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Graben für den Frieden? Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechtes Erinnerung als Auftrag Über uns Die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wurde 1998 vom Deutschen Bundestag gegründet. Die Stiftung steht für eine lebendige und pluralistische Auseinandersetzung mit der SED-Diktatur und ihren Folgen für das vereinigte Deutschland. Sie fördert die unterschiedlichsten Projekte zum Thema und versteht sich als Ansprechpartnerin und Mittlerin zwischen gesellschaftlicher Aufarbeitung, Wissenschaft, Politik, Medien und Öffentlichkeit. Die Stiftung verfügt über eine wissenschaftliche Spezialbiblio- thek sowie ein Archiv, in dem u. a. Zeugnisse von Wider- stand und Repression gesammelt und zugänglich gemacht werden. Aufbau der Stiftung An der Spitze der Stiftung steht der auf fünf Jahre gewähl- te Stiftungsrat. Ihm gehören Vertreter des Bundestages, der Bundesregierung, des Landes Berlin sowie in Fragen der Aufarbeitung besonders engagierte Personen an. Ratsvorsitzender ist Markus Meckel, MdB. Der Stiftungsrat beschließt über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören, und kon- trolliert die Tätigkeit des Vorstandes. Der ehrenamtliche Vorstand führt die Geschäfte der Stiftung. Vorstandsvor- sitzender ist der Bundestagsabgeordnete Rainer Eppel- mann, sein Stellvertreter ist Prof. Dr. Bernd Faulenbach. Im Auftrag des Vorstandes arbeitet die Geschäftsstelle der Stiftung. Dort werden die an die Stiftung gerichteten För- deranträge bearbeitet, von der Stiftung geförderte Projekte betreut sowie eigene Veranstaltungen und Publikationen zum Thema realisiert. Unser Auftrag Die Stiftung Aufarbeitung trägt zur umfassenden Aufar- beitung von Ursachen, Geschichte und Folgen der Diktatur in der SBZ und in der DDR bei. Sie will die Erinnerung an das geschehene Unrecht und die Opfer wach halten sowie den antitotalitären Konsens in der Gesellschaft, die Demo- kratie und die innere Einheit Deutschlands fördern und festigen. Die Stiftung Aufarbeitung • fördert und berät Projekte der gesellschaftlichen Auf- arbeitung, privater Archive und von Opferverbänden, der Wissenschaft und der politischen Bildung; • trägt zur Sicherung, Sammlung und Dokumentation von Materialien und Dokumenten insbesondere aus Wider- stand und Opposition gegen die SED-Diktatur bei; • unterstützt Beratung und Betreuung von Opfern politischer Verfolgung; • fördert die internationale Zusammenarbeit bei der Aufarbeitung von Diktaturen; • meldet sich mit eigenen Publikationen und Veranstal- tungen in der öffentlichen Debatte zu Wort; Kontakt Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Otto-Braun-Str. 70–72 10178 Berlin E-Mail: [email protected] Internet: www.stiftung-aufarbeitung.de Telefon: 030 23247200 Fax: 030 23247210 ] Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik Quelle: Sylvia-Marita Plath Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. Gemeinnütziger Verein Archiv und Ausstellung Das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. ist ein Verein in der Stadt Leipzig. Er sammelt nach seiner Satzung die hin- terlassenen Selbstzeugnisse der DDR-Opposition, der Bür- gerbewegungen und der in den Jahren 1989/90 entstan- denen Initiativen und Parteien, um diese zu sichern, dauerhaft aufzubewahren, zu erschließen und der Öffent- lichkeit zugänglich zu machen. Bisher wurden bereits mehrere Tausend Aktentitel archi- viert, mit denen die erste Anmeldung des politischen Pro- testes, die Ursachen und der Verlauf der demokratischen Revolution und das Entstehen demokratischer Strukturen umfassend belegt werden. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Veröffentlichungen zu dem Themenkom- plex, ein umfangreiches Presse-, Foto-, Ton- und Video- archiv sowie eine Bibliothek ergänzen diese Sammlung. Der Verein leistet einen grundlegenden Beitrag zur Erfor- schung der Geschichte der Oppositionsbewegung in der DDR und zur Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur und sichert damit dieses nationale Kulturgut. Jedem Interessierten wird kostenlose Einsicht in die Be- stände gewährt. Außerdem werden Veranstaltungen und Ausstellungen zur politischen Bildung durchgeführt. Schulklassen, Seminare und andere Interessenten haben die Möglichkeit, themenbezogene Veranstaltungen im Archiv durchzuführen, wozu kompetente Gesprächspart- ner und Zeitzeugen vermittelt werden. Diese Wanderausstellung »Graben für den Frieden? – Die Bausoldaten in der DDR« kann ausgeliehen werden. Der Verein wird von der Stadt Leipzig, der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Sächsi- sche Gedenkstätten gefördert. Impressum Herausgeber: Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Ausstellungskonzept und Texte: Andreas Pausch Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. Fregehaus, Katharinenstr. 11, 04109 Leipzig Telefon, Fax: 0341 8611626 E-Mail: [email protected] Internet: www.archiv.buergerbewegung.de Öffnungszeiten: Di–Fr 10.00 –16.00 Uhr und nach Vereinbarung Grafische Gestaltung: www.oe-grafik.de In der DDR gab es kein verfassungsmäßiges Recht auf Kriegsdienstverweigerung für die Wehrpflichtigen, die aus Glaubens- und Gewissensbedenken das Tragen von Waf- fen bzw. den Wehrdienst ablehnten. Die SED-Führung ließ für diese die »Anordnung des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die Aufstellung von Baueinheiten im Bereich des Ministeriums für Nationale Verteidi- gung« im September 1964 in Kraft treten. Diejenigen, die in den Baueinheiten Dienst verrichteten, wurden als »Bausoldat« bezeichnet. Ihr Einsatz erfolgte gänzlich militä- risch. Nur ein Bruchteil der Wehrpflichtigen wählte diesen Weg. Schließlich gehörte ein ganz besonderer Mut dazu, sich in der DDR als Jugendlicher dem regulären Wehr- dienst zu entziehen und die damit verbundenen Repressionen auf sich zu nehmen. Bausoldaten trugen Entscheidendes zur Entwicklung der Opposition in der DDR, zur friedlichen und weitgehend gewaltlosen Revolution bei. Die Wanderausstellung »Graben für den Frieden? – Die Bausoldaten in der DDR« arbeitet die Geschichte einer vom Staat marginalisierten und von der Gesellschaft kaum wahrgenommenen »Grup- pierung« historisch auf. Für die Dokumente, Leihgaben sowie sonstige Unterstützung dankt das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V.: Außenstelle Leipzig der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits- dienstes der ehemaligen DDR, Heinz Bächer, Martin Böttger, Bürgerkomitee Leipzig e. V. für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS), Gedenkstätte Museum in der »Runden Ecke« mit dem Museum im Stasi-Bunker, Bundesarchiv Koblenz, Bun- desarchiv-Militärarchiv Freiburg, Hans Hermann Dirksen, Christian Eimert, Bernd Eisen- feld, Harald Engel, Rainer Eppelmann, Stephan Eschler, Christian Günther, Haus Stein- straße e. V. Leipzig, Frank Hruschka, Volker Kaffka, Landeskirchenarchiv Dresden, Martin-Luther-King-Zentrum Werdau, Matthias-Domaschk-Archiv-Berlin, Friedrich Miehe, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Dirk Moldt, Christoph Motzer, Peter Oesterreich, Ulrike Poppe, Stephan Psurek, Berndt Püschel, Werner Ross, Dirk Sauermann, Dietmar Schicketanz, Peter Schicketanz, Frank Sellentin, Stadtarchiv Leipzig, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundes- archiv Berlin, Bernhard Schneyer, Frank Sonntag, Günther Vorsatz, Hans-Michael Wenzel (Abraham Dürninger Stiftung), Helmut Wolff, Stefan Wolter und Ulrich Zeiler. Zur Entstehung der Ausstellung [

ARB.LEI AUS Bausoldaten Pr - bundesstiftung-aufarbeitung.de · »Die erste Aufgabe für die Jugend ist, wenn das Vaterland ruft, sich zum Schutz der Deutschen Demokratischen Republik

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Graben für den Frieden?

Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Bundesunmittelbare Stiftung des öffentlichen Rechtes

Erinnerung als Auftrag

Über uns

Die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur wurde 1998

vom Deutschen Bundestag gegründet. Die Stiftung steht

für eine lebendige und pluralistische Auseinandersetzung

mit der SED-Diktatur und ihren Folgen für das vereinigte

Deutschland. Sie fördert die unterschiedlichsten Projekte

zum Thema und versteht sich als Ansprechpartnerin und

Mittlerin zwischen gesellschaftlicher Aufarbeitung,

Wissenschaft, Politik, Medien und Öffentlichkeit. Die

Stiftung verfügt über eine wissenschaftliche Spezialbiblio-

thek sowie ein Archiv, in dem u. a. Zeugnisse von Wider-

stand und Repression gesammelt und zugänglich

gemacht werden.

Aufbau der Stiftung

An der Spitze der Stiftung steht der auf fünf Jahre gewähl-

te Stiftungsrat. Ihm gehören Vertreter des Bundestages,

der Bundesregierung, des Landes Berlin sowie in Fragen

der Aufarbeitung besonders engagierte Personen an.

Ratsvorsitzender ist Markus Meckel, MdB. Der Stiftungsrat

beschließt über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung,

die zum Aufgabenbereich der Stiftung gehören, und kon-

trolliert die Tätigkeit des Vorstandes. Der ehrenamtliche

Vorstand führt die Geschäfte der Stiftung. Vorstandsvor-

sitzender ist der Bundestagsabgeordnete Rainer Eppel-

mann, sein Stellvertreter ist Prof. Dr. Bernd Faulenbach.

Im Auftrag des Vorstandes arbeitet die Geschäftsstelle der

Stiftung. Dort werden die an die Stiftung gerichteten För-

deranträge bearbeitet, von der Stiftung geförderte Projekte

betreut sowie eigene Veranstaltungen und Publikationen

zum Thema realisiert.

Unser Auftrag

Die Stiftung Aufarbeitung trägt zur umfassenden Aufar-

beitung von Ursachen, Geschichte und Folgen der Diktatur

in der SBZ und in der DDR bei. Sie will die Erinnerung an

das geschehene Unrecht und die Opfer wach halten sowie

den antitotalitären Konsens in der Gesellschaft, die Demo-

kratie und die innere Einheit Deutschlands fördern und

festigen.

Die Stiftung Aufarbeitung

• fördert und berät Projekte der gesellschaftlichen Auf-

arbeitung, privater Archive und von Opferverbänden,

der Wissenschaft und der politischen Bildung;

• trägt zur Sicherung, Sammlung und Dokumentation von

Materialien und Dokumenten insbesondere aus Wider-

stand und Opposition gegen die SED-Diktatur bei;

• unterstützt Beratung und Betreuung von Opfern

politischer Verfolgung;

• fördert die internationale Zusammenarbeit bei der

Aufarbeitung von Diktaturen;

• meldet sich mit eigenen Publikationen und Veranstal-

tungen in der öffentlichen Debatte zu Wort;

Kontakt

Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Otto-Braun-Str. 70–72

10178 Berlin

E-Mail: [email protected]

Internet: www.stiftung-aufarbeitung.de

Telefon: 030 23247200

Fax: 030 23247210

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Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

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Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V.

Gemeinnütziger Verein

Archiv und Ausstellung

Das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V. ist ein Verein in

der Stadt Leipzig. Er sammelt nach seiner Satzung die hin-

terlassenen Selbstzeugnisse der DDR-Opposition, der Bür-

gerbewegungen und der in den Jahren 1989/90 entstan-

denen Initiativen und Parteien, um diese zu sichern,

dauerhaft aufzubewahren, zu erschließen und der Öffent-

lichkeit zugänglich zu machen.

Bisher wurden bereits mehrere Tausend Aktentitel archi-

viert, mit denen die erste Anmeldung des politischen Pro-

testes, die Ursachen und der Verlauf der demokratischen

Revolution und das Entstehen demokratischer Strukturen

umfassend belegt werden. Zahlreiche wissenschaftliche

Arbeiten und Veröffentlichungen zu dem Themenkom-

plex, ein umfangreiches Presse-, Foto-, Ton- und Video-

archiv sowie eine Bibliothek ergänzen diese Sammlung.

Der Verein leistet einen grundlegenden Beitrag zur Erfor-

schung der Geschichte der Oppositionsbewegung in der

DDR und zur Auseinandersetzung mit der DDR-Diktatur

und sichert damit dieses nationale Kulturgut.

Jedem Interessierten wird kostenlose Einsicht in die Be-

stände gewährt. Außerdem werden Veranstaltungen und

Ausstellungen zur politischen Bildung durchgeführt.

Schulklassen, Seminare und andere Interessenten haben

die Möglichkeit, themenbezogene Veranstaltungen im

Archiv durchzuführen, wozu kompetente Gesprächspart-

ner und Zeitzeugen vermittelt werden.

Diese Wanderausstellung »Graben für den Frieden? – Die

Bausoldaten in der DDR« kann ausgeliehen werden.

Der Verein wird von der Stadt Leipzig, der Stiftung zur

Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stiftung Sächsi-

sche Gedenkstätten gefördert.

Impressum

Herausgeber:

Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V.

Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur

Ausstellungskonzept und Texte:

Andreas Pausch

Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V.

Fregehaus, Katharinenstr. 11,

04109 Leipzig

Telefon, Fax: 0341 8611626

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Internet: www.archiv.buergerbewegung.de

Öffnungszeiten: Di–Fr 10.00–16.00 Uhr

und nach Vereinbarung

Grafische Gestaltung:

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In der DDR gab es kein verfassungsmäßiges Recht auf Kriegsdienstverweigerung für

die Wehrpflichtigen, die aus Glaubens- und Gewissensbedenken das Tragen von Waf-

fen bzw. den Wehrdienst ablehnten. Die SED-Führung ließ für diese die »Anordnung

des Nationalen Verteidigungsrates der Deutschen Demokratischen Republik über die

Aufstellung von Baueinheiten im Bereich des Ministeriums für Nationale Verteidi-

gung« im September 1964 in Kraft treten. Diejenigen, die in den Baueinheiten Dienst

verrichteten, wurden als »Bausoldat« bezeichnet. Ihr Einsatz erfolgte gänzlich militä-

risch. Nur ein Bruchteil der Wehrpflichtigen wählte diesen Weg. Schließlich gehörte

ein ganz besonderer Mut dazu, sich in der DDR als Jugendlicher dem regulären Wehr-

dienst zu entziehen und die damit verbundenen Repressionen auf sich zu nehmen.

Bausoldaten trugen Entscheidendes zur Entwicklung der Opposition in der DDR, zur

friedlichen und weitgehend gewaltlosen Revolution bei. Die Wanderausstellung

»Graben für den Frieden? – Die Bausoldaten in der DDR« arbeitet die Geschichte einer

vom Staat marginalisierten und von der Gesellschaft kaum wahrgenommenen »Grup-

pierung« historisch auf. Für die Dokumente, Leihgaben sowie sonstige Unterstützung

dankt das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e. V.:

Außenstelle Leipzig der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheits-

dienstes der ehemaligen DDR, Heinz Bächer, Martin Böttger, Bürgerkomitee Leipzig

e. V. für die Auflösung der ehemaligen Staatssicherheit (MfS), Gedenkstätte Museum

in der »Runden Ecke« mit dem Museum im Stasi-Bunker, Bundesarchiv Koblenz, Bun-

desarchiv-Militärarchiv Freiburg, Hans Hermann Dirksen, Christian Eimert, Bernd Eisen-

feld, Harald Engel, Rainer Eppelmann, Stephan Eschler, Christian Günther, Haus Stein-

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Martin-Luther-King-Zentrum Werdau, Matthias-Domaschk-Archiv-Berlin, Friedrich

Miehe, Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden, Dirk Moldt, Christoph

Motzer, Peter Oesterreich, Ulrike Poppe, Stephan Psurek, Berndt Püschel, Werner Ross,

Dirk Sauermann, Dietmar Schicketanz, Peter Schicketanz, Frank Sellentin, Stadtarchiv

Leipzig, Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundes-

archiv Berlin, Bernhard Schneyer, Frank Sonntag, Günther Vorsatz, Hans-Michael

Wenzel (Abraham Dürninger Stiftung), Helmut Wolff, Stefan Wolter und Ulrich Zeiler.

