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ALLES MILLE ODER WAS? Die Aprilia RSV mille hat die Herzen vieler Fans erobert. Über 200 Detailänderungen sollen die 2001er-Version noch besser machen als ihre Vorgängerin. Sinnvolle Modell- pflege oder Hokuspokus? Von Jörg Schüller; Fotos: fact Vergleich Aprilia RSV mille 2001 gegen 2000 test + technik 86 test + technik 6/2001 MOTORRAD

Aprilia RSV Mille 2001 gegen 2000

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Page 1: Aprilia RSV Mille 2001 gegen 2000

ALLES MILLE ODER WAS?Die Aprilia RSV mille hat die Herzen vieler Fans erobert. Über 200 Detailänderungensollen die 2001er-Version noch besser machen als ihre Vorgängerin. Sinnvolle Modell-pflege oder Hokuspokus? Von Jörg Schüller; Fotos: fact

Vergleich Aprilia RSV mille 2001 gegen 2000

t e s t + t e c h n i k

86 test + technik 6/2001MOTORRAD

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www.motorradonl ine.de test + technik 87MOTORRAD

E in gewaltiger Einstand: Da wagtsich ein bis dahin mit Rollern und

Mittelklasse-Enduros operierender Her-steller nicht nur in ein neues, sonderngleich mal ins harte Sportsegment. Sogeschehen im Frühjahr 1998, als Apriliamit der RSV mille begann Marktanteileeinzuheimsen und gegen das schlechte

Image anzutreten, das dem italienischenMotorradbau in puncto Verarbeitungs-qualität und Haltbarkeit wie ein dunklerSchatten anhängt. Mit Erfolg, wie manheute weiß.

Bis zum Jahr 2000 fand die Mille welt-weit über 11000 Käufer, behauptete sichsowohl qualitativ, etwa im MOTORRAD-

Langstreckentest (Heft 25/2000), als auchin der Gunst der Fahrer und Fans, ge-wann nicht nur zahlreiche Vergleichstests,sondern auch so manches Superbike-Rennen. Schließlich hatte Troy CorserChancen auf die Krone der 2000er-Superbike-Weltmeisterschaft. Ob über 200Modifikationen für 2001 angesichts einer

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Grundsätzlich alles beim Alten, im Detail vieles neuan der kompakten Mille. Montage wie Demontage fallendank durchdachter Gruppierung der Anbauteile leicht

Halb hie und dort ist sie betöret. Sie ist gar hübsch und wohlgetan, das nimmt sie sich vom Maien an, istGlückes voll für einen Mann und gibt den Freuden gern tribut. Haar, Mund, die Wangen von Karmin, die Au-

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so guten Ausgangslage noch einen spür-baren Fortschritt bewirken können?

Viel kultivierter, fast vibrationsfrei undmit perfekter Gasannahme agiert derfrischzellengestärkte Rotax-V2 mit 60-Grad-Spreizung und zwei Ausgleichswel-len. Deutlich sanfter verlaufen die Last-wechsel, kraftvoller und souveräner fühltsich die Neue im Vergleich an, peitschtauch kaum noch, wie die Alte bei 3000/minund 7000/min, mit der Kette – schon malkein schlechter Anfang.

Die Einlassöffnung der strömungsopti-mierten Airbox wuchs von 38 auf 58 Milli-meter Durchmesser – macht mehr als diedoppelte Ansaugfläche. Im Durchmesserum zwei Millimeter gewachsene Einlass-ventile werden von höheren Nocken wei-ter geöffnet, das Layout der Einlasskanälesowie die Kolbenböden und ihre Ventil-taschen passten die Ingenieure den Än-derungen an. Ein neu programmiertesEinspritzkennfeld sowie dickere Krümmer,ein feiner abgestimmtes Sammlerrohr undein äußerlich nach wie vor eher klobiger,innerlich erleichterter Schalldämpfer run-den die Leistungssuche ab.

