21
Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R Modul 5: Arbeitsrecht und Datenschutz Univ.-Prof. DDr. Günther Löschnigg

Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

Ausbildungsreihe

DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R

Modul 5: Arbeitsrecht und Datenschutz

Univ.-Prof. DDr. Günther Löschnigg

Page 2: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

2

Übersicht

1. Arbeitsvertragsrecht – Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses

2. Datenschutzbeauftragte im Arbeitsrecht

2.1. Rechtsverhältnis?

2.2. Pflicht zur Übernahme der Tätigkeit?

2.3. Benachteiligungs- und Abberufungsverbot

2.4. Integration in das betriebliche Datenschutzgeschehen

2.5. Verschwiegenheitspflicht

2.6. Haftung

3. Sonderfall Telearbeit

4. IT-Kollektivvertrag

5. Nutzung und Kontrolle von IKT am Arbeitsplatz

6. ArbeitnehmerInnendatenschutz

6.1. Allgemeines zum Schutz der ArbeitnehmerInnendaten

6.1.1. Unterschiedliche gesetzliche Geltungsbereiche

6.1.2. StellenwerberInnen und ehemalige ArbeitnehmerInnen

6.1.3. Einzelfallbezogener – gruppenspezifischer Schutz

6.2. Fragerecht bzw Fragepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin

6.3. Datenschutzrechtliche Grenzen

6.3.1. Verarbeiten von ArbeitnehmerInnendaten

6.3.2. Übermitteln von ArbeitnehmerInnendaten

6.3.3. Rechte der ArbeitnehmerInnen

6.4. Mitwirkung des Betriebsrates

6.4.1. Informationsrechte

6.4.2. § 96a ArbVG

6.4.3. Sonstige Mitwirkungsrechte

6.5. Datenschutz und MitarbeiterInnenkontrolle

6.6. Arbeitsverhältnis und Videoüberwachung

6.7. Datensicherheit als Pflicht der ArbeitnehmerInnen

7. IKT und ArbeitnehmerInnenschutz

8. Belegschaftsorgane als Datenverarbeiter

Page 3: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

3

1. Arbeitsvertragsrecht – Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsrecht ist zwar reich an speziellen Gesetzen für gewisse ArbeitnehmerInnen-

gruppen (Journalistengesetz, Theaterarbeitsgesetz, etc), ein spezifisches Gesetz für Ar-

beitnehmerInnen im IKT-Bereich wurde bisher aber nicht erlassen.

MitarbeiterInnen im IKT-Bereich sind regelmäßig als Angestellte zu qualifizieren. Dem-

entsprechend gelten das Angestelltengesetz und die entsprechenden arbeitsrechtlichen

Sondergesetze (AZG, DHG, UrlG etc).

Spezifische Rechte und Pflichten finden sich aber in den Arbeitsverträgen von IKT-

MitarbeiterInnen. Beispiele hiefür sind:

Besondere Geheimhaltungspflichten im Zusammenhang mit der Datenermittlung und

Datenverwendung; in diesem Sinn sieht auch § 15 Abs 1 DSG eine besondere Ge-

heimhaltungspflicht vor (vgl 6.7.).

Aufgrund der Ausbildungs- und Weiterbildungsintensität im EDV-Bereich finden

sich in EDV-Verträgen auch regelmäßig Klauseln hinsichtlich der Rückforderung von

Ausbildungskosten. Die Rückforderung von EDV-Ausbildungskosten bzw die Häu-

figkeit entsprechender Vertragsklauseln bildete letztlich auch den Grund für die Be-

stimmung des § 2d AVRAG, der die Rückforderung von Ausbildungskosten (nicht

aber Einschulungskosten!) nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Jegliche

Rückforderbarkeit von Ausbildungskosten setzt eine entsprechende Vereinbarung vo-

raus.

Im Zusammenhang mit Datenschutzbeauftragten könnten oder müssten auch Ver-

pflichtungen zur Weiterbildung aufgenommen werden. Problematisch ist in diesem

Fall die Frage nach der Kostenlast.

2. Datenschutzbeauftragte im Arbeitsrecht

2.1. Rechtsverhältnis?

Den für die Ausübung der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter zugrundeliegenden

Vertragstyp schreibt weder die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) nach (bis-

her) das österreichische Recht vor. In Frage kommt daher sowohl ein Arbeitsvertrag,

als auch ein freier Dienstvertrag. Aufgrund der Tätigkeitsfelder des Datenschutzbe-

auftragten werden Werkverträge weniger in Frage kommen.

2.2. Pflicht zur Übernahme der Tätigkeit?

Ob ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, die Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten zu

übernehmen, hängt von der Ausgestaltung des Arbeitsvertrages ab. Zu beachten wäre

aber auch der Versetzungsschutz nach § 101 ArbVG, wenn mit der Funktion und dem

Aufgabenbereich als Datenschutzbeauftragter eine Verschlechterung der Arbeitsbe-

dingungen einhergeht.

Page 4: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

4

2.3. Benachteiligungs- und Abberufungsverbot

Gem. Art 38 Abs 3 DS-GVO darf der Datenschutzbeauftragte wegen Erfüllung seiner

Aufgaben weder benachteiligt noch abberufen werden. Dieses Benachteiligungsver-

bot ist umfassend konzipiert und bezieht sich auf sämtliche Arbeitsbedingungen. Zu

beachten ist, dass Art 38 Abs 3 DS-GVO von einem Verbot der Abberufung von der

Funktion ausgeht und nicht von der Beendigung des Rechtsverhältnisses. Insofern

kann das Abberufungsverbot nicht von vornherein mit einem besonderen Kündi-

gungs- und Entlassungsschutzes gleichgesetzt werden.

