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Lebens zeit Hospiz Vorarlberg - Zeitschrift Nr. 1 | März 2015 „Kinder beobachten die Familienmitglieder sehr genau. Wie diese mit Krisen umgehen, ist meist Vorlage für das ganze Leben.“ Annelies Bleil, Koordinatorin Hospiz für Kinder (HOKI) Aus dem Blick eines Kinderarztes Wer Kinder begleitet, muss viel Zeit mitbringen. > Seite 3 Kinderseelen sind zerbrechlich Ein Kunstprojekt nähert sich einem sensiblen Thema an. > Seite 7 Wenn die Welt in Brüche geht Die Trennung der Eltern kann bei Kindern Trauergefühle auslösen. > Seite 12 Hospiz für Kinder mit Verlust leben lernen

Annelies Bleil, Koordinatorin Hospiz für Kinder (HOKI ... · 4 Lebenszeit März 2015 5 fachdialog „Wir können von Kindern alles ler-nen!“ Mit dieser Aussage von Prof. Dr. Stein

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LebenszeitHospiz Vorarlberg - Zeitschrift Nr. 1 | März 2015

„Kinder beobachten die Familienmitglieder sehr genau. Wie diese mit Krisen umgehen, ist meist Vorlage für das ganze Leben.“Annelies Bleil, Koordinatorin Hospiz für Kinder (HOKI)

Aus dem Blick eines KinderarztesWer Kinder begleitet, muss viel Zeit mitbringen.

> Seite 3

Kinderseelen sind zerbrechlichEin Kunstprojekt nähert sich einem sensiblen Thema an.

> Seite 7

Wenn die Welt in Brüche gehtDie Trennung der Eltern kann bei Kindern Trauergefühle auslösen.

> Seite 12

Hospiz für Kinder mit Verlust leben lernen

Lebenszeit März 20152 3

editorial

Kinderseelen sind zerbrechlich. Jede/r die/der einmal Kind war, weiß davon zu berichten.

Viele von uns tragen auch Jahre nach verstörenden, erschreckenden Erfah-rungen in der Kindheit noch deutliche Narben. Manche sind nur schlecht verheilt. Das ist der eine Teil der Wahrheit. Kinder tragen unheimliche Ressourcen in sich, sind in der Lage,

Zerbrechlich und unglaublich starkVON KARL W. BITscHNAu, LEITER HOspIZ VORARLBERg

auch mit schweren Zumutungen des Lebens fertig zu werden, überra-schen immer wieder mit ungeahnter innerer stärke. Das ist der andere Teil der Wahrheit.

Eine der großen Zumutungen des Lebens ist es, mit Verlusten fertig zu werden. Wie dies gelingen kann und wo und wie Kinder dabei unter-stützung und Begleitung erfahren, davon berichtet die aktuelle Ausgabe der „Lebenszeit“, die sie gerade in Ihren Händen halten. Wir können uns glücklich schätzen, in einer gesell-schaft zu leben, die ein großes Netz ausgespannt hat, um Kinder mit Verlusterfahrungen zu schützen und zu unterstützen, aus eigener innerer Kraft mit den Verlusten leben zu ler-nen. Hospiz für Kinder (HOKI) ist ein wichtiger Knoten in diesem Netzwerk

„Damals wurden wir zum spielen rausgeschickt“VON ELKE KAgER

Dr. Wolfgang Hilbe mit einer kleinen patientin

Der Dornbirner Mediziner Dr. Wolfgang Hilbe kennt das The-ma „Kindertrauer“ nicht nur aus seiner langjährigen Erfahrung als Kinderarzt. Er selbst ist als zehn-jähriges Kind zum Halbwaise ge-worden, als seine Mutter verstarb.

„Damals ist man schon noch sehr komisch mit dem Thema `sterben und Kinder´ umgegangen“, erinnert sich Dr. Wolfgang Hilbe, dass man ihn und seine geschwister zum spie-len rausgeschickt hat. „Das ist nichts für Kinder“, war die sichtweise zur damaligen Zeit. Raum, um die Trauer aufzuarbeiten, gab es für ihn und sei-ne fünf älteren geschwister kaum. „In diesem Moment hat mich die Trauer um meine Mutter eigentlich gar nicht so wahnsinnig belastet. Viel darüber nachgedacht habe ich erst später. Kinder können – sofern sie psychisch stabil sind – viel verkraften“, ist Dr. Hilbe überzeugt, „sie haben wie eine Art schutzmantel um sich, und das ist eine gnade.“

Neben einer möglichst optimalen me-dizinischen Betreuung ist bei schwer kranken und sterbenden Kindern in erster Linie Einfühlungsvermögen und Zeit gefragt. „Je nach Alter des er-krankten Kindes brauchen die Eltern, die geschwister, aber auch das Kind oder der Jugendliche selbst die Mög-lichkeit zu gesprächen.“ unzufrieden ging Dr. Wolfgang Hilbe in seiner langjährigen praxis als Krankenhaus-arzt sowie in der privaten Arztpraxis nur dann aus der Ordination, wenn er diese Zeit nicht hatte. „Das ist das größte problem: Dass ein Arzt stän-dig gegen die uhr arbeiten muss.“ Manchmal beneide er Handwerker um ihren Beruf, erzählt Dr. Hilbe. „sie haben am Abend ein Tagwerk voll-bracht. Das gefühl habe ich als Arzt

nie – es ginge immer noch mehr und zusätzlich zur Arbeit am patienten ist zwischenzeitlich sehr viel Bürokratie erforderlich, die meist in den Nacht-stunden erledigt wird.“

Wenn er auf die soziale Landschaft Vorarlbergs und hier insbesondere auf das Angebot für schwer kranke, sterbende und trauernde Kinder blicke, dann sehe er ein dichtes Netz. „gerade durch die Einrichtung von

Hospiz für Kinder wurde eine große Lücke geschlossen“, erzählt er, dass er auch auf grund der Tatsache, dass seine gattin ehrenamtlich mitarbeitet, einen gewissen Einblick habe. Kei-nesfalls missen möchte er auch ande-re Angebote, etwa die aks-Kinder-dienste oder für ältere Kinder die An-gebote des Instituts für sozialdienste oder „pro mente“. „Das Netz ist sehr engmaschig geknüpft, es wird hier sehr viel gute Arbeit geleistet.“

Sofern finanziell und organisatorisch möglich, wäre es aus sicht des Kin-derarztes wünschenswert, dass auch im stationären Hospiz, das derzeit geplant wird, ein bis zwei spezielle Betten für Kinder eingerichtet würden.

ansicht

„Gerade durch die Einrichtung von Hospiz für

Kinder wurde eine große Lücke geschlossen.“

und versteht sich als Wegbegleitung für Kinder, Jugendliche und deren Familie, die von schwerer Krankheit betroffen sind oder den Tod eines Familienangehörigen zu betrauern haben. Die Arbeit von HOKI steht daher im Mittelpunkt der aktuellen Ausgabe der Lebenszeit. Weiters finden Sie Beiträge zum Thema aus der sicht von Flüchtlings- und schei-dungskindern, Ärzten, des Hospiz-seelsorgers und der sozialpolitik. Empfehlungen für erprobte Kinder-bücher runden die Lektüre ab.

