauerstoff aufnimmt (ein Molekul O,), wobei Oxy- 1) XXXVI. Etteilung vgl. A. KRAUSE u. S. KRZY~A~~, Ber. (im Druck). 2, A. KRAWSE, Z. anorg. u. allg. Chem. 174 (1928), 146; vgl. auch E. Dmss u. G. SCHI~ORR, Z. anorg. u. allg. Chem. 178 (1928), 32. s, A. KRAUSE, Roczniki Chem. 16 (1936), 318. 9 A. KRAUSE u. Z. EBNST, Ber. 69 (1936), 666; daselbst auch weitere Literatur. 4*

Amorphe und kristallisierte Oxydhydrate und Oxyde XXXVII. Über die Beschleunigung der Luftoxydation des Eisen (II)-hydroxyds durch Blei (II)-hydroxyd bzw. Pb‥-Ionen, sowie den gitterrichtenden

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A. KrauBe, Z. Ernet u. T. Grzebkowiak. Beechleunigung d. Luftoxydation UBW. 51

Amorphe und krlstalllslerte Oxydhydrate und Oxyde. XXXVII. l)

Uber die Beschleunigung der Luftoxydation des Eisen (11)- hydroxyds dureh Blei (11)-hydroxyd bzw. Pb"-lonen,

sowie den gitterrichtenden und gitterstabilisierenden Einflull demelben

Von ALFONS KRAUSE, Z. ERNST und T. GRZEQKOWIAK

Das mit einem AlkaliuberschuB gefiillte Ferrohydroxyd oxydiert sicb an der Luft nicht vollstiindig, da dunkelfarbigesFerroferrit entsteht. Die Ferroferritbildung beruht darauf, daB das wiihrend der Oxy- dation des Fe(OH), sich bildende Metaferrihydroxyd oder y-Hydr- oxyd infolge negativer Aufladung sich leicht mit der iiberschussigen, noch verbliebenen Ferrohydroxydbese verbindetz). Ganz 5hnlich liegen die Verhiiltnisse wenn man das axis Ferrosalzlosung mit uber- schussigem Ammoniak gefiillte Eisen(I1)-hydroxyd in demselben Reaktionsgemisch durch einen Luftstrom oxydierts). Im nicht alkalischen Medium dagegen ( p ~ < 5,2) findet unter gleichen Ver- suchsbedingungen vollstiindige Oxydation zu Metaferrihydroxyd oder zu y-FeOOH statt.

Die Oxydation des Ferrohydroxyds im ammoniakalischen Milieu ist nach KRAUSE und ERN ST^) recht kompliziert. Dabei handelt 8s sich niimlich um zwei miteinander in Wettbewerb tretende Reak- tionen, und zwar: Autoxydation des Fe(OH), und die Ferroferrit- reaktion, deren Geschwindigkeiten fur den Verlauf dieser Vorgange maljgebend sind. Man mulj sich das so vorstellen, dab das als In- duktor fungierende Ferrohydroxyd (9 Molekule Fe(OH),) einen Ober- schuB an Luftsauerstoff aufnimmt (ein Molekul O,), wobei Oxy-

1) XXXVI. Etteilung vgl. A. KRAUSE u. S. K R Z Y ~ A ~ ~ , Ber. (im Druck). 2, A. KRAWSE, Z. anorg. u. allg. Chem. 174 (1928), 146; vgl. auch E. Dmss

u. G. SCHI~ORR, Z. anorg. u. allg. Chem. 178 (1928), 32. s, A. KRAUSE, Roczniki Chem. 16 (1936), 318. 9 A. KRAUSE u. Z. EBNST, Ber. 69 (1936), 666; daselbst auch weitere

