24
Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien – Medienängste

Vorlesung im Wintersemester 2006/07Prof. Dr. Susanne Keuneke

Page 2: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Formalia• Anrechenbarkeit der Vorlesung

– Magisternebenfach Medienwissenschaft: Bereich IV, Richtung 2

– BA Sozialwissenschaften/BA-Ergänzungsfach Kommunikations- und Medienwissenschaft: Themenmodul I&G (äquivalent zu einem Kernkurs)

– andere BA-Studiengänge, z.B. Medien- und Kulturwissenschaft: fächerübergreifender Wahlpflichtbereich

• Voraussetzungen für einen Beteiligungsnachweis– Bestehen der ‚kleinen Klausur‘

• Qualifikation– benoteter Schein (Mag. Grundstudium) und Abschlussprüfung

(BA): Bestehen der ‚großen Klausur‘– benoteter Schein (Mag. Hauptstudium): Hausarbeit

Page 3: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Gegenstand und Ziel der Vorlesung

• Fragen: – Was sind Medienangst, ein Angstmedium,

eine Medienangstdebatte?– Wodurch werden Medienängste ausgelöst? – Welchen Ausdruck finden Medienängste

• auf verbaler bzw. rationalisierter Ebene (Welche Argumente werden in Medienangstdebatten verwendet und wie sind diese einzuordnen?),

• auf non-verbaler bzw. affektiver Ebene (Welche Bilder/Metaphern werden bei einer künstlerischen Darstellung von Medienängsten verwendet und wie sind diese zu deuten?).

Page 4: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Gegenstand und Ziel der Vorlesung

• Vorgehen: – Klärung grundlegender Begriffe.– Überblick über gängige Argumentationen zu

Angstmedien.– Vergleichende Analyse von Medienangst-

debatten aus verschiedenen Jahrhunderten, Identifikation und wissenschaftliche Überprüfung der Argumente.

– Analyse von Spielfilmen, die Medienängste thematisieren und/oder metaphorisch um-setzen.

Page 5: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Ablauf

17.10.06 Angstmedien – Medienängste: Grundlagen

24.10.06 Evolution und Revolution: Geschichte der (Massen-)Medien im Überblick

31.10.06 ‚Ein gutes Buch! Ein gutes Buch?‘ Wie ein schöner Schwan einst hässliches Entlein war

07.11.06 ‚Zeitungslust und Zeitungsfrust‘ – frühe Reaktionen auf das erste Massen-

medium14.11.06 Bewegte Bilder – erregte Bürger:

An- fänge des Kinos

Page 6: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Ablauf

21.11.06 Das Böse aus dem Bilderbuch – Comics im

Nachkriegsdeutschland28.11.06 Kummer-Kasten oder das Tor zur

Welt? Fernsehen in der BRD05.12.06 ‚Gefangen im Netz‘ – das Internet12.12.06 Erfurt und der Ego-Shooter -

Computerspiele in der Diskussion

- Weihnachtspause -

Page 7: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Ablauf

09.01.07 Fernsehangst im Film: Poltergeist (1982)

16.01.07 Videoangst im Film: The Ring (2002)23.01.07 Internetangst im Film: FearDotCom

(2002)30.01.07 Schlussbesprechung06.02.07 Klausur

Page 8: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Grundlegende Begriffe

Page 9: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Medienangst

• Angst: „eine auf die gegenwärtige oder auf die zukünftige Situation gerichtete kognitive und emotionale Einstellung, nämlich die Erwartung, bedroht zu werden – an Leib und Leben, an Geborgenheit oder Ansehen“ (Bräutigam/Senf 1996:246).

• Medienangst: Gefühl der Bedrohung, das – von einem Medium ausgelöst, – von Mitgliedern einer Gesellschaft geteilt und – in einer öffentlichen Debatte zum Ausdruck gebracht

wird.