2.4. Integration in das betriebliche Datenschutzgeschehen

Der Datenschutzbeauftragte muss rechtzeitig und problemadäquat in betriebliche Da-

tenschutzangelegenheiten eingebunden werden (Art 38 Abs 1 DS-GVO). Art 38 Abs

3 DS-GVO sieht darüber hinaus eine generelle Weisungsfreiheit des Datenschutzbe-

auftragten vor.

Der Kontakt zu den betroffenen Personen und Personengruppen soll dadurch garan-

tiert werden, dass diese den Datenschutzbeauftragten zu Rate ziehen können (Art 38

Abs 4 DS-GVO). Umgekehrt sind die Daten und Informationen zu den Datenverar-

beitungen dem Datenschutzbeauftragten zur Verfügung zu stellen (Art 38 Abs 2 DS-

GVO).

2.5. Verschwiegenheitspflicht

Nach Art 38 Abs 5 DS-GVO ist der Datenschutzbeauftragte zur „Wahrung der Ge-

heimhaltung oder der Vertraulichkeit“ verpflichtet. Bei Verletzung der Verschwie-

genheitspflicht wird nicht nur die Abberufung von der Funktion, sondern auch die

Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge-

meinen Wertungen zur vorzeitigen Auflösung von Arbeitsverhältnissen und freien

Dienstverhältnissen bzw zum Rücktritt bei Werkvertrag sind hiebei zu übertragen.

2.6. Haftung

Wird die Tätigkeit der Datenschutzbeauftragten im Rahmen eines Arbeitsverhältnis-

ses ausgeübt, sind die Haftungserleichterungen des DHG zu beachten. Bei anderen

Rechtsverhältnissen kann es auch zur Anwendung des DHG kommen, falls Arbeit-

nehmerähnlichkeit vorliegt.

3. Sonderfall Telearbeit

Unter Telearbeit wird regelmäßig die Verrichtung von Arbeit/Dienstleistungen aus der

„Ferne“, dh nicht im Betrieb des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin, mit Hilfe von Kommu-

Page 5: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

5

nikationssystemen verstanden.

Aufgrund der Dislozierung der Arbeitsstätte kommt es zu einer Reihe von arbeitsrechtli-

chen Problemen:

Vorweg stellt sich die Frage, ob TelearbeitnehmerInnen überhaupt noch die Arbeit-

nehmereigenschaft zukommt. Die Weisungsrechte des Dienstgebers/der Dienstgebe-

rin sind unter Umständen drastisch eingeschränkt und teilweise können auch Famili-

enmitglieder Dienstleistungen der TelearbeitnehmerInnen übernehmen.

Schwierig gestaltet sich die Kontrolle des ArbeitnehmerInnenschutzes sowohl durch

den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin als auch durch das Arbeitsinspektorat. Letztlich

verschmelzen bei der Telearbeit Arbeitsplatz und Privatbereich.

Die soziale Isolierung von TelearbeitnehmerInnen führt mitunter dazu, dass arbeits-

vertraglich eine Absicherung sozialer Kontakte erfolgt (zB Recht auf regelmäßige

Fahrten vom Telearbeitsplatz zum Betrieb). Daraus ergeben sich weitere Fragen (zB

wer trägt die Kosten für die Fahrten zwischen Telearbeitsplatz und Betrieb; wer über-

nimmt das Haftungsrisiko für diese Fahrten?).

Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist zu prüfen, ob der Telearbeitsplatz dem

Betrieb des Dienstgebers/der Dienstgeberin zugerechnet werden kann und ob die Ar-

beitnehmerInnen im Betrieb des Dienstgebers/der Dienstgeberin aktiv und passiv

wahlberechtigt sind.

Mit der Zuständigkeit des Betriebsrates unmittelbar verbunden ist die Mitwirkung des

Betriebsrats in Bezug auf die TelearbeitnehmerInnen (zB hinsichtlich des Kündi-

gungsschutzes oder des Versetzungsschutzes).

Fraglich ist, ob der Arbeitsort arbeitsvertraglich so gestaltet werden kann, dass Ar-

beitnehmerInnen per Weisung des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin von einem betrieb-

lichen Arbeitsplatz auf einen Telearbeitsplatz (und zurück) versetzt werden können.

4. IT-Kollektivvertrag

Für den IT-Bereich existiert ein eigener Kollektivvertrag. Fachlich gilt er für alle Mit-

gliedsbetriebe des Fachverbandes Unternehmensberatung und Informationstechnologie

der Wirtschaftskammer Österreich, die eine Berechtigung zur Ausübung des Gewerbes

„Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstech-

nik“ haben.

Persönlich gilt der IT-KV für alle dem Angestelltengesetz unterliegenden Arbeitnehmer-

Innen der im fachlichen Geltungsbereich ausgewiesenen Unternehmen.