Literatur. 4*

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dation zu Metaferrihydroxyd erfolgt und der l%erschuB des Sauer- stoffes (z. B. in Form von H,O,) ,,zwei weitere" Fe(OH),-Molekiile, die die Rolle des Akzeptors iibernehmen, oxydieren kann. Werden aber ,,die beiden weiteren" Fe(OH),-Molekiile durch das entstandene Metaferrihydroxyd schneller gebunden als oxydiert, so findet Ferroferritbildung statt. Die Oxydation ist solchenfalls unvoll- standigl) ; das im Ferroferrit anwesende Ferroeisen ist gegen den Luft- sauerstoff unempfindlich2). Findet aber die Oxydation bzw. Aut- oxydation des Eisen(II)-hydroxyds in Gegenwart eines anderen Metallhydroxyds statt (z. B. Mg(OH),), so ist die Oxydation eine vollstandige, falls die Menge des Mg(OH), geniigend groB ist. Die Wirkungsweise des Mg(OH), ist so zu verstehen, daB dasselbe die Rolle der ,,beiden weiteren" Fe(OH),-Molekule iibernimmt und mit dem Metaferrihydroxyd Magnesiumferrit (statt Ferroferrit) bildet, wodurch die ,,beiden weiteren", jetzt freien Fe(OH,)-Molekiile der Oxydation zuganglich werden. Man kann also sagen, daS Magnesiumhydroxyd die Luftoxydation des Ferrohydroxyds be- schleunigt 3). AuBer Magnesiumhydroxyd konnen auch andere Metall- hydroxyde in ganz ahnlicher Weise die vollstandige Oxydation des Fe(OH), bewirken, woriiber wir spater ausfiihrlicher berichten werden. Dabei konnte man allerdings einwenden, daI3 durch die Anwesenheit des fremden Metallhydroxyds die Oberflache des Ferro- hydroxyds vergroBert und dasselbe deswegen schneller oxydiert wiirde. Ein solcher EinfluB macht sich zweifellos bemerkbar, wie wir uns durch spezielle Versuche iiberzeugten. Doch ist dieser Ein- fluB von untergeordneter Bedeutung und hat mit der oxydations- fordernden spezifischen Wirkung von Metallkationen nichts zu tun.

Unter den Metallhydroxyden, welche diese Wirkung zeigten, zeichnete sich das Bleihydroxyd bzw. das Pb"-Ion durch besondere Wirksamkeit aus. Es geniigten bereits kleine Mengen, um eine voll- standige Oxydation des Fe(OH), im ammoniakalischen Medium zu erzielen. Bei 0,028 Mol Pb(OH), auf 1 Mol Fe(OH), wurde der gleiche Effekt erreicht wie bei 0,60 Mol Mg(OH), auf 1 Mol Fe(OH),. Es ist anzunehmen, daI3 die Wirkung des Bleihydroxyds eine ganz ahnliche ist wie die des Mg-Hydroxyds, indem namlich auch hier

1) Nur wenn die gefilllten Fe(OH),-Mengen auBerordentlich klein sind, kann auch im ammoniakalischen Milieu vollstbdige Oxydation eintreten; ge- nauere Angaben vgl. A. KRAUSE, Roceniki Chem. 16 (1936), 318 (Auszug deutsch).

a) A. KRAUSE u. J. TULECKI, Z. anorg. u. allg. Chem. 218 (1933), 299; A. KRAUSE u. Z. ERNST, 1. c. S. 661.

3, A. KRAUSE, Z. anorg. u. allg. Chem. 174 (1928), 150.

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mit der Bildung eines Bleiferrits zu rechnen ist oder zumindest eine solche zu erwarten ist. AuBerdem muB aber noch das Bleihydroxyd in diesem System besondere Funktionen ausiiben, welche mit der Oxydationsbeschleunigung des Fe(OH), in Verbindung stehen sowie die Gitterstruktur des zu bildenden Oxydationsproduktes beein- flussen. Dabei ist die Menge des angewandten Pb-Salzes ma& gebend, wie die in Tabelle 1 zusammengestellten Ergebnisse zeigen.