Zur Entstehung der Ausstellung[

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»Die erste Aufgabe für

die Jugend ist, wenn das

Vaterland ruft, sich zum

Schutz der Deutschen

Demokratischen Republik

zur Verfügung zu stellen.

Das gilt nicht nur für eine

Vorhut der Jugendlichen,

das gilt für alle Jugendlichen.

Wir haben einige Maß-

nahmen gegen feindliche

Elemente durchgeführt.«Walter Ulbricht vor dem Politbüro, 22.08.61.

Graben für den Frieden?

Nach der Befreiung vom Nationalsozialis-

mus war die Politik der Alliierten Besatzungs-

mächte die Entmilitarisierung Deutsch-

lands. Die beiden deutschen Staaten

wurden in den 1950er Jahren jedoch

zunehmend in die konkurrierenden politi-

schen, ideologischen und militärischen

Lager eingebunden. Der Entmilitarisierung

folgte schließlich die Wiederbewaffnung

der Bundesrepublik Deutschland und der

Deutschen Demokratischen Republik

(DDR). Bis 1962 war in der DDR die Nationale

Volksarmee (NVA) eine Freiwilligenarmee.

Das Interesse der Jugendlichen an einem

Armeedienst war gering. Daher startete die

Sozialistische Einheitspartei Deutschlands

(SED) mit Hilfe ihrer Jugendorganisation

Freie Deutsche Jugend (FDJ) Werbekam-

pagnen zum Zweck des »freiwilligen«

Eintretens in die NVA. In Betrieben und

sämtlichen Bildungseinrichtungen sollten

Jugendliche, zum Teil unter Druck und

Drohungen, zu einer »freiwilligen« Bereit-

schaftserklärung bewogen werden. Einige

Jugendliche widersetzten sich dem. Mit

Exmatrikulationen, Relegierungen und

beruflichen Nachteilen antworteten die

Staatspartei und ihre Organisationen da-

rauf. Nach der Einführung der Wehrpflicht

1962 in der DDR verweigerten wenige

– etwa 1 550 – Wehrpflichtige den Wehr-

dienst. Denn Wehrdienstverweigerung

bedeutete, eine Haftstrafe in Kauf nehmen

zu müssen. Die Evangelischen Kirchen

bemühten sich um eine gesetzliche Grund-

lage hinsichtlich der Einführung des Rech-

tes auf Kriegsdienstverweigerung. Die

SED-Führung wies die Forderungen zurück.

Trotz ihrer ablehnenden Haltung wurde ab

etwa 1963 in militärischen und staatlichen

Führungsgremien intern über eine

Alternative beraten.

Wiederbewaffnung und Protest – 1950 bis 1964[ ]

1Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Parade der Natio-nalen Volksarmeeauf dem Marx-Engels-Platz inBerlin, 1. Mai 1956.

Der Betroffene leistete später – von 1967 bis 1969 – Dienst in den Baueinheiten. Für die Herabsetzungzum Hilfsfacharbeiter ist er 2003 rehabilitiert worden.

Werner Ross wurde am 22.11.1967 zu zwei Jahren Haft verurteilt.

Während dieses Treffens trugen die evangelischenBischöfe Krummacher und Mitzenheim dem Staats-sekretär für Kirchenfragen Seigewasser und demMitglied des Nationalen Verteidigungsrates Stophihr Anliegen hinsichtlich der Einführung der Wehr-pflicht vor.

Der Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht und dieSED-Funktionäre Paul Verner und Erich Honeckerschreiten 1966 die Front der Kampfgruppenbatail-lone in Berlin ab. Als Vorsitzender des NationalenVerteidigungsrates erließ Ulbricht die Anordnungüber die Aufstellung der Baueinheiten.

Auf der Sitzung lag eine Erstfassung der späterenAnordnung über die Baueinheiten vor. Ursprüng-lich sollten bis zum 31. Dezember 1963 die Durch-führungsbestimmungen erlassen werden und dieersten Bausoldaten zur Frühjahrseinberufung 1964ihren Dienst antreten.

Vom Mauerbau bis Mitte September1961 sollen etwa 76 000 solcher Bereitschaftserklärungen abgegebenworden sein. Von denen, die sichbereit erklärt hatten, wurden 23 000 in die Armee eingezogen.

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Graben für den Frieden?

Die Verteidigung der DDR bedeutete laut

Verfassung von 1968 »Recht und Ehren-

pflicht«. Der Militärdienst hieß »Friedens-

dienst.« Die hohe Geltung der Nationalen

Volksarmee zeigte sich symbolisch in

Form von Militärparaden bei offiziellen Fei-

erlichkeiten. Das Fernsehen und andere

Medien hatten einen erheblichen Anteil an

der Propagierung des Militärischen. Mit

dem Ziel der Disziplinierung und sozialen

Kontrolle baute die SED zudem die Militari-

sierung der zivilen Gesellschaft aus. Anfang

der 1950er Jahre bildete sie erste betriebs-

zugehörige, milizähnliche und nach militä-

rischen Prinzipien organisierte Einheiten,

die »Kampfgruppen der Arbeiterklasse«.

Alle in Ausbildung stehenden Frauen waren

in die Strukturen der »Zivilverteidigung« (ZV)

eingebunden. Sie sollten laut dem Wehr-

dienstgesetz von 1982 im Mobilisierungs-

und Verteidigungsfall wehrpflichtig sein.

Die SED-Führung legte sehr zeitig auf die

militärische Erziehung der Jugend Wert.

1952 erließ die Regierung der DDR die

Verordnung über die Bildung der Gesell-

schaft für Sport und Technik (GST). Diese

paramilitärische Massenorganisation war

für die vormilitärische Ausbildung in Schu-

len und Berufsschulen zuständig. Sie warb

um Mitglieder, indem sie beispielsweise

erheblich vergünstigte Bedingungen zum

Erwerb der Fahrerlaubnis gewährte. Die

militärische Indoktrination begann bereits

im Kindergarten. In der Schule folgte für

die 9 bis 13-Jährigen das Pioniermanöver

»Schneeflocke«. Ab 1967 wurden in den

8. bis 10. Klassen Geländeübungen, die

»Hans-Beimler-Wettkämpfe«, veranstaltet.

Schließlich richtete die SED-Führung nach

dem Vorbild anderer kommunistischer

Staaten das Unterrichtsfach »Wehrerzie-

hung« ein. In dessen Rahmen fanden in

der 9. Klasse zwölf Tage lang eine Wehraus-

bildung in Lagern für die Jungen und Lehr-

gänge für Zivilverteidigung für die Mädchen

in der Schule statt. Im »Wehrlager« und im

Zivilverteidigungslehrgang trugen die

Jugendlichen die Uniformen der GST. Für

Studenten war ebenso eine vormilitärische

Ausbildung vorgeschrieben.

2Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Militarisierung der DDR-Gesellschaft – 1950 bis 1989[ ]

Auch aufgrund der Einbindung der Frauen in die Wehrpflicht im Mobilisierungs- und Vertei-digungsfall gründete sich die oppositionelle Gruppe »Frauen für den Frieden«.

Etwa Mitte der 1980er Jahre.

Mitgliedsbuch der GST.

Wehrausbildungslager 1983.

Betriebskampfgruppe bei der Übung.

Aus: Vom Sinn des Soldatseins. Ein Ratgeber für den Soldaten.

Tag der NVA 1985. Am 1. März zelebrierte die Armeeihren Ehrentag mit militärischen Aufmärschen undöffnete ihre Kasernen – auch für die Kleinsten.

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Graben für den Frieden?

Im September 1964 schuf die »Anordnung

des Nationalen Verteidigungsrates über die

Aufstellung von Baueinheiten im Bereich

des Ministeriums für Nationale Verteidi-

gung« die Voraussetzung für einen waffen-

losen Wehrdienst. Verschiedene Gründe

führten zu dieser Regelung. Das waren: die

Reaktion auf das Verweigererpotenzial, das

Drängen der Kirchen auf einen rechtlichen

Schutz für Wehrdienstverweigerer und die

Entspannungskurs Walter Ulbrichts gegen-

über den Kirchen sowie die Einbindung

möglichst aller Wehrpflichtigen in den

Armeedienst. Zudem konnte das Vorbild

der westdeutschen Regelung, die einen

zivilen Ersatzdienst außerhalb militärischer

Strukturen vorsah, relativiert werden. Wer

aus religiösen Anschauungen oder ähnlichen

Gründen den Wehrdienst mit der Waffe

ablehnte, konnte ab November 1964 in diese

Baueinheiten einberufen werden. Der Dienst-

grad lautete »Bausoldat«. Als militärisches

Kennzeichen trugen die Bausoldaten das

Symbol eines Spatens auf den Schulter-

klappen. Die Angehörigen der Baueinheiten

unterschieden sich von den regulären

Soldaten im Wesentlichen durch das Nicht-

Tragen von Waffen und das Ablegen eines

Gelöbnisses an Stelle des Fahneneides.

Ansonsten unterlagen sie den gleichen

gesetzlichen und militärischen Bestimmun-

gen wie die anderen Wehrdienstleistenden.

Für die Betroffenen war diese Regelung

eine unbefriedigende Lösung. Das stellte

sich bereits während der ersten Bausolda-

ten-Jahrgänge heraus. Viele Bausoldaten

bezeichneten den Dienst selbst als einen

faulen Kompromiss. Konflikte resultierten

aus der militärischen Einbindung, dem

Gelöbnis und den Bauarbeiten an militäri-

schen Objekten wie Panzerschießplätzen,

Flugplätzen oder Raketenstellungen. Die

Möglichkeit, den Wehrdienst als Bausoldat

abzuleisten, wurde offiziell weitestgehend

verschwiegen. Eine Waffendienstverweige-

rung war im Bereich der Warschauer

Vertragsstaaten nur in der DDR möglich.

Ausnahmen bildeten Polen und Ungarn, die

erst Ende der 1980er Jahre Zivildienstrege-

lungen einführten.

3Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Die Einrichtung der Baueinheiten – 1964[ ]

Rarität – oftmals kursiertedas Gesetzblatt lediglich alsAbschrift oder als Kopie.

Unkommentiert in der Kirchenzeitung»Potsdamer Kirche« vom 11. Oktober 1964.

Prenzlauer Bau-soldaten desersten Durchgangs1964 bis 1966.

Erwähnungen in der Presse finden sichhauptsächlich unmittelbar nach derAnordnung über die Aufstellung vonBaueinheiten.

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Graben für den Frieden?

4Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

[ ]Musterung und Motive

Das Potenzial derer, die Bausoldaten-dienst leisten wollten, stieg im Laufeder Zeit erheblich an.

Die Bestimmungen über die Zulassung zum

Bausoldatendienst waren den künftigen

Bausoldaten nicht zugänglich und wurden

als »Vertrauliche Verschlusssachen« behan-

delt. Bei der Musterung durfte den Wehr-

pflichtigen ausdrücklich nichts über Ver-

fahrensweisen berichtet werden. Während

einer Arbeitsberatung der Chefs und Leiter

der Wehrkreiskommandos von 1987 hieß

es: »Durch die Einberufungskommission ist

die ehemals abgegebene Erklärung nicht ins

Gespräch zu führen, sondern das Gespräch

auf den aktiven Wehrdienst zu lenken.«

Die zukünftigen Bausoldaten konnten sich

somit lediglich auf das Gesetzblatt und die

Erfahrungen ehemaliger Bausoldaten be-

rufen. Ab den 1970er Jahren bildeten sich

vermehrt organisierte Formen zur Vorbe-

reitung auf die Musterung und den Dienst

heraus. Es fanden Beratertage und Alt-Neu-

Treffen statt. Dort erhielten zukünftige

Bausoldaten umfangreiche Informationen,

wurden beispielsweise in Rollenspielen auf

den Umgang mit den zukünftigen Vorge-

setzten vorbereitet. Die Wehrkreiskom-

mandos berichteten den Wehrpflichtigen

nicht, wann und ob sie zu den Baueinhei-

ten einberufen werden. Zwischen Muste-

rung und Einberufung konnten acht Jahre

liegen. Oftmals zog die Armee Bausoldaten

erst im letztmöglichen Einberufungsjahr,

dem 26. Lebensjahr, ein. Die Einberufung

erfolgte bis anfang der 1980er Jahre nicht

halbjährig, wie bei den regulären Wehr-

pflichtigen. Bausoldaten beriefen die Wehr-

behörden im 18-monatigen Zyklus ein.

Somit konnten innerhalb der NVA keine

Erfahrungen weitergegeben werden. In

einigen Fällen verwehrten die Wehrbehör-

den Wehrpflichtigen den Dienst in den

Baueinheiten. Die Motive der Bausoldaten

lassen sich in religiöse, pazifistische und

politische Beweggründe unterteilen. Ein

Großteil der Bausoldaten gehörte verschie-

denen Religionsgemeinschaften an. Ab

etwa Mitte der 1970er Jahre wandelte sich

die Zusammensetzung der Bausoldaten

hinsichtlich der Religionszugehörigkeit und

der Motive. Die politischen Beweggründe

nahmen jetzt zu. Die Ablehnung des Gesell-

schaftssystems der DDR äußerte sich auch

anhand von »Ausreise-Bausoldaten«. Diese

hatten einen Ausreiseantrag in die Bundes-

republik gestellt.

Unter Mitarbeit ehemaligerBausoldaten entstanden solche Entscheidungshilfen.

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Graben für den Frieden?

Auch nach der Bausoldatenanordnung ver-

weigerten Jugendliche ganz den Dienst in

der Armee. Die militärische Ausrichtung

des »Wehrersatzdienstes« stellte für sie

keine Alternative dar. Die Motive lagen im

Bereich des Religiösen, des Pazifistischen

oder des Anarchistischen. Diejenigen, die

den Armeedienst prinzipiell verweigerten

(Totalverweigerer), standen unter dem Vor-

wurf, die Verteidigungsfähigkeit der DDR

oder die Kampfkraft der NVA zu verletzen.

Das wurde strafrechtlich geahndet. Hinzu

kamen die Überwachung durch die Staats-

sicherheit und gesellschaftliche Nachteile.

Zwischen 1962 und 1964 verhängten die

Gerichte unterschiedliche Strafen. Ab 1964

pegelte sich die Haftstrafe zwischen 20 und

24 Monaten ein. Für Reservedienstverwei-

gerer lag das Strafmaß bei sechs Monaten.

Knapp die Hälfte der prinzipiellen Verwei-

gerer zählte zu den Angehörigen der ver-

botenen Religionsgemeinschaft der Zeugen

Jehovas. Sie trugen mit 90 Prozent den

Hauptanteil der Verurteilten. Im Laufe der

Jahre wuchs die Zahl der Totalverweigerer an.

Im gesamten Zeitraum gab es etwa 6 000

Totalverweigerer. Die Gerichte verurteilten

die Hälfte von ihnen. Ab 1971 nahm die

Menschenrechtsorganisation »amnesty

international« die Verweigerer in ihr Man-

dat auf und unterstützte vor allem die

Inhaftierten. Die Zahlen der Totalverweige-

rungen erhöhten sich kontinuierlich. 1986

gründete sich der überregional agierende

»Freundeskreis Wehrdiensttotalverweigerer«.

Zum Tätigkeitsspektrum gehörten die Kom-

munikation in der Gruppe, die Beratung von

Wehrpflichtigen bei der Entscheidungsfin-

dung, die Vernetzung mit anderen Gruppen

und Kontakte zu Totalverweigerern im Aus-

land. Aufgrund des Ringens der DDR-Füh-

rung nach außenpolitischer Anerkennung

und des Bemühens, negative Stimmungen

in der Öffentlichkeit zu vermeiden, gingen

die Verhaftungen und Verurteilungen ab

Mitte der 1980er Jahre zurück. Bekannt ist,

dass Erich Honecker über das Schicksal von

Armeedienst verweigernden Wehrpflichtigen

entschied.

5Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Prinzipielle Wehrdienstverweigerung 1962 bis 1989[ ]

Karikatur von Dirk Moldt zurTotalverweigerung, 1988.

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Angehörige der Zeugen Jeho-vas nutzten u. a. diese Variante,Bibelseiten in die Haftanstalteinzuschmuggeln.

