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ISSN 1619-6600 4/2018 28. Jahrgang Arbeitsrechtliche Entscheidungen Herausgeber: RA Dr. Hans-Georg Meier Aufsätze/Beiträge Dr. Alexander Lentz Bericht über die 76. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht am 14./15.9.1918 in Bonn Dr. Oliver Vollstädt/Dr. Lukas Middel Workshopbericht 1: Datenschutzgrundverordnung und IT-Betriebs- vereinbarungen Axel J. Klasen Workshopbericht 2: Best Ager – oder doch die Alten: Zum Arbeits- recht für rentennahe und Arbeitnehmer jenseits des Regelrentenalters Axel Gröger Workshopbericht 3: Das Direktionsrecht im Lichte der neueren Recht- sprechung des Bundesarbeitsgerichts Thomas Ubber/David Schäfer Workshopbericht 4: Rechtliche Vorbereitung, Rechtskontrolle von Arbeitskämpfen und ihre Folgen Nachtrag von der Frühjahrstagung in Hamburg Entscheidungen Allgemeines Vertragsrecht Bestandsschutz Betriebsverfassungsrecht/Personalvertretungsrecht Tarifrecht Prozessuales Sonstiges Streitwert und Gebühren Aktuelle Diskussion Ein Thema: Zwei Arbeitsrechtler – Zwei Meinungen? Brückenteilzeit: Regina Bell und Dr. Christian Arnold Dr. Martin Riemer Abfindungsvergleiche nicht ohne Steuerberater abschließen Rezensionen

Arbeitsrechtliche Entscheidungen...Eine auch aus Sicht der ReferentenrundeVeranstaltung. Workshopbericht2: ... sammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen ... sind sonstige

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Page 1: Arbeitsrechtliche Entscheidungen...Eine auch aus Sicht der ReferentenrundeVeranstaltung. Workshopbericht2: ... sammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen ... sind sonstige

ISSN 1619-66004 / 2 0 1 828. Jahrgang

ArbeitsrechtlicheEntscheidungen

Herausgeber:RA Dr. Hans-Georg Meier

Aufsätze/BeiträgeDr. Alexander LentzBericht über die 76. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrechtam 14./15.9.1918 in Bonn

Dr. Oliver Vollstädt/Dr. Lukas MiddelWorkshopbericht 1: Datenschutzgrundverordnung und IT-Betriebs-vereinbarungen

Axel J. KlasenWorkshopbericht 2: Best Ager – oder doch die Alten: Zum Arbeits-recht für rentennahe und Arbeitnehmer jenseits des Regelrentenalters

Axel GrögerWorkshopbericht 3: Das Direktionsrecht im Lichte der neueren Recht-sprechung des Bundesarbeitsgerichts

Thomas Ubber/David SchäferWorkshopbericht 4: Rechtliche Vorbereitung, Rechtskontrolle vonArbeitskämpfen und ihre Folgen

Nachtrag von der Frühjahrstagung in Hamburg

EntscheidungenAllgemeines VertragsrechtBestandsschutzBetriebsverfassungsrecht/PersonalvertretungsrechtTarifrechtProzessualesSonstigesStreitwert und Gebühren

Aktuelle DiskussionEin Thema: Zwei Arbeitsrechtler – Zwei Meinungen?Brückenteilzeit: Regina Bell und Dr. Christian Arnold

Dr. Martin RiemerAbfindungsvergleiche nicht ohne Steuerberater abschließen

Rezensionen

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Editorial

Liebe Kolleginnen und Kollegen,liebe Leserinnen und Leser,

dies ist mein Abschieds-Editorial als Chefredakteur. Das nenne ich so ganzohneWehmut, stattdessen mit Dankbarkeit und Freude. Mit Dankbarkeit, weilSie alle es mir ermöglicht haben, dieses von mir initiierte Zeitschriftenprojekt,wie ich mit ein wenig Stolz vermerken darf, zu entwickeln, zu führen und zugestalten, und mit Freude, weil es über mein Wirken hinaus weiterbesteht.Deutlich mehr als 25 Jahre habe ich daran gearbeitet, viele Jahre allein, jetztaber auch schon viele Jahre mit der Unterstützung von Dr. Nathalie Oberthürund Regina Steiner, den verdienstvollen früheren Mit-Redakteur Roland Grossnicht zu vergessen. Nun ist Dr. Alexander Lentz aus Hamburg hinzugekom-men, der tatkräftig an der Neu-Konzeption der AE mitwirkt. Diese Neukonzep-tion ist das Ergebnis einer langen Diskussion und einer (sich über den Nutzender AE sehr positiv äußernden) Mitgliederbefragung. Vieles wurde diskutiert,verworfen, verändert. Kosten und verfügbare (ehrenamtliche) Arbeitskraftwaren zu berücksichtigen. Auch das Ergebnis beschlossener Veränderungenbedarf weiterhin Ihrer positiv – kritischen Begleitung, derer ich mir aus denErfahrungen der Vergangenheit sicher bin.

Nun bleibt mir noch, Sie besonders auf die Entscheidung Nr. 117 hinzuweisen,die das zur Zeit aktuelle Thema der Loyalitätspflicht im diakonisch/caritativenArbeitsverhältnis erörtert; Nr. 114 setzt sich mit der Konkretisierungspflichtbei Rechtfertigungssachverhalten auseinander und Nr. 130 ist dienlich, wennSie mal kleinlich sein wollen.

An dieser Stelle also letztmalig gebe ich meiner Hoffnung Ausdruck, dassdiese und die folgenden AE Ihnen nutzen mögen.

Berlin, im Dezember 2018

Ihr Dr. Hans-Georg Meier

Rechtsanwalt

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Seite

Aufsätze/Beiträge 114Dr. Alexander Lentz: Bericht über die 76. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht am 14./15.9.2018 in Bonn 114● Workshopbericht 1 von Dr. Oliver Vollstädt/Dr. Lukas Middel, Datenschutzgrundverordnung und IT-Betriebs-

vereinbarungen 115● Workshopbericht 2 von Axel J. Klasen, Best Ager – oder doch die Alten: Zum Arbeitsrecht für rentennahe und

Arbeitnehmer jenseits des Regelrentenalters 116● Workshopbericht 3 von Axel Gröger, Das Direktionsrecht im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundes-

arbeitsgerichts 120● Workshopbericht 4 von Thomas Ubber/David Schäfer, Rechtliche Vorbereitung, Rechtskontrolle von Arbeits-

kämpfen und ihre Folgen 121Nachtrag von der Frühjahrstagung in Hamburg 123● Workshop 3: Betriebsratswahlen 2018 – Fallstricke kennen und vermeiden 123● Hauptvortrag: Die Entwicklung des Betriebsbegriffs – von der „Fabrikhalle zur Matrixeinheit“ 124

Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen 125

Entscheidungen 126

Aktuelle Diskussion 137Neues AE-Format: Ein Thema: Zwei Arbeitsrechtler – Zwei Meinungen? 137Ein Thema: BrückenteilzeitZwei Arbeitsrechtler: Regina Bell und Dr. Christian Arnold 138

Dr. Martin Riemer: Abfindungsvergleiche nicht ohne Steuerberater abschließen 142

Rezensionen 143Christian Kühn: GmbH-Geschäftsführer 143Holthausen/Kurschat: Vertragsgestaltung für Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte 143Ales/Bell/Deinert/Robin-Olivier: International and European Labour Law 144

Impressum 145

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Liste der AE-Einsender

Liste der AE-EinsenderAE kann ihr Informationsziel nur erreichen, wenn möglichst viele Entscheidungen aus der Mitgliedschaft der Arbeitsgemein-schaft Arbeitsrecht im DAV kommen. Wir nennen daher hier regelmäßig mit Dank und Lob diejenigen, die sich um die AEbesonders verdient gemacht haben.

Einsender mit mehr als 40 Entscheidungen

Bauer Bertram AnsbachBerrisch Hansjörg GießenBrötzmann, Dr. Ulrich MainzGraumann Ingo IserlohnGross Roland LeipzigGussen, Prof. Dr. Heinz Rheda-WiedenbrückHöser, Dr. Jürgen Frechen

Einsender mit mehr als 20 Entscheidungen

Banse, Dr. Thomas DürenFaecks Friedhelm MarburgFranzen Klaus-Dieter BremenHeinemann Bernd Sankt AugustinHilligus Kurt-Jörg Neustadt i. Holst.Kelber, Dr. Markus BerlinKrügermeyer-Kalthoff Rolf KölnLink Jochen VillingenLodzik Michael DarmstadtMüller-Knapp Klaus Hamburg

Einsender mit mehr als 10 Entscheidungen

Bauer Dietmar WiehlBehrens Walter HamburgChaudry Ijaz Frankfurt/M.Clausen Dirk NürnbergClemenz Dr. Susanne GüterslohCornelius Astrid DarmstadtDribusch Bernhard DetmoldGeus Franz SchweinfurthGoergens Dorothea HamburgGosda Ralf AhlenGravenhorst, Dr. Wulf DüsseldorfGreinert Jaqueline KasselHertwig, Dr. Volker BremenHesse, Dr. Walter BerlinHjort Jens HamburgJung Nikolaus Oberursel

Einsender mit 5 – 9 Entscheidungen

Becker, Dr. Gunnar BerlinBeckmann Paul-Werner HerfordBöse Rainer EssenBrammertz, Dr. Dieter AachenCrämer Eckart DortmundDaniels Wolfgang BerlinEckert, Dr. Helmut OffenbachFischer Ulrich Frankfurt/MainFromlowitz Horst EssenGehrmann Dietrich AachenGoergens Dorothea HamburgGrimm, Dr. Detlev KölnHeimann Marko ChamHerbert, Dr. Ulrich CoburgHowald, Dr. Bert StuttgartKarle Gerd BalingenKern Jan H. HamburgKeunecke Carsten FrechenKistner Uwe EisenbergKrafft Alexander ÖhringenKroll Matthias W. HamburgKühn Stefan Karlsruhe

04/2018 113

Koch, Dr. Friedemann BerlinMansholt Werner DarmstadtMüller Steffen IserlohnPauly, Dr. Stephan BonnPuhr-Westerheide Christian DuisburgSchrader, Dr. Peter HannoverWeberling, Prof. Dr. Johannes Berlin

Neef, Prof. Dr. Klaus HannoverPeter Michael Bad HonnefRütte Klemens HammSchaefer Rolf HannoverSchmitt Jürgen StuttgartSeidemann, Dr. Gisbert BerlinTschöpe, Dr. Ulrich GüterslohZahn Thomas BerlinZeißig, Dr. Rolf Berlin

Keller Thomas MünchenKistner Heinz HannoverKrutzki Gottfried Frankfurt a.M.Lampe, Dr. Christian BerlinMatyssek Rüdiger RatingenMüller-Wiechards Wolfram LübeckPouyadou, Dr. Richard M. AugsburgSchäder Dr. Gerhard MünchenSchmalenberg, Dr. Werner BremenSchneider-Bodien Marcus DüsseldorfSchramm Joachim LübbeckeSchulz, Dr. Georg R. MünchenSparla Franz AachenStraub, Dr. Dieter MünchenThiele Volker DürenWeber Axel Frankfurt/M.

Kunzmann, Dr. Walter EuskirchenMatissek Reinhard KaiserslauternPfeiffer Gerd HagenPreßer Wolfgang NeunkirchenPütter, Dr. Albrecht FlensburgRichter Klaus BremenRichter, Dr. Hanns-Uwe HeidelbergRiemer, Dr. Martin BrühlSchäfer Dieter EssenSchipp, Dr. Johannes GüterslohSchönfeld Julia BremenStriegel Bernhard KasselStruckhoff Michael H. MünchenSturm Joachim BottropTheissen-Graf Schwe-initz Ingo Hagen

Thieme Hans Frankfurt/M.Thon Horst OffenbachVrana-Zentgraf Silke DarmstadtWolf Dr. Thomas BüdingenZerfowski Michael KarlsruheZirnbauer Ulrich Nürnberg

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Aufsätze/Beiträge

Bericht über die 76. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrechtam 14./15.9.2018 in BonnDr. Alexander Lentz, Hamburg1

Zur diesjährigen Herbsttagung hatte die ArbeitsgemeinschaftArbeitsrecht ihre Mitglieder ins traditionsreiche Bonn eingela-den, immerhin Geburtsort des Grundgesetzes und zahlreicherweiterer arbeitsrechtlicher Gesetzesklassiker wie des KSchGoder des BetrVG 1972. Auch das am Rheinufer gelegene Ta-gungshotel, das Kameha Grand Hotel, schien passgenau fürdie Arbeitsrechtsfamilie ausgewählt worden zu sein. Warb esdoch bereits auf seiner Website im Vorfeld damit, genau derrichtige Ort für Menschen zu sein, die eine „Leidenschaft fürdas Außergewöhnliche“ teilen.

Bei so viel Tradition lag es nahe, auch die Vorträge mit einemarbeitsrechtlichen „Klassiker“ zu beginnen. „Ausgewählte ar-beits- und sozialrechtliche Fragen bei Abschluss des Auf-hebungsvertrages“ lautete das Thema von Dr. Peter Meyer(Foto) aus Berlin. Mit großer Sorgfalt vorbereitet enthielt derVortrag insbesondere auch eine umfassende Aufarbeitungder Rechtsprechung zu den angrenzenden Randbereichenaus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Diese war zumTeil so aktuell, dass die vorab zur Verfügung gestellten Fo-lien – wie im Fall des Urteils des BSG – B 11 AL 16/17 R vom30.8.2018 – im Rahmen des Vortrags noch ein „Update“ erhiel-ten. Ergänzt um verschiedene Klauselvorschläge bot der Vor-trag so auch dem erfahrenen Praktiker die Gelegenheit, daseigene Muster an der einen oder anderen Stelle nochmals kri-tisch zu hinterfragen. Notwendige Beraterhinweise für denMandanten, bspw. zur ggf. dann doch nicht „allumfassendenAbgeltungsklausel“ im Anschluss an die Entscheidung desOLG München vom 18.4.2018 (– 7 U 3130/17), rundeten die-sen rundum gelungenen Vortrag ab.

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„Neue Entwicklungen im Arbeitsrecht“ wurden sodann vonJürgen Markowski (Foto) aus Nürnberg präsentiert. Dass dazuimmer mehr auch Spannungen im arbeitsrechtlichen Mehr-ebenensystem gehören, wurde bereits mit der ersten dort re-ferierten Entscheidung deutlich, dem Beschluss des 1. Senatsdes Bundesverfassungsgerichts vom 6.6.2018 zu § 14 Abs. 2S. 2 TzBfG.Ein mindestens ebenso großes Konfliktpotential für voneinan-der abweichende Entscheidungen von Bundesarbeitsgericht,Bundesverfassungsgericht und Europäischem Gerichtshofbietet aufgrund seines verfassungsrechtlichen Schwerpunktsdas Thema „Arbeitsrecht und Kirche“. Es fand mit den beidenjüngst ergangenen Leitentscheidungen des EuGH („Egenber-ger“ und „Wiederverheirateter Chefarzt“) ebenfalls Berück-sichtigung. Wie in den Vorjahren war dieses Format allerdingsin erster Linie dazu bestimmt, in knapp 45 Minuten den Kolle-gen möglichst die Entscheidungen zu präsentieren, die sie fürihre tägliche Praxis gewinnbringend einsetzen können. Beider Auswahl zum Individual- und Kollektivarbeitsrecht sowiezur Leiharbeit hatte sich der Referent zudem die Mühe ge-macht, vereinzelt auch LAG Entscheidungen zu präsentieren,deren Revision zum Teil noch anhängig ist. Hierzu zählte bei-spielsweise die Entscheidung des LAG Düsseldorf zur mögli-chen Rechtsscheinwirkung einer Betriebsvereinbarung (– 10TaBV 64/17 vom 27.4.2018). Somit gab es sicher kaum einenTeilnehmer, der trotz regelmäßiger Fachzeitschriftenlektürenicht doch das eine oder andere Neue mitnehmen konnte.

1 www.labourlawlentz.de.

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Aufsätze/Beiträge

„Die Provision – eine arbeitsrechtliche Herausfoderung“lautete der Titel des sich anschließenden Vortrags von Dr.Marcus Michels (Foto) aus Köln. Als ob dies nicht bereits He-rausforderung genug wäre, war ihm zudem das stets gefürch-tete „Suppenkoma“-Zeitfenster im Anschluss an die Mittags-pause zugewiesen worden. Ausgestattet mit einer mehr als 60slides umfassenden Power Point Präsentation war er jedochhervorragend vorbereitet, um am Ende beide Herausforde-rungen mit Bravour zu meistern. Allen Teilnehmern stellte erdamit zudem dankenswerterweise ein Referenzdokument zurVerfügung, das auch später einen schnellen Einstieg in na-hezu alle Fragestellungen rund um die Provision ermöglicht.In der sich an den Vortrag anschließenden Fachdiskussionstellte sich Dr. Michels zahlreichen Fragen der Kollegen, bspw.zur Handhabung von Gebietsveränderungen, der Auswirkungvon Vertretungssituationen oder zu dem maßgeblichen Refe-renzzeitraum bei Krankheit. Dr. Michels machte dabei deutlich,dass bei einzelnen der Fragestellungen arbeitgeberseitigdurchaus erhebliche Gestaltungspielräume bestehen bzw. beiansonsten gleichem Sachverhalt die jeweils anzutreffendevertragliche Ausgestaltung zu höchst unterschiedlichen Er-gebnissen führen kann.

Im Anschluss verteilten sich die Tagungsteilnehmer sodannauf die vier Workshops über die im Folgenden die Referentenberichten.

Workshopbericht 1:Datenschutzgrundverordnung und IT-Betriebsvereinbarungen – RechtlicheAnforderungen und Gestaltungsmöglichkeiten

Referenten: Dr. Oliver Vollstädt, Düsseldorf1 und Dr. LukasMiddel, Berlin (Foto, rechts)2

Im Rahmen der Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Ar-beitsrecht stand natürlich auch das derzeit brandaktuelleThema des Beschäftigtendatenschutzes zur Diskussion. Im Fo-rum diskutierten rund 130 TeilnehmerInnen und Teilnehmerdie Auswirkungen der DSGVO auf künftige und bestehendeBetriebsvereinbarungen.

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Die seit dem 25.5.2018 geltende Verordnung (EU) 2016/679 –gemeinhin als DSGVO bezeichnet – wird durch das neue nati-onale Datenschutzrecht im BDSG – geändert durch das DSAn-pUG-EU – flankiert. Die DSGVO ist in allen ihren Teilen ver-bindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (Art. 288Abs. 2 AUEV). Gleichwohl enthält die DSGVO zahlreiche sek-torspezifische Öffnungsklauseln, weshalb sich bereits der Ter-minus einer „Richtlinie im Verordnungsgewand“ zu etablierenscheint. Die Öffnungsklausel im Beschäftigungskontext istdem Umstand geschuldet, dass entgegen präziser Ände-rungsvorschläge des Europäischen Parlaments (im Jahre2014) keine nennenswerten materiell-rechtlichen Regelungenin diesem Bereich vorgesehen sind.Daraus resultieren zahlreiche offene Fragen, die mituntergroße praktische Auswirkungen entfalten können. Im Zent-rum des Workshops stand die Frage, welchen rechtlichen Rah-men die DSGVO für Betriebsvereinbarungen bereitstellt? Sinddie Betriebsparteien gänzlich frei, wenn sie spezifische – alsodem Arbeitsrecht eigentümliche – Regelungen in Form vonBetriebsvereinbarungen verhandeln. Sind sie an Mindestan-forderungen der DSGVO gebunden und falls ja, was zeichnetderartige Mindestanforderungen aus? Welche konkreten Vor-gaben adressiert die Verordnung etwa in Art. 88 Abs. 2DSGVO, wenn sie angemessene aber eben auch besondereMaßnahmen zur Wahrung der menschlichen Würde verlangt.Die unterschiedlichen Positionen hierzu wurden mit prägnan-ten Thesen gegenübergestellt, wobei die dem Arbeitsrechtsonst übliche Lagerbildung zwischen Arbeitgeber- und Ar-beitnehmervertretung nur eine untergeordnete eine Rollespielte. Die Bewältigung der neuen Anforderungen desDSGVO und das Abstecken der betrieblichen Gestaltungspiel-räume stehen (noch) im Vordergrund.

Die Referenten stellten auch das Schicksal der in der Praxis soüblichen Standartklausen etwa zum generellen Verbot vonLeistungs- und Verhaltenskontrollen oder Beweisverwer-tungsverboten auf den Prüfstand. Denn derartige Klauseln er-höhen ggf. das allgemeine Datenschutzniveau und könnten jenach Lesart dem Gebot der Vollharmonisierung widerspre-

1 www.kliemt.de.2 www.dka-kanzlei.de.

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Aufsätze/Beiträge

chen, es sein denn, sie stellten die gerade geforderten beson-deren Schutzmechanismen dar, die Art. 88 Abs. 2 DSGVO ad-ressiert. Da diese Fragestellungen die betriebliche Praxis starkbetreffen und beschäftigen wäre eine schnelle gesetzgeberi-sche Präzisierung durch spezifische nationale Regelungendurchaus wünschenswert; sie zeichnet sich indes nicht ab.Diese Ungewissheit bietet aber auch eine Chance für die Be-triebsparteien wirklich sektorspezifische, wenn nicht gar bran-chenspezifische Fallgestaltungen herauszuarbeiten und maß-geschneiderte Lösungen zu eruieren.Den Referenten fiel es nicht leicht, die zahlreichen anderenFragenstellungen auszuklammern, etwa die Fragen nach demSchicksal der arbeitsrechtlichen Einwilligung, der eigenen Ver-antwortlichkeit des Betriebsrats und dem generellen Zusam-menspiel von BetrVG und DS-GVO (respektive BDSG). Derar-tige Fragestellungen müssen an anderer Stelle weiterverfolgtwerden. Der Fokus auf die Betriebsvereinbarung als einer derzentralen datenschutzrechlichen Erlaubnisnorm sollte sich in-des als richtig herausstellen, denn allein für diesen Themen-komplex erwies sich das angesetzte Zeitfenster als sportlich.Die rege Beteiligung aus dem Plenum verdeutlichte die Aktu-alität und Tragweite dieses Themas. Eine auch aus Sicht derReferenten runde Veranstaltung.