Viel Freude beim Lesen, Ihr

Dr. Karl W. Bitschnau

Unser Team: HospizbegleiterInnen für Kinder (HOKI)

Lebenszeit4 5März 2015

fachdialog

„Wir können von Kindern alles ler-nen!“ Mit dieser Aussage von Prof. Dr. Stein Husebö im Rahmen der ersten Vorarlberger Kinderhospiz-Tagung der Caritas Vorarlberg, ver-mittelte der Mediziner aus Norwe-gen einen Eindruck davon, wie sehr er die Arbeit mit Kindern liebt – und ihren Umgang mit Tod und Trauer respektiert.

prof. Dr. stein Husebö konnte mit seinem Vortrag die zahlreichen Besu-cherInnen gleichermaßen berühren und faszinieren. Der international anerkannte Experte für palliativme-dizin stellte gleich zu Beginn fest, dass Kinder Weltmeister der Kom-munikation sind und in den prozess des Abschiednehmens eines lieben Menschen oder der Trauer integriert werden müssen. Er sieht den offenen und ehrlichen umgang mit Kindern als wesentliche Voraussetzung dafür, dass für Kinder das sterben zum Bei-spiel eines Familienmitgliedes nicht zu einer traumatischen Erfahrung wird. „Kinder trauern anders, stel-

len Fragen und können sich in ihrer Fantasie beinahe alles vorstellen“, so Husebö. Doch während kleinere Kinder noch offen sind für alles und Leben und Tod nicht wirklich von-einander trennen können, ist es mit Jugendlichen oft schwieriger und es besteht die gefahr der verschleppten Trauer, die schwere Folgen für das weitere Leben des jungen Menschen haben kann.

Von Kindern lernenAuch Kinder, die unheilbar krank sind, sollten nach Meinung von Husebö nicht im unklaren darüber gelassen werden. Auch hier ist Offenheit ge-genüber dem kleinen patienten oder der kleinen patientin, aber auch den Eltern gegenüber von großer Wich-tigkeit, um mit dieser schwierigen situation besser umgehen zu können. Er plädiert ganz stark dafür, dass Eltern, geschwister und Angehörige bis zum letzten Atemzug des Kindes anwesend sein sollen. „Ich habe oft schon erlebt, dass sterbende Kinder ihre Familie trösten und ihnen Kraft

Vorarlberger Kinderhospiz-TagungVON MIRJAM VALLAsTER

geben, das unvermeidliche anzuneh-men. Wir können von Kindern alles lernen“, so stein Husebö.

Trost durch die Jesus-Geschichte Auch pfarrer Elmar simma sieht als religiöser Vertreter die Wichtigkeit der Rituale des Abschiedsnehmens und der Trauer. „Kinder sind von Natur aus religiös und haben einen völlig anderen Zugang zum Tod als Erwachsene. Kinder stellen 1000 Fragen, agieren intuitiv und spüren auch, wenn es ihnen zu viel wird“, so Elmar simma auf die Frage, ob eine kleine Kinderseele so viel Trauer und schmerz aushalten kann. Wichtig ist für ihn das grund-gottvertrauen, das Kinder schon von geburt an haben und durch geborgenheit und sicherheit bei den Eltern erfahren dürfen. Kinder vertrauen darauf, dass am Ende alles gut wird, wie in einem Märchen und auch in der Jesus-geschichte.

In einem waren sich beide Referenten einig. Der Tod darf nicht an den Rand

Prof. Stein Husebö wurde 1944 bei Bergen in Norwegen geboren und studierte später in Lübeck und graz Medizin. 1988 gründete er die „skandinavische gesellschaft für palliativ-medizin“ und ist gründungsmitglied der „Europäischen gesellschaft für palliativ-medizin“.

seit 1995 ist prof. Husebö gastwissen-schaftler in medizinischen und interdis-ziplinären Fachgebieten verschiedener europäischer städte.

Neben einer Vielzahl an Veröffentlichungen in Fachblättern ist Husebö Autor mehrerer Bücher.

Husebö ist mit der deutschen Ärztin Bettina sandgathe Husebö, die ebenfalls auf dem gebiet der palliativmedizin tätig ist, verheiratet und hat sechs Kinder.

der gesellschaft gedrängt werden, sondern ist ein ganz selbstverständ-licher Teil des Lebens. Husebö: „sterbende Menschen sind die größte patientengruppe, denn jeder Mensch muss sterben. Daher müssen wir den Tod wiederbeleben.“

Wünsche für die Zukunftund was würde sich Annelies Bleil für die Hospizbegleitung für Kinder (HOKI) in der Zukunft wünschen? „Wir müssen noch mehr Entlastungs-angebote für betroffene Familien schaffen und diese Thematik stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung

bringen.“ gleichzeitig bedankte sie sich auch bei dem gut geschulten Team der ehrenamtlichen Helfe-rInnen, die in Krisensituationen zu Vertrauten werden.

und auch die mobile Kinderkranken-pflege sowie Kinderarzt Dr. Guido Müller, beide Mitglieder des HOKI Fachbeirates, schlossen sich diesen Wünschen an. Kinderarzt und Mode-rator des Nachmittags, Dr. Wolfgang Hilbe, sprach den Wunsch vieler ZuschauerInnen aus, dass es eine Fortsetzung der Kinderhospiz-Tagung der caritas in Vorarlberg geben sollte.

Dr. Wolfgang Hilbe führte als Moderator durch die Tagung. Als Referenten begrüßte er prof. stein Husebö, Mag. Elmar simma und Dr. guido Müller.

