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Therapie-Symposium der AkdÄ in Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe Arzneimitteltherapiesicherheit: eine Herausforderung im Alltag Amin-Farid Aly, Berlin

Arzneimitteltherapiesicherheit: eine Herausforderung im Alltag · pro Generika) mit Bitte um Änderungsvorschläge • Einladung zum Gespräch im BfArM Einführung Fallbeispiele AMTS

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Therapie-Symposium der AkdÄ in Kooperation mit der

Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe

Arzneimitteltherapiesicherheit:

eine Herausforderung im Alltag

Amin-Farid Aly, Berlin

Aly – Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) - 30.11.2011

Agenda

1. Einführung

2. Fallbeispiele

3. Beschreibung Arzneimitteltherapiesicherheit

4. Aktionsplan AMTS

5. Erfassung von Medikationsfehlern

Einführung Fallbeispiele AMTS Aktionsplan Medikationsfehler

Aly – Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) - 30.11.2011

Einführung Fallbeispiele AMTS Aktionsplan Medikationsfehler

Aly – Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) - 30.11.2011

Meinung eines Pädiaters hierzu:

„Ich erinnere mich, dass Sie berichtet haben, dass

es Initiativen gibt, durch spezielle Adapter die

akzindentelle intrathekale Gabe von Vincristin zu

verhindern. Die Verabreichung von oralen

Arzneimitteln mit Hilfe von Spritzen ist in der

Pädiatrie leider üblich und oft der einzige

praktikable Weg die Medikamente zu applizieren.

Es ist kein Wunder, dass es hierdurch zu

Verwechselungen und Katastrophen kommen kann.

Ich weiß, dass dies kein Einzelfall ist, nur ist

der Ausgang besonders tragisch. Diese gängige

Praxis sollte m.E. ein viel größeres Problem

darstellen als die i.th.-VCR-Gabe*, da sie weit

verbreitet ist.“

Versehentliche intrathekale Injektion von Vincristin – 14 Fälle

(Quelle: BMJ 2001;322:257 2003;327:697).

Einführung Fallbeispiele AMTS Aktionsplan Medikationsfehler

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Fallbeispiel - Überdosierung

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Fachinfo: Innohep/Clexane

Innohep® 20.000 Anti-Xa I.E./ml Clexane® multidose 100 mg/ml

Auszug aus den Fachinformationen

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Fallbeispiel: Look-alike

Bericht (Klinik der Maximalversorgung)

„Patient auf ICU nach orthopädischer OP.

Stabil nach problemloser Extubation auf ICU.

Plötzlich Dyspnoe, Krampfanfall.

Behandlung:4 mg Tavor fraktioniert, 400 mg Trapanal, Maskenbeatmung und Reintubation.

Grund für Dyspnoe (und hypoxisches(?) Krampfen)

fällt einer Pflegekraft nach Intubation auf:

Die abendliche, vorgesehene Antibiose

(Clindamycin) wurde mit Atracurium verwechselt,

und der Patient erhielt im wachen, extubierten

Zustand fälschlicherweise ein Muskelrelaxans! Die

Ampullen sehen sich sehr ähnlich!! (Größe,

Beschriftung, Farbe). Patient hat keine bleibenden

Schäden,konnte 3 Stunden nach dem Vorfall erneut

problemlos extubiert werden.“

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Medikationsfehler in der Anästhesie

Valentin et al. 2009, BMJ 338:b814

– Eintägige Untersuchung von 117 Intensivstationen in 25 Ländern

– Medikationsfehler bei 441 von 1328 Patienten (= 33 %)

– Ursachen: • Arbeitsbelastung (32 %),

• kürzlich umbenannte Präparate (18 %),

• Probleme schriftliche Kommunikation (14 %)

– Risikoverminderung durch • Besseren Personalschlüssel,

• Critical Incident Reporting System (CIRS)

• Elektronisches Verordnungssystem (CPOE)

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Medikationsfehler als Kostenfaktor

• Schneeweis (2001) – 2,4 % aller Krankenhaus-Einweisungen (Innere Med.)

– 400 Mio. € / Jahr

• Dormann (2003) – 3,8 % aller Krankenhaus-Einweisungen

• Rottenkolber (2011) – 3,25 % aller Krankenhaus-Einweisungen (Innere Med.)