Als IKT-Tätigkeiten nennt der Kollektivvertrag:

Organisation: Anwendung/System

Planung: System/Information

Analyse: Anwendung/System/Datenbank

Page 6: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

6

Softwareentwicklung/Systementwicklung

Design: Software/Datenbanken/Jobcontrol

Anwendungsbetreuung/Systembetreuung

Beratung: IDV/Anwendung/Technik

Administration: Netzwerk/Datenbanken

Netzwerktechnik/Systemtechnik

Vertrieb (Key Account)

Methodik/Softwareengineering

Qualitätsmanagement/-kontrolle/-audit

Systemoperating

! Für die Anwendung des IT-KV ist die Branche des Arbeitgebers entscheidend (In-

dustriegruppenprinzip), unabhängig ob der Angestellte eine IKT-Tätigkeit ausübt oder

nicht!

5. Nutzung und Kontrolle von IKT am Arbeitsplatz

Explizite gesetzliche Regelungen zur dienstlichen/oder privaten Nutzung von IKT am

Arbeitsplatz findet man im privaten Arbeitsrecht nicht. Dementsprechend bildet häufig

der Arbeitsvertrag die Grundlage für entsprechende Verbote bzw Erlaubnisse.

Teilweise finden sich im Arbeitsvertrag keinerlei Regelungen. Der Dienstgeber/die

Dienstgeberin agiert vielmehr innerbetrieblich durch entsprechende Richtlinien im Sinn

von generellen Weisungen.

Die Rahmenbedingungen für die Nutzung von IKT im Betrieb können aber auch durch

Betriebsvereinbarung gem § 97 Abs 1 Z 6 ArbVG (Maßnahmen zur zweckentsprechen-

den Benützung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln) festgelegt werden. Es

handelt sich hiebei um eine erzwingbare Betriebsvereinbarung/erzwingbare Mitbestim-

mung, sodass Regelungen über die Privatnutzung von IKT im Betrieb sowohl vom Be-

triebsinhaber/von der Betriebsinhaberin als auch vom Betriebsrat erzwungen werden

können.

Ohne entsprechende Regelungen ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer/die Ar-

beitnehmerin nach den Grundsätzen der Angemessenheit innerbetriebliche Informations-

und Kommunikationstechnologien des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin nutzen darf.

Dienstpflichten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin oder berücksichtigungswürdige

Interessen des Arbeitgebers/der Arbeitsgeberin dürfen hiebei aber nicht verletzt werden.

Die rechtswidrige Nutzung von IKT kann – unter Berücksichtigung der Wertungen des

allgemeinen Entlassungsrechts – zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses

führen.

Page 7: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

7

Zur Kontrolle von IKT Nutzungen durch den Arbeitnehmer vgl 6.5. und 6.6.

Für den öffentlichen Dienst enthält § 79d BDG Grundsätze für die IKT-Nutzung der

Bediensteten. Dieser Bestimmung zufolge darf die IKT-Infrastruktur von dem Beam-

ten/der Beamtin grundsätzlich nur für dienstliche Zwecke genutzt werden. In einge-

schränktem Ausmaß ist jedoch auch die private Nutzung der für den Dienstbetrieb zur

Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur erlaubt,

sofern sie nicht missbräuchlich erfolgt,

sofern sie nicht dem Ansehen des öffentlichen Dienstes schadet,

sofern sie der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes nicht entgegensteht

und

sie die Sicherheit und die Leistungsfähigkeit der IKT-Infrastruktur des Dienstge-

bers/der Dienstgeberin nicht gefährdet.

Ein Rechtsanspruch auf eine private IKT-Nutzung besteht nicht. Die Beamten sind ver-

pflichtet, sich an entsprechende Verordnungen oder ressort- oder arbeitsplatzspezifische

Nutzungsregelungen zu halten.

6. ArbeitnehmerInnendatenschutz

6.1. Allgemeines zum Schutz der Arbeitnehmerdaten

Ein grundsätzliches Problem des Arbeitnehmerdatenschutzes besteht darin, dass kein in

sich geschlossenes Arbeitnehmerdatenschutzrecht existiert. Der Schutz von Arbeit-

nehmerdaten ergibt sich vielmehr aus der Kombination von arbeitsvertrags-, betriebsver-

fassungs- und datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Da sich die Geltungsbereiche die-

ser gesetzlichen Rechtsmaterien nicht decken, führt dies zu unterschiedlichen Ausprä-

gungen des Arbeitnehmerdatenschutzes.

6.2. Unterschiedliche gesetzliche Geltungsbereiche

Während etwa Mitglieder von Organen, die zur gesetzlichen Vertretung juristischer Per-

sonen berufen sind (zB GeschäftsführerIn einer GmbH), oder leitende Angestellte, denen

maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebes zusteht, nicht als ArbeitnehmerIn-

nen im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn gelten und der Betriebsrat sie nicht vertreten

kann, unterliegen diese Personengruppen sehr wohl den datenschutzrechtlichen und weit-

gehend auch den arbeitsvertragsrechtlichen Bestimmungen. Die fehlende betriebsverfas-

sungsrechtliche Arbeitnehmereigenschaft führt beispielsweise dazu, dass Betriebsver-

einbarungen über Personaldatensysteme, Fragebögen und Kontrollmaßnahmen für sie

nicht gelten. Aus dem nämlichen Grund könnte ein Einsichtsrecht in Lohn- und Gehalts-

Page 8: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

8

daten leitender Angestellter vom Betriebsrat nicht geltend gemacht werden. Ebenso fallen

StellenwerberInnen und ehemalige ArbeitnehmerInnen grundsätzlich nicht unter die Be-

triebsverfassung.

