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Asperger-Syndrom und Asperger-Syndrom und HochbegabungHochbegabung
Barbara Rittmann Barbara Rittmann (Dipl.-Psychologin)(Dipl.-Psychologin)
Hamburger Autismus InstitutHamburger Autismus Institut
Überblick über die Inhalte Überblick über die Inhalte des Vortragsdes Vortrags
Asperger-Syndrom und HochbegabungAsperger-Syndrom und Hochbegabung DefinitionenDefinitionen DiagnostikDiagnostik SelbsterlebenSelbsterleben FördermaßnahmenFördermaßnahmen
Falldarstellung eines Jugendlichen mit beiden Falldarstellung eines Jugendlichen mit beiden Merkmalen (Videoausschnitte)Merkmalen (Videoausschnitte)
„Twice exceptionals“- zweifach Einzigartige
Kinder, die an einer Störung oder Behinderung
leiden und gleichzeitig hochbegabt sind
beide Besonderheiten treten unabhängig voneinander auf
fallen oft sehr spät erst auf Symptome der Störung werden durch
Hochbegabung maskiert und kompensiert
Hochbegabung wird durch Beeinträchtigung u.U. nicht erkannt
Typische Symptome eines Kindes mit Asperger-Syndrom und Hochbegabung
Auf den ersten Blick: im Kindergarten oder in der Schule oft
nicht bei der Sache beschäftigen sich mit Dingen in einer Art,
die für ihr Alter ungewöhnlich ist (wie ein kleiner Erwachsener)
Schwierigkeiten in Sozialkontakten zu Gleichaltrigen (Außenseiterrolle)
Kinder, die gleichzeitig zu wenig und zu viel können; brauchen auf den ersten Blick zwei gegensätzliche Dinge: Förderung und Schutz.
Gleichzeitige Überforderung – Unterforderung:
Probleme der Definition
Hochbegabung ist über besonders gut ausgeprägte Fähigkeiten definiert ist, das Asperger-Syndrom aber über Defizite.
Hochbegabung und Asperger-Syndrom können alternativ auftreten oder gleichzeitig
Hochbegabung kann einigermaßen objektiv mittels Intelligenztest festgestellt werden, Asperger-Syndrom aber nur über subjektive Beobachtung und Beurteilung
Selbstbeschreibung einer jungen hochbegabten Asperger-Persönlichkeit: Immer schon als kleine Erwachsene gefühlt Alles tief und lange durchdiskutieren wollen Oft Theorien haben, warum etwas funktioniert Umgekehrte Entwicklung (erst rational, dann
emotional), dabei der Entwicklung der Peer-Group immer hinterher hinkend
Keine Lust auf Small-Talk, Kommunikation leichter und interessanter bei vertieften Sachgesprächen H.Sch.H.Sch.
Asperger-Syndrom im deutschsprachigem Bereich länger
bekannt als im angelsächsischem Raum 1991 Übersetzung von Aspergers
Originalarbeit durch Uta Frith ins Englische und 1992 bzw. 1993 (D) fand die Diagnose Eingang in den ICD.
Vorkommen: zwischen 0,025 und 0,48% (Tendenz steigend)
Geschlechterverteilung: 8 Jungen auf 1 Mädchen
1. Kognitive Entwicklung verläuft im Wesentlichen unauffällig (meist sogar besonders gutes Gedächtnis)
2. Keine klinisch bedeutsame Verzögerung der Sprachentwicklung (umstrittenes Kriterium)
3. Selbsthilfe- adaptive Fähigkeiten und Neugier unauffällig4. Motorik kann häufig auffällig sein, aber kein notwendiges
Kriterium5. Isolierte Spezialfähigkeit häufig, aber nicht notwendiges
Kriterium6. Störung verursacht bedeutsame Beeinträchtigungen im
sozialen, schulischen oder beruflichen Bereich (DSM)7. Die Störung ist nicht einer andern tiefgreifenden
Entwicklungsstörung zuzuordnen
Diagnostische Kriterien Asperger-
Syndrom Voraussetzungen:
Diagnostische Kriterien
Unzureichender Einsatz nonverbale Verhaltensweisen (Blickkontakt, Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Gestik) zur Regulation sozialer Beziehungen
Unfähigkeit, altersgemäße Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen
Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit (in der Reaktion auf andere) = emot. Resonanz fehlt; Mangel an Verhaltensmodulation bzgl. des soz. Kontextes
Mangel, spontan Freude, Interessen oder Erfolge mit anderen zu teilen
1. Beeinträchtigung der sozialen 1. Beeinträchtigung der sozialen InteraktionInteraktion
Asperger als Vorreiter Asperger als Vorreiter moderner Kommunikation?moderner Kommunikation?
