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Executive Summary Berlin, 8. Juli, 2020
Aufgabe für Angela Merkels Ratspräsidentschaft: Europa braucht eine
einheitliche Digitalstrategie ➢ Europäische Staats- und Regierungschefs gehen die Digitalisierung mit sehr
unterschiedlichen Schwerpunkten an ➢ Estland, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Luxemburg sind auf der
Ebene der Staats- und Regierungschefs am stärksten aktiv, während Polen, Italien, Bulgarien, Ungarn und Slowenien am wenigsten engagiert sind
➢Zukünftige Schlüsseltechnologien wie Robotik, Quantencomputer oder zukünftige Mobilität fanden bei den europäischen Staats- und Regierungschefs nur wenig Beachtung
➢Individuelle Profile zeigen: Bundeskanzlerin Angela Merkel konzentriert sich vor allem auf die digitale Infrastruktur und vernachlässigt dabei das Thema Entrepreneurship. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hingegen rückt künstliche Intelligenz und Entrepreneurship ins Rampenlicht
Technologiethemen haben in Europa eine sehr unterschiedliche Priorität. Im Jahr 2019
verbrachte Estlands Premierminister Jüri Ratas über fünfmal mehr Zeit mit dem Thema als
Sloweniens ehemaliger Ministerpräsident Marjan Sarec oder sein ungarischer Amtskollege
Victor Orbán. Zudem gibt es keinen einheitlichen europäischen Ansatz zu digitalen
Technologien, da jedes Land seine eigene Agenda festlegt. Wichtige Zukunftstechnologien
wie Quantencomputer und Robotik werden von den meisten europäischen Staats- und
Regierungschefs vernachlässigt. Dies ist das Ergebnis des Digital Engagement Reports 2020
des European Center for Digital Competitiveness der ESCP Business School in Berlin. Der
Bericht fasst die digitalen Aktivitäten aller 27 europäischen Staats- und Regierungschefs für
das Jahr 2019 zusammen. Dieses umfasst alle Interaktionen rund um das Thema
Digitalisierung auf Basis öffentlich zugänglicher Regierungsinformationen, Pressemitteilungen
und persönlicher Berichte auf der Social-Media-Plattform Twitter. Der Digital Engagement
Report wird von nun an jährlich veröffentlicht.
Die digitalen Aktivitäten der europäischen Staats- und Regierungschefs sind sehr unterschiedlich. Während
die fünf am höchsten rangierenden Spitzenpolitiker im Jahr 2019 im Durchschnitt 47 Aktivitäten im
Zusammenhang mit der Digitalisierung durchgeführt haben, haben sich die fünf am niedrigsten rangierenden
Politiker in der gleichen Zeit im Durchschnitt nur mit 12 Aktivitäten engagiert. Die am stärksten digital
engagierten Politiker in Europa waren Jüri Ratas, Angela Merkel, Emmanuel Macron, Mark Rutte und Xavier
Bettel. Die am wenigsten digital engagierten Führungspersönlichkeiten im Jahr 2019 waren Marjan Sarec,
Victor Orbán, Boyko Borisov, Giuseppe Conte und Mateusz Morawiecki (Schaubild 1). Die Bedeutung, die
dem Thema Digitalisierung beigemessen wird, ist somit in Europa sehr unterschiedlich.
Wichtige Zukunftstechnologien werden von den europäischen Staats- und Regierungschefs
vernachlässigt
Themen wie 5G und künstliche Intelligenz haben die öffentliche Diskussion rund um Technologie im letzten
Jahr dominiert. Dieser Schwerpunkt spiegelt sich auch im Gesamtengagement der europäischen Staats- und
Regierungschefs mit 126 Aktivitäten für 5G und 116 Aktivitäten für künstliche Intelligenz wider.
Unsere Analyse zeigt jedoch auch, dass wichtige Zukunftstechnologien wie Quantencomputer (2
Aktivitäten), Robotik (12 Aktivitäten), Mobilität der Zukunft (15 Aktivitäten) und Cloud-Technologie (16
Aktivitäten) nur wenig Beachtung fanden. Auch die digitale Bildung wurde von Spitzenpolitikern mit
insgesamt nur 14 Aktivitäten aller 27 europäischen Staats- und Regierungschefs sehr wenig thematisiert
(Schaubild 2).
