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Im Blickpunkt 49 Dr. Andreas Ulrich, Dr. Jochen Wieser, Physik-Department E 12, TU München, 85748 Garching; Dr. Manfred Salvermo- ser, Prof. Dr. Daniel Murnick, Rutgers University Der zentrale physikalische Prozess bei der Lichterzeugung in Gasent- ladungen, etwa von Leucht- stofflampen, ist die Elektronen- stoßanregung von Atomen. Wir haben ein Verfahren entwickelt, bei dem kalte, dichte Gase intensi- ves Vakuumultraviolettlicht ab- strahlen, indem sie von außen mit Elektronen beschossen werden. Die niedrigen Elektronenenergien (E < 20 keV) führen zu einer effizi- enten Einkoppelung der Strahllei- stung in das Gas mit sehr hoher Leistungsdichte. Auf diese Weise lassen sich daher sowohl brillante Lichtquellen als auch elektronen- strahlgepumpte Laser realisieren. Kern der Entwicklung sind extrem dünne Eintrittsfolien aus Keramik, durch die die Elektronen mit sehr geringem Energieverlust in das Gas geschossen werden. Sie sind nur ca. 300 nm dick, halten aber bei typisch 1 mm Abmessungen ei- ner Druckbelastung von mehreren bar und einer Strahlleistung von 100 W/cm 2 stand. Bisher haben wir mit der neuen Technik Exci- merlampen vom extremen Vaku- umultraviolet bis zum normalen UV-Bereich sowie Infrarotlaser realisiert. V or 100 Jahren wurde das Elektron entdeckt [1]. Eine Möglichkeit, Elektronenstrah- len nachzuweisen, war, sie durch ein dünnes Lenard-Fenster aus Aluminiumfolie vom Vakuum in Luft zu schicken, wo sie diese zum Leuchten anregen. Wir nutzen nun diese Art der Elektronenstrahlan- regung dichter Gase zum Studium gaskinetischer Prozesse, zur effizi- enten Erzeugung von Licht im va- kuumultravioletten Spektralbereich und zum Pumpen von Gaslasern. Worin liegen nun die prinzipiellen Vorteile und geeigneten Anwendun- gen dieser Elektronenstrahlanre- gung? Zunächst bietet jede Art von Strahlanregung Vorteile gegenüber den bekannten und weit verbreite- ten Gasentladungen. In beiden Fäl- len werden Atome oder Moleküle durch Elektronenstoß angeregt. In der Gasentladung werden Elektro- nen meist in Lawinenprozessen in der Entladung selbst erzeugt und in einem externen Feld beschleunigt. Hat ihre Energie die Schwelle zur Anregung des Gases erreicht, gibt das Elektron seine Energie in einem inelastischen Stoß an ein Gasatom ab und die Beschleunigung beginnt wieder von vorne. Dies ist jedoch in vielen Fällen ein instabiler Prozess, der bei hohem Gasdruck leicht zu einem unkontrollierten elektrischen Durchbruch zwischen den Elektro- den und damit zu einer uner- wünschten thermischen und inho- mogenen Anregung des Gases führt. Bei der Strahlanregung hingegen werden die Elektronen, die hier von außen in das Gas eingeschossen werden, durch inelastische Stöße kontinuierlich abgebremst. Dadurch werden die Energieniveaus der Ato- me im Targetgas je nach Wirkungs- querschnitt gezielt besetzt. Das vom Strahl erfasste Volumen wird ho- mogen angeregt. Ein weiterer Aspekt ist, dass dichte Gase durch die Strahlanregung nicht nur homo- gen, sondern auch nichtthermisch angeregt werden, denn durch die Stoßanregung mit keV-Elektronen werden energetisch hochliegende Niveaus besetzt, wobei das Gas ins- gesamt aber kalt bleibt. Die ange- regten Atome, Moleküle und Ionen emittieren in der Folge durch opti- sche Übergänge Licht und reagieren in gaskinetischen Prozessen mit dem kalten Gas der Umgebung. Diese Prozesse erlauben es, die Anregung durch die Wahl von Gas- mischungen in vielfältiger Weise zu steuern, sodass zum Beispiel be- stimmte Niveaus selektiv besetzt werden. Dies kann zu einer Beset- zungsinversion und damit zur La- seraktivität führen oder auch für ef- fiziente inkohärente Lichtquellen genutzt werden. Für brillante Lichtquellen und beim Pumpen von Lasern soll die vom Elektronenstrahl im Gas depo- nierte Leistungsdichte möglichst hoch sein. Ein physikalisch interes- santer Aspekt ist nun, dass bei Re- duktion der Elektronenenergie die Wirkungsquerschnitte für die Wech- selwirkung der Elektronen mit Ma- terie sehr stark ansteigen, sodass man schon mit sehr kleinen Strahl- strömen hohe Leistungsdichten im Gas erzeugen kann. Der Energie- verlust, den geladene Teilchen durch Anregung und Ionisation des Targetmaterials erleiden, wird durch die Bethe-Formel beschrie- ben. Im nicht relativistischen Fall ist die Energieabgabe der Elektro- nen an das Gas pro zurückgelegter Strecke proportional zur Gasdichte und im Wesentlichen umgekehrt proportional zur Elektronenener- gie. Ein wichtiger Effekt ist zudem die Winkelstreuung, die den Elek- tronenstrahl aufweitet. Um die Wechselwirkung von Elektronen- strahlen mit Gastargets zu quantifi- zieren, folgen wir einer Beschrei- bung aus der Literatur [2]. Die Anregung dichter Gase mit niederenergetischen Elektronenstrahlen Neue Wege zu brillanten Lichtquellen und Excimer-Lasern Andreas Ulrich, Jochen Wieser, Manfred Salvermoser und Daniel Murnick Physikalische Blätter 56 (2000) Nr. 6 0031-9279/00/0606-49 $17.50+50/0 © WILEY-VCH Verlag GmbH, D-69451 Weinheim, 2000 Abb. 1: a) Ein 10-keV-Elektronenstrahl, der in 1 bar Neongas eintritt, erzeugt eine ku- gelförmige Leuchterscheinung. Das leuchtende Volumen hat einen hellen In- nenbereich, der mit 1 mm Durchmesser der Energiedepositionstiefe entspricht. Der Radius der insgesamt erkennbaren Leuchterscheinung beträgt ca. 4 mm. b) Zehn rechteckige Eintrittsfolien mit 0,7 mm × 40 mm Kantenlänge auf 10 mm × 50 mm großen Rähmchen können aus einem 5-Zoll-Siliziumwafer herausgebro- chen werden. Die Farben entstehen durch Interferenz an der etwa 300 nm dicken Siliziumnitridschicht.

