6
\ 1 ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der Zeit (Teil I) Der fruchtbare Halbmond - das heutige Jordanien, Libanon, Syrien, Irak, Teile von Iran und der Norden von Saudi Arabien - gilt als die Wiege einer Pferderasse, die spater als das Arabische Pferd bekannt wurde. Aber nur wenige dieser Lander haben noch einen Bestand an Pferden dieser alten Blutlinien. Die Islamische Republik Iran ist eines von ihnen. Ein Name wird flir immer mit den Arabi- schen pferden in Tran verbunden sein: Mmy Gharagozlou. Die \XIAHO-Anerken- nung flir die "Asil pferde Trans"ist ihr Verdienst und ihr Lebenswerk, das sie nm wenige Wochen Val' ihrem Tad im September 2001 beendete. Es ist auch ihr Verdienst, daiSeinige diesel' Vel1reter diesel' "rein persischen Araber" bis heute liberlebt haben. M.it dem nachfolgenden Beitrag - zusammengestellt aus Manuskripten und At1ikeln van MalYGharagozlou - wollen wir diese pferde und ihren Ursprung ein wenig naher beleuchten. Die Geschichte der Asil-pferde in Khuzestan Die Provinz Khuzestan - heute durch Erdol nicht unbedeutend - hatte vor der Entdeckung des 61s liber viele Jahrhundene hinweg groiSeBedeutung als die Gegend in Persien, wo asile pferde ge- zlichtet wurden. pferde waren wichtig flir die Per- ser und es gab sagar Zuchtzentren, die der kon.ig- lichen Kontrolle unterlagen. Bei Kasravi in ,,500 Jahre Geschichte van Khuzestan" liest man: "Seid Mobarek zahlte keine Steuer an den Konig, aber jedes zweire Jahr entsandte er als Geschenk 15 reingeziichtete pferde, und er erhielt jedes zweite Jahr ein Geschenk \'om Kon.ig." Dieser Brauch "urde his mr Zeit \'on Sheikh Mansur beibehal- ten. at" d.ie ,\mahl der pferde auf neun reduziel1 "urde 'em'a u:l11600 n.Chr.). Bei Baron de Bode, ekretiir an del' Russischen Botschaft in119. Jahr- hundel11esen wir: _\.Is die Zentralregierung stark war. war es der Brauch des Kaab Stammes, Befeh- Ie zu empfangen und Steuern zu bezahlen. Zu Be- ginn del' Herrschaft \'on FattaH Shah waren sie n.ichtso gehors:lIl1,aber am Ende bezahlten sie ih-

ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

  • Upload
    others

  • View
    0

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

\ 1ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I

Unberiihrt vom Lauf der Zeit (Teil I)

Der fruchtbare Halbmond - das heutige Jordanien, Libanon, Syrien, Irak, Teile von Iran und der Norden von Saudi Arabien - gilt als die

Wiege einer Pferderasse, die spater als das Arabische Pferd bekannt wurde. Aber nur wenige dieser Lander haben noch einen Bestand

an Pferden dieser alten Blutlinien. Die Islamische Republik Iran ist eines von ihnen.

Ein Name wird flir immer mit den Arabi­

schen pferden in Tran verbunden sein:

Mmy Gharagozlou. Die \XIAHO-Anerken­

nung flir die "Asil pferde Trans"ist ihr Verdienst

und ihr Lebenswerk, das sie nm wenige Wochen

Val' ihrem Tad im September 2001 beendete. Es

ist auch ihr Verdienst, daiSeinige diesel' Vel1reter

diesel' "rein persischen Araber" bis heute liberlebt

haben. M.it dem nachfolgenden Beitrag ­

zusammengestellt aus Manuskripten und At1ikeln

van MalYGharagozlou - wollen wir diese pferde

und ihren Ursprung ein wenig naher beleuchten.

Die Geschichte derAsil-pferde in KhuzestanDie Provinz Khuzestan - heute durch Erdol nicht

unbedeutend - hatte vor der Entdeckung des 61s

liber viele Jahrhundene hinweg groiSeBedeutung

als die Gegend in Persien, wo asile pferde ge­

zlichtet wurden. pferde waren wichtig flir die Per­

ser und es gab sagar Zuchtzentren, die der kon.ig­

lichen Kontrolle unterlagen. Bei Kasravi in ,,500

Jahre Geschichte van Khuzestan" liest man: "Seid

Mobarek zahlte keine Steuer an den Konig, aber

jedes zweire Jahr entsandte er als Geschenk 15

reingeziichtete pferde, und er erhielt jedes zweite

Jahr ein Geschenk \'om Kon.ig." Dieser Brauch"urde his mr Zeit \'on Sheikh Mansur beibehal­

ten. at" d.ie ,\mahl der pferde auf neun reduziel1

"urde 'em'a u:l11600 n.Chr.). Bei Baron de Bode,

ekretiir an del' Russischen Botschaft in119. Jahr­

hundel11esen wir: _\.Isdie Zentralregierung stark

war. war es der Brauch des Kaab Stammes, Befeh­

Ie zu empfangen und Steuern zu bezahlen. Zu Be­

ginn del' Herrschaft \'on FattaH Shah waren sie

n.ichtso gehors:lIl1,aber am Ende bezahlten sie ih-

Page 2: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

Nicht nur, daB die Nomaden vom Mir Stamm Iniemals eine Khersan Stute verkauften, sie gaben nie­

mals eine Stute weg - aus keinem Grund der Welt.

Der Hengst Nassim S. (v. Haddad) aus rein persi­

schen Blutlinien. - The stallion Nassim S. (by Haddad)

of pure Persian bloodlines - Khersan Mir strain.FOIo: G. Waidil.schka

Aus Mary Gharagozlou's Zucht: Jimbo (v.

Nouriman). - Of Mary Gharagozlou's breeding:

limbo (v. Nouriman) - Khersan Haji Shehab strain.FOlo: G. \,\laidilSchka

re Steuern in bar und in Tazi pferden an die Re­

giel11ngin Fars."(Tazi ist das WOItfiir "asil".in per­

sisch wie in arabisch). Bedenkt man das oben ge­

sagte, so wird kiaI', daB diese pferde rein sein

muBten, um van so hohem Wert zu sein.

Van Volksstammen

und pferdegeschlechtern

Die Luren und Bakhtiaris waren, und sind noch

immel', wandernde Nomadenstamme .. Beide

Stamme haben ihre Winterquartiere in Khuze­

stan. Die Luren leben auf dem Land entlang del'

irakischen Grenze in Dashte Abbass, Chenaneh

und am FuBe der Berge, die hinter del' Stadt

Anidmehsk aufsteigen. Die Bakhtiaris bewohn­

ten die Gegend hinter und zwischen Shushtar

und Dezful, wo keine Araber wohnten. Beide

Stamme hatten jedoch ihre asilen pferde von den

Arabern erhalten, den Asil-Zuchtern. Die Araber

sind ebenfalls in Stammen organisiert, zwei

groBe Stamme sind die Al Kassir und die BaniLam. Die AI Kassir sind (heute) ein seBhafter

Stamm, der viel Land in del' gut bewasserten Ge­

gend zwischen Karkheh und dem FluBKamn be­sitzt. Die Bani Lam erstrecken sich in Persien

vom Donan FluB an der irakischen Grenze bis

zum Karkheh im Norden, im Howeizeh Distrikt

gelegen. Beide Volksstamme haben seBhafte

und nomadisierende Unterg11lppen, einige wan­

derten frliher zum Tigris, nbrdlich von Amara imIrak, wo die Bani Lam Land besitzen. Andere

Stamme waren die Bani Saleh, Bani Turuf und

Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einigezu nennen.

Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden

entweder als Freundschaftsgeschenke gegeben

(genauer gesagt, um die Freundschaft zu festigen

und damit hoffentlich Raubzuge zu verhindern),

odeI' sie wurden geraubt. Diejenigen, die del'

herrschenden K]asse angehbrten, insbesondere

die AnfOhrer del' Bakhtiaren, folgten in puncta

Pferdezucht del' arabischen Tradition, und zOch­

teten sie rein weiter. Seit dem frlihen 19 Jahr­hundert sind die Bakhtiaren daher dafur be-

19

Page 3: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

ARABISCHE PFERDE1MIRAN - TElL I

Zwei Stuten aus Khuzestan, die in Teheran Rennen laufen: Mazneh Arab (KH) ..• - Two mares from

Khuzestan racing in Teheran: Mazneh Arab (KH) - Khersan Haji Shehab strain ...

•.. und Tondareh (KH) yom Stamm Koheile Khalaf Zaer. - ...and Tondareh (KH) of the Koheile Khalaf Zaer strain.

FOlOS: G. \'faidilSChka

20

kannr, daB sie reine arabische "Asi\"-pferde be­

saBen und zlichteten, Die Stamme, fi.irdie sie be­

kannt '\\'aren, waren die Obeyan Sharak, die sie

\'on den ~,Iirerhalten hatten, die Nesman (oder\esban) \"On den Bani Lam und viele andere

tamme. \'on denen so mancher allerdings mitt­

lern'eile ausgestorben ist.

Die pferde der Bakhtiaren

Der ganze \olksstamm der Bakhtiaren war in

Z'\\'ei Hauptgruppen geteilt, die Haft Lang und

die Cheharlang, Die Khans (Anfi.ihrer) des Haft

Lang Stammes i.ibernahmen die Tradition der

Reinzucht \'on den Bakhtiaren und es gab Pfer­

destamme, die \'on \'erschiedenen Unrergruppen

gehalten wurden, ~1ajid(i,e, Majid Bakhtial; del'

JIanll mil .11m)' Gharagozlou, die Red.) hatte

\'on seinem Yater pferde geerbt, die sich in di­

rekter Linie m den Khersan Mir zuri.ickverfolgen

lieBen (und die seinerzeit im Kampf elworben

'\\1lfden), so'\\'ie pferde del' Linie Obayan Sharak(van Hossein Gholi Khan 1883), del' Linie Ham­

dani Farhan (eigentlich Semri, deren Ursprungbei der Familie des Sheikh Mobarek-al-Sabah

liegt. oft als Hamdani Sabah bezeichnet) und van

del' Linie Djalfan Ja~arri (van Seyed Karim), Die

Unterstanu11e \'on Sardar Zaffar und Sepahdar

hatten Koheilan ,-\djuz,'\\'alu'end die Samsan-Sal,

taneh bekannt '\\'aren fur ihre Nesmans (van den

Tafegh, aber eigentlich urspri.inglich van den Ba,

ni Lam), Der be\"Orzugte pferdestamm van

Sardar Mohtashem, ~Iadjid's Vater, waren die

Khersan (denen ein Aberglaube anhaftete) une

die Obayan Sharak. ~lajid selbst schatzte die

Obayan Sharak liber alles, wenngJeich er der

Aberglauben seines \'aters in Bezug auf die Kher'san Mil'teilte,

MohanU11edTaghi Khan '\\'Urdein Zusammen

hang mit einem asilen pferd zum ersten Mal ir

dem Buch 'Layard \"On\inevah' van Gorden Wa

terfield, einem Auslander. elwahnr: "Der Anfi.ih

rer del' Cheharlang ritt in die Menge auf einen

herrlichen AraberhengsL.. Layard reitet zu Male

mir mit den Streitkraften \'on Mohanuned Tagh

Khan, ,\\'0 sie ein Treffen mit Manuchehr Khar

hatten; de Bode, der Sekretar der Russischel

Botschaft, begleitet ~lanuchehr Kahn, Er be

schreibt die Pracht der 8000 Pferde, die man dO!sehen konnte," Das '\\'ar 1840, Es muB noch hin

zugefi.igt '\\'erden, daB ~lohanuned Taghi Khal

zu dieser Zeit sehr machtig war und einel

graBen Teil Khuzestans unrerwarf; die Kriegs

AJ 3/200:

Page 4: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

beute bestand hauptsaehlieh aus pferden. Leider

waren - von den wenigen zuvol' genannten Aus­

nahmen abgesehen - die Stammesleute zwar

stolz, ein "asiles" pferd zu reiten, aber versehrie­

ben sieh keiner Zuehttradition, um die Reinheit

der pferde zu gewahrleisten. Daher wurden die­

se pferde entweder mit den vorhandenen loka­

len Rassen gekreuzt odeI' versehwanden v61lig

von der Bildf1aehe, wie es aueh mit vielen asilen

pferden, die geraubt wurden, passierte.

Aufder Suche nach dern

asilen pferden Khuzestans

Ieh hatte in meinem Leben das Glliek, Zugriff zu

einer del' besten Bibliotheken nut Reisebesehrei­

bungen libel' Persien gehabt zu haben; Reisebe­

sehreibungen aus einer Zeit, als das pferd noeh

lebenswiehtig flir die Fortbewegung war, unci

die mir viele Details unci Fakten verrieten. Daher

bin ieh reeht gut informiert libel' die Gesehiehte

des pferdes in me inem Land. Ich habe auBerdem

eine tangere Zeit in Khuzestan verbraeht, als alle

anderen, nieht ortsansassigen Leute, die sieh flirasile pferde interessieren. Wahrend del' zehn

Jahre, clie ieh als Ehefrau von Majid Bakhtiar dort

lebte und sein Gestlit lei tete, waren wir eng mit

all den asil-ziiehtenden Stammen und Familien

verbunclen, die zwischen Shushtar und Ahwaz,

Shushtar und DezfuI, Dezful und Ahwaz lebten.

Wir stanclen standig in Saehen pferde miteinan­

del' in Verbindung. Wir veranstalteten Rennen

zusammen, jagten zusammen, stl'itten iiber Pfer­

de miteinander, ritten zum Fetr Fest und besueh­

ten uns gegenseitig. Wahrend einer diesel' Bege­

benheiten - clas war VOl'cler Affikanisehen Pfer­

depest 1958 - ritten iiber 600 Reiter, um Sheikh­

al-Mashayek in unserer Gegend zu besuehen.Wir hatten reiterliehe Wettbewerbe an Hoehzei­

ten, wo dann endlose Gesehiehten Libel' clas asi­

Ie pferd ausgetauseht wurclen.

Aueh spater in meinem Leben, habe ieh viel

Zeit damit verbraeht, den gr6fSten Teil Khuze­

stans zu bereisen, einzig zu clem Zweek, InfOl'­

mationen libel' die pfercle in diesel' Gegend zu

sammeln. Ieh habe dies in zwei versehiedenen

Zeitabsehnitten getan. Die erste Phase begann

1973, clas Jahr VOl'meiner ersten Teilnahme an ei­

ner WAHO Konferenz, damals in Schweden, und

sie reiehte bis Ende 1976. Die Information wurde

dann in eine Form gebraeht unci dem WAHO In­

spektionsteam vorgelegt. Wahrencl clieser Zeit

habe ieh clie Gegencl entlang der iraniseh-iraki-

AJ 3/2002

sehen Grenze von Dashtesh Abbas, der n6rdli­

chen Grenze von Khuzestan und Lurestan be­

reist, ieh habe Dorf fUr Dorf abgeklappert, selbst

einzelne Zelte wurden nieht ausgelassen, bis hin­

unter naeh Susangerd. Dieses Gebiet umfaBte das

Land der Stanune Bani Lam, Sorkeh, Dehaimi,

Chennaneh, Kharsraji, Bani Saleh, Bani Turuf unci

Teile cles Gebiets der Bani Tamin (Bani Malek).

Ieh sah iiber 600 pferde, fast aile konnten be­

stimmten Stammen oder Famitien zugeordnet

werclen, aber ieh konnte nur 378 Pecligrees ver­

vollstancligen. Meine Beclingungen nir ein voll­

standiges Pedigree waren, claB jecles einzelne auf

beiclen Elternseiten bis zu einem (Volks-)Stamm

zurliekzuverfolgen war, der bekannt war flir den

jeweiligen (Pfercle-)Stamm. Eine weitere Grund­

beclingung war die Kooperation der Besitzer. Die

meisten Stuten befanden sieh im Besitz der glei­

chen Familie wahrencl des ganzen Zeitraumes.

Die Hengste naehzuforsehen verhinclerte oftmals

die Veli10llstancligung cler Pecligrees. Gelegent­lieh waren sie von der ancleren Seite der Grenze

(Irak) unci clamit aulSerhalb unseres Zugriffs. Ich

kam spater noeh einmal zurLiek in die Gegencl

derJassemi, Mojadami und Al-e-Kassir, nahm clas

Gebiet der Bani Khallecl, der Familie der Seyecl

Jaber und cler Mir noeh clazu. Dennoeh, trotz all

cler Zeit, clie ieh clort verbraehte (annaherncl clrei

Jahre), war es nieht lange genug, um aueh die

Shadegan, den Howeizeh Distrikt unci die Ge­

gend um Ramhormoz zu besuehen.

Urn die Khersan Mir

rankt sich AberglaubenDie zweite Phase begann 1989. Wahrend dieser

zweiten Phase ging ieh zu all den Gebieten

zurLiek, clie ieh schon kannte, iiberprLifte die le­benclen Tiere mit clen clamals erstellten Pecli­

grees, iIberpriifte, wo m6glieh, ihre Abstam­

mung von diesen Pecligrees. In einigen Fallen

lebten die alten "originalen" pferde noeh. Nun

reiste ieh aueh naeh Shaclegan und wurcle mit

clen Oberhaupten cles Mir Stammes gut bekannt.

Deren Wadnan Khersan pferde waren seit vielen

Jahrhunclerten bekannt und beliihmt als Khersan

Mir. Um diese Khersan Mil' pfercle ranken sieh

viele Gesehiehten, nieht nur, clalS sie sehr aus­

clauerncl unclleisrungsfahig sincl und einen no­

bien Charakter haben, sonclern sie sollen aueh

iiber KJafte verfiigen, clie sieh am Rande des

Ubersinnliehen bewegen. Ieh besitze selbst eine

Stutenfamilie, die auf Mohtashems Khersan Mir

Page 5: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke

ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I

Haarfarbe, helle Augen unci besalSen nicht clie

clicken Lippen cler meisten Araber. Sie betrachten

sich selbst offensichtlich als Abkbmmlinge des

Bruclers von Ali, Schwiegersohn cles Propheten

unci rein wie cler Ursprung. Unci sie glauben, clalS

sie Persien vor clen "ancleren" - wie sie es clar­

stellten - besieclelt haben unci bereits zu jener

Zeit hier herrschten. Es gibt auch noch eine an­

clere Version, clalS sie namlich iiberhaupt nicht

semi tisch em Ursprungs sincl, sonclern schon hier

waren, bevor irgendwelehe Araber diese Ge­

gend besiedelten Vielleicht gehen beicle, so­

wohl clie Menschen wie auch ihre pfercle, auf ei­

ne viel friihere Zeit zuriick. Denn bereits die Ela­

miten haben pferde in ihren Aufzeichnungen VOl'

iiber 5000 Jahren clargestellt. Vielleicht wurden

clen Khersan Mir aufgrund ihrer uralten Ge­

schichte Krafte zugeschrieben, die man sonst mit

keinem der anderen Stamme in Verbinclung brin­

gen wurcle.

Mary Gharagozlou, die groBe alte Dame der iranischen Araberzucht. -Mary Gharagozlou, the Grand Old La- Das Werk ist vollendetdy of Iranian Arab horse breeding. FOIO' P""II

leh habe viel Zeit dalIDtverbracht, den grbBten Tei!

Khuzestans zu bereisen, einzig zu dem Zweck, Informa­

tionen tiber die pferde in dieser Gegend zu sammeln.

II

I

I

Linie zuriickgeht. Die Griinderstute wurde mir

von Majid Bakhtiar zur Hochzeit geschenkt. Ob­

wohl ich mich zuerst iiber den merkwiircligen

Aberglauben von Majicl unci seinem Vater lustig

gemacht habe, maehe ich dies - nachdem ieh

cliese pferde nun ein halbes Jahrhundert besitze

- nichtmehr.

Man sagte mil', daIS clie Leute und Traditionen

cles Mir Stammes sich von den ancleren arabi­

schen Stammen in Khuzestan unterscheiden.

Nicht nur, daIS sie niemals eine Khersan Stute

verkaufen (clies traf sicherlich auch flir andere

Stamme zu), sie gaben niemals eine Stute weg ­

aus keinem Gruncl der Welt. Das bedeutet, sie

folgten nicht cler arabischen Tradition, eine Stute

als Hochzeitsgeschenk zu geben, als Trauergabe,

als Abgabe (Steuer) oder aus irgencleinem ancle­

ren Grund. Nicht einmal aus Freundschaft. Der

einzige Weg, zu einer Khersani Stute zu kom­

men, war, sie zu stehlen, oder sie bei einem

Raubzug als Kriegsbeute zu ergattern. Das war

auch cler Weg, wie Sardar Mohtashem zu seiner

ursprlingliehen Khersan Mir Stute kam. Der an-

22

dere merkwiirclige Unterschied zwischen clen

Mir unci clen anderen arabischen Stammen war,

clalSsie niemals ihren Tbchtern erlaubten, aulSer­

halb des eigenen Stammes zu heiraten, nicht ein­

mal um Beziehungen mit anderen Stammen zu

festigen, was eigentlich eine Tradition der Sram­

me war. Unci ganz besonders merkwiirdig war,

clalS sie ihre Tbchter niemals mit einem Seyecl

verheiraten wiirden, einem Abkbmmling des

Propheten. Anclere Araber wlirden ihre Tochter

in soleh einem Fall freiwillig geben. Die Befiirch­

tung ist, clalSclie Stuten oder Tbchter nicht gut be­

handelt wiirden. Eine schlechte Behancllung cler

Stute, oder auch cler Tochter, wiirde aber Un­

gliick iiber clie Person bringen, die clies veranlalSt

hatte. Ich war so neugierig auf cliese Leute, wieaueh auf ihre pferde. Der Stamm hatte nur noeh

fiinf Khersan Mir Stuten. Die Leute cles Khersan

Stammes selbst bestatigten meine Annahme, clalS

sie irgenclwie anders waren. Sie waren reeht

grolS, nicht korpulent, wie es ja oftmals bei clen

heutigen selShaften, stacltischen Arabern cler Fall

ist, sie hatten eine helle Gesichtsfarbe, helle

1m Jahr 1999 habe ich meine Arbeit am Stutbuch

cler Asil Araber im Iran beenclet. Dieses Stutbuch

beinhaltet auch iiber 300 Pecligrees von Ur­

sprungspferden aus der Provinz Khuzestan, sowie

deren Nachkommen unci Geschwister. Diese pfer­

de stanU11en von Linien, die cler WAHO wahrencl

der ersten Phase bereits vorgestellt wurden. Zu

clieser Zeit waren z""ei Inspektionen im Iran ge­

plant. Eine fOr die pferde in Staatsbesitz, unci eine

zweite Inspektion fiir die pfercle im Besitz cler

Ziichter in Khuzestan, die ja den Gnll1dstock fiir

all unsere Asil-pfercle bilclen. Nachclem all clie

nbtigen Pedigrees zusammengesammelt unci zu­

sammengestellt ",·aren. wurde cliese Oberprlifung

clurchgefiihn. Dennoch enrschied clas ~AHO

Exekutivkomitee, daIS cliese pfercle mit Brandzei­

chen versehen werden miilSten, damit sie wiecler

erkennbar seien, ihre Zuchterfolge mOISten kon­

trollielt werclen und clann, sofern dies zur Zufrie­

clenheit ausgefiihrt ware, wiirclen sie akzeptielt.

Bedauerlichelweise flir clie Ziichter in Khuzestan,

haben gewissen Ereignisse clieses Vorhaben ver­

hindelt unci so war es erst im Sommer 1999 mbg­

Iich, clalScliese pferde encllieh akzeptielt wurclen.

Das endgliltige Stutbuch wurcle 2001 verbffent­

licht unci enthalt diese Griinderpferde mit ilu'en

Hinf-Genera tionen- Pecligrees.

Zusam mengestellt {,IUS Unterlagen

van lVIcl1Y Gbaragazlauvan Gudrun Waiditscbka

AJ 3/2002

Page 6: ARABISCHE PFERDE 1M IRAN - TElL I Unberiihrt vom Lauf der …Bani Tamin im Howeizeh Distrikt, um nur einige zu nennen. Die pferde del' Luren und Bakhtiaren wurden entweder als Freundschaftsgeschenke