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ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE HANNOVER 6. Jahrg. 1978

ARBEITSKREIS PALÄONTOLOGIE - APH- 30 Jahre. Auf der Erde werden jährlich etwa 10 kg " G umgesetzt - nach sechs bis acht Halowertszeiten ist aller-dings nur rroch wenig radioaktives

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  • ARBEITSKREIS

    PALÄONTOLOGIEHANNOVER

    6. Jahrg. 1978

  • Inhaltsverzeichnis Heft 5 / 1978;

    NQRDMEYER, l»;. , Wie alt ? (Mit 3 Zeichnungen vom Ver-fasser) Seite 1 - 7

    POCKRANDT, W., Häufige Seelilienstengelglieder (mit4 Zeichn.v.Werf.) Seite 7

    Dr,FOLLMANN, R., Das Fossil des Monats Seite 8Dr.l-iOLLMANN,, R., Encrinus liliiformis v.SSHLGTHEIli

    (mit 3 Zeich.POCKRANDT) Seite 9 - 10POCKRANDT, W., Seelilien-Massengräber (mit 6 Zeich-

    nungen vom \Xerf.) Seite 11 - 15Hinweis Seite 16Neue Funde unserer Mitglieder (mit Abbildungen)

    Seite is —• l?

    Titelblattzeichnung (POCKRANDT): Kslch von;Uintacrinussocialis (GRINNEL) ausder Oberkreide (Ober-Santon).

    "Arbeitskreis Paläontologie Hannover"Zeitschrift für Amateur - Paläontologen,erscheint jährlich mit 6 Heften,Bezugspreis (z.Zt.15,- DM) wird mit Lieferung des ersten Heftes fäl-lig. Für Mitglieder gelten Sonderregelungen.Abbestellungen müssen bis 1.12.d.Jhrs.erfolgen.Zahlungen auf Postscheckkonto (Hannover 24 47 18 -300Werner Pockrandt,Hannover) erbeten.

    Herausgeber; Arbeitskreis Paläontologie Hannover,angeschlossen der Naturkundeabteilungdes Landesmuseums Hannover.

    Schriftleitung,; Werner Pockrandt, Am Tannenkamp 5,3000 Hannover 21 (Tel.75 59 70)

    Druck; bürocentrum weser Kunze & Kirchner, Stüvestr.41,3250 Hameln.

  • NGRBERTT f'HDRDMEYER

    Wie alt

    Wohl jeden- Fossiliensammler ist schon öfter cie Frage naclTdem Alter seinsar Funde gestellt worden. Die Antwort, daßes sich urn millionen jahresilte Stücke handelt, stößt aufSkepsis. Wie man das denn so genau bestimmen Kann, will:iian wissen. Dieser Artikel soll nun einen Überblick überdie gebräuchlichsten der Altersbestimmung geologischer Ob™jpkte bieten.a) Relative Chronclogie

    In der Paläontologie wird vorrangig mit einsr relati-ven Chronologie gearbeitet, die es ermöglicht, zu bestim-men, ob ein bestimmtes Fossil alter oder jünger ist alsein anderes. Dabei wird nichts über das absolute Alter inJahren ausgesagt. Die Formatiorstabclle mit der Unterglie-derung in Kambrium, Ordovicium, Silur etc. bis Quartär ba-siert auf Fossilfunden, Man nennt dieses Gebiet Biostra-tigraphie. Rein lithologisch Untersuchungen bringen dies-bezüglich keine Ergebnisse. Werden die Perioden noch wei-ter untergliedert, so spielen hier spezielle Lcitf ossilieneine wichtige Rolle. Hierdurch gewonnene Einteilungen 2:. 8«in Zonen werden als Orthochronologie bezeichnet, währendman un^er Parachronologie die Auswirkungen von Änderungenin der Tier- bezw. Pflanzenwelt allg&mein versteht.

    Die Bearbeitung dieser Fossilien setzt voraus , naß sienicht zu einer anderen Zeit umgelagert wurden - meinspricht dann von heterochroner Allonhthonie, Ferner mußgewährleistet sein, daß das Lagerungsgesetz erfüllt ist. Esbesagt, daß bei ungestörter Ablagerung die älteren Sedi-mente unten, die später gebildeten oben in einem Profilzu finden sind. Dieses 1669 von Nicolaus Steno gefundeneGesetz bildete auch die Sasis für die erste Gliederung(dto. Steno). Aufgabe der Chronologie ist auch die welt-weite Parallelisierung der Gesteine. Einen wichtigen Bei-trag hierzu leistet die Palynologie, da Pollen durch denWind eine weite Verbreitung erreichen. Ferner können hier-mit Salzvorkommen datiert werden. Die Zeiträume bei derAusbreitung neuer Formen bis zu weltweiter Ausdehnung [in-nerhalb eines Klimagürtels) können vernachlässigt werden.

  • - 2 -b) Abscjluj:e ^CjrmnoJLogie

    Bei den absoluten Datierungen gibt es verschiedeneMethoden mit unterschiedlichem Genauigkeitsgrad. Natur-gemäß gibt es für die Datierung geologisch jüngerer Fun-de mehr und genauere Möglichkeiten als für ältere Objekte,l") Abs_o_lute Chronologie mit geologischen Mitteln

    Aus den rezenten Sedimentationsraten als auch z.B. demSalzgehalt der Meere hat man versucht, Rückschlüsse aufdie Bildung von Sedimentgesteinen zu ziehen, um durchMächtigkeitsmessung eine Aussage über das Alter zu erhal-ten. Da diese Werte jedoch nicht als konstant anzusahensind, können sie nicht zur exakten Altersbestimmung her-angezogen werden. Genauer ist ui^ Untersuchung von Sedi-menten mit Jahresschichtung. Die Bänderung z.3.bei Tonenkann zurückgehen auf primäre Differenzierung bei der Ab-lagerung oder auf nachfolgende Veränderungen wie Ausblei-chen usw. Jm Vorland van Gletschern bildet sich,bedingtdurch die Schneeschmelze im Sommer, ein Bänderton.Durchdas Auszählen dar J'ahresschichten (Werven, daher auchWerventon) gelang 1912 in Schweden die zeitliche Festle-gung der pleistozänen Eisbewegung.Eine weitere Möglichkeit der Datierung nit geologischenMitteln ist die Berücksichtigung der Strahlun^sintensi -tat der Sonne in den letzten 600 000 bis l 000 000 Jah-ren. Die sogenannte Strahlungskurve fußt auf der Berech-nung der langzeitlichen Änderungen dar Neigung der Erd-achse und der Präzession sowie der Exzentrizität derErdbahn. Eine 1924 durchgeführte Gegenüberstellung die-ser Kurve mit einer Eiszeitgliederung zeigte eine guteÜbereinstimmung. Während Zeiten großer Strahlungsinten-sität zog sich das Eis zurück (interglaziale), bei einerverringerten Intensität kam es zu den Kaltzeiten (Glazi-ale).2) Absolute Chronologie mit biologischen Mitteln

    Wie bei der Wervanchronologie wird bei der Dendro=Chronologie mit Jahresringen gearbeitet. Dia relativeDicke der Jahresringe bei Holzgewächsen - bedingt durchdie jährlichen Klimaänderungen - wurde zur Erstellungeines Jnhresringkalenders bestimmt. Diese Methode istzeitlich auf rezente bis jungquartäre Funds begrenzt,dipnt aber z.S. bei der Erstellung von Korrekturkurvender Kohlenstoffmethods. (Siehe Abb.1 )

  • — 3 —

    Abb.1:

    Dendrochronologie - Erstellung eines1Jahresrinskslenders' mittels sichzeitlich überlappender Baumscheiben

    3) Absolute Chronologie mit physikalischen MittelnDie physikalischen Methoden basieren zumeist auf der

    Bestimmung von Mengenverhältnissen und der Kenntnis derIrtalbwertszeiten bei radinaktiven Substanzen. Die Halb-wertszeit (Zeit, nac') der van dem radioaktiven Ausgangs-material nur noch die Hälfte vorhanden, die andere zerfal-len ist) ist eine absoluts Konstante, die weder zeitlichveränderlich ist, noch in chemischer Bindung des Ausgangs-materials ihren Wert ändert. Die allgemeine Gleichung fürdie aktuelle Menge das Ausgangsmaterials -059- -A:t

    liefert umgeformt schließlich eine Bestimmungsgleichungfür die inzwisphen verstrichene Zeit, wenn HalbwertszeitT und das Mengenverhältnis der Tochteratame (-menge] zuden Ausgangsatomen bekannt sind: ., ^

    t = — ln [ 1 + —]-̂ a

    Es gibt nun verschiedene Elemente, die es erlauben, dieseradiomekrischen Methoden anzuwenden: Die bekannteste Da-tierurigsmethods ist dieKohlenstoff-, C-14- oder Radiocarbonmethode.

  • _ 4 -

    Die Atmosphäre enthält einen bestimmten Prozentsatz vonradioaktivem K'ohlenstoff (in Form von C0p), der durch Hö-henstrahlung aus Stickstoff entstanden ist.

    > + o» - ̂ * 1* '

    Die Halbwertszeit dieses Kohlenstoffisotops beträgt 5568- 30 Jahre. Auf der Erde werden jährlich etwa 10 kg " Gumgesetzt - nach sechs bis acht Halowertszeiten ist aller-dings nur rroch wenig radioaktives Material vorhanden, so-daß der erfaßte Zeitbereich bis maximal 70 000 Jahrereicht. Wenn aber jährlich neues C entsteht,wie kann manFunde trotzdem datieren ? - Jedes Lebewesen nimmt entwederdurch Assimilation (Pflanzen) oder mit der Nahrung (Tiere)Kohlendioxyd bezw» Kohlfinstoff auf. Das Verhältnis von " CTzu dem normalen C ist gleich dem der Luft (etwa ein Tau-sendmilliardstel), solange die Pflanze oder das Tier lebt-nach dem Absterben wird kein Kohlenstoff mehr aufgenommen,es kämmt nur noch der Zerfall des in dar Substanz enthalte-nen Tsotops zum Tragen. Somit ist die Grundlage für eineDatierung geschaffen. Gesicherte Ergebnisse sind nur beiZeiten bis^u 30 000 Jahren zu erwarten.Neben organischen Resten können mit der Radiocarbonmethodeauch Grundwässer oder Tropfsteine datiert werden. Überletztere gewinnt man wieder eine Aussage über Eiszeiten,da sich Sinter nur in Warmzeiten bilden kann, wenn genü-gend Wasser zur Kalkkorrosion zyr Verfügung steht Îm Win-ter wird bei der Ausscheidung C aus der im Wasser ent-haltenen Kohlensäure abgelagert)» Ziir exakten Ermittlungdes Alters einer Probe sinrd mirrdestens 10 g erforderlich.Da dia C-Konzentratian durchaus Schwankungen unterlegenhaben kann, wurde durch die Dendrochronologie eine Kor—rekturkurve ermittelt, die jedoch nur bis vor 7000 Jahrereicht, hier aber keine großen Abweichungen zeigt.An weiteren radiometrischen Methoden zur Altersbestimmungsind zu nennen: Uran-Methoden, Isotopenmethode, Kalium-Argon-Methode, Rubidium-Strontium-Methode, Tritium-Metho-de.Uran-Methoden basieren auf dem Zerfall der Mutterisotope23SU, 235u und 232̂ zu Blei (206pb + 4̂ , 2O7pb H- 4̂ ,

    208̂ , + 4,, i Die Htelbwertszeiterr betragen dabei zwischenQHe). -

    7,13 '10 J'ahre (235 ) und 1,39 • 104" Jähre (232 }, Kle-ben der Ermittlung des Verhältnisses Blei zu Uran (Bleime-

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    thode) könnte auch das entstandene Helium herangezogenwerden (Hteliummethode), doch liegt dabei eine große Feh-lerquelle im der Möglichkeit der Diffusion vag Helium.Rubidium-Strontium-Methode-nHierbei zerfällt Rb mit ei-ner Halbwertszeit von 5-10 Jahren zu Sr. Rubidiumkommt in verschiedenen gesteinsbildenden Mineralien vor.Mit derTritium-Methode können Grundwässer datiert werden. DasWasserstoffisotap ( Hl) entsteht ähnlich wie J C durchHöhenstrahlung auf Stickstoff, es zerfällt mit einerHalbwertszeit von 12,5 Jahren.Wie bei der Helium-Methode gibt es auch bei derKalium-Argon-Methode die Fehlerquelle der Möglichkeitder Argondiffusion. Andrerseits hat auch hier die Halb-wertszeit ( Hl = 1,27 • 10 Jahre) ein günstiges Verhält-nis zur Zeit der geologischen Epochen. Ein großer Vorteildieser Methode liegt in der Häufigkeit von Kalium frait0,0118 °/0 K) in allen Gesteirren, auch Sedimenten, wodurcheine Korrelierung mit der relativen Altersangabe durchFossilien möglich ist. DieIsotopenmethode berücksichtigt das Verhältnis von ver-schiedenen schnell zerfallenden Isotopen eines-Stoffes4,Z»B. Blei^Blei-Methode - relative Mengen van

  • Abb.2:Allgemeine Form der Zerfallskurve von radio-aktiven Substanzen (e-Punktion)a bedeutet die aktuelle Menge, A die ur-sprüngliche Menge des Ausgane;sstof fes,B entspricht dem Zerfallsprodukt, T„ istdie Halbwertszeit, t die verstrichene Zeit.Oft wird 0,69/TR als Zerfallskonstanteü (Lamda) bezeichnet.

    Abb. 3:Ausschnitt aus der Zerfallsreihe des Urans 238und zugehörige HalbwertszeitenDie Zerfallskonstante (A= 0,69/TH) für dievollständifte Umwandlung von Uran 238 zu Blei 206beträgt 1,537.10 "^Jahre"'

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    Im Gegensatz zum Zerfall radioaktiver Elemente liefertdie Anreicherung von Fluor in Knochen und Zähnen einenrecht ungenauen Beitrag zur Datierung von Fossilien. DieZunahme wird von vielen verschiedenen Faktoren beein-flußt. Bewährt hat sich der Fluortest aber bei der Er-kennung von Fossilfälschungen oder der Einordnung ver-schleppter Fossilreste.

    Literatur:

    MURAWSKI,HANS - Geologisches Wörterbuch [Enke-VerlagStuttgart")

    THENIUS, ERICH - Versteinerte Urkunden (Springer-VerlagBerlin)

    CUNY - Grundlagen der Chemie [Schröd'el—Verlag Hannover)

    FRANKE,HERBERT W. - Geheimnisvolle Höhlenwelt, (dva,Stuttgart)

    FRANKE,HERBERT W. - Methoden der Geochronologie [SpringerVerlag)

    NIKL, ALFRED - Entwicklungsgeschichte der Erde und derLebewesen. (Franz Deuticke,Wien)

    SCHÄTZ, HEINZ - Einführung in die Geowissenschaften(Verleg Franz Deuticke, Wien)

    Häuf igere^SeeliliensterTtjelglieder (POCKRANDT}

    Pentacrinus Isocrinus sub- G&irocr:basaltiformis angularis sp-.(Lias] (Lias) (Lias)

    . nu s Au sti. na cri n u srothpletzi([.'•-Campen)

  • - 3 -Dr «Rudolf HOLLMÄNN

    Niedersf-ichsisches Landesmuseurn, Naturkunde—Abteilung

    D_ _a s F o s s _i l __d e_ s_ _ _ _Vl ,9...n__a__b__s

    Informations-ÜbertracJng zwischen der Paläontologie (=Varwelt-Lebenskunde) und d^r breiten Öffentlichkeit wirddadurch erschwert, daß sich zunehmende Spezialisierungin zu .zahlreichen Fachaufsätzen zum Nachrichten-Hemmnisentwickelt.Das Niedersächaische Landesmuseum Hannover wird deshalbin der Naturkunde-Abteilung jeden zweiten Monat ein be-sonderes, fossiles Fundst'Jck vorstellen und ausführlicherläutern.Das Fossil des Moneits soll:_ _ _ _ _ _-- als Versteinerung aussagefähig oder gar als Leitfossil

    eine Zeitmarke in der Erdgeschichte sein,— als Fundstück selten oder besonders schön erhalten

    sein ,— Aussagen über vergangene Lebensumstände einer Pflanze

    oder eines Tieres erlauben, Spurenf ossilien sind ein-geschlossen,

    — — den vorzeitlichen Lebensraum und seine Umweltbedin—guntyen kennzeichnen,

    — durch Zerfalls-stadien viele Einzelzüge der mecha-nisch-physikalischen, oder chemischen Vorgänge zwi-schen dem organischen Lebensschluß und der endgülti-gen Einbettung sichtbar machen, sowie

    - — die stufenweise Fossilwerdung bei der Gesteinsverfe-stigung erkennen lassen: Mineralisation, Umkristalli-sation, pseudomorphen Ersatz oder Konkretionsbildung*-

    Als Zeugen der in der Erdgeschichte versunkenen Zeitab-schnitte sollen Fossilien aller Art dazu führen, dynami-sche Geschehensabläufe und damit die Urnweltbedingungenvorzeitlicher Lebensräume auch für ungeübte Betrachterzugänglich zu me.chen.Neben Sammlungsexemplaren des Landesmuseums werden gera-de ausgesuchte Fundstücke aus Privatbeständen vorgestellt,um Arbeit und Beitrag der paläontologischen Amateur-Samm-ler am erdgeschichtlichen Lebensbild hervorzuheben.

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    Dr.RUDOLF HOLLMANN,

    Nieclersecnsisches Landesmuseum, Naturkundeabteilung

    "Fossil des Monats" im Mai 1978

    Ejncri n us _1 i l i if or mis _VO_N _SC HLO_THE B/L_182Q

    Seelilie und Stachelhäuter (Crinoidea; Echinodermata)ausciem "Trochiten-Kalk", Obere Muschelkalkzeit, Trias. Gefun-den bei Erkeroda im Elm, Leihgabe der Bundesanstalt fürGeowissenschaften und Rahstoffe in Hannover.

    Versteinerungen der Vorzeit sind besondere Informations-träger, sie entschleiern Geheimnisse über vergangeneTier- und Pflanzenformen, mehr noch, sie liefern komplexeLebens- und Bewegungsbilder. Deren Entzifferung aber sindZiele der heutigen Paläontologie, die in der Erdgeschich-te organische Zeitmarken aufspürt und gleichzeitig damitauch Momentaufnahmen früherer Umweltbedingungen erfaßt.Eine Bilderfolge, die fortgesetzt wird,soll Anschauungund Beispiele liefern.Das Kalkspat-Skelett der Seelilie schmiegt sich den Un-ebenheiten eines harten Meeresbodens an. In dieser Voll-ständigkeit eine Rarität, nur die knollige "Wurzel-Schei-be fehlt, verdankt das Meerestier einem Zufall seine Er-haltung. Bald nach dem Tode überschüttete kalkig-sandigerSchlamm die organischen Reste.Fünfstrahliger Kelch mit zehn Fangarmen und drehrunderStiel wurden ursprünglich von lederfestem Hautgewebe über-zogen, das bald nach dem Verenden aufreißt: Plattenmosaikdes Kelches und die Scheiben des Geldrollen-förmigen Stie-les brechen dann auseinander. Zeugnis dieses Zerfalls le-gen isolierte Stielstücke anderer Seelilien ab, die nebendem vollständigen Skelett übsr den alten Meeresboden ver-streut liegenr»Wirbelnde Bod'enströmungen werden darin sichtbar, die vorüber 200 Millionen Jahren eine Flachwasser-Plattform imoffenen Meer, von Sealilien-Wiesen besiedelt, überstri-chen haben. Genaue Beobachtung führt so zur Rekonstrukti-on der Bewegungsabläufe im Muschelkalk-Meer.Wichtig werden Seelilien in der Erdgeschichte dann, wennsie gesteinsbildend flache Riffkörper aufbauen, so im "Tro-chiten"~Kalk. Der Name gilt den "Rad"-förmigen Stielglie-

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    Encrinus liliiformisVON SCHLOTHEIM 1820

    Schema einer Seslilie

    Steng&l-glieder v.E.liliif or-mi.s

    dem, die im Volksmund nach den strahligen Randkerbenauch "Sonnenrad-Steine" und später "Bonifatius-Pfennige"benannt wurden.Heute siedeln festsitzende Seelilien weltweit in derTiefsee von 1000 - 4000 m, eine konservative Rsstgruppe.Freischwimmende Haarsterne, ähnlich gebaut, die sich mitKelch und Stielrest im Jugendstadium vom Boden abläsen,haben stellvertretend die nahrungsreichen Flachmeere er-obert. Ein Fortschritt in der stammesgeschichtlichen Ent-wicklung, der sich irn Erdmittelalter anbahnte, erzeugtemit den freibeweglichen Haarsternen die besser angepaßte,überlegene Tierform.S© gesehen könnte diese altertümliche versteinerte Seeli-lie auch Momentaufnahme aus der heutigen Tiefsee sein.

  • - 11 -WERNER POCKRANDT

    Seelilien - Massengräber

    Zunächst muß vorausgeschickt werden, daß Seelilien garkeine "Lilien" ( = Blüten oder Pflanzen) sind. Es sind Tie-re mit Murrd, Verdauungstrakt und After, mit einem Wasser-gefäßsystem und mit Nerven. Sie gehören mit den Seeigeln,Seesternen und Seewalzen zu den Echinodermaten, dan Sta-chelhäutern. Sie können mit Stielen, die aus zahlreichenKalkscheibchen (Stielgliedern, Trochiten) bestehen unddie viele Meter lang sein können, auf einer festen Unter-lage mit einer "Wurzelscheibe" festgewachsen sein. DieKrone besteht aus dem Kelch, der aus festen Kalkplättchenzusammengesetzt ist, und den Armen, zwischen denen Mundund Afteröffnung liegen. Es gibt aber auch Seelilien, dieohne Stiel sind und die beweglich und freischwebend im Was-ser leben.

    Der Paläontologe und Sammler findet zumeist nur die fos-silen einzelnen Glieder der Stiele und nur recht seltenauch Kelche oder vollständige Kranen. Als besondere Selten-heiten aber werden Gesteinsplatten gefunden, auf denen sichmehrere oder gar sehr viele Seelilienkronen befinden. Daman von der Voraussetzung ausgehen darf, daß ein solchesMassenvorkommen nicht immer als der im Sediment begrabeneLebensraum der Seelilien sein dürfte sondern mit ziemli-cher Sicherheit eine Zusammenschwemmung von Seelilien,diebereits abgestorben waren oder durch die Zusammendriftungan dieser Stelle ihren Tod fanden, so kann man von einemSeelilien—Massengrab, einem Seelilien—Friedhof oder garvon einem Seelilien-Schlachtfeld sprechen, auf dem die ab-gestorbenen Tiere eingebettet und begraben wurden.

    Bereits im Devon der Eifel gibt es neben gehäuftem Vor-kommen von Seelilien, die in ihrem Lebensraum eingebettetwurden (z.B.am'Dasberg bei Gerolstein) auch Stellen, andenen Kelche und Kelchreste bezw.Stielglieder so gehäuftvorkommen, daß man von "Kolken" spricht, also von Strudel-löchern, in welche die Seelilienreste hineingespült, abge-lagert und eingebettet wurden. Eine häufige Seelilie derEifel zeigt Abb.1.

    In dem Oberen Muschelkalk sind Seelilienreste - vor al-lem Stielglieder - so häufig, daß man diese Schichten auch

  • Abb.1:Cupressocrinus abbreviatusGOLDFUSS', Mittel-Devon vonGerolstein!a) Kelchunterseiteb] Seitenansicht

    als "Trochiten-Schichten"bezeichnet. Aber auch einMassen-Auftreten von Kel-chen von Encrinus liliifor-mis oder Encrinus carnallikan vorkommen. Im Besitzeunseres Mitgliedes OttoAlmstadt,Hildesheim, befin-det sich die in Abb.2 ge-zeigte Platte, auf welcher9 Kelche von E.liliiformisdeutlich erkennbar sind.

    Eine ca 35 cm langePlatte mit über 20 Kronenvon Encrinus carnalli BEY-RICH aus dem Unteren Mu-schelkalk von Freyburg/Un-strut wird von A.H.MÜLLERabgebildet. (Siehe Abb.3).

    Auch im Lias findet man solche Seelilien-Massengräber.Eine prächtige Platte mit Pentacrinus sp. befindet sichin der Vorhalle des Senckenberg-Museums in Frankfurt/M.Häufig sind solche Zusammenschwemmungen auch im engli-schen Lias, oft sogar mit langen Stielen. Aus dem Liasvon Holzmaden sind ebenfalls herrliche Platten geborgenworden, auf denen die vollständigen Exemplare mit langenStielen, zuweilen auf Treibholz aufgewachsen, zu sehensind. Allerdings muß bei diesen Stücken angenommen werden,daß das Treibholz an der Wasseroberfläche trieb und dieSeelilien dann mit Stiel und Kelch nach unten hingen, daßalso auch manche Schaustücke in Museen falsch montiertwurden, wenn das Holzstück unten und die Seelilien auf-recht gezeigt werden^.

    Das wohl größte Seelilien-Massengrab wurde bereits vorfast 100 Jahren in einsr 1,5 cm dicken Fundschicht in derOberkreide von Nordamerika entdeckt. Auf ca 50 qm großenFläcke befanden sich über 1200 Kranen der stengellasenSeelilie Uintacrinus socialis (GR3TNMEL). Ihre Arme wurdenbis zu l m lang. Kelchplatten dieser Art werden auch beiuns im Ober-Santon (z.B.Gehrden) gefunden. Eine im Sen-ckenberg-Museum in Frankfurt befindliche Platte von 1,5qu Größe zeigt ca 30 gut erkennbare Kelche (Abb.4 undTitelbild}

  • Abb.2:Ansammlung von Encrinusliliiformis SCHLOThOMauf eimer Platte desOb,füll; schelkalks,Größe 23 x 2d cmSammlung OttoAlmstadt,Hildesheim

  • Abb.3;Encrinus carnalli 3EYRICK, Masssnansamföläng aufEiner ca 35 cm langen Platte, durch strümanriesWasser eingeregalt,Unt.Muschelkalk von Freyburg.(Nach A»H.MÜLLER)

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    Ob es sich nun um gestielte oder freischwimmende sten-gellnse Seelilien handelt, die in einem solchen Mas-sengrag gefunden werden, immer dürften Meeresströmungendazu beigetragen haben, die Sselilien zusammenzutreibenund Boden zu drücken, wo dann ihre Einbettung in dasSediment erfolgte,

    Literatur:

    MÜLLER, A.H., Lehrbuch der Paläozoologie Band 3 Teil 2(WEB Gustav Fischer Jena 1963)

    STRUVE,WQLFGAMG, Ein Massengrab kreidezeitlicher See-lilien (Natur und Museum,SenckenbergFrankfurt/Main 1957).

    Abb,Dir; nacrini s sociaus (GFI INNEL]

    de.,Plittchen auch

    Abb.FS; KaJrsupites 4jestU"cM.ns.rius [y.SCHLOTOEÖl}aus rlsm 0-Santon.Plätt-cnen v/an Gehrden jnclGi3iiJingerr,

    f )

    Abb »S:Baurgueticrinus sp»aus dem Untercampan(Höver) und Santon( Gehrden , Höver)a ,b , c = K siehed.,e,f = Stielgliedei

    cf = Kelch von ciben

  • - 16 -

    Hinweis;Es wäre v/on Intsresss, d:i e direkte Begleitfauna vor; See~lilien der Gattung Encrinus festzustellen und durch Fun-de zu belegen. Es geht i,;n folgende Fragen:;1) 'Jibt P,s Platte:--: oder Handstücke aus dem Muschelkalk

    mi" Encrinus-Kslcher, auf den^n sich gleichzeitigeuch Muscheln (Lir

  • - 17 -

    2) Einen sehr schönen Langscfwanzkrebs fand Herr ManfredJäger, Eimbeckhausen, in der Tongrube der ZiegeleiMocrtterg in Sarstedt im linter-Üfauterive. Der Erhal-tungszustand ist - cibgesehen von einigem fehlendenoder beschädigten Partien - se'rir gut. Es handelt sichum Astacodes falcifer 3ELIL.Dazu schreitat Herr Dr»Förster, München;"Bisher hatte ich von dieser zuerst aus dem HauteriveEnglands beschriebenen Form nur zwei Reste in derHand: einmal ein sehr schönes Stück von Herrn Wieden-roth aus dem Stickkanal bei Lühnde, und ein Stückvon Engelbostel (Slg.Hauer), Das neue Exemplar ausde3r Sarstedter Ziegelei ist etwas kräftiger skulptu-riert, und zeigt besonders schön die kräftigen Dor-nen hinter dem Supraortaitaldorn. Astacodes falciferscheint also: auch bei uns gar nicht so selten gewesenzu sein."*In der Sammlung von Herrn Norbert Nordmeyer befindetsich nun noch ein Körper von Astacodes falcifer ausdem Hauterive von Engelbostel, der dem HauerschennStück sehr ähnlich ist. Auch einige Bruchstücke ausdem Hauterive von Engelbostel in der Sammlung Pockrandtkönnen mit einiger Sicherheit zu Astacodes sp. ge-stellt werdeni.

    Astacodes falciferBELL (SchematischeZeichnung aus FÖRSTER,Untersuchungen an ober-jurassischen Palinuri-dae - Mitt.BayerischeStaatssamml.13/1973)R üostrum,Ss Supraor-bitaldorn,0s Suborbi-taldorn, As Antennal-dorn, A, Antennalregi-on} G Gastricalregion,G Gördiacalregion,B» Branchialregion,Mf Marginalfurche,Mw Marginalwulst,

  • 1978-5.pdf04Deckblatt_hinten.pdf