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50 Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als Indikatoren für Naturnähe und Standortbedingungen verschiedener Flächen im Nürnberger Reichswald In den letzten Jahrzehnten fokussieren die waldbaulichen Strategien in Bayern zunehmend auf die Re-Etablierung von Waldtypen, die den gegebenen Standortbedingungen entsprechen und der potentiellen natürlichen Vegetation (PNV) näher kommen. In den meisten Fällen werden botanische und geologische Daten für eine Bewertung und Ermittlung der Standorteignung und die Formulierung von waldbaulichen Emp- fehlungen herangezogen. Aktuell wird die Buche (Fagus sylvatica) als die unter natürlichen Bedin- gungen vorherrschende Baumart bayerischer Wälder in den niederen bis montanen Lagen angesehen. Viele Waldbestände in diesen Gebie- ten, die im Moment noch mit Kiefer (Pinus syl- vestris) und Fichte (Picea abies) bestockt sind, sollen in buchendominierte Laubholzbestände umgebaut werden. In den ausgedehnten mittelfränkischen Kie- fernwäldern auf sandigem Untergrund (vor allem Nürnberger Reichswald) wirft das rein botanisch- geologische Konzept jedoch Probleme der Abgrenzung sowie hinsichtlich des Biotop- und Artenschutzes auf. Welche Bestände und Standorte kom- men der PNV nahe oder entsprechen ihr? Standortgerechte Kiefernformationen auf postglazialen Sanddünen und anderen Flugsan- den mit Leucobryo-Pinetum-Vegetation (incl. des Cladonio-Pinetum“) (WALENTOWSKI et al. 2004) sowie geringer Nährstoff- und Wasserversorgung mischen sich im Nürnberger Reichswald mit Kie- fern-Wirtschaftswäldern ähnlicher Nährstoff- und Vegetationscharakteristika, die jedoch aus Jahr- hunderte langer Ausbeutung durch den Menschen (Holzentnahme incl. aller Baumteile, Streure- chen, Plaggenhauen) resultieren. Nach Aufgabe dieser Praktiken und mit Zunahme luftbürtiger Nährstoffeinträge wandeln sich die Bestände sol- cher Standorte zwar aktuell wieder hin zu Wald- gesellschaften mit höherem Laubholzanteil (Eiche, Buche) und werden von den Forstverwal- tungen über weite Bereiche auch aktiv „belaubt“. Für zahlreiche Flächen bleibt es jedoch auf Grund der geringen Entwicklungsgeschwindigkeit der Vegetation unklar und ist Gegenstand von Inter- pretationen, ob sie „naturnah“ als Kiefernbestand belassen oder als „fehlbestockt“ umgebaut wer- den sollten. Welche Konsequenzen hat dieser Waldumbau für an „Sand“-Kiefern lebende Tiere und für den zoologi- schen Artenschutz? Gibt es Lebensgemeinschaften in den trocken- warmen Kieferngemeinschaften (besonders kenntlich an schütterer Flechten- und Preiselbeer- Vegetation in der Bodenschicht), die ungeachtet jeder pflanzensoziologischen Klassifizierung auf die aktuell vorhandenen „Cladonio-Pineten(Flechten-Kiefernwald, im nicht-pflanzensozio- logischen Sinne) im Sinne trocken-warmer Bedingungen angewiesen sind (ABE 1995; SCHMIDL 1997)? Um die botanisch-geologische Bewertung der Kiefernbestände unterschiedlicher Standorte und Disposition mit Kriterien des zoologischen Arten- schutzes zu ergänzen, nahmen wir im Auftrag der LWF im Juni 2003 drei Kiefernwälder unter- schiedlicher Standort- und Bestandseigenschaf- ten sowie unterschiedlicher Bewirtschaftungsin- tensität „unter die Lupe“. Hierzu wurden erstmals im Nürnberger Reichswald die Arthropoden (Gliederfüsser, vor allem Insekten) in den Baum- kronen in einem rein statistischen Ansatz quanti- tativ verglichen. Die Auswertung der Daten berücksichtigt besonders, inwiefern sich graduel- le Unterschiede (Gradienten) in der „Natürlich- keit“ der Kiefern-Monokulturen, insbesondere hinsichtlich Standort und Bewirtschaftungsweise, in ihrem jeweiligen Insektenbestand (Quantität und „Qualität“) auswirken, mit dem Ziel einer auch zoologische Belange berücksichtigenden Bewertung. Standorte und Methode Im Juni 2003 arbeiteten wir vergleichend auf drei verschiedenen Kiefern-Standorten im Nürn- berger Reichswald. Das Naturwaldreservat „Grenzweg“ im Forstamtsbezirk Altdorf bei Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als Indikatoren für Naturnähe und Standortbedingungen verschiedener Flächen im Nürnberger Reichswald JÜRGEN SCHMIDL, J. BAIL, T. BITTNER, V. FRÖHLICH UND R. WIEGEL

Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als ... · 51 Nürnberg liegt auf einer ca. 60 m hohen Flugsand-düne am Rande des mittelfränkischen Beckens. Man nimmt an, dass

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Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als Indikatoren für Naturnähe undStandortbedingungen verschiedener Flächen im Nürnberger Reichswald

In den letzten Jahrzehnten fokussieren diewaldbaulichen Strategien in Bayern zunehmendauf die Re-Etablierung von Waldtypen, die dengegebenen Standortbedingungen entsprechen undder potentiellen natürlichen Vegetation (PNV)näher kommen. In den meisten Fällen werdenbotanische und geologische Daten für eineBewertung und Ermittlung der Standorteignungund die Formulierung von waldbaulichen Emp-fehlungen herangezogen. Aktuell wird die Buche(Fagus sylvatica) als die unter natürlichen Bedin-gungen vorherrschende Baumart bayerischerWälder in den niederen bis montanen Lagenangesehen. Viele Waldbestände in diesen Gebie-ten, die im Moment noch mit Kiefer (Pinus syl-vestris) und Fichte (Picea abies) bestockt sind,sollen in buchendominierte Laubholzbeständeumgebaut werden.

In den ausgedehnten mittelfränkischen Kie-fernwäldern auf sandigem Untergrund (vor allemNürnberger Reichswald) wirft das rein botanisch-geologische Konzept jedoch Probleme derAbgrenzung sowie hinsichtlich des Biotop- undArtenschutzes auf.

Welche Bestände und Standorte kom-men der PNV nahe oder entsprechenihr?

Standortgerechte Kiefernformationen aufpostglazialen Sanddünen und anderen Flugsan-den mit Leucobryo-Pinetum-Vegetation (incl. des„Cladonio-Pinetum“) (WALENTOWSKI et al. 2004)sowie geringer Nährstoff- und Wasserversorgungmischen sich im Nürnberger Reichswald mit Kie-fern-Wirtschaftswäldern ähnlicher Nährstoff- undVegetationscharakteristika, die jedoch aus Jahr-hunderte langer Ausbeutung durch den Menschen(Holzentnahme incl. aller Baumteile, Streure-chen, Plaggenhauen) resultieren. Nach Aufgabedieser Praktiken und mit Zunahme luftbürtigerNährstoffeinträge wandeln sich die Bestände sol-cher Standorte zwar aktuell wieder hin zu Wald-gesellschaften mit höherem Laubholzanteil(Eiche, Buche) und werden von den Forstverwal-tungen über weite Bereiche auch aktiv „belaubt“.Für zahlreiche Flächen bleibt es jedoch auf Grundder geringen Entwicklungsgeschwindigkeit der

Vegetation unklar und ist Gegenstand von Inter-pretationen, ob sie „naturnah“ als Kiefernbestandbelassen oder als „fehlbestockt“ umgebaut wer-den sollten.

Welche Konsequenzen hat dieserWaldumbau für an „Sand“-Kiefernlebende Tiere und für den zoologi-schen Artenschutz?

Gibt es Lebensgemeinschaften in den trocken-warmen Kieferngemeinschaften (besonderskenntlich an schütterer Flechten- und Preiselbeer-Vegetation in der Bodenschicht), die ungeachtetjeder pflanzensoziologischen Klassifizierung aufdie aktuell vorhandenen „Cladonio-Pineten“(Flechten-Kiefernwald, im nicht-pflanzensozio-logischen Sinne) im Sinne trocken-warmerBedingungen angewiesen sind (ABE 1995;SCHMIDL 1997)?

Um die botanisch-geologische Bewertung derKiefernbestände unterschiedlicher Standorte undDisposition mit Kriterien des zoologischen Arten-schutzes zu ergänzen, nahmen wir im Auftrag derLWF im Juni 2003 drei Kiefernwälder unter-schiedlicher Standort- und Bestandseigenschaf-ten sowie unterschiedlicher Bewirtschaftungsin-tensität „unter die Lupe“. Hierzu wurden erstmalsim Nürnberger Reichswald die Arthropoden(Gliederfüsser, vor allem Insekten) in den Baum-kronen in einem rein statistischen Ansatz quanti-tativ verglichen. Die Auswertung der Datenberücksichtigt besonders, inwiefern sich graduel-le Unterschiede (Gradienten) in der „Natürlich-keit“ der Kiefern-Monokulturen, insbesonderehinsichtlich Standort und Bewirtschaftungsweise,in ihrem jeweiligen Insektenbestand (Quantitätund „Qualität“) auswirken, mit dem Ziel einerauch zoologische Belange berücksichtigendenBewertung.