– 434 Mio. € / Jahr – etwa 20 % vermeidbar

• Stark (2011) – Modellhafte Kostenberechnung für UAE

– 0,8–1,3 Mrd. € / Jahr

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Ziele und Werkzeuge der …

Pharmakovigilanz Arzneimitteltherapiesicherheit

Verbesserung der Kenntnisse

über die Sicherheitsprofil des

Arzneimittels

Verbesserung des

Medikationsprozesses

zentrale Nutzen-Risiko-

Bewertung und behördliche

Maßnahmen v. a. nach

Markteinführung

dezentrale Fehleranalyse

und Etablierung von Strategien zur

Fehlervermeidung

Produktforschung Prozessforschung

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Flugsicherheit - AMTS

Flugsicherheit AMTS

Erkennen von

Ereignissen

Leicht, da bereits

etabliert

Schwer, nicht etabliert, meist

aktive Suche notwendig

Analyse

Generell werden

Fehler bemerkt

und untersucht

Kausalität schwer zu beurteilen

Medikation

Grunderkrankung

UAW Medikationsfehler

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Aktionsplan AMTS

• Maßnahmenplan zur Arzneimitteltherapie-

Sicherheit des Bundesministerium für

Gesundheit (BMG)

• Koordinierungsgruppe steuert

den Aktionsplan und berät das BMG Zusammensetzung:

• Ärzte über die AkdÄ (3),

• Apotheker (2),

• BMG (1),

• Patientenvertreter (2),

• Aktionsbündnis Patientensicherheit (1)

• Deutscher Pflegerat (1)

• 59 Einzelmaßnahmen

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Ziele/Aufbau des Aktionsplanes

1. Sicherheitsbewusstsein stärken bei Patienten,

Apothekern und Ärzten

2. Informationen über Arzneimittel verbessern

3. Strategien zur Risikovermeidung entwickeln

und implementieren

4. Forschung zur AMTS initiieren

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Ergebnisübersicht (Auswahl)

• Informationsmerkblatt für Patienten

• Embryotox-Datenbank

• PRISCUS-Liste

• Verbesserung der Fachinformationen

• Öffnung der UAW-Datenbank des PEI

• Empfehlungen zur oralen Therapie mit MTX

• Einheitliche farbliche Kennzeichnung von

Spritzenpumpenaufklebern

• Etablierung Forschungsschwerpunkt/

Forschungsmemorandum AMTS

• Kongresse zur Patientensicherheit (2005/2007/2011)

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Risikominimierung bei speziellen

Bevölkerungsgruppen

• Beispiel:

Schwangere

und Stillende:

• www.arzneimittel-in-der-Schwangerschaft.de

• www.embryotox.de

• Datenbank „Arzneimittel in der Schwangerschaft“

vom Pharmakovigilanz-Zentrum Berlin

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Entwicklung eines Patientenflyers

• Welchen Beitrag können Patienten für eine sichere Arzneimitteltherapie leisten?

• Verantwortung für die Therapie auch beim Patienten (Selbstmedikation)

• Klare Botschaften

• Fragen erwünscht

• Im Alltag umsetzbar?

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Arzneimittelliste

• Cave:

Handelsnamen ≠ Wirkstoffnamen

• Cave:

Rabattvertäge, Packungsdesign,

• Wirkstoffverordnung, und

Änderung des Packungsdesign

nur langfristig erreichbar

Empfehlung des Führens einer Arzneimittelliste

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Inhalte Medikationsplan

• Header (Datum, Ersteller, Kontaktdaten)

• Patientenstammdaten

• Arzneimittel – Wirkstoff

– Arzneimittelname

– Darreichungsform

(ggf. Anwendungsart)

– Wirkstärke

• Für den Patienten Relevante Anwendung und Einnahmehinweise

Zusätzliche Hinweise (z.B. Lagerung Aufbewahrung)

• Zur Therapie

Behandlungsgrund (für den Patienten verständlich) - optional

Therapiezeitraum: Beginn / Dauer / Ende - optional

Bedarfsmedikation (ja/nein)

Dosierschema

Gleichzeitig Abstimmung mit den Softwareherstellern

Workshop BfArM am 5.5.2011

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Sound und Look-alikes

• Identifikation von

400 Arzneimitteln

mit ähnlich klingendem

Produktnamen

oder ähnlich aussehenden

Verpackungen,

• Meldung von Apothekern

Ärzten; Pflege und

Patienten (ABDA, ADKA)

Sound-alike

Analgin® : Metamizol Analgin akut® : Ibuprofen

Lisino® : Loratadin, Antihistaminikum Lisinopril : ACE-Hemmer

Look-alike

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Sound und Look-Alikes

Weitere Vorgehensweise im Aktionsplan:

In Kooperation mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)

• Auswahl von 20 Arzneimitteln (aus den 400), die nach Ansicht einer Arbeitsgruppe des Aktionsplans am problematischsten sind