Es gibt keinen einheitlichen Ansatz für die Digitalisierung in Europa
Vergleicht man die digitalen Aktivitäten der Spitzenpolitiker technologieübergreifend, so zeigt sich, dass es
keinen europaweit harmonisierten Ansatz zur Digitalisierung gibt (Schaubilder 3-7). Mit Ausnahme des
Themas künstliche Intelligenz, die ein Schwerpunktbereich von vier Staats- und Regierungschefs ist
(Schaubild 4), werden alle anderen Technologien jeweils von einem sehr aktiven Politiker fokussiert,
während andere in dem jeweiligen Bereich weniger aktiv sind. 5G und Industrie 4.0 sind
Schwerpunktbereiche für Angela Merkel (Schaubild 3 und 6), Entrepreneurship für Mark Rutte (Schaubild 5)
und E-Government für Jüri Ratas. Dies zeigt nicht nur, dass es keinen einheitlichen Ansatz für die
Digitalisierung gibt, sondern auch, dass Digitalisierung für verschiedene Politiker unterschiedliche Dinge zu
bedeuten scheint. Für Angela Merkel ist es vor allem die Infrastruktur, während es für Jüri Ratas die
Digitalisierung von staatlichen Dienstleistungen bedeutet.
Europa braucht eine einheitliche Strategie für digitale Technologien
"Zukunftspolitik in Europa ist immer noch ein Flickenteppich", sagt Professor Philip Meissner vom European
Center for Digital Competitiveness der ESCP Business School Berlin. "Wie gut Europa in der Lage ist, sich
im Bereich der digitalen Technologien zu positionieren, wird seine zukünftige Wirtschaftskraft und
geopolitische Position bestimmen. Wir brauchen endlich einen einheitlichen und kraftvollen Ansatz, um
dieses Thema in ganz Europa voranzutreiben. Kurzum brauchen wir eine digitale Strategie für Europa. Ein
solcher Vorstoß sollte die Aufmerksamkeit von Spitzenpolitikern für die Themen Entrepreneurship und
digitaler Bildung als zentrale Elemente einschließen.", so Meissner. "Wenn sich die Staats- und
Regierungschefs einem Themenfeld intensiv und persönlich annehmen, signalisiert dies nicht nur der
gesamten Regierung und Verwaltung, sondern dem ganzen Land die Bedeutung dieses Themas, was jeden
zum Handeln inspirieren wird.“
Europäische Staats- und Regierungschefs haben klare themenorientierte Profile
Unterschiedliche Schwerpunkte werden auch beim Blick auf die spezifischen Profile aller 27 europäischen
Staats- und Regierungschefs sichtbar. Vergleicht man die drei größten Volkswirtschaften Europas,
Deutschland, Frankreich und Italien, so zeigen sich wichtige Unterschiede (Schaubilds 8-10). Erstens zeigt
Giuseppe Conte im Vergleich zu Angela Merkel und Emmanuel Macron deutlich weniger Engagement im
Zusammenhang mit der Digitalisierung. Wichtiger ist jedoch, dass die Profile die deutlich unterschiedlichen
Themen zeigen, mit denen sich die jeweiligen Führungskräfte beschäftigen. Angela Merkel konzentrierte sich
hauptsächlich auf Infrastrukturthemen, wobei 5G und Industrie 4.0 ganze 52 % ihrer digitalen Aktivitäten
ausmachten. Weniger im Fokus standen das Thema Entrepreneurship, zu dem sie 2019 gar nicht aktiv war,
sowie neue exponentielle Technologien wie Robotik oder Blockchain mit jeweils 2 % ihrer Aktivitäten
(Schaubild 8). Emmanuel Macron hingegen konzentrierte sich hauptsächlich auf disruptive Technologien wie
künstliche Intelligenz (24%) und Entrepreneurship (12%) und vernachlässigte andere Technologien wie
Robotik, Blockchain- oder Quantencomputer sowie digitale Bildung (keine Aktivitäten) (Schaubild 9).
Giuseppe Conte teilt Präsident Macrons Technologiefokus, wobei die künstliche Intelligenz (27%) und die
Cybersicherheit (20%) die wichtigsten Schwerpunktbereiche waren. Allerdings hatte er keine Aktivitäten in
anderen wichtigen Technologien wie Blockchain- oder Quantencomputer sowie in der digitalen Bildung
(Schaubild 10).