Workshopbericht 2:Best Ager – oder doch die AltenZum Arbeitsrecht für rentennahe undArbeitnehmer jenseits des Regelrentenalters

Verfasst von dem Referenten: Axel J. Klasen, Stuttgart1 (Foto)Das Lebensalter als rechtlich relevantes Kriterium spielt überdie Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG hinaus eine immergewichtigere Rolle im Arbeitsrecht. Besonders gilt dies im Zu-sammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissenund neuerdings auch zunehmend für die Möglichkeiten, einArbeitsverhältnis über die individuelle Regelaltersgrenze hi-naus fortzuführen. Der Schwerpunkt des Workshops lag orien-tiert an der Besprechung des BAG auf diesen beiden Themen-komplexen. Am Ende schlossen sich noch Betrachtungen zumAlter innerhalb der betrieblichen Altersversorgung sowie imSozialplanrecht an.

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I. Beendigung von Arbeitsverhältnissen undRentenbezug

Nach jahrzehntelanger, gängiger Praxis enden Arbeitsverhält-nisse häufig durch Erreichen eines vereinbarten Alters. Viel-fach sind solche Altersgrenzen zur Beendigung eines Ar-beitsverhältnisses im Arbeitsvertrag vereinbart, wobeidie AGB-Vorschriften zu beachten sind, wenn es sich, wiemeist, um Formularwerke handelt. Die zur Beendigung vonArbeitsverhältnissen führende Altersgrenze kann sich aberauch wie bei Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder imkirchlichen Bereich aus Kollektivvereinbarungen des 3. Wegesergeben. Es entspricht seit 2002 ständiger Rechtsprechungdes BAG, dass es sich bei diesen Altersgrenzen um Befristun-gen im Rechtssinne handelt; seine frühere Rechtsprechung,in der das BAG das Vorliegen einer auflösenden Bedin-gung angenommen hatte, hat es aufgegeben. Deshalbmuss ein Sachgrund zur Rechtfertigung dieser Befristung vor-liegen. Schon lange vor Geltung des TzBfG hat das BAG ent-schieden, dass der Anspruch auf Altersruhegeld aus der ge-setzlichen Rentenversicherung i.d.R. eine ausreichende Alters-sicherung gewährleistet und daher einen ausreichendenSachgrund für die Altersbegrenzung eines Arbeitsverhältnis-

1 www.heussen-law.de.

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Aufsätze/Beiträge

ses darstellt. Andernfalls werde zu sehr in den Bestandsschutzdes KSchG eingegriffen, der die wirtschaftliche Grundlage fürdas Bestreiten des Lebensunterhaltes sichern soll. In Anbe-tracht der staatlichen Schutzpflicht aus Art. 12 Abs. 1 GG seider Verlust der Arbeitsvergütung zum Bestreiten des Lebens-unterhaltes verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, wennder dauerhafte Bezug von Leistungen aus einer Altersversor-gung an die Stelle der Vergütung tritt. Diese Anbindung aneine rentenrechtliche Versorgung ist Bestandteil des Sach-grunds bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis durch Er-reichen einer Altersgrenze. Und weil befristungsrechtlich derZeitpunkt des Vertragsabschlusses für das Vorliegen einesSachgrundes entscheidend ist, kommt es nicht auf die Höhedes Rentenanspruches an. Der Arbeitnehmer, so das BAG,muss seine Lebensplanung auf die zu erwartenden Versor-gungsbezüge einrichten. Aus dem europäischen Recht ergibtsich nach der Rechtsprechung des EuGH im Ergebnis nichtsanderes.Maßgeblich ist stets das Vorliegen von Versorgungsansprü-chen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Den gleichenZweck erfüllt eine Regelaltersrente aus einem berufsständi-schen Versorgungswerk i.S.v. § 6 Abs. 1 SGV VI, da dies ausSicht des Gesetzgebers der gesetzlichen Rente gleich steht.Hingegen können Ansprüche aus einer betrieblichen Alters-versorgung die für die sachliche Rechtfertigung der Beendi-gung des Arbeitsverhältnisses durch Altersgrenze maßgebli-che Absicherung der Arbeitnehmer nicht ersetzen. Erst rechtsind sonstige Zahlungen des Arbeitgebers, die als Ausgleichfür die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden,nicht zur sachlichen Rechtfertigung der Beendigung eines Ar-beitsverhältnisses geeignet.Zwar bewirkt die Beendigung eines Arbeitsverhältnissesdurch Erreichen des Renteneintrittsalters eine unmittelbarealtersbedingte Ungleichbehandlung bei den Entlassungsbe-dingungen (§§ 7 Abs. 1, 3 Abs. 1 S. 1, 1 AGG), doch ist diesenach § 10 S. 3 Nr. 5 Hs. 1 AGG typisierend betrachtet gerecht-fertigt. Derartige Altersgrenzen sollen zumindest auch einebessere Verteilung der Beschäftigung zwischen den Generati-onen bewirken und den Zugang Jüngerer zur Beschäftigungfördern; hierin liegt ein legitimes Ziel i.S.v. Art. 6 Abs. 1 RL2000/78/EG (Gleichbehandlung im Beruf ). Zum Erreichen die-ses Ziels ist die Altersbefristung auch erforderlich und ange-messen, wenn eine Altersrente als Einkommensersatz verfüg-bar ist; im Übrigen ist kein Arbeitnehmer daran gehindert,nach Erreichen des Regelrentenalters berufstätig zu sein.Bei besonderen Berufsgruppen wie etwa Piloten, Flugingeni-euren oder Kabinenpersonal kann eine spezielle Rechtferti-gung nach § 8 AGG gegeben sein.Soweit solche Altersgrenzen arbeitsvertraglich vereinbartwerden, ist in formeller Hinsicht das – strenge – Schriftformer-fordernis des § 14 IV TzBfG einzuhalten.Kann man damit Altersbefristung auf das Regelrentenalter alsgefestigt betrachten, ist fraglich, ob auch Altersbefristungen

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unterhalb dieser Grenze zulässig sind. In einer älteren Ent-scheidung war das BAG der Ansicht, dass die Erwägungen zurRechtfertigung der (vormaligen Regel)Altersgrenze 65 auchauf eine vereinbarte Altersgrenze 63 zutreffen, sofern der Ar-beitnehmer zu diesem Zeitpunkt durch den Bezug einer ge-setzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert ist. Demge-genüber hat es jüngst ausdrücklich offen gelassen, ob Alters-grenzen unterhalb der Regelaltersgrenze ohne Hinzutretenbesonderer Umstände sachlich gerechtfertigt sein können. Je-denfalls komme eine Beendigung aufgrund Altersgrenzenre-gelung nicht ohne die Möglichkeit des Bezugs einer gesetzli-chen Altersrente in Betracht. In der Praxis ergeben sich inso-weit ohnehin durch § 41 S. 2 SGB VI Grenzen; danach gilt eineVereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnissesohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Ar-beitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Alters-rente beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als aufdas Erreichen der Regelaltersgrenze abgeschlossen, sofern dieVereinbarung nicht innerhalb der letzten drei Jahre vor die-sem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer in-nerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigtworden ist. Sinn dieser Schutzvorschrift ist es, die Entschei-dungsfreiheit der Arbeitnehmer zu sichern, ob sie Altersruhe-geld beziehen wollen oder es vorziehen, weiter zu arbeiten.Arbeitnehmer sollen über die Gültigkeit einer vereinbarten Al-tersgrenze erst in einem Lebensabschnitt befinden können, inwelchem sie die Auswirkungen richtig beurteilen können.

II. Aufhebungsverträge

Wird die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Errei-chen eines bestimmten Alters mit zeitlich größerem Abstandvereinbart, kann fraglich sein, ob es sich nicht um eine Befris-tung, sondern um einen Aufhebungsvertrag handelt. Zur Ab-grenzung der Befristung vom Aufhebungsvertrag hat das BAGjüngst weitere Orientierungshilfe gegeben: Danach liegt keinAufhebungsvertrag vor, wenn der gewählte Beendigungszeit-punkt die jeweilige Kündigungsfrist um ein Vielfaches über-schreitet und es auch sonst an weiteren Vereinbarungen fehlt,wie sie regelmäßig in Aufhebungsverträgen getroffen wer-den, z.B. Freistellungen, Urlaubsregelungen, ggf. Abfindungenu.Ä.

III. Kündigungsschutz

Im Anwendungsbereich des KSchG ist weder das Alter als sol-ches und/oder das Erreichen des Regelrentenalters noch derAnspruch auf Rente für sich genommen ein Kündigungs-grund, wie aus § 41 S. 1 SGB VI folgt. Altersbedingte vermin-derte Leistungsfähigkeit und/oder erhöhte Krankheitsanfällig-keit sind als personenbedingter Kündigungsgrund denkbar,letztlich ist das eine Einzelfallfrage. Arbeitnehmer mit An-spruch auf Regelaltersrente sind in einer Sozialauswahl nach§ 1 Abs. 3 1 KSchG hinsichtlich des Kriteriums „Lebensalter“deutlich weniger schutzbedürftig als ein AN, der noch keineAltersrente beanspruchen kann. Auch das rechtfertigt sich tra-

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Aufsätze/Beiträge

gend damit, dass in Gestalt der Rentenbezugsmöglichkeitdauerhaft ein Ersatzeinkommen für entfallendes Arbeitsein-kommen zur Verfügung steht. Eine Kündigung wegen tat-sächlichem Rentenbezug wäre an § 1 Abs. 2 KSchG zu prüfen;Entscheidungen des BAG sind hierzu nicht ersichtlich. Schließ-lich wird in der Literatur streitig diskutiert, ob eine Kündigungzulässig sein kann, um einen vernünftigen Altersaufbau derBelegschaft zu erreichen und/oder Aufstiegschancen für jün-gere Mitarbeiter zu eröffnen.Nachdem im Kleinbetrieb kein KSchG gilt, kann eine Kündi-gung im Einzelfall altersdiskriminierend sein und gegen § 134BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1, 3 AGG verstoßen.

IV. Befristung nach Erreichen des Regelrentenalters

Zunehmend wird diskutiert, ob ein Arbeitsverhältnis mit ei-nem Arbeitnehmer nach Erreichen der Regelaltersgrenze zu-lässigerweise befristet werden kann. Insoweit gilt das TzBfG.Näher zu betrachten ist der Sachgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 6TzBfG (Gründe in Person des Arbeitnehmers). Hier verändertsich nun der Maßstab im Vergleich zur Altersbefristung auf dieRegelaltersgrenze: das BAG nimmt keine typisierende Be-trachtung mit Blick auf Nachwuchsplanung mehr vor, sondernsetzt erstens voraus, dass der betreffende Arbeitnehmer Al-tersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beanspru-chen kann. Zweitens muss die befristete Fortsetzung des Ar-beitsverhältnisses einer konkreten, zurzeit der Befristungsver-einbarung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebersdienen (z.B. Einarbeitung Ersatzkraft, Überbrückung bis zurNachbesetzung der Stelle). Nur eine solche konkrete Nach-wuchsplanung zeige, dass die Altersbefristung dem legitimenZiel besserer Beschäftigungsverteilung zwischen den Genera-tionen i.S.v. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG dient.Eine Befristung auf Wunsch des Arbeitnehmers erscheintdenkbar, doch hält das BAG auch in seiner neuesten Recht-sprechung daran fest, dass insoweit konkrete Tatsachen vor-liegen müssen, aus denen sich tatsächlich der Wunsch des Ar-beitnehmers erschließt. Denkbar ist des Weiteren, dass eineBefristung aus Gründen sozialer Überbrückung erfolgt. Dochkommt auch das nur in Betracht, wenn es ohne den in der Per-son des Arbeitnehmers begründeten sozialen Zweck zu kei-nerlei Vertragsschluss gekommen wäre; d.h. betriebliche/dienstliche Interessen dürfen für den Vertragsschluss nichtausschlaggebend gewesen sein, was wiederum durch kon-krete Anhaltspunkte zu untermauern ist.Spätestens seit der EuGH im Februar 2018 seine Europarechts-konformität bejaht hat, ist der erst seit dem 1.7.2014 geltende§ 41 S. 3 SGB VI von großer praktischer Bedeutung: Sieht eineVereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitdem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeits-vertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeits-verhältnisses den Beendigungszeitpunkt, ggf. auch mehrfach,hinausschieben. Damit sind ein wichtiger Streitpunkt und dieUngewissheit über die Nutzung der Regelaltersgrenze für diePraxis entschieden. Zweifelsohne ermöglicht die Vorschrift

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zeitlich befristete Verlängerungen; die Gesetzesbegründungdürfte auch dafür sprechen, dass sich ein neuer Beendigungs-zeitpunkt aus dem Zweck der Befristung ergeben kann (z.B.Abschluss laufender Projekte; Einarbeitung jüngerer). Die An-zahl der möglichen Verlängerungen ist bis zur Grenze desRechtsmissbrauchs nicht beschränkt; hier wird diskutiert, obggf. die Rechtsprechung des BAG zur Rechtsmissbrauchskont-rolle bei Sachbefristungen entsprechend herangezogen wer-den kann. Auch bei Verlängerungen des Arbeitsverhältnissesgemäß § 41 S. 3 SGB VI ist das Schriftformerfordernis nach§ 14 Abs. 4 TzBfG einzuhalten. Weiter besteht für die Praxis beider Anwendung dieser Vorschrift derzeit noch eine Unwäg-barkeit darin, ob das bestehende Arbeitsverhältnis einfach„nur“ verlängert werden darf, d.h. ohne es ansonsten inhalt-lich zu modifizieren, oder ob beides zugleich denkbar ist. DieGegner einer gleichzeitigen inhaltlichen Modifikation sehensich durch das EuGH-Urteil aus dem Februar 2018 bestätigt.Der EuGH hat nämlich – eher in der Art eines obiter dictums –ausgeführt, die Tatsache, dass keine Änderung der übrigenVertragsbedingungen erfolge, gewährleiste, dass der betrof-fene AN zu den ursprünglichen Konditionen weiterbeschäf-tigt werde und zugleich seinen Altersrentenanspruch behält.Eine Entscheidung des BAG zu dieser Frage gibt es noch nicht.

V. Betriebliche Altersversorgung

Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung gehörenzum Entgelt. Das BetrAVG enthält keine Norm, die umfassendgegen Benachteiligungen beim Entgelt schützt. Unbenom-men des § 2 Abs. 2 S. 2 AGG, wonach für die betriebliche Al-tersversorgung das BetrAVG gilt, findet das AGG auch auf diebetriebliche Altersversorgung Anwendung, solange dasBetrAVG keine vorrangigen Sonderregelungen im Verhältniszum AGG enthält. Gem. § 10 S. 3 Nr. 4 AGG ist die Festsetzungvon Altersgrenzen in betrieblichen Versorgungssystemengrundsätzlich zulässig. Die Vorschrift dient der Umsetzungvon Art. 6 RL 2000/78/EG. Nach Art. 6 Abs. 2 dieser RL könnendie Mitgliedstaaten vorsehen, dass die Festsetzung von Alters-grenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Be-zug einer Altersrente im Rahmen betrieblicher Altersversor-gung keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, so-lange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechtsführt. Die Festsetzung von Altersgrenzen in der betrieblichenAltersversorgung ist somit unionsrechtlich in der Regel zuläs-sig. Damit werden Hindernisse beseitigt, die der Verbreitungder betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen können.Die jeweils festgelegte Altersgrenze muss indes ein legitimesZiel verfolgen und gem. § 10 S. 2 AGG angemessen sein. Daskann der Fall sein, wenn ein Lebensalter von 50 Jahren alsHöchstalter zur Aufnahme in eine Versorgungseinrichtungfestgelegt ist. Im Ergebnis Gleiches kann gelten, wenn bis zurRegelaltersgrenze eine mindestens 15-jährige Zugehörigkeitzur betreffenden Versorgungseinrichtung Voraussetzung füreinen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung ist. Im Kernrechtfertigt das BAG dies damit, dass – typisierend betrach-

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tet – in solchen Fällen im Vergleich zu einem 40-jährigen Er-werbsleben noch keine unangemessene Benachteiligung derAusgeschlossenen bestehe, zumal bereits bis zum Erreichendieser Altersgrenzen Gelegenheit bestand, anderweitig Be-triebsrentenanwartschaften zu erdienen. Nach den gleichenMaßstäben kann auch der Ausschluss eines Arbeitnehmersvon der Überleitung in ein geändertes System der betriebli-chen Altersversorgung gerechtfertigt sein, der zurzeit des In-krafttretens der Änderung bereits das 63. Lebensjahr vollen-det hat.Vom Arbeitgeber mit einer betrieblichen Altersversorgung an-gestrebte arbeits- und sozialpolitische Ziele können legitimeZiele i.S.v. Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG sein, dementsprechendauch Ziele, die einen Ausgleich zwischen den verschiedenenbeteiligten Interessen schaffen sollen, um die betriebliche Al-tersvorsorge zu verbreiten. Dazu gehört es auch, den unter-nehmerischen Belangen nach einer begrenzten und kalkulier-baren Belastung Rechnung zu tragen. Insoweit ist eine Alters-begrenzung angemessen, wenn mit der Begrenzung diesesverfolgte Ziel erreicht wird, ohne die legitimen Interessen dernachteilig betroffenen AN übermäßig zu beeinträchtigen. Er-forderlich ist die Festlegung des Höchstalters zur Begrenzunganrechenbarer Beschäftigungszeiten, wenn sie nicht über dashinausgeht, was zur Zielerreichung notwendig ist. Daher hatdas BAG die Zulässigkeit einer Regelung in einer Versorgungs-einrichtung unbeanstandet gelassen, wonach Dienstzeitennach Vollendung des 60. Lebensjahres bei der Ermittlung derVersorgungsansprüche unberücksichtigt bleiben. Anders istdie Frage der Altersdiskriminierung zu beurteilen, wenn an-derweitig erworbene Anwartschaften als Startgutschrift in einneues System zur betrieblichen Altersversorgung eingebrachtwerden und Übergangsregeln die Gesamt-Versorgungsan-sprüche bei Mitarbeitern mit vollendetem 45./55. Lebensjahrauf Höchstbeträge deckeln. Das ist weder angemessen nocherforderlich, weil eine solche Bestimmung ihr Eingreifen nichtan die Höhe der Versorgungsansprüche knüpft, die die an-spruchsberechtigten AN nach dem neuen System erwerben,sondern sich ausschließlich bei älteren Arbeitnehmern nach-teilig auswirkt, weil bei Jüngeren keine Kappung erfolgt.

VI. Sozialpläne

Ausgangspunkt zu altersbezogenen Regelungen in Sozialplä-nen ist grundsätzlich, dass ältere Arbeitnehmer auf dem Ar-beitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben alsjüngere (BT-Drucks 16/1780 S. 36). Dem soll § 10 S. 3 Nr. 6 AGGRechnung tragen. Das liegt im allgemeinen sozialpolitischenInteresse und ist von Art. 6 I RL 2000/78/EG gedeckt. Ziel des§ 10 S. 3 Nr. 6 AGG ist es, älteren Arbeitnehmern wegen derenschlechteren Arbeitsmarktchancen einen höheren Nachteils-ausgleich zu gewähren. Eine Gestaltung des Sozialplans mussgeeignet sein, dieses Ziel tatsächlich zu fördern, wobei die In-teressen der benachteiligten Altersgruppen nicht unverhält-nismäßig stark vernachlässigt werden dürfen, § 10 S. 2 AGG.So kann eine Altersgruppenbildung in einem Sozialplan (alle

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bis 29-jährigen, alle bis 39-jährigen und alle ab 40) geeignetsein, das Ziel – Ausgleich erhöhter wirtschaftlicher NachteileÄlterer infolge Arbeitsplatzverlusts – zu fördern. Aus der Al-tersgruppenbildung resultierende Unterschiede bei der Be-messung der Abfindung sind angemessen und erforderlichi. S.d. § 10 S. 2 AGG. Die Gruppenbildung ist erforderlich, umdie sich mit zunehmendem Alter verschlechternden Chancenauf dem Arbeitsmarkt und damit verbundenen wirtschaftli-chen Nachteile auszugleichen oder zu mildern. Mit diesen Al-tersgruppen haben die Betriebsparteien den ihnen zustehen-den Gestaltungsspielraum nicht überschritten, sondern ha-ben das zunehmende Risiko längerer Erwerbslosigkeit in ver-tretbarer Weise berücksichtigt.Als angemessen und erforderlich i. S.d. § 10 S. 2 AGG hat dasBAG auch eine Sozialplanregelung gebilligt, nach der Arbeit-nehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet hatten, eine gerin-gere Abfindung erhalten, wenn sie zwar nicht unmittelbarnach Bezug von Arbeitslosengeld I rentenberechtigt sind, dieAbfindung aber ausreichend bemessen ist, um die wirtschaft-lichen Nachteile auszugleichen, die sie nach Arbeitslosengeld-bezug bis zum frühestmöglichen Bezug einer Altersrente er-leiden. Auf Grund des ihnen zustehenden Beurteilungs- undGestaltungsspielraums können die Betriebsparteien die Nach-teile aus der Betriebsänderung in typisierter und pauschalier-ter Form ausgleichen. Daher ist die vorgenommene Kürzungder übermäßigen Begünstigung Älterer mit langer Betriebszu-gehörigkeit bei der an Lebensalter und Betriebszugehörigkeitorientierten Abfindung zwecks verteilungsgerechter Abmil-derung der wirtschaftlichen Folgen zugunsten Jüngerer nichtzu beanstanden. Angesichts begrenzter Sozialplanmittel undder den anderen Arbeitnehmern voraussichtlich entstehen-den Nachteile gibt es insbesondere kein rechtliches Erforder-nis, die Rentenabschläge für die Inanspruchnahme der vorzei-tigen Altersrente auszugleichen. In vergleichbarer Weise kön-nen Arbeitnehmer von Abfindungsleistungen in einem Sozial-plan ausgeschlossen werden, wenn sie nach Bezug von Ar-beitslosengeld I rentenberechtigt sind und zuvor die Fortset-zung des ArbV an anderem Unternehmensstandort abgelehnthaben. Eine Begrenzung des Abfindungsanspruchs rentenna-her und damit weniger finanziell schutzbedürftiger Arbeit-nehmer ist gerechtfertigt, wenn dies im Interesse der Vertei-lungsgerechtigkeit zur stärkeren Kompensation der Nachteileführt, die jüngere Arbeitnehmer erleiden.Abschließend ist noch auf eine sich in der Literatur abzeich-nende neue Diskussion zu Höchstbetragsgrenzen in Sozialplä-nen hinzuweisen: Aus Gründen der Verteilungsgerechtigkeithat das BAG – allerdings noch für einen Sachverhalt vor In-krafttreten des AGG – es grds. für zulässig erachtet, in einemSozialplan Abfindungshöchstgrenzen festzulegen, um derüberproportionalen Begünstigung langjährig Beschäftigterentgegenzuwirken, die durch nach der Beschäftigungsdauerberechnete Abfindungen entsteht. Mit guten Gründen wirddies neuerdings gemessen am AGG in Zweifel gezogen (vgl.Jacobs/Malorny, NZA 2018, 557 ff.).