Berndshof-Tongrube 1965/66.Hier arbeiteten inhaftierteWehrdienstverweigerer beimZiegelbau.

Inhaftierte Zeugen Jehovas.Oben: in den 1980er Jahren.Unten: 1971.

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Graben für den Frieden?

Das Gesetz über die Aufstellung von Bau-

einheiten schrieb zugleich die Ausbildung

und Arbeitsaufgaben der Bausoldaten fest.

Die Ausbildung beinhaltete die staatspoli-

tische Schulung, die Schulung über gesetz-

liche und militärische Bestimmungen, die

Exerzierausbildung ohne Waffe, die militä-

rische Körperertüchtigung, den Pionier-

dienst und die fachliche Ausbildung, die

Schutzausbildung sowie die Ausbildung

in Erster Hilfe. Hinsichtlich des Arbeitsein-

satzes sollten die Bausoldaten bei Straßen-

und Verkehrsbauten mitarbeiten, Verteidi-

gungs- und sonstige militärische Anlagen

ausbauen, Übungsschäden beseitigen und

im Katastrophenfall eingesetzt werden.

Das skizzierte Spektrum von militärischen

und zivilen Arbeiten wurde im Wesentlichen

auch in der Praxis umgesetzt. Allerdings

sind drei zeitliche Phasen der Stationierung

und des Einsatzes zu unterscheiden. Im

ersten Zeitraum – 1964 bis 1975 – waren

Bausoldaten in Baupionierbataillone einge-

gliedert und in größeren Einheiten von

einer Stärke zwischen 30 und 100 Mann in

vier verschiedenen Orten stationiert. In

dieser Phase mussten Bausoldaten oft an

militärischen Bauvorhaben mitwirken. Das

betraf beispielsweise die Arbeit am Bau von

Panzerschieß- oder Militärflugplätzen. Im

zweiten Zeitraum – 1975 bis 1982 – erfolgte

die Stationierung dezentral. Die größeren

Baueinheiten löste die Armee auf. Der Ein-

satz der Bausoldaten erfolgte in NVA-eige-

nen Erholungsheimen, in Geräte-, Versor-

gungs-, Reserve-, Material- und Kfz-Lagern,

militärmedizinischen Einrichtungen und

Offiziershochschulen. Die Militärführung

verkürzte die Grundausbildung und verrin-

gerte die Arbeitsstunden. Der Großteil der

Bausoldaten war für deutlich zivilere Arbei-

ten vorgesehen. Hierzu gehörten die Reini-

gung von Straßen und Plätzen innerhalb

der Objekte, das Reinigen von Außenrevie-

ren, die Pflege von Grünanlagen, Transport-

und Verladearbeiten sowie der Betrieb und

die Unterhaltung von Heizungsanlagen.

Nach einer Einschätzung des Ministeriums

für Nationale Verteidigung von 1981 unter-

lagen die Bausoldaten damit besseren

Dienstbedingungen als die regulären Wehr-

pflichtigen im Grundwehrdienst. Das Ver-

teidigungsministerium plante daher einen

anderen Einsatz.

6Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Ausbildung und Arbeitsfelder 1964 bis 1982[ ]

Ab 1966 gab es diese Staatspoliti-sche Schulung für Bausoldaten. In den 1980er Jahren ist diesesHeft nicht mehr an Bausoldatenverteilt worden. Die Gründe sindnicht bekannt. (Auszug)

Unterbringung der Bausoldaten des StandortesGarz in Alteno/ Kreis Luckau. Einsatz beim Baueines Feldflugplatzes, Herbst 1966.

Arbeitseinsatz bei Leipzig. Bausoldatenvom Standort Bärenstein, Winter 1969.

Kasernengelände in Prora, 1977/78.

Bausoldaten während ihrerArmeezeit in Holzdorf, 1974.

Arbeitsheft und Winterdienst-plan einer Bausoldatengruppedes Sicherstellungszuges imStraßenbauregiment »RobertSiewert« in Neuseddin, 1980/82.

In dieser Kollegiumsvorlagewurde für Folgendes plädiert:»Die Bausoldaten sollten ausnahmslos zu körperlichschwerer Arbeit eingesetztwerden«.

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Graben für den Frieden?

Die Bausoldaten wurden im dritten Zeit-

raum – 1982 bis 1989 – erneut in größere

Baueinheiten in 15 Stammobjekten zusam-

mengefasst. Der Befehl des Ministers für

Nationale Verteidigung von 1983 legte noch

einmal das Arbeitsspektrum fest. Dieses

unterschied sich in den meisten Punkten

nicht von der Anordnung von 1964. Der

Befehl definierte aber, wo Bausoldaten nicht

arbeiten sollten. Die schlechte ökonomische

Situation in der DDR stellte einen weiteren

Grund des zentralisierten Einsatzes der

Bausoldaten dar. Angehörige der Bauein-

heiten mussten ihren Dienst in den 1980er

Jahren zunehmend in der Volkswirtschaft

ausüben. Sie arbeiteten in den Kombinaten

der Chemischen Industrie, in Energiekom-

binaten, im Braunkohletagebau oder auf

Großbaustellen. Die Arbeitsbedingungen in

den zum Teil über 60 Jahre alten Betrieben

und Anlagen waren katastrophal. 1989

leisteten rund 60 Prozent der Bausoldaten

ihren Dienst in der Volkswirtschaft. Die Zahl

der erklärten Waffendienstverweigerer

stieg zunehmend an. Zum einen mussten

die Planstellen für Bausoldaten ständig

erhöht werden, zum anderen planten die

Militärbehörden mehrere Tausend von

ihnen zusätzlich einzuberufen. Auch in

der dritten Phase des Einsatzes kam es zu

Bauleistungen an Militärobjekten, zum Bei-

spiel dem Bau von Raketenstellungen.

7Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Ausbildung und Arbeitsfelder 1982 bis 1990[ ]

Gaskombinat Schwarze Pumpe.

Bei dem Großprojekt Mukraner Hafen – als Fährverbindung zwischen der DDR und derSowjetunion geplant – setzte die Armeeführungdie größte Baueinheit, Standort Prora, ein.

Diese Bausoldaten, im Baustofflager des IngenieurbaubataillonsBrandenburg eingesetzt, mussten beispielsweise einen Tag langLöcher mit Spitzhacken in gefrorenen Boden hauen. Am Abendkam der Befehl, sie wieder zuzuschütten, 1982/83.

Saßnitzer Hafen, Mai 1989.

Seltenheitswert: Bausoldatenwurden öffentlich in der Zeitungerwähnt und gelobt.

Bausoldat in Laage bei Rostock. Bauvon Flugplatz Laage, Sommer 1987.

Geplanter Einsatz der Bausoldaten inder Volkswirtschaft, August 1989.

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Graben für den Frieden?

Das Leben in der Kaserne bedeutete, dem

Militärsystem untergeordnet zu sein. Die

NVA war eine autoritär geführte Armee

ohne Mitbestimmungsrechte für Soldaten.

Zudem zeichnete sie sich durch ein hohes

Maß an politischer Erziehung aus. Befehl

und unbedingter Gehorsam bildeten die

Grundlage der »Verständigung« zwischen

Vorgesetzten und Untergebenen. Die Offi-

ziere zeichneten sich durch über 95-pro-

zentige SED-Mitgliedschaft und Atheismus

aus. Die Wehrpflichtigen mussten fast

durchgängig in der Kaserne präsent sein.

Urlaub gab es 18 Tage in 1 1/2 Jahren Wehr-

dienstzeit. Sicher erlebte jeder Bausoldat

die Zeit in der Armee ganz unterschiedlich.

Die Erfahrungen waren von Jahr zu Jahr

und von Standort zu Standort verschieden.

Einige Besonderheiten betrafen allerdings

viele Bausoldaten. Dazu gehörte beispiels-

weise das Zusammenleben verschiedener

Religionen auf den Stuben für die kirchlich

geprägten Männer. Bausoldaten veranstal-

teten Buchlesungen und -Diskussionen,

Gottesdienste auf Stuben, Bluesabende und

vieles mehr. Mancher Bausoldat reflektierte

den Armeealltag mittels des verbotenen

Schreibens von Tagebüchern. Viele künstle-

rische Arbeiten der Bausoldaten – Linol-

schnitte, Lithographien, Aquarelle oder gar

ein Bausoldaten-Brettspiel – zeugen von

ihren Beschäftigungen, ihren Emotionen

und ihrer Einstellung zum Militär. Zu den

Erfahrungen von Bausoldaten gehören

jedoch auch viele negative Momente, wie

Schikanen und Bestrafungen durch Vorge-

setzte, Entzug von Urlaub, Ausgang und

Freizeit. Gerechtfertigte oder ungerechtfer-

tigte Verdächtigungen, ein Spitzel zu sein,

das permanente Zusammenleben oder

unterschiedliche Motivationen, Bausoldat

zu werden, führten zu Spannungen inner-

halb der Baueinheiten. Selbsttötungen und

Selbsttötungsversuche während und nach

der Armeezeit sind bekannt.

8Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

[ ]Bausoldatenalltag

Bausoldatenkalender Proraer Bausoldaten, 1984/85.

Saßnitzer Bausoldaten, 1982.

Diesen Linolschnitt fertigte der Bausoldat Ulrich Zeiler, der 1980 bis 1982 in Neuseddin seinen Dienst ableistete, an.

Aquarell von Bausoldat,Frank Hruschka, 1987.

Baustelle Grimma/Nimbschen, Januar 1969.

Anzeige zur Entlassung aus demBausoldatendienst. Linolschnitt vonDietmar Schicketanz, 1984.

Bausoldaten während ihrer Dienstzeit in Holzdorf 1974.

Bausoldaten während ihrer Dienstzeit in Holzdorf, 1974.

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Graben für den Frieden?

Grundsätzlich versammelte sich in den

Baueinheiten ein kritisches Potenzial Wehr-

pflichtiger. Bausoldaten weigerten sich,

beim Bau militärischer Anlagen mitzuarbei-

ten und das Gelöbnis abzulegen. Das zog

vor allem in den ersten Jahren Gefängnis-

strafen nach sich und die Haftzeit musste

nachgedient werden. Angehörige von Bau-

einheiten verfassten Offene Briefe oder

Eingaben über ihre Belange. Im Vergleich

zu den regulären Wehrpflichtigen richteten

Bausoldaten bedeutend mehr Eingaben

an militärische und staatliche Stellen. Die

Schreiben beinhalteten die Probleme mit

dem Ablegen des Gelöbnisses, die Kritik am

Einsatz beim Bau militärischer Anlagen, die

Forderung nach Gottesdienstbesuch und

nach Einrichtung eines zivilen Dienstes, das

Verhalten von Vorgesetzten oder die Bean-

standungen der Zustände in der Volkswirt-

schaft. Parallel dazu berichteten Bausolda-

ten ihre Probleme den Kirchenführungen

und den Landes- oder Bundessynoden.

Sowohl die Befehls- und Gelöbnisverweige-

rungen als auch die Eingaben der Bausolda-

ten wurden in militärischen und staatlichen

Führungsgremien behandelt. Ab etwa 1982

führten die NVA und 1987 die Abteilung

Sicherheitsfragen der SED in ihren Statisti-

ken die Eingaben der Bausoldaten gesondert

auf. Bei Wahlen kristallisierte sich ein kriti-

sches Wahlverhalten einiger Angehöriger

der Baueinheiten heraus. Aufgrund der ver-

schieden Phasen der Stationierung und der

Arbeitseinsätze differierte die Intensität

des beschriebenen kritischen Verhaltens.

Gerade durch den zivileren Einsatz in der

mittleren Phase gab es weniger Angriffs-

punkte. Der dezentrale Einsatz verhinderte

zudem eine große Ansammlung skeptischer

Wehrpflichtiger. Allerdings protestierten

Bausoldaten auch in Eingaben gegen die

Einführung des Wehrunterrichts 1978.

9Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Protest und Selbstbehauptung1964 bis 1989[ ]

Gesamtzahl der Eingaben und Beschwerden in einem Jahr(jeweils erstellt zwischen Juli und August)

440 598 6681273 1563

3181 2899 23632943 2707 2657

17048 1713916433

1981720576 20508

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10000

15000

20000

25000

1982/83 1983/84 1984/85 1985/86 1986/87 1987/88

NVA Gesamt

ReguläreGrundwehr-dienst-leistende

Bausoldaten

1987/88 richteten3,5 Prozent derGrundwehr-dienstpflichtigenund 78 Prozentder BausoldatenEingaben undBeschwerden anmilitärische undstaatliche Stellen.

Der Bausoldat Helmut Wolff verweigerte 1965 mit fünfweiteren Bausoldaten den Bau an einer Panzerschieß-strecke. Er wurde zu 6 Monaten Militärgefängnis verurteilt.Daraufhin bekam er etwa 250 solcher Briefe und Post-karten aus den verschiedensten Ländern.

Sicher eine Seltenheit. Aber den Bausoldaten im Durchgang 1977/78 gelang es, eine Schreib-maschine in der Unterkunft zu verstecken.

Frühzeitiges Engagement der ersten gedientenBausoldaten.

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Graben für den Frieden?

Bereits vor der Einrichtung der Allgemei-

nen Wehrpflicht in der DDR traten die Evan-

gelischen Kirchen zu Beginn der 1950er

Jahre für den Schutz und das Recht auf

Kriegsdienstverweigerung ein. Sie führten

Gespräche mit staatlichen Institutionen

und richteten Memoranden an sie. Auf die

Anordnung über die Baueinheiten reagierte

die Konferenz der Kirchenleitungen mit der

Schrift »Zum Friedensdienst der Kirche –

Handreichung für Seelsorge an Wehrpflich-

tigen«. Diese seelsorgerische Anleitung war

zugleich eine Positionsbestimmung. Sie

gestand der Wehr- und Waffendienstver-

weigerung eine Präferenz gegenüber dem

Wehrdienst zu. Der Staat verlangte die

Zurücknahme der Handreichung – ohne

Erfolg. Die Katholische Kirche distanzierte

sich anfangs von der Wehrdienstverweige-

rung, aber die Einstellung hierzu liberali-

sierte sich zunehmend. 1983 brachten die

katholischen Bischöfe mit einem Hirten-

brief, der an alle Gemeinden gerichtet war,

den Bausoldaten ihre Achtung zum Aus-

druck. Darin sprachen sie sich auch für eine

andere Form des Wehrersatzdienstes aus.

In der DDR gab es offiziell keine Militärseel-

sorge. Einen gewissen Ersatz stellte das

offene Pfarrhaus dar. Dieses richtete sich

allerdings nach dem Engagement und der

Offenheit des Pfarrers bzw. der Pfarrerin.

Neben der seelsorgerischen Betreuung hat-

te die Pfarrei auch weitere Funktionen. Bau-

soldaten verschickten ihre Briefe von dort

aus, um den Postkontrollen zu entgehen.

Es konnten zum Besuch angereiste Ver-

wandte untergebracht, Zivilsachen aufbe-

wahrt oder Fahrzeuge versteckt werden.

Gelegentlich besuchten evangelische

Landesbischöfe Bausoldaten in den Ge-

meinden in der Nähe des Standortes. Sie

verschafften sich damit persönlich einen

Überblick über die Verhältnisse. Im Rahmen

von Friedensdekaden oder Rüstzeiten

wurde über Wehrdienstfragen aufgeklärt.

In Kirchenzeitungen fanden Berichte über

Wehrdienstangelegenheiten Eingang.

10Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Die Stellung der Kirchen1950 bis 1989[ ]

Die Handreichung erkannte die Entscheidung, prinzipiell den Wehrdienst zu verweigern und Bausoldat zu werden, als »deutlicheres Zeugnis« an.

Gemeindeabend inDoberlug-Kirchhain,1985/87.

Für das Presseorgan der SED »Neues Deutsch-land« war die Handreichung eine »Schmäh-schrift gegen die Nationale Volksarmee«.

Die Kirchenführung musste oftmals beim Staat wegen ungerechterBehandlungen intervenieren. In diesem Brief kommt deutlich zumAusdruck, dass nicht alle Wehrpflichtigen, die Bausoldatendienstleisten wollten, auch in die Baueinheiten einberufen wurden.

Kirche in Binz, Frühjahr 1989.

Im Binzer Pfarrgarten, Juli 1987.

Bausoldaten des Standortes Prora,rechts mit Gemeindehelferin, 1977/78.

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Graben für den Frieden?

Den Bausoldaten und dem Dienst in den

Baueinheiten wurde offiziell wenig Aufmerk-

samkeit entgegengebracht. Der inoffizielle

Blick war ungleich schärfer. Die Wehrkreis-

kommandos, die jeweiligen militärischen

Vorgesetzten und auch zivile Mitarbeiter

der NVA arbeiteten mit der für das Militär

zuständigen Hauptabteilung I der Staats-

sicherheit – in der NVA »Verwaltung 2000«

genannt – zusammen. Diese hatte 2 300

hauptamtliche Mitarbeiter und zählte zu

den personalstärksten Abteilungen des

Ministeriums für Staatssicherheit. In der

zweiten Hälfte der 1980er Jahre lieferten

21 000 Inoffizielle Mitarbeiter Informatio-

nen an die Stasi. Bereits die Bausoldaten

der ersten Durchgänge gerieten in das

Visier. Die Staatssicherheit beobachtete

und kontrollierte mit den verschiedensten

operativen Mitteln das kritische Potenzial

in den Baueinheiten. Hierzu zählten das An-

legen von Akten, Postkontrollen, elektro-

akustische Abhörungen, Zersetzungsmaß-

nahmen oder die Durchdringung mit

Inoffiziellen Mitarbeitern. Es entstanden

Fachschularbeiten der Juristischen Hoch-

schule des Ministeriums für Staatssicher-

heit, allgemeine Lageeinschätzungen oder

Maßnahmepläne. Ab 1982 begann die

Geheimpolizei die persönlichen Daten der

Bausoldaten in die Zentrale Personendaten-

bank des Ministeriums einzuspeichern. Mit

einem extra für Bausoldaten entwickelten

Bogen sollten die wichtigsten Informatio-

nen über die Person erfasst werden. Bei

dem Aspekt Beobachtung und Kontrolle

durch die Staatssicherheit zeigen sich wie-

der Unterschiede aufgrund der verschiede-

nen zeitlichen Phasen des Arbeitseinsatzes.

Während des dezentralisierten Einsatzes

klagte die Geheimpolizei über zu wenige

Informationen. Vor allem fehlte es an »Bau-

soldaten-IM«. Die Bausoldaten schätzte das

Ministerium per se als »feindlich-negativ«

ein, und sie gehörten zur »Zielgruppe des

Gegners«. Die Baueinheiten waren eine

»legale Konzentration feindlich-negativer

Kräfte«.

Die Beobachtung der Bausoldaten durch das Ministeriumfür Staatssicherheit [ ]

11Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

»Wissenschaft« im Dienste der »schärfsten Waffe der Partei«. Absolventen derJuristischen Hochschule des MfS in Potsdam verfassten Examensarbeiten überdas Thema Bausoldaten. Zum Teil beziehen sich diese Arbeiten auf bestimmteBaueinheiten in bestimmten Zeiträumen. Ein wichtiger Punkt dieser Arbeitenwar meist die »Suche, Auswahl und Gewinnung« von Inoffiziellen Mitarbeiternunter den Bausoldaten.

Bausoldat Stephan Psurek (links) mit IM »Jens Rohrbach« (rechts), 1982/83.

Ab 1982 wurde mit der Erfassung der Bausolda-ten in die Personendatenbank des Ministeriumsfür Staatssicherheit begonnen.

In allen Bezirken erstellten die Bezirksver-waltungen der Geheimpolizei Statistikenüber Waffen- und Wehrdienstverweigerer.

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Stabwanze im Mauerwerk.

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Graben für den Frieden?

In das Blickfeld der Geheimpolizei geratene

Bausoldaten wurden nach der Ableistung des

Wehrdienstes weiter durch die jeweiligen

Kreisdienstsstellen des Ministeriums für

Staatssicherheit beobachtet. Diese beein-

trächtigten – teils mit erheblichen Einschrän-

kungen – die weitere Lebensplanungen und

Lebensgestaltungen von ehemaligen Bau-

soldaten. Ein besonderes Problem stellte

der oftmals verwehrte Zugang zu höheren

Bildungsgängen dar. Zwar konnten auch

Bausoldaten studieren und im Beruf keine

Nachteile haben, es gab allerdings auch die-

jenigen Bausoldaten, denen der Weg zum

Studium erschwert oder gänzlich verwehrt

wurde. Die Nachteile im Bildungssektor

sprachen die Kirchen bei ihren Gesprächen

mit dem Staat an. Staatliche Stellen verwie-

sen darauf, dass für eine Studienaufnahme

die Leistungen in der gesellschaftlichen,

fachlichen und beruflichen Tätigkeit sowie

die Beurteilung der Leistungen während

der militärischen Dienstzeit ausschlagge-

bend seien. Partiell sind auch Berufsverbo-

te bekannt, und Berufseinschränkungen

traten ebenso auf. Gediente Bausoldaten,

die in theologischen Einrichtungen studier-

ten und eine kirchliche Laufbahn einschlu-

gen oder im kirchlich-karitativen Bereich

arbeiteten, waren vor beruflichen Nachtei-

len geschützter. Wer sich nach der Ablei-

stung des Bausoldatendienstes für die

Belange der Kriegsdienstverweigerung

oder anderweitig friedenspolitisch enga-

gierte, musste mit der weiteren Bespitze-

lung der Staatssicherheit rechnen.

12Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

[ ]Nachteile

»Den Dienst als Bausoldat

anerkennen wir als eine Ent-

scheidung für den Frieden

und den Sozialismus. Die

wehrersatzdienstleistenden

Bürger der DDR sind völlig

gleichberechtigt vor dem Ge-

setz und nehmen unabhängig

von ihrer Weltanschauung

und Bildung einen gerechten

Platz in unserer Gesellschaft

ein. Dementsprechend hat

bei uns auch jeder Bausoldat

die Möglichkeit, die verschie-

denen Bildungswege der

DDR zu nutzen. Davon zeugt

unter anderem die Tatsache,

daß sich unter den Bausol-

daten auch Abiturienten und

Studenten befinden.« Erich Honecker 1970

In den Dokumenten bzw. in der offiziellen Lesartwurde die Exmatrikulation mit der Verweigerungder vormilitärischen Ausbildung begründet, impersönlichen Gespräch allerdings auf den Wunsch,Dienst als Bausoldat zu leisten, verwiesen.

Die evangelische Kirchenführung sprach dieProbleme der Bildungsbenachteiligung vonBausoldaten an.

Vorschlag des Ministeriumsfür Staatssicherheit.

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Graben für den Frieden?

Einige gediente Bausoldaten engagierten

sich aufgrund der unzulänglichen Bausol-

datenregelung nach dem Dienst im gesell-

schaftlichen und kirchlichen Bereich. Erste

Gründungen von Arbeitsgruppen ehemali-

ger Bausoldaten gehen in die 1960er Jahre

zurück. 1973 gab es in Leipzig, Dresden,

Karl-Marx-Stadt, Cottbus, Halle, Görlitz,

Potsdam, Erfurt, Rostock, Berlin und Jena

solche Regionalgruppen. In Zusammenar-

beit mit dem Arbeitskreis »Friedensdienst«

in den Evangelischen Jungmännerwerken

erarbeiteten Mitglieder dieser Arbeitsgrup-

pen beispielsweise die Seminaranleitung

»ABC des Friedens«. Auf das Engagement

ehemaliger Bausoldaten geht auch die Ein-

richtung der »Arbeitsstelle Friedensfragen

beim Bund der Evangelischen Kirchen«

zurück. DDR-weit trafen sich Bausoldaten-

gruppen ab 1969 zum einmal jährlich statt-

findenden Zentraltreffen in Leipzig. Ebenso

basieren Friedensseminare oder Friedens-

werkstätten auf dem persönlichen Engage-

ment ehemaliger Bausoldaten oder prinzi-

pieller Wehrdienstverweigerer. Nicht jeder

Bausoldat wirkte in solchen organisierten

und von der Staatssicherheit als illegal ein-

geschätzten Treffen und Aktivitäten mit.

Sie klärten in ihrem persönlichen Umfeld

über den Dienst auf. Während Alt-Neu-Tref-

fen berichteten die ehemaligen den neuen

Bausoldaten von ihren Erfahrungen wäh-

rend der Zeit in der Armee. Manche Bausol-

daten beteiligten sich nach der Dienstzeit

an der Initiative »19. Monat«. Direkt im

Anschluss an den 18-monatigen Wehrdienst

leisteten sie einen freiwilligen Einsatz im

zivilen Bereich. Mit dieser symbolischen

Geste wollten sie durch ein persönliches

Beispiel möglichst öffentlichkeitswirksam

auf den Wunsch nach einer zivilen Alter-

native zum Wehrdienst hinweisen.

1970 initiierten die ersten Bausoldaten

einen solchen zivilen Zusatzmonat.

13Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

[ ]Aktivitäten nach der Dienstzeit

Zentraltreffen ehemaliger Bausoldaten in Leipzig,dokumentiert vom Staatssicherheitsdienst.

Aus den einmal jährlich stattfindenden Zentraltreffen ehemaliger Bausolda-ten entwickelten sich anfang der 1980er Jahre Friedensseminare in Leipzig.Für den Friedensgottesdienst 1982 warben die Initiatoren mit diesem Plakat.

Der ehemalige Bausoldat Martin Böttger auf der Friedenswerkstatt in Berlin beim »speakerscorner« im Garten der Erlöserkirche, 1982.

Bericht in der Zeitung»Die Kirche« übereinen zivilen Zusatz-monat. 1970 führtenBausoldaten erstmalseinen 19. Monat durch.

Im Frühjahr 1986 gab das Jungmänner-werk Erfurt mit einer Auflage von 1 500Stück diese Sammlung von Texten vonBausoldaten und Partnerinnen heraus.

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Graben für den Frieden?

Kirchliche Mitarbeiter riefen 1981 zur Initia-

tive »Sozialer Friedensdienst«, kurz »SoFd«

genannt auf. Dieses Sieben-Punkte-Papier

stellte den Bausoldatendienst in Frage. Es

forderte, eine zivile Alternative zu den be-

stehenden Regelungen – dem Waffendienst

und dem Bausoldatendienst – zu schaffen

und das Wehrdienstgesetz dementspre-

chend zu ändern. Eine Verpflichtung zu

zweijähriger Dienstzeit, die Rechtsgleich-

heit mit den Wehrpflichtigen und vor allem

der Einsatz im sozialen Bereich verlangte

das Schriftstück des Weiteren. Einerseits

richtete sich das Schreiben an die Volks-

kammer, und andererseits forderte es die

Befürworter eines zivilen Dienstes auf, sich

mittels Eingaben und Unterschriftensamm-

lungen an die Synoden der evangelischen

Kirchen zu wenden. Bei Jugendlichen fand

das großen Anklang. Schätzungsweise

5 000 Personen unterzeichneten diesen

Aufruf. Die SED wies eine Alternative zum

Bausoldatendienst strikt zurück. Ein brisan-

ter Konflikt zwischen Jugendlichen und dem

Staat entbrannte zwischen 1981 und 1982

über den Aufnäher »Schwerter zu Pflug-

scharen«. Unter Anwendung physischer Ge-

walt durch die Staatsorgane musste dieser

entfernt werden. Zudem startete die FDJ,

nach einem Beschluss des Zentralkomitees

der SED, die Gegenoffensive »Der Frieden

muß verteidigt werden – der Frieden muß

bewaffnet sein!« Für manche Jugendliche

entstand eine innere Logik zwischen SoFd,

»Schwerter zu Pflugscharen« und dem Bau-

soldatendienst. In den 1980er Jahren ent-

wickelten sich unter dem Dach der Evange-

lischen Kirchen in vielen Städten der DDR

systemkritische Gruppen. Hier wurden die

Themen, Frieden, Abrüstung, Menschen-

rechte, Frauen, Dritte Welt oder Ökologie

behandelt. Sie stellten die politischen, gesell-

schaftlichen und ökologischen Verhältnisse

in Frage. Dies betraf auch die Militärpolitik.

In ihren Aufrufen, Informationsblättern

oder Handzetteln thematisierten die Grup-

pen Fragen des Wehrdienstes bzw. Wehr-

ersatzdienstes.

Die Forderung nach zivilem Ersatzdienst wird lauter – 1980er Jahre[ ]

14Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Die Abraham Dürninger Stiftung entwarfdie Motive und zeichnete sich verantwort-lich für die Drucke der 100 000 Lesezeichen.Jugendliche schnitten es aus und heftetenes sich an die Jacke. Da der Druck auf Textilien nicht genehmigungspflichtig war, konnten 110 000 Vliesstücke herge-stellt werden. Zu sehen sind zwei Original-entwürfe und das Vlies.

Kirchentag Berlin, 1988.

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Veranstaltung der Arbeits-gruppe »Menschenrechte«,Leipzig.

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Graben für den Frieden?

Aufgrund der Intervention von Bausolda-

ten, Kirchenmitgliedern, Kirchenleitungen

oder systemkritischen Gruppen kannten

das Ministerium für Nationale Verteidi-

gung, das Zentralkomitee der SED, die

Volkskammer und andere staatliche Institu-

tionen die Probleme und Konflikte mit dem

Bausoldatendienst und die Forderungen

nach einem zivilen Ersatzdienst. Zudem

informierte das Ministerium für Staatssi-

cherheit über die Lage. Trotz dieses Wis-

sens wies die staatliche und militärische

Führung immer wieder vehement Forde-

rungen nach einer Alternative zum Bausol-

datendienst zurück. Die SED-Führung verlor

damit auch in diesem Bereich Integrations-

vermögen und Legitimität. Im Herbst 1989

forderten die Menschen auf der Straße demo-

kratische und freiheitliche Rechte. Auf den

Transparenten der Demonstranten war ne-

ben vielen anderen konkreten Forderungen

auch die nach Einführung eines zivilen Er-

satzdienstes zu lesen. Die letzte SED-Regie-

rung sah sich gezwungen, auch diesem An-

liegen entgegenzukommen und versprach

die Einführung eines Zivildienstes. 2000 Bau-

soldaten leisteten im Dezember 1989 ihren

Dienst im Gesundheits- und Sozialwesen.

Die Volkskammer verabschiedete 1990 die

Verordnung über den Zivildienst in der Deut-

schen Demokratischen Republik. Am 1. März

1990 trat für etwa sieben Monate eine be-

deutend liberalere Zivildienstordnung als

in anderen Ländern in Kraft. Damit endete

die Bausoldatenregelung. Im Mai 1990 er-

klärten sich 53 000 Wehrpflichtige zum

Zivildienst bereit. Ehemalige Bausoldaten

sind anerkannte Kriegsdienstverweigerer im

Sinne des Grundgesetzes der Bundesrepu-

blik Deutschland. Bausoldaten, die Haft-

strafen aufgrund von Befehlsverweigerung

abbüßten, sind zum Teil rehabilitiert worden.

In der Bundesrepubik stiegen die Zahlen

der Zivildienstleistenden kontinuierlich an.

Im August 1997 wird erstmals die Marke

von 150 000 Zivildienst Leistenden über-

schritten. 1999 gab es mehr Zivildienst Leis-

tende als Grundwehrdienst Leistende in der

Bundeswehr.

Das Ende der Baueinheiten und die Einführung einer Zivildienstregelung – 1989/90[ ]

15Bausoldaten in der Deutschen Demokratischen Republik

Demonstration auf dem LeipzigerKarl-Marx-Platz im Oktober 1989.

Ohne gesetzliche Grundlage wurde das Pilotprojekt Zivildienstvom Landesjugendpfarrer der Evangelisch-Lutherischen Landes-kirche Sachsen und ehemaligen Bausoldaten des zweiten Durch-gangs Harald Bretschneider in Dresden initiiert.

Ironie der Geschichte: Rainer Eppelmann als Bausoldat, Sommer1967. Eppelmann wurde wegen Verweigerung des Fahneneideszu 8 Monaten Haft verurteilt. Als Minister für Verteidigung undAbrüstung entlässt Rainer Eppelmann NVA-Generale aus demaktiven Wehrdienst, Strausberg am 24.09.1990.

Demonstranten auf dem Leipziger Ring, Oktober 1989.

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