Lebenszeit März 20156

interview

Soziallandesrätin Katharina Wies-flecker im Gespräch über Rahmen-bedingungen, die das Land Vorarl-berg für Kinder in Trauer anbietet.

Kinder geraten manchmal – etwa durch Tod oder Trennung in ihrer Familie – in Situationen, in denen sie mit Verlust umgehen lernen müssen. Was kann Vorarlberg als Land tun, um diese Verluste erträg-lich zu machen und die Kinder in ihrer Trauerarbeit zu unterstützen?Die Trauer kann den Kindern nicht abgenommen werden. Im gegen-teil, es ist ja auch wichtig, dass ein Trauerprozess stattfinden kann. Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass die Kinder in solchen, vielleicht mitunter traumatischen situationen, nicht alleine gelassen werden. Vermutlich ist die Herausforderung in der Begleitung von trauernden Kindern, dass diese gesehen wer-den und Zeit und Raum ist, dass sie Fragen stellen können und sich Menschen anvertrauen. Andererseits ist es vermutlich auch wichtig, dass diese Kinder keine sonderstellung bekommen, der Alltag muss und soll weitergehen, und das Hier und Jetzt ist für die Kinder eine wichtige Quelle, damit die Lebensfreude erneut entwickelt werden kann. Im vergangenen Dezember bin ich zur ersten Kinderhospiz-Fachtagung eingeladen worden. Mir hat es die Wichtigkeit aufgezeigt, dass dieses Thema mehr Raum bekommt und der umgang mit Tod – auch für Kinder – eine sprache bekommt. Dass die un-terstützung betroffener Kinder durch die bestehenden Angebote weiterhin erfolgen kann, dafür setze ich mich auch zukünftig ein.

Sie sind jetzt seit vier Monaten in ihrem Amt als Soziallandesrätin.

VON ELKE KAgER

VON MIRJAM VALLAsTER

Wie sehen Sie den Entwicklungsbe-darf in den Unterstützungsangebo-ten für Kinder?Kinder brauchen tragfähige Bezie-hungen, weil sie unsere Zukunft sind. Als soziallandesrätin bin ich hier in engem Austausch mit den Fachbe-reichsleitungen der einzelnen Abtei-lungen des Landes in der Kinder- und

Jugendhilfe und im Bereich der Klein-kindbetreuung. Die Zusammenarbeit mit den sozialen Einrichtungen erlebe ich sehr professionell. Die Dienstlei-ster sind direkt mit den betroffenen Familien in Kontakt und spüren recht rasch, wo Hilfe und unterstützung notwendig ist. Dieses Kooperati-onsmodell für die Zusammenarbeit ist hilfreich und auf Augenhöhe. Die gemachten Erfahrungen fließen wieder zu mir zurück und so findet ein guter fachlicher Austausch statt. Dies ermöglicht wiederum wirkungsvolles steuern auf politischer Ebene.

Hospiz für Kinder begleitet Kinder, die von Sterben und Trauer be-troffen sind. Wie sehen Sie dieses Angebot in der sozialen Landschaft Vorarlbergs? Die bestehenden Angebote sind sehr wichtig. Mit einer Enttabuisierung die-ses Themas werden wir alle sensibi-lisiert. Ich könnte mir vorstellen, dass gerade Menschen, die im nahen um-feld von diesen betroffenen Kindern leben oder auch mit ihnen sehr direkt zu tun haben, wie etwa LehrerInnen, froh über fachlichen Input im umgang mit trauernden Kindern sind.

Kinder brauchen tragfähige Beziehungen

Kinderseelen sind zerbrechlich

Der Fantasie der Kinder sind keine Grenzen gesetzt – dies beweist eindrucksvoll die laufende HOKI-Kampagne „Kinderseelen sind zerbrechlich“, in der sieben Vorarl-berger Kinder im Alter von acht bis elf Jahren ihrer Kinderseele ein sehr berührendes Gesicht geben.

„Mensch mit Geheimniskoffer“, „schatzkammer“, „meine kleine Höhle“, „Königsbär“, „Herzensauge“, „seelenmonster“, und „Vogelnest“ – dies sind die fantastischen Namen jener Kinderseelen, die die sieben Buben und Mädchen ihrer seele gegeben haben. Tief in ihrem Inneren verborgen hüten sie ihre kleine Kin-derseele wie einen wertvollen schatz, einen geheimnisvollen Koffer oder ein zartes Vogelnest und schützen es mit ihrem Körper. Der Weg, den diese Kinder bis zur Fertigstellung dieser wertvollen Kunstwerke gegan-gen sind, ist ein ganz besonderer. Denn zuerst fertigten sie ihr Bild von der seele aus Ton an, mit viel Liebe zum Detail. Dann wurden sie von zwei glaskünstlern nachgebildet und dadurch zu einem zerbrechlichen

schatz, ebenso wie die seelen aller Kinder. „Der Hintergrund dieses pro-jektes und der ganzen Kampagne ist der sensible umgang mit dem Thema Kindertrauer. Dabei geht es nicht sosehr um sterbende Kinder, sondernmehr um die Trauer der Buben undMädchen, die einen Angehörigenoder Freunde verlieren werden oder verloren haben“, so Annelies Bleil, Koordinatorin von HOKI. Aber auch bei chronischen oder lebenslimitie-renden Erkrankungen verändertsich das Leben der ganzen Familie. Kinder haben – seien sie als patient, als geschwister oder als Angehörige betroffen – ganz besondere Bedürf-nisse und viele Fragen. Diese gilt es alters- und wahrheitsgemäß zu beantworten, denn Kinder brauchen Klarheit und Verlässlichkeit, „sonst er-hält ihre junge seele Erschütterungen und sogar Risse“, so Annelies Bleil weiter. „Besonders bei Krankheit, Tod und Trauer um Angehörige muss die seele einiges aushalten.

Damit sie nicht zu Bruch geht, beglei-ten, beraten und betreuen wir Kinder und deren Familien.“

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Auf spielerisch, kreative Weise tauchen wir zusammen ein in die verschiedenen Gefühlswelten bei Verlusterfahrungen.

Allerhand geschichten, gedanken, spiel und spaß sowie eine gute Jause gehören ebenso dazu, wie die Erfahrung, dass man gefühle aus-drücken soll, damit sie einen nicht er-drücken.

Wo: Haus der Begegnung FrastanzWann: Jeweils von 16:30 bis 18:30 uhr (kleine zeitliche Änderungen sind dem Team vorbehalten)

2015: 27. März, 24. April, 29. Mai, 26. Juni: Ein Vorgespräch mit einer/einem HOKI MitarbeiterIn wird emp-fohlen! Es ist eine offene Gruppe, in die man jederzeit einsteigen kann.