Umgekehrt gilt das Betriebsverfassungsrecht für gewisse Personengruppen, die vom Ar-

beitsvertragsrecht nicht erfasst sind. So kommt der zweite Teil des Arbeitsverfassungsge-

setzes zumindest weitgehend für HeimarbeiterInnen zur Anwendung, obwohl es sich bei

dieser Personengruppe nach überwiegender Ansicht nicht um ArbeitnehmerInnen iSd

Arbeitsvertragsrechts handelt.

6.2.1. StellenwerberInnen und ehemalige ArbeitnehmerInnen

Bestehen schon innerhalb der ArbeitnehmerInnengruppen wesentliche Unterschiede hin-

sichtlich der Anknüpfungspunkte für einen Arbeitnehmerdatenschutz, dann wird dieses

Problem bei jenen Personen verschärft, die noch kein Arbeitsverhältnis abgeschlossen

haben, sondern sich um ein solches bewerben. Im Gegensatz zum Datenschutzgesetz

kommt das Arbeitsrecht in dieser Phase grundsätzlich nicht zur Anwendung. Um Stel-

lenwerberInnen zumindest einen arbeitsrechtsähnlichen Schutz angedeihen zu lassen,

bedarf es der Begründung bzw der Anwendung vorvertraglicher Fürsorgepflichten des

Arbeitgebers bzw einer gewissen Vorwirkung betriebsverfassungsrechtlicher Instrumente

wie der Betriebsvereinbarung.

Ähnlich wie bei StellenwerberInnen mangelt es bei ehemaligen ArbeitnehmerInnen an

einem bestehenden Arbeitsvertrag. Gewisse rechtliche Bindungen bleiben über spezifi-

sche Vereinbarungen (zB Konkurrenzklauseln) oder nachwirkende Rechtspflichten (zB

nachwirkende Fürsorgepflicht) aufrecht. Aus datenschutzrechtlicher Sicht verlängert sich

damit regelmäßig die Zulässigkeit der Datenverwendung.

Neben den datenschutzrechtlichen Zulässigkeitsbeschränkungen bei der Datenübermitt-

lung (s auch 6.3.2.) ist während der Phase der Beendigung und danach auch zu beachten,

dass Eintragungen und Anmerkungen in einem Arbeitszeugnis, durch die dem Arbeit-

nehmer/der Arbeitnehmerin die Erlangung einer neuen Stelle erschwert wird, unzulässig

sind. Diese Wertung ist auf jegliche Form der Datenübermittlung zwischen alten und

(potentiell) neuen ArbeitgeberInnen zu übertragen (s auch OGH 7.2.2008, 9 ObA

104/07w).

6.2.2. Einzelfallbezogener – gruppenspezifischer Schutz

Ein weiteres strukturelles Problem ergibt sich daraus, dass das Datenschutzrecht und das

Arbeitsvertragsrecht naturgemäß einzelfallbezogene Schutzmechanismen vorsehen, die

betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen sich hingegen auf die gesamte Belegschaft

oder zumindest auf Belegschaftsgruppen beziehen. Während das Datenschutzgesetz den

Schutz des/der einzelnen Betroffenen im Auge hat und datenschutzrechtliche Ansprü-

che nur von den jeweiligen betroffenen ArbeitnehmerInnen selbst durchgesetzt werden

können (vgl OGH 29.6.2006, 6 ObA 1/06z), stehen in der Betriebsverfassung die Interes-

sen der Gesamtbelegschaft im Vordergrund. Dies zeigt sich in besonderer Weise bei der

Betriebsvereinbarung als Instrument der Mitwirkung in sozialen Angelegenheiten. Mitbe-

stimmungsunterworfen ist nicht der Einzelfall, sondern die generelle Maßnahme. Werden

Page 9: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

9

etwa die Daten eines einzigen Arbeitnehmers/einer einzigen Arbeitnehmerin an Dritte

übermittelt, so kommt nur § 7 Abs 2 DSG zur Anwendung, die Zustimmung des Be-

triebsrates ist hingegen nicht erforderlich.

6.3. Fragerecht bzw Fragepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin

Von der BewerberInnenauswahl bis unter Umständen lange nach Beendigung des Ar-

beitsverhältnisses (zB im Fall der Zahlung von Betriebspensionen an ehemalige Arbeit-

nehmerInnen oder an Hinterbliebene des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin) ist der

Dienstgeber/die Dienstgeberin vielfach auf die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmer-

daten angewiesen. Teilweise benötigt er/sie Daten zur Erfüllung von gesetzlichen Ver-

pflichtungen (Arbeitszeitaufzeichnungen, Krankenstandszeiten uä), teilweise dienen sie

ihm/ihr zur Erleichterung von Aufgaben, zu denen er/sie sich im Arbeitsvertrag oder in

Betriebsvereinbarungen verpflichtet hat, und teilweise verwendet er/sie sie als Instrument

der Personalführung. Das betriebliche Personaldatenwesen muss nicht nur für den

Dienstgeber/die Dienstgeberin von Vorteil sein. Die Objektivierung und leichte Über-

prüfbarkeit von Personalentscheidungen ist auch für den Dienstnehmer/die Dienstnehme-

rin und den Betriebsrat von Interesse.