Europaweit einheitliche Prioritäten für digitale Technologien könnten die gemeinsame
Umsetzung vorantreiben
"Angesichts des Ausmaßes der Aufgabenstellung und der Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts
brauchen wir europäisch einheitliche Prioritäten, um endlich groß angelegte Investitionen in
Zukunftstechnologien zu ermöglichen", sagt Dr. Christian Poensgen vom European Center for Digital
Competitiveness der ESCP Business School Berlin. "Europa muss jetzt handeln".
Der Digital Engagement Report basiert auf einem Digital Engagement Index, der alle digitalen Aktivitäten
der europäischen Staats- und Regierungschefs im Jahr 2019 auswertet. Der Index besteht aus einer Vielzahl
von öffentlich zugänglichen Informationen von den Regierungen selbst, aus der Presse und persönlichen
Berichten auf der Social-Media-Plattform Twitter. Diese digitalen Aktivitäten wurden dann nach der Art der
Interaktion (Konferenzen, Treffen des privaten Sektors, politische Treffen und Pressekonferenzen) und
nach dem inhaltlichen Schwerpunkt dieser Aktivitäten (5G, künstliche Intelligenz, Blockchain, Cloud
Computer, Cybersicherheit, digitale Bildung, E-Government, Entrepreneurship, Gaming/E-Sports, Industrie
4.0, Mobilität, Quantencomputer und Robotik) klassifiziert.
Die Zusammenfassung des Digital Engagement Reports sowie weitere Ergebnisse und detaillierte Profile für
jeden europäischen Staats- und Regierungschef finden Sie hier:
www.digital-competitiveness.eu/digitalengagement
Pressekontakte
Markus Föderl [email protected] 0172 9051869 Presseverantwortliche ESCP Business School Berlin Campus [email protected] 030 32007-145 ESCP Business School Die ESCP Business School ist eine internationale Wirtschaftshochschule mit Standorten in 6 europäischen Metropolen, in Berlin, London, Madrid, Paris, Turin und Warschau. Gegründet 1819 ist die ESCP die älteste Business School weltweit. Bis heute belegt die Business School regelmäßig Spitzenplatzierungen in den Rankings der Financial Times.
In Deutschland ist die ESCP Business School Berlin staatlich anerkannt und kann damit Abschlüsse, wie auch den Doktortitel, verleihen. Akademische Schwerpunkte der ESCP Berlin sind die Themen Entrepreneurship, Nachhaltigkeit und Digitalisierung.
Jährlich beginnen mehr als 6.000 Studierende ihr Studium an der ESCP Business School. Über 5.000 Manager und Führungskräfte nehmen an Weiterbildungstrainings und Seminaren teil. Allein im letzten Jahr kamen die Teilnehmenden aus 120 verschiedenen Ländern weltweit.
European Center for Digital Competitiveness by ESCP Business School
Das European Center for Digital Competitiveness wurde an der ESCP Business School in Berlin gegründet
mit dem expliziten Ziel, das Thema digitale Wettbewerbsfähigkeit stärker in die politische und öffentliche
Debatte einzubringen, wo es derzeit nur eine untergeordnete Rolle spielt. Vor dem Hintergrund der
digitalen Revolution, in der sich unsere Wirtschaft und Gesellschaft gerade befinden, muss das Thema
digitale Wettbewerbsfähigkeit eine größere Rolle spielen, um unseren Wohlstand auch für die Zukunft zu
sichern. Ebenso wollen wir in diesem zunehmend dynamischen Umfeld das Vorhaben unterstützen, Europa
als globalen Vorreiter für eine verantwortungsvolle Anwendung von Technologie im Dienste der
Gesellschaft zu positionieren.
Schaubild 1:
Digitale Aktivitäten der europäischen Staats- und Regierungschefs
Schaubild 2:
Digitale Aktivitäten nach Thema
Schaubild 3:
Digitale Aktivitäten in 5G
Schaubild 4:
Digitale Aktivitäten in künstliche Intelligenz
Schaubild 5:
Digitale Aktivitäten in Entrepreneurship
Schaubild 6:
Digitale Aktivitäten in Industrie 4.0
Schaubild 7:
Digitale Aktivitäten in E-Government
Schaubild 8:
Profil von Angela Merkel, Deutschland
Schaubild 9:
Profil von Emmanuel Macron, Frankreich
Schaubild 10:
Profil von Guiseppe Conte, Italien