Standorte und MethodeIm Juni 2003 arbeiteten wir vergleichend auf

drei verschiedenen Kiefern-Standorten im Nürn-berger Reichswald. Das Naturwaldreservat„Grenzweg“ im Forstamtsbezirk Altdorf bei

Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als Indikatoren für Naturnähe und Standortbedingungen verschiedener Flächen im Nürnberger ReichswaldJÜRGEN SCHMIDL, J. BAIL, T. BITTNER, V. FRÖHLICH UND R. WIEGEL

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Nürnberg liegt auf einer ca. 60 m hohen Flugsand-düne am Rande des mittelfränkischen Beckens.

Man nimmt an, dass der hier vorkommende Weiß-moos-Kiefernwald (Leucobryo-Pinetum) derpotentiellen Vegetation entspricht und eine gewis-se Standorttradition besitzt. Einzige vorkommen-de Baumart ist Pinus sylvestris. Kleinsträucherwie Vaccinium sp. und Weißmoos (Leucobryumsp.), daneben vereinzelt großflächig Flechten derGattung Cladonia u.a. dominieren den Unter-wuchs. Der Bestand setzt sich zusammen aus rela-tiv alten, jedoch nur mittelgroßen Bäumen. Diezehn untersuchten Kiefern hatten Brusthöhen-durchmesser zwischen 21 und 35 cm.

Der zweite Standort ist ein Wirtschaftswald(Abt. Mauswinkel, Forstamt Altdorf) und liegtwenige Kilometer vom Naturwaldreservat Grenz-weg entfernt, jedoch auf flachgründig verwitter-ten oder noch gebundenen Keupersandsteinen.Wegen der stauenden Schichten ist hier die Was-ser- und Nährstoffversorgung besser, die Durch-schnittstemperatur liegt im Vergleich aller dreiuntersuchten Standorte am höchsten. In nächsterNähe sind großkronige Eichen als Zeugnisse einerehemaligen Mittelwaldbewirtschaftung zu fin-den. Die zehn untersuchten Bäume sind mitBrusthöhendurchmessern zwischen 28 und 39 cmrecht groß, jedoch wesentlich jünger als die imBestand Grenzweg. Den Unterwuchs prägen dieBlaubeere (Vaccinium myrtillus), was die im Ver-gleich relativ hohe Nährstoffversorgung unter-streicht, und kürzlich gepflanzte junge Buchen.

Als dritter Bestand wurde ein junger Kiefern-Wirtschaftswald bei Buckenhof (nahe Erlangen)

einbezogen, der trotz der relativ gro-ßen Entfernung zu den ersten beidenStandorten innerhalb des geschlosse-nen Kiefernwald-Komplexes desNürnberger Reichswaldes liegt. Eshandelt sich um einen frisch durch-forsteten, jungen Reinbestand mitkleinen und eng stehenden Kronen,dessen Bäume deutlich schwächerdimensioniert (BHD 13 bis 30 cm)sind. Die Blaubeere (Vaccinium myr-tillus) dominiert die kaum vorhande-ne Strauchschicht. Auf Grund der imVorjahr vorausgegangenen Durchfor-stung liegt viel schwaches bis mittel-starkes Totholz am Boden. Geolo-gisch ist der Boden aus grundwasser-nahen Sanden (Keuper-Verwitte-rungssande mit flachen Flugsandauf-wehungen) aufgebaut. Unweit desUntersuchungsgebietes staut sich dasWasser in Gräben, Teichen und Tüm-

peln, das Kleinklima ist deutlich feuchter als aufden beiden ersten Flächen (die Nähe des Natur-schutzgebietes „Brucker Lache“ ist an den zahl-reichen Stechmücken leicht zu bemerken).

Abb. 1: Naturnaher Kiefernbestand Naturwaldreservat (NWR) Grenzweg,Forstamt Altdorf; zu sehen ist auch die Methode der Baumkronenbenebe-lung, bei der ein natürliches Insektizid (Pyrethrum) die baumkronenbesie-delnden Insekten lähmt. Die herabfallenden Insekten werden quantitativ aufunter den Bäumen liegenden Folien gesammelt (Foto: SCHMIDL).

Abb. 2: Wirtschafts-Kiefernwald Abt. Mauswinkel in derNähe des Flugsand-Naturwaldreservates Grenzweg, Forst-amt Altdorf; der Unterwuchs aus hochwüchsiger Blaubeerezeigt deutlich die bessere Nährstoff- und Wasserversorgung,forstlich wurde der Bestand bereits mit Buche unterbaut(Foto: SCHMIDL).