Page 10: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Medienangstdebatte

• Indikatoren für Medienangst sind Äußerungen von Kommunikatoren über ein Medium oder seine Macher, die skeptischen, besorgten, ablehnenden oder diskriminierenden Charakter haben. Medienangstdebatte

• Objekte von Medienangst(-debatten):Angstmedien– in der Regel: Medienkarrieren von euphorisch

aufgenommenem ‚Fortschritt‘ über ‚Angstmedium‘ und ‚Alltagsmedium‘ bis zum ‚Kulturgut‘

Page 11: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Auslöser von Medienängsten –Erklärungsansätze

Page 12: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Auslöser von Medienängsten

• Novität Medien, die in einer Gesellschaft/Kultur neu auftreten, führen zu Medienangst. Diese klingt ab, verschwindet oder kehrt sich in ihr Gegenteil, wenn sich das betreffende Medium etabliert hat.– Faustregel: „Je älter das Medium, desto

positiver die Perzeption.“

Page 13: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Auslöser von Medienängsten: Novität

• Erklärungsansatz: Xenophobie – „die ablehnende, bis zu Haß und Feindschaft gesteigerte

Einstellung gegenüber Fremden “ (Lexikon zur Soziologie).

• „Dem Fremden ... wird eine Übermacht oder immerhin ein Quantum Macht unterstellt, das sich gegen einen selbst richtet“ (Seitter 1999: 12).

• Neue Medien stellen Kommunikationsgewohn-heiten (‚Kulturtechniken‘) in Frage, entwerten sie scheinbar oder real, ‚stören die Ordnung der Dinge‘ Abwehr durch Abwertung

• (Medien-)Angst als archaisches Phänomen: „Fremden wurden generell zerstörerische Kräfte zugeschrieben“ (Müller 2003: 248).

Page 14: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Auslöser von Medienängsten

• Penetration der GesellschaftNeue Medien lösen i.d.R. keine Medienangst aus, bis sie massenhafte Verbreitung erfahren.

Page 15: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Auslöser von Medienängsten: Penetration der Gesellschaft

• Massenhaft verbreitete Medien verändern den (gewohnten!) Alltag und können zu politischen sowie sozialen Verschiebungen beitragen.

Medienangst als Angst Machthabender und Privilegierter, an Macht und Privilegien zu verlieren.

• Insbesondere sichtbar im Generationenkonflikt: Jüngere Menschen adaptieren neue Medien schneller und gewinnen ‚kulturelle Vorsprünge‘.

Typisch für Medienangstdebatten: Sorge um ‚schädlichen Einfluss auf die Jugend‘.

Page 16: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Medienangstdebatten im Überblick

• Roß (1997: 29) zur Medienkritik der vergangenen zwei Jahrhunderte:„Im Zeitraffer zeigen sich da vielfältige Verwandtschaften und Analogien. Sie nähren die Hypothese, daß die Medienkritik von einem relativ überschaubaren und stabilen Repertoire an Denkmodellen und Argumentationsmustern geprägt ist.“ (Hervorh. SK)

Page 17: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen in Medienangstdebatten

Page 18: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen in Medienangstdebatten

• DefinitionUnter populären Thesen sollen Annahmen bzw. Behauptungen verstanden werden, die in zwei-fachem Sinn ‚populär’ sein können:– im Sinne von ‚beliebt, weit verbreitet’,– im Sinne von ‚volkstümlich’, d.h. die Annahmen bzw.

Behauptungen sind Teil einer Alltags- oder Laientheorie und damit für ihre Vertreter handlungsleitend, ohne dass sie die Annahmen bzw. Behauptungen nach wissenschaftlichen Kriterien überprüft hätten (vgl. Lexikon zur Soziologie).

Page 19: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen über Angstmedien

• Trivialitätsthese:Das Medium ist im Vergleich mit errungenen kulturellen Gütern, insbesondere älteren Medien, minderwertig und gefährdet damit das kulturelle Niveau der Gesellschaft.

 Im Zusammenhang damit steht die

•  (Miss-)bildungsthese:Das Medium wirkt sich negativ auf die Denk-, Sprach- und Imaginationsfähigkeit der Rezipienten aus

Page 20: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen über Angstmedien

• Suchtthese: Das Medium löst bei den Rezipienten Suchtsymptome aus.