Trauertreff für Kinder im Grund-schulalter

Katharina Wiesflecker Landesrätin, stellvertretende Landessprecherin der grünen Vorarlberg und Mitglied des Landesvorstands; sie lebt in schwarzach, ist verheiratet und Mutter einer Tochter.

„Es ist ganz wichtig, dass Kinder in traumatischen Situationen nicht alleine

gelassen werden.“

Eva im Land der verlorenen Schwesternphilippe goossens/Thierry Robberecht, patmos Verlag 2004

Evas große schwes-ter, mit der sie all ihre geheimnisse

teilt, ist nicht mehr da. Lisa ist gestorben. Also geht Eva in das Land der verlorenen schwestern. Dort darf man traurig sein und weinen und das ist gut so. Aber eines Tages ist der Kummer nicht mehr so groß und der Himmel wird wieder heller. Ein poetisches Bilderbuch, das Kindern Verlust und Trauer behutsam nahe bringt.

Buchtipp:

rückblick

Lebenszeit März 2015 9

ansicht

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interview

VON ELKE KAgER

VON ELKE KAgER

Theresa Hutter arbeitet in der Flüchtlingshilfe der Caritas. In ih-rem Arbeitsalltag im Haus „Gaisbü-hel“ betreut sie auch viele Kinder, die traumatische Erlebnisse hinter sich haben: Krieg, Flucht und die Trauer um Geschwister, Großeltern oder Freunde, die entweder zurück in der ehemaligen Heimat geblie-ben oder gestorben sind.

Wenn man die Kinderzeichnungen sieht, die Theresa Hutter von den Kin-dern geschenkt bekommen hat, dann sind diese so ganz anders, als Kinder in Österreich zeichnen. gleichzeitig machen sie nachdenklich: „Kein Krieg, keine Vertreibung, keine ge-walt, kein Verlust“ steht auf der einen geschrieben, „No war – Help“ rufen die Menschen, die auf einer anderen Zeichnung abgebildet sind. „Was in unserer täglichen Arbeit aber auffällt, ist die Tatsache, dass Kinder generell unglaubliche selbstheilungsressour-cen haben“, erzählt Theresa Hutter aus ihrer Erfahrung. „sie verarbeiten Verlusterlebnisse wesentlich besser als Erwachsene oder auch Jugendli-che und nehmen das positive für sich heraus.“ Im Alltag sind es vielmehr die Eltern, die erzählen, was ihre Kinder für traumatische Erlebnisse durchmachen mussten.

„Wenn Kinder erzählen, dann meist in der Biografie-Arbeit – wenn sie mit puppen spielen oder zeichnen“, weiß Theresa Hutter. Das Betreuerteam agiere hier aber sehr zurückhaltend. „Wir können sie nicht therapeutisch begleiten, falls etwas aufbricht. Wir haben nicht die Möglichkeit dazu.“ Wenn ein Kind spezielle fachliche Hilfe braucht, wird die unterstützung

Dr. Martina Kronberger-Vollnhofer ist Geschäftsführerin von Wiens mobilem Kinderhospiz MOMO. Die Kinderärztin aus Leidenschaft im Interview:

Wenn Sie Wiens mobiles Kinder-hospiz MOMO in wenigen Sätzen beschreiben müssen – was zeich-net dieses Angebot aus?schwerstkranke Kinder wünschen sich oft nichts sehnlicher, als zu Hau-se in der geborgenheit ihrer Familien zu sein. Damit das gut möglich ist, benötigt die gesamte Familie in vielen Bereichen unterstützung. unser mo-biles Kinderhospiz MOMO organisiert die notwendige Hilfe: medizinische Versorgung, pflegerische Betreuung durch die mobile Kinderkranken-pflege MOKI-Wien, psychosoziale Beratung sowie ehrenamtliche und seelsorgerische Begleitung. unser Team kommt immer mit Zeit und ist für die ganze Familie da.

Wie sind die bisherigen Erfah-rungen? Was bewährt sich, wo besteht noch Bedarf?Wiens mobiles Kinderhospiz MOMO wurde im März 2013 von caritas, ca-ritas socialis und der mobilen Kinder-krankenpflege MOKI-Wien gegründet. seit unserem start vor knapp zwei Jahren haben sich bereits knapp 80 Familien bei uns gemeldet. Wir freuen uns, dass unsere Hilfe so gut ange-nommen wird. Hoher Bedarf besteht an psychosozialer Begleitung, des-halb umfasst unser Betreuungsteam im psychosozialen Bereich auch eine sozialarbeiterin und eine psycho-

durch die aks-Kinderdienste ange-fordert. generell gebe es für Kinder wesentlich mehr Angebote zur unter-stützung als für Erwachsene.

„Kinder schätzen die Ruhe und die sicherheit in Österreich, das ist auf-fallend. Wir wissen dies gar nicht zu schätzen“, gibt die caritas-Mitarbeite-rin zu bedenken.

Das Team im Haus „gaisbühel“ legt Wert darauf, dass die Kinder im Haus von Anfang an struktur und sicherheit erfahren. Das geschieht auf vielfältige Weise: „Die Kinder werden einge-

therapeutin sowie 22 ehrenamtliche HospizbegleiterInnen.

Was bedeutet die Diagnose einer lebensverkürzenden Erkrankung eines Kindes für eine Familie? Die Auseinandersetzung mit Krank-heit, Tod und Trauer trifft die Eltern in einer Zeit, die üblicherweise von Träu-men und Wünschen für die Zukunft der Familie und ihrer Kinder geprägt ist. Die sorgen und Ängste sowie die aufwändige Pflege des Kindes lässt häufig wenig Zeit für Freunde und soziale Kontakte und führt darüber hi-naus zu einer oft enormen finanziellen Belastung. gesunde geschwister füh-len sich in die zweite Reihe gedrängt, entwickeln schuldgefühle, ziehen sich zurück und müssen ebenso wie die Eltern einfach funktionieren. Wir können den betroffenen Familien ihr schicksal nicht nehmen, aber wir begleiten sie auf ihrem schweren und oft langen Weg.