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Zur Erfassung der ökologischen Unterschiededer drei Standorte wurden in der vorliegendenStudie die Lebensgemeinschaften der baumbe-wohnenden Arthropoden erfasst, insbesonderedas Vorkommen von xylobionten Coleopteren,um die eventuell auftretenden Unterschiede aufspezielle Standortfaktoren beziehen zu können.Zur Erfassung der kronenbesiedelnden Arthropo-den wurde deshalb die Methode der Baumkronen-benebelung („Fogging“) angewandt (u.a. ERWIN1982; SOUTHWOOD et al. 1982; STORK und HAM-MOND 1997; BASSET et. al 1997; FLOREN undSCHMIDL 2003) (siehe auch Abbildung 1). Wir set-zen dafür ein ausschließlich natürliches Pyre-thrum in einer Konzentration von 1 % aktiverWirkstoffsubstanz ein, das hochgradig arthropo-denspezifisch ist und innerhalb weniger Stundenrückstandslos photochemisch abgebaut wird(SCHULZ et al. 1993). Pyrethrum wird aus denBlüten von Chrysanthemum cineariaefoliumgewonnen und ist ein Kontaktgift, das bei Insek-ten über Sinnesorgane, Gelenkspalten und Kuti-kula aufgenommen wird. Es verhindert dasSchließen der spannungsabhängigen Natriumka-näle in den Membranen von Sinneszellen undNervenendigungen und führt so zur Auslösungvon starken Nervenreizungen. Dadurch werdendie Tiere zu unkoordinierten Bewegungen veran-lasst, so dass sie vom Baum stürzen und von denuntergelegten Planen aufgesammelt werden kön-

nen. Die Benebelung dauert zwischen fünf undacht Minuten. Als Trägersubstanz verwenden wirhoch raffiniertes Weißöl, das keinerlei (im Gegen-satz zur Verwendung von Dieselöl) negative Aus-wirkungen auf die Umwelt hinterlässt. Bei jederBenebelung sollte versucht werden, weitgehendvollständige Arthropoden-Gemeinschaften (min-destens 80 % der Kronenprojektionsfläche) zusammeln. Bei vorliegender Aufnahme wurde diegesamte Kronenfläche erfasst. Die Methode derBaumkronenbenebelung eignet sich in besonde-rer Weise für Untersuchungen an der Kiefer, dabei dieser wegen ihrer Nadeln, der dünnen Ästeund der lichten Krone der Teil der auf dem Baumverbleibenden betäubten Arthropoden minimiertwird.

Ergebnisse und Diskussion

Zusammensetzung der Arthropodengemein-schaften

Die folgenden Auswertungen beziehen sichzunächst rein auf die Individuenzahlen derArthropoden, die wir von jeweils zehn Kiefernpro Standort erhielten. Diese Datensätze beruhenauf den Auswertungen von 3.359 Individuen fürdie Probefläche Buckenhofer Forst, 8.677 Indivi-duen für die Probefläche Mauswinkel und 5.834für die Probefläche Grenzweg, also insgesamt17.870 Einzeltieren. Die Gesamtheit der erhalte-nen Arthropoden teilten wir in folgende Gruppen(nach Ordnungen bzw. Ökologie) auf, um dieseals Grundlage für Veränderungen in den Gemein-schaften verwenden zu können: Succivore(Heteroptera, Homoptera), Coleoptera, Hyme-noptera (ohne Symphyta-Larven), Larven derSymphyta und Lepidoptera (Adulte und Raupen),Arachnoidea (Araneae, Opiliones, Acari), Dip-tera, Neuropteroidea, Blattodea, Restfraktion(Chilopoda, Collembola, Thysanoptera).

Die Gruppen, die in der Restfraktion enthaltensind, wurden hier nicht weiter ausgewertet, dazum einen bei größeren Arten die Fangzahlen zugering und bei den sehr kleinen Arten die Zahlenzu ungenau sind (auf Grund des Zustandes einigerProben kann nicht garantiert werden, dass dieCollembola bzw. Thysanoptera vollständigerfasst sind).

Schon anhand der oben genannten Zahlen lässtsich ein Unterschied zwischen den einzelnenStandorten erkennen. Deutliche Unterschiede inden Gesamtzahlen der Arthropoden sind fest-zustellen, die natürlich die unterschiedlichen Kro-

Abb. 3: Junger Wirtschafts-Kiefernwald Buckenhof/Erlan-gen, Abt. Weißenseeholz; der frisch durchforstete Bestandhat erhebliche Totholzvorräte, da das Kronenholz imBestand belassen wurde (Foto: SCHMIDL).

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nenvolumina wiedergeben. Für eine vergleichen-de Darstellung standardisierten wir deshalb dieDaten auf cm Brusthöhendurchmesser. In Abbil-dung 4 sind die Anteile der einzelnen Arthropo-dengruppen normiert auf den Brusthöhendurch-messer (BHD in cm) dargestellt.

Deutlich zu erkennen ist die zahlenmäßigeDominanz der succivoren Heteroptera undHomoptera (entomophage Heteroptera warenpraktisch nicht vorhanden) an allen drei Standor-ten. Die Größe dieser Gruppe im Mauswinkel istursächlich dafür, dass hier die meisten Gesamtin-dividuen gefangen wurden. Die Coleoptera undHymenoptera (ohne Symphyta-Larven) stellen dienächst größeren Fraktionen. Im ersten Fall erhiel-ten wir die meisten Tiere im Grenzweg, im zwei-ten Fall wiederum im Mauswinkel. Symphyta-Larven dagegen waren zum großen Teil ebenfallsim Grenzweg zu finden. Etwa gleich stark vertre-ten sind Lepidoptera,Arachnoidea sowieDiptera. Zahlenmäßigam wenigsten wurdenNeuropteroidea, Blatto-dea sowie die in derRestfraktion enthalte-nen Chilopoda und Col-lembola in den Baum-kronen festgestellt.

Für eine entomolo-gisch-ökologischeBetrachtung der Arthro-poden-Gemeinschaftender Kiefern der ver-schiedenen Standorteist ein Vergleich der

prozentualen Verteilung der einzelnen Gruppen(die unterschiedliche Biologien und Nahrungs-ökologien repräsentieren) innerhalb der jeweili-gen Standorte vorzunehmen wie in Abbildung 5dargestellt.

Wie bereits gezeigt,bilden die Succivoren(Heteroptera undHomoptera) die jeweilsgrößte Fraktion, jedochschwanken die Anteilezwischen 46 und 60 %. Der Anteil derColeoptera schwanktzwischen 8 und 18 %,die Hymenoptera (ohneSymphyta-Larven)dagegen nur zwischen 8 und 10 %. Diese dreiInsektengruppen stellenjedoch als wichtigstePhytophagen-Gruppenkonstant 70 - 80 % allerArthropoden in denKiefernkronen und bil-

den im Nahrungsnetz die „Basisgruppen“ (quasidie „Weidetiere“). Ein sehr großer Unterschied istbei den Symphyta-Larven zu erkennen. Hier tre-ten Unterschiede zwischen den einzelnen Stand-orten von 1 bis 7 % auf, d.h. im Grenzweg habendiese einen siebenfach höheren Anteil an derGesamtgemeinschaft als am Standort Buckenhof.Blattwespen zählen zu den zu Gradationen nei-genden phytophagen Gruppen und scheinen sicham Standort Grenzweg in einer anderen Popula-tionssituation (Gradations-Stadium) zu befindenals an den beiden anderen Standorten. Auf Grundder relativen Nähe der Standorte ein interessanter

Abb. 4: Auf den cm Brusthöhendurchmesser (BHD) bezogene Individuen-Anzahl von Arthropoden-Gruppen an den drei verschiedenen Kiefern-Untersuchungsstandorten

Abb. 5: Prozentuale Zusammensetzung der Arthropoden-Gemeinschaften an den drei ausge-wählten Kiefernstandorten

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Befund, der die Bedeutung kleinräumiger Fakto-ren (Mikroklima, Standort, Bestandesalter etc.)unterstreicht.

Der Standort Mauswinkel dagegen zeigt einenhöheren Succivoren-Anteil. Ursache hierfür kanndie höhere Nahrungsqualität auf Grund der besse-ren Versorgungssituation der Bäume an diesemStandort sein. Der höhere Anteil der Diptera imBuckenhof fällt mit der höheren Bodenfeuchtedort zusammen, möglicherweise ebenfalls einursächlicher Zusammenhang, zumal Dipterenlar-ven meist feuchtere Substrattypen bevorzugen.Räuberische oder parasitische Gruppen wie Netz-flügler, Spinnentiere, Schlupfwespen und einzel-ne Käfer nehmen im Spektrum zusammen weni-ger als 10 % der Individuen ein.

Um diese Unterschiede zwischen den Standor-ten weiter herauszuarbeiten, wurden aus denjeweiligen Anteilen an den Gesamtarthropoden-Gemeinschaften Mittelwerte berechnet. In Abbil-dung 6 sind die prozentualen Abweichungen desjeweiligen Anteiles einer Tiergruppe von diesemDurchschnitt bezogen auf die einzelnen Standor-te dargestellt.

Der feuchte und junge Bestand Buckenhofbietet im Standort-Vergleich nur für die Dipterengünstigere Bedingungen. Die Hymenoptera (ohneSymphyta-Larven), Neuropteroidea sowie dieSuccivoren (Wanzen und Zikaden) bevorzugenden „produktiven“ und warmen Bestand Maus-winkel dagegen überdurchschnittlich. Im Stand-ort Grenzweg jedoch erreichen die Symphyta,Coleoptera und Arachnoidea (Spinnentiere incl.Milben) ihren größten Anteil an der Arthropoden-

Gemeinschaft, im geringen Maße auch die Lepi-doptera, die aber insgesamt eine geringereSchwankungsbreite aufweisen.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Standort-bedingungen in der generellen Zusammensetzungder Arthropoden-Gemeinschaften niederschla-gen. Offenbar bedingen Faktoren wie Bestandsal-ter, Bestandsklima sowie Wasser- und Nährstoff-versorgung die Anteile der einzelnen Insekten-gruppen, die ja bestimmte Biologien repräsentie-ren.

Zusammenhang zwischen Totholz und demAuftreten xylobionter Käfer

Die quantitativen Unterschiede der Arthropo-den-Gemeinschaften auf Großgruppen-Niveaulassen erwarten, dass auch in der qualitativenAnalyse (auf Artniveau) Unterschiede zwischenden Bewirtschaftungsformen und den Standortenzu finden sind. Hierfür wurden als Indikatorgrup-pe die xylobionten Käfer ausgewählt, für die aufder Basis eines vorhandenen Bearbeitungsstan-dards (SCHMIDL und BUSSLER 2004) eine qualita-

tive und artenschutzbezogene Bewer-tung möglich ist.

Zur Beurteilung der strukturellenZusammenhänge zwischen Totholzund dem Artenbestand der Arthropo-den (mit der Indikatorgruppe xylo-bionte Käfer) der drei Untersu-chungsstandorte wurden vor Ort dieKronen-Totholzstrukturen jedes Bau-mes abgeschätzt und in drei Durch-messer-Kategorien (bis 5 cm, bis 10cm, über 10 cm.) eingeteilt. DieseWerte (in Festmeter, fm) sind bezo-gen auf den Brusthöhendurchmesser(in cm) für die einzelnen Standortezusammengefasst in Abbildung 7 dar-gestellt.

Der höchste Totholzanteil mitgleichzeitig den größten Durchmes-sern ist im Naturwaldreservat Grenz-weg zu finden. Alle drei Kategorien

sind hier vertreten. Am Wirtschaftswald-StandortMauswinkel ist deutlich weniger und überwie-gend dünneres Totholz vorhanden, am StandortBuckenhof sind nur noch schwach dimensionier-te Totholz-Strukturen in der Baumkrone vorhan-den. Totholz bis 5 cm Durchmesser ist an allenStandorten gleich stark vertreten. Dieses erstaun-liche Faktum weist eventuell auf ein ständig vor-handenes Grundniveau unabhängig von Alter undGröße der Bäume hin. Es handelt sich bei diesem

Abb. 6: Prozentuale Abweichung der Anteile der einzelnen Arthropoden-Gruppen vom Gesamtdurchschnitt der drei ausgewählten Kiefernstandorte

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Totholz um regelmäßig absterbende Äste im unte-ren Kronenbereich.

Die ermittelten, von den Totholzstrukturen dereinzelnen Standorte direkt abhängenden xylo-

bionten Käfer sind inTabelle 1 aufgelistet.Zusätzlich werden ihreökologischen Ansprü-che bezüglich Sub-stratqualität (Substrat-gilde nach SCHMIDLund BUSSLER 2004: f =Frischholzbesiedler, a= Altholzbesiedler, p =Pilzbesiedler, s =Sonderbiologie) undihr Rote-Liste StatusDeutschland (GEISER1998) bzw. Bayern(SCHMIDL, BUSSLERund LORENZ 2004)angegeben.

Abb. 7: Anteile der einzelnen Totholz-Kategorien in Festmeter (fm) pro cm Brusthöhendurch-messer in den Baumkronen der drei ausgewählten Kiefernstandorte

Art Standort Gilde RLD/BY

Grenzweg Mauswinkel Buckenhof Aplocnemus impressus (Marsh., 1802) 1 1 a Aplocnemus nigricornis (F., 1792) 1 a Dasytes niger (L., 1761) 1 a Dasytes virens (Marsh., 1802) 5 10 2 a Dasytes aeratus Steph, 1830 2 a Thanasimus femoralis (Zett.) 3 1 f - / 3 Ampedus balteatus (L., 1758) 33 1 22 a Ampedus sanguineus (L., 1758) a Phaenops cyaneus (F., 1775) 1 a Phaenops formaneki Jacobs., 1913 1 f 3 / 3 Chrysobothris igniventris Rtt., 1895 1 f 1 / 2 Prionocyphon serricornis (Müll., 1821) 1 s 3 / - Notolaemus castaneus (Er., 1845) 1 f 1 / 1 Litargus connexus (Fourcr., 1785) 1 p Ernobius pini (Sturm, 1837) 6 1 2 a Chrysanthia viridissima (L., 1758) 1 a Sphaeriestes castaneus (Panz., 1796) 26 18 5 f Salpingus planirostris (F., 1787) 1 f Anidorus nigrinus (Germ., 1831) 3 2 a Orchesia minor Walk., 1837 1 1 p Anisoxya fuscula (Ill., 1798) 1 p 3 / - Rhagium bifasciatum F., 1775 1 a Rhagium inquisitor (L., 1758) 1 f Pogonocherus hispidus (L., 1758) 1 f Pogonocherus fasciculatus (DeGeer, 1775) 2 2 2 f Pogonocherus decoratus Fairm., 1855 2 1 f Pityophthorus pubescens (Marsh., 1802) 1 f Pissodes castaneus (DeGeer, 1775) 1 1 f Magdalis rufa Germ., 1824 1 f 2 / 2 Magdalis phlegmatica (Hbst., 1797) 3 f Magdalis memnonia (Gyll., 1837) 2 8 f Magdalis linearis (Gyll., 1827) 43 23 9 f Magdalis duplicata Germ., 1819 26 7 7 f Hylobius abietis (L., 1758) 1 f

Summe Individuen (303) 163 73 67

Summe Arten (34) 21 17 17

Tab. 1: Xylobionte Käfer an den drei Untersuchungsstandorten, ihre ökologische Gilde (nach SCHMIDL und BUSSLER 2004: f = Frischholzbesiedler, a = Altholzbesiedler, p = Pilzbesiedler, s = Sonderbiologie) und ihr Rote-Liste Status Deutschland(GEISER 1998) bzw. Bayern (SCHMIDL, BUSSLER und LORENZ 2004); Arten der Roten Liste Bayern sind fett markiert.

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Entsprechend der höheren Totholzmengensind sowohl individuen- als auch artbezogen diemeisten xylobionten Käfer im Grenzweg zu fin-den (21 Arten, 163 Individuen) und entsprechendweniger an den beiden anderen Standorten. Zwarsind in Buckenhof absolut gesehen ebenso vieleArten (17) und weniger Individuen (67) vertretenals im Mauswinkel (17/73), auf den BHD bezo-gen sind hier relativ betrachtet jedoch mehr zufinden als im Mauswinkel (siehe dazu Abbildung8), obwohl hier an den Bäumen kaum Totholz-strukturen zu finden sind. Es ist jedoch zu beach-ten, dass an diesem Standort auf Grund von Forst-arbeiten große Mengen an frischem Totholz amBoden zu finden waren und dort sich entwickeln-de Arten in die Baumkronen gewechselt sind bzw.eine Lockwirkung des Totholzes auftritt.

Ein wichtiges Kriterium für die Qualität einesStandortes ist das Auftreten seltener spezialisier-ter und gefährdeter Arten. Tabelle 2 stellt die

Anteile gefährdeter xylobionter Käfer an denStandorten (nach Rote Liste Bayern 2004) dar,aufgelistet nach jeweiligem Gefährdungsstatus(Rote Liste 0-3), sowie die Gesamtzahl pro Stand-ort (Rote Liste gesamt), den Anteil der gefährde-ten Arten im Artenspektrum pro Standort (RoteListe %) und die nur an diesem Standort vorkom-mende Rote-Liste-Arten (Rote Liste excl.)

Die meisten Rote-Liste-Arten (4, entspricht 19 %) sind im Naturwaldreservat Grenzweg zufinden: Thanasimus femoralis (Rote Liste Bay-ern/Deutschland 3), Phaenops formaneki (RoteListe Bayern/Deutschland 3), Notolaemus casta-neus (Rote Liste Bayern/Deutschland 1)sowieMagdalis rufa (Rote Liste Bayern/Deutschland2). Auch in Buckenhof wurden zwei Rote-Liste-Arten nachgewiesen: Ebenfalls der Buntkäfer

Thanasimus femoralis(s.o.), außerdem derPrachtkäfer Chryso-bothris igniventris(Rote Liste Bayern 2/Deutschland 1). Keineder im Mauswinkelgefundenen xylobion-ten Käferarten istgefährdet.

Hinsichtlich derAnteile der gefährde-ten Arten besitzt somitdas NaturwaldreservatGrenzweg die höchsteartenschutzfachlicheWertigkeit, insbeson-dere bei Berücksichti-

gung der höheren Gefährdungsgrade der dort vor-kommenden Arten (u.a. eine vom Aussterbenbedrohte Art!).

Bemerkenswert ist das Auftretenvon Chrysobothris igniventris amStandort Buckenhof. Es kann davonausgegangen werden, dass diesersich dort in den am Boden liegendenDurchforstungshölzern entwickeltund hinsichtlich des Totholzangebo-tes (angesichts der geringen Mengendort) nicht zur Kronenfauna gehört,in jedem Falle aber zum Artenpoten-tial des Standorts. Dies unterstreichtdie Bedeutung des Totholzangebotesals Steuergröße für das Vorkommenvieler xylobionter Käfer.

Abb. 8: Relatives Vorkommen von Individuen bzw. Arten xylobionter Käfer an den drei Stand-orten, bezogen auf cm Brusthöhendurchmesser

RL Bayern Grenzweg Maus-winkel Buckenhof Gesamt

RL 0 RL 1 1 1 RL 2 2 1 2 RL 3 2 1 2 RL ges. 4 0 2 5 RL % 19,0 0 11,8 RL excl. 3 0 1

Tab. 2: Anteile gefährdeter xylobionter Käfer an den Standorten (nach RoteListe Bayern 2004), aufgelistet nach jeweiligem Gefährdungsstatus (RoteListe 0-3), Gesamtzahl pro Standort (Rote Liste gesamt), Anteil der gefährde-ten Arten im Artenspektrum pro Standort (Rote Liste %) und nur an diesemStandort vorkommende Rote-Liste-Arten (Rote Liste excl.)

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Die Listung der exklusiv an einem Standortfestgestellten Arten beleuchtet bereits, dass trotzähnlicher Gesamtartenzahlen der drei Standorte(21/17/17 sp) erhebliche Unterschiede in derArtenzusammensetzung bestehen, zumal derGesamtartenbestand 34 Arten umfasst. Die Arten-komposition an den drei Kiefernwaldstandortenist also keineswegs homogen, wie Tabelle 3 ver-deutlicht. Der Sörensen-Index zeigt die mit demjeweils verglichenen Standort übereinstimmen-den (identischen) und eigene Arten paarweise fürdie Standorte auf, z. B. 0,61 bedeutet dabei eine61-prozentige Übereinstimmung.

Ein Reihung nach Ähnlichkeit ergibt dieAbfolge Naturwaldreservat Grenzweg - Bucken-hof - Mauswinkel. Interessanterweise entsprichtdiese Abfolge der kombinierten Betrachtung vonArtenzahl, Rote-Liste-Anteilen und Totholzvor-räten, wenn man beim Standort Buckenhof die inder Bodenschicht vorhandenen großen Totholz-mengen (siehe Abbildung 3) mit berücksichtigt.Damit ergibt sich anhand der xylobionten Käferauch eine Bewertung der Standorte (als Kombina-tion aus Standorteigenschaften, Baumbestand undTotholzangebot resp. Bewirtschaftungsintensität)in dieser Reihenfolge, die für die forstliche Praxiszwei relevante Schlüsse folgern lässt:1. Ein wichtiges Kriterium ist das Vorhandensein

von Totholz (besonders stärker dimensionierteQualitäten), das in der Regel mit zunehmenderBewirtschaftungsintensität graduell abnimmt.Die Unterschiede der Standorte Grenzweg undMauswinkel verdeutlichen dies. Dass einzelneMaßnahmen der Bereitstellung dieses Substra-tes schnell Effekte bewirken (auch in jüngerenBeständen), zeigt der DurchforstungsbestandBuckenhof. Somit ist dieses Kriterium nurbedingt geeignet für die langfristige Maßnah-menplanung an einem Standort, jedoch alsZeigerkriterium für wertvolle Bestände inZusammenschau mit den Standorteigenschaf-ten (s.u.) unverzichtbar.

2. Bestimmte xylobionte Käferarten bleiben aufbesondere Standorte beschränkt. Das Natur-waldreservat Grenzweg bietet auf der Basiseines gewissen Grundniveaus stärker dimen-

sionierter Totholzstrukturen (resultierend ausder unterlassenen Bewirtschaftung) wegenseiner trockenwarmen Standortbedingungeneiner Reihe von thermophilen Kiefern-Tot-holzkäfern (siehe z. B. die hier festgestelltenRote-Liste-Arten Notolaemus castaneus,Magdalis rufa, Phaenops formaneki) einenLebensraum, den diese in Wirtschaftswäldernund auf feuchteren Standorten (potentielleLaubholzstandorte!) nicht finden. DieserBefund ist im Einklang mit den langjährigenErfassungen von an Kiefer vorkommendenxylobionten Käfern im Regnitzgebiet

(SCHMIDL 1997) und belegt dieartenschutzfachliche Bedeutungnaturnaher Kiefernbestände vom„Flechten-Kiefernwald-Aspekt“.Für diesen Standorttyp kommeneine Reihe von Zeigerarten (auchArten, die in vorliegender aufStichproben basierenden Studienicht ermittelt wurden) in Frage,

die diese Standorte als Bioindikatoren vonpotentiellen Laubwaldstandorten differenzie-ren und bei einer Bewertung hinzugezogenwerden können.

DanksagungWir danken der Bayerischen Landesanstalt für

Wald und Forstwirtschaft, Freising, für die Verga-be des Studien-Auftrags. Herrn Jörg Müller dan-ken wir für die Genehmigungen, die Durchsichtdes Manuskriptes und die Auswahl der Standorte.Vielen Dank für die große Hilfsbereitschaft auchan das Forstamt Altdorf und an Herrn HubertSchorer vom Forstamt Nürnberg.

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Sörensen-Index Grenzweg Mauswinkel Buckenhof Grenzweg 1 Mauswinkel 0,41 1 Buckenhof 0,61 0,48 1

Tab. 3: Ähnlichkeit der Artengemeinschaften xylobionter Käfer (Sörensen-Index)der drei Standorte (Erläuterungen siehe Text)

Arthropoden-Gemeinschaften der Kiefern-Baumkronen als Indikatoren für Naturnähe undStandortbedingungen verschiedener Flächen im Nürnberger Reichswald

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