Umfassende Beschäftigung mit einem oder mehreren stereotypen oder begrenzten Interessen (ungewöhnliche Inhalte = ausgestanzte Sonderinteressen und/oder ungewöhnliche Intensität)
Mehr mechanisches als bedeutungsvolles Festhalten an vertrauten Verhaltensmustern
Ablehnung anderer Aktivitäten
2. Stereotype Interessen, 2. Stereotype Interessen, Verhaltensmuster und Verhaltensmuster und AktivitätenAktivitäten
Sprache wirkt normal entwickelt, eher besonders elaboriert, pedantisch oder altklug
Aber z.B. Wortneuschöpfungen Kommunikationsschwierigkeiten: mangelnde Anpassung von Sprache an wechselnde soziale Zusammenhänge
Fehlendes Verständnis für sprachliche Nuancen (wortwörtliches Verständnis)
Unpassende Wahl des Gesprächsthemas Schwierigkeiten, Gespräch angemessen zu beginnen,
aufrechtzuerhalten und zu beenden
3. Sprache und Kommunikation3. Sprache und Kommunikation
(nach Gillberg, Szatmari, Wing, (nach Gillberg, Szatmari, Wing, Tantam)Tantam)
Diagnostik- bzw. Screeningverfahren (deutsche Fassungen)
Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS): umfangreiches Diagnostikum zur (Früh-)Erkennung des gesamten autistischen Spektrums, nicht speziell für Asperger-Syndrom
Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom (MBAS): Screeningverfahren zur Identifizierung von Personen mit Asperger-Syndrom und High-Functioning Autismus (Befragung der wichtigsten Bezugspersonen)
Fragebogen zur sozialen Kommunikation (FSK): Elternfragebogen für das gesamte autistische Spektrum, nicht speziell für Asperger-Syndrom
Australische Einschätzungsskala für Asperger-Syndrom (ASAS): Elternfragebogen für das Asperger-Syndrom im Grundschulalter (nicht validiert)
Hochbegabung:
Allgemein: sehr früh entwickelte, weit überdurchschnittliche Fähigkeiten und Interessen in folgenden Bereichen: logisch-mathematisch sprachlich musikalisch bildnerisch-künstlerisch sportlich sozialen manchmal sind auch mehrere dieser Bereiche
gleichzeitig betroffen.
Hochbegabung als spezifische Art der Welterfassung:
sehr schnelle Auffassungsgabe, hohe Lern- und Differenzierungsfähigkeit, kreative und eigenständige Verarbeitung auch
komplexer Phänomene auf verschiedenen Ebenen,
frühen Spracherwerb auf hohem Niveau, ausgeprägte Vorrangigkeit divergenten Denkens, rasches Durchschauen von Zusammenhängen, Finden und Erfinden ungewöhnlicher
Gedankengänge und eine urtümliche Freude, sich geistig zu tummeln.
IQ-bezogene Definition: Hochbegabung: ca. 2% aller Menschen
erreichen einen Intelligenzquotienten von 130 oder mehr (in einem Kindergarten von 150 Kindern ca. 3 hochbegabte Kinder, in jeder 2. Grundschulklasse (25 K.) 1 hochbegabtes Kind).
Teilleistungsstörungen sind möglich
Normalverteilungdes IQ
Anerkannten Testverfahren: Kaufman Assessment Battery for Children, Deutsche Version (K-
ABC, 2;6 - 12;5 Jahre) Adaptives Intelligenz-Diagnostikum (AID2, 6 -15;11 Jahre)
Raven Matrizentests (CPM, 3;9 - 11;8 Jahre / SPM, ab 6 Jahren / APM, ab 12 Jahren) sprachfrei, nur in Verbindung von anderen Tests
Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWIK-IV, 6 - 16;11 Jahre) auch für Vorschulkinder und Erwachsene
Münchner Hochbegabungstestbatterie (MHBT 1. – 12. Klasse) Adaptives Intelligenz Diagnostikum 2 (AID 2 6;0 – 15;11 Jahre),
auch auf Türkisch Grundintelligenztest (CFT20R, ab 8;5 Jahren) Kognitiver-Fähigkeiten-Test (KFT 4-12+R, 4. - 12. Klasse) Berliner Intelligenstrukturtest (BIS-HB, 12;6 - 16;5 Jahre) Intelligenz-Struktur-Test (IST 2000R, ab 15 Jahren)
Kritik an ausschließlicher Orientierung am Intelligenz-Testergebnis bei AS:
AS-Kinder lassen sich unter Umständen nur sehr schwer testen (Verweigerungshaltung, Unter-Druck-Kommen, Kontaktvermeidung, Haften an bestimmten Aufgaben aufgrund von Spezialthemen etc.)