Die Versuche wurden derart ausgefiihrt, daB stets 3 g FeSO,. 7H,O in 100 om3 Wasser bei 2OoC gelost wurden. In einer mog- lichst kleinen Wassermenge (1 -5 om3) losten wir die entsprechende Bleisslzmenge, und zwar verwandten wir fur unsere Versuchsreihe 0,025 g bis 1,6 g Pb(N03),. Die vermischten, filtrierten Losungen wurden mit 100 cm3 einer verdiinnten Ammoniaklosung versetzt, welche aus 13-15 cm3 25%iger NH,-Losung und 85-90 em3 Wasser bereitet wurde. Beim Vermischen von FeS0,- und Pb(NO,),-Losungen schied sich Bleisulfat am, welches durch dauerndes Umriihren moglichst gut zerteilt wurde. Bei darauffolgender Zugabe von NH,-Losung wird das Bleisulfat zum Teil in Bleihydroxyd ubergefuhrt, teils entstehen dabei losliche Doppelsabel), so daB in Losung Pb"-Ionen vorhanden sind. Bei Verwendung von gefiilltem Pb(OH), statt Pb(NO,), zeigten sich in keiner Beziehung Unterschiede. Ferner uberzeugten wir uns, da13 die Anwesenheit von Ammoniumnitrat keinen merklichen Ein- flus auf die Oxydation des Fe(OH), hatte. Das in 300cm3-Erlen- meyerkolben befindliche Reaktionsgemisch (etwa 200 cm3) wurde nun mit einem ziemlich regen Luftstrom behandelt und zwar in der Regel 2 Stunden lang, mit Ausnahme des bleifreien Reaktions- gemisches, welches einen 4-stiindigen Luftstrom beanspruchte. Nach 2 Stunden war niimlich in dieser Probe noch vie1 unveriindertes Ferrohydroxyd vorhanden, welches die Ergebnisse verfalscht hltte. Die Ammoniakkonzentration betrug nach Fallung des Eisen (11)- hydroxyds etwa 0,s n-NH,, nach vollendeter Oxydation etwa 0,6 n, da durch den Luftstrom etwas NH, fortgefuhrt wurde. Nach Ab- stellen des Luftstromes wurden die Reaktionsprodukte filtriert und bis zur Sulfatfreiheit ausgewaschen, auf Uhrgliiser gebracht und an der Luft getrocknet. Ihre Zusammensetzung wurde durch Be- stimmung des Pb-, FeII- und FeIII-Gehalts ermittelt. PbSO, war in den Produkten nicht vorhanden oder nur spurenweise.

Das ohne Bleiionen luftoxydierte Priiparat enthalt ziemliche Mengen Ferroeisen, welche jedoch weit geringer sind als der Formel

l) Vgl. P. PASCAL, Trait6 de Chimie m i n h l e 9 (Paris 1933), 242.

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des Magnetits bzw. Ferro- ferrits Fe(Fe02), entspricht (Tabelle 1, Nr. 1). Trotzdem seigte unser stark ferro- magnetisches Priiparat scharf die Linien des Magnetits, wobei die betreffenden Ront- genaufnahmen keine fur den Goethit oder y-FeOOH, cha- rakteristischen Linien auf- wiesen. Das ist um so merk- wiirdiger, als die Rontgen- aufnahmen des in Tabelle 1, Nr. 8 genannten Magnesium- ferrits von der Zusammen- setzung MgO : Fe203 = 1 : 1,65 auSer den Eigenlinien noch solche des y-FeOOH erkennen lieBen. Offenbar kann also ein Magnetit von der Zu- sammensetzung FeO : Fe203 = 1 : 3,30 - abgesehen von rontgenographisch nicht auf- findbaren Beimengungen - als selbstiindige Phase exi- stieren, was auf Grund der von A. KRAUSE~) seinerzeit auf- gestellten makromolekularen Formel fiir das Ferroferrit und seineOxydationsprodukte verstiindlich ist. GeringeBlei- sabmengen (0,025 g Pb(NO,),) fordern die Luftoxydation des Fe(OH), betriichtlich2),

1) A. KRAUSE, Z. phys. Chem. (B) 26 (1934), 58.