Welches sind die Momente in Ihrem beruflichen Alltag, die Ihnen wieder Kraft für die nächste schwierige Aufgabe geben?Wenn wir den Familien das gefühl von sicherheit geben können, sie mit unserer Hilfe große Hürden überwin-den und wieder etwas Normalität in ihren Alltag einkehrt, werden wir in unserem Tun bestärkt.

schult, sobald sie hier im Haus sind, nachmittags gibt es Hausaufgaben-betreuung, regelmäßig finden auch Freizeitangebote wie Basteln, spie-lenachmittage, gemeinsames Kochen und Backen sowie Ausflüge statt.“ solche Fixpunkte geben den Kindern Halt, auch in schwierigen situationen. „gerade wenn Familien einen nega-tiven Asylbescheid bekommen, wären Eltern versucht, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Das ist aus unserer sicht aber der gänzlich falsche Weg.“ und noch eine „eiserne Regel“ gibt es im Haus, um Kinder zu schützen: „Kinder lernen normalerweise die deutsche sprache viel schneller, somit wäre man versucht, sie auch als Dolmetscher heranzuziehen. sie bekommen so jedoch Dinge mit, mit denen sie in ihrem Alter noch nicht umgehen können.“

Sie sind auch Kinderhospizbeauf-tragte des Dachverbands Hospiz Österreich. Welches sind Ihre größ-ten Wünsche an die Politik?gemäß internationaler standards sollten den betroffenen Familien auch in Österreich flächendeckend palliativ- und Hospizangebote für Kinder und Jugendliche kostenlos zur Verfügung stehen. Zu schaffen ist das nur mit einer ausreichenden öffentlichen Finanzierung. Derzeit werden lediglich in zwei Bundes-ländern (NÖ, steiermark) mobile Palliativteams öffentlich finanziert, in allen anderen gibt es entweder keine Angebote, oder sie sind – wie auch unser mobiles Kinderhospiz MOMO – rein spendenfinanziert. Palliativ- und Hospizversorgung von Kindern und Jugendlichen kann und darf nicht länger privatsache sein.

sicherheit ist für diese Kinder das Wichtigste

unser Team kommt mit viel Zeit in die Familien

Theresa Hutter, Mitarbeiterin im Flüchtlingshaus gaisbühel

Dr. Martina Kronberger-Vollnhofergeschäftsführerin mobiles Kinder-hospiz MOMO, Wien

„Kinder schätzen die Ruhe und Sicherheit in

Österreich.“

interview

Was genau ist unter HOKI zu verstehen?Wir sind ein Beratungs- und Entla-stungsangebot für Familien, in denen Krankheit oder Tod und Trauer ein Thema ist. Schwere und/oder lange Krankheitsverläufe fordern viel von den Betroffenen. Das Angebot Bera-ter, Wegbegleiter und Unterstützer zu sein, auch für die Geschwisterkinder, wird sowohl Zuhause wie auch im Krankenhaus sehr gerne in Anspruch genommen. Auch für Trauerbeglei-tungen sind HOKI BegleiterInnen speziell geschult.

Der Tod ist für Kinder ein schwieriges Thema. Wie füh-ren Sie Kinder an die Thematik heran?Kinder beobachten in erster Linie die Familienmitglieder. Wie diese mit Krisen umgehen, ist meist Vorlage für das ganze Leben. Daher ist es beson-ders wichtig, alle Familienmitglieder mit ihren Bedürfnissen im Auge zu haben. Besonders Rituale sollten nicht als offene Frage, sondern als gege-benes Vorbild gestaltet werden. Also nicht die Frage: Magst du dich von Papa verabschieden, sondern wir als Familie verabschieden uns jetzt. Kin-der, Jugendliche aber auch Erwachse-ne sind mit Fragen meist überfordert. Sie brauchen passende Anleitungen und Unterstützer. Beim Erfassen von Gedanken und inneren Bildern, die Kinder beschäftigen, sind Fragen

Wenn jemand lebensbedrohlich erkrankt, verändert sich das Leben der ganzen Familie. Kinder haben dabei ganz besondere Bedürfnisse. Hospiz für Kinder – kurz HOKI – ist Wegbegleiter in diesen Zeiten. Im Gespräch gibt HOKI-Koordinatorin Annelies Bleil Einblick in ihre Arbeit.

DAs gEspRÄcH FüHRTE ELKE KAgER

Dafür sind wir nicht zu klein …

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jedoch äußerst wichtig. Sie wollen beispielsweise wissen: was passiert beim Sterben, warum tote Menschen verbrennen? Dazu braucht es gute altersentsprechende und immer wahr-haftige Antworten.

Wie unterscheidet sich die Arbeit mit Erwachsenen mit jener mit Kindern?Kinder und Jugendliche sind spon-taner. Sie drücken sehr authentisch ihre Gefühle, Schmerzen und Befind-lichkeiten aus. Kinder zu begleiten verlangt Verständnis für deren Le-benswelten und Entwicklungsphasen, Zärtlichkeit und Ausdauer. Mitunter lebhafte Geschwisterkinder zu beglei-ten, braucht auch ganz schön Kraft. Weil Kinder stark im Augenblick leben, können sie von tieftraurig bis lustig aktiv, ziemlich schnell umschal-ten. Anders als wir Erwachsenen sind sie nicht so gefangen in diesem einen Gefühl des Seelenschmerzes. Mit die-ser Fähigkeit sind sie uns ein Vorbild.

Gibt es trotz der Schwere des Themas auch lustige und fröh-liche Momente bei der Arbeit?Das Zusammensein mit Kindern hatimmer auch eine fröhliche Seite. So manche direkte Frage zaubert uns allen immer wieder Heiterkeit ins Gemüt. Paul zum Beispiel wollte wis-sen, ob bei Blitz und Donner die Oma vom Himmel herunterfallen kann. Ansteckend ist dabei nicht nur ihre

Authentizität, sondern vor allem auch bei kleinen Kindern ihr Vertrauenins Leben und zu den Menschen.

Stichwort: Philosophieren mit Kindern. Worum geht es da?In Volksschulen und bald auch in Haupt- und Mittelschulen sowie in der Gymnasium-Unterstufe gestalten wir philosophierend eine Schulstun-de. Dabei geht es in erster Linie um das Fragen. Was wissen die Kinder? Woran kann man sterben? Wie stellen sie sich zum Beispiel den Himmel vor usw? Kurze Inputs unsererseits regen zum Denken und Dialog an. PädagogInnen können uns jederzeit anfragen. Es braucht dazu keinen aktuellen Anlass, für diesen sind wir aber immer, auch für Beratungen, Ansprechpartner.