Laut Papieren 125 PS stark, bringen120 ECE-korrigierte, gemessene Pferdedie Mille in Schwung, genau gleich vielwie die alte, wobei diese unten herum, dieneue oben herum zorniger anreißt. Kaummessbare Fahrleistungsunterschiede be-stätigen den Paarlauf der Generationen,die auch nahezu gleich viel Sprit verbrau-chen. Viel Lärm um nichts also? Kaum,denn verschiedene Aspekte sprecheneindeutig für die neue Aprilia RSV mille.

Zunächst braucht so ein Rotax-Twinerfahrungsgemäß ein paar tausend Kilo-meter, um seine volle Leistungsblütezu erreichen. Zudem reinigt die 2001erihre Abgase per ungeregeltem Kataly-sator – sicher ein Schritt, der die bei derModifizierung gefundene Leistung (vonder ungereinigten Mille R in Heft 2/2001demonstriert) wieder etwas kastriert, deraber angesichts der jüngst im Europa-Parlament geplanten Abgasgesetzgebungfür Krafträder eine Zukunft mit Vollblüternwie der RSV sichern dürfte.

Und dann bleibt ja noch die bereitserwähnte veränderte Motorcharakteristik.Aprilias jüngster Sproß fühlt sich einfachstärker und kultivierter an, ist offenbar imvon den Messwerten nicht erfassten Teil-

lastbereich besser abgestimmt, reagiert(noch) spontaner und williger auf Gassig-nale als die Vorgängerin, wirkt antriebs-seitig ausgereifter.

Das gilt auch fürs Fahrverhalten. Ein-zig die etwas stumpfen Bremsen stießenbislang auf doch lautere Kritik. Die wurdeerhört, denn was die Brembo-Anlage mitihren vier Einzelbelägen pro Sattel anWirkung und Dosierbarkeit offeriert, istReferenz-verdächtig. Ganz nach Beliebenkann mit einem Finger zwischen sanftemAusrollen und Wurfankerungen gewähltwerden, herrlich linear verläuft die Kenn-linie aus Handkraft und Bremswirkung,Tücken wie zu hartes Einsetzen derBremse oder Fading gibt’s einfach nicht.

Dass die Mille dieser Bremsleistungtadellose Bremsstabilität sowie eine adä-quate Gabelabstimmung entgegensetzt –die eigentlich auch vorbildliche Ur-Millepumpt hin und wieder ganz leicht mitder Gabel – und sich ganz wie ihre Vor-läuferin weder beim Bremsen noch beimBeschleunigen nennenswert aufstellt, un-terstreicht ihre besondere Eignung zuharmonischem Fahren und schnellen Run-den. Handlicher ist sie obendrein gewor-den. Nicht ganz wie ihre Schwester „R“,

Aprilia RSV mille

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Schmalspur: 18-Liter-Tank aus Kunststoff mit extremschmalem Knieschluss. Rutschsicher: strukturierte2001er-Fußrastenenden für besseren Halt

Genial: die neue Bremsanlage mit je vier Einzelbelägenpro Sattel und leichten Bremsscheibenträgern.Hochgelegt: Motorposition und Schwingendrehpunkt

Die renovierte Mille tritt aggressiver und luftiger,in schickem Dekor und modernem Mattlack auf

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ein halbes Grad kleinerer Lenkkopfwinkelund vier Millimeter längerer Nachlauf –gehen einher mit dem um fünf Millimeterhöher eingebauten Motor sowie etwasleichteren Bremsscheiben und somit ge-ringerer Trägheit des rotierenden Vor-derrads. Der vordere Dunlop D 207 RRin 70er-Querschnitt des neuen Modellsist wiederum im Vergleich zum kleinerenPirelli MTR 21 Corsa in 120/65 ZR 17 derAprilia RSV mille des Jahrgangs 2000etwas schwerer.

aber doch sehr leichtfüßig tanzt die Millevon Schräglage zu Schräglage, verbrauchtnur sehr wenig Zeit, um eben diese ein-zunehmen. Ganz einfach: anvisieren, an-bremsen, flupp, genau wie gewollt lenktsie in den Radius ein.