2) ZumFerroferrit(Tabde 1, Nr. 1) nachtriiglich im ammonia- kalischen Medium zugegebenes Bleinitrat oder Pb(OH), ist ohne Wirkung.

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der Ferroeisengehalt der fertigen Produkte sinkt deutlich, aber dennoch zeigte das Debyediagramm weiter Magnetitstruktur, aller- dings neben einigen sehr schwachen und wenigen Linien des Goethits. Wachsende Bleinitratmengen beschleunigen die Oxy- dation immer mehr, und demgemaB haben die dabei entstehenden Ferrihydroxyde eine verschiedene TeilchengroBe und auch eine ver- schiedene Kristallstruktur. (Prinzip der Haufungs- und Ordnungs- geschwindigkeit von HABER und die Kristallisationsregeln von G. TAMMANN~). So entsteht in Gegenwart von Bleimengen, welche gerade zur vollstlindigen Oxydation ausreichen, das a-Hydrat mit einem deutlichen Rontgendiagramm. Noch groBere Bleisabmengen beschleunigen die Oxydation derart, da13 die Ferrihydroxyde immer feinteiliger werden. Die Rontgenogramme dieser Priiparate zeigen immer schwachere und undeutlichere Goethitlinien, bis schlieBlich bei > 0,4 g zugegebener Pb(NO,),-Menge die Oxydationsprodukte rontgenographisch amorph werden. Bei einer bestimmten Bleisalz- menge aber (0,15g Pb(NO,),) entstand unerwartet in dieser Ver- suchsreihe das y-FeOOH, welches sowohl rontgenographisch identi- fiziert wurde als auch dadurch, daS es nach Erhitzen auf 2504OO0C von allen untersuchten Priiparaten am stiirksten ferromagnetisch war. [Bildung von y-Fe,0,2)]. Im Hinblick auf die Bildung des y-FeOOH muB den Bleiionen auBer ihrer oxydationsfordernden Rolle auch noch ein gitterrichtender und gitterstabilisierender EinfluB zu- gesprochen werden. Instabile Phasen konnen vielfach durch Bei- mengungen gewisser Stoffe ganz bedeutend stabilisiert werden, wofur das von KORDES,) untersuchte y-Al,O, mit Lithium als Stabilisetor ein gutes Beispiel ist. Auch y-Fe,O, kann nach KORDES durch ge- ringe Mengen FeO oder Wasser stabilisiert werden. Die stabilisierende Wirkung von Pb auf y-Fe,O, (und auch auf y-FeOOH) war daran zu erkennen, daB wir das bleihaltige y-Hydroxyd (Tabelle 1, Nr. 4) liingere Zeit auf etwa 400° erhitzen konnten, ohne daf3 das betreffende y-FezO, seinen starken Ferromagnetismus einbiifite, wahrend reines

1) G. TAMBXANN, ,,Kristallisieren und Schmelzen", Leipzig 1903, S. 148ff.; F. HABER. Ber. 65 (1922), 1717; A. KRAUSE, K. MORONI~WNA u. E. PRZYBYLSKI, Z. anorg. u. allg. Chem. 219 (1934), 203.

z, Literatur uber y-Fe,O, vgl.: J. W. MELLOR, A comprehensive treatise on inorganic and theoretical chemistry 13, T1. I1 (1934), 774; ferner in ,,Active Iron 11" von L. A. WELO u. 0. BAUDISCE, Chem. Reviews 16 (1934), 6Off. und im Handbuoh ,,Hydroxyde u. Oxydhydrate" von R. FRICKE u. G. F. Hiima, Leipzig 1937, S. 316.

3) E. KORDES, Z. Kristallogr. (A), 91 (1935), 193.