Können Sie von einem Beispiel in der Schule berichten?Ich war einmal in einer Klasse in der ein Kind war, dessen Bruder tödlich verunglückte. Nicht nur philoso-phierend, sondern auch mit Ritualen haben sich alle Schüler und in Folge auch die Eltern mit diesem Famili-enschicksal auseinandergesetzt. Bei Philosophie-Stunden ohne Anlass bringen sich die Kinder auffallend stark ein. Sie berichten von toten Tie-ren oder Großeltern, die sie vermissen oder gar nicht kannten. Schüler mit Migrations-Hintergrund berichten sogar über verwandte Kriegstote.

Ein siebenjähriges Mädchen erzählte, dass es schon zweimal mit dem Flug-zeug im Himmel war … Oft gehen wir dann sprachlos staunend, meist aber zufrieden aus so einer Stunde.

Seit einiger Zeit gibt es ein Trau-ertreff für Kinder. Können Sie noch etwas darüber erzählen?Der Trauertreff ist für Kinder im Grundschulalter und findet derzeit einmal im Monat in Frastanz statt. Auf spielerische und kreative Weise versuchen wir gemeinsam in die ver-schiedenen Gefühlswelten der Kinder nach Verlusterfahrungen einzutau-chen. Mit Geschichten, Gedanken, Spiel und Spaß sowie einer guten Jause können die Kinder ihre Gefühle ausdrücken, bevor sie sie erdrücken. Geplant ist, in diesem Jahr auch im Raum Unterland einen Trauertreff anzubieten.

Gibt es ein positives Erlebnis, an das Sie sich ganz besonders gut erinnern?Ich durfte im Laufe meiner Zeit als HOKI-Koordinatorin viele besondere und schöne Erfahrungen machen. Ein Satz in einem Dankesbrief ist mir aber bis heute im Gedächtnis geblieben: „Ihr von der Kinder-Hospiz könnt unser Leiden zwar nicht wegzaubern, aber ihr könnt Tränen trocknen.“

Annelies BleilKoordinatorin

Hospiz für Kinder (HOKI)

Lebenszeit März 201512 13

einerseits oft Verlustängste nicht nur den einen, sondern auch den ande-ren Elternteil zu verlieren, andererseits fühlen sich die Kinder oftmals schuldig an der Trennung. Nicht zu vergessen die tiefe Trauer, denn Abschied neh-men vom gewohnten umfeld tut weh.

Wenn Eltern sich in dieser situation nicht in der Lage sehen, sich ausrei-chend dem Kind zu widmen, gibt es die Möglichkeit der professio-nellen unterstützung. Das Angebot „gigagampfa“ ist für alle Kinder und deren Eltern da, die ihre Trennungs-erfahrung verarbeiten möchten. Die gruppen gibt es landesweit in allen Bezirken. Kompetente LeiterInnen arbeiten mit den Kindern in altersge-rechten Kleingruppen mit therapeu-tischen spielen, Musik, geschichten,

kreativem Werken etc. Die Kinder dürfen dabei ganz sie selbst sein. sie lernen ihre Emotionen wahrzunehmen und auszudrücken. sie geben sich Halt und verstehen einander, da sie sich alle in der gleichen situation befinden. Nach 15 Gruppenterminen fällt es den meisten Kindern viel leich-ter, mit ihren gefühlen umzugehen und diese auch zu kommunizieren. „Die Kinder schließen in der gruppe Freundschaften und kommen sehr gerne zu den Treffen“, berichtet Mar-tina Höber.

Eltern werden immer Eltern bleiben. Deshalb ist auch die Elternarbeit maßgeblich wichtig. Die Mitarbeite-rinnen von „gigagampfa“ suchen im-mer auch den Kontakt mit den Eltern.

gespräch

„Kinder reagieren immer auf eine Trennung der

Eltern.“

VON HEIDI DOLENsKy

„Ist es oftmals für die Erwachse-nen das Zusammenbrechen `einer´ Welt – bricht für die Kinder vielmals `die´ Welt auseinander.“ So be-schreibt Martina Höber, Leiterin von „Gigagampfa“, die Situation von Kindern, die eine Trennung ihrer Eltern erleben. „Gigagampfa“ ist ein Gruppenangebot des Ehe- und Familienzentrums für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien.

„Kinder reagieren immer auf die Trennung ihrer Eltern, auch wenn sie nach außen keine Reaktionen zeigen“, so Martina Höber weiter. Der schritt zur Trennung ist für die Kinder ein schock, auch wenn die Eltern sich darum bemühen, alles gut zu regeln und sich um das Wohl der Kinder sorgen. Bekommen sie Raum für gefühlsäußerungen und Zuwen-dung von beiden Elternteilen, stehen die chancen gut, das geschehene positiv zu verarbeiten. In dieser phase brauchen Kinder mehr Zeit als sonst. Diese haben die Eltern oft nicht, da sie während der scheidungsphase genug eigene probleme haben.

Für Kinder ist es eine bewegte Lebenssituation, in der sie mit einer veränderten Familienstruktur zurecht-kommen müssen. „Die gefühlsäu-ßerungen, die sie zeigen sind ganz unterschiedlich“, so Martina Höber. Manche Kinder reagieren nach außen hin mit Wut, Aggressionen oder ande-ren Verhaltensauffälligkeiten. Andere ziehen sich zurück. sie passen sich den Eltern zuliebe der neuen situati-on an, machen ihre gefühle mit sich selbst aus und verhalten sich ganz besonders „brav“. Kinder werden auch öfters zu kleinen „Therapeuten“. sie spenden Trost und tun alles, um die Mutter und den Vater nicht zu-sätzlich zu belasten. Dahinter stehen

Die Zusammenarbeit mit den Eltern findet in Form von Einzel- oder Grup-pengesprächen statt. Dies entlastet die Mütter und Väter und unterstützt sie auch, mit den unterschiedlichsten, manchmal auch nicht zuordenbaren Emotionen ihrer Kinder behutsam umzugeben und sie besser zu ver-stehen. „so lernen sie, ihren Kindern wieder ein gefühl von sicherheit zu vermitteln, gewohnte Alltagssituati-onen aufrecht zu erhalten und liebge-wonnene Rituale beizubehalten“, so die Expertin Martina Höber.

