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902 KLINISCHE WOCHENSCH glelehze~tlg auch der~ Plessimeter/inger au/- and n~ederbewegt unter kleinen Exkursionen, wobei die Exkursionen des Plessimeter- fingers und die Schnelligkeit seiner Bewegung naturgemi~B kleiner sein mfissen als die des Perkussionsfingers. Der Perkussionsfinger schl~gtauf den Plessimeterfinger in dem Moment auf, wo der Plessi- meterfinger auf den Boden anschl~gt. Dieses Verfahren nenne ich Simultan~perkussion (oder Atempoperkussion). Bei der auf einer beruflten Papier/lii~he ausgefiihrten simultanen Kuppenrand- perkussion ist get Abdruek noeh kleiner als bei der Kuppenrand- perkussion auf ruhendem Plessimeterfinger. Es ist erstgunlich, wie ~oft man mit der simultanen Kuppenrandperkussion kleinere und geringe Schalldampfungen herausperkutieren kann, die bei fib- licher Perkussionsweise entgehen. Die Kuppenrandperkussion gestattet es, eine konstante, yon vorn nach hinten gerichtete, sagittale Sehlagrichtung, entsprechend der Goldscheiderschen Forderung, einzuhalten, was oft sehr wichtig, besonders bei der Bestimmung des unteren Abschnittes der linken wahren Herzdhmpfung (tel. D~mpfung) bei stark gew61btemThorax ist: dabei mug die Achse des Fingers in der L~ngsrichtung des KSrpers gehalten werden. Die Knppenrandperkussion erlaubt es, eine methodische Inter- CostaPperkussion auszufflhren, auf den Intercostalri~umen, zur vergleichenden Perkussion rechts und links und zur Feststellung von D~mpfungsbezirken. Neben der Kuppenrandperkussion wende ich auch die Perkus- sion auf der Dorsalfli~che der Kuppe des spitzwinklig aufgesetzten Fingers an. Mit der Methode sind wir imstande, die wahren Herzgrenzen zu bestimmen, die Herzkonfiguration -- ob normal, ob mitral, ob aortal -- festzustellen. RIFT. 4. JAHRGANG. Nr. I8 3o. APRIL I925 Bei mltralkon]~gurlertem Herz finden wir die perkutorische Herzgrenze yon unten links nach oben rechts in flachem Bogen schr~g aufsteigend bis zum Sternalrand. Die Grenze endet an dem Sternalrand an einem h6heren Oft als~bei der normalen Konfi- guration. So gestatt~t es die Methode leicht, I)~mpfungen fest- zustellen, die bei mitral konfiguriertem Herz durch den linken Vor- hoI resp. der Pulmonalls gebildet werden. Bei Mitralherzen linden wir dann oft eine D~mpfung am rechten Rand. Beim Aortenherz finden wit durch die Perkussion, dab der untere Abschnitt der linken Herzgrenze nicht schr~g nach oben links, son- dern gerade nach oben verlauft. Weiter nXhert sich der obere Ab- schnitt einer Horizontalen und verlauft h6her ais normal. Das alles k6nnen wir mit Hilfe der Kuppenrandperkussion und der metho- dischen Intercostalperkussion feststellen. Wenn vielfaeh behauptet wird, dab die relative Herzgrenze nicht sicher perkntorisch festgestellt werden kann, so Iiegt das an der Methodik: bei der Perkussion auf dem ganzen, mit der Volarflache aufliegenden Finger nnter Einhaltung der eingebtirgerten Regel, den Finger parallel zu der D~.mpfungsgrenze zu halten, k6nnen wit die wahre Herzgrenze hie und nimmer richtig bestimmen. Daher sind die in den Lehrbflchern gebrachten Perkussionsfiguren des Herzens meist unrichtig. Richfiger sind die Figuren im ,,Brugseh u. Schittenhelm". (Letzte Aufl.) Die Methode erlaubt es, die Grenzen der erweiterten Aorten, unter EinhMtung der methodischen Intercostalperkussion, flberaus sicher festzustellen. Zur Bestimmung der Herz- und Aortengrenzen perkutieren wit auf den einzelnen Intercostalr~umen yon auBen nach innen dem Herzrand- resp. dem Sternalrand zu, indem wit, woes n6tig ist, die Perkussionsfigur durch Perkutieren auf den einzelnen Rippen yon anBen nach innen erg~nzen. NEUE SPEZIALITATEN (einschl. N~ihrpr~iparate und Geheimmittel). (Die Angaben fiber Zusammensetzungund Indikation stammen unraittelbar oder mittelbar yon den produzierenden Firmen, soweit nicht ausdrficklich ein Autor oder ein Institut genannt ist.) gleuthin ist ein Tablettenpr~.parat, das pro Tablette 0,04 g Papaverin. hydrochlor, und 0, 5 Antipyrin enth~lt. (Dysmenorrholsche Beschwerden.) D. C. H. Boehringer Sohn, Niederingelheim a. Rh, Feovin besteht laut Untersuchung des Chem. Staats-Laborato- riums in Hamburg aus ,I4,55 % gtherlSslichen Stoffen (Fett usw.), i8,53 % Eiwefl3, 46,60% Kohlenhydraten, 8,19% sonstigen stick- stofffreien Extraktivstoffen, 1,2o% Rohfaser, 6,63% Mineratstoffen, 4,30~ Feuchtigkeit. Die Mineralstoffe enthalten 24,40% Kalk (CaO), 6,64% Eisen (F%O3). Mikroskopisch wurde Kakao nach- gewiesen." D. Heilmittelversorgung Deutscher Krankenkassen A.