Ein Fragerecht des Dienstgebers/der Dienstgeberin wird man unmittelbar aus der Pri-

vatautonomie und dem Recht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin zur Gestaltung der

Arbeitsbedingungen im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag und durch die Rechtsord-

nung abgesteckten Grenzen ableiten können. Grenzen des Fragerechts ergeben sich auf

unterschiedlichen Ebenen, insbesondere aus dem Persönlichkeitsschutz des Arbeit-

nehmers/der Arbeitnehmerin. Der Persönlichkeitsschutz ist als Summe jener Persön-

lichkeitsrechte zu verstehen, deren Konkretisierungen dem Arbeitnehmer/der Arbeitneh-

merin ein umfassendes subjektives Recht auf Achtung und Entfaltung seiner Persönlich-

keit gewährleisten. Ansatzpunkte für die Rechtskonkretisierung sind schon auf verfas-

sungsrechtlicher Stufe zu finden. Zu erwähnen sind vor allem der Schutz des Privat- und

Familienlebens (Art 8 EMRK), der Schutz des Fernmeldegeheimnisses (Art 10 StGG),

der Meinungsfreiheit (Art 10 EMRK), der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit

(Art 9 EMRK) und das Grundrecht auf Datenschutz (§ 1 DSG). Der privatrechtliche Per-

sönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis erfährt vor allem durch die spezifisch arbeits-

rechtliche Fürsorgepflicht eine explizite Konkretisierung (§ 1157 ABGB, § 18 AngG).

Neben der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin können aber auch sonstige

Wertungen, die sich aus den arbeitsrechtlichen Bestimmungen bzw dem allgemeinen

Schutzgedanken im Arbeitsrecht ableiten lassen, geeignet sein, das Fragerecht des Ar-

beitgebers/der Arbeitgeberin zu begrenzen. In diesem Sinn ist etwa dem Mutterschutzge-

setz und dem Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) zu entnehmen, dass die Frage nach einer

Schwangerschaft von Stellenwerberinnen unzulässig ist.

Eine Reihe von Daten wird von vornherein als besonders schutzwürdig anzusehen sein.

Davon geht auch Art 6 der Datenschutzkonvention des Europarates aus, der personen-

bezogene Daten, welche die rassische Herkunft, politische Anschauungen oder religiöse

und andere Überzeugungen erkennen lassen, und personenbezogene Daten, welche die

Page 10: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

10

Gesundheit, das Sexualleben oder Strafurteile betreffen, besonders hervorhebt. Die Da-

tenschutzkonvention verpflichtet diesbezüglich das innerstaatliche Recht, geeignete

Schutzmaßnahmen zu treffen. Wenngleich die Datenschutzkonvention Maßnahmen zum

Schutz vor automationsunterstützter Verarbeitung der Daten vorsieht, sind die Wertungen

insb des Art 6 der Datenschutzkonvention auch auf die nichtautomationsunterstützte Da-

tenverarbeitung übertragbar. Eine entsprechende Umsetzung erfolgte in Österreich durch

die Sonderregelungen im DSG zu den sog „sensiblen Daten“ (vgl 6.3.1.), aber auch durch

das GlBG. Daten von ArbeitnehmerInnen werden generell als besonders schutzwürdig

anzusehen sein, unabhängig davon, ob sie zu den sensiblen Daten iSd DSG zählen oder

nicht. Dies lässt sich insb mit der besonderen Kontextabhängigkeit der Personaldaten

aber auch mit der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers/der

Arbeitnehmerin vom Dienstgeber/von der Dienstgeberin begründen. Weitere Einschrän-

kungen des Fragerechts des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin resultieren aus den einfach-

gesetzlichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes (vgl 6.3.) und der Betriebsverfas-

sung (vgl 6.4.). Teilweise ergibt sich aus der Rechtsordnung nicht nur ein Fragerecht,

sondern sogar eine Fragepflicht des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin (zB zum Schutz der

Gesundheit des betroffenen Arbeitnehmers/der betroffenen Arbeitnehmerin oder zur Si-

cherheit anderer ArbeitnehmerInnen).

6.4. Datenschutzrechtliche Grenzen

6.4.1. Verarbeiten von Arbeitnehmerdaten

Gemäß § 7 DSG dürfen Daten nur verarbeitet, dh iSd § 4 Z 9 DSG nur ermittelt, gespei-

chert, verändert, verknüpft, abgefragt, ausgegeben, gelöscht etc werden, soweit Zweck

und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen

Befugnissen des Auftraggebers/der Auftraggeberin gedeckt sind und die schutzwürdigen

Geheimhaltungsinteressen des/der Betroffenen nicht verletzen. Hinsichtlich der Verarbei-

tung von Arbeitnehmerdaten liegt die von § 7 DSG geforderte Zwecksetzung in einem

rationellen, kostenoptimalen, aber auch den sozialen Bedürfnissen angepassten und hu-

manen Einsatz der ArbeitnehmerInnen. Als zulässiger Rahmen ist hiebei die Summe der

für das Arbeitsverhältnis geltenden Normen und der von Rechtsprechung und Lehre ent-

wickelten Grundsätze anzusetzen. Das Verarbeiten von Arbeitnehmerdaten ist dement-

sprechend unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen des Dienstnehmers/der

Dienstnehmerin soweit zulässig, als es für einen ordnungsgemäßen Ablauf des Arbeits-

verhältnisses unter Beachtung zeitgemäßer Personalführungs- und Personalverwaltungs-

methoden notwendig ist.