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Workshopbericht 3:Das Direktionsrecht im Lichte der neuerenRechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

Verfasst von dem Referenten Axel Groeger, Bonn1 (Foto)Seit jeher erfolgt die Kontrolle, ob sich eine Weisung im Rah-men billigen Ermessens hält, nach § 106 GewO i.V.m. § 315BGB2.

I. Rechtsprechungsänderung des BAG

Nach § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 315 BGB ist der Arbeitnehmernicht – auch nicht vorläufig – an eine unbillige Weisung ge-bunden, sofern er sie nicht trotz ihrer Unbilligkeit akzeptiert3.Nach der richtigen Entscheidung des 10. Senats des BAG ent-hält § 106 GewO eine (innere) Grenze für das Weisungs-recht, aus der folgt, dass keine Bindung an unbillige (=gesetz-widrige) Weisungen entsteht. Damit tragen (wieder) beideArbeitsvertragsparteien das Risiko einer Fehleinschätzungder Rechtmäßigkeit/Unbilligkeit. Eine gerichtliche Ersatzleis-tungsbestimmung nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB scheidet im An-wendungsbereich des § 106 GewO aus.Den Arbeitnehmer trifft bei einer unbilligen Weisung keineKlageobliegenheit. Das Recht, die Unwirksamkeit einer Wei-sung geltend zu machen, kann nur nach allgemeinen Grund-sätzen verwirken4.

II. Unterschied zwischen vertraglich geschuldeter und zubewirkender Arbeitsleistung

Bei einer im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenenArbeitspflicht obliegt es dem Arbeitgeber, sie nach § 106GewO näher zu bestimmen. Erst die durch die wirksame Aus-übung des Weisungsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist diei.S.v. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Der Arbeitneh-mer muss die Arbeitsleistung so anbieten, wie sie zu bewirkenist5. Verlangt der Arbeitgeber rechtlich einwandfrei eine be-stimmte Arbeitsleistung, hat der Arbeitnehmer sie so zu be-wirken. Der Arbeitgeber gerät nicht in Annahmeverzug, wennder Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eineandere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet6.

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Jedoch kann der Arbeitnehmer nach § 280 Abs. 1 BGB einenAnspruch auf Schadensersatz haben, wenn der Arbeitgeberseine Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB schuld-haft verletzt, indem er dem Arbeitnehmer keinen leidensge-rechten (oder keinen konfliktfreien) Arbeitsplatz zuweist7.Dazu muss er jedoch dem Arbeitgeber mitteilen, wie er sichseine weitere, die auftretenden Leistungshindernisse ausräu-mende Beschäftigung vorstellt.Ferner kann dem Arbeitnehmer bei der Entstehung des Scha-dens ein Mitverschulden vorzuwerfen sein, wenn ihn an dempersönlichen Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben,ein Verschulden trifft8.

III. Ausübungskontrolle

Der Zweck eines tarifvertraglichen Anhörungsrechts des Ar-beitnehmers verlangt nicht, eine Weisung bereits deshalb alsunwirksam anzusehen, weil der Arbeitnehmer mangels Anhö-rung seine Interessen nicht zuvor einbringen konnte. Eskommt nicht auf die vom Arbeitgeber angestellten Erwägun-gen, sondern darauf an, ob die getroffene Entscheidung dengesetzlichen Anforderungen genügt9.Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmana-gements i.S.v. § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle oder unmit-telbare materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Aus-übung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber. Dies giltauch dann, wenn die Weisung (auch) auf Gründe gestütztwird, die mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers zu-sammenhängen10.Geht es nicht um die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes,sondern darum, Arbeitsplätze anders zuzuschneiden und fürden Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz zu schaffen, der nur„nicht-schwere“ Tätigkeiten umfasst, ist der Arbeitgeber dazunicht verpflichtet. Schneidet der Arbeitgeber jedoch gleich-

1 www.redeker.de.2 Siehe BAG 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452;

a.A. NK-ArbR/Boecken/Pils, § 106 GewO Rz. 68, wonach§ 315 BGB unanwendbar ist, da das Leistungsbestim-mungsrecht nicht vertraglich eingeräumt werde, sonderngesetzlich begründet sei.

3 a.A. jedoch BAG 22.2.2012 – 5 AZR 249/11, NZA 2012, 858;krit. bereits Boemke, NZA 2013, 6; nunmehr BAG14.6.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1185; 14.9.2017 – 5AS 7/17; 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, AP § 106 GewONr. 37, 38.

4 BAG 18.10.2017 – 10 AZR 330/16, NZA 2017, 1452.5 BAG 19.5.2010 – 5 AZR 162/09, NZA 2010, 1119.6 BAG 30.4.2008 – 5 AZR 502/07, ZTR 2008, 498.7 BAG 19.5.2010 – 5 AZR 162/09, NZA 2010, 1119.8 BAG 30.4.2008 – 5 AZR 502/07, ZTR 2008, 498.9 BAG 18.10.2017 – 10 AZR 47/17, NZA 2018, 162;

24.5.2018 – 6 AZR 116/17.10 BAG 18.10.2017 – 10 AZR 47/17, NZA 2018, 162;

28.6.2018 – 2 AZR 436/17.

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sam die Arbeitsplätze immer wieder neu zu, z.B. indem er täg-lich oder in anderen Zeitabständen bestimmte Touren zu-weist, gebietet § 241 Abs. 2 BGB, dabei jeweils im Rahmen desMöglichen und Zumutbaren auf die gesundheitlichen Ein-schränkungen der Beschäftigten Rücksicht zu nehmen11.

IV. Sonstiges

Das Angebot einer Tätigkeit im Rahmen einer stufenweisenWiedereingliederung i.S.v. § 74 SGB V ist grds. kein ordnungs-gemäßes Angebot. Denn eine stufenweise Wiedereingliede-rung ist nicht Teil des Arbeitsverhältnisses, sondern ein Ver-tragsverhältnis eigener Art12. Jedoch kann ein schwerbehin-derter Arbeitnehmer nach § 81 Abs. 4 S. 1 SGB IX a.F. eine an-derweitige Tätigkeit auch im Rahmen einer Wiedereingliede-rung verlangen. Versäumt es der Arbeitgeber schuldhaft, diebehinderungsgerechte Beschäftigung nach § 81 Abs. 4 S. 1Nr. 1 bis 5 SGB IX zu ermöglichen, hat der Arbeitnehmer einenSchadensersatzanspruch in Höhe der entgangenen Vergü-tung13.Wird der Arbeitnehmer dauerhaft örtlich versetzt und begrün-det er an der neuen Arbeitsstelle einen Zweitwohnsitz, sokann er bei rechtswidriger Versetzungsanordnung einenSchadensersatzanspruch für die durch die betrieblich veran-lasste Begründung eines Zweitwohnsitzes entstandenen fi-nanziellen Nachteile haben14.Ist der in einem vollstreckbaren Titel aufgeführte Arbeitsplatzweggefallen, kann sich der Arbeitgeber nicht ohne Weiteresauf eine Unmöglichkeit der Beschäftigung berufen. Bei einerrahmenmäßigen Umschreibung der Tätigkeit ist oft nur einTeil des (Weiter)beschäftigungsanspruchs tituliert. Der Titelverhindert nicht die spätere Zuweisung einer anderen Tätig-keit im Rahmen des Direktionsrechts15. Umstritten ist, ob einenach dem Entstehen des Vollstreckungstitels vorgenommeneVersetzung des Gläubigers (AN), deren Rechtmäßigkeit zwi-schen den Parteien streitig ist, im Zwangsvollstreckungsver-fahren unbeachtlich ist oder ob das Vollstreckungsgericht dieRechtmäßigkeit zu prüfen hat16.

Workshopbericht 4:„Lucky Stike?“ – rechtliche Vorbereitung,Rechtskontrolle von Arbeitskämpfen und ihreFolgen

Verfasst von den Referenten Thomas Ubber (rechts), Frankfurt1

und David Schäfer, Bremen2 (Foto, links)Die Frage der Rechtmäßigkeit von Tarifauseinandersetzungennimmt einen immer wichtigeren Platz in den Erwägungen derTarifvertragsparteien ein. Die Referenten RAe Thomas Ubberund David Schäfer schauen als Berater und Vertreter von Ar-beitgebern bzw. Gewerkschaften regelmäßig von entgegen-gesetzten Seiten auf das Streik- und Streitgeschehen und sinddabei – trotz einer wachsenden Zahl gerichtlicher Entschei-dungen zum Arbeitskampfrecht - auch weiterhin häufig un-

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terschiedlicher Meinung. Eine lebhafte Diskussion mit denzahlreichen interessierten Teilnehmern war die Folge.

Die zwischen den Gerichten streitige Frage, ob der Arbeits-kampf „offensichtlich“, „eindeutig“ oder „einfach nur“ rechts-widrig sein muss, um einen Verfügungsanspruch zu bejahen3,ist für die Tarifvertragsparteien eine akademische, daraufkonnten sich die Referenten noch relativ schnell verständi-gen.Hitzig ging es hingegen zu bei der vom Hessischen LAG4 be-jahten Frage, ob bei der Feststellung der Streikziele auch Äu-ßerungen vertretungsberechtigter Repräsentanten der Ge-werkschaft außerhalb des formellen Streikbeschlusses zu be-rücksichtigen seien. Kommt man nur so den „eigentlichen“Forderungen der Gewerkschaft auf die Schliche oder ersticktdieser Ansatz jegliche Kompromissfindung bereits im Keim?Streikforderungen nachträglich fallen zu lassen, z.B. weil siesich als rechtswidrig entpuppen, ist an sich möglich. Einig warman sich auch noch darüber, dass dies keine Wirkung „extunc“ entfalten kann. Diskutiert wurde jedoch, ob es wegendes „ultima ratio“ Prinzips auch noch erforderlich ist, den Ar-beitskampf zu unterbrechen und vor weiteren Maßnahmenzu neuen Verhandlungen aufzufordern.

11 BAG 28.6.2017 – 5 AZR 263/16, NZA 2017, 1528.12 BAG 6.12.2017 – 5 AZR 815/16, NZA 2018, 439.13 LAG Berlin-Brandenburg 23.5.2018 – 15 Sa 1700/17.14 Hess. LAG 10.11.2017 – 10 Sa 964/17 (Revision 5 AZR 125/

18).15 BAG 21.3.2018 – 10 AZR 560/16, BeckRS 2018, 4604.16 LAG Baden-Württemberg 26.4.2017 – 1 Ta 2/17, juris.1 [email protected] [email protected] Vgl. nur beispielhaft LAG München vom 28. August 2007 –

5 Sa 735/074 Hess. LAG vom 7. November 2014, 9 SaGa 1496/14

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Auch bei der Frage, wann eine Streikforderung als „hinrei-chend bestimmt“ gelten kann, gingen die Meinungen ausei-nander5. Einig war man sich darüber, dass kein vollständigausformulierter Tarifvertragsentwurf vorzulegen ist. Ob aberüber eine generische Beschreibung hinaus weitere Konkreti-sierungen erforderlich sind, blieb streitig.Beim Arbeitskampf in der Daseinsvorsorge und bei Tarifplura-lität soll der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aus Sicht der Ar-beitgeber Gemeinwohlbelange und Fragen der Parität be-rücksichtigen und so Streiks eingrenzen. Ein Konzept, dass dieGewerkschaften mit Verweis auf Durchführungsregelungenwie z.B. Notdienste ablehnen. Auch sei man für das Verhaltenkonkurrierender Gewerkschaften nicht verantwortlich.Die kürzliche Bestätigung der „Rühreitheorie“ durch das BAG6

(bereits eine gegen die Friedenspflicht verstoßende Arbeits-kampfforderung führt zur Rechtswidrigkeit des gesamten Ar-beitskampfs) hält die Arbeitgeberseite für richtig; dies folgeaus der Friedenspflicht als Funktionsbedingung der Tarifauto-nomie. Hingegen ist sie aus Gewerkschaftssicht nicht mitArt. 11 EMRK vereinbar, was sich letztlich auch aus einer jün-geren Entscheidung des EGMR7 ergebe.Kontrovers waren auch die Meinungen der Referenten undTeilnehmer zu der Frage, wie die Gerichte mit der Prüfung derAGG-Konformität von Streikforderungen umzugehen haben.8

Aus Sicht der Gewerkschaften soll den Sozialpartnern hier einweites Ermessen zustehen9, was auch bei der Beurteilung vonStreikforderungen zu gelten habe. Die Arbeitgeberseite ver-wies hingegen auf die strikte Bindung der Tarifvertragspar-teien an das AGG10; gegen eine Einschätzungsprärogativespreche auch, dass es um einseitige Forderungen und nichtum von beiden Seiten gebilligte Regelungen gehe.Das BAG11 hat den Gewerkschaften im Streit um Schadener-satz wegen eines rechtswidrigen Streiks die Berufung auf denEinwand rechtmäßigen Alternativverhaltens abgesprochen.Zu Recht, meint der Arbeitgebervertreter, denn anderenfallsmüssten die Gewerkschaften auch bei rechtswidrigen Streikskeine Schadenersatzforderungen fürchten. Dem halten dieGewerkschaften entgegen, dass dieser Einwand ohnehin nurbei einer entsprechenden Überzeugung des Tatsachenge-richts greife und sie die Beweislast trage, wodurch Missbrauchausgeschlossen sei.Arbeitskämpfe, die die Allgemeinheit betreffen, lassen nie-manden kalt. Entsprechend leidenschaftlich trugen die Work-shopteilnehmer ihren Teil dazu bei, dass das Panel – einver-nehmlich – deutlich überzogen wurde. Da den Referenten derStoff trotzdem nicht ausging, verabredete man eine Fortset-zung im nächsten Jahr.

Mit der traditionellen Abendveranstaltung fand der erste Ta-gungstag dann sein Ende.

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„Mit Arbeit spielt man nicht – Plädoyer für ein gerechtesArbeitsrecht“ lautete der vielversprechende Titel des Vor-trags, den Prof Dr. Gregor Thüsing, Bonn, für den 2. Tagungstagvorbereitet hatte. Dass ihm die arbeitsmarktpolitischen Ef-fekte arbeitsrechtlicher Regelungen wie auch die katholischeSoziallehre als Richtschnur des Arbeitsrechts besonders amHerzen liegen, hatte Prof. Thüsing (Foto) bereits im Rahmenseiner 2015 erschienenen gleichlautenden Monographiedeutlich gemacht. Ihr Titel beruhte insoweit nicht zufällig auf

5 Vgl. zuletzt ArbG Düsseldorf vom 10. November 2015 – 1Ga 80/15; ArbG Düsseldorf vom 11. November 2015 – 4Ga 82/15; ArbG Darmstadt vom 11. November 2015 – 7Ga 7/15

6 BAG vom 26. Juli 2016 – 1 AZR 160/147 EGMR vom 27. November 2014 – 36701/09 – „Hrvatski li-

jecnicki sindikat/Kroatien8 Vgl. Hess. LAG vom 9. August 2011 - 9 SaGa 1147/11; Hess.

LAG vom 7. November 2014 – 9 SaGa 1496/14; Hess. LAGvom 22. November 2016 – 16 SaGa 1459/16

9 Vgl. EuGH vom 8. September 2011 – C-297/10 „Hennings“und C-298/10 „May“

10 Vgl. EuGH vom 13. September 2011 – C-447/09 „Prigge“;BAG vom 22. Oktober 2008 – 10 AZR 842/07

11 BAG vom 26. Juli 2016 – 1 AZR 160/14

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Aufsätze/Beiträge

einem Zitat von Papst Franziskus. Wie bereits damals gelanges ihm auch heute mit seinem Vortrag, dieses anspruchsvolleThema äußerst kurzweilig, aktuell und praxisnah zu vermit-teln. Nach einem kurzen historischen Abriss dienten insbeson-dere zwei jüngere Gesetzesprojekte, das Entgelttransparenz-gesetz und der Gesetzentwurf zur Weiterführung des Teilzeit-rechts, dazu, einige grundsätzliche Entwicklungen im Rahmender Gesetzgebung kritisch zu hinterfragen. Aufgrund seinerlangjährigen Tätigkeit als Sachverständiger bei Anhörungenin den Ausschüssen des Bundestages erhielten die Teilnehmeranhand konkreter Beispiele gleichzeitig einen authentischenEinblick in den politischen Willensbildungsprozess mit all sei-nen Widersprüchen und Schwierigkeiten. Im Rahmen der sichanschließenden Diskussion ergänzten einige Teilnehmerdiese Debatte um die jüngsten Entwicklungen über die im Ko-

Nachtrag von der Frühjahrstagung in HamburgWorkshop 3:Betriebsratswahlen 2018 – Fallstricke kennenund vermeiden

Obwohl das Betriebsverfassungsgesetz und die Erste Verord-nung zur Durchführung des Betriebsverfassungsgesetzes (dieWahlordnung) relativ gut strukturierte und inhaltlich engma-schige rechtliche Vorgaben zur Vorbereitung und Durchfüh-rung der Betriebsratswahl enthalten und die Rechtsprechungdurch eine Vielzahl von Entscheidungen zur Klärung dieserVorgaben beigetragen hat, scheint die betriebliche Praxis fürsteten Nachschub an offenen Fragen zu sorgen:● Wie wirken sich moderne betriebliche Strukturen auf den

Betrieb im herkömmlichen Sinn bzw. auf die Kontur derje-nigen Einheiten im Unternehmen aus, in denen Betriebs-räte zu wählen sind?

● Welche Folgen haben Matrixorganisationen für das aktiveund passive Wahlrecht?

● Für wen ergibt sich unter welchen Voraussetzungen Son-derkündigungsschutz im Kontext der Betriebsratswahl?

● Welche Rolle spielen die Mittel moderner elektronischerKommunikation bei der Vorbereitung und Durchführungder Wahl? Ist eine Online-Stimmabgabe zulässig? WelcheMöglichkeiten des Rechtschutzes bestehen im laufendenWahlverfahren?

Im Workshop – moderiert von Jürgen Markowski – behandel-ten Isabel Hexel (Oppenhoff & Partner, Köln) und Tobias Fischer(Weder.Fischer.Doyuran, Frankfurt am Main) solche Fragenund stellten typische rechtliche Fallstricke unter Berücksichti-

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alitionsvertrag bereits kurz angerissenen Bereichsausnahmendes KSchG für die Finanzindustrie.Mit so viel Hintergrundinformation auch für das Kommendegut aufgestellt, richteten alle Teilnehmer ihren Blick bereitsnach München. Dort wird am 15./16.3.2019 die nächste Früh-jahrstagung der Arbeitsgemeinschaft stattfinden und sich soallen Teilnehmern erneut die Möglichkeit bieten, sich ihrer ge-meinsamen „Leidenschaft für das Außergewöhnliche“ zu wid-men.

Save the Date!Frühjahrstagung15./16.3.2019

München

gung der neuen Rechtsprechung und anhand des Ablaufs derBetriebsratswahl dar.Die Anforderungen an eine formal ordnungsgemäß durchge-führte Betriebsratswahl sind hoch. Die Verantwortung des dieWahl leitenden Wahlvorstands ist somit sehr groß. Denn dasInteresse an der Durchführung einer wegen fehlerhafter Wahlneuen Wahl ist gemeinhin allseits eher gering. Solche Neu-wahlen belasten nicht nur die Ressourcen des Arbeitgebers,sie gefährden mitunter auch die Attraktivität dieses Mei-nungsbildungsprozesses in der Belegschaft. Isabel Hexel undTobias Fischer nahmen insoweit nicht nur die Perspektive desWahlvorstands ein. Sie setzten bei ihrer Darstellung die Ak-zente jeweils auch aus der Sicht des Arbeitgebers bzw. der Ar-beitnehmer; Isabel Hexel berät und vertritt Arbeitgeber, TobiasFischer berät und vertritt Betriebsräte und Arbeitnehmer. Dassdamit verbundene grundsätzliche Positionen nicht immereine eindeutige Linie der potenziellen Konfrontation zwi-schen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bzw. der Be-legschaft erzeugen, zeigt eine aktuelle Entscheidung des BAGzu dem sich aus § 20 BetrVG ergebenden Neutralitätsgebot.Danach darf niemand die Wahl des Betriebsrats durch Zufü-gung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewäh-rung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Dies be-gründet nach Auffassung des BAG jedoch keine Verpflichtungdes Arbeitgebers, sich jeder kritischen Äußerung über den be-stehenden Betriebsrat oder einzelne seiner Mitglieder im Hin-blick auf eine zukünftige Wahl zu enthalten (BAG Beschl. v.25.10.2017 – 7 ABR 10/16). Im Workshop wurde vor diesemHintergrund auch die mögliche Einflussnahme des Arbeitge-bers im Vorfeld der Wahl diskutiert und erörtert.

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Aufsätze/Beiträge

Hauptvortrag:Die Entwicklung des Betriebsbegriffs – von der„Fabrikhalle zur Matrixeinheit“

Mit dem Thema „Die Entwicklung des Betriebsbegriffs – vonder Fabrikhalle zur Matrixeinheit“ hat Frau Dr. Barbara Rein-

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hard (Foto) eine Vielzahl aktueller Fragestellungen und Ent-scheidungen rund um den arbeitsrechtlichen Betriebsbegriffaufgegriffen. Nachdem sie zunächst Unterschiede der Be-griffsdefinitionen im Kündigungsrecht, in der Betriebsverfas-sung und beim Betriebsübergang herausgearbeitet hatte, hatsie sich insbesondere mit der Übertragung dieser Vorgabenauf Matrixstrukturen wie auch auf andere moderne Formender Zusammenarbeit beschäftigt. Dabei wurde deutlich, dassder aus der klassischen Organisation bekannte räumlich-funk-tionale Zusammenhang im Rahmen von New Work über digi-tale Formen der Zusammenarbeit aufgefangen werden kann.Ein unverändert offenes Problem stellt sich aber bei der An-nahme von betriebsverfassungsrechtlichen Mehrfachzustän-digkeiten, wenn nämlich sog. Matrixmanager in verschiedeneBetriebe eingegliedert werden. Die anschließenden Wortbei-träge zeigten, dass das Thema längst in der arbeitsrechtlichenPraxis angekommen ist und insbesondere in der Mitbestim-mung noch eine befriedigende Lösung fehlt.

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Inhalt: Entscheidungen

Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen

SeiteAllgemeines Vertragsrecht

113. Arbeitnehmerstatus, Honorararzt, keine Vorgreif-lichkeit sozialgerichtlicher Statusfeststellungsver-fahren 126

114. Versetzung, Anforderung an Betriebsratsanhö-rung, Wahrung billigen Ermessens 126

115. Urlaub, wirksame Urlaubserteilung vor Befris-tungsablauf 126

Bestandsschutz

116. Betriebsbedingte Kündigung, Umstrukturierungeiner Leitungsebene, geändertes Anforderungs-profil 127

117. Verhaltensbedingte Kündigung, Wiederheirat ei-nes Caritas-Einrichtungsleiters nach Änderung derGrundordnung 2015 127

118. Außerordentliche Kündigung, Vorlage gefälschterAtteste, Zwei-Wochen-Frist, Hemmung der Frist(nur) durch konkret darzulegende Ermittlungs-maßnahmen 129

119. Außerordentliche Kündigung, private Haushalts-hilfe auf Kosten des Arbeitgebers, Darlegungs-und Beweislast für Entschuldigungsgründe 130

120. Auflösungsantrag nach Betriebsübergang 131

121. Auflösungsantrag, leitender Angestellter, Perso-nalkompetenz als prägende Aufgabe 131

Betriebsverfassungsrecht/Personalvertretungsrecht

122. Betriebsvereinbarung, Ablösung betrieblicherÜbung zu Ungunsten des Arbeitnehmers 131

123. Betriebsrat, Mitbestimmung, kein Unterlassungs-anspruch bei (bereits durchgeführter) Betriebsän-derung 131

124. Betriebsrat, Mitbestimmung, keine einstweiligeUnterlassungsverfügung nach Blockade des Eini-gungsstellenverfahrens durch Betriebsrat 132

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Seite125. Einigungsstelle, Anzahl der Beisitzer, Regelbeset-

zung mit zwei Beisitzern 133

126. Sozialplan, Sprinterprämie in freiwilliger BV, Stich-tagsregelung 133

Tarifrecht

127. TV FlexAZ, kein Anspruch auf Altersteilzeit in Be-trieben unter 40 Beschäftigten 134

Sonstiges

128. Massenentlassung, Begriff des „beherrschendenUnternehmens“ 134

129. Schmerzensgeld, schwere Persönlichkeitsrechts-verletzung durch den Versuch, Kündigungsgründegegenüber Betriebsratsmitgliedern zu konstruie-ren, Haftung des beratenden Rechtsanwalts 134

130. Verzug, Abführung der Lohnsteuer zum gesetzli-chen Fälligkeitszeitpunkt verspätet 134

131. Verzugspauschale, kein Anspruch im Arbeitsver-hältnis 135

Prozessuales

132. Zulässigkeit des Rechtswegs, Bewerbungsverfah-rensanspruch 135

133. Zulässigkeit des Rechtswegs, keine Zusammen-hangszuständigkeit bei Vergütungsklage 135

134. Amtsermittlung im Beschwerdeverfahren; Verwer-tung von Videoaufzeichnungen des Arbeitgebers 135

135. Streitwert, Teilzeitbegehren wie Änderungskündi-gung zu bewerten 136

136. Gebühren, gebührenauslösende anwaltliche Tä-tigkeit im Rechtsmittelverfahren 136

137. PKH, Mutwilligkeit bei unterlassener Geltendma-chung des familienrechtlichen Prozesskostenvor-schusses 136

138. PKH, kein Prozesskostenvorschuss für Zeugnis-klage 137

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Rechtsprechung

Allgemeines VertragsrechtAllgemeines Vertragsrecht

Allgemeines Vertragsrecht

113. Arbeitnehmerstatus, Honorararzt, keineVorgreiflichkeit sozialgerichtlicherStatusfeststellungsverfahren

1. Die Tätigkeit eines Krankenhaus- oder Klinikarztes kann ty-pologisch sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses alsauch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als Honorar-arzt erbracht werden. Das folgt bereits aus § 2 Abs. 1 Satz 1,Abs. 3 KHEntgG und ist nicht beschränkt auf Ärzte mit Fach-arztqualifikation.2. Haben die Parteien sich danach für den Vertragstyp desfreien Honorararztvertrages entschieden, sind sie an dieserWahl festzuhalten, es sei denn, die tatsächliche Vertragsab-wicklung stünde dem entgegen und ergäbe im Rahmen dererforderlichen Gesamtwürdigung, dass abweichend vom ver-traglich Vereinbarten tatsächlich doch ein Arbeitsverhältnisvorgelegen hat (hier verneint). Die Darlegungs- und Beweis-last für eine solche abweichende Vertragspraxis trägt der einArbeitsverhältnis geltend machende Kläger.3. Die Aussetzung eines arbeitsgerichtlichen Statusfeststel-lungsverfahrens bis zum Abschluss eines parallel betriebenensozialversicherungsrechtlichen Statusfeststellungsverfahrensder Deutschen Rentenversicherung kommt nicht in Betracht.Es fehlt an einer zumindest teilweise rechtlich präjudiziellenBedeutung der sozialversicherungsrechtlichen Prüfung fürdas arbeitsgerichtliche Verfahren im Sinne von § 148 ZPO.■ Landesarbeitsgericht Düsseldorfvom 6.2.2018 – 3 Sa 632/17

114. Versetzung, Anforderung an Betriebsratsanhörung,Wahrung billigen Ermessens

Leitsätze der Redaktion:1. Das allgemeine Direktionsrecht umfasst das Recht zur Ver-setzung innerhalb des Gemeinschaftsbetriebes zweier recht-lich selbstständiger Unternehmen.2. Gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Be-triebsrat vor jeder Versetzung zu unterrichten. Dabei hat erdem Betriebsrat Auskunft über die Person sowie über die Aus-wirkungen der geplanten Maßnahme zu geben. Fehlt es da-ran, fehlt es – trotz der durch den Betriebsrat erteilten Zustim-mung – an einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebs-rats im Sinne des § 99 BetrVG.3. Eine Versetzungmuss billiges Ermessen wahren. Daran fehltes, wenn der Arbeitgeber ausschließlich betriebliche Interes-sen berücksichtigt (Wahrung des Betriebsfriedens), nicht aberdie Interessen des Arbeitnehmers (Veränderung des Lebens-

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rhythmus und Verringerung des Einkommens durch Wechselvon Nacht- in Tagschicht).■ Arbeitsgericht Gießenvom 8.3.2018 – 4 Ca 430/17eingereicht von Rechtsanwalt Stefan SchneiderAuf dem Hohenstein 5, 61231 Bad NauheimTel.: 06032/9268722, Fax: 06032/9268724www.arbeitsrecht-wetterau.de

115. Urlaub, wirksame Urlaubserteilung vorBefristungsablauf

Aus den Entscheidungsgründen:Steht im auslaufenden Arbeitsverhältnis noch hinreichendeZeit für die Urlaubsgewährung zur Verfügung, kann die Situa-tion des § 7 Abs. 4 BUrIG im Regelfall nicht eintreten, dies giltgerade im Fall einer Befristung, bei welcher sich beide Par-teien langfristig bei ihren Planungen auf den Beendigungs-zeitpunkt einstellen können. Versäumt es der Arbeitnehmer,noch ausstehenden Erholungsurlaub rechtzeitig vor dem Ab-lauftermin zu beantragen, kann der in erster Linie zur Ertei-lung in natura verpflichtete Arbeitgeber den Anspruch nachständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (beispielsweiseUrt. v. 14.8.2007 – 9 AZR 934/06) dadurch erfüllen, dass er denArbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnissesunter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch freistellt. Soweitnach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ander-weitige Wünsche des Arbeitnehmers zur Urlaubslage entge-genstehen können – dies allerdings nur dann, wenn der Ar-beitnehmer eine konkrete andere zeitliche Festlegung des Ur-laubs verlangt (dazu gleichfalls das zitierte Urt. v. 14.8.2007m.w.N.) betrifft dies regelmäßig nur gekündigte Arbeitsver-hältnisse, wenn der Arbeitnehmer bei der im Regelfall lang-fristigen Planung seines Urlaubs noch nicht mit einer Beendi-gung des Arbeitsverhältnisses und dem entsprechenden Ab-lauftermin rechnen konnte. Die Situation im befristeten Ar-beitsverhältnis mit dem seit der Befristungsvereinbarung be-kannten Ablauftermin ist anders.Selbst wenn allerdings unterstellt wird, dass auch bei Beendi-gung durch Fristablauf Urlaubswünsche des Arbeitnehmerseiner Erteilung in natura im verbleibenden Vertragszeitraumentgegenstehen können, ergibt sich im vorliegenden Fall keinAbgeltungsanspruch des Klägers. Die Beklagte hat ihn nichtnur unter Urlaubsanrechnung unwiderruflich freigestellt, son-dern nach seinen Urlaubswünschen gefragt und mangels Re-aktion hierauf die in den Zeitraum der ohnehin 4,5-wöchigenFreistellung fallenden Urlaubsdauer für die 9 Arbeitstage vom19. bis 31.7.2017 festgelegt. Damit hat sie den verbliebenen

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Rechtsprechung

Bestandsschutz Bestandsschutz

Urlaubsanspruch des Klägers in natura erfüllt, dieser ist voll-ständig erloschen, zur Abgeltung verbleibt nichts.■ Arbeitsgericht Kölnvom 12.4.2018 – 6 Ca 5011/17eingereicht von Rechtsanwalt Volker ThieleOberstraße 1, 52349 DürenTel.: 02421/13040, Fax: 02421/17469www.fachanwalt-thiele.de

Bestandsschutz

116. Betriebsbedingte Kündigung, Umstrukturierungeiner Leitungsebene, geändertes Anforderungsprofil

1. Fallen die bisherigen Aufgaben nach einer Umstrukturie-rung weiter an und werden sie nur um zusätzliche Aufgabenerweitert, gelten für die Darlegungslast des Arbeitgebers zurRechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung erhöhteAnforderungen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sichdie Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Ar-beitsplatzes oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitigerEinrichtung eines neuen Arbeitsplatzes darstellt. Entschei-dend ist, ob durch die Umstrukturierung ein anderer Arbeits-bereich entstanden ist. Das ist der Fall, wenn der veränderteArbeitsplatz nach Bedeutung und Verantwortung erheblichanspruchsvoller wird. Dazu bedarf es der Darlegung, welchekonkreten Aufgaben hinzukommen und wie sie sich auf dieArbeit des betroffenen Arbeitnehmers auswirken.2. Das Anforderungsprofil für den neuen Arbeitsbereich be-ruht auf unsachlichen Erwägungen, wenn alle Aspekte, die fürdie Erledigung des ganz überwiegend verbleibenden Teils derAufgaben von Bedeutung sind, unberücksichtigt bleiben.3. Fallen für mehrere Arbeitnehmer Beschäftigungsmöglich-keiten weg und konkurrieren diese um eine geringere Zahlfreier Arbeitsplätze, führen Auswahlfehler im Angebotsverfah-ren nicht zur Sozialwidrigkeit einer Kündigung, wenn bei ge-setzeskonformem Vorgehen und bei ausreichender Beach-tung sozialer Gesichtspunkte der klagende Arbeitnehmergleichermaßen von einer Beendigungskündigung betroffengewesen wäre (BAG v. 27.7.2017 – 2 AZR 476/16, Rn 42).■ Landesarbeitsgericht Düsseldorfvom 23.5.2018 – 1 Sa 762/17

117. Verhaltensbedingte Kündigung, Wiederheirat einesCaritas-Einrichtungsleiters nach Änderung derGrundordnung 2015

Aus den Entscheidungsgründen:Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 9.8.2017erweist sich nicht als gerechtfertigt im Sinne von § 626 BGBmit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.3.2018beendet worden ist. Ein schwerwiegender Loyalitätsverstoßseitens des Klägers i.S.v. Art. 5 Abs. II c GrO liegt nach Auffas-sung der erkennenden Kammer nicht vor. Des Weiteren führt

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auch die Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Sozial-widrigkeit der Kündigung. (…)Der Kläger hat sich zwar durch die Wiederverheiratung in Wi-derspruch zu den berechtigten Loyalitätserwartungen der Be-klagten gesetzt, und damit eine Nebenpflicht verletzt, jedochliegt nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes imRahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse in der Fassung vom27.4.2015 jedenfalls kein schwerwiegender Loyalitätsverstoßseitens des Klägers vor.Mit der Wiederverheiratung hat der Kläger generell gegenseine Loyalitätsobliegenheit aus §§ 2, 6 des Arbeitsvertragesi.V.m. § 4, 16 AVR für den Caritasverband i.V.m der Grundord-nung (Art. 5 Abs. 2 GrO) verstoßen. Durch die Eingehung sei-ner zweiten (standesamtlichen) Ehe hat der Kläger denGrundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt. Dieser zähltzu den wesentlichen Grundsätzen der katholischen Glaubens-und Sittenlehre. Er wird in den Vorschriften des Codex IurisCanonici von 1983 bekräftigt (CIC Can. 1055, 1056, 1134) undinsbesondere Can. 1141, nach dem die gültig geschlosseneund vollzogene Ehe zwischen Getauften durch keine mensch-liche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod,aufgelöst werden kann (vgl. insoweit auch BAG v. 16.9.2004 –2 AZR 447/03). Im Streitfall lag daher zum Zeitpunkt der Kün-digung ein Verstoß gegen Can. 1085 § 2 CIC vor.Das Verlangen der Beklagten nach Einhaltung der Vorschrif-ten der katholischen Glaubens- und Sittenlehre steht auch imEinklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.Dem Kläger steht freilich das Recht auf freie Entfaltung seinerPersönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und auf Schutz der Ehe(Art. 6 Abs. 1 GG) zu. Diese Grundrechte umfassen regelmäßigauch die Freiheit, eine zweite Ehe einzugehen. Die Gestaltungdes privaten Lebensbereichs steht außerhalb der Einfluss-sphäre des Arbeitgebers und wird durch arbeitsvertraglichePflichten nur insoweit eingeschränkt, wie sich das private Ver-halten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Stö-rungen führt. Berührt außerdienstliches Verhalten den ar-beitsvertraglichen Pflichtenkreis nicht, so ist der Arbeitgeberregelmäßig nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenenUmstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch denAusspruch einer Kündigung zu missbilligen (BAG v.10.9.2009 – 2 AZR 257/08, Rn 20; BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR447/03, Rn 43).Die Grundrechte des Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6Abs. 1 GG bestehen jedoch nicht uneingeschränkt. Nach demBeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4.6.1985 (– 2BvR 1718/83), dem das Bundesarbeitsgericht in ständigerRechtsprechung gefolgt ist (so z.B. BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR139/00, Rn53; BAGv. 24.4.1997–2AZR268; BAGv. 18.11.1986–7 AZR 274/85), kommt das durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137Abs. 3 WRV verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs-und Selbstverwaltungsrecht neben den verfassten Kirchenauch den ihnen zugeordneten, insbesondere karitativen Ein-richtungen zu (BVerfG v. 4.6.1985 – 2 BvR 1718/83). Die Verfas-

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Rechtsprechung

BestandsschutzBestandsschutz

sungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts ge-währleistet den Kirchen darüber zu befinden, welche Dienstees in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechts-formen sie wahrzunehmen sind. Die Kirchen können sich da-bei der staatlichen Privatautonomie bedienen, um ein Arbeits-verhältnis zu begründen und zu regeln (BVerfGE 4.6.1985 –2 BvR 1718/83).Bedienen sich die Kirchen wie jedermann der Privatautono-mie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet aufdiese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbezie-hung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Ar-beitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den „eige-nen Angelegenheiten“ der Kirche i.S.v. Art. 140 GG, Art. 137Abs. 3 WRV nicht auf. Das ermöglicht es den Kirchen, in denSchranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichenDienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu diespezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer ver-bindlich zu machen. Werden Loyalitätsanforderungen in ei-nem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitge-ber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in An-spruch; er macht zugleich von seinem verfassungskräftigenSelbstbestimmungsrecht Gebrauch (BVerfG 4.6.1985 – 2 BvR1718/03).Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand desArbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sichnach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben.Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnenbetroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Mei-nungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflusst seinkann, noch auf diejenige breiter Kreise unter Kirchenmitglie-dern oder gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundenerMitarbeiter an (BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR 139/00). Die Arbeits-gerichte haben die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe fürdie Bewertung einzelner Loyalitätsanforderungen zugrundezu legen, soweit die Verfassung das Recht der Kirche aner-kennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grund-sätzlich den verfassten Kirchen überlassen, verbindlich zu be-stimmen, was die „Glaubwürdigkeit der Kirche und der Ein-richtung, in der sie beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5Abs. 5 GrO) erfordert, welches die zu beachtenden „Grund-sätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre“ sind (vgl.Art. 4 Abs. 1 GrO) und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5Abs. 2 GrO) aus „kirchenspezifischen Gründen“ als „schwer-wiegend“ anzusehen sind. Auch die Entscheidung darüber, obund wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbei-ter eine Abstufung der Loyalitätsanforderungen eingreifensoll (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 GrO), ist grundsätzlich einedem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende An-gelegenheit (vgl. BAG v. 21.2.2001 – 2 AZR 139/00; bestäti-gend: EGMR 3.2.2011 – 18136/02). Unter Berücksichtigung derdamit maßgeblichen kirchlichen Vorschriften hat die Beklagtedas Vorliegen eines schwerwiegenden zur Kündigung berech-tigenden Loyalitätsverstoßes nicht hinreichend dargelegt.

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Nach Art. 5 Abs. 2 GrO in der Fassung vom 27.4.2015 kommtdie Wiederheirat als Kündigungsgrund in Betracht, wenndiese Handlung nach den konkreten Umständen objektiv ge-eignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaftoder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaub-würdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen.Die Beklagte hat nicht dargelegt, weshalb die Wiederheiratdes Klägers im vorliegenden Fall geeignet sein soll, ein erheb-liches Ärgernis im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GrO zu erregen unddie Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen. Entgegendes schriftsätzlichen Vortrags der Beklagten in diesem Rechts-streit ist der Kläger bei Ausspruch der Kündigung nicht mehrals Einrichtungsleiter bei ihr beschäftigt gewesen. Dies ergibtsich eindeutig aus dem Zeugnis, das die Beklagte dem Klägerunter dem 20.7.2018 übersandt hat. Darin wird ausgeführt,dass der Kläger ab dem 24.7.2017 im Auftrag des Vorstandesmit Rechercheaufgaben und der Konzepterstellung für Pro-jekte beschäftigt worden ist. Diesen Zeugnisinhalt muss dieBeklagte gegen sich gelten lassen (vgl. BAG v. 8.2.1972 – 1AZR 189/71). Der Kläger ist danach jedenfalls zum Zeitpunktder Kündigung nicht als Einrichtungsleiter St. Barbara Hauseingesetzt worden. Dies wurde im Übrigen im Kammerterminam 14.8.2018 schließlich von der Beklagten unstreitig gestellt.Die Frage, ob der Kläger als „Einrichtungsleiter“ überhaupt als„leitender Mitarbeiter“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 Satz 2 s. HS GrO zuqualifizieren wäre, obwohl er weder Einstellungs- noch Entlas-sungsbefugnis hat und zur Wahl der Mitarbeitervertretungzugelassen ist, kann daher dahin stehen.Im Übrigen ist Art. 5 GrO Lex Specialis zu Art. 4 GrO und regeltdas Vorgehen bei Verstößen gegen Loyalitätsobliegenheiten.ln Art. 5 Abs. 2 Nr. 2c) 2 HS sowie Art. 5 Abs. 3 S. 2 der neuenFassung der GrO vom 27.4.2015 ist die Weiterbeschäftigungim Falle eines Loyalitätsverstoßes in der Regel nur für Mitar-beiterinnen und Mitarbeiter ausgeschlossen, die pastoral, ka-techetisch, aufgrund einer Missio canonica oder einer sonsti-gen schriftlich erteilten bischöflichen Beauftragung beschäf-tigt werden. Leitende Mitarbeiter sind dort ausdrücklich nichtmehr aufgeführt.Die Beklagte hat nicht vorgetragen hat, dass und weshalb dieEingehung der zweiten Ehe durch den Kläger nach den kon-kreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Är-gernis in der Dienstgemeinschaft der Beklagten oder im be-ruflichen Wirkungskreis des Klägers zu erregen und die Glaub-würdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen. Sie hat damit diesenach der GrO für die Annahme des Vorliegens eines schwer-wiegenden Loyalitätsverstoßes erforderlichen Voraussetzun-gen gem. Art. 5 Abs. 2 Nr. 2c) nicht substantiiert und unter Be-weisantritt vorgetragen. Hierbei wäre auch zu berücksichti-gen gewesen, dass die Beklagte mindestens 5 weitere Mitar-beiter beschäftigt, die in zweiter Ehe verheiratet sind. Die Wie-derheirat ist daher im Betrieb der Beklagten offensichtlichnicht in jedem Fall ein erhebliches Ärgernis für die Dienstge-

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Rechtsprechung

Bestandsschutz Bestandsschutz

meinschaft. Substantiierten Vortrages und Beweisantritteshätte es insoweit jedenfalls bedurft.6. Darüber hinaus wäre die Kündigung – das Vorliegen einesschweren Loyalitätspflichtverstoßes unterstellt – nach Auffas-sung der erkennenden Kammer auch mangels erforderlicherEinzelfallabwägung gern. Art 5 Abs. 3 GrO unwirksam. (…)7. Schließlich erweist sich die Kündigung als unverhältnismä-ßig wegen Missachtung der Verfahrensvorschrift des Art. 5Abs. 1 GrO. Nach Art. 5 Abs. 1 GrO muss der kirchliche Dienst-geber, wenn ein Mitarbeiter die Beschäftigungsanforderun-gen nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“, d.h. „ein klärendesGespräch“ zu erreichen versuchen, dass der Mitarbeiter die-sen Mangel auf Dauer beseitigt. Im vorliegenden Fall ist dieBeklagte dieser Verpflichtung nicht nachgekommen.8. Da die Kündigung aus den oben aufgeführten Gründen un-wirksam ist, kommt es auf die Rechtsfrage ob eine Benachteili-gung des Klägers wegen seiner Religionszugehörigkeit vor-liegt, bzw. ob ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungs-grundsatz im Rahmen der Interessenabwägung berücksichti-gungsfähig ist oder nicht, nicht an. Die Entscheidung desBVerfG v. 22.10.2014 – 2 BbR 661/12 sowie das nachfolgendeVerfahren beim EuGH (C- 68/17) waren daher für den hiesigenRechtsstreit nicht maßgeblich.■ Arbeitsgericht Hagenvom 14.8.2018 – 4 Ca 1514/17eingereicht von Rechtsanwalt Gerd PfeifferMärkischer Ring 114, 58097 HagenTel.: 02331/109410, Fax: 02331/109435www.pfeiffer-theus.de

118. Außerordentliche Kündigung, Vorlage gefälschterAtteste, Zwei-Wochen-Frist, Hemmung der Frist (nur)durch konkret darzulegende Ermittlungsmaßnahmen

Aus den Entscheidungsgründen:Gemäß § 626 Abs. 2 BGB kann die Kündigung nur innerhalbvon zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeit-punkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für dieKündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Diesist der Fall, sobald er eine zuverlässige und möglichst vollstän-dige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm dieEntscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnisfortsetzen soll oder nicht. Zu den maßgebenden Tatsachengehören sowohl die für als auch die gegen eine Kündigungsprechenden Umstände (BAG v. 20.3.2014 – 2 AZR 1037/12;BAG v. 21.2.2013 – 2 AZR 433/12). Der Kündigungsberech-tigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat,der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte,kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungenanstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Fristdes § 626 Abs. 2 BGB zu laufen begänne. Dies gilt allerdingsnur so lange, wie er aus verständigen Gründen mit der gebo-tenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassendeund zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts ver-

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schaffen sollen (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG v.20.3.2014 – 2 AZR 1037/12). Solange zur Aufklärung des Sach-verhalts nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig erschei-nende Maßnahmen durchgeführt werden, läuft die Aus-schlussfrist nicht an. Um den Lauf der Frist nicht länger alsnotwendig hinauszuschieben, muss – sofern der Kündigungs-gegner angehört werden soll – die Anhörung innerhalb einerkurzen Frist erfolgen. Diese Frist darf im Allgemeinen undohne dass besondere Umstände vorlägen, nicht mehr als eineWoche betragen (BAG v. 20.3.2014-2 AZR 1037/12; BAG v.27.1.2011 – 2 AZR 825/09). (…)In Anwendung dieser Grundsätze hat die Beklagte die Kündi-gungserklärungsfrist nicht eingehalten. Die am 8.11.2017 aus-gesprochene und dem Kläger am 9.11.2017 zugegangeneKündigung ist nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist erfolgtDer Kündigungsberechtigte Herr H. hatte jedenfalls ab dem20.9.2017 hinreichende Kenntnis von dem Kündigungssach-verhalt. Die Beklagte hat nicht dargelegt, welche konkretenErmittlungen sie in der Zeit vom 15.9.2017 bis zum Ausspruchder Kündigung oder jedenfalls bis zum 13.10.2017 angestellthat. Die Beklagte hat auch die spätere Anhörung des Klägersnicht in der gebotenen Eile durchgeführtDie mit der Prüfung des Sachverhalts betrauten Mitarbeiterhatten aufgrund der E-Mail des Herrn Dr. med. K. vom15.9.2017 seit diesem Zeitpunkt Kenntnis davon, dass die E-Mails und die Atteste nicht von dem vermeintlichen Ausstellerstammten. Dies hat Herr Dr. med. K. eindeutig in seiner E-Mailzum Ausdruck gebracht. Der Kläger hat sodann am 18.9.2017ausdrücklich um ein Gespräch zur Aufklärung des Sachver-halts gebeten. Er hat bereits in diesem Telefonat gegenüberHerrn S. seinen Fehler eingeräumt und geäußert, dass erAngst vor einer fristlosen Kündigung habe. Es war mithin spä-testens zu diesem Zeitpunkt klar, dass der Kläger selbst die E-Mails verfasst hatte. Die Einzelheiten des Sachverhalts über-mittelte Herr S. am 20.9.2017 in seinem Prüfungsvermerk anden Kündigungsberechtigten Herrn H. In diesem wurde zwardas Telefonat zwischen dem Kläger und Herrn S. nicht er-wähnt, jedoch wurde der wesentliche Sachverhalt konkretmitgeteilt. Ab diesem Zeitpunkt ist von dem Beginn der Fristdes § 626 Abs. 2 BGB auszugehen ist, da in dem Prüfungsver-merk jedenfalls die kündigungsrelevanten Tatsachen mitge-teilt wurden.Die Beklagte hat den Sachverhalt in der Folge dem Justiziariatzur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Die Prüfungen dort warenam 11.10.2017 abgeschlossen! Das Justiziariat wies dabei da-rauf hin, dass die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2BGB bereits abgelaufen sei. Erstmals am 13.10.2017 hörte dieBeklagte den Kläger zu dem Sachverhalt an. Es ist dabei nichtnachvollziehbar, welche konkreten Ermittlungen die Beklagtein der Zeit vom 20.9.2017 bis zum 11.10.2017, mithin in einemZeitraum von drei Wochen, angestellt haben will. Die Beklagtehat nicht dargelegt, dass sie aus verständigen Gründen mitder gebotenen Eile Ermittlungen durchführt hat, die ihr eine

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Rechtsprechung

BestandsschutzBestandsschutz

umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssach-verhalts verschaffen sollten. Die Beklagte hat behauptet, dasseine rechtliche Prüfung erforderlich gewesen sei. Sie hat pau-schal behauptet, dass sie geprüft habe, ob die Aussage desHerrn Dr. med. K. vom 15.9.2017, dass die vorherigen E-Mailsnicht von ihm stammen würden, der Wahrheit entsprecheund ob der Kläger hierzu in Verbindung stehe. Weiter behaup-tet sie pauschal, die Ermittlungen seien am 11.10.2017 abge-schlossen gewesen. Dieser unsubstanziierte Vortrag ist in An-betracht der oben genannten Anforderungen an die Darle-gungslast der erforderlichen Ermittlungen ungenügend. Es istweder erkennbar welche Tatsachen konkret ermittlungsbe-dürftig gewesen sein sollen noch welche weiteren Ermittlun-gen erforderlich gewesen sollen. Es ist nichts dazu vorgetra-gen, welche Ermittlungen die Beklagte vorgenommen habenwill. Auch die Behauptung, es sei eine rechtliche Prüfung er-forderlich gewesen und es sei zu prüfen gewesen, welcheStraftatbestände ggf. erfüllt seien, ersetzt nicht einen substan-tiierten Vortrag dazu, welche Ermittlungen warum erforder-lich waren und angestellt worden sind. NachvollziehbareGründe für eine Ermittlungsdauer von drei Wochen sind je-denfalls nicht genannt.■ Arbeitsgericht Frankfurt / Mainvom 17.5.2018 – 12 Ca 8088/17eingereicht von Rechtsanwalt Stefan SchneiderAuf dem Hohenstein 5, 61231 Bad NauheimTel.: 06032/9268722, Fax: 06032/9268724www.arbeitsrecht-wetterau.de

119. Außerordentliche Kündigung, private Haushaltshilfeauf Kosten des Arbeitgebers, Darlegungs- undBeweislast für Entschuldigungsgründe

Aus den Entscheidungsgründen:Weiterhin war vorliegend jedenfalls die Vergütung von Frau Krzu Lasten der Beklagten für Leistungen im Haushalt des Klä-gers auch im konkreten Einzelfall geeignet, eine außerordent-liche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zurechtfertigen. (…)Der Kläger hat in eigenem Namen einen geringfügigen Ar-beitsvertrag mit Frau Kr über die Erbringungen von Haus-haltsleistungen im Umfang von 32 Stunden pro Kalendermo-nat abgeschlossen. Sodann wurde Frau Kr von dem Kläger alsgeringfügige Angestellte der Beklagten angemeldet und be-zog ihre Vergütung seit März 2016 von dieser. Der Umfang dervon Frau Kr bezogenen Vergütung entspricht im Wesentli-chen der für den Kläger erbrachten Arbeitsleistung im Um-fang von 32 Stunden pro Kalendermonat und lag nur in eini-gen Monaten wenige Stunden oberhalb der mit dem Klägerarbeitsvertraglich vereinbarten Stunden. Auch der Kläger hatnicht behauptet bzw. dargelegt, ob und ggf. wann Frau Kr Ar-beitsleistungen für die Beklagte erbracht haben soll. Dement-sprechend wurde das von Frau Kr bezogene Arbeitsentgeltinsgesamt für die bei dem Kläger erbrachten Arbeitsleistun-

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gen gezahlt. Damit aber hat der Kläger Leistungen von der Be-klagten bezogen, für die keine Veranlassung bestand undhierdurch das Vermögen der Beklagten geschädigt.Soweit der Kläger den unentgeltlichen Bezug der Leistungenvon Frau Kr damit zu rechtfertigen versucht, dass dies auf ei-ner Absprache zwischen ihm und dem Geschäftsführer derBeklagten beruhe, kann der Kläger diesen Einwand nicht hin-reichend substantiiert und unter Beweisantritt darlegen.Grundsätzlich ist der kündigende Arbeitgeber verpflichtet,alle Umstände darzulegen und zu beweisen, die eine Kündi-gung begründen. Hierzu gehören auch die Tatsachen, die ei-nen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund für das Ver-halten des Arbeitnehmers ausschließen (vgl. BAG v.17.3.2016 – 2 AZR 110/15). Allerdings darf es nicht zu einerÜberforderung der mit der Darlegungs- und Beweislast beleg-ten Partei kommen, so dass sich ihr Umfang danach richtet,wie substantiiert sich der gekündigte Arbeitnehmer auf dieKündigungsgründe einlässt. Es gilt eine abgestufte Verteilungder Darlegungs- und Beweislast (LAG Rheinland-Pfalz v.3.7.2014 – 5 Sa 27/14). Nicht ausreichend ist es, dass der ge-kündigte Arbeitnehmer Rechtfertigungsgründe pauschalohne nähere Substantiierung vorbringt (BAG v. 19.12.1991 – 2AZR 367/91; vgl. ferner BAG v. 17.3.2016 – 2 AZR 110/15). Viel-mehr ist der Arbeitnehmer nach § 138 Abs. 2 ZPO gehalten,die Gründe, aus denen er seine Rechtfertigungsgründe herlei-ten will, ausführlich vorzutragen, um damit die seitens des Ar-beitgebers gegen ihn erhobenen Vorwürfe hinreichend zubestreiten (BAG v. 19.12.1991 – 2 AZR 367/91). Entsprechendist eine konkrete Angabe der dem Rechtsfertigungsgrund zu-grundeliegenden Tatsachen erforderlich, damit der Arbeitge-ber diese gegebenenfalls konkret bestreiten kann (vgl. BAG v.19.12.1991 – 2 AZR 367/91). Kommt der Arbeitnehmer in einersolchen Prozesslage seiner sekundären Darlegungslast nichtnach, gilt das tatsächliche Vorbringen des Arbeitgebers i.S.v.§ 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden (BAG v. 17.3.2016 – 2 AZR110/15).Soweit der Kläger sich mithin darauf beruft, dass er in einemGespräch im Januar 2016 mit dem Geschäftsführer der Be-klagten vereinbart habe, dass Frau Kr auch für diesen arbeitenund daher einen Arbeitsvertrag der Beklagten erhalten solle,hat der Kläger die zu seiner Entlastung vorgetragenen Tatsa-chen nicht hinreichend konkret dargelegt. Insbesondere kon-kretisiert der Kläger nicht, wann und unter welchen Umstän-den das entsprechende Gespräch zwischen ihm und dem Ge-schäftsführer der Beklagten stattgefunden haben soll. Auchkönnen seitens des Klägers keine Zeugen für dieses Gesprächbenannt werden, lediglich das Gesprächsergebnis sei auchFrau Kr mitgeteilt worden. Damit aber kann der Kläger nichtsubstantiiert darlegen, dass die Bezahlung von Frau Kr durchdie Beklagte mit dieser abgesprochen war. Mangels hinrei-chend substantiiertem Tatsachenvortrag des Klägers wannund mit welchem konkreten Inhalt das Gespräch mit dem Ge-schäftsführer der Beklagten stattgefunden haben soll, durftesich die Beklagte insoweit darauf beschränken, konkret zu be-

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Personalvertretungsrecht Personalvertretungsrecht

streiten, dass ein solches Gespräch stattgefunden hat. Es wäresodann an dem Kläger, substantiiert und unter Beweisantrittzu dem Gesprächsdatum und -verlauf vorzutragen. (…) Mit-hin ist nach dem beiderseitigen Tatsachenvortrag sowie denunstreitigen Tatsachen festzustellen, dass der Kläger eineHaushaltshilfe auf Kosten der Beklagten eingestellt hat, ohnehierzu berechtigt gewesen zu sein. Hierdurch hat der Klägerdas Vermögen der Beklagten geschädigt. Eine solche Vermö-gensschädigung ist geeignet, einen wichtigen Grund für eineaußerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klä-gers darzustellen.■ Arbeitsgericht Kölnvom 11.10.2017 – 20 Ca 7976/16eingereicht von Rechtsanwalt Rolf Krügermeyer-KalthoffHauptstraße 331, 51143 KölnTel.: 02203/955670, Fax: 02203/9556713

120. Auflösungsantrag nach Betriebsübergang

Ein Arbeitgeber, der eine Kündigung vor einem Betriebsüber-gang ausgesprochen hat, ist wegen des Verlustes der Arbeit-geberstellung durch den Betriebsübergang nicht mehr aktiv-legitimiert für einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhält-nisses, wenn der Auflösungszeitpunkt zeitlich nach dem Be-triebsübergang liegt (im Anschluss an BAG v. 24.5.2005 – 8AZR 246/04).■ Landesarbeitsgericht Düsseldorfvom 23.5.2018 – 1 Sa 762/17

121. Auflösungsantrag, leitender Angestellter,Personalkompetenz als prägende Aufgabe

Auch wenn der Arbeitnehmer Mitglied der ersten Führungs-ebene und leitender Angestellter i.S.d. Betriebsverfassungsge-setzes ist, gehört er bei vertraglich eingeräumter Einstellungs-und Entlassungsbefugnis dem Personenkreis der leitendenAngestellten i.S.v. § 14 Abs. 2 KSchG nur an, wenn die ihm ein-geräumten Personalkompetenzen tatsächlich prägend fürsein Aufgabengebiet sind. Werden sie auf Unternehmens-ebene u.a. durch Strategieentscheidungen und kollektivrecht-liche Regelungen beschränkt und haben sie im Ergebnis nurnoch eine untergeordnete Bedeutung, bedarf der Antrag desArbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses einer Be-gründung.■ Landesarbeitsgericht Düsseldorfvom 23.5.2018 – 1 Sa 762/17

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Betriebsverfassungsrecht/Personalvertretungsrecht

122. Betriebsvereinbarung, Ablösung betrieblicherÜbung zu Ungunsten des Arbeitnehmers

Aus den Entscheidungsgründen:Es stellt sich die Frage, ob die Ansprüche aus betrieblicherÜbung nicht „betriebsvereinbarungsoffen“ sind. 2009 hat dasBAG das zwar verneint (BAG 3.8.2009 – 10 AZR 483/08), es be-steht aber die Tendenz, dass kollektive Regelungsgegen-stände (wozu eine betriebliche Übung gehört) auch betriebs-vereinbarungsoffen sind (LAG Düsseldorf v. 7.7.2017 – 6 Sa172/17).Die Berufung war aufgrund der grundsätzlichen Frage, obeine betriebliche Übung noch als betriebsvereinbarungsoffenanzusehen ist, nach § 64 Abs. 3 Ziffer 1 ArbGG zuzulassen.■ Arbeitsgericht Kaiserslauternvom 13.3.2018 – 3 Ca 53/18eingereicht von Rechtsanwalt Uwe KistnerJakob-Schiffer-Straße 2, 67304 EisenbergTel.: 06351/132630, Fax: 06351/132633www.kanzlei-kistner.de

123. Betriebsrat, Mitbestimmung, keinUnterlassungsanspruch bei (bereits durchgeführter)Betriebsänderung

Aus den Entscheidungsgründen:Ob dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung einer Be-triebsänderung bis zum Abschluss der Verhandlungen übereinen Interessenausgleich zusteht oder ob im Rahmen des§ 111 BetrVG ein Unterlassungsanspruch bereits vom Grund-satz her nicht in Betracht kommt, ist umstritten.Teilweise wird ein solcher Anspruch wegen der fehlenden ge-setzlichen Regelung und unter Hinweis auf den Nachteilsaus-gleich in § 113 BetrVG grundsätzlich verneint (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 21.10.2009 – 20 TaBVGa 1/09; LAG Nürnbergv. 9.3.2009 – 6 TaBVGa 2/09; LAG Rheinland-Pfalz v.24.11.2004 – 9 TaBV 29/04). Dieser Auffassung hat sich die Be-schwerdekammer im Beschl. v. 27.8.2014 – 4 TaBVGa 4/14 an-geschlossen.Nach anderer Ansicht steht dem Betriebsrat ein Anspruch aufUnterlassung einer Betriebsänderung bis zum Zustandekom-men oder endgültigen Scheitern eines Interessenausgleichszu, da nur auf diese Weise der Verhandlungsanspruch des Be-triebsrats nach § 112 BetrVG hinsichtlich des Interessenaus-gleichs gesichert werden könne (vgl. LAG Hamm v.17.2.2015 – 7 TaBVGa 1/15; LAG Schleswig-Holstein v.15.12.2010 – 3 TaBVGa 12/10).Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, welcher der vorge-nannten Auffassungen zu folgen ist. Selbst wenn man davonausgeht, dass im Zusammenhang mit Betriebsänderungeni.S.v. § 111 BetrVG grundsätzlich Unterlassungsansprüche des

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BetriebsverfassungsrechtBetriebsverfassungsrecht

Betriebsrats jedenfalls zur Sicherung seines Verhandlungsan-spruchs denkbar sind, sind die Voraussetzungen für einenderartigen Anspruch vorliegend nicht (mehr) gegeben. EinAnspruch des Betriebsrats auf Unterlassung einer Betriebsän-derung besteht jedenfalls dann nicht (mehr), wenn die Be-triebsänderung bereits durchgeführt worden ist.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 22.3.2018 – 4 TaBV 20/17

124. Betriebsrat, Mitbestimmung, keine einstweiligeUnterlassungsverfügung nach Blockade desEinigungsstellenverfahrens durch Betriebsrat

Aus den Entscheidungsgründen:Es liegt indes ein Verfügungsgrund nicht vor.Unter Verfügungsgrund ist die Dringlichkeit einer regelndenEntscheidung zu verstehen. Sie muss notwendig sein, um zuverhindern, dass durch eine Veränderung des bestehendenZustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereiteltoder erschwert wird oder um sonstige wesentliche Nachteileabzuwenden, §§ 935, 940 ZPO.An sich ist die Dringlichkeit in Fällen, in denen der Arbeitge-ber einseitig Maßnahmen, die dem Mitbestimmungsrecht desBetriebsrats unterliegen, durchführt oder durchführen will, zubejahen, wenn der Zeitablauf dazu führen würde, dass der Ar-beitgeber die Maßnahme unter Verletzung des Mitbestim-mungsrechts faktisch erzwingen könnte. Vorliegend kann dasMitbestimmungsrecht des Antragstellers zwar nicht mehrwahrgenommen werden, wenn der 15.6.2018 verstrichen istund sich damit auch die eingesetzte Einigungsstelle erledigthat.Ein Verfügungsgrund ist indes dann zu verneinen, wenn derAnspruchsteller selbst dazu beigetragen hat, dass eine Ent-scheidung über den Streit erforderlich wird und diese nun-mehr wegen des Zeitablaufs nicht mehr im Hauptsachever-fahren erhältlich ist. Dieser Grundsatz ist allgemein anerkanntund gilt in der Regel dann, wenn der Gläubiger des Anspruchslange zugewartet hat, bis er gerichtliche Hilfe in Anspruch ge-nommen hat (Zoller, Kommentar zur Zivilprozessordnung,32. Aufl., Rn 4 f. zu § 940).Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben. Allerdings ist nicht da-rauf abzustellen, ob und wann der Antragsteller gerichtlicheHilfe hätte in Anspruch nehmen können. Vielmehr ist ent-scheidend, ob die Einigungsstelle hätte angerufen werdenkönnen.Gelingt es dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber nicht, sichüber einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand zu eini-gen, ist im weiteren Verlauf nicht das Arbeitsgericht anzuru-fen. Vielmehr ist in den Fällen der Mitbestimmung jeweils ge-setzlich bestimmt, dass die Einigungsstelle anzurufen sei. Sogilt im hierzu entscheidenden Fall § 87 Abs. 2 BetrVG, der vor-sieht, dass in den Fällen, in denen es eine Einigung über eineAngelegenheit nach Abs. 1 nicht gibt, die Einigungsstelle ent-scheidet. Das Betriebsverfassungsgesetz hat somit eine klare

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Regelung für den Fall geschaffen, wie zu verfahren ist, wennArbeitgeber und Betriebsrat bezüglich einer mitbestim-mungspflichtigen Angelegenheit gemeinsam keine Lösungfinden.Der Antragsteller hat es unter Verstoß gegen den Grundsatzder vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) ver-hindert, dass die Frage der Verlängerung der Arbeitszeit in derEinigungsstelle geklärt wurde. Zwar oblag es nicht dem An-tragsteller, die Einigungsstelle anzurufen und ihr Zustande-kommen zu initiieren. Die Einigungssteile entscheidet nur,wenn dies eine oder beide Betriebsparteien beantragen. In al-ler Regel wird, wenn nur eine Betriebspartei die Veränderungeines bestehenden Zustandes anstrebt, es diese Partei sein,die aktiv wird, um eine Einigungsstelle zu beauftragen.Der Antragsteller hat indes die Bemühungen der Antragsgeg-nerin, die Angelegenheit in die Einigungsstelle zu bringen,unterlaufen. Die Antragsgegnerin hat bereits am 5.4.2018beim Antragsteller beantragt, die Zustimmung zur längerenÖffnungszeit am 15.6.2018 zu erteilen. Dies hat der Antrag-steller unter dem 19.4.2018 abgelehnt. Ein Betriebsrat ist nichtverpflichtet, die Zustimmung zu einer mitbestimmungspflich-tigen Maßnahme zu erteilen. Er kann sie vielmehr verweigern,ohne dass dies überhaupt begründet werden muss.Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller unter dem9.5.2018 darauf hingewiesen, dass, nachdem eine Einigungnicht zustande gekommen sei, die Einigungsstelle zu befin-den habe. Sie hat dem Antragsteller einen konkreten Vor-schlag unterbreitet, wer den Vorsitz der Einigungsstelle über-nehmen und wie viele Beisitzer teilnehmen sollten. Der An-tragsteller sollte sich bis 11.5.2018 äußern.Der Antragsteller hat es unterlassen, eine Erklärung abzuge-ben. Er hat der Einigungsstelle und ihrer von der Antragsgeg-nerin vorgeschlagenen Besetzung weder zugestimmt nochhat er Einwendungen dagegen vorgebracht. Vielmehr hat ergeschwiegen mit der Folge, dass die Antragsgegnerin gehal-ten war, gemäß § 100 ArbGG das Arbeitsgericht Nürnberg an-zurufen.Dem Antragsteller war bekannt, dass die Angelegenheit nurdurch eine Einigungsstelle geklärt werden konnte und dasssie eilbedürftig war. Soweit er sich darauf beruft, es bestehekeine rechtliche Verpflichtung, sich einer Einigungsstelle ohneentsprechende gerichtliche Entscheidung zu stellen, ist diesnur grundsätzlich zutreffend. Die Arbeitsgerichte werden, wiealle anderen Gerichte auch, vorgehalten, um Streitigkeiten zuregeln und so den Rechtsfrieden zu gewährleisten. Demge-genüber hat der Antragsteller die Antragsgegnerin offensicht-lich in das Verfahren nach § 100 ArbGG gezwungen, um Zeitzu gewinnen und sich den Verhandlungen in einer Einigungs-stelle und einem etwaigen von ihm nicht gewünschtenSpruch zu entziehen. So hat der Antragsteller weder vorge-richtlich noch im Termin am 6.6.2018 im Verfahren beim Ar-beitsgericht Nürnberg selbst Einwendungen erhoben, die dieBesetzung der Einigungsstelle betrafen, sondern lediglich gel-

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Rechtsprechung

Personalvertretungsrecht Personalvertretungsrecht

tend gemacht, die (dortige) Antragstellerin solle den Antragzurücknehmen, da eine inhaltliche Lösung der Thematik nichtmehr erreicht werden könne. Dies war objektiv falsch, da auchnach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Nürnberg vom6.6.2018 eine Sitzung der Einigungssteile ohne weiteres hättestattfinden können, hätte der Antragsteller nicht angekün-digt, gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Beschwerdeeinlegen zu wollen, obwohl auch zu diesem Zeitpunkt Ein-wendungen nicht erhoben waren.Der Antragsteller hat es demgemäß ohne sachliche Begrün-dung unterlassen, das Instrumentarium, das der Gesetzgeberzur Verfügung gestellt hat, um dem Mitbestimmungsrechtdes Betriebsrats Geltung zu verschaffen, in Anspruch zu neh-men, ohne dass hierfür ein sachlich einleuchtender Grund er-sichtlich ist. Insbesondere wäre es spätestens ab Mitte Mai2018 ohne weiteres möglich gewesen, in der Einigungssteileeine Lösung des Problems zu erreichen, nötigenfalls durch ei-nen Spruch. Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, erhabe aus der Belegschaft in Nürnberg klar den Auftrag erhal-ten, der Sonderöffnung nicht zuzustimmen, ist dies unerheb-lich. Der Betriebsrat hat kein imperatives Mandat, sondernführt sein Amt eigenverantwortlich, wobei er insbesondereden Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit zu be-rücksichtigen hat.Nur am Rande sei angemerkt, dass insbesondere die Einwen-dungen des Antragstellers gegen die Verlängerung der Öff-nungszeiten in der Einigungsstelle besprochen worden wärenund nach aller Erfahrung auch sonstige, vorzugsweise finanzi-elle Anreize für die Beschäftigten hätten gefunden werdenkönnen.Der vom Antragsteller geltend gemachte Unterlassungsan-spruch soll das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats si-chern. Nachdem sich der Antragsteller ohne plausiblen Grundder Einigungsstelle entzogen und damit selbst verursacht hat,dass sein Mitbestimmungsrecht im Ergebnis nicht zum Tragengekommen ist, fehlt es am Verfügungsgrund.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 15.6.2018 – 3 TaBVGa 2/18eingereicht von Rechtsanwältin Linda PouyadouSteingasse 13, 86150 AugsburgTel.: 0821/7101030, Fax: 0821/71010399www.hsk-arbeitsrecht.de

125. Einigungsstelle, Anzahl der Beisitzer,Regelbesetzung mit zwei Beisitzern

1. Bei der gerichtlichen Festsetzung der Anzahl der Beisitzereiner Einigungsstelle ist zu berücksichtigen, dass Effizienz undArbeitsfähigkeit der Einigungsstelle unter einer zu hohen An-zahl von Beisitzern leiden können und dass die Einigungs-stelle nach § 76 Abs. 3 Satz 1 BetrVG einen gesetzlichen Auf-trag nicht nur zur unverzüglichen Aufnahme ihrer Tätigkeit,sondern auch zur zügigen und konzentrierten weiterenDurchführung des Verfahrens bis zu seinem Abschluss hat.

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2. Im Regelfall ist eine Einigungsstelle mit je zwei Beisitzernauf jeder Seite zu besetzen. Das entspricht der üblicherweiseerforderlichen Besetzung auf beiden Seiten mit je einer –meist internen – die betrieblichen Gegebenheiten und Sach-fragen kennenden und einer – oft externen – rechtskundigenPerson (h.M., vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 12.7.2017 – 4 TaBV23/17; LAG Hamm v. 10.8.2015 – 7 TaBV 43/15; LAG Düsseldorfv. 4.2.2013 – 9 TaBV 129/12; Hessisches LAG v. 3.11.2009 – 4TaBV 185/09; LAG Hamm v. 9.2.2009 – 10 TaBV 191/08; Fitting,BetrVG, § 76 Rn 20; GMP/Künzl, ArbGG, Anhang I. „Einigungs-stellenverfahren“ Rn 67 f.; Kliemt, in: Schwab/Weth, ArbGG,Anhang „Einigungsstellenverfahren“ Rn 80m.w.N.; a.A. DKKW/Berg, BetrVG, § 76 Rn 27 f.).3. Im Übrigen richtet sich die Anzahl der Beisitzer nach folgen-den Kriterien und kann dann je nach den Gegebenheiten desEinzelfalles eine höhere oder niedrigere als die Regelbeset-zung rechtfertigen:● Schwierigkeit und Umfang der Regelungsstreitigkeit● Zumutbarkeit der mit einer höheren Beisitzerzahl verbun-

denen Kostenbelastung des Arbeitgebers● Bedeutung der Angelegenheit nur, soweit sich bei außer-

gewöhnlich weitreichenden Auswirkungen der Entschei-dung der Einigungsstelle schon hieraus die Notwendigkeiteiner personellen Verstärkung ihrer Fachkompetenz ergibt.

4. Irrelevant für die Bemessung der Beisitzerzahl ist die Be-triebsgröße als solche. Ihr kann im Einzelfall bei der Beurtei-lung der Bedeutung der Angelegenheit Relevanz zukommen.Eine in ihren Auswirkungen relativ unbedeutende Angelegen-heit wie eine Schulungsmaßnahme wird aber nicht allein des-halb bedeutender, weil sie für besonders viele Mitarbeiter re-lativ unbedeutende Auswirkungen hat.■ Landesarbeitsgericht Düsseldorfvom 8.5.2018 – 3 TaBV 15/18

126. Sozialplan, Sprinterprämie in freiwilliger BV,Stichtagsregelung

Die Betriebsparteien können bei einer möglichen Betriebsän-derung im Interesse des Arbeitgebers zusätzlich zu einem So-zialplan in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung Leistungenfür den Fall vorsehen, dass der Arbeitnehmer von der Mög-lichkeit zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinenGebrauch macht oder nach Abschluss der Betriebsvereinba-rung einen Aufhebungsvertrag schließt. Sie dürfen Arbeitneh-mer hiervon ausnehmen, die vor einem Stichtag, der vor demAbschluss der Betriebsvereinbarung liegt, bereits einen Auf-hebungsvertrag geschlossen hatten.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 16.1.2018 – 6 Sa 359/17

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Rechtsprechung

SonstigesSonstiges

Tarifrecht

127. TV FlexAZ, kein Anspruch auf Altersteilzeit inBetrieben unter 40 Beschäftigten

In Verwaltungen/Betrieben kommunaler Arbeitgeber mit we-niger als 40 Tarifbeschäftigten besteht kein Anspruch auf Ver-einbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach § 4 TVFlexAZ (Tarifvertrag zu flexiblen Arbeitszeitregelungen für äl-tere Beschäftigte).■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 30.5.2018 – 2 Sa 55/18

Sonstiges

128. Massenentlassung, Begriff des „beherrschendenUnternehmens“

Art. 2 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 98/59/EG ist dahin aus-zulegen, dass unter einem „den Arbeitgeber beherrschendenUnternehmen“ jedes Unternehmen zu verstehen ist, das mitdem Arbeitgeber durch Beteiligungen an dessen Gesell-schaftskapital oder durch andere rechtliche Verbindungenverbunden ist, die es ihm ermöglichen, einen bestimmendenEinfluss in den Entscheidungsorganen des Arbeitgebers aus-zuüben und ihn zu zwingen, Massenentlassungen in Betrachtzu ziehen oder vorzunehmen. Rein tatsächliche Kriterien wiedas Bestehen eines gemeinsamen Vermögensinteresses ge-nügen nicht.■ Europäischer Gerichtshofvom 7.8.2018 – C-61/17, C-62/17 und C-72/17eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann KochMarburger Straße 16, 10789 BerlinTel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920www.friedemann-koch.de

129. Schmerzensgeld, schwerePersönlichkeitsrechtsverletzung durch den Versuch,Kündigungsgründe gegenüber Betriebsratsmitgliedernzu konstruieren, Haftung des beratenden Rechtsanwalts

Leitsätze der Redaktion:1. Das gezielte Einschleusen betriebsfremder Personen in dieBelegschaft mit dem Ziel, Betriebsratsmitgliedern wahrheits-widrig vertragswidriges Verhalten zu unterstellen (Tätlichkei-ten gegenüber Kollegen) oder vertragspflichtiges Verhaltenaktiv hervorzurufen (Abschieds-Umtrunk mit Alkohol wäh-rend der Nachtschicht und hierauf gerichtete Kontrolle durchdas Management) mit dem Ziel, unliebsame Betriebsratsmit-glieder aus dem Unternehmen zu entfernen (zur Pressebe-richterstattung des NDR: „Die Rausschmeißer – Feuern um je-den Preis“) stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzungdar.2. Das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht

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im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsver-hältnis ist zu beachten (BAG v. 19.2.2015 – 8 AZR 1007/13). Beieinem derart intensiven Eingriff in das allgemeine Persönlich-keitsrecht ist eine angemessene Entschädigung zu leisten, dieangesichts der Schwere nicht unter drei Monatsgehälter fallendarf. Hierbei hat sich die Kammer von der Entschädigung beiVerletzung des Benachteiligungsverbots in § 15 Abs. 2 AGGleiten lassen und eine Entschädigung in Höhe von drei aktuel-len Gehältern festgesetzt.3. Die Begründetheit eines Schmerzensgeldanspruchs gegenden dem Arbeitgeber zu dieser Vorgehensweise ratendenRechtsanwalt wurde im Rahmen des Teilurteils offengelassen,da vorab über die Rüge der Rechtswegzuständigkeit zu ent-scheiden ist.■ Arbeitsgericht Gießenvom 26.1.2018 – 3 Ca 433/17eingereicht von Rechtsanwalt Stefan SchneiderAuf dem Hohenstein 5, 61231 Bad NauheimTel.: 06032/9268722, Fax: 06032/9268724www.arbeitsrecht-wetterau.de

130. Verzug, Abführung der Lohnsteuer zumgesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt verspätet

Leitsätze der Redaktion:1. Ein arbeitsgerichtlicher Vergleich, der vorsieht, dass der Ar-beitgeber „eine Abfindung i.H.v. 9.000 EUR brutto in monatli-chen Raten zu je 1.000 EUR jeweils zum Ersten des Monats“zahlt, lässt drei mögliche Auslegungen zu:Zum einen ist denkbar, dass die Parteien vereinbart haben,dass jeden Monat erneut aus einem Betrag von 1.000 EURbrutto Lohnsteuer abgeführt und der sich ergebende Restbe-trag an den Arbeitnehmer ausgezahlt wird. Der Vergleichkann ferner so ausgelegt werden, dass die Vergleichssummezum Erhalt der steuerlichen Begünstigung (Fünftelungsprin-zip) ín einer Summe abzurechnen und ans Finanzamt abzu-führen ist, sowie an den Arbeitnehmer die errechnete Netto-summe in neun gleichen Beträgen zu zahlen war. Der Ver-gleich kann aber auch so ausgelegt werden, dass die Steuernin einem Betrag zu zahlen waren und die an den Arbeitneh-mer netto fließende Summe in Beträgen von jeweils1.000 EUR zu begleichen war.2. In jedem Fall gilt die im Vergleich vereinbarte Fälligkeitsre-gelung auch für die Abführung der Lohnsteuer an das Finanz-amt. Da grundsätzlich der Arbeitnehmer Steuerschuldner ist,der Arbeitgeber lediglich Zahlstelle, unterfallen die an das Fi-nanzamt abzuführenden Anteile der Brutto-Forderung keinenanderen Fälligkeitsregelungen als die an den Arbeitnehmerauszuzahlende Netto-Forderung.3. Lässt der Arbeitgeber die Lohnsteuer erst zum gesetzlichenFälligkeitstermin am 15. des Monats von der Finanzverwal-

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Rechtsprechung

Prozessuales Prozessuales

tung kraft Lastschrifteinzug einziehen, gerät der Arbeitgeberin Verzug.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 5.9.2018 – 2 Ta 165/18eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Martin RiemerKaiser-Wilhelm-Ring 27-29, 50672 KölnTel.: 0221/9333560, Fax: 0221/93335619www.dr-riemer.de

131. Verzugspauschale, kein Anspruch imArbeitsverhältnis

Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf die gesetzliche Ver-zugspauschale. Zwar findet § 288 Abs. 5 BGB grundsätzlichauch in Fällen Anwendung, in denen sich der Arbeitgeber mitder Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet. Allerdingsschließt § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtli-che Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstat-tungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitrei-bungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch denAnspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus.■ Bundesarbeitsgerichtvom 25.9.2018 – 8 AZR 26/18

Prozessuales

132. Zulässigkeit des Rechtswegs,Bewerbungsverfahrensanspruch

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist für denAntrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Sicherungdes geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs ausArt. 33 Abs. 2 GG nach § 2 Abs. 1 Nr. 3c ArbGG eröffnet, wenndas betreffende öffentliche Amt im Rahmen eines Arbeitsver-hältnisses ausgeübt werden soll.■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalzvom 15.08. 2018 – 2 Ta 77/18

133. Zulässigkeit des Rechtswegs, keineZusammenhangszuständigkeit bei Vergütungsklage

Aus den Entscheidungsgründen:Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist nicht eröffnet. Fürden Antrag zu 3 besteht keine Zusammenhangszuständigkeitnach § 2 Abs. 3 ArbGG. Ein sic-non-Antrag kann nach derRechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG v.11.6.2003 – 5 AZB 43/02) nicht angenommen werden. § 2Abs. 3 ArbGG findet keine Anwendung, wenn die Zuständig-keit für die Zusammenhangsklage allein aus der Verbindungmit einem sic-non-Antrag folgen kann (vgl. BAG a.a.O.).a) Die Klägerin hat im Klageantrag zu Ziffer 3 Vergütung ge-fordert. Für diesen Zahlungszeitraum von April bis Mai 2017liegt die Geltendmachung rückständiger Leistungen vor, de-

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ren Bestand unabhängig von der Rechtsqualität des Beschäfti-gungsverhältnisses ist.Eine Zuständigkeitsbegründung über das Rechtsinstitut dessic-non-Falles scheidet aus. Anspruchsgrundlage dieses Ver-gütungsanspruchs kann sowohl die Tätigkeit als freier Mitar-beiter als auch ein Arbeitsverhältnis sein. Es handelt sich inso-weit um einen sog. aut-aut-Fall, bei dem das Gericht im Rah-men der Rechtswegentscheidung zu prüfen hat, ob die tat-sächlichen Voraussetzungen einer Arbeitnehmereigenschaftoder zumindest die Voraussetzung der Zuordnung zurGruppe der arbeitnehmerähnlichen Personen vorliegen (LAGRheinland-Pfalz v. 3.9.2010 – 10 Ta 119/10). Die Darlegungs-und Beweislast für die Annahme der Arbeitnehmereigen-schaft oder die Einordnung als arbeitnehmerähnliche Persontrifft dabei vorliegend die Klägerin.■ Sächsisches Landesarbeitsgerichtvom 15.5.2018 – 4 Ta 27/18 (9)eingereicht von Rechtsanwalt Roland GrossSchorlemmerstraße 2, 04155 LeipzigTel.: 0341/984620, Fax: 0341/9846224www.advo-gross.de

134. Amtsermittlung im Beschwerdeverfahren;Verwertung von Videoaufzeichnungen des Arbeitgebers

Aus den Entscheidungsgründen:1. Die Videoaufzeichnungen und die Aussage der dazu be-fragten Zeugen sind im vorliegenden Rechtsstreit verwertbar.a) Nach Auffassung der Kammer liegt in der Auswertung derVideoaufzeichnungen durch den Zeugen [...] kein Verstoß ge-gen die Betriebsvereinbarung.b) Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen sindnicht festzustellen. Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzungvon personenbezogenen Daten zur Aufdeckung von Strafta-ten gem. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG a.F. setzt nach der im Oktober2016 maßgeblichen Rechtslage lediglich einen „einfachen“Verdacht im Sinne eines Anfangsverdachts voraus, der überwage Anhaltspunkte und bloße Mutmaßungen hinausgehenmusste (BAG, Urt. v. 20.10.2016 – 2 AZR 395/15, BAGE 157,69 – 83, Rn 25). Das war hier der Fall. (…)d) Die Beweisaufnahme durch die Beschwerdekammer leidetschließlich nicht unter einem wesentlichen Verfahrensman-gel. Insbesondere dürfte kein mangels Einverständnis der Be-teiligten unzulässiger Freibeweis i.S.d. § 284 S. 2 ZPO vorlie-gen. Nach § 83 Abs. 2 ArbGG ist das Gericht gehalten, immerdann Beweis zu erheben, wenn die Wahrheit einer entschei-dungserheblichen Tatsache nicht feststeht (GMP/Spinner,ArbGG § 83 Rn 99). Die Beweiserhebung bedarf keines Be-weisantrages durch einen Beteiligten (GMP/Spinner ArbGG§ 83 Rn 100). Für die Beweisaufnahme gelten nach § 80 Abs. 2ArbGG die Vorschriften über das Urteilsverfahren, also auchdie Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Zeugenbe-weis und die Einnahme des Augenscheins. Während sich dasGericht im Urteilsverfahren aber darauf beschränken kann,

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Rechtsprechung

Streitwert und GebührenStreitwert und Gebühren

gem. § 139 ZPO darauf hinzuwirken, dass ungenaue Angabenergänzt und Beweismittel bezeichnet werden, hat es im Be-schlussverfahren den entscheidungserheblichen Sachverhaltvon Amts wegen zu ermitteln. Es ist daher berechtigt und ver-pflichtet, im Rahmen der gestellten Anträge von sich aus ei-gene Erhebungen anzustellen (BAG v. 21.10.1980 – 6 ABR 41/78; GMP/Spinner, ArbGG § 83, Rn 101). Das Gericht hat daherdie aus seiner Sicht maßgeblichen Zeugen gehört und die vonder Antragstellerin zur Akte gereichten Screenshots, die dasverdächtige Verhalten des Beteiligten [...] dokumentierten, inAugenschein genommen. Der Vorhalt der Screenshots undder Videoaufzeichnungen, die die Antragstellerin zum Terminmitgebracht hatte, diente der Aussageerleichterung und wargern. § 378 ZPO zulässig.■ Landesarbeitsgericht Kölnvom 6.7.2018 – 9 TaBV 47/17eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang LeisterBischof-Hemmerle-Weg 9, 52076 AachenTel.: 0241/510550, Fax: 0241/51055260www.steinundpartner.de

Streitwert und Gebühren

135. Streitwert, Teilzeitbegehren wieÄnderungskündigung zu bewerten

Aus den Entscheidungsgründen:Bei einem Streitwert über das Teilzeitbegehren eines Arbeit-nehmers sind wegen der Vergleichbarkeit mit einer sog. Än-derungsschutzklage die Regeln über die Bemessung desStreitwerts einer Änderungskündigung heranzuziehen. Dennebenso wie es bei der Änderungsschutzklage um den Inhalts-schutz des Arbeitsverhältnisses geht, will der Arbeitnehmermit seinem Wunsch auf Reduzierung der Arbeitszeit in den In-halt des Arbeitsverhältnisses eingreifen. Für die Streitwertfest-setzung ist die Klage des Arbeitnehmers auf Herabsetzungder Arbeitszeit daher lediglich das Gegenteil einer Klage, mitder er sich gegen eine Herabsetzung seiner Arbeitszeit durcheine Änderungskündigung des Arbeitgebers wehrt.Änderungsschutzklagen sind als Streitigkeiten um wiederkeh-rende Leistungen gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG regelmäßigmit dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leis-tung zu bemessen. Gleichzeitig ist dabei allerdings zur Ver-meidung von Wertungswidersprüchen die in § 42 Abs. 3 GKGgeregelte Streitwertobergrenze für Bestandsschutzstreitigkei-ten zu beachten. Denn es wäre nicht zu rechtfertigen, dass derStreitwert einer bloßen Änderungsschutzlage den Wert einerBestandsschutzklage, für die die Kappungsgrenze des § 42Abs. 3 GKG gilt, übersteigen könnte.■ LAG Niedersachsenvom 25.9.2018 – 4 Ta 260/18eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Hans G. HollyGartenweg 9, 29342 WienhausenTel.: 05149/9876060, Fax: 05149/92224

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136. Gebühren, gebührenauslösende anwaltlicheTätigkeit im Rechtsmittelverfahren

Aus den Entscheidungsgründen:Die Entgegennahme der Rechtsmittelschriften und die Prü-fung auf etwaige Fristen sind Tätigkeiten, die nach § 19 Abs. 1Satz 2 Ziffer 9 RVG dem vorangegangenen Rechtszug zuzu-ordnen und damit mit den Gebühren des Berufungsverfah-rens abgegolten sind.Aus der Bezeichnung im Beschl. v. 23.1.2018 als Prozessbevoll-mächtigter II. Instanz ergibt sich gerade nicht, dass der Be-klagtenvertreter auch im Nichtzulassungsbeschwerdeverfah-ren tätig war. Offensichtlich geht selbst das Bundesarbeitsge-richt nicht von einer Vertretung durch den Beklagtenvertreterim Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aus.Eine allgemeine Prozessvollmacht, die bereits vor Klageerhe-bung erteilt wird und sich auf alle im Verfahren möglichenEventualitäten erstreckt, ist ebenfalls kein Nachweis für eineTätigkeit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Gebüh-renauslösend kann eine solche Tätigkeit nur dann sein, wenndie Partei zusätzlich einen ausdrücklichen Auftrag zur Vertre-tung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erteilt hat.■ Arbeitsgericht Leipzigvom 27.6.2018 – 1 Ca 2731/16eingereicht von Rechtsanwalt Roland GrossSchorlemmerstraße 2, 04155 LeipzigTel.: 0341/984620, Fax: 0341/9846224www.advo-gross.de

137. PKH, Mutwilligkeit bei unterlassenerGeltendmachung des familienrechtlichenProzesskostenvorschusses

Aus den Entscheidungsgründen:In der Sache hat die Beschwerde leider keinen Erfolg, weil dieKlägerin die prozesskostenhilfe-rechtliche Situation in Bezugauf die Prozesskostenvorschusspflicht (§ 1360a Abs. 4 BGB) ih-res Ehemanns verkennt. Das Beschwerdegericht muss nachAbschluss des Prozesses zwar zunächst davon ausgehen, dassein Prozesskostenvorschuss nicht mehr verlangt werden kann.Jedoch ist die PKH nunmehr wegen Mutwilligkeit der Rechts-verfolgung zu versagen, weil der zuvor bestehende Anspruchvon der Klägerin nicht geltend gemacht worden ist.1. Für Ehegatten in ehelicher Gemeinschaft (§ 1360a Abs. 4BGB) ist die Prozesskostenvorschusspflicht ausdrücklich ge-setzlich geregelt. Es handelt sich um einen Unterfall des Un-terhaltsanspruchs gemäß § 1613 Abs. 2 BGB. Schon der Wort-laut des Gesetzes spricht dafür, den Prozesskostenvorschussnur für einen Streit um personenbezogene Angelegenheitenzu gewähren. Anerkannt ist, dass Kündigungsschutzprozessein diesem Sinne persönliche Angelegenheiten sind (BAG v.29.10.2007 – 3 AZB 25/07). Der Anspruch auf Prozesskosten-vorschuss hängt davon ab, dass der Berechtigte außerstandeist, die Kosten des Rechtstreits selbst zu tragen. Außerdemmuss der Verpflichtete selbst leistungsfähig sein, was nach

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Aktuelle Diskussion

den Grundsätzen der Billigkeit (§ 115 Abs. 2 ZPO) zu bewertenist.a) Allerdings ergibt sich aus dem Gesetz nichts dafür, dass einVorschussanspruch nicht besteht, wenn der Vorschusspflich-tige nur ratenweise leisten kann. Richtig ist, dass der Anwaltsich nicht mit Raten zufriedengeben muss. Wenn er Ratennicht akzeptiert, kann dennoch PKH mit Ratenzahlung in derHöhe angeordnet werden, die dem Prozesskostenvorschussentspricht. Der Bedürftige hat das dann an den Verpflichtetenweiterzuleiten (Dürbeck/Gottschalk, PKHA/KH, 8. Aufl. 2016,Rn 446). Ist ein Vorschussanspruch nach Abschluss des Prozes-ses nicht mehr realisierbar, muss das Arbeitsgericht die PKHwegen Mutwilligkeit (§ 114 ZPO) verweigern (Dürbeck/Gotts-chalk, PKH/VKH, 8. Aufl. 2016, Rn 453; OLG Hamm v.17.6.2014 – 11-11 WP 98/14).b) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, hat das Arbeitsgerichtvorliegend zu Recht gegenüber der Klägerin eine Ratenzah-lung von 90,00 EUR monatlich angeordnet. Diese ist bedürf-tig, was sich aus den Ausführungen unter 1. der Beschlussan-lage ergibt. Der Streit betrifft als Kündigungsschutzprozesseine personenbezogene Angelegenheit der Klägerin. Ihr Ehe-mann ist als Verpflichtender leistungsfähig. Er hätte selbst eineinzusetzendes Einkommen in Höhe von 718,89 EUR undbeide zusammen hätten ein Familieneinkommen in Höhe von310,05 EUR zur Verfügung. Die Berechnung ergibt sich eben-falls aus der Beschlussanlage unter 2. Gegen die Berechnungwendet sich die Beschwerde nicht. Vor diesem Hintergrundwäre nach § 115 Abs. 2 Satz 1 ZPO eine Monatsrate in Höhe

Neues AE FormatEin Thema: Zwei Arbeitsrechtler – Zwei Meinungen?Dr. Alexander Lentz, Hamburg1

Welcher Ansatz steht hinter diesem neuen Format für dieAE?Die AG Arbeitsrecht des DAV steht seit jeher auch für einenumfassenden inhaltlichen Austausch zwischen Arbeitsrecht-lern aus beiden „Lagern“. Workshops zu unterschiedlichenThemen – von Kollegen gemeinsam aus Sicht des Betriebsratswie auch des Arbeitgebers präsentiert – sind seit Jahren festerBestandteil der jährlichen Frühjahrs- und Herbsttagungen.Dieses lebendige Element unserer AG würden wir gerne auchin die AE tragen. Ein Thema – Zwei Arbeitsrechtler – Zwei Mei-nungen? greift für jede AE ein aktuelles arbeitsrechtlichesThema auf. Die Premiere widmet sich dem Thema „Brücken-teilzeit“. Dafür und für alle künftigen Themen suchen wir je-des Mal aufs Neue zwei Arbeitsrechtler (m/w/d). Eine oder ei-ner eher im Arbeitgeberlager, einer oder eine eher im Arbeit-nehmerlager verortet.

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von 155,00 EUR angemessen. Das Gericht hat eine Rate inHöhe von 90,00 EUR für zumutbar (§ 115 Abs. 3 ZPO) gehal-ten. Auch Einwände gegen diese Ermessensentscheidungsind nicht geltend gemacht. Im Ergebnis hatte die Klägerin ei-nen Vorschussanspruch in Höhe von 90,00 EUR pro Monat,den sie jedoch nicht geltend gemacht hat. Deshalb muss ihrdas Beschwerdegericht bezüglich der Ratenzahlung die wei-tere PKH-Bewilligung verwehren. Dass sie den Anspruch nichtgeltend gemacht hat, ist als mutwillig anzusehen. Es hatschlussendlich bei der arbeitsgerichtlichen Entscheidung zuverbleiben.■ Landesarbeitsgericht Baden-Württembergvom 30.7.2018 – 22 Ta 108/18eingereicht von Rechtsanwalt Gerd KarleFriedrichstraße 28, 72336 BalingenTel.: 07433/7098, Fax: 07433/20325www.karle-roethemeyer.de

138. PKH, kein Prozesskostenvorschuss für Zeugnisklage

Klagen, die auf die Zahlung von Entgelt oder die Erteilung ei-nes qualifizierten Zeugnisses gerichtet sind, sind keine per-sönlichen Angelegenheiten im Sinne von § 1360a BGB. DerEhegatte ist daher nicht zur Zahlung eines Prozesskostenvor-schusses verpflichtet, der im Prozesskostenhilfeverfahren zuberücksichtigen wäre.■ Landesarbeitsgericht Nürnbergvom 19.6.2018 – 3 Ta 58/18

Wer kann sich einbringen?Wie das Kürzel „(m/w/d)" im Absatz zuvor andeutet sind auchwir jedes Mal auf „Bewerbungen“ aus unserem Mitgliederbe-reich angewiesen. Das Format ist somit für alle Mitglieder of-fen. Wir werden lediglich darauf achten, das sich jeweils eineher arbeitnehmer- und ein eher arbeitgeberorientierter An-walt gegenüberstehen. Das Format bietet den Teilnehmerndie Möglichkeit, sich den anderen Mitgliedern vorzustellenund miteinander ins Gespräch zu kommen. Zu Beginn des Ar-tikels präsentiert sich das jeweilige Mitglied kurz mit Foto,Kanzleiname, Emailadresse und – wenn gewünscht- auchnoch mit einem Einzeiler zu etwaigen Schwerpunkten / Spezi-alisierungen.

1 www.labourlawlentz.de.

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Aktuelle Diskussion

Was ist zu tun?Zu jedem Thema werden den beiden Teilnehmern 8 – 10 pra-xisrelevante Fragen präsentiert. Jede Frage soll mit maximalzwei bis drei Sätzen zu beantwortet werden. Für alle anderenMitglieder soll das Ergebnis dann die Möglichkeit bieten, sichmit einem relativ kurzen Text von 2 – 3 Seiten ein Thema auch„lagerübergreifend“ zu erschließen. Ob sich dabei dann wirk-lich immer „Zwei Meinungen“ gegenüberstehen oder mansich ggf. auch einig ist, was der Gesetzgeber wieder einmal zuregeln versäumt hat, wird sich dann zeigen.

Ein Thema: BrückenteilzeitZwei Arbeitsrechtler: Regina Bell und Dr. Christian ArnoldZwei Meinungen?

Die Neuregelungen des TzBFG zum 1.1.2019(BT-Drucks 19/3452 vom 19.7.2018)

© Tanja Kirschbaum

Regina Bell ist Gründungspartnerin der in München beheima- Dr. Christian Arnold ist Partner der Kanzlei Gleiss Lutz in Stutt-teten Kanzlei Bell & Fuchs Anwältinnen im Arbeitsrecht. Sie gart. Er berät Arbeitgeber zum kollektiven und individuellenvertritt Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Betriebsräte Arbeitsrecht sowie beim Abschluss und der Beendigung vonim individuellen und kollektiven Arbeitsrecht. Dienstverträgen mit Vorstandsmitgliedern und Geschäftsfüh-

rern.

Email: [email protected] Email: [email protected]

Web: www.anwaeltinnen-arbeitsrecht.de Web: www.gleisslutz.com

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Welcher Ablauf ist geplant?Da wir das Format erst entwickeln, ist einiges noch im Fluss.In einem ersten Schritt wird jeder Bearbeiter die Fragen miteiner Bearbeitungszeit von einem Monat erhalten. Bei aktuel-len Vorgaben (bspw. Gesetzesentwürfen) kann es passieren,dass ggf. auch noch einmal kurzfristig auf Änderungen re-agiert werden muss. Geplant ist im Idealfall zudem ein zweiterSchritt. Hierfür erhalten die Autoren zunächst die Antwortendes anderen. In einer Telko von max. 30 Minuten besteht danndie Möglichkeit, sich mit dem Counterpart direkt auszutau-schen. Im Nachgang kann der eigene Text dann noch einmalergänzt werden. Die Premiere widmet sich dem Thema „Brü-ckenteilzeit“. Wir freuen uns, mit Regina Bell und Dr. ChristianArnold zwei renomierte Kollegen gewonnen zu haben, die je-weils aus ihrer Sicht Stellung nehmen.

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Aktuelle Diskussion

1. Welche Regelung im Rahmen der Änderungen des TzBfG zur Brückenteilzeit wird die Praxis aus Ihrer Sicht vor diegrößten Herausforderungen stellen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Die größte Herausforderung für die Praxis wird trotz gewisser Die größte Herausforderung ist die mittlerweile unüberschau-Erfahrungswerte zu § 8 Abs. 7 TzBfG die Bestimmung des bare Zahl verschiedener Teilzeitansprüche (z.B. PflegeZG,Schwellenwerts von 45 „in der Regel beschäftigten“ Arbeit- FPfZG, BEEG und der neue Teilzeitanspruch in der Metall- undnehmern sein, zumindest solange noch keine gerichtlichen Elektroindustrie). Schon die bestehenden Normen zur TeilzeitEntscheidungen hierzu vorliegen: Zählen Leiharbeitnehmer sind unterschiedlich ausgestaltet, etwa hinsichtlich Wartefrist,bei der Regelbeschäftigung mit? Sind Arbeitnehmer in Eltern- Mindestarbeitnehmerzahlen oder Ankündigungsfristen.zeit oder Langzeiterkrankte „beschäftigt“? Durch die neue befristete Teilzeit kommt ein weiterer An-

spruch mit wieder anderen AnspruchsvoraussetzungenEbenfalls schwierig für die Praxis dürfte sein, herauszufinden,hinzu.auf welche Rechtsgrundlage der Arbeitnehmer seinen

Wunsch auf Verringerung der Arbeitszeit stützt. Denn das Mitarbeiter können durch den befristeten Teilzeitanspruchneue Teilzeit- und Befristungsgesetz kennt nun zwei Teilzeit- noch weitgehender einseitig in die Hauptleistungspflichtenansprüche mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Daneben des Arbeitsvertrags eingreifen, in dem sie nicht nur die Ar-bestehen Regelungen für Teilzeit in Elternzeit, Teilzeit im Rah- beitszeit verringern, sondern auch die Dauer der Verringe-men der Familienpflegezeit oder Pflegezeit. rung festlegen können. Das Nebeneinander, besonders aber

die Kombination der verschiedenen Teilzeit- und Rückkehran-Leider wurde mit Einführung der Brückenteilzeit das Prinzipsprüche bedeutet eine große bürokratische Belastung für Un-nicht geändert, wonach der Arbeitnehmer bei Ablehnung derternehmen.Teilzeit durch den Arbeitgeber Klage erheben muss, um sei-

nen Anspruch durchzusetzen. Entweder gelingt im Konsulta-tionsverfahren eine Einigung mit dem Arbeitgeber, dannbräuchte es das Gesetz eigentlich nicht oder der Anspruch„verpufft“, weil die meisten Arbeitnehmer im laufenden Ar-beitsverhältnis vor einer Klage zurückschrecken.

2. Wo sehen Sie aktuell die größten Gestaltungsmöglichkeiten als Anwalt auf Arbeitnehmerseite bzw.Arbeitgeberseite?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Als Arbeitnehmervertreterin würde ich Gestaltungsmöglich- Die wichtigsten Gestaltungsmöglichkeiten für Arbeitgeberkeiten vor allem in der Phase der Antragstellung sehen, in der liegen wohl außerhalb des neuen Gesetzes. Arbeitgeber kön-mit dem Mandanten die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen nen auf den befristeten Teilzeitanspruch am besten durchfür einen Teilzeitanspruch, abgestimmt auf seine konkrete Le- eine Flexibilisierung der Arbeitszeitmodelle reagieren. Durchbenssituation, zu erläutern sind und dementsprechend der Arbeitszeitkonten kann z.B. in größeren Unternehmen zumin-Antrag formuliert werden müsste. dest eine kürzere befristete Teilzeit durch andere Mitarbeiter

aufgefangen werden. Je flexibler die ganze Belegschaft arbei-Allerdings zeigt die Beratungsrealität, dass Mandanten in dertet, desto eher lässt sich die befristete Teilzeit einzelner reali-Regel erst dann einen Anwalt aufsuchen, wenn ihr Antrag be-sieren.reits abgelehnt wurde, so dass sich der Gestaltungsspielraum

reduziert auf die Bewertung des Risikos für den Arbeitneh- Aus diesem Grund wäre es wünschenswert gewesen, wennmer, wenn er sich zu einer Klage gegen den Arbeitgeber im der Gesetzgeber einen deutlich höheren Schwellenwert als 45laufenden Arbeitsverhältnis entscheiden möchte. In der Reali- Mitarbeiter vorgesehen hätte. Zwar wird es auch bei größerentät entscheiden sich die wenigsten Arbeitnehmer für diesen Unternehmen stets Funktionen geben, in denen so wenigeWeg. Mitarbeiter arbeiten, dass sich befristete Teilzeit nicht durch

die vorhandenen Mitarbeiter ausgleichen lässt. Die Chance ei-ner Realisierung der befristeten Teilzeit steigt aber in der Re-gel mit wachsender Belegschaftsgröße. Der Gesetzgeberhätte daher besser einen Schwellenwert von 200 Mitarbeiternoder mehr festlegen sollen. Dann hätte sich der Gesetzgeberauch die streitanfälligen Regelungen zur Maximalzahl vonMitarbeitern in befristeter Teilzeit bei einer Belegschaftsgrößebis 200 Mitarbeitern sparen können.

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Aktuelle Diskussion

3. An welchen Stellen des Entwurfs kann / wird die Rechtsprechung konkretisierend eingreifen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Die Rechtsprechung wird nach wie vor bei der Frage der „ent- Die Rechtsprechung wird sich – wie auch im Rahmen der be-gegenstehenden betrieblichen Gründe“, mit denen bislang reits vorhandenen Teilzeitansprüche – mit der Vielzahl der un-der Anspruch auf Teilzeit und nun auch der neue Brückenteil- bestimmten Rechtsbegriffe der neuen Vorschriften auseinan-zeitanspruch vom Arbeitgeber abgelehnt werden kann, ge- dersetzen müssen, kann dabei aber in vielen Fällen an die be-fordert sein. Auch bei der Berechnung des Schwellenwerts so- stehende Rechtsprechung anknüpfen. Zudem wird die Recht-wie der Überforderungsquote wird die Rechtsprechung be- sprechung klarstellen müssen, ob ein freier Teilzeitarbeits-müht werden, ebenso wie bei der Gestaltung der diesbezügli- platz zur Aufstockung eines vorhandenen Teilzeitarbeitsplat-chen Darlegungs- und Beweislast. Wie bisher auch wird sich zes dienen kann oder nicht. Nach derzeitiger Rechtsprechungdie Rechtsprechung immer wieder mit der Auslegung der kann dem Wunsch auf Verlängerung der Arbeitszeit entge-Teilzeitanträge befassen müssen. gengehalten werden, der neue freie Arbeitsplatz sei ebenfalls

ein Teilzeitarbeitsplatz, so dass durch ihn keine Verlängerungauf Vollzeit möglich sei.

4. Wird aus Ihrer Sicht den Tarifvertragsparteien künftig eine maßgebliche Rolle bei der Ausgestaltung alternativerRegelungen (soweit möglich) zukommen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Da sowohl Arbeitgeber und Gewerkschaften mit dem Gesetz- Die im Gesetz selbst für die Tarifvertragsparteien vorgesehe-entwurf nicht glücklich sind, wären Tarifverträge eine Mög- nen Gestaltungsmöglichkeiten sind gering, da sie nur denlichkeit, klare und auf die Branche zugeschnittene Regelun- Zeitraum der Arbeitszeitverringerung betreffen. Abweichun-gen für Teilzeit- und Rückkehransprüche zu definieren. Bei- gen sollen insoweit nur „durch“, nicht „aufgrund“ eines Tarif-spielhaft sei hier der Tarifabschluss in der Metall- und Elektro- vertrages zulässig sein (§ 9a Abs. 6 TzBfG n.F.).industrie auf Reduzierung der Arbeitszeit mit Rückkehrgaran- Das neue Gesetz wird meines Erachtens zudem die Initiativentie erwähnt. der Gewerkschaften bremsen, ähnliche Regelungen zur Flexi-Problematisch erscheint allerdings die Tariföffnungsklausel in bilisierung der Teilzeit nach dem Vorbild der Metall- und§ 9a Abs. 6 TzBfG n.F., wonach zuungunsten der Arbeitnehmer Elektroindustrie zu schaffen. Sehr wahrscheinlich wird die Pra-vom Zeitraum, für den eine Arbeitszeitverringerung bean- xis zunächst die Erfahrungen mit dem neuen Gesetz abwar-sprucht werden kann, abgewichen werden kann. Tarifver- ten.träge sollten kein Instrument zur Unterschreitung gesetzli-cher Mindeststandards sein.