-G., Berlin SW I9, Gertraudtenstr. 24. Gala~er vgl. S. 238. GonorrhaKile: Silbersalz in organischer Bindung, des mit C1- Ionen keine FMlung geben soll; im Handel in flfissiger Form. D. Chem.-pharm. Laboratorium ,,Fabor" O. Diet-rich, Hamburg 20. lehtoxylum ist in ein wasserfreies Pulver verwandeltes, k~uf- liches Ichthyol, das s~mtliche wirksamen Bestandteile dieses, sowie auBerdem Sauerstoff enthMt, der unter Umst~nden leicht abspaltbar ist. Es ist ein hchtbraunes Pulver, das in Wasser g~nz- lich, in Alkohol teilweise 16slich ist (Erysipel, Furunkel, Unter- schenkelgeschwiire usw.). D. Pragochemia, Prag. Leptormon rnasculinum und ~ernininurn: Extrakt aus dem Gesamtkomplex der wirksamen Bestandteile der Hypophyse and der Keimdrflsen (Testes bzw. Ovarien), dem die fflr des Blur physio- logische Menge von Thyreoidea neben einem rein dosierten Digitalis- zusatz beigegeben ist. Das Preparer kann intramuskul~r, subeutan oder in Tabletten gegeben werden. (Entfettungsmittel). D. Che- misehe Fabrik Dr. Laboschin, A.-G., Berlin NW. Obstisan ~ Mischung yon Paraffin und Kunsthonig in Marmeladen- form (Stnhlregulierungsmittel). D. Chemisehe Fabrik Gfistrow, Gfistrow i. M. Ronolin- Tabletfen enthalten 23,8 % Magnesiumperoxyd, 65,83 % Magnesiumcarbonat, 0,52 % Calciumcarbonat, 0,03 % Eisencarbonat 0,38 % Alkalicarbonat, 9,44% in S~uren unl6sliches Magnesium- silicat (Obelkeit usw.). D. Chemische Fabrik Paul Wollbrand, Berlin-Adlershof. Urethrohlein. Tabletten, die Hexamethylentetramin enthalten. D. Chemische Fabrik A.-G., Kolin a. Elbe. Verit besteht aus Zinkoxyd, Alkohol, Thymol, Nelken-, Zimt- und Pfefferminz61 und wird mittels ,,Watterollen" auf des Zahn- fleisch gebracht (Zahnschmerzmittel). D. Pharm. Laborat. ,,Verit", Halle a. S. AUGUST VON WASSERMANN ~. Mit unerbittlicher Strenge hat der Tod im letzten Jahre Lfieken gerissen in den Reihen der Ffihrer deutscher medizinischer Wissen- schaft. Den Dahingegangenen ist am 16. M~rz AuavsT YONWASSER- MANN gefolgt, um dessen Leben in den letzten Monaten Freunde und Fachgenossen in banger Sorge waren, und der wie wenige andere dazu beigetragen hat, deutschen F0rscherruhm zu mehren und den Friiehten der Laboratoriumsarbeit Ansehen in der Welt zu verschaffen. Denn durch seine groBe Entdeckung, die Sero- diagnostik der Syphilis, ist seinem Namen Popularit~t zuteil ge- Worden, wie sie in der Wissenschaft nur bei besonderer praktischer Auswirkung des Experimentes mSglich ist. Die Wassermannsche Reaktion aber geh6rt heute zu den einschneidendsten und bekann- testen Errungenschaften, die der Experimentalanalyse zu danken sind. Des ~ugere Leben AUGUST YON WASSERMANNS fat in ruhigem Aufstieg verlaufen. Am 21. Februar 1866 als Sohn des bayrischen Hofbankiers Angelo yon Wassermann in Bamberg, geboren, stu- dierte er in Erlangen, Wien, Mfinchen und StraBburg Medizin und wurde nach v011endetem Studium Assistent am Berliner Institut far Infektionskrankheiten ,,Robert Koch", des ibm bis zum Jahre I913, seit dem Jahre 19o6 als Vorstand der Abteilung far experimentelie Therapie und Serumforschung, die St~tte seiner Wirksamkeit hot. Im Jahre z898 erhielt er das Prgdikat Professor, 19Ol wnrde er Privatdozent, 19o2 a. o. Professor, 1911 ordentlicher Honorarpro- fessor an der Universit~t Berlin. Seit 19o 7 Geheimer MedizinMrat, wurde ihm im jahre 1913 die Leitung des neu errichteten Institutes fflr experimentelle Therapie der Kaiser-Wflhelm-Gesellsehaft in Berlin-Dahtem flbertragen. Die Richtung seines Lebenswerkes wurde WASSERMANN ge- wiesen durch seinen Eintritt in das Institut far Infektionskrank- heiten. Unter der Ffihrung ROBER~ KOCHS, in der Arbeitsgemein- schaft mit hervorragenden M~nnern der Wisse~schaft, die sieh an der beriihmten Forschungsst~tte einten, waren die Vorbedingungen ffir eine seltene geistige Einwirkung auf den begabten, temperament- vollen Jtinger gegeben. Die Verbindung mit praktiseh-~rztlicher T~tigkeit, die die dem Charitg-Krankenhaus angegliederte klinische Abteilung des Institutes bot, sorgte zugleich ft~r eine Verbindung zwischen Theorie and Praxis. Und diese glfickliche Vereinigung yon Forscherarbeit mit dem Streben nach praktischer Nutzanwendung ist Vielleicht ffir WASSERMANNSWerdegang yon maBgebendem Ein- fluB gewesen. Es ist fflr die Eigenart seiner Pers6ntichkeit be- zeiehnend, daB er bei aller Wertung des wissenschaftlichen Problems an und far sich den Faden mit der klinischen Medizin nicht verlor n.nd ihn gerade jene Probleme reizten, die zugleich ft~r die Diagnostik