Eine wesentliche Grenze für das Verarbeiten von Daten ergibt sich zusätzlich zu § 7 DSG

aus den Grundsätzen der Datenverwendung iSd § 6 DSG. Dieser Bestimmung zufolge

dürfen Daten insb nur nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verwendet

werden. Zur näheren Festlegung dessen, was in einzelnen Bereichen als Verwendung von

Daten nach Treu und Glauben anzusehen ist, können die gesetzlichen Interessenvertre-

tungen, sonstige Berufsverbände und vergleichbare Einrichtungen Verhaltensregeln aus-

Page 11: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

11

arbeiten (§ 6 Abs 4 DSG). Für den Arbeitnehmerschutz bedeutet dies, dass die Sozial-

partner aufgerufen sind, entsprechende Richtlinien zu schaffen.

Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verwendung von Arbeitnehmerdaten spielt

die Frage, ob es sich um StellenwerberInnen, um bereits eingestellte oder um ehemali-

ge DienstnehmerInnen handelt, eine wesentliche Rolle (s auch 6.1.2.). Eine Reihe von

Daten, die zur ordnungsgemäßen Abwicklung der Dienstverhältnisse unbedingt notwen-

dig sind und die in aufrechten Dienstverhältnissen durchaus ermittelt werden könnten,

wird man bei StellenwerberInnen als unzulässig erachten müssen. Vor allem die Lohn-

und Gehaltsabrechnung verlangt eine Anzahl von Daten, deren Erhebung „im vorvertrag-

lichen Arbeitsverhältnis“ nur in speziellen Ausnahmen von einem berechtigten Zweck

getragen ist. Auch zB die Frage nach der Schwangerschaft muss vor der Einstellung als

unzulässig, nach der Einstellung sehr wohl als zulässig angesehen werden. Im Fall ausge-

schiedener ArbeitnehmerInnen werden deren Daten regelmäßig nicht mehr oder zumin-

dest nicht mehr in vollem Umfang benötigt werden. Das DSG nimmt darauf insofern Be-

zug, als gem § 6 Abs 1 Z 5 Daten nur solange in personenbezogener Form aufbewahrt

werden dürfen, als dies für die Erreichung der Zwecke, für die sie ermittelt wurden, er-

forderlich ist. Der Zweck der Datenverwendung wird etwa wegfallen, wenn ein Stellen-

werber/eine Stellenwerberin nicht aufgenommen oder wenn das Arbeitsverhältnis been-

det wird. Ausnahmsweise kann aber auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bzw

nach Ablehnung des Stellenwerbers/der Stellenwerberin ein berechtigtes Interesse zu-

mindest an einem reduzierten Personaldatenbestand vorhanden sein. Dies ist beispiels-

weise dann anzunehmen, wenn betriebliche Ruhegelder bezahlt werden oder wenn der

vorerst abgelehnte Stellenwerber/die vorerst abgelehnte Stellenwerberin für einen ande-

ren Dienstposten, der in naher Zukunft zu besetzen ist, vorgemerkt wird.

Ein weiteres für die Zulässigkeit der Datenerhebung maßgebliches Element ist die Ar-

beitsplatzbezogenheit des zu ermittelnden Datums. Ohne sachlichen Bezug zur Tätigkeit

des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ist ein berechtigter Zweck grundsätzlich nicht

anzunehmen. Die Problematik arbeitsplatzbezogener Datenermittlung stellt sich bei Ge-

sundheitsdaten, sonstigen Eignungsdaten, Angaben über Vorstrafen uä.

Zu beachten ist, dass selbst im Falle rechtmäßig erhobener Daten sich aus dem Verarbei-

tungszweck oder dem Verarbeitungsergebnis die Unrechtmäßigkeit der Datenverarbei-

tung ergeben kann. Teilweise ist der Dienstgeber/die Dienstgeberin zur Erhebung sensib-

ler Daten (zB Krankenstandsdaten) sogar gesetzlich verpflichtet. Die Zulässigkeit der

Verarbeitung wird in diesen Fällen vom gesetzlichen Zweck begrenzt. Jede darüberhin-

ausgehende Verarbeitung bedarf einer neuerlichen Zulässigkeitsprüfung.

Im Arbeitsverhältnis ist der Schutz von sog „sensiblen Daten“ von besonderer Bedeu-

tung. Als derart besonders schutzwürdige Daten definiert § 4 Z 2 DSG Daten natürlicher

Personen über ihre rassische und ethnische Herkunft, politische Meinung, Gewerk-

schaftszugehörigkeit, religiöse oder philosophische Überzeugung, Gesundheit oder ihr

Sexualleben. Im Fall sensibler Daten geht das DSG grundsätzlich davon aus, dass deren

Verwendung zu einer Verletzung von schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen führt.

Selbst die Verwendung sensibler Daten ist jedoch erlaubt, wenn einer der taxativ aufge-

Page 12: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

12

zählten Fälle des § 9 DSG vorliegt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht sind vor allem die Rege-

lungen der Z 6 und der Z 11 des § 9 DSG zu erwähnen.

Gemäß § 9 Z 6 DSG kann der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin sensible Daten verarbeiten,

wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin seine/ihre Zustimmung hiezu ausdrücklich

erteilt hat. Zu beachten ist hiebei allerdings, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin

bei Abschluss des Arbeitsvertrages und während des aufrechten Dienstverhältnisses viel-

fach unter einem nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Druck agiert und man nur

beschränkt von einer freien Entscheidung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ausge-

hen kann. § 9 Z 6 DSG wird daher dahingehend ausgelegt werden müssen, dass der Ar-

beitnehmer/die Arbeitnehmerin zwar eine weitgehende Dispositionsfreiheit besitzt, dass

ein gewisser Bereich seines Persönlichkeitsschutzes aber unverzichtbar ist. Ein Widerruf

der Zustimmung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin ist dem DSG zufolge jederzeit

möglich und bewirkt die Unzulässigkeit der weiteren Verwendung der Daten.

