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ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE HANNOVER 9. Jahrg. 1981

ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE - APH · 2011. 10. 28. · HELFERS, Haifische = Chondrichthyes (Knorpel-fische) (mit 4 Abb.) S.14-17..... Da lächelt der Paläontologe S. 16 ^Arbeitskreis

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ARBEITSKREIS

PALÄONTOLOGIEHANNOVER

9. Jahrg. 1981

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Titelblattzeichnung;Ceratites nodosus BRUG. (Nach BRINKMANN).Nat.Gr.

Inhaltsverzeichnis Heft 4/1981;

WELLMANN, Der Hallerburger Trochitenkalk S.l - 3(mit 7 Abb.)

WELLMANN, Inarticulate Brachiopoden S. 4 - 7(mit 6 Abb.)

KRAUSE, Valettaster, eine Beesterngattung ohneArme (mit 2 Abb.) s.8 - 9

HELFERS, Glossopetren - Haifischzähne im Volks-glauben (mit 4 Abb.) S.10-13

HELFERS, Haifische = Chondrichthyes (Knorpel-fische) (mit 4 Abb.) S.14-17

........ Da lächelt der Paläontologe S. 16

^Arbeitskreis Paläontologie Hannover"Zeitschrift für Amateur—Paläontologen,erscheint jährlich mit 6 Heften, Bezugspreis z.Zt. 15,- DM,der mit der Lieferung des ersten Heftes fällig wird. FürfV'itglieder gelten Sonderregelungen. Abbestellungen müssenbis zum 1.12. d.Jhres.erfolgen. Zahlungen auf Postscheck-konto Werner Pockrandt,Hannover, Psch.Kto.Han 24 47 18-300erbeten.Herausgeber; Arbeitskreis Paläontologie Hannover jange-schlossen der Naturkundeabteilung des Landesmuseums HannoverSchriftleitung; Werner Pockrandt, Am Tannenkamp 5,

" ' 3000 Hannover 21 (Tel.0511 - 75 59 70)Druck; bürocentrum weser Kirchner & Saul, Stüvestr.41,

3250 Hameln 1.

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PETER WELLMANN

Der Hallerburger Trochitenkalk

(mit 7 Abb.)

I.Lage; R 35.4811 H 57.8330

Der aufgelassene Steinbruch im Trochitenkalk des oberenMuschelkalkes (mo l) ist von Hallerburg aus gut zu errei-chen.Nach Hallerburg gelangt man von Hannocer aus am günstig-sten, wenn man der B 3 ^n Richtung Elze folgt und bei derAbzweigung zur Marienburg in die entgegengesetzte Richtungnach Adensen und weiter nach Hallerburg fährt. Man durch-fährt den Ort, stellt den Wagen am Beginn des Naturschutz-gebietes ab und folgt dem Feldweg nach rechts in RichtungGestorf. Durch das im und beim Steinbruch errichtete Moto-Cross-Gelände sollte man sich nicht abschrecken lassen.Inden höher gelegenen Auf- und Abfahrten sind in Steinkern-erhaltung und gut erhaltene Brachiopoden zu finden.

II. Allgemeines;

Der Trochitenkalk ist eine Ausbildung des oberen Muschel-kalkes der Trias, die vor 225 Mill.Jahren begann und vor195 Mill. Jahren endete. Das Hangende ist der untere Lias,das Liegende ist örtlich Zechstein/Rotliegendes, ansonstenPräkambrium oder varizisches Kristallin.Besonderen Wert müssen wir auf den Unterschied zwischender germanischen Trias mit überwiegend kontinentalem Cha-rakter und der alpinen oder mediterranen Trias mit vorwie-gend pelagischen! Charakter und karbonatischen Gesteins-folgen legen.

Oberer Keuper (ko) 'mittlerer Keuper (km 4(mittlerer Keuper (km 3unterer Keuper fku]oberer Muschelkalk [mo^mittlerer Muschelkalk mm)unterer Muschelkalk (mu)oberer Buntsandstein fso)mittlerer Buntsandstein [sm][unterer Buntsandstein fsu] \

1 195 Mill.J.

03SIHJtn•H U)C (0CO -H

rE£01CD

• 225 Mill.J.

Abb.l: Tabelle 1: Die Germanische Trias

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Bezeichnend für unseren Norddeutschen Raum ist die ger-manische Ausbildung der Trias mit überwiegend kontinen-talen Ablagerungen im Buntsandstein und im Keuper.DieseFazies finden wir außerdem auf Schonen, in England, ±nPolen, im Schweizer Jura und ferner im den westlichenAlpen, auf der iberischen Halbinsel und im westlichenMittelmeergebiet, in Anklängen auch im Toten-Meer-Ge-biet sowie in Rußland und auf der sibirischen Tafel.Außerhalb Europas finden sich ausgedehnte Flächen meistrein kontinentaler Ablagerungen auf den Südkontinentenund in Nordamerika.Doch nun zurück zu dem Hallerburger Bruch mit dem dortaufgeschossenen Trochitenkalk, über dessen Fossilinhaltnun die Rede sein soll.

III. Fossilien;

Als erste sind die ja auch namengebenden Trochiten zunennen. Zu finden sind hier vor allem die Stielgliederder Seelilie Encrinus liliiformis SCHLOTHEIM, aber eslassen sich auch andere Stielglieder sammeln. Kelchplat-ten findet man selten. (Abb.2).

Die im Muschelkalk vorkom-menden Ceratiten sind heutekaum noch zu finden. Mit et-was Glück kann man noch einBruchstück finden. Zudem istes oft schwer, sie aus demGestein heraus zu bergen.DieTitelblattzeichnung zeigtden häufigsten CeratitenCeratites nodosus BRUG.Dieser Ammonit kommt auch inder größtenteils gleichen Fa-zies in Wesseln (bei Salz-detfurth) vor,aber seltenerund zumeist bruchstückhaft.Allerdings werden Brachiopoi-den und Trochiten nicht inder Häufigkeit gefunden,wie

Abbi.2: Encrinus lilii-formis SCHLOTHEIM.l2/3)Links: KelchunterseiteMitte: KelchRechts: Stielglieder

wir sie von Hallerburg kennen.

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Unter den Muscheln tritt besonders die häufiger gefunde-ne Lima striata (v.SCHLOTHEIM) hervor, die aber zumeistwenig schön erhalten ist. (Abb.3).

Die Muschel Myophoria vulgaris(v.SCHLOTHEIM) ist ebenfalls zufinden.werrn auch weniger häufig.(Abb.4).

rAbb,3: Lima striata (v.SCHLOTHEIM)Häufiger findet man die echteMuschel Hoernesia socialis (v.SCHLOTHEIM,heute Gervilleia so-cialis. (Abb.5).

Bei den Brachiopoden ist Tere-bratula vulgaris (v.SCHLOTHEIM)vorherrschend, allerdings oftnur in Steinkernerhaltung.(Abb.6).

Abb.4: Myophoria vul-garis (v.SCHLOTHEIM)

Abb.5: Gervilleia so-cialis, (v. SCHLOTHEIM)

Abb.6: Terebratula vulga-ris (v.SCHLOTHEIM)

Als Gastropoden finden wir Un-dularia scalata (v.SCHLOTHEIM)zumeist nur bruchstückhaft undselten in Schalenerhaltung.(Abb.7).

(Hierzu siehe auch Seite 7).Abb.7: Undu-laria scalata (v.SCHLOTH.)

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PETER WELLMANN

Inarticulate Brachiopoden

(mit 6 Abbildungen)

Inarticulate oder schloßlose Brachiopoden! haben wiedie articulaten oder schloßtragenden Brachiopoden inheutiger Zeit nur eine untergeordnete Bedeutung. Inerdgeschichtlicher Vergangenheit gab es jedoch Zeiten»in denen Brachiopoden massenhaft auftraten^ Die inarti-culaten hatten mit den Gattungen Lingulida und Acrotre-tida ihre Blüte im Kambrium / Ordovizium.Um Brachiopoden zu bestimmen, muß man auf folgende Merk-male achten: das Schalenmaterial, die Stielöffnung, dasArmgerüst und das Schloß.Bei den Linguliden ist die Schale hornig-phosphatisch,während sie bei den Acrotretiden sowohl hornig-phos -p hat iisch als auch kalkig sein kann.Die Stielöffnung bei den Linguliden ist atremat, d.h.der Stiel tritt ohne ein eigentliches Stielloch zwi-schen den beiden Klappen hervor. Bei den Acrotretidendagegen wird das Stielloch neotremat verschlossen,d.h.durch ein Kalkplättchen (Listrium), durch welches dieStielöffnung mancher neotremater Brachiopoden mehr oderweniger vollständig verschlossen wird.Die inarticulaten Brachiopoden besitzen weder ein Arm-gerüst noch ein Schloß. Dadurch werden zu den dreiHauptmuskelgruppen, welche die meisten Brachiopoden be-sitzen, noch zusätzliche Muskeln gebraucht,die dann beiden inarticulaten ein kompliziertes System gegeneinan-der wirkender Muskeln bilden. Die drei Hauptmuskelgrup-pen sind: Adductores = Schließmuskeln

Diductores = ÖffnermuskelnAdjustores = Stielmuskeln.

Abb.1: Muskelschema articulater Brachiopoden(aus LEHMANN,Paläont.Wörterbuch)

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Die Abb.1 zeigt uns lediglich ein Schema des Öffnungs-und Schließmuskelmechanismus bei articulaten Brachiopoden^Bei den inarticulaten kommen noch bis zu drei andere Mus-kelpaare dazu. Es sind dies die Protracrtores und die Re-tractores für longitudinale Gleitbewegungen und Rotatoresfür rotierende Bewegungen» (Abb«2).

Abb.2: Muskelschema inarticulater Brachiopoden(Lingula). (Aus LEHMANN,Paläont.Wörterb.}

Schalenaufbau:a) Das Periostracum ist eine dichte organische Schicht,

welche die Außenseite von Mollusken- und Brachiopoden-schalen überzieht. Sie besteht bei den inarticulatenmeist aus einer hornig—organischen Schicht.

b) Die primäre Lage ist außen feinfaserig. Die langen Ach-sen der Kristalle liegen in einer Längsachse (c-Achse)senkrecht zur Schalenoberfläche. Diese Lage ist gänzlichanorganisch.

c) Die sekundäre Lage besteht aus Kalzitfasern, die schrägzur primären Lage liegen. Jede Faser ist wohl definiertund interzellulär gebildet. Die Achsen (c-Achsen) ver-laufen parallel zur primären Lage und daher schräg zuden Fasern der sekundären Lage.

Bemerkenswert ist, daß Lingula neben Crania, einer weite-ren inarticulaten Brachiopode, die geologisch älteste unddamit langlebigste Gattung ist. Jedoch ist Crania mit dersogenannten Stielklappe direkt am Substrat aufgewachsen.

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Abb,3: Obolus

Abb.5: Crania

Abb.4: Lingula

Abb.6: Orbiculoida

Die Abbildungen 3 bis 6 zeigen Vertreter der Ordnung Lin-gulida. Nachgewiesen sind: Obolus vom Kambrium bis Ordovi-zium, Lingula vom Ordovizium bis zur Gegenwart, Crania vomOrdovizium bis heute, Orbiculoida vom Ordovizium bis Krei-de. (Abbildungen aus LEHMANN-HILLMER.Wirbellose Tiere...)Die wenigen rezenten Arten leben im Atlantik und Pazifikin Tiefen zwischen 40 m und 100 m.Auffällig ist, daß sich gerade dieser primitivste Brachio-podentyp durch einen Zeitraum von mehr als 240 MillionenJahren bis heute unverändert im gleichen Lebensraum erhal-ten hat, während von den schloßtragenden Brachiopoden,dieviel höher spezialisiert waren und die kunstvollsten Arm—gerüste (Brachidien) gebildet hatten, keine einzige Gattungeine derartig hohe Lebensdauer erreichte.Es ist manchmal nicht einfach, fossile Brachiopoden zu be-stimmen, da die äußere Schalenform verschiedener Individu-en der gleichen Art sehr unterschiedlich sein kann,was be-

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dingt ist durch die Anpassung an den jeweiligen Lebens-raum, das Biotop.

Literaturverzeichnis;

G.KRUMBIEGEL & H.WALTHER, (1977), Fossilien.Ferdinand Enke Verlag Stuttgart.

U.LEHMANN & G.HILLMER, (1980), Wirbellose Tiere der Vor-zeit. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart.

U.LEHMANN, (1977), Paläontologisches Wörterbuch.Ferdinand Enke Verlag Stuttgart.

ANDREAS E.RICHTER, (19SO), Brachiopoden - "Armfüßer"ohne Arm. Mineralien Magazin 4/80 Stuttgart.

E.THENIUS, (1965), Lebende FossilienFrankh'sehe Verlagshandlung Stuttgart.

E.FRAAS , (L973), Der Petrefaktensammler.Frankh'sehe* Verlagshandlung Stuttgart.

Anschrift des Verfassers:Peter Wellmann, Posthornstr.29, (Postfach 91 12 63),

3000 Hannover 91.

Lebensbild aus dem Muschelkalkmeeremit Encrinus liliiformis,Lima stri-ata und Terebratula vulgaris (AusHAMM).

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HEINZ KRAUSE

Vfelettaster, eins Seesterngattung ohne Arme

(mit 2 Abb.)

Soviel weiß man von Valettaster, daß ihnen die für See—sterne geradezu typischen Merkmale, die Arme, fehlen. Wiesie indessen genau beschaffen waren, konnte an Hand vonFundstücken noch nicht belegt werderr. Es gab sie fossilnoch nicht in voller körperlicher Erhaltung.FRAAS begnügt sich deshalb zur Darstellung dieser eigen-artigen Tiergruppe aus dem weißen Jura mit einer Rekon-struktion unter dem Synonym "Sphaerites".Sonst ist Valettaster noch aus der oberen Kreide bekanntund aus dem untersten Tertiär. Da Valettaster nur in ein-zelnen Tafeln oder kleinen,zusammenhängenden Gruppen da-von nachgewiesen werden kann,bleibt er offenbar meist un-erkannt.So ist wohl auch die Tatsache zu erklären, daß die in demHeft 3/1980 des Arbeitskreises Paläontologie Hannover un-ter "Neue Funde unserer Mitglieder" von Herrn Pockrandtgezeichnete und beschriebene Platte nicht bekannt war undnicht bestimmt werden konnte.Inzwischen hat dankenswerterweise Herr Dr. M.-G.SCHULZ vomGeologisch-paläontologischen Institut und Museum der Uni-versität Kiel die Zweifel beseitigt und den abgebildetenKörperrest nebst einzelnen Platten als Valettaster sp.,wahrscheinlich Valettaster ocellatus (SPENCER,1913), be-stimmt. Er teilt dazu ergänzend mit, daß Valettaster ocel-latus die einzige Art der Gattung Valettaster ist,die bis-her aus der höheren Ober-Kreide beschrieben worden ist.Ergänzend sei bemerkt, daß der Verfasser und seine FrauValettaster in der Form von Einzelplatten, zusammenge-schwemmten Konglomeraten solcher Platten und als Körper-rest mit ca 30 zusammenhängenden Platten sowohl im Unter-campan von Misburg (Grube "Germania" IV) als auch von Hö-ver (Grube "Alemannia") haben nachweisen können»(Siehe Abb.l und 2).

Anschrift des Verfassers:Heinz Krause, Reg.-Direkt., Steinweg 6, 3014 Laatzen 3.

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Abbi.1: Valettaster sp. aus dem Unter-campan von Misburg (Grube Germania IV)a) Einzelplättchen von obenbj Einzelplättchen von der Seite

(Zeichn.Pockrandt)

Abb*2: Völettaster sp. aus dem Unter-Campan vonMisburg (Grube Germania IV).ZusammenhängenderKörperrest dieses Seesternes mit ca 30 Platten.Sammlung: Heinz und Inga Krause.Zeichnung: Pockrandt.

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- 10 -WOLFGANG HELFERS

Glossopetren - Haifischzähne im Volksglauben

(mit 4 Abbild.)

Unter Glossopetren, Zungensteine oder Stelnzurrgen ver-stand man in früherer Zeit die Zähne fossiler Haifische.Sie wurden schon sehr früh gesammelt und hauptsächlichals Schmuckstücke verwandt. Über den Mythos wußte manbisher wenig. Die älteste literarische Erwähnung findenwir bei PLINIUS, der sie in Beziehung zum Mond erwähnt.Er spricht davon,daß die Glossopetren nicht auf der Erdeentstehen, sondern bei abnehmendem Mond auf die Erde fal-len.

Abb'. 1: Glossopetrae majores - große Stein-zungen

Unter den an vielen Orten Mittel- und Südeuropas in ter-tiären Meeresablagerungen häufigen Zähnen großer und klei-ner Haifische galten die großen Zähne der Gattung Carcha-rodon als die großen Zungensteine als die wertvollsten.Unter diesen standen besonders die aus den miozänen Kalk-steinen der Insel Malta in hohem Ansehen.Unsere Vorfahren waren der Meinung, daß es die Zähne sei-en, die dem Mondwolf beim Verschlingen des Mondes bei Monti-finreternissen aus den Kiefern herausbrachen und zur Erdeherabfielen.

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Die Kirche hat diese uralte Vorstellung durch die Schaf-fung einer Legende auszurotten versucht. Der Apostel Pau-lus sollte während seines Aufenthaltes auf Malta von ei-ner Otter gebissen worden seim Daraufhin habe er alleSchlangen Maltas verflucht,sodaß ihre Zungen zu Stein ge-worden seien. Das wurde noch im 17.Jhd. in Deutschlandgeglaubt. Aber in den Mittelmeerländern, wo man Haifischeund ihr Gebiß kannte, wußte man seit dem Italiener AndreaCesalpini (1519 - 1603), daß Glossopetren nichts anderesals Haifischzähne seien. (Siehe Abb.1 und 2, entnommender "Metallotheca Vaticana" des päpstlichen LeibarztesMichele Mercati - 1541 bis 1593).

Abb.2: Glossopterae minores — kleineSteinzungen

Es ist verständlich, daß eine Mondfinsternis in vergange-nen Zeiten nur so erklärt werden konnte,daß ein großesUngeheuer den Mond verfolgt und verschlingt. Bei denChinesen wird die Sonnenfinsternis (shischi) sowie dieMondfinsternis (jueschi) als ein Verschlingen durch ei-nen Drachen erklärt. Bei den Germanen gab es Sköll,denSonnenwolf, und Managarmr,auch Hati genannt,den Mondhund.Bei uns hat sich der alte Aberglaube der Mondverehrungam längsten im salzburgisch-bayerischen Alpenrand erhal-ten. So findet man dort noch heute alte Grenzsteine,dieseit alter Zeit in immer gleicher Form erneuert werdenund die eine Mondsichel trägem Diese wird heute jedochoft als Hufeisen gedeutet.

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Eine interessante Darstellung des Mondwolfes findet manin einem Säulenkapitel im Kreuzgang der Stiftskirche zuBerchtesgaden. Die Abb.3 zeigt dieses Säulenkapitel mitdem Mondwolf Managarmr,der gerade den Mond verschlingt.Die dreieckige Gestalt der Zähne des Untieres erinnertauffallend an die Dreiecksform der Carcharadonzähne.Auchansonsten ist der dargestellte Wolf mehr fischähnlich,be-schuppt und mit Krokodilschwanz.Man hat früher gemeint,daß die vielen Bildwerke auf denSäulenkapitellen romanischer Kirchen Deutschlands nichtsanderes als Spielereien der Phantasie gewesen seien.Heuteweiß man,daß sie die mythologischen Vorstellungen unsererVorfahren zum Ausdruck bringen sollten.

Abb.3: Säulenkapitel von Berchtesgaden:Der Mondwolf verschlingt den Mond.

Bei den Zungensteinen war der Erfolg der Ausrottungsbe-strebungen der Volkssagen fast vollständig gelungen. Sowurden solche Fossilreste alsbald nur noch als Spieleder Natur und Zufallsbildungen abgetan. Cesalpini sagtejedoch, daß Glossopetren nichts anderes als Haifischzäh-ne sein könnten und Michele Mercati bildete in seinem1719 gedruckten Werk Metallotheca vaticana bereits Hai-zähne zum Vergleich neben Glossopetren ab. Sie wurden vonLeibniz 1749 in seine "Protogaea" übernommen. Auch dieAbbildungen dieser Abhandlung entstammen mehr oder weni-ger diesen Originalen.Die Literatur über Glossopetren ist umfangreich. Durchmanchen Kulturschutt sind die mythologischen und religi-ösen Vorstellungen über Glossopetren derart zugedeckt,daß es ein Zufall ist, wenn man es heute als sicher be-

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- 13 -trachten kann, daß unsere Vorfahren fossile Haifischzäh-ne als ausgefallene Zähne des Mondwolfes Managarmr ange-sehen haben.

GLOSSOPETR*

Abb.4: Glossopetrae malitensis = Maltesische Stein-zungen.

Literatur; ABEL,0. (1939), Vorzeitliche Tierreste imDeutschen Mythos,Brauchtum und Volks-glauben» -Verlag Gustav Fischer,Jena.

Anschrift des Verfassers: Wolfgang Helfers, Auf derSpannriede 14, 3ooo Hannover 21

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WOLFBAN6 HELFERS

Haifische Chortdrichthyes (Knorpelfische)

(mit 4 Abb.)

Anatomie;Es handelt sich un Fische mit knorpeligem Endoskelett.Kno-chensuttetanz fehlt, was wohl auf einem Rückbildungsprozeßberuht. Sie haben Zähne, die sich aus Hautzähnchen (Pla-coid) entwickelt haben .(Abb.l und 2).Sie haben 5 — 7 spaltförmige starre Kiemenöffnungen. Lun-gen und Schwimmblase fehlen. Der Darm enthält eine Spiral-klappe, die auch die spiralige Struktur der Koprolithen er-klärt. (Abb«3). Die Haie waren von Anfang an marin und sindnahezu alle räuberischer Natur.Hautzähnchen;Sie bestehen aus einem von feinen Kanälen durchzogenenDentinkörper. Dentin ist phosphorsaurer Kalk mit CaCo3 -und CaF2-Beimengungen. Der Dentinkörper ist mit einerSchmelzschicht,dem Vitrodentin, überzogen. Die zahnförmi-gen Oberteile der Hautzähnchen können sehr verschieden ge-staltet sein. Extreme sind z.B. die Rostren von Sägefi -sehen, Flossenstacheln sowie mit Widerhaken besetzteSchwanzstacheln vom Rochen.

Abb.1: Hautzähnchen der Haifische

Abb.2:Querschnitt durcheine Placoidschuppeder Haifische

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Zahns;Die eigentlichen Zähne sind in die Mundspalte eingewan-dert und vergrößert. Da sie nach Abnutzung oder Verlustnachrücken, sind die Haifische polyphyodont. Tigerhaieverbrauchen an die 1.400 Zähne in 10 Jahren. Man unter-scheidet folgende Gebißtypen:Fanggebisse mit höchstens 2 Reihen in Funktion befindli-

cher scharfer und spitzer Zähne,Greifgebisse bei bodennah lebenden Haien mit kleinen und

spitzen Zähnen oder winzigen wie beim Rieseci-Zermalmgebisse wie bei rachenartigen Knorpelfischen

mit pflasterartig angeordneten Zähnen.Geschichte und Einteilung der Haie;Die ersten als Fische anzusprechenden Tiere entwickeltensich vor 430 bis 395 Millionen jähren. Danach,zu Beginndes Devon, entwickelten sich gepanzerte Fische mit paari-gen Flossen, Knochenskelett und Kiefern. Man bezeichnetesie als Plattenhäuter (Placodermi). Kopf und Brust warenvon einem Panzer bedeckt,der hintere Teil des Körpers je-doch nackt oder beschuppt und in eine Schwanzflosse aus-laufend, bei der die Wirbelsäule in den oberen Schwanzlap-pen hineinreichte. Bei marinen devonischen Ptychodontidenbildete sich der Panzer zurück.Sie glichen im Aussehen denheute noch lebenden Seedrachen oder Chimären. Chimärenbilden eine eigene Ordnung innerhalb der Knorpelfische.Typische Merkmale sind jedoch das Knorpelskelett,Placoid-schuppen, wurzellose Zähne,die Spiralfalte im Darm unddas Fehlen der Schwimmblase.

Abb.3; Latexausguß vom Spiraldarm eines Hai-fisches.

Die ersten als Haie zu bezeichnenden Fische entwickeltensich vor 375 bis 350 Mill.Jahren. Die urtümlichsten alsCladoselachii bezeichneten Haie hatten ein endständiges

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Maul, Gelenke am Unterkiefer und kleine Zähne mit breiterBasis und drei konischen Spitzen. Ihre Augen waren groß,die Schwanzflosse symmetrisch. Vor 180 Mill.Jahren starbensie aus. Lediglich die Gattung Heterodontus überlebte bisin die heutige Zeit. Vor 160 Mill. Jahren entwickeltensich die modernen Haifische mit dem bauchständigen Maul,wie die heute noch lebenden Arten: Hexanchus, Odontaspis,Orectolobidae etc. Am Ende der Kreidezeit waren die meistender heute unterschiedenen Familien ausgebildet.Hinweis; Eine eingehende Gliederung der Haifischfamiliensiehe Handzettel zum Vortrag HELFERS vom 6.5.1981 sowiePOCKRANDT, "Systematik der Haifische" in Heft 1/1976 desArbeitskreises Paläontologie Hannover.

Literatur;

(HASS, H.

Life,

MÜLLER,

ZITTEL,

Legende eines Mörders

Wunder der Natur - Fische -

Lehrbuch der Paläozoologie Bd.3 Vertebrata

Grundzüge der Paläontologie, II.Abt. Verte,brata.

Da lächelt der Paläontologe.

Als Tante Ottilie noch klein war,haben diese Tiere noch gelebt!"

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Inner« SprltiloehBffnung

Gehirn

UrogenitalpapHle

Mund

Schlund

Kiemen

Klo«k«Lefaer

Abb«4; Anatomie eines Haifisches

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