August von Wassermann

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902 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

glelehze~tlg auch der~ Plessimeter/inger au/- and n~ederbewegt unter kleinen Exkursionen, wobei die Exkursionen des Plessimeter- fingers und die Schnelligkeit seiner Bewegung naturgemi~B kleiner sein mfissen als die des Perkussionsfingers. Der Perkussionsfinger schl~g t a u f den Plessimeterfinger in dem Moment auf, wo der Plessi- meterfinger auf den Boden anschl~gt. Dieses Verfahren nenne ich Simultan~perkussion (oder Atempoperkussion). Bei der auf einer beruflten Papier/lii~he ausgefiihrten simultanen Kuppenrand- perkussion ist get Abdruek noeh kleiner als bei der Kuppenrand- perkussion auf ruhendem Plessimeterfinger. Es ist erstgunlich, wie ~oft man mit der simultanen Kuppenrandperkussion kleinere u n d geringe Schalldampfungen herausperkutieren kann, die bei fib- licher Perkussionsweise entgehen.

Die Kuppenrandperkussion ges ta t t e t es, eine konstante, yon vorn nach hinten gerichtete, sagittale Sehlagrichtung, entsprechend der Goldscheiderschen Forderung, einzuhalten, was oft sehr wichtig, besonders bei der Bestimmung des unteren Abschnittes der linken wahren Herzdhmpfung (tel. D~mpfung) bei stark gew61btemThorax ist: dabei mug die Achse des Fingers in der L~ngsrichtung des KSrpers gehalten werden.

Die Knppenrandperkussion erlaubt es, eine methodische Inter- CostaPperkussion auszufflhren, auf den Intercostalri~umen, zur vergleichenden Perkussion rechts und links und zur Feststellung von D~mpfungsbezirken.

Neben der Kuppenrandperkussion wende ich auch die Perkus- sion auf der Dorsalfli~che der Kuppe des spitzwinklig aufgesetzten Fingers an.

Mit der Methode sind wir imstande, die wahren Herzgrenzen zu bestimmen, die Herzkonfiguration -- ob normal, ob mitral, ob aortal -- festzustellen.

R I F T . 4. J A H R G A N G . N r . I8 3o. APRIL I925

Bei mltralkon]~gurlertem Herz finden wir die perkutorische Herzgrenze yon unten links nach oben rechts in flachem Bogen schr~g aufsteigend bis zum Sternalrand. Die Grenze endet an dem Sternalrand an e inem h6heren Oft als~bei der normalen Konfi- guration. So gestatt~t es die Methode leicht, I)~mpfungen fest- zustellen, die bei mitral konfiguriertem Herz durch den linken Vor- hoI resp. der Pulmonalls gebildet werden. Bei Mitralherzen linden wir dann oft eine D~mpfung am rechten Rand.

Beim Aortenherz finden wit durch die Perkussion, dab der untere Abschnitt der linken Herzgrenze nicht schr~g nach oben links, son- dern gerade nach oben verlauft. Weiter nXhert sich der obere Ab- schni t t einer Horizontalen und verlauft h6her ais normal. Das alles k6nnen wir mit Hilfe der Kuppenrandperkussion und der metho- dischen Intercostalperkussion feststellen.

Wenn vielfaeh behauptet wird, dab die relative Herzgrenze nicht sicher perkntorisch festgestellt werden kann, so Iiegt das an der Methodik: bei der Perkussion auf dem ganzen, mit der Volarflache aufliegenden Finger nnter Einhaltung der eingebtirgerten Regel, den Finger parallel zu der D~.mpfungsgrenze zu halten, k6nnen wit die wahre Herzgrenze hie und nimmer richtig bestimmen. Daher sind die in den Lehrbflchern gebrachten Perkussionsfiguren des Herzens meist unrichtig. Richfiger sind die Figuren im ,,Brugseh u. Schittenhelm". (Letzte Aufl.)

Die Methode erlaubt es, die Grenzen der erweiterten Aorten, unter EinhMtung der methodischen Intercostalperkussion, flberaus sicher festzustellen.

Zur Bestimmung der Herz- und Aortengrenzen perkutieren wit auf den einzelnen Intercostalr~umen yon auBen nach innen dem Herzrand- resp. dem Sternalrand zu, indem wit, w o e s n6tig ist, die Perkussionsfigur durch Perkutieren auf den einzelnen Rippen yon anBen nach innen erg~nzen.

NEUE SPEZIALITATEN (einschl. N~ihrpr~iparate und Geheimmittel). (Die Angaben fiber Zusammensetzung und Indikation stammen unraittelbar oder mittelbar yon den produzierenden Firmen, soweit nicht

ausdrficklich ein Autor oder ein Institut genannt ist.)

gleuthin ist ein Tablettenpr~.parat, das pro Tablette 0,04 g Papaverin. hydrochlor, und 0, 5 Antipyrin enth~lt. (Dysmenorrholsche Beschwerden.) D. C. H. Boehringer Sohn, Niederingelheim a. Rh, Feovin besteht laut Untersuchung des Chem. Staats-Laborato- riums in Hamburg aus , I4 ,55 % gtherlSslichen Stoffen (Fett usw.), i8,53 % Eiwefl3, 46,60% Kohlenhydraten, 8,19% sonstigen stick- stofffreien Extraktivstoffen, 1,2o% Rohfaser, 6,63% Mineratstoffen, 4,30~ Feuchtigkeit. Die Mineralstoffe enthalten 24,40% Kalk (CaO), 6,64% Eisen (F%O3). Mikroskopisch wurde Kakao nach- gewiesen." D. Heilmittelversorgung Deutscher Krankenkassen A.-G., Berlin SW I9, Gertraudtenstr. 24.

Gala~er vgl. S. 238. GonorrhaKile: Silbersalz in organischer Bindung, des mit C1- Ionen keine FMlung geben soll; im Handel in flfissiger Form. D. Chem.-pharm. Laboratorium , ,Fabor" O. Diet-rich, Hamburg 20. l e h t o x y l u m ist in ein wasserfreies Pulver verwandeltes, k~uf- liches Ichthyol, das s~mtliche wirksamen Bestandteile dieses, sowie auBerdem Sauerstoff enthMt, der unter Umst~nden leicht abspaltbar ist. Es ist ein hchtbraunes Pulver, das in Wasser g~nz- lich, in Alkohol teilweise 16slich ist (Erysipel, Furunkel, Unter- schenkelgeschwiire usw.). D. Pragochemia, Prag.

Leptormon rnasculinum und ~ernininurn: Extrakt aus dem Gesamtkomplex der wirksamen Bestandteile der Hypophyse and der Keimdrflsen (Testes bzw. Ovarien), dem die fflr des Blur physio- logische Menge von Thyreoidea neben einem rein dosierten Digitalis- zusatz beigegeben ist. Das Preparer kann intramuskul~r, subeutan oder in Tabletten gegeben werden. (Entfettungsmittel). D. Che- misehe Fabrik Dr. Laboschin, A.-G., Berlin NW. Obstisan ~ Mischung yon Paraffin und Kunsthonig in Marmeladen- form (Stnhlregulierungsmittel). D. Chemisehe Fabrik Gfistrow, Gfistrow i. M. Ronolin- Tabletfen enthalten 23,8 % Magnesiumperoxyd, 65,83 % Magnesiumcarbonat, 0,52 % Calciumcarbonat, 0,03 % Eisencarbonat 0,38 % Alkalicarbonat, 9,44% in S~uren unl6sliches Magnesium- silicat (Obelkeit usw.). D. Chemische Fabrik Paul Wollbrand, Berlin-Adlershof. Urethrohlein. Tabletten, die Hexamethylentetramin enthalten. D. Chemische Fabrik A.-G., Kolin a. Elbe. Verit besteht aus Zinkoxyd, Alkohol, Thymol, Nelken-, Zimt- und Pfefferminz61 und wird mittels ,,Watterollen" auf des Zahn- fleisch gebracht (Zahnschmerzmittel). D. Pharm. Laborat. ,,Verit", Halle a. S.

AUGUST VON WASSERMANN ~.

Mit unerbittlicher Strenge ha t der Tod im letzten Jahre Lfieken gerissen in den Reihen der Ffihrer deutscher medizinischer Wissen- schaft. Den Dahingegangenen ist am 16. M~rz AuavsT YON WASSER- MANN gefolgt, um dessen Leben in den letzten Monaten Freunde und Fachgenossen in banger Sorge waren, und der wie wenige andere dazu beigetragen hat, deutschen F0rscherruhm zu mehren und den Friiehten der Laboratoriumsarbeit Ansehen in der Welt zu verschaffen. Denn durch seine groBe Entdeckung, die Sero- diagnostik der Syphilis, ist seinem Namen Popularit~t zuteil ge- Worden, wie sie in der Wissenschaft nur bei besonderer praktischer Auswirkung des Experimentes mSglich ist. Die Wassermannsche Reaktion aber geh6rt heute zu den einschneidendsten und bekann- testen Errungenschaften, die der Experimentalanalyse zu danken sind.

Des ~ugere Leben AUGUST YON WASSERMANNS fat in ruhigem Aufstieg verlaufen. Am 21. Februar 1866 als Sohn des bayrischen Hofbankiers Angelo yon Wassermann in Bamberg, geboren, stu- dierte er in Erlangen, Wien, Mfinchen und StraBburg Medizin und wurde nach v011endetem Studium Assistent am Berliner Inst i tut far Infektionskrankheiten ,,Robert Koch", des ibm bis zum Jahre I913, seit dem Jahre 19o6 als Vorstand der Abteilung far experimentelie Therapie und Serumforschung, die St~tte seiner Wirksamkeit hot.

Im Jahre z898 erhielt er das Prgdikat Professor, 19Ol wnrde er Privatdozent, 19o2 a. o. Professor, 1911 ordentlicher Honorarpro- fessor an der Universit~t Berlin. Seit 19o 7 Geheimer MedizinMrat, wurde ihm im jahre 1913 die Leitung des neu errichteten Insti tutes fflr experimentelle Therapie der Kaiser-Wflhelm-Gesellsehaft in Berlin-Dahtem flbertragen.

Die Richtung seines Lebenswerkes wurde WASSERMANN ge- wiesen durch seinen Eintr i t t in das Inst i tut far Infektionskrank- heiten. Unter der Ffihrung ROBER~ KOCHS, in der Arbeitsgemein- schaft mit hervorragenden M~nnern der Wisse~schaft, die sieh an der beriihmten Forschungsst~tte einten, waren die Vorbedingungen ffir eine seltene geistige Einwirkung auf den begabten, temperament- vollen Jtinger gegeben. Die Verbindung mit praktiseh-~rztlicher T~tigkeit, die die dem Charitg-Krankenhaus angegliederte klinische Abteilung des Insti tutes bot, sorgte zugleich ft~r eine Verbindung zwischen Theorie and Praxis. Und diese glfickliche Vereinigung yon Forscherarbeit mit dem Streben nach praktischer Nutzanwendung ist Vielleicht ffir WASSERMANNS Werdegang yon maBgebendem Ein- fluB gewesen. Es ist fflr die Eigenart seiner Pers6ntichkeit be- zeiehnend, daB er bei aller Wertung des wissenschaftlichen Problems an und far sich den Faden mit der klinischen Medizin nicht verlor n.nd ihn gerade jene Probleme reizten, die zugleich ft~r die Diagnostik

30. APRIL x925 KLINISCHE W O C H E N S C H

oder Therapie unmittelbare Bedeutnng beanspruchen durften. So ist es erkl~irlich, dab ihn Schwierigkeiten nicht schreckten, wenn sich nur die MSglichkeit praktischer Auswirkung er6ffnete.

Freilich f~ilit der Beginn von WASSERMANNS wissensehaftlicher T~tigkeit in eine Periode gewattigen Aufstiegs medizinisch-biologi- scher Forschung. Die Jahre I89O/9I brachten im Ins t i tu t ffir In- fektionskrankheiten Robert Kochs Entdeckung des Tuberkulins, die Entdeckung des Diphtherie- und Tetanus-Antitoxins durch EMIL VON BEHRING nnd die ersten grundlegenden Arbeiten fiber die Immunit~tsprobleme yon PAUL EI~RLICH. So ist es kein Wunder, dab das erste Jahrzehnt yon WASSERMANNS Wirken stark yon den fiberraschenden GroBta ten der Bakteriologie, Immunit~ts- und Serumforschung beeinfluBt ist unde r selbst mit zahlreichen Arbeiten an dem Fortschri t t des neuen Forsehungszvceiges tatkrMtigen An- tell nimmt.

WASSERMANN sind aus-dieser Zeit zun~ichst sine grol3e Reihe yon Untersuchungen fiber Ba~terientoxine und Antltoxine zu danken. Die Unterseheldu~g der antitoxischen und ant~bakteriellen Imnuanitgt, wie sie seit der Entdeckung des Pfeifferschen Ph~,nolnens bekannt wurde, stfitzt sich zu einem wesentliehen Tell auf die experimentelle Analyse voN WASSERMANNS. Bet der NinJi~hrung des Diphtherie- serums in die Praxis und bei den ersten Versuchen, eine staatliche Wertbestimmung der Serumpr~parate ihrer praktischen Verwendung zugrunde zu legen, war WASSERMANN als Mitarbeiter EHRLICHS beteiligt. Zahlreiche Untersuchungen galten der AufkEirung des feineren Mechanismus der Antik6rperreaktionen und des Wesens der Antik6rperwirkung. Die Seitenkettentheorie EHRLICHS veriehlte nicht ihren Reiz auf den hochbegabten Forscher, und er bekennt in dankbarer Genugtuung in der Festschrift zu PAUL EHRLICHS 60. Geburtstag: ,,Ffir mich war die Seitenkettentheorie und damit PAUL EHRLICH wissenschaftlicher Leitstern seit I~/2 Dezennien. Sie hat reich zur Serodiagnostik der Syphilis, zur Auffindung der lokalen Produktion der spezifischen syphilitischen Reaktions- produkte in der Lnmbalflfissigkeit bei Paratyse, zu den Unter- suchungen fiber das Wesen der TuberkuIinreaktion, sowie zur Kon- stituierung des Selen-Eosins nach Muster yon haptophorer und zer- st6render Gruppe zwecks Chemotherapie der M~usetumoren ge- ffihrt,"

Und WASSERMANN selbst ha t der Theorie experimentelle Stfitzen zu errichten versucht. In seinen vim besprochenen Versuehen zeigte er in Gemeinschaft-mit TAKAKI, daft die Gehirnsubstanz das Tetanus- toxin zu binden und zu entgiften geeignet ist. Er schloB hieraus auf die Identi t~t der entgiftenden Funktion mit der Antitoxinwirkung im Sinne ERRLICHS. In gleiehem Sinne sind WASSERMANNS Unter- suchungen fiber das Vorkommen von Antik6rpern, insbesondere yon Diphtheria-Antitoxin im normalen Serum zu werten. Sie k6nnen als Beweis daffir gelten, daB, wie es die Seitenkettentheorie annimmt, die immunisatorische Erzeugung yon Antik6rpern, im Grunde genommen, nur eine pathologisehe Steigerung physiologiseher Vor- g~inge darsteltt.

Fast gleichzeitig mit UHLENHUTH, wenn auch etwas sparer, konnte WASSERMANN zeigen, dab es mit Hilfe priizipitierender Antisera mSglich ist, verschiedene Blutarten zu unters~heiden und damit ein Problem zu 16sen, das der gerichtlichen Medizin yon jeher als wichtiges praktisches Desiderat vorgeschwebt hat. Schon vorher har ts WASSERMANN mit Hitfe der pr~zipitierenden Antisera ver- schiedene Milcharten, insbesondere Kuhmitch und Frauenmilch, zu differenzieren gelehrt, und so sehen wi r ihn schon um die Jahr- hundertwende den Fragen der Serodiagnostik nachgehen, sine Arbeitsriehtung, die dann in der Entdeckung der Wassermannschen Reaktion ihren gr6Bten Triumph gefeiert hat.

Inzwischen bescl~ftigten WASSERMANN Arbeiten fiber die ver- schiedenen Immunit~tsiormen, insbesondere die Aggressinimmuni- t~t, fiber den Ort der Antik6rperentstehung, fiber die lokale Pro- duktion yon Antik6rpern. Nach Einfflhrung der Komplement- bindungsmethode suchte er dieses neue methodologisehe Prinzip der Analyse bei verschiedenen Infektionskrankheiten nutzbar zu machen. Er stellte fest, dab sieh auch die in Extrakten gel6sten Bal;terienbestandteile far die Komplementbindung eignen, machte den Versuch, das R~tsel der Tuberkulinwirkung auf experimenteller Basis unter Benutzung der Komplementbindungsmethode zu kl~iren und gelangte im weiteren Verfolg schlieglich zur Serodiagnostik der Syphilis.

In Gemeinschaft mit A. I~EtSSER und C. BRUCK erschien im Jahre 19o6 (Dtsch. reed. Wochenschr. Mr. I9) die grundlegende Ar- belt: ,,Nine serodiagnostische Reaktion bei Syphi l is" . Die erste Mitteilung grfindete sich auf Affenimmunsera; die durch Vorbehand- lung mit syphilitischem Material gewonnen waren. Die i:Jber- tragung der Erfahrungen auI den syphiliskranken MenSchen gelang sehr bald, und so ist jene Methods entstanden, die heute zu den gesichertsten biologisehen Laboratoriumsverfahren geh6rt und woht in praktischer Hinsicht an ihrer Spitze steht, Die Bedeutung der Wassermannschen Reaktion geht aber weft fiber die Grenzen hinaus, die ihr als einfaches Mittel zur Serodiagnostik~er Syphilis zuk~men.

R I F T . 4. J A t t R G A N G . Mr. 18 903

Der Grund hierffir ist gerade darin zu erblicken, dab die urspri~ng- liche Auffassung der Reaktion als Ausdruck des Vorhandenseins ~tiologisch-spezifischer Antik6rper im Serum der Erkrankten nicht aufrechterhalten werden konnte.

Es hat sich bekanntlich gezeigt, dab die Extrakte aus syphiliti- schem Material, die zuerst zur Wassermannschen Reaktion dienten, dutch Extrakte aus Organen fast beliebiger menschlicher oder tieri- scher Herkunft ersetzt werden k6nnen, wenn man nur Alkohol Ms Extraktionsmit tel benutzt. Diese Erkenntnis hat die Annahme yon Spiroch~ten-Antik6rpern ausgeschlossen. Daffir ist aber in theore- fischer Hinsieht ein vOllig neuartiges Prinzip in die Serodiagnostik durch die Wassermannsche Reaktion eingeffihrt worden, dessen eigentliches Wesen zwar bis hente noch nieht gekI~rt erschien, das aber t rotzdem der experimentellen Forschung einen m~ichtigen, neuartigen Impuls gegeben hat. Denn seither wurde der Reaktions- f~higkeit der K6rpers~.fte mit Lipoiden unter normalen und patho- logisehen Bedingungen mit Recht eine besondere Beachtung ge- schenkt, und es ist kein Zweifel, dab die Biotogie der Lipoide dnrch die Serodiagnostik der Syphilis vielseifige Anregung erfallren hat.

DaB in praktischer Hinsicht die neuartige Auffassung oder die Verneinung der ~itiologisch-spezifischen Antik6rperreaktion als Ursache der syphilitischen Blutver~nderung die Tragweite des sero- logischen Luesnachweises stark erh6ht hat, ist allgemein bekannt. Der positive Wassermann hat dadurch, zugleich gestfitzt auI kli- nisehe Empirie, symptomatisehe und therapeutische Bedeutung erlangt. Es handelt sich also, und das darf bei dem Hinseheiden des Forschers erneut zum Ausdruck gebracht werden, um sin Verfahren, das zwar ursprfinghch anders gedeutet wurde, dessen Entdeckung aber ffir die Entwieklung von Theorie und Praxis einen neuartigen Markstein bedeutet. Und gerade unter dem Gesichtspunkt de r Wandlung der Auffassung verdient es Bewunderung, wie WASSER- MANN und seine Mitarbeiter mit Tatkraft und Energie, mit scharfem Blick ffir das Wesenfliche, die Methode in raschem Aufstieg zu ihrem grol3artigen Erfolg geleitet hubert.

Wie sehr die Wassermannsche Reaktion zugleich der AuJkli~rung der Problems der Syphilis]orsehung diente, daran sei hier nur erinnert. Erwiihnt sei j ene grundlegende Arbeit yon WASSERMANN und PLAUT, in der gezeigt wurde, dab bei Paralyse die Lumbalflfissigkeit positiv reagiert. Seither hat die Wassermannsche Reaktion den experi- mentellen Beweis daffir geliefert, dab die metasyphilitischen Er- krankungen syphilitischen Ursprungs sind.

Neben dem weiteren Ausbau und der Ergrfindung der Sero- diagnostik der Syphilis besch~ftigte sich WASSERMANN in den folgen- den Jahren mit zahlreichen Fragen auf fast allen Gebieten der Immunit~ts- und Serumforschung. Seine Arbeiten, in Gemeinschaft mit W. KOLLE, fiber das Meningokokkenserum, die praktische Ein- ffihrung des Prinzipes der polyvalenten lmpfsto1r in Gemeinschaft mit OSTERTAG seien hier nut Ms Beispiele angeffihrt, um zu zeigen, wie eng in \u Wirken framer Laboratoriumsarbeit und Blick in die Praxis verknfipit waren. So versuchte er such den gr6B 2 ten Anforderungen, die die praktische Medizin stellen kann, wenig- stens in Vorstudien gerecht zu werden. Er nahm das Problem der Chemothera/pie der Gesehwfdste in Angriff und hat te den in experi- menteller t t insicht durchaus beachtenswerten Erfolg, dab es ibm gelang, M~usetumoren durch Einverleibung besonderer Mittel (Selen-Eosin) v o n d e r Blutbahn aus zum Schwinden zu bringen.

Es ist noeh in friseher Erinnerung, wie schliel31ich WASSERMANN in den letzten Jahren versucht hat, eine Serodiagnostik der aktiven Tuberkutose zu schaffen. Gerade der Erfolg und das neuartige Prinzip der Wassermannschen Syphilisreaktion mochten ihn gereizt haben, such bei der Tuberkulose Serumver~inderungen aufzufinden, die nicht nur die s tat tgehabte Infektion, sondern die Aktivit~t des Krankheitsprozesses zu erkennen erlauben. So entstand auf Grund eigenartiger Analyse das aus tetralinisierten Tuberkelbaeillen und Lecithin zusammengesetzte Reagens, das als Antigen zur Serodiagnos- tik der Tuberkulose dienen soll. Auch dieses Verfahren hat bekanntlich in letzter Zeit vieIfache Anwendung gefunden und zu weiteren Studien Anregung gegeben, i3ber seine praktische Brauchbarkeit Ms zuverl~issiges Diagnostikum sind die Ansichten freilich noeh g6teilt.

So ist ein reiches Forscherleben abgeschlossen, dessen Wirken in seltener Weise in Theorie und Praxis eingegriffen hat. Die medizi- nisch-biologische Wissenschaft ha t einen Fiihrer yon hervorragenden Eigenschaften verloren, der sich bei Freunden und Fachgenossen dutch Autorit~t, Hilfsbereitschaft, Leistung und Anregung gr6gter Sch~ttzung und Verehrung erfreute. Der Eigenart seiner PersSnlich- keit entspraeh die Gabe ktarer und liehtvoller Obermittelung der Forscherarbeit und ein scharfer Bliek Ifir die Berfihrungspunkte mit den Fragen ~rztlicher Praxis. In diesem Sinne war yon WASSXR- MANN, wenn such der eigentliehe Unterricht weft hinter seiner Forscherarbeit zurficktrat, ein Lehrer eigener Art, der durch um- fassende Ubersicht und durch seine temperamentvolle Weiss un- gev#6hnhch zu fesseln verstand. Sein Leben war erfolgreich in Forschung und Lehre, und unverg~nglich werden die Spuren seines Wirkens bleiben. H. SACi~S, Heidelberg.