Anregung dichter Gase mit niederenergetischen Elektronenstrahlen: Neue Wege zu brillanten Lichtquellen und Excimer-Lasern

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Im Blickpunkt

49

Dr. Andreas Ulrich,Dr. Jochen Wieser,Physik-DepartmentE 12, TU München,85748 Garching; Dr.Manfred Salvermo-ser, Prof. Dr. DanielMurnick, RutgersUniversity

Der zentrale physikalische Prozessbei der Lichterzeugung in Gasent-ladungen, etwa von Leucht-stofflampen, ist die Elektronen-stoßanregung von Atomen. Wirhaben ein Verfahren entwickelt,bei dem kalte, dichte Gase intensi-ves Vakuumultraviolettlicht ab-strahlen, indem sie von außen mitElektronen beschossen werden.Die niedrigen Elektronenenergien(E < 20 keV) führen zu einer effizi-enten Einkoppelung der Strahllei-stung in das Gas mit sehr hoherLeistungsdichte. Auf diese Weiselassen sich daher sowohl brillanteLichtquellen als auch elektronen-strahlgepumpte Laser realisieren.Kern der Entwicklung sind extremdünne Eintrittsfolien aus Keramik,durch die die Elektronen mit sehrgeringem Energieverlust in dasGas geschossen werden. Sie sindnur ca. 300 nm dick, halten aberbei typisch 1 mm Abmessungen ei-ner Druckbelastung von mehrerenbar und einer Strahlleistung von100 W/cm2 stand. Bisher habenwir mit der neuen Technik Exci-merlampen vom extremen Vaku-umultraviolet bis zum normalenUV-Bereich sowie Infrarotlaserrealisiert.