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y-FeOOH1) bei gleicher Behandlung seine ferromagnetischen Eigen- schaften bald verlor. Die Anwesenheit von Blei verzogert also deut- lich den Ubergang von y-Fe,O, in a-Fe,O,. Erst beim stiirkeren Gluhen verschwindet praktisch der Ferromagnetismus dieser Pra- parate.

AuBer der spezifischen Wirkungsweise der Pb"-Ionen ist in unserem System noch mit der Bildung von Bleiferrit zu rechnen, welches als rontgenographisch amorphe Beimengung mehr oder weniger in siimtlichen fertigen Praparaten vorhanden istz). Das Bleiferrit (Tabelle 1, Nr. 7) wird erst nach stiirkerem Gluhen rontgen- kristallinisch und stark ferromagnetisch. Es ist anzunehmen, daB in dem ammoniakalischen Reaktionsgemisch zunachst nur Adsorptions- verbindungen von Pb(OH), und Ferrihydroxyd entstehen. Das genugt allerdings, um die Wasserstoffe des genannten Ferrihydroxyds zu ,,blockieren", so daB die im ammoniakalischen Medium sonst leicht eintretende Ferroferritbildung vereitelt wird. Demzufolge wird das betreffende, nunmehr freie Ferroeisen der Oxydation ausgesetzt. Die Hauptrolle des Bleihydroxyds in unserem System ist jedoch die eines Sauerstoffubertriigers, offenbar infolge vorubergehender Bildung eines Blei(I1)-peroxyds. Da aber im Laufe der Zeit die Bindung zwischen Pb(OH), und Ferrihydroxyd immer mehr verfestigt wird, entsteht schlieBlich wahres Bleiferrit. Dadurch wird das Bleihydr- oxyd aus dem System entfernt und die Kette bricht ab.

Folgende Gleichungen bringen die hier obwaltenden Verhalt- nisse zum Ausdruck:

2Fe(OH), + Pb(OH), + 0, = 2FeOOH + Pb<x + 2H,O;

Pb(? + 2Fe(OH), = 2FeOOH + Pb(OH),. 0

1) Das y-FeOOH kann nach A. KRAUSE, K. MORONI~WNA u. E. F'RZY- BYLSKI (1. c.) durch Luftoxydation von gefiilltem FeCO, oder nach A. KRAUSE [Z. anorg. u. allg. Chem. 174 (1928), 1451 auch durch Luftoxydation von ge- fiilltem Fe(OH), erhalten werden. Beide Priiparate wurden durch die Silber- ferritsynthese sowie magnetisch und rontgenographisch im Jahre 1934 identifiziert (1. c.). Trotz dieser Tatsachen behauptet FRICKE in dem Handbuch ,,Hydroxyde und Oxydhydrate", Leipzig 1937, S. 320, diese Priiparate &en sogenannte ,,gelbe Hydroxyde" von unbestimmter Struktur und stellt sich damit auf den bereits veralteten Standpunkt des vor 8 Jahren erschienenen GMELIN'S Handbuch d. anorg. Chem. (Eisen), 8. Aufl., Teil B, Lfg. 1, Berlin 1929.

2) Durch Behandlung der Eisen(II1)-hydroxyd-Priiparate mit kalter 1 n-NaOH konnte kein Blei herausgelost werden. - Wir benutzten eine Rontgen- apparatur von Siemens mit Fe-K-Strahlung bei 45 kV, 8 mAmp. und 10 bis 20 Minuten Belichtungsdauer.

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Der Abbruch der Kette lBBt sich durch folgende Gleichung ver- anschaulichen :

Pb(OH), + 2FeOOH = Pb(FeO,), + 2H,O . Die angefuhrten Gleichungen machen keinen Anspruch auf Voll-

standigkeit. Es ist wohl sicher, daS auSerdem in unserem System die Oxydation des Ferrohydroxyds auch so verlaufen kann, da13 dasselbe teils als Induktor, teils als Akzeptor auftrittl).

Die Annahme der Bildung einer Blei (11)-peroxydverbindung scheint auf Grund anderer Versuche gerechtfertigt, welche neuer- dings von KRAUSE und KAPITA~CZYK~) mit hochkonzentrierten Laugen ausgefuhrt wurden. Gibt man namlich zu einer 18 bis 20 n-NaOH einige Tropfen Merck’s Perhydrol (30°/oige H,02) hinzu, so entsteht eine schone Blaufarbung, falls geringe Mengen Mn (11)- salz, Pb(I1) oder zweiwertiges Eisen zugegen sind. Dreiwertiges Eisen dagegen gab keinen Farbeffekt. Wahrscheinlich entstehen dabei Perverbindungen des Mn (11), Pb (11) usf., offenbar in kolloider Zerteilung, welche unter anderem auch die Bildung von Natrium- percarbonat hervorrufen konnten, das bekanntlich blau gefarbt ;at3). Vielleicht bildet sich auch durch Zersetzung derselben Ozon.

Zutamrnenfassung

Das mit uberschussigem Ammoniak gefiillte Fe(OH), wird in dem Reaktionsgemisch durch einen Luftstrom nicht vollstandig oxydiert, da schwarzes Ferroferrit entsteht, welches das Rontgeno- gramm des Magnetits zeigt. Bei Zugabe kleiner Bleinitratmengen wird die Oxydation des Fe(OH), ganz auBerordentlich beschleunigt, indem mit wachsenden Pb-Salzmengen der Reihe nach ein FeII- iirmeres Ferroferrit nebst geringen Mengen Goethit, weiter Fe Wreie Eisen (111)-oxydhydrate, nsmlich a-Fe,O, -H,O (Goethit) und schlieB- lich rontgenographisch amorphe Produkte auftreten. Dement- sprechend werden die Priiparate immer feinteiliger. Unter bestimmten Versuchsbedingungen, welche im Text ntiher besprochen sind, kann auch y-FeOOH entstehen, welches rontgenographisch und magnetisch

1) Vgl. R. ABEQG’S Hrtndbuch d. anorg. Chem. IV, 3. Abt., 2 T1. B., Lfg. 1, S. 13ff. (1930); A. BACH, Compt. rend, 124 (1897), 952; W. MANCHOT u. F. GLASER, Z. anorg. Chem. 27 (1901), 420; C. ENQLER u. J. WEISSBERQ, Kritische Studien iiber d. Vorgiinge bei d. Autoxydation, Braunschweig 1904; H. WIELAND, Ober den Verlauf der Oxydationsvorginge, Stuttgart 1933 ; A. KRAUSE u. Z. ERNST, 1. c.

2) A. KRATJSE u. K. KAPIT~CZYK, Koll.-Ztschr. (im Druck). 3) E. H. RIESENFELD u. B. REINHOLD, Ber. 42 (1909), 4377.

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identifiziert wurde. In allen Fiillen ist auBerdem mit der Bildung von Bleiferrit zu rechnen, welches jedoch rontgenographisch amorph ist und erst nach stbrkerem Gliihen rontgenkristallinisch und stark ferromagnetisch wird.

Die Wirkungsweise des Bleis in dem genannten System kann durch eine Kettenreaktion zum Ausdruck gebracht werden (Glei- chungen im Text), wobei das entstehende Pb (11)-peroxyd als Sauer- stoffubertrager wirkt. Die Kette kommt mit der Bildung des Blei- ferrits zum Abbruch, das anfangs nur als Adsorptionsverbindung in dem ammoniakalischen Reaktionsgemisch auftritt. fSberdies ubt das Blei einen gitterrichtenden und gitterstabilisierenden EinfluB Bus.

Der Direktion des Fundusz Kultury Narodowej danken wir auch an dieser Stelle fur die Gewiihrung eines Stipendiums einem von uns (Z. ERNST).

Poeeln (Polen), Institut fur anorganische Chemie der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 27. Juli 1937.