Wenn Eltern sich trennen oder schei-den lassen, sind Kinder unglücklich. Das bedeutet aber nicht, dass sie ihr Leben lang unglücklich bleiben. Eine Trennungssituation, die möglichst gut bewältigt wird, ist eine wichtige Weichenstellung für den Lebensweg der Kinder.

Wenn für Kinder „die“ Welt in Brüche geht

Kontakt:Gigagampfa, Ehe- und Familien-zentrum der Diözese FeldkirchDsA Martina HöberHerrengasse 4, FeldkirchT 05522-74139 [email protected]

zu falschen Vorstellungen bei den Kindern führt. Im grab liegt nicht der tote Opa, sondern sein Leib, der wieder zu Erde wird. und die Oma ist nicht friedlich eingeschlafen, sondern gestorben. sensible Kinder haben dann manchmal Angst vor dem Einschlafen. „Kommen Katzen auch in den Himmel?“ Was antworten sie dann? Wir wissen es nicht. Das sollten wir einfach zugeben. Oft ist sehr interessant, zurückzufragen, was sie selber meinen. Wir sollten auch nicht vorschnell fromme Antwor-ten geben. Kinder können, wie wir Er-wachsene, auf gott zornig sein, wenn etwas schlimmes passiert ist. Die Frage nach dem Warum bleibt offen und Gott selbst oft unbegreiflich. Eine „Eia-popeia-Religiosität“ hilft nicht weiter. Rituale sind sehr hilfreich. Das durfte ich schon mehrmals erfahren, wenn ich in schulen Abschiedsfeiern gestaltete, auch für muslimische Kin-der, deren Eltern anwesend waren. Kinder entwickeln sehr oft ganz per-sönliche, geheime Rituale, durch die sie sich den geliebten Verstorbenen nahe wissen.

Es ist gut, dem verlorenen Menschen und dem Verlust einen Ort zu geben (Blumen pflanzen, eine „Schatzkiste“ besorgen, einen Brief schreiben …).Auch Kinder müssen einen Verlust begreifen, ganz wörtlich, und akzep-tieren lernen. sie sollen die Vielfalt der gefühle zulassen dürfen. sie brauchen Zeit, um sich in der neuen Situation zurechtzufinden.

„Das ist nichts für dich“, sagen manchmal Eltern, wenn der Enkel zum sterbenden Opa ins Kranken-haus möchte oder die Tochter sich von der toten Taufpatin verabschie-den will. Warum denn nicht? Auch Kinder werden immer wieder mit dem Tod konfrontiert. Der Hamster, die Katze, der Wellensittich stirbt, ein Mitschüler verunfallt tödlich, eine Nachbarin wird begraben …

Das Verdrängen der Erwachsenen oder ein voreiliger Trost, wie ein an-deres Tier zu kaufen, hilft den Kindern überhaupt nicht, den Verlust zu verar-beiten und die Trauer zu durchleben. Aber gerade das ist wichtig. Vorweg sei gesagt, dass die Kinder ihre eigene Art haben zu trauern. Buben anderes als Mädchen. sie können im Augenblick ganz untröstlich weinen und dann bald darauf im garten wieder Ball spielen. Alles darf sein. sie spüren, wie viel sie im Augenblick verkraften können, und irgendwann kommt die Trauer später wieder hoch. Enkelinnen weinen, weil die geliebte person kremiert werden soll, aber sie wollen dann doch die urne liebevoll bemalen. Die neunjährige Tochter will nicht mit auf den Friedhof zur Beerdi-gung ihrer Mutter, der jüngere Bruder hingegen schon.

Es wäre ganz verkehrt zu meinen, man müsse die Kinder vor bitteren Erfahrungen verschonen. sie spü-ren sowieso, was uns Erwachsene bewegt. und sie zeigen schon selbst,

was sie wollen oder brauchen. Den-noch sollten wir darauf achten, dass sich in den Kindern nicht schuldge-fühle aufbauen, wenn ein Bruder oder eine schwester gestorben ist und sie vorher manchmal „schwierig“ waren, weil sich die Eltern so viel um das kranke geschwisterkind kümmern mussten. Oft meinen sie unbewusst, jetzt eine stellvertreterolle überneh-men zu müssen.

Es ist wichtig, dass wir auf die Fragen der Kinder richtig und ehrlich ant-worten und nicht etwas sagen, was

VON HOspIZ-sEELsORgER ELMAR sIMMA

„Bekommen die im Himmel etwas zu essen?“

Martina Höber (re) von „gigagampfa“ im gespräch mit Heidi Dolensky

ansicht

Rituale sind für Kinder sehr hilfreich

„Voreiliger Trost hilft Kindern nicht.“

Lebenszeit März 201514 15

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Der Dachs war verlässlich, zuverlässig und immer hilfsbereit. Er war auch schon sehr alt und wusste fast alles. Der Dachs war so alt, dass er wusste, er würde bald sterben. Der Dachs fürchtete sich nicht vor dem Tod. Sterben bedeutet nur, dass er seinen Körper zurückließ. Und da sein Körper nicht mehr so wollte wie in früheren Tagen, machte es dem Dachs nicht allzu viel aus, ihn zurückzulassen. Seine einzige Sorge war, wie seine Freunde seinen Tod aufnehmen würden. Er hatte sie schon vorbereitet und ihnen gesagt, irgendeinmal wer-de er durch den langen Tunnel gehen. Er hoffte, sie würden nicht zu traurig sein, wenn seine Zeit gekommen war.

… Am folgenden Tag versammel-ten sich seine Freunde vor dem Eingang zum Dachsbau. Sie mach-ten sich Sorgen, weil der Dachs nicht wie sonst herausgekommen war, um ihnen einen guten Morgen zu wünschen. Der Fuchs eröffnete ihnen die traurige Nachricht. Er sagte, dass Dachs tot sei. Dann las er ihnen den Brief vor. Darin stand nur: „Bin durch den Langen Tunnel gegangen. Lebt wohl, Dachs.“ Alle Tiere hatten den Dachs lieb gehabt und alle waren sehr be-trübt.

… Der Dachs war immer zur Stelle gewesen, wenn ihn ei-ner brauchte. Die Tiere wussten nicht, wie sie jetzt ohne ihn zurechtkommen sollten. Dachs hatte ihnen gesagt, sie sollten nicht traurig sein. Aber das war schwer. Als es anfing Frühling zu werden, besuchten die Tiere einander oft und redeten von der Zeit, als Dachs noch lebte. Der Maulwurf konnte besonders geschickt mit der Schere umgehen. Und nun erzählte er, wie Dachs ihn einst gelehrt hatte, aus einem zusammengefalteten Bogen Papier eine Maulwurfskette auszuschneiden. Er erinnerte sich, wie sehr er sich gefreut

hatte, als ihm sein Meisterstück ge-lungen war: eine ganz lange Kette von Maulwürfen, die sich an den Pfoten hielten. Der Frosch war ein glänzender Schlittschuhläufer. Er erinnerte sich, wie Dachs ihm ge-holfen hatte, die ersten unsicheren Schritte auf dem Eis zu tun. Dachs

hatte ihn behutsam über das Eis geführt, bis er sich sicher genug fühlte, um allein darüber hinzuflitzen.

… Mit dem letzten Schnee schmolz auch die Traurigkeit der Tiere dahin. Sooft der Name des Dachses fiel, kam einem von ihnen eine neue Schmunzelgeschichte in den Sinn.

Leb wohl, lieber Dachs

„Bin durch den langen Tunnel gegangen.

Lebt wohl!“

BeratungDas Leben stellt uns immer wieder vor neue Herausforderungen.

Wir beraten Sie gerne, wenn Sie• Partnerschafts- oder Familienprobleme belasten• Erziehungsfragen haben• in einer persönlichen Krise stecken• ...

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Leb wohl, lieber DachsVerlag: Annette Betzcarl ueberreuter gmbH; Autor: susan Varley, Ingrid Weixelbaumer (übersetzer)

Hat Opa einen Anzug an?Amelie Fried/Jacky gleich, - carl Hanser Verlag 1997; Bruno mag seinen Opa sehr gern, er hat ihm immer alles erklärt und ge-zeigt. Aber jetzt ist Opa tot. Xaver behauptet er ist auf dem Friedhof, papa sagt, dass er jetzt im Himmel sei. Beides gleichzeitig geht ja wohl nicht. ...

Du wirst immer bei mir seinInger Hermann/car-me sole’-Vendrell, - patmos Verlag; Eine glückliche Familie auf der Fahrt in den urlaub am Meer gerät in einen unfall. Der kleine 5- jährige peter wacht im Krankenhaus auf

und erfährt, dass sein Vater bei dem unfall gestorben ist. sie hatten eine besondere Be-ziehung zueinander und zunächst will peter die Realität des Todes nicht wahrnehmen. ...

Niemals geht man so ganzMechthild schroeter-Rupieper (Hrsg.) und Rita Effinger-Keller (Illustriert)(Autor)Es bleiben Erinnerun-gen an den geteilten Alltag und gemein-same Erlebnisse und Träume. Diese guten Erinnerungen wie

einen schatz zu bewahren, hilft in der Zeit der Trauer und gibt Kraft zum Leben. ...

ImpressumKostenlose Zeitschrift von Hospiz Vorarlberg [email protected]; www.hospiz-vorarlberg.atRedaktionsteam: claudio Tedeschi, Elke Kager,Karl W. Bitschnau, Elmar simma, Mirjam Vallaster, Heidi Dolensky

Fotos: caritas, fotolia.com, privat gestaltung: Heidi Dolensky;Medieninhaber, Herausgeber und Verleger: caritas Diözese Feldkirch, Wichnergasse 22, 6800 Feldkirch; Österr. post Ag/sponsoringpostp.b.b., Vertr.Nr. gZ 03Z035126s,

Lebenszeit Nr. 1 / 2015Erscheinungsort: Verlagspostamt FeldkirchMärz 2015, Druck: Wenin DornbirnBlattlinie nach § 25 Mediengesetz: Aktuelle Information für Interessierte, Fördergeber und partner der caritas Vorarlberg.

Wir suchen HospizbegleiterInnen!

aktuell

Einrichtungen, die Hilfe und Unterstützung bieten für Kinder, die von schwerer Krankheit und Trauer betroffen sind:

Hospiz für Kinder (HOKI)Koordination: Annelies BleilKolumbanstraße 9, 6900 BregenzT 05522-200 3020, M 0664-8240020 E [email protected]

connexia Mobile KinderkrankenpflegeLeitung: sabine ÖsterreicherT 0650-4878757 E [email protected]

Österreichische Krebshilfe VorarlbergT 05572-202388 E [email protected] Rathausplatz 4, 6850 Dornbirn, ifs Institut für SozialdiensteInterpark Focus 1, 6832 RöthisT 05-1755 500, E [email protected]

Caritas FamilienhilfeLeitung: Doris Jenni Wichnergasse 22, 6800 FeldkirchT 05522-200 1042E [email protected]

NETZWERK FAMILIEAm Rathausplatz 4, 6850 DornbirnT 05572-200 262E [email protected]

Pädiatrien der Krankenhäuser - Landeskrankenhaus Bregenzcarl-pedenz-straße 2, 6900 BregenzT 05574-401 0, E [email protected]

- Krankenhaus der stadt Dornbirn Lustenauerstraße 4, 6850 DornbirnT 05572-303 0E [email protected]

- schwerpunktkrankenhaus Feldkirchcarinagasse 47, 6807 FeldkirchT 05522-303 0E [email protected]

Alle niedergelassenen Kinderärzte in Vorarlberg.

Hospiz Vorarlberg sucht Verstär-kung. Der nächste Befähigungs-kurs startet am Dienstag, 14. April im Haus Schillerstraße in Feld-kirch. Bei Informationsabenden in verschiedenen Gemeinden wird interessierten Menschen ein ge-naueres Bild von der Hospizarbeit vermittelt.

über 200 Frauen und Männer sind im ganzen Land ehrenamtlich für Hospiz Vorarlberg tätig. Die Aufgabe, die die ehrenamtlichen MitarbeiterInnen übernehmen, ist keine leichte, aber eine herausfordernde und für alle sei-ten bereichernde: sie begleiten Men-schen mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung sowie deren Angehörige in der letzten phase des Lebens.

Befähigungslehrgang für HospizbegleiterInnen: Beginn: 14. April 2015 im Haus schillerstraße in Feldkirch

Info-Abende für Interessierte: Satteins: 9. März, 19 uhr, sozialzentrum Oberdorf 15Innerbraz: 11. März, 19 uhr, Haus Klostertal, Arlbergstraße 59

Informationen und Anmeldung: Hospiz Vorarlberg, T 05522-200 1100 E [email protected], www.hospiz-vorarlberg.atFür den Raum Bludenz werden auch HOKI-BegleiterInnen gesucht!