Vor 100 Jahren wurde dasElektron entdeckt [1]. EineMöglichkeit, Elektronenstrah-

len nachzuweisen, war, sie durchein dünnes Lenard-Fenster ausAluminiumfolie vom Vakuum inLuft zu schicken, wo sie diese zumLeuchten anregen. Wir nutzen nundiese Art der Elektronenstrahlan-regung dichter Gase zum Studiumgaskinetischer Prozesse, zur effizi-enten Erzeugung von Licht im va-kuumultravioletten Spektralbereichund zum Pumpen von Gaslasern.Worin liegen nun die prinzipiellenVorteile und geeigneten Anwendun-gen dieser Elektronenstrahlanre-gung?

Zunächst bietet jede Art vonStrahlanregung Vorteile gegenüberden bekannten und weit verbreite-ten Gasentladungen. In beiden Fäl-len werden Atome oder Moleküledurch Elektronenstoß angeregt. In

der Gasentladung werden Elektro-nen meist in Lawinenprozessen inder Entladung selbst erzeugt und ineinem externen Feld beschleunigt.Hat ihre Energie die Schwelle zurAnregung des Gases erreicht, gibtdas Elektron seine Energie in eineminelastischen Stoß an ein Gasatomab und die Beschleunigung beginntwieder von vorne. Dies ist jedoch invielen Fällen ein instabiler Prozess,der bei hohem Gasdruck leicht zueinem unkontrollierten elektrischenDurchbruch zwischen den Elektro-den und damit zu einer uner-wünschten thermischen und inho-mogenen Anregung des Gases führt.

Bei der Strahlanregung hingegenwerden die Elektronen, die hier vonaußen in das Gas eingeschossenwerden, durch inelastische Stößekontinuierlich abgebremst. Dadurchwerden die Energieniveaus der Ato-me im Targetgas je nach Wirkungs-querschnitt gezielt besetzt. Das vomStrahl erfasste Volumen wird ho-mogen angeregt. Ein weitererAspekt ist, dass dichte Gase durchdie Strahlanregung nicht nur homo-gen, sondern auch nichtthermischangeregt werden, denn durch dieStoßanregung mit keV-Elektronenwerden energetisch hochliegendeNiveaus besetzt, wobei das Gas ins-gesamt aber kalt bleibt. Die ange-regten Atome, Moleküle und Ionenemittieren in der Folge durch opti-sche Übergänge Licht und reagierenin gaskinetischen Prozessen mitdem kalten Gas der Umgebung.

Diese Prozesse erlauben es, dieAnregung durch die Wahl von Gas-mischungen in vielfältiger Weise zusteuern, sodass zum Beispiel be-stimmte Niveaus selektiv besetztwerden. Dies kann zu einer Beset-zungsinversion und damit zur La-seraktivität führen oder auch für ef-fiziente inkohärente Lichtquellengenutzt werden.

Für brillante Lichtquellen undbeim Pumpen von Lasern soll dievom Elektronenstrahl im Gas depo-nierte Leistungsdichte möglichsthoch sein. Ein physikalisch interes-santer Aspekt ist nun, dass bei Re-duktion der Elektronenenergie dieWirkungsquerschnitte für die Wech-selwirkung der Elektronen mit Ma-terie sehr stark ansteigen, sodassman schon mit sehr kleinen Strahl-strömen hohe Leistungsdichten imGas erzeugen kann. Der Energie-verlust, den geladene Teilchendurch Anregung und Ionisation desTargetmaterials erleiden, wirddurch die Bethe-Formel beschrie-ben. Im nicht relativistischen Fallist die Energieabgabe der Elektro-nen an das Gas pro zurückgelegterStrecke proportional zur Gasdichteund im Wesentlichen umgekehrtproportional zur Elektronenener-gie. Ein wichtiger Effekt ist zudemdie Winkelstreuung, die den Elek-tronenstrahl aufweitet. Um dieWechselwirkung von Elektronen-strahlen mit Gastargets zu quantifi-zieren, folgen wir einer Beschrei-bung aus der Literatur [2]. Die

Anregung dichter Gase mit niederenergetischen Elektronenstrahlen

Neue Wege zu brillanten Lichtquellen und Excimer-Lasern

Andreas Ulrich, Jochen Wieser, Manfred Salvermoser und Daniel Murnick

Physikalische Blätter56 (2000) Nr. 60031-9279/00/0606-49$17.50+50/0© WILEY-VCH Verlag GmbH,D-69451 Weinheim, 2000

Abb. 1: �� a) Ein 10-keV-Elektronenstrahl, der in1 bar Neongas eintritt, erzeugt eine ku-gelförmige Leuchterscheinung. Dasleuchtende Volumen hat einen hellen In-nenbereich, der mit 1 mm Durchmesserder Energiedepositionstiefe entspricht.Der Radius der insgesamt erkennbarenLeuchterscheinung beträgt ca. 4 mm.

�� b) Zehn rechteckige Eintrittsfolien mit 0,7 mm × 40 mm Kantenlänge auf 10 mm × 50 mm großen Rähmchen können auseinem 5-Zoll-Siliziumwafer herausgebro-chen werden. Die Farben entstehendurch Interferenz an der etwa 300 nmdicken Siliziumnitridschicht.

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Im Blickpunkt

Winkelstreuung führt zu einer deut-lichen Aufweitung des Strahles (sie-he Abb. 1a) und reduziert die aufdie Strahlachse projizierte Reich-weite etwa auf 1/4 der aus derBethe-Formel berechneten Reich-weite. Der Verlauf der Energiedepo-sition im Gas ähnelt einer Gauß-kurve. Der Abstand des Maximumsder Energiedeposition von der Ein-trittsfolie wird als Energiedepositi-onstiefe re (in Atomen/cm2) be-zeichnet und lässt sich im hier rele-vanten Energiebereich durch einPotenzgesetz der Form re = aEn be-

schreiben (a = 6,1×1017/Z, n ≈ 1,75;Z: Ordnungszahl des Targetmateri-als, E in keV). Die geometrischeEnergiedepositionstiefe Re ist dannder Gasdichte r umgekehrt propor-tional. Für 1 bar Argon und 10 keVElektronenenergie ist Re zum Bei-spiel 0,7 mm.

Die Leistung eines Elektronen-strahls ist durch das Produkt ausElektronenenergie und Strahlstromgegeben: P = E×I. Das Volumen, indem diese Leistung im Gas depo-niert wird, kann man für einen gutkollimierten Strahl infolge der star-ken Winkelstreuung im Gas durcheine Kugel annähern, deren Radiusdurch die Energiedepositionstiefegegeben ist. Damit ergibt sich fürdie Leistungsdichte der Strahlanre-gung die folgende Skalierung mitder Elektronenenergie:

(1)Für transversal elektronenstrahl-

gepumpte Laser wird man einerechteckige Eintrittsfolie verwen-den und den Elektronenstrahl nurin einer Richtung fokussieren (Abb.2). Dann ergibt sich im Gas ein zy-lindrisches Volumen, das vomStrahl angeregt wird, wobei dieQuerschnittsfläche des Zylindersdurch Re charakterisiert ist. Diesführt zu einer Skalierung der Leis-

PV

E IR E

∝ ⋅ ∝e3

3

4 25

r,

tungsdichte im Gas entsprechend:

(2)Die Skalierungen zeigen, dass

die Reduktion der Elektronenener-gie um einen Faktor 10 die Lei-stungsdichte bei der Anregung einesGastargets für einen gegebenenStrahlstrom um etwa einen Faktor300 (Linienfokus des Strahles) bis20 000 (Punktfokus) steigert. Dasbedeutet, dass man mit einem Elek-tronenstrahl mit 10 keV und 10mA/cm2, wie er in normalen Fern-sehröhren verwendet wird, selbstim Linienfokus die gleiche Pumplei-stungsdichte und damit die gleichenphysikalischen Bedingungen erzeu-gen kann wie mit einem intensivenElektronenstrahl mit 1 MeV,1kA/cm2.

Die niederenergetische Elektro-nenstrahlanregung eröffnet so einenneuen Zugang zur Licht- und La-sertechnik. Sie vereint die Vorteileniedriger Beschleunigungsspannun-gen und hoher Anregungsleistungs-dichten und könnte erstmals inwirklich einfacher Weise technischgenutzt werden. Dies wurde bisherdurch zu dicke Metall- oder ther-misch nicht stabile Kunststoff-Ein-trittsfolien für den Elektronenstrahlverhindert. Der oben diskutiertehohe spezifische Energieverlust nie-derenergetischer Elektronen erfor-dert nämlich sehr dünne Eintrittsfo-lien für den Strahl, damit nicht diegesamte Strahlleistung bereits inder Eintrittsfolie deponiert wird.

Mit extrem dünnen Eintrittsfoli-en aus „modernen“ Keramikmate-rialien [3], zum Beispiel Siliziumni-trid [4], gelang es uns, dieses Pro-blem zu lösen. Solche Folien warenzwar aus der Halbleitertechnik be-kannt, nicht jedoch ihre hoheDruckbeständigkeit und die hier be-schriebene Anwendung. Sie werden

PV

E IR E

∝ ⋅ ∝e2

2

2 5

r,

hergestellt, indem ein Siliziumwaferbeidseitig „nitriert“, also das Silizi-um an der Oberfläche in Siliziumni-trid umgewandelt wird. Dann wirdder Wafer photolithographischstrukturiert. In Bereichen, an denendie Folien entstehen sollen, wirdzunächst einseitig die Nitridschichtentfernt. Dann wird dort der Waferdurch selektives Ätzen ganz ent-fernt, sodass auf der Gegenseite diedünne Nitridmembran stehenbleibt.

Die so erzeugten Keramikmem-branen weisen ideale Eigenschaftenals Eintrittsfenster für die Elektro-nenstrahlanregung dichter Gaseauf. Sie lassen sich mit 300 nm sodünn herstellen, dass ein einfach zuerzeugender Elektronenstrahl von10 keV Teilchenenergie nur 10 %seiner Energie in der Folie verliert.Gleichzeitig sind sie mechanisch sostabil, dass eine Membran, die frei-tragend 1 mm überbrückt, bis zu 4bar Gasdruck standhält. Die hohethermische Stabilität erlaubt es,eine kontinuierliche Elektronen-strahlleistung von ca. 100 W procm2 Folienfläche in das Gas einzu-koppeln. Im gepulsten Betrieb kanndie Momentanleistung entspre-chend dem Puls-zu-Pause-Verhält-nis erhöht werden. Die Homoge-nität der Membran garantiert imGegensatz zu dünnen Metallfolienvöllige Gasdichtigkeit. Ein weitererVorteil ist die chemische Stabilitätdes Keramikmaterials, durch die ei-ne Verunreinigung der Gase ver-mieden wird (Abb. 1b).

Mit den Keramikeintrittsfolienlassen sich in einfacher Weise Ap-paraturen zur Strahlanregung vonGasen und Flüssigkeiten aufbauen,die bisher nur mit Elektronenstrahl-beschleunigern von 100 keV Elek-tronenenergie und mehr realisiertwerden konnten. Nun sind nur et-wa 15 keV nötig, wie sie in jeder

Abb. 2:Ein zylindrischesPlasma eignet sichals aktives Mediumfür einen Laser. Eswird durch Fokus-sierung eines Elek-tronenstrahls innur einer Richtungerzeugt. Die Elek-tronen durchque-ren dabei ein dün-nes Keramikplätt-chen.

Abb. 3: Emissionsspektrendichter Edelgasebei Elektronen-strahlanregung.Die breitbandigeLichtemission be-ruht auf den sogenannten zweitenExcimerkontinua.Sie erfolgt mithoher Effizienzvon ca. 40 % imvakuumultraviolet-ten Spektralbe-reich und domi-niert so das ganzeSpektrum.

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Fernsehröhre verwendet werden.Harte Röntgenstrahlung entstehtdabei nicht, und die elektrische Iso-lation der Beschleunigungsspan-nung ist relativ problemlos.

Ein wichtiges Anwendungsge-biet, bei dem die Anregung einzel-ner Atome in dichten, kalten Gasenin energetisch hoch liegende Ni-veaus genutzt wird, ist die Excimer-physik. Die Excimerstrahlung derEdelgase wurde erstmals von Tana-ka intensiv studiert [5]. Excimere(excited dimers) sind Moleküle, dienur in einem elektronisch angereg-ten Zustand gebunden sind, zumBeispiel Moleküle aus angeregtenEdelgasatomen, wie z. B. Ar2

∗ undKr2

∗, die in ihrem Grundzustandkeine stabile Bindung eingehen.Die Edelgasexcimermoleküle zerfal-len durch optische Übergänge zuden repulsiven unteren Niveaus un-ter Aussendung von Licht im vaku-umultravioletten Spektralbereich.Durch den ungebundenen Grund-zustand ist Besetzungsinversion in-härent gegeben und Lasertätigkeitauf diesen optischen Übergängenmöglich. Der erste Excimerlaser in(flüssigem) Xenon wurde von Ba-sov mithilfe hochenergetischerElektronenstrahlanregung realisiert[6]. Viele leistungsstarke Excimer-laser nutzen diese Pumpmethode[7], und fast jeder excimerartige La-ser wurde zunächst mit Elektronen-strahlen untersucht.

Excimerlaser und die inkohären-te Excimerstrahlung sind in denvergangenen Jahren auf großes In-teresse gestoßen, da für photoche-mische Prozesse Licht immer kür-zerer Wellenlängen verwendet wird.Treibende Kraft ist die Photolitho-graphie in der Halbleiterindustrie,die zurzeit ArF∗-Laser bei einerWellenlänge von 193 nm einführt[8]. Die heute kommerziell einge-setzten Excimerlaser werden mitgepulsten Gasentladungen betrie-ben. Der Kurzpuls-Betrieb ist erfor-derlich, weil sich die Excimermo-leküle effizient nur in der Nach-leuchtphase der intensivenPumppulse bilden. Um homogeneEntladungen zu erhalten, wird dasGas vor jedem Puls vorionisiert.

Für die kontinuierliche Erzeu-gung inkohärenter Excimerstrah-lung in kommerziell einsetzbarenLichtquellen wurden die Barriere-entladung [9, 10] und die Mikro-hohlkathodenentladung [11] ent-wickelt. Wie bei allen Entladungenmuss dabei der Gasdruck an dieEntladungsparameter angepasst

werden. Excimere bilden sich be-vorzugt in kaltem Gas ab etwa 0,1bar Gasdruck. Eine kontinuierlicheExcimerlichterzeugung, bei der derGasdruck und die Gaszusammen-setzung unabhängig von den Anfor-derungen einer Entladung gewähltwerden können, gelingt nun zumersten Mal in kleinen Lichtquellenmit der oben beschriebenen Anre-gung mit niederenergetischen Elek-tronenstrahlen [4]. Abbildung 3zeigt Excimer-Emissionspektren derreinen Edelgase Ar, Kr und Xe beiElektronenstrahlanregung. Der Vor-teil der Anregungsmethode gegen-über Barriereentladungen liegt inder hohen Brillianz der Lichtquelle.Im Gegensatz zur Mikrohohlkatho-denentladung wird bei der Strahl-anregung die Gefahr vermieden,das Gas durch Elektrodenabbrandzu verunreinigen. Excimermolekül-bildung erfordert sehr sauberesGas, da sonst die Anregungsenergieauf die Verunreinigung transferiertund so die Excimeremission selbstunterdrückt wird. Das Interesse anVakuumultraviolett-Lichtquellen(VUV) ist allgemein groß, da dieLichterzeugung sehr effizient ist.Bei den Daten aus Abb. 3 wurden40 % der Elektronenstrahlleistungin Lichtleistung umgewandelt.

Excimerlichtquellen sind nichtauf die breitbandigen Kontinua derreinen Edelgase oder die Molekül-banden der Edelgashalogenide [12]beschränkt. So ist in Abb. 4 dasEmissionsspektrum einer Neon-Wasserstoff-Mischung wiedergege-ben, das völlig von der Emissionder 2p-1s-Lyman-a-Linie von ato-marem Wasserstoff bei 121,5 nm do-miniert wird. Dies wird durch eineEnergieresonanz zwischen derÜbergangsenergie von Neonexci-mermolekülen und der Summe derEnergien, die zur Spaltung vonWasserstoffmolekülen und der An-regung von einem der Wasserstoffa-tome nötig sind, hervorgerufen [13,14]. Die Brillianz einer derartigenLyman-a-Lichtquelle ist um mehre-re Größenordnungen höher als beieiner herkömmlichen Deuterium-lampe. Ein ähnlicher Energietrans-fer in dichten Gasgemischen ist vonArgon auf Sauerstoff und Stickstoffoder auch von Argon auf Kryptonund Xenon bekannt. So lassen sichviele effiziente, meist schmalbandi-ge Lichtquellen mit der Elektronen-strahlanregung dichter Gase reali-sieren.

Abgesehen von hochbrillantenVUV-Lichtquellen lässt die extreme

Verkleinerung des Anregungsvolu-mens bei der Verwendung von nie-derenergetischen Elektronenstrah-len es nun zum ersten Mal möglicherscheinen, transversal gepumpteExcimerlaser mit stabilem opti-schen Resonator zu verwirklichen.Bei den derzeitigen elektronen-strahlgepumpten Lasern wird auf-

grund der hohen Elektronenenergieein großes Volumen angeregt, dasnur mit dem großen optischen Vo-lumen eines instabilen Resonatorsmit nicht definierter Modenstruktursinnvoll kombiniert werden kann.Bei Excimerlasern, die mit Gasent-ladungen gepumpt werden, gelingtdies, wie oben diskutiert, nur imkurz gepulsten Betrieb. Ein Ziel un-serer Entwicklungen ist es daher,einen kleinen Excimerlaser mit lan-ger Pulsdauer von mehreren Mikro-sekunden und der guten optischenStrahlqualität eines Lasers mit sta-bilem optischen Resonator zu ent-wickeln.

Wir haben zur Demonstrationdes Konzeptes einen auf Excimer-bildung basierenden Argon-Xenon-Laser bei 1,73 mm realisiert, der mitbis zu 40 ms langen Elektronen-strahlpulsen bei 11 keV und 1 mAgepumpt wurde [15]. Dieser Laserhatte einen optimalen Gasdruckvon 400 mbar und ein aktives Volu-men von nur 3 mm Durchmesser,das gut mit einem stabilen opti-schen Resonator, bei dem sich derLaserstrahldurchmesser stets auf ca.1 mm Durchmesser einengt, kombi-niert werden konnte. Wir erwarten,dass die einfache und kostengünsti-ge Technik zur Anregung dichter

Abb. 4: Emissionsspektrum einer Gasmischung aus 99,9 % Neon und0,1 % Wasserstoff mit 1 bar Gesamtdruck bei Elektronenstrahl-anregung. Das gesamte Spektrum im Spektralbereich von100 nm bis ins Infrarote wird völlig von der Lyman-aa-Linie do-miniert, die durch einen resonanten Energietransfer von Neon-Excimermolekülen auf Wasserstoff angeregt wird. Die Effizienzdieser schmalbandigen Lichtquelle beträgt mindestens 10 %.

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Im Blickpunkt

Medien mit niederenergetischenElektronenstrahlen noch viele in-teressante Anwendungen findenwird.

DanksagungDie Autoren danken Herrn Prof.

Dr. P. Kienle und Herrn Prof. Dr.H.-J. Körner für die Durchsicht desManuskriptes, sowie den Bell Labo-ratories, Lucent Technologies, Mur-ray Hill, USA und dem FraunhoferInstitut für Festkörpertechnologiein München für die Herstellung derSiliziumnitridfolien. Die Arbeitenwurden von der A. v. Humboldt-Stiftung, der NATO (CRG 921215),INTAS (96-0351), dem DAAD unddem Beschleunigerlabor Münchengefördert.

Literatur[1] W. Kaiser, Phys. Bl., September

1997, S. 855[2] S. Valkealahti, J. Schou, R. M. Nie-

minen, J. Appl. Phys. 65, 2258(1989)

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[12] M. Salvermoser, D. E. Murnick, J.Wieser, A. Ulrich, J. Appl. Phys.,im Druck

[13] J. Wieser, M. Salvermoser, L. H.Shaw, A. Ulrich, D. E. Murnick,H. Dahi, J. Phys. B 31, 4589 (1998)

[14] P. Kurunczi, H. Shah, K. Becker,J. Phys. B 32, L651 (1999)

[15] A. Ulrich, C. Nießl, J. Wieser, H.Tomizawa, J. Appl. Phys. 86 3225(1999)