5. Welche – ggf. veränderte – Rolle können/werden aus Ihrer Sicht Betriebsräte einnehmen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Die Möglichkeit des Arbeitnehmers zum Erörterungsgespräch Sofern Unternehmen die befristete Teilzeit durch flexible Ar-nach § 7 Abs. 2 TzBfG n.F., das der Arbeitgeber durchführen beitszeitmodelle ausgleichen möchte, hat der Betriebsrat beimuss, wenn der Arbeitnehmer Dauer und/oder Lage seiner der Einführung oder Änderung der Arbeitszeitmodelle mitzu-Arbeitszeit verändern möchte, ein Mitglied des Betriebsrats bestimmen. Im Übrigen sehe ich keinen Anlass für eine Ände-hinzuziehen zu können, stärkt die Position des Betriebsrates. rung der Rolle des Betriebsrats mit Blick auf die Brückenteil-Hierzu trägt auch das erweiterte Informationsrecht nach § 7 zeit. Die wenigen neuen Regelungen, die den Betriebsrat er-Abs. 3 TzBfG n.F. bei, wonach der Arbeitgeber dem Betriebsrat wähnen (§ 7 Abs. 2, 3 TzBfG n.F.), schaffen keine neuen Mitbe-nun auch sämtliche von den Arbeitnehmern geäußerten stimmungsrechte. Mit dem etwas erweiterten Informations-Wünsche nach Veränderung von Lage und/oder Dauer der Ar- recht nach § 7 Abs. 3 TzBfG n.F. wird die Praxis zurechtkom-beitszeit mitteilen muss. men.Der Betriebsrat wird somit besser in der Lage sein, das Zustim-mungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Ziffer 3 BetrVG zubegründen, beispielsweise wenn ein Vollzeitarbeitsplatz miteinem externen Bewerber besetzt werden soll statt mit eineminternen Teilzeitarbeitnehmer, der einen Anspruch auf Ar-beitszeitverlängerung geltend gemacht hat.

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Aktuelle Diskussion

6. Ist die Situation „konkurrierender“ Arbeitnehmer um eine begrenzte Anzahl von geeigneten Arbeitsplätzenausreichend gelöst oder wird sie in der Praxis zu Problemen führen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Die Situation „konkurrierender“ Arbeitnehmer ist nicht gelöst Die Regelungen zur Maximalzahl von Mitarbeitern in befriste-bei der Arbeitgeberentscheidung, welcher Arbeitnehmer den ter Teilzeit in § 9a Abs. 2 TzBfG werden in der Praxis zu Streitfreien Vollzeitarbeitsplatz nach § 9 bekommen soll. Bei der führen. Wird die Maximalzahl durch die Teilzeitanträge meh-Brückenteilzeit kann eine Konkurrenzsituation nur entstehen, rerer Arbeitnehmer überschritten, ist der Arbeitgeber nachwenn mehrere Arbeitnehmer für den gleichen Zeitpunkt eine der Gesetzesbegründung berechtigt, die Auswahl unter denVerringerung der Arbeitszeit beantragen und der Arbeitgeber Arbeitnehmern nach billigem Ermessen zu treffen. Er kann so-wegen der Zumutbarkeitsquote für Unternehmen bis 200 Ar- mit entscheiden, mit welchen Arbeitnehmern er Teilzeitver-beitnehmern nicht allen stattgeben muss. Ob der Fall tatsäch- träge abschließt und bei welchen er den Abschluss ablehnt.lich praxisrelevant ist, muss sich zeigen. Gelöst ist das Prob- Klare Vorgaben, welche Gesichtspunkte bei der Auswahl zulem, nach welchen Kriterien der Arbeitgeber die Auswahl vor- berücksichtigen sind, macht das Gesetz aber nicht. Neben dernehmen darf, jedoch ebenfalls nicht. Da dem Arbeitgeber ein individuellen persönlichen Situation könnte ein ArbeitgeberAuswahlermessen zusteht, wäre gegebenenfalls an eine ent- z.B. auch die Betriebszugehörigkeit oder die Position des Mit-sprechende Vereinbarung mit dem Betriebsrat zu denken. arbeiters berücksichtigen.

7. Wenn Sie nur einen Wunsch frei hätten: Was hätte der Gesetzgeber in jedem Fall anders machen müssen?

Rechtsanwältin Bell: Rechtsanwalt Dr. Arnold:Ich hätte mir gewünscht, dass der Gesetzgeber, statt eine Die Bundesregierung verfolgt mit dem befristeten Teilzeitan-zweite Befristungsalternative zu schaffen, ein unbeschränktes spruch gleichstellungs- und familienpolitische Ziele. Trotz-Rückkehrrecht zur Vollzeitbeschäftigung eingeräumt hätte, dem ist der Anspruch nicht an familiäre Belange gebunden,wenigstens aber analog zu den Voraussetzungen des Teilzeit- sondern kann anlass- und begründungslos geltend gemachtanspruchs. Damit hätten auch die Arbeitnehmer, die aktuell in werden. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn der befris-der „Teilzeitfalle“ sitzen, eine echte Chance auf Aufstockung tete Teilzeitanspruch nur für bestimmte Anlässe in Anspruchihrer Arbeitszeit erhalten. Die Neufassung des § 9 TzBfG er- genommen werden kann.leichtert zwar die vom Arbeitnehmer darzulegenden und zu Die Ankündigungsfrist von drei Monaten ist zu kurz bemes-beweisenden Voraussetzungen für einen entsprechenden An- sen. Es macht für Unternehmen einen großen Unterschied,spruch auf Vollzeit, setzt aber voraus, dass im Unternehmen eine dauerhafte Teilzeit oder eine befristete Teilzeit aufzufan-ein Vollzeitarbeitsplatz frei ist, den der Arbeitgeber besetzen gen. Unternehmen werden kaum in der Lage sein, bei einermöchte. dreimonatigen Ankündigungsfrist den befristeten Teilzeitar-Außerdem wären nicht automatisch 38 % aller Arbeitnehmer beitsplatz neu zu besetzen. Durch flexible Arbeitszeitmodellevon einem Rückkehrrecht in Vollzeit ausgegrenzt, da sie in Be- werden die Ausfälle nur in größeren Unternehmen abzufan-trieben mit bis zu 44 Arbeitnehmern tätig sind, also unterhalb gen sein. Steht diese Möglichkeit nicht zur Verfügung, wirdder Schwelle für die Anwendbarkeit der Brückenteilzeit. die Brückenteilzeit nur durch die befristete Einstellung von Er-

satzkräften bewältigen werden können. Einen entsprechen-Ein jederzeitiges Rückkehrrecht zur Vollzeit würde den Arbeit-den Befristungstatbestand hat der Gesetzgeber allerdingsnehmern mehr Flexibilität in ihrer Lebensplanung ermögli-nicht geschaffen.chen und vielleicht auch Männer ermutigen, Stunden zu re-

duzieren, denn noch immer arbeiten 64 % aller Mütter in Teil-zeit, aber nur 5,7 % der Väter.(Die Zahlen sind der Antwort der Bundesregierung auf eineAnfrage der Linksfraktion entnommen.)

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Aktuelle Diskussion

Abfindungsvergleiche nicht ohne Steuerberater abschließenRechtsanwalt Dr. Martin Riemer, Brühl/Rheinland1

Die Situation ist Arbeitsrechtlern nur zu bekannt: Ein emotio-nal (von beiden Seiten) aufgeladener Kündigungsschutzpro-zess, der im Gütetermin nicht geschlichtet werden konnte. Fürden Kammertermin waren die Parteien persönlich geladen:Bis auf wechselseitige Vorwürfe hatten sie sich nichts zu sa-gen. Zunehmend wurden auch die Anwälte emotional unddazwischen eine Arbeitsrichterin, die – wie üblich – nur denVergleich wollte. Egal wie. Irgendwann war es soweit, irgend-wann nach langen Schriftsätzen, Abfindungsangeboten undGegenangeboten, schlug das Gericht – letztmals – eine Eini-gung vor, mit Ratenzahlungsvereinbarung, was schließlich an-genommen wurde. Ein Vergleich ist nur dann ein guter Ver-gleich, wenn er beiden Seiten weh tut, behaupten Rechtspsy-chologen.Offenbar tat der Vergleich dem Arbeitnehmer bzw. seinemAnwalt mehr weh, so dass dieser noch eine offene Rechnungmeinte begleichen zu müssen – und fand die Gelegenheitdazu bei der Fälligkeit des ratenweise gem. §§ 9, 10 KSchG zuzahlenden Betrages. Als Abfindungssumme waren 9.000 EURausbedungen: Ob Brutto- oder Nettobetrag legte der Wort-laut des Vergleichs zwar nicht fest. Da Zahlungen an den Ar-beitnehmer jedoch stets „brutto“ erfolgen, war dieses zumin-dest klar. Ferner sah der Wortlaut des Vergleichs vor, dass dieAbfindung in monatlichen Raten von 1.000 EUR zu leisten war,jeweils zum Monatsersten ab dem 1.5.2018 und mit einer Ver-fallsklausel für den gesamten offenen Restbetrag, wenn dieseFrist um mehr als eine Woche bei einer Rate überschrittenwürde.Wie setzt ein Arbeitgeber, der sich rechtstreu verhaltenmöchte, bzw. dessen Steuerberater, diesen Vergleich nun um?Nach unbestrittener Abrechnung entfielen auf die 9.000 EURBruttoabfindungssumme 4.050 EUR Lohnsteuer, 364,50 EURan Kirchensteuer und 222,75 EUR Solidaritätszuschlag, zusam-men 4.637,25 EUR. Verblieben netto 4.362,75 EUR. WelchenBetrag zahlt der Arbeitgeber nun aber wann auf das Kontodes Arbeitnehmers und an die Finanzverwaltung aus? DasLAG Köln (Beschl. v. 5.9.2018, 2 Ta 165/18; siehe EntscheidungNr. 130 in diesem Heft) kommt zu dem Ergebnis, dass die Aus-legung des Wortlauts drei Varianten eröffne:1. Jeweils zum Monatsersten zahlt der Arbeitgeber den Netto-

betrag aus 1.000 EUR an den Arbeitnehmer und die jeweili-gen Steuern daraus an das Finanzamt. Also ein Neuntel aus4.637,25 EUR an die Finanzverwaltung und ein Neuntel aus4.362,75 EUR an den Arbeitnehmer. Dann müsse, um dieVerfallsklausel nicht auszulösen, aber auch die abzufüh-rende Lohn- und Kirchensteuer nebst Solidaritätszu-schlag – also monatlich 515,25 EUR – jeweils binnen einerWoche nach dem Monatsersten an die Finanzverwaltungabgeführt werden.

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2. Zum Erhalt der steuerlichen Begünstigung nach dem „Fünf-telungsprinzip“ wird die Bruttosumme auf einmal versteu-ert, die Steuerlast in Höhe von 4.362,75 EUR auf einmal andas Finanzamt abgeführt und der Nettorestbetrag in neungleichen monatlichen Raten von 484,75 EUR an den Arbeit-nehmer ausgezahlt. Dies setze voraus, um die Verfallsklau-sel nicht eintreten zu lassen, dass die Steuern gleichwohlbis zum 7. des jeweiligen Kalendermonats, in dem der je-weilige Nettobetrag fällig würde, beim Finanzamt ange-kommen seien – also gleiche Fälligkeit für die Steuerlastwie unter 1.

3. Ferner könne es auch so sein, dass die Parteien vereinbarthätten, dass der Arbeitgeber die Steuern vorab an das Fi-nanzamt zahlt und den Nettobetrag in Höhe von monatlich1.000 EUR an den Arbeitnehmer abführe, da die Parteiennicht die Anzahl der Raten mit hatten protokollieren lassen.Also ab dem 1.5. vier Mal 1.000 EUR an den Arbeitnehmer,mit einer Schlussrate von 362,75 EUR. Bis wann die Steuer-last zu zahlen wäre, lässt das LAG offen: Wahrscheinlichwohl auch jeweils bis zum 7. des jeweiligen Kalendermo-nats, in dem die Nettoraten von 1.000 EUR fällig würden.

Der Fall eignet sich für ein Preisausschreiben mit der Bitte umEinsendung der richtigen Lösung. Die steuerrechtlich bewan-derten Leser mögen einwenden, dass diese drei Auslegungs-varianten wenig Sinn ergäben, wenn der Arbeitgeber – wiehier jedoch nicht – der Finanzverwaltung eine Lastschriftein-zugsermächtigung für die abzuführenden Steuern erteilthätte, da diese zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt aus§ 41a Abs. 1 EStG die Steuern dann abbuchen würde. Ja undnein: Denn das LAG Köln meint, dass für die Abführung derSteuerlast nicht auf die gesetzliche Regelung abzustellenwäre, sondern auf die gewillkürte Parteivereinbarung im Ver-gleich, die auch bereits eine frühere Fälligkeit der Steuerlastzulasse.Es ging dem Arbeitnehmeranwalt einerseits jedoch ersichtlichnicht darum, dass die Finanzverwaltung rechtzeitig ihr Geldbekäme, was seinemMandanten mehr oder weniger egal seinkonnte. Er wollte dem Arbeitgeber schlichtweg nochmal einsauswischen („nachtreten“) – und hatte daher die Zwangsvoll-streckung aus dem Vergleich auch gar nicht erst angedrohtund eine etwaige abweichende Auffassung zum Abrech-nungsverhalten des Arbeitgebers geäußert, sondern ist – hin-tenherum – den Vollstreckungsweg über einen Pfändungs-und Überweisungsbeschluss gegangen.Andererseits: Der Beschluss erging im Wege der sofortigenBeschwerde gem. § 78 ArbGG in einem Arrestverfahren gem.§ 916 ZPO, also in einem „summarischen Verfahren“. Arrest-

1 www.dr-riemer.de.

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verfahren zu gewinnen ist ohnehin fast unmöglich. Die Einzel-richterin des Landesarbeitsgerichts zitiert keinen einzigen Pa-ragraphen, noch eine einzige Rechtsquelle aus Rechtspre-chung oder Literatur. Was darauf hindeutet, dass die Bearbei-tungstiefe eben nicht übermäßig „tief“ war. Entsprechendkorrigierte sie sich teilweise auch erneut in einem späterenBeschl. v. 1.10.2018, gleiches Az., (BeckRS 2018, – liegt an)Der Wortlaut des Vergleichs entsprach dem üblichen Muster,wie es täglich in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung ge-langt, und war von der Richterin 1. Instanz formuliert worden.Für gewöhnlich entstehen diese Probleme auch nicht. Jeden-falls scheint darüber noch niemand weiter nachgedacht zuhaben. Für die Praxis bleibt nun aber: Unsicherheit, wenn einund derselbe Wortlaut drei Auslegungsmöglichkeiten zulässt.

RezensionenChristian KühnGmbH-Geschäftsführerdtv Verlagsgesellschaft München, 4. Aufl. 2018, 228 Seiten(DIN A5), 18,90 EURISBN 978-3-423-51222-0

Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts undzur Bekämpfung von Missbrauch (MoMiG) wurde die Haftungdes GmbH-Geschäftsführers verschärft. Die Neuauflage desBuches nimmt diese Haftung in den Blick. Auch die Rechtspre-chung zur Anwendbarkeit von Arbeitnehmerschutzgesetzenauf den Geschäftsführer und der Zuständigkeit der Arbeitsge-richte wird erörtert und war eine Neuauflage wert und natür-lich – ebenfalls mit Rücksicht auf die Neuerungen – die Pflich-ten des Geschäftsführers im Rahmen des Datenschutzes. Inkonzentrierter Darstellung werden u.a. die Sozialversiche-rungspflicht des Geschäftsführers erörtert, die Pflichten beider Gründung der Gesellschaft bis zu ihrer manchmal unfrei-willigen Beendigung. Eine Reihe von strafrechtlichen Gefah-ren wird aufgeführt, u.a. für Produktfehler und Verletzung vonGeheimhaltungspflicht. Schließlich wird auch der Geschäfts-führeranstellungsvertrag als Muster dargestellt, eine Ge-schäftsordnung, Dienstwagenordnung und eine Pensionszu-sage. Dieses handliche Büchlein ermöglicht einen raschen Zu-gang zu den Problemen rund um den Geschäftsführeranstel-lungsvertrag und gibt die Antwort auf den größten Teil dersich regelmäßig stellenden Fragen. Im Besten Sinne ein Ta-schenbuch.Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

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Diese kann wohl zukünftig nur dadurch beseitigt werden,dass auch hinsichtlich der Fälligkeit von Steuerlasten eine aus-drückliche Regelung mit in den Vergleichstext aufgenommenwird.Zu den Gerichtsverhandlungen bei den Arbeitsgerichten soll-ten die Arbeitgeber, da steuerrechtliche Kompetenz von Ar-beitsrichtern nicht erwartet werden kann, zukünftig nicht le-diglich einen Rechtsanwalt, sondern überdies wohl auch nochihren Steuerberater mitbringen. Oder den Abfindungsver-gleich bei gleichzeitiger Ratenzahlungsvereinbarung nur wi-derruflich abschließen, unter dem Vorbehalt, dass der Steuer-berater dagegen keine Einwände erhebt und darum weiß, wieer die Formulierungskünste der Arbeitsrichter umzusetzenhat.

Holthausen/KurschatVertragsgestaltung für Geschäftsführer, Vorstände undAufsichtsräteC.H.Beck Verlag 2017, 949 Seiten, im Leinen mit Formularenzum Download, 139 Seiten, 248,00 EURISBN 978-3-406-66202-7

Dieses Werk nennt sich selbst einen Vertragskommentar fürkomplexe Arbeitsverträge und befasst sich mit ca. 400 Klau-seln und Mustern. Es ist in vier Teile gegliedert (A. Klauselge-staltung o. Ä., B. Vertragsmuster für Geschäftsführer und Vor-stände einschließlich Aufhebungsverträgen und Ruhensver-einbarungen, C. Erläuterungen zu Einzelklauseln, D. Beson-dere Regelungen für Aufsichtsratsmitglieder).Mit den Herausgebern zusammen haben 30 Anwälte an die-sem umfangreichen Werk mitgewirkt und die Probleme derVertragsgestaltung auch aus der Sicht unterschiedlicher Inte-ressen bearbeitet (Was kann der Geschäftsführer verlangen?Was sollte man ihm nicht gewähren? Was muss der Aufsichts-rat dem Vorstand auferlegen? Vor welcher Klausel sollte sichder Vorstand hüten?). Das führt nicht nur zur besseren Wahr-nehmung der Interessen, die der Rechtsanwalt gerade zu be-treuen hat, sondern auch zum besseren Verständnis, warumdie andere Seite etwas nicht gewähren wird, nicht gewährenkann. Eine objektivierte Diskussion um die Vertragsgestaltungist damit das Ergebnis des Studiums dieses Werkes.Besonderer Ausdruck dieser Interessengegensätze aber auchsich entwickelnder rechtlicher Probleme sind die umfangrei-chen Ausführungen mit Blick auf den deutschen corporategovernance kodex und Compliance-Vorgaben. In großen undspeziell internationalen Unternehmen wird hierauf bereitsumfangreich organisatorisch Rücksicht genommen, wennauch oft ohne Erfolg, wie man z.B. bei der Betrachtung derDeutschen Bank vermuten muss. In den mittelgroßen undkleineren Unternehmen (z.B. auch in dem riesigen Gebiet der

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kirchlichen diakonischen/caritativen Unternehmen) kannman noch nicht von einer ernsthaften Umsetzung dieses Ge-dankenguts sprechen. Kommt es deshalb zu Verwerfungen,stehen in erster Linie die Organvertreter im Kreuzfeuer der Kri-tik und ggf. auch strafrechtlicher Ermittlungen. Umso wichti-ger sind die in diesem Werk gegebenen Handlungsempfeh-lungen und taktischen Hinweise.Dieses Werk ist rundherum für alle diejenigen zu empfehlen,die für die „Chefetage“ arbeiten, allerdings auch für derenGegner.Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

Ales/Bell/Deinert/Robin-OlivierInternational and European Labour LawNomos Verlagsgesellschaft, 1. Aufl. 2018, Hardcover,1664 Seiten, 280,00 EURISBN 978-3-8487-2460-4

An diesem Werk haben 80 (!) Autoren mitgewirkt, zahlreicheaus Deutschland, aber eben auch aus Italien, Frankreich, Ir-land, Großbritannien (sie werden wohl in ihrem Land zukünf-tig keinen Vorteil davon haben), aus Beirut (ein Migrations-spezialist), Belgien, den Niederlanden, der Schweiz, Polen, denUSA und sogar Neuseeland. Dass es den Herausgebern gelun-gen ist, alle diese Autoren zu koordinieren verdient höchstenRespekt.

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Zugleich zeigt diese vor allem europäische aber auch interna-tionale Beteiligung an dem Werk die enorme Bedeutung, diedas internationale und das europäische Arbeitsrecht heute fürunsere Lebenswirklichkeit, die Beschäftigungs- und die Sozial-situation haben. Umso wichtiger ist es, diese Bedeutung auchrechtlich zu erfassen und zu verarbeiten (bevor es der jewei-lige Gegner tut). Aufgeteilt ist das umfassende Werk in neunTeile mit den grundlegenden Bestimmungen der Europäi-schen Union, u.a. mit der Europäischen Sozialcarta und denVereinbarungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO),den Bestimmungen zur Gleichberechtigung, zur Arbeitneh-merfreizügigkeit, Gesundheits- und Sicherheitsbestimmun-gen (Part 5) und der Arbeitnehmerbeteiligung (Part 8), um nureinige zu nennen. Das besondere Ziel des Werkes ist es nichtnur, das Europäische Regelwerk darzustellen, sondern zu-gleich das internationale Arbeitsrecht einzubinden und dasregionale. Alle Autoren kommen aus unterschiedlichen recht-lichen Hintergründen, was eine vielfältige Sicht auf die euro-päischen und internationalen Regeln gewährleistet. Insoweitist es nur folgerichtig, wenn die Autoren die Leserschaft dazuaufrufen, an diesem Prozess zugunsten zukünftiger Auflagenmitzuwirken.Ob wir es wollen oder nicht: Das in Deutschland gesprocheneArbeitsrecht steht unter einem starken Einfluss europäischerund sogar internationaler Regeln und Übereinkünfte. DiesesWerk ermöglicht die Auseinandersetzung damit.Dr. Hans-Georg MeierFachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin

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Impressum

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AE-Arbeitsrechtliche Entscheidungen

Herausgeber:Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Meier und dieArbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV

Chefredakteur:Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg MeierTauentzienstraße 1110789 BerlinTelefon (030) 25 45 91 55Telefax (030) 25 45 91 66E-Mail: [email protected]

Redaktion:Rechtsanwältin Dr. Nathalie OberthürKanzlei RPO RechtsanwälteIm Mediapark 650670 KölnTelefon (0221) 355051-50Fax (0221) 355051-35E-Mail: [email protected]

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für die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deut-schenAnwaltverein (Adresse s. unten)

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Verlag:Deutscher AnwaltVerlagRochusstr. 2–453125 BonnTelefon: (0228) 9 19 11-0Telefax: (0228) 9 19 11-23E-Mail: [email protected]

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