 Daraus folgt die

 • Pathologiethese:

- Die Rezeption des Mediums führt zu körperlichen Schäden oder Fehlentwicklungen (Haltungsschäden, Augenleiden, Kopfschmerzen, Schäden durch Bewegungsmangel etc.).

- Die Rezeption des Mediums führt zu psychosomatischen Schäden (Nervenüberreizung, Hysterie, Neurosen etc.).

- Die Rezeption des Mediums führt zu psychischen Schäden (Verunsicherung, Angst, Aggression etc.)

Page 21: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen über Angstmedien

• Tabubruchthese: Das Medium zeigt Bereiche der Wirklichkeit, deren Ver-Öffentlichung die gesellschaftliche Ordnung gefährden und/oder zu Werteverfall führen.

• Täuschungsthese:Das Medium vermittelt dem Rezipienten ein falsches Bild von der Wirklichkeit und entfernt ihn vom wahren Leben.

Page 22: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen über Angstmedien

Aus der Tabubruch-, Täuschungs- und Suchtthese folgt die

• (A-)sozialisationsthese: Das Medium führt zu Störungen/Pathologien in der Iden-titätsentwicklung, dies insbesondere bei Jugendlichen. Folge sind charakterliche Defizite, mangelnde Alltagskompetenz und Anpassungsschwierigkeiten.

Daraus folgt (i.S. einer Steigerung) die

• Violenzthese: Das Medium führt zu einem Anstieg von Gewalt in der Gesellschaft (körperliche Gewalt gegen andere, Kriminalität von Diebstahldelikten bis Mord, Selbstmord), dies insbesondere bei Jugendlichen.

Page 23: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Populäre Thesen über die Macher von Angstmedien

• VerantwortungslosigkeitstheseDie Medienmacher verbreiten ihre Produkte, obwohl sie sich bewusst sind, dass dessen Inhalte die gesellschaftliche Ordnung, die physische und psychische Gesundheit bzw. die Identitätsentwicklung ihrer Rezipienten gefährden.

 Diese steht im Zusammenhang mit der

• DefizittheseDie Medienmacher handeln verantwortungslos, weil sie kognitive (mangelnde Reflexion, keine Weitsicht etc.) oder charakterliche Defizite (Profitgier, Unaufrichtigkeit, Geltungssucht etc.) aufweisen.

Page 24: Angstmedien – Medienängste Vorlesung im Wintersemester 2006/07 Prof. Dr. Susanne Keuneke

Angstmedien - Medienängste, Prof. Dr. Susanne Keuneke

Verwendete LiteraturBräutigam, Walter/Senf, Wolfgang (1996): Erscheinungsformen von Angst

und Angsttherapie. Wirkfaktoren psychoanalytischer Therapie bei Angstpatienten aus der Sicht der Therapeuten und im Patientenrückblick. In: Lang, Hermann/Faller, Hermann (Hrsg.): Das Phänomen Angst. Pathologie, Genese und Therapie, Frankfurt a.M.: suhrkamp, S. 245-266.

Fuchs-Heinritz, Werner u.a. (Hrsg.) (1994)3: Lexikon zur Soziologie, Opladen: Westdeutscher Verlag.

Müller, Klaus E. (2003): Archaische Angst. In: Roth, Gerhard/Opolka, Uwe (Hrsg.): Angst, Furcht und ihre Bewältigung, Oldenburg: bis, S. 241-260.

Roß, Dieter (1997): Traditionen und Tendenzen der Medienkritik. In: Weßler, Hartmut/Matzen, Christiane/Jarren, Otfried/Hasebrink, Uwe (Hrsg.): Perspektiven der Medienkritik: Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit öffentlicher Kommunikation in der Mediengesellschaft, Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 29-45.

Seitter, Walter (1999): Philosophische Dispositionen zu Xenophobie. In: Etzersdorfer, Irene/Ley, Michael (Hrsg.): Die Angst vor dem Fremden, Berlin/Bodenheim: Philo, S. 9-18.