bei Teilleistungsschwächen, wie z.B. LRS, wird Hochbegabung mit der traditionellen Diagnostik meist nicht erkannt
Differentialdiagnose: Anamnese
SpracheSpracheLesenLesenMotorikMotorikSauberkeitSauberkeitKuschelnKuschelnBlickkontakBlickkontak
ttSoz.Fähigk.Soz.Fähigk.DenkstilDenkstilFreundeFreunde
Hochbegabung oft sehr früh oft sehr früh unterschiedlich unauffällig unauffällig unauffällig unauffällig/
sek.auf. sehr flexibel vorhanden
Asperger früh o. ganze Sätze eher früh oft ungeschickt unauffällig nicht o. nur
selbstbe. wenig sozial
regulativ beeinträchtigt unflexibel wenig
Wiener Modell zur Hochbegabtendiagnostik Ausgangspunkt:
der IQ-Wert gibt sagt nur unzureichend den Leistungserfolg voraus
Bedarf für Erklärung von „Underachiever-Verhalten“
Hochbegabtendiagnostik sollte Hinweise liefern wie Kinder oder Jugendliche zu unterstützen sind, ihr Leistungsvermögen in Leistungsverhalten
umzusetzen ist(dabei kann es auch gelingen, Schüler mit einem IQ-
Wert unter 130 durch optimale Unterstützung zu akademischen Hochleistungen zu bringen)
Wiener Modell zur Hochbegabtendiagnostik
Förderung:
Typische Hochbegabtenfördermaßnahmen Akzeleration: beschleunigtes Durchlaufen der
schulischen Laufbahn Enrichment: Anreicherung: Vertiefung und
Verbreiterung des regulären Lernangebotes
Akzeleration: die vorzeitige Einschulung (nicht bei: sozialen
Schwierigkeiten, manueller Ungeschicklichkeit, geringer Ausdauer)
Teilunterricht in höheren Klassen das Überspringen von Klassenstufen
(Voraussetzung: deutlich überdurchschnittliches Lernvermögen, hohe Leistungsmotivation, Anstrengungsbereitschaft, Ausdauer, Fähigkeit zu selbstständigem Lernen)
individualisiertes Lernen (eigener Lernstoff/eigenes Lerntempo)
frühzeitiger Besuch universitärer Kurse
Enrichment: Belegung zusätzlicher Fächer oder Kurse Schülerwettbewerbe Extra - Wahlfächer “Knobelkurse” evt. über die Hochbegabten
Einrichtungen ergänzender außerschulischer
Privatunterricht (Kunst, Musik, Sport) Sommerschulen/Sommerakademien
(Oberstufe) Besuch von Vorträgen, Exkursionen etc
Förderliche Bedingungen für Asperger mit Hochbegabung:
Zur Verhaltensreflektion: Tagebuch schreiben Hausaufgabenheft Freizeitbeschäftigungen sollen Struktur, Sinnhaftigkeit
und Vorhersehbarkeit beinhalten; lechzen nach sachbezogener Beschäftigung (z.B. Schachspielen)
besondere Fähigkeiten zeigen dürfen (z.B. Musik machen)
Teilnahme an Gruppenaktivitäten auch dann sinnvoll, wenn Anforderung nur teilweise gemeistert werden kann;
sollten beobachten dürfen, ohne involviert zu sein (ohne reagieren zu müssen) um soziale Interaktion lernen zu können (Beispiele aus der Lit.)
Pädagogische und therapeutische Hilfen:
Schulische Maßnahmen Schulbegleitung Nachteilsausgleich
Psychotherapie bei Kindern: Spieltherapie mit psycho-edukativer
Ausrichtung, Visualisierung Bei älteren Jugendlichen und Erwachsenen:
Gesprächstherapie angereichert durch diverse kognitive Verfahren (KVT, Kommunikationsanalyse etc.)
Sinn des Nachteilsausgleichs:
Falldarstellung (anhand von Videoausschnitten):
Beschreibung der Entwicklung eines Jugendlichen mit Asperger-Syndrom und Hochbegabung (Zeitraum von 13-19 Jahren)
Schwerpunkt: Darstellung der Vernetzung zwischen Therapie, Lehrern, Schulbegleitung und Eltern
Ausblick auf das Erwachsenenalter
Literatur: Attwood, Tony Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom;
TRIAS 2008 Baker, Jed The Social Skills Picture Book – for High School
and beyond; Future Horizons, Arlington 2006 Brackmann, Andrea Jenseits der Norm – hochbegabt und
hochsensibel?; Klett Cotta 2005 Harder, Bettina: Twice exceptional – in zweifacher Hinsicht
außergewöhnlich: Hochbegabte mit Lern-, Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungsstörungen oder Autismus; in: http://heilpaedagogik-online.com/2009/heilpaedagogik_online_0209.pdf
Holocher-Erlt, Stefana Kubinger, Klaus D.Förderungsorientierte Hochbegabungsdiagnostik: Das Wiener Diagnosemodell zum Hochleistungspotenzial; in: Fachzeitschrift des BDP, 3/2009
Remschmidt, Helmut, Kamp-Becker, Inge Asperger-Syndrom; Springer Medizin Verlag Heidelberg 2006
Spitczok v. Brisinski, Ingo Asperger-Syndrom, AD(H)S, Hochbegabung - Differentialdiagnostische Aspekte; bag-kjpp Heft 4, 2003