• Anschreiben der pharmazeutischen Unternehmer durch die Verbände der pharmazeutischen Industrie (VfA, BPI, BAH und pro Generika) mit Bitte um Änderungsvorschläge

• Einladung zum Gespräch im BfArM

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Fachinformationen (SmPC)

Fach und Gebrauchsinformationen (§ 11 AMG)

sind die gesetzlich belastbaren Informationsträger

Fachinformationen müssen aktuell, frei und zeitnah

verfügbar sein

Einheitliche Angaben sind wünschenswert Standardisierung von Altersangaben und genutzten Begriffen

Eindeutige Zuordnung absoluter und relativer Kontraindikationen

Dosierungsinformationen bei Niereninsuffizienz müssen

auf die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) bezogen

dargestellt werden.

Strukturnummer für Teilbarkeit und Sondengängigkeit

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Beispiel: Fachinformationen

Handelsname

Angaben zu Myasthenia gravis

(ICD 10: G70.0 ) in der SmPC

Fentanyl AbZ Matrixpflaster Warnung (Abschnitt 4.4)

Fentanyl AWD® Matrix keine Warnung

Fentanyl B. Braun Gegenanzeige (Abschnitt 4.3)

Fentanyl-CT Matrixpflaster Warnung (Abschnitt 4.4)

Fentanyl 1 A Pharma® keine Warnung

Fentanyl-Hexal® keine Warnung

Fentanyl Sandoz®

Transdermales Pflaster Warnung (Abschnitt 4.4)

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SmPC - tatsächliche Situation

• Angaben für Patienten mit Nierenfunktionsstörungen

Dosierungsinformationen werden oft nach dem Kreatininwert

angegeben und nicht nach Glomerulärer Filtrationsrate (GFR)

• Informationen zu Risiken und Risikogruppen sind nicht

immer im gleichen Abschnitt der Fachinformationen

lokalisiert

• Informationen zu unerwünschten Wirkungen,

Kontraindikationen, Patientenmerkmale sind nicht

einheitlich abgelegt bzw. formuliert

In Zusammenarbeit mit dem BfArM werden die Fachinformationen

für in Deutschland zugelassene Arzneimittel schrittweise verbessert.

Einführung Fallbeispiele AMTS Aktionsplan Medikationsfehler

Fachinformationen: Summary of Product Characteristics (SmPC)

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Anpassung des Begriffes „Nebenwirkung“

Artikel 11. Nebenwirkung:

Eine Reaktion auf das Arzneimittel, die schädlich und

unbeabsichtigt ist

Änderung der Richtlinie zur Pharmakovigilanz (2001/83/EG):

und bei Dosierungen auftritt, wie

sie normalerweise beim Menschen zur Prophylaxe,

Diagnose oder Therapie von Krankheiten oder für

die Wiederherstellung, Korrektur oder Änderung

einer physiologischen Funktion verwendet werden.

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Neue Entwicklungen: EU-Pharmapaket

Änderung der Richtlinie zur Pharmakovigilanz:

Definition „Nebenwirkungen“ wurde geändert

Erfassung von schädlichen und unbeabsichtigten

Wirkungen bei:

– Bestimmungsgemäßer Anwendung

des Arzneimittels in normaler Dosierung

(Unerwünschte Arzneimittelwirkungen)

Pharmakovigilanz

– Medikationsfehler Arzneimitteltherapiesicherheit

– Missbrauch

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Erfassung von Medikationsfehlern

Richtlinie 2001/83/EG (neu):

Artikel 107a (5): Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass

Meldungen über vermutete Nebenwirkungen infolge

eines Fehlers bei der Anwendung eines Arzneimittels,

die sie erhalten,

in die EudraVigilance-Datenbank eingegeben werden

und allen in ihrem Hoheitsgebiet für die

Patientensicherheit zuständigen Behörden, Stellen,

Organisationen oder Institutionen zugänglich gemacht

werden.

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Fragen an die Ärzteschaft

• Ist die Analyse von Medikationsfehlern sinnvoll?

• Was soll erfasst werden?

– Medikationsfehler

(im Sinne der EU-Definition

für Nebenwirkungen)

– Beinahe-Fehler

• Können Informationen

zur Verbesserung

der Rahmenbedingungen gewonnen werden?

• Soll die AkdÄ diese Aufgabe übernehmen?

• Würden Sie einen Medikationsfehler melden?

Einführung Fallbeispiele AMTS Aktionsplan Medikationsfehler

Genauere Informationen zu den einzelnen Maßnahmen:

http://www.ap-amts.de/

Danke für Ihre Aufmerksamkeit