Die Schutzwürdigkeit von Arbeitnehmerdaten soll gem § 9 Z 11 DSG auch dann nicht

gegeben sein, wenn die Verwendung sensibler Daten erforderlich ist, um den Rechten

und Pflichten des Dienstgebers/der Dienstgeberin auf dem Gebiet des Arbeitsrechts

Rechnung zu tragen und sie nach besonderen Rechtsvorschriften zulässig ist. Der Hin-

weis auf die besonderen Rechtsvorschriften muss wohl so verstanden werden, dass darin

die Verwendung der sensiblen Daten ausdrücklich erwähnt wird oder dass der in den

Rechtsvorschriften verankerte Regelungszweck ausschließlich durch die Verwendung der

sensiblen Daten erreicht werden kann.

6.4.2. Übermitteln von Arbeitnehmerdaten

Die Weitergabe von Daten an andere Empfänger als den Betroffenen, den Auftraggeber

oder einen Dienstleister, insbesondere auch das Veröffentlichen von Daten, ist als

„Übermitteln von Daten“ gem § 4 Z 12 DSG zu verstehen. Geht der Datenfluss über die

rechtliche Einheit des Unternehmens hinaus, dann liegt Datenübermittlung vor. Inner-

halb des Unternehmens gilt ein Datenfluss nicht als Datenübermittlung, soweit die Emp-

fänger der Daten sie zur Erfüllung ihrer dienstlichen Aufgaben benötigen. Können

ArbeitnehmerInnen ohne betriebliche Notwendigkeit auf Daten anderer ArbeitnehmerIn-

nen zugreifen, liegt eine Datenübermittlung vor, deren Zulässigkeit nach den Bestim-

mungen des § 7 Abs 2 DSG zu prüfen ist.

Das DSG bezieht das Veröffentlichen von Daten ausdrücklich in den Begriff des Über-

mittelns ein. Die Bekanntgabe von Daten an die Betriebsöffentlichkeit (zB mittels einer

Betriebszeitung) stellt demnach eine Datenübermittlung dar.

6.4.3. Rechte der ArbeitnehmerInnen

Gemäß § 26 DSG besitzt ein Arbeitnehmer/eine Arbeitnehmerin – wie jeder Betroffene

im Sinne des DSG – ein Recht auf Auskunft über die zu seiner Person verarbeiteten

Daten. Die Auskunft hat die verarbeiteten Daten, dh sämtliche vom Arbeitnehmer/von

der Arbeitnehmerin vorhandenen konkreten Daten, die verfügbaren Informationen über

ihre Herkunft (zB aus welchen Personalfragebögen, welchen Kontrollsystemen, welchen

Verknüpfungen der Daten und Datenbeständen oder von welchen externen Institutionen

wie Personalbereitstellern oder Personalberatungsbüros die Daten stammen), allfällige

Page 13: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

13

EmpfängerInnen oder Empfängerkreise von Übermittlungen, den Zweck der Datenver-

wendung (zB Gehaltsverrechnung, MitarbeiterInnenbeurteilung, Beförderungen, Aus-

wahl von zu kündigenden ArbeitnehmerInnen) sowie die Rechtsgrundlagen (dies kön-

nen auch zB Normen der kollektiven Rechtsgestaltung wie Betriebsvereinbarung oder

Kollektivvertrag sein) hiefür in allgemein verständlicher Form anzuführen.

Unrichtige oder rechtswidrig verarbeitete Arbeitnehmerdaten hat der Dienstgeber/die

Dienstgeberin richtig zu stellen oder zu löschen (Recht auf Richtigstellung und Lö-

schung, § 27 DSG). Im Zuge einer Videoüberwachung aufgezeichnete Daten sind grund-

sätzlich spätestens nach 72 Stunden zu löschen (§ 50b Abs 2 DSG).

Ergibt sich aus einer besonderen Situation des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin eine

Verletzung überwiegend schutzwürdiger Geheimhaltungsinteressen, dann steht dem Ar-

beitnehmer/der Arbeitnehmerin ein eigenes Widerspruchsrecht zu (§ 28 DSG).

6.5. Mitwirkung des Betriebsrates

Das DSG 1978 sah in § 31 vor, dass die dem Betriebsrat nach dem ArbVG zustehenden

Befugnisse durch das DSG nicht berührt werden. Eine derart allgemeine Norm fehlt im

DSG 2000. Einen Hinweis findet man im DSG 2000 allerdings in § 9 Z 11 im Zusam-

menhang mit den Regelungen über sensible Daten: Werden schutzwürdige Geheimhal-

tungsinteressen bei der Verwendung sensibler Daten nicht verletzt, weil deren Verwen-

dung erforderlich ist um den Rechten und Pflichten des Arbeitgebers/der Arbeitgeberin

Rechnung zu tragen und weil die Verwendung nach besonderen Rechtsvorschriften zu-

lässig ist, dann sollen die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates nach dem ArbVG unbe-

rührt bleiben.

Diese Bestimmung ist insofern zu eng formuliert, als wohl nicht nur die Mitwirkungs-

rechte nach dem ArbVG, sondern auch solche, die dem Betriebsrat bzw der Belegschaft

nach anderen gesetzlichen Bestimmungen zustehen, unberührt bleiben sollen. Die Rege-

lung des § 9 Z 11 DSG ist auch dahingehend zu verallgemeinern, dass zum Ausdruck

kommen soll, dass nicht nur der Bereich der sensiblen Daten betroffen ist, sondern dass

das DSG 2000 – in gleicher Weise wie das DSG 1978 – generell nicht in die Betriebs-

verfassung eingreifen will.

