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1 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Arbeitsphysiologie FS12: Heben und Tragen
Vorlesungsunterlagen
http://www.premus2004.ethz.ch/Vorlesungen/Arbeitsphysiologie/index.html
Login: pmarbeit
Passwort pmwork
Unterlagen zur Vorlesung mit dem jeweiligen Datum (letztes Jahr und laufend erneuert)
Montag 08:15-10.00
HG D 1.1
2 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Vorlesungsprogramm
20.02.2012 1 Einführung27.02.2012 2 Gefahrstoffe am Arbeitsplatz05.03.2012 3 Physische Leistungsfähigkeit I: Atmung12.03.2012 4 Physische Leistungsfähigkeit II: Kreislauf19.03.2012 5 Physische Leistungsfähigkeit III: Thermoregulation26.03.2012 6 Physische Leistungsfähigkeit IV: Motorik, Feinmotorik02.04.2012 7 Schichtarbeit09.04.2012 8 unterrichtsfrei, Ostern16.04.2012 9 Ältere Arbeitnehmende, Leistungsminderung
23.04.2012 10Gastdozent Georg Bauer: Arbeit + Gesundheit in der Schweiz, Betriebliche Gesundheitsförderung
30.04.2012 11 Gastdozentin Mirjana Canjuga, Stress07.05.2012 12 Beispiel 1 Industriearbeitsplatz I Heben - Tragen14.05.2012 13 Beispiel 2 Industriearbeitsplatz II: Arbeitshaltung 21.05.2012 14 Semesterendprüfung28.05.2012 15 unterrichtsfrei, Pfingsten
Um
setz
ung
Gru
ndla
gen
Montag 08:15 - 10:00, Hörsaal HG D1.1
3 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung • Ganzkörperschwingung • Biomechanik
– Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert • Hilfsmittel • Fall mit Gesetzen • No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
4 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Wie besprochen: das Problem
Taken from: Scientific American (1998)
Rückenschmerzen • Lebensprävalenz: 60%-
80% • 90% der akuten Rücken-
schmerzen bessern spontan innerhalb von 6 Wochen
• 50% der Bauarbeiter nehmen Schmerzmittel
• auch bei Büroberufen sind Nacken- und Rückenschmerzen sehr häufig
5 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Wie besprochen: Beruf und Spondylosis deformans
6 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Wie besprochen: Rückenschmerzen und Arbeit: Ursachen, Zusammenhänge
Gesund- heits-
konzept
Mentale Leistung
Physische Leistung
Soziale Unter-
stützung
Arbeits- bedin- gungen
Arbeits- organi- sation
Ängste, Befürch- tungen
Verhalten bei der Arbeit
Schulung
Aufgabe,
Anforderung
Kapazität
Arbeitsplatz- anpassungen
Verhaltens- therapie
arbeitsbezogenes Training
Physisches Training
kognitives Training Case
Management
Anpassung von Organisation und Kommunikation nach Danuser, Klipstein, Läubli 2006
7 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung
• Ganzkörperschwingung • Biomechanik
– Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert • Hilfsmittel • Fall mit Gesetzen • No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
8 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Auch Vibrationen belasten den Rücken
2011: Vibrationstabellen Suva
Folieninhalt übernommen von Beat Hohmann, SUVA Luzern, Mai 2010
9 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Berufskrankheit durch Vibrationen: Grenzwerte Schweiz
Grenzwerte am Arbeitsplatz 2011, SUVA • Schädigungen durch Vibrationen
– Bisher keine international gesicherte Grenzwerte, jedoch EU-Richtlinie 2002/44/EG mit Expositionsgrenzwerten und Auslösewerten.
• Hand-Arm-Vibrationen: – gesundheitsgefährdend falls:
mehrjährige regelmässige Vibrationseinwirkung mit einer mittleren bewerteten Beschleunigung (ahv) > 5 m/s2 (gemittelt über einen Arbeitstag)
• Ganzkörper-Vibrationen: – gesundheitsgefährdend falls:
mehrjährige regelmässige Vibrationseinwirkung mit einer mittleren bewerteten Beschleunigung in Körperlängsrichtung (awz) > 0,8 m/s2 (gemittelt über einen Arbeitstag)
10 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Film Dupuis
11 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
1 2 3 4 5 6 7 8
Schwingungsfrequenz [ Hz ]
Vibration: Resonanz
1660
2 4 8
1,0
1,5
2,0
2,5
0,5
01 16
Ü b
e r
t r a
g u
n g
s f
a k
t o r
[ Hz ] Schwingung der Lendenwirbelsäule.
Das lineare Mitschwingen des Körpers mit einer von aussen vorgegebenen Schwingung von Standfläche oder Sitzfläche ändert sich, wenn die Anregungsfrequenz mit der Eigen-frequenz des Körpers zusammenfällt. Die Bandscheiben werden dann wie ein Getreide-korn zwischen zwei Mahlsteinen aufgerieben.
oben: Schwingungsverhalten der Wirbelsäule (Antwortamplitude) bei verschiedenen Frequenzen. Deutlich ist die Überhöhung bei der Resonanzfrequenz zu sehen.
n. Dupuis & Zerlett (1984) aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
12 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Ganzkörperschwingung: bewertete Schwingstärke
Bereich der gesundheitlichen Gefährdung durch Ganzkörper Schwingungen (nach ISO 2631/I (1985), VDI 2057 (1987) und Dupuis (1993)
Dupuis
2605-2
13 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Technik gegen Ganzkörpervibrationen
Gefederter Fahrersitz, auf das Fahrergewicht individuell eingestellt
Folieninhalt übernommen von Beat Hohmann, SUVA Luzern, Mai 2010
14 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung • Ganzkörperschwingung
• Biomechanik – Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert • Hilfsmittel • Fall mit Gesetzen • No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
15 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Heben und Tragen: Bestimmen von Grenzen
• Bestimmung von Grenzen der Belastbarkeit • Die Belastbarkeit durch Heben und Tragen oder Schwerarbeit
kann mit verschiedenen Methoden bestimmt werden. Sie hängt von biomechanischen Faktoren, von der Muskelkraft und Motorik, vom Herz-/Kreislaufsystem und weiteren Faktoren (Leistungsbereitschaft, Erkrankungen, Trainingszustand, und vielen anderen) ab.
16 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Heben und Tragen: physische Grenze
17 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Belastungsanalyse - Physiologie: Kraft
Verteilung der Kräfte für verschiedene Positionen
aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
18 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Kompressionsfestigkeit der Bandscheibe
Kompressionsfestigkeit der Bandscheibe • Untersuchungen an Präparaten haben gezeigt, dass bei vertikalen
Kompressionskräften auf die Bandscheibe von mehr als 2kiloNewton bei empfindlichen Präparaten (ältere Personen, Frauen) bereits Risse auftreten.
• Die mittlere Schädigungsschwelle Betrug je nach Untersuchung 4 – 6 kN (nach Jäger, 1993).
• Biomechanische Berechnungen und in vivo Messungen zeigten, dass die Grenze von 2kN beim Heben einer Last von > 20 kg überschritten wird.
19 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Belastungsanalyse - Biomechanik: Heben - Verschieben
20 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Belastungsanalyse - Biomechanik : Heben: Biomechanik der WS
u
o
10
10
10
10 140
110
90
50
aus Vorlesungs-unterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
21 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Belastungsanalyse - Biomechanik: Heben & Tragen
Biomechanische Abschätzung der Belastung der WS beim Tragen einer Last. n. Jäger, 2001
2390-1
aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
22 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Dynamik des Bandscheibendruckes beim Heben
runder Rücken
gestreckter Rücken
0 5 10 15 20
4,0
3,0
2,0
1,0
0,0
Belastungszeit [s]
Ban
dsch
eibe
ndru
ck
[N/c
m2 ]
Druckverlauf im innern einer Bandscheibe (L3/l4) beim Heben einer Last von 20kg mit rundem bzw. gestrecktem Rücken
n. Nachemson & Elfström
1657
23 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Technische Massnahmen: Heben und Tragen: NIOSH
D
0958
H
V
D
H
V 0958
aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
24 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Grenzwerte für Heben und Tragen (neue NIOSH-Formel, 1993/1994)
ISO-CD 10288, „ Ergonomie, Manuelle Handhabung von Lasten, Heben und Tragen“, 1994 (leicht modifiziert)
EGL: Empfohlene Grenzlast EGL <=25kg
LK: Lastkonstante = 25 kg für Männer 25kg HF: Horizontalfaktor (horizontale Handmitte bis Füsse in cm) • 25/HF
VF: Vertikalfaktor (vertikale Handmitte bis Füsse in cm) • (1- (0.003 • |VF-75|))
DF: Differenzfaktor (vertikaler Hebelweg in cm) • (0.82 + 4.5/DF)
AF: Asymmetriefaktor (Wirbelsäulenverdrehung in Grad) • (1- (0.0032 • AF)
FF: Frequenzfaktor (Häufigkeit, Hubhöhe und Dauer, Werte nach Tabelle {0 - 1}
• FF
GF: Faktor für Handlichkeit (sicheres Greifen, Werte nach Tabelle {0.9 - 1}
• GF
25 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Prüfmittel: Gesundheitsrisiken des Bewegungsapparates, SECO
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO
falls Frau + 4falls Alter > 50 + 2
Summe (Belastung):
Summe :
5 5
27 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
25 kg 15 kg
12 kg 7 kg
Männer Frauen Massnahmen treffen S z. B. Last verringern T z. B. Hilfsmittel O z. B. zu zweit P z. B. Schulung
Gefährdung ermitteln z. B. mit Ergotest Suva
Punktbewertung: + Lastgewicht + Körperhaltung + Ausführungsbedingungen Total x Dauer oder Anzahl
Richtwerte für Lastgewichte, Massnahmen
28 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
25 kg 15 kg
12 kg 7 kg
Männer Frauen Massnahmen treffen S z. B. Last verringern T z. B. Hilfsmittel O z. B. zu zweit P z. B. Schulung
Gefährdung ermitteln z. B. mit Ergotest Suva
Grün, aber … … bei Beschwerden Situation überprüfen Checklisten, Prüfmittel
Richtwerte für Lastgewichte, Massnahmen
29 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Feststellung Massnahme
Es werden Lastgewichte von 25 kg (Männer) bzw. 15 kg (Frauen) oder mehr von Hand manipuliert, und die Schutzmassnahmen (STOP) wurden nicht (systematisch) getroffen.
Schutzmassnahmen treffen, z.B. mit Hilfe der Checkliste 67089: S. z.B. Lasten verringern, ersetzen T: z. B. Hilfsmittel O: z. B. Last zu zweit P: v. a. Schulung der Betroffenen
Es werden Lastgewichte von 12 kg (Männer) bzw. 7 kg (Frauen) von Hand manipuliert, und es wurde keine Gefährdungsermittlung vorgenommen.
Gefährdungsermittlung z. B. mit "Ergotest: Heben und Tragen" 88190
Es treten bei Mitarbeitenden Beschwerden am Bewegungsapparat auf, und es wurde keine Gefährdungsermittlung vorgenommen
Gefährdungsermittlung mit Checklisten 67089 und 67090 (Lastentr. von Hand / Körperhaltung) - oder Beizug eines Spezialisten
. Feststellungen und Massnahmen für Systemkontrollen
Folieninhalt übernommen von Beat Hohmann, SUVA Luzern, Mai 2010
30 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung • Ganzkörperschwingung • Biomechanik
– Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert
• Hilfsmittel • Fall mit Gesetzen • No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
31 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Technik: Hebe- und Transporthilfsmittel
Gabelhubwagen
Behälterneiger Scherenhubwagen Magnetgriff
Fasslifter Treppenkarre
Folieninhalt übernommen von Beat Hohmann, SUVA Luzern, Mai 2010
32 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Technische Hilfen: Hebehilfen: Baugewerbe
Hubtisch Fahrbar oder stationär
3190-4
Lastroller und Förderbänder Zum horizontalen Transfer von Lasten z.B. Wälzwagen
Greifer Zum horizontalen und vertikalen Bewegen einer Last, sowie für Kippvorgänge, z.B. Scheren-greifer (links); Fassgreifer (rechts)
Sack- und Stapelkarren
aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
33 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Technische Hilfen: Hebehilfen: Baugewerbe
Hubtisch Fahrbar oder stationär
3190-4
Lastroller und Förderbänder Zum horizontalen Transfer von Lasten z.B. Wälzwagen
Greifer Zum horizontalen und vertikalen Bewegen einer Last, sowie für Kippvorgänge, z.B. Scheren-greifer (links); Fassgreifer (rechts)
Sack- und Stapelkarren
aus Vorlesungsunterlagen Prof. emerit H. Krueger, 2004
34 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung • Ganzkörperschwingung • Biomechanik
– Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert • Hilfsmittel
• Fall mit Gesetzen • No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
35 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy (1)
Um was für Beschwerden handelt es sich? •Unfall? falls ja, Unfallhergang? •Erkrankung? falls ja welche?
Kann es sich um eine Berufskrankheit handeln? falls ja, welche?
Kann die Arbeitsbelastung die Beschwerden verursacht haben?
36 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Wer muss Therapie zahlen?
•Herr xy? •Arbeitgeber? falls ja, welcher? •Krankenkasse? •SUVA? •IV? •andere? zum Beispiel?
Wer muss Lohnausfall zahlen? • Herr xy? • Arbeitgeber? falls ja, welcher? • Krankenkasse? • privateTaggeldversicherung? • Taggeldversicherung des Arbeitgebers? •SUVA? • IV? • andere? zum Beispiel?
Fall xy 2
37 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Krankheitsverlauf (1)
• Alter bei Krankheitsbeginn 36 Jahre • Zeitpunkt 0
– Symptome: Bei wiederholten, aber erträglichen Rückenschmerzen heute Nachmittag plötzlich stark einschiessende, invalidisierende Schmerzen im Rücken und linken Bein.
– Diagnose: Lumboradikuläres Syndrom L4/5 li mit Diskusprotrusion. Leicht verminderte Intervertebralräume L5/S1.
– Verlauf: Schmerzen rückgängig, Persistenz der Schwäche der Zehenheber. Nach gut zwei Wochen Spitalaufenthalt gebessert nach Hause.
• nach 2 Monaten – Operation einer Diskushernie, ohne wesentliche Besserung
38 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Krankheitsverlauf (2)
• nach 3 Monaten – Beurteilung/Verlauf Recidiv-diskushernie und Diskushernien auf
diversen Stufen des Rückens. Nach Strecktherapie und konservativer Therapie. Berufswechsel besprochen, weiterhin starke Beschwerden.
• nach 10 Monaten – Kommentar des Spezialisten: Eine Versteifungsoperation der
Wirbelsäule sei ausgeschlossen, da nicht weniger als 3 Bewegungssegmente beträchtlich verschleissverändert seien.
• 23 Monate später, arbeitsmedizinische Abklärung durch SUVA-Arzt
• jetziger Zustand – nach Arbeitsversuch als Portier ist Herr xy wegen starker Schmerzen
arbeitsunfähig und nimmt ambulant an Rehabilitationsprogramm teil.
39 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Berufliche Tätigkeit und Belastung (1) • Kindheit
– im Alter von 10-15 Jahren Mithilfe in Sportgeschäft/Skiverleih. – Transport von mehreren (3-4) Paaren Skis zum Montageplatz. – Im Sommer Mithilfe auf Alp.
• Metzgerlehre – Pro Woche wurden etwa 6 Kälber (Gewicht ca. 120kg), 2 Rinder und 10
Schweine (Gewicht ca. 80-90kg) geschlachtet. – Hängte oftmals Kälber/Schweine alleine, ohne Hebehilfe über Kopfhöhe auf. – weitere Lasten: - Umsetzen der Schweine in Bottich (zu zweit), - Transport der
Rinderviertel (50kg) mit Aufzug in den Kühlraum. • 1 Jahr Akkordmetzger in Raum Zürich
– Ausbeinen am Fliessband: Wegreissen von Schweinerippen. Wegreissen erfolgte mit Ruck und grosser Kraft. Arbeitsmenge: 120-135 Seiten à 10 Rippen pro Stunde (von 600-1130 und von 1230-1630). Nachmittags Präparation von Kasselerbraten.
– Da Herr XY als gross und kräftig imponiert wird er oft zu besonders schweren Arbeiten beigezogen (z.B. Herausreissen des Kiefers).
– Abends meist geschwollen Handgelenke. Wenig Rückenbeschwerden.
40 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Berufliche Tätigkeit und Belastung (2)
• Rekrutenschule – Die grösste Belastung sei das Manipulieren der Rackrohre gewesen.
• während vielen Jahren jeweils im Sommer Senn auf Alp – Arbeit als Käser auf Alp. Im ersten Jahr 20kg Käselaibe, dann Tilsiter à
6-7kg. Es wurden etwa 6 Tonnen Käse produziert. Am schwersten seien die Milchkannen gewesen.
• während 3 Jahren jeweils im Winter: Ausbeinen am Fliessband – Herr XY gab ähnliche Arbeitsbedingungen wie bei Betrieb Grossraum
Zürich an.
• während 3 Jahren jeweils im Winter: Stallablösung, Holz spalten, – Herr XY schilderte diese Arbeit als körperlich weniger belastend als die
Arbeiten als Metzger oder Spleisser.
41 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Berufliche Tätigkeit und Belastung (3)
• nachfolgend drei Jahre als Spleissergehilfe • gleiche Arbeit wie unten, bei Kleinfirma. • für fast 6 Jahre bis zu Rückenbeschwerden: gleiche Arbeit als
Angestellter bei Grossfirma • Einsatz als Fernmeldeassistent im Kabelzug der Abteilung
Leitungsnetze. – In einem Team wurden neue Glasfaserkabel in Schächten verlegt. – Dazu müssen jeweils die Einstiegsschächte, die mit Bettonplatten
überdeckt sind, geöffnet werden. – Die meisten Platten haben ein Gewicht von 80-90 kg, „Gattic-Deckel“
haben ein Gewicht von 150kg.
42 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Fall xy: Berufliche Tätigkeit und Belastung (4)
• Herr XY galt als kräftig und öffnete pro Tag 20-30 Betondeckel. – Da die Deckel beim Heben abgestützt bleiben, wird nicht das volle
Gewicht gehoben, doch können sie auch klemmen. – Herr XY erwähnte, dass in ihrem Team, der Laster keine ausreichende
Hebebühne hatte, so dass auch viele Werkzeuge und Materialien vom Lastwagen gehoben wurden.
– Oftmals seien Hebehilfen, die für gewisse Vorgänge vorhanden waren, nicht eingesetzt worden, dies auf Befehl des Gruppenleiters.
– In zwei anderen Teams, die in der Schweiz dieselbe Aufgabe ausführten, sei der Lastwagen wesentlich besser ausgerüstet gewesen und viel geschickter eingesetzt worden, um die Belastungen zu reduzieren.
• seither Arbeitsversuch als Portier mit 50-100% Pensum, arbeitsunfähig
43 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Arbeiten ohne Rückenbeschwerden ─ was ist zu tun?
Folieninhalt übernommen von Beat Hohmann, SUVA Luzern, Mai 2010
44 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Prävention: Gewichtslimiten
Gewichtslimiten • Biomechanische Erkenntnisse weisen darauf hin, dass bei
Lastgewichten von über 20 kg das Risiko einer Rückenschädigung steigt.
• Lastgewichte über 50 kg dürfen ausser bei Hochleistungssportlern (mit optimalen Ruhe- und Trainingszeiten) niemandem zugemutet werden.
45 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Prävention durch ergonomische Arbeitsgestaltung
Ergonomische Arbeitsgestaltung • Eine ergonomische Arbeitsgestaltung
reduziert unnötige, einseitige Belastungen. Sie ist meist mit Produktivitätsgewinnen verbunden. Die rein gesundheitliche Bedeutung ist schwieriger zu beurteilen.
46 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Inhaltsgliederung • Einleitung • Rehabilitation bei Rückenschmerzen • Ganzkörperschwingung • Biomechanik
– Jäger – Dortmunder – Leitmerkmalmethode – NIOSH – SECO
• SUVA – MAK Richtwert • Hilfsmittel • Fall mit Gesetzen
• No-Lifting-Policy
laufend erwünscht: Diskussion
47 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Beispiel Pflegetätigkeit: „No Lifting Policy“
Viele Länder haben für Spitäler und Hauspflege eine „No Lifting Policy“ eingeführt: • teils als Richtlinie, • teils obligatorisch! Bildnachweis: CDC NIOSH, 2009; BAUA, 2009
48 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
No lifting policy (NLP): das Beispiel Australien
NLP-Spitäler (N=201)
Kontrollspitäler (N=256)
Andauernd - Körperliche Schmerzen - davon Rückenschmerzen
59% 50%
69% 61%
Verletzungen - an einer / mehreren Körperstellen - davon Rückenverletzungen
24% 18%
44% 36%
Bildnachweis: CDC NIOSH, 2009; BAUA, 2009
Engkvist I-L: Evaluation of an intervention comprising a No Lifting Policy in Australian hospitals. Applied Ergonomics 37 (2006) 141–148
49 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Biomechanische Modellierungen auf Grund präziser 3D-Messungen (M. Jäger et al. 2008)
Legende: 1: vom Liegen zum Sitzen 2: vom Liegen zum Bettrand 3: ……
Maxima für gelegentliches
Heben für Frauen im Alter von 60 Jahren
Kompression der
Bandscheibe in kNewton
Maxima für gelegentliches
Heben für Männer, 20 Jahre
≈ etwa 25 kg Last
50 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Schwierigkeiten der Prävention
Schwierigkeiten der Prävention • Im Gegensatz zur Therapie sind bei gesunden
Personen deren physischen und psychischen Schwachpunkte nicht bekannt.
• Haltungsanpassungen und Bewegungsläufe haben viele Freiheitsgrade und ohne Zielvorgabe ist eine Optimierung schwierig. – Zum Beispiel belastet „Heben aus den Beinen“ die
Kniegelenke.
51 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Kommentar
Klassische ergonomische Verbesserungen reduzieren einseitige Belastungen und führen zu folgenden Konsequenzen:
Die Arbeitserleichterung erlaubt schnelleres Arbeiten.
Die Beanspruchung wird stärker mental und ist nicht auf einzelne Körperregionen beschränkt.
Als Folge ist eine allfällige Überbelastung nicht lokalisiert (z.B. 50 kg Zementsack) und damit nicht direkt wahrnehmbar.
Die Beanspruchung besteht eher aus andauernder Anspannung, Termindruck und internalisierten Anforderungen an die Arbeitsqualität.
Muskuloskelettale Beschwerden müssen daher zunehmend als Ausdruck einer generellen Anspannung und Ermüdung verstanden werden, die in Kombination mit lokalen Beanspruchungen (z.B. Bedienen der Maus) manifest werden.
52 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
R.H. Westgaard (2000): SOME ERGONOMICS CHALLENGES
strategies for prevention • „The quantitative approach to guidelines for manual
handling is generally considered a success.“ • „The development of a valid system for risk evaluation of
low amplitude biomechanical exposures remains one of the major challenges for health ergonomists.“
• „Health ergonomists need a clearer concept of the role of psychosocial factors in the development of musculoskeletal disorders and a best approach to reduce such risks.“
• „The need to put ergonomics intervention initiatives in an organisational context is emphasized.“
R.H. Westgaard, Applied Ergonomics 31 (2000) 569-580
53 von 70 Thomas Läubli, 7. Mai, 2012
Good-bye
• Danke für Ihre Aufmerksamkeit