Wie gesagt, schon immer eine Domä-ne der RSV, aber nun kurvt sie noch spie-lerischer ums Eck. Wie kommt es dazu?Geringe geometrische Veränderungen –

Ebenso beeinflusst das niedrigere Ge-samtgewicht der Neuen, die vollgetanktsechs Kilogramm leichter ist (18-Liter-Kunststoff- statt 20-Liter-Blechtank, 10-Ahstatt 14-Ah-Batterie, Schalldämpfer 1,5Kilogramm leichter) und sowohl mit alsauch ohne Fahrer verhältnismäßig mehrGewicht aufs Vorderrad verlagert, dasHandling positiv.

Ein Wust von Kleinigkeiten, der sichinsgesamt in leichten Handlichkeitsvor-teilen äußert, wobei die Mille 2001 nichts

Beinahe von selbst und narrensicher fliegt die 2001er,egal wie tief und um welche Radien

Wastel Exphal, 19, westfälischer Nachwuchsrennfahrer,mag offenbar auch die alte Mille

Sporttourentauglich.Beide Mille machen überall Spaß

Aprilia RSV mille

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GEMESSEN UND BEWERTET

MotorWassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-60-Grad-V-Motor, Kurbelwelle querliegend, zwei Aus-gleichswellen, je zwei obenliegende, kettenge-triebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder,Tassenstößel, Trockensumpfschmierung, elektro-nische Saugrohreinspritzung, Ø 51 mm, Motor-management, Doppelzündung, keine Abgasreini-gung, E-Starter.Bohrung x Hub 97 x 67,5 mmHubraum 998 cm3

Nennleistung (DIN)1

87 kW (118 PS) bei 9300/minMax. Drehmoment

97 Nm (9,9 kpm) bei 7300/minKraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, hydraulisch be-tätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechs-ganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärüberset-zung 42:17.FahrwerkBrückenrahmen aus Aluprofilen, geschraubtesRahmenheck, Upside-down-Gabel, Gleitrohr-durchmesser 43 mm, verstellbare Federbasis,Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarm-schwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mitHebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- undDruckstufendämpfung, Doppelscheibenbremsevorn, Vierkolbensättel, schwimmend gelagerteBremsscheiben, Ø 320 mm, Scheibenbremsehinten, Zweikolbensattel, schwimmend gelagerteBremsscheibe, Ø 220 mm.Alugussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17Reifen 120/65 ZR 17; 180/55 ZR 17FahrwerksdatenRadstand 1415 mm, Lenkkopfwinkel 65,5 Grad,Nachlauf 95 mm, Federweg v/h 120/135 mm.Maße und GewichteSitzhöhe* 810 mm, Gewicht vollgetankt* 223 kg,Zuladung* 178 kg, Tankinhalt/Reserve 20/4 Liter.Garantie zwei Jahre ohne KilometerbegrenzungFarben Blau/Rot/Silber, Schwarz/SilberLeistungsvariante 72 kW (98 PS)Grundpreis inkl. MwSt.und Nebenkosten 22 998 Mark

ApriliaRSV mille 2000

Messungen

Leistungsdiagramm2

1Nach ECE 85 kW (115 PS) *MOTORRAD-Messungen

1Messbedingungen: Temperatur 7 Grad, leichter Wind; Messort BAB Jagsttal;2Leistung an der Kupplung. Messung auf dem Dynojet-Rollenprüfstand.ECE-Messung, maximal mögliche Abweichung ± 5 Prozent.

April

ia R

SV m

ille

2001

267

3,24,99,2

4,24,44,3

50/100/268

Super4,9/6,8

6,9

261

April

ia R

SV m

ille

2000

267

3,25,09,5

4,24,14,3

50/98/267

Super4,9/6,8

7,1

282

HöchstgeschwindigkeitSolo km/h

Beschleunigung Solo0–100 km/h sek

0–140 km/h sek

0–200 km/h sek

Durchzug Solo60–100 km/h sek

100–140 km/h sek

140–180 km/h sek

TachometerabweichungAnzeige/effektiv 50/100/vmax km/h

KraftstoffverbrauchKraftstoffart

bei 100/160 km/h Liter/100 km

Landstraße Liter/100 km

Theoretische ReichweiteLandstraße km

Fahrleistungen 1

Fahrwerkseinstellungen

Mill

e 20

00

Mill

e 20

01

Mill

e 20

00

Mill

e 20

01

1,75 U (2 U)0 U (0,5 U)

4 R (4 R)4 R (4 R)

1,5 U (2,25 U)0 U (1 U)4 R (4 R)4 R (4 R)

0 K (3 K)std. (std.)

20 G (20 G)8 K (12 K)

0 K (3 K)std. (std.)

14 G (14 G)50 K (55 K)

ZugstufeDruckstufeFederbasis

Niveau

Gabel Gabel Federbein Federbein

Punktewertung Sportler

April

ia R

SV m

ille

2000

Max

imal

e Pu

nktz

ahl

202020

201010

202015

155

2020202020202020

2020

200

205

152015151010

110

2015201570

535

April

ia R

SV m

ille

2001

ANTRIEB FahrleistungenHöchstgeschwindigkeit

Beschleunigung

Durchzug

MotorLeistungsentfaltung

Startverhalten

Abgasreinigung

KraftübertragungLastwechselverhalten

Schaltbarkeit

Getriebeabstufung

Summe

FAHRWERK FahrverhaltenGeradeauslaufstabilität

Stabilität in Kurven

Lenkpräzision

Handlichkeit

Fahrwerksabstimmung

Fahrwerksabstimmung Sport

Schräglagenfreiheit

Aufstellneigung

BremsenBremswirkung

Bremsdosierung

Summe

ALLTAGSTAUGLICHKEITSitzkomfort Fahrer

Sitzkomfort Sozius

Windschutz

Licht

Wartungsfreundlichkeit

Theoretische Reichweite

Zuladung

Ausstattung

Summe

WIRTSCHAFTLICHKEITAnschaffungspreis

Garantie

Verbrauch

Inspektionskosten

Summe

GESAMTSUMME

181718

1480

151714

121

1818181617162018

1516

172

144

131210

978

77

91011

737

407

181817

1685

161714

129

1619191718172018

1919

182

154

141310

878

79

81011

736

426

Fahrwerkseinstellungen Rennstrecke Hockenheim, kleiner Kurs,Klammerwerte für komfortablen Landstraßenbetrieb;U = Umdrehungen offen, K = Klicks offen, R = Ringe sichtbar,std. = Standardeinstellung, G = Gewindegänge sichtbar

MotorWassergekühlter Zweizylinder-Viertakt-60-Grad-V-Motor, Kurbelwelle querliegend, zwei Aus-gleichswellen, je zwei obenliegende, kettenge-triebene Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder,Tassenstößel, Trockensumpfschmierung, elektro-nische Saugrohreinspritzung, Ø 51 mm, Motor-management, Doppelzündung, ungeregelter Ka-talysator, E-Starter.Bohrung x Hub 97 x 67,5 mmHubraum 998 cm3

Nennleistung (ECE)92 kW (125 PS) bei 9500/min

Max. Drehmoment96 Nm (9,8 kpm) bei 7000/min

KraftübertragungPrimärantrieb über Zahnräder, hydraulisch be-tätigte Mehrscheiben-Ölbadkupplung, Sechs-ganggetriebe, O-Ring-Kette, Sekundärüberset-zung 42:17.FahrwerkBrückenrahmen aus Aluprofilen, geschraubtesRahmenheck, Upside-down-Gabel, Gleitrohr-durchmesser 43 mm, verstellbare Federbasis,Zug- und Druckstufendämpfung, Zweiarm-schwinge aus Aluprofilen, Zentralfederbein mitHebelsystem, verstellbare Federbasis, Zug- undDruckstufendämpfung, Doppelscheibenbremsevorn, Vierkolbensättel, schwimmend gelagerteBremsscheiben, Ø 320 mm, Scheibenbremsehinten, Zweikolbensattel, schwimmend gelagerteBremsscheibe, Ø 220 mm.Alugussräder 3.50 x 17; 6.00 x 17Reifen 120/70 ZR 17; 190/50 ZR 17FahrwerksdatenRadstand 1415 mm, Lenkkopfwinkel 65 Grad,Nachlauf 99 mm, Federweg v/h 120/135 mm.Maße und GewichteSitzhöhe* 820 mm, Gewicht vollgetankt* 217 kg,Zuladung* 184 kg, Tankinhalt/Reserve 18/4 Liter.Garantie zwei Jahre ohne KilometerbegrenzungFarben Blau/Rot/Silber, Schwarz/SilberLeistungsvariante 72 kW (98 PS)Grundpreis inkl. MwSt.und Nebenkosten 23 999 Mark

ApriliaRSV mille 2001

Veränderungenzum Vorjahr

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Aprilia RSV mille auf der Rennstrecke der Einstellbereichder Druckstufendämpfung voll genutztwird. Und was will man schon mehr?

Vielleicht noch mehr Bewegungsfrei-heit gerade für Langbeinige, die schonimmer Mühe hatten, sich auf der Milleklein zu falten. Der neue, etwas buckligereTank macht da mit sensationell engemKnieschluss einen großen Schritt, diejetzt längere Sitzbank tut ein Übriges. Sogibt’s massig Spiel-Raum und auch fürGroße besseren Windschutz hinter derstärker gewölbten Verkleidungsscheibe.Das nennt man Fortschritt.

von der bisherigen Präzision und Neu-tralität bei Kurvenfahrten eingebüßt hat.Dafür etwas von ihrer Fahrstabilität, dennleider fehlt beim aktuellen Modell der Len-kungsdämpfer, der an der Alten nie ge-stört hat und den die Neue, etwa bei Top-speed auf einer mit Bodenwellen gespick-ten Autobahn, schon brauchen könnte.Immerhin legten im Gegenzug die Feder-elemente noch etwas zu, wenngleichbeim neu abgestimmten, mit neuer Hebe-lei wirkenden hinteren Sachs-Federbein

Der engere Knieschluss und die län-gere Sitzbank schaffen auch ein ausge-prägteres Raumgefühl, denn irgendwiesitzt es sich weniger beengt – oder bes-ser gesagt: noch etwas freizügiger. Dennhat beim Kurvenräubern jemals jemandBewegungsfreiheit auf der alten Mille ver-misst? Eher schon mal den Halt auf denkugeligen Fußrastenenden beim Renn-strecken-Turnen – die Aprilia prompt grif-figer gestaltete.

Wie sich die Änderungen in der Per-formance ausdrücken? Ein Beispiel vomkleinen Kurs in Hockenheim: Auf den

In neuem Licht mit neuem Licht.Kleine Retuschen setzen deutliche Akzente

Am alten Heck schieden sich die Geister,mal sehen, wie’s dem neuen ergehen wird

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Halb hie und dort ist siebetöret. Sie ist garhübsch und wohlgetan,

Blindtext für eine Sachzeile

94 test + technik 6/2001MOTORRAD

s t a n d p u n k tYamaha R1 kurzzeitig an meiner tiefen Ducati-Zunei-gung zweifeln. So blieb es bis vor kurzem. Und nun derTest der RSV mille, Jahrgang 2001. Jetzt habe ich dieBrille gewechselt. Weil mich selten etwas so überzeugthat wie das, was Aprilia fertig gebracht hat. War die ersteRSV mille der Duc schon ziemlich nahe gekommen,heißt für mich hier und heute der Maßstab Aprilia. Dasaggressive Styling der RSV, der bullige Vau Zwo unddas präzise funktionierende Fahrwerk allein hätten nichtgereicht, um mich von Ducati abzubringen. Vielmehr dieArt und Weise, wie die Ingenieure aus Noale der neuenMille eine Vielzahl kleiner und kleinster Verbesserungenhaben angedeihen lassen. Weil sie Augen und Ohrenoffen halten, gern Anregungen annehmen. Beispiel:Letzten Herbst stellte Aprilia Claudio Corsetti von derZeitschrift Moto Sprint drei neue Mille R zur Verfügungund schaute in Imola vorbei, um sich nach erstenFahreindrücken zu erkundigen. Oder Klaus Nennewitz,der Falco-Entwickler. Der war sich nicht zu schade,Testredakteur Jörg Schüller nach dessen Erfahrungenmit der Falco auszufragen. Die Kritik wird beherzigt. Unddann das: Die Mille geht nicht kaputt. Und ist nicht zuteuer. Da schäme ich mich meiner neuen Brille nicht.

Die Rotax-Testfahrer kann ich gutverstehen. Die sich damals – soum 1997 – lieber auf die Aprilia-mille-Prototypen setzten als auf dieDucati, die ebenfalls im Testfuhr-park des österreichischen Motoren-bauers liefen. Ich nehme an, dieJungs taten das nicht nur aus lauterLoyalität zu ihrem Brötchengeber.Bis zu diesem Zeitpunkt galt die916 als das italienische Supersport-motorrad schlechthin. Ich war im-mer Ducati-Fan – seit meinem 20.Lebensjahr. Allenfalls kam mir maldie eine oder andere Honda indie Garage. Später ließ mich die

Aprilia hat sich sein tadel-loses Image verdient, findetRedakteur Axel Westphal.

Geblieben ist der Eindruck von einemgroßen, voluminösen Motorrad. Die Aprilianutzt eben ihre Stirnfläche dazu, denFahrer zu integrieren und so eine guteAerodynamik zu erzielen. Mit Erfolg, wiedie Höchstgeschwindigkeit von 267 km/hbelegt, womit die Alte pari mit der Neuenrennt – allerdings nur mit kleineren Fah-rern, denn größere sind mit der Mille 2001schneller.

Bleibt abrundend zu erwähnen: einetwas besseres Licht mit H7-Birnen, ein

Ohrläppchen ins Motodrom einfliegen unddann mit Schmackes Richtung Sachs-kurve. Beide völlig gleich übersetztenAprilia RSV mille stürmen vehement aufden Bremspunkt zu, aber die Neue rennteinfach immer drei, vier km/h schneller,kann zudem später bremsen, zackigereinlenken. Hier ein bisschen, da ein biss-chen, so kommen ruck, zuck ein paarZehntel zusammen.

unterer Kettenschutz gegen fiese Fußein-fädler, eine deutlich leichtgängigere Kupp-lung sowie viele kleine Optik-Retuschen.Eine etwas spitzere, tiefer herunterge-zogene Nase zum Beispiel, flankiert von„Luftleitblechen“ rechts und links gegenTurbulenzen im Luftstrom zu den Händenhin. Oder das umgemodelte Heck. Wasunterm Strich zu der Summe kleinerSchritte beiträgt, die aus der guten RSVmille eine etwas teurere, indes noch bes-sere RSV mille gemacht haben.

Aprilia RSV mille

Echt fortschrittlich. Aprilia hat aus einem sehr gutenSportler einen noch besseren gemacht