6.5.1. Informationsrechte

Seit der ArbVG-Novelle 1986 sind in § 91 ArbVG spezielle Informationsrechte des Be-

triebsrates im Zusammenhang mit Personaldatensystemen verankert. Gem § 91 Abs 2

ArbVG hat der Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin von sich aus dem Betriebsrat Mit-

teilung zu machen, welche Arten von personenbezogenen Arbeitnehmerdaten er/sie au-

tomationsunterstützt aufzeichnet und welche Verarbeitungen und Übermittlungen

er/sie vorsieht. Das Informationsrecht beschränkt sich auf die Bekanntgabe der Datenka-

tegorien. Ein generelles Einsichtsrecht in die konkreten Arbeitnehmerdaten ist damit

nicht verbunden. Aus § 91 Abs 2 ArbVG ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Sofern nicht

§ 89 ArbVG oder andere Rechtsvorschriften ein unbeschränktes Einsichtsrecht des Be-

Page 14: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

14

triebsrates vorsehen, ist zur Einsicht in die Daten einzelner ArbeitnehmerInnen deren

Zustimmung erforderlich. Während somit der Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin die

Lohn- und Gehaltsdaten, Daten zu deren Berechnung sowie Daten, die aufgrund von

rechtlichen Vorschriften zu führen sind, dem Betriebsrat selbst dann zur Verfügung stel-

len muss, wenn der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin dem ablehnend gegenübersteht, ist

er/sie bei den sonstigen Personaldaten verpflichtet, sich zu vergewissern, dass die Zu-

stimmung des betroffenen Arbeitnehmers/der betroffenen Arbeitnehmerin vorliegt.

Zusätzlich zu den Informationen über die Datenkategorien kann der Betriebsrat verlan-

gen, dass ihm die Überprüfung der Grundlagen für die Verarbeitung und Übermittlung

der Arbeitnehmerdaten ermöglicht wird.

6.5.2. § 96a ArbVG

Die Einführung von Systemen zur automationsunterstützten Ermittlung, Verarbeitung

und Übermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin

bedarf der Zustimmung des Betriebsrates im Rahmen einer Betriebsvereinbarung.

Keine Zustimmung des Betriebsrates ist jedoch erforderlich,

wenn die Ermittlung über allgemeine Angaben zur Person und die fachlichen Voraus-

setzungen nicht hinausgeht oder

wenn die tatsächliche oder vorgesehene Verwendung von Daten über die Erfüllung

von Verpflichtungen, die sich aus Gesetz, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung

oder Arbeitsvertrag ergeben, nicht hinausreicht.

Wenn das Gesetz von „Verpflichtungen“ des Dienstgebers/der Dienstgeberin spricht,

dann ist davon auszugehen, dass primär das Interesse des Arbeitnehmers/der Arbeitneh-

merin bzw der Belegschaft oder eine andere nicht im überwiegenden Interesse des

Dienstgebers/der Dienstgeberin stehende Zwecksetzung angesprochen ist. Gesetzliche –

und damit mitbestimmungsfreie – Aufzeichnungspflichten bestehen etwa bei geleisteten

Arbeitsstunden (§ 26 AZG), bei Sonn- und Feiertagsarbeit (§ 25 Abs 1 ARG) oder bei der

Beschäftigung von begünstigten Behinderten und InhaberInnen von Amtsbescheinigun-

gen und Opferausweisen (§ 16 Abs 2 BEinstG). Detaillierte Aufzeichnungspflichten

kennt auch § 8 UrlG betreffend den Zeitpunkt des Dienstantritts, die angerechneten

Dienstzeiten, Dauer und Verbrauch des Erholungsurlaubs sowie betreffend das Urlaubs-

entgelt. Verpflichtungen, die zur Mitbestimmungsfreiheit der Datenverarbeitung führen,

können sich nicht nur aufgrund von Gesetzen, sondern auch durch Normen der kol-

lektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif, Lehrlingsent-

schädigung und Betriebsvereinbarung) und den Arbeitsvertrag ergeben. Verpflichtungen

aus dem Kollektivvertrag können entsprechend seinem umfangreichen Regelungsinhalt

breit gestreut sein. Beispiele für Daten, die aus Verpflichtungen durch Betriebsvereinba-

rungen stammen, wären: Daten, die zur Erfüllung von Urlaubsplänen (Prioritätenfestle-

gung mit dem Betriebsrat), Sozialplänen oder Arbeitszeitregelungen notwendig sind.

Konkrete Beispiele für Verpflichtungen, die aus dem Arbeitsvertrag resultieren und ohne

Zustimmung des Betriebsrates über EDV abgewickelt werden könnten, wären: Daten

über die Einkommensverhältnisse des Ehegatten, wenn bei betrieblichen Wohnzulagen

das Familieneinkommen als Bemessungsgrundlage herangezogen wird; Angaben über die

Page 15: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

15

Kinder des Arbeitnehmers (Alter, Studium etc), wenn freiwillige Kinderzulagen bezahlt

werden; Bekanntgabe der Mitgliedschaft zur Gewerkschaft, wenn der ÖGB Beitrag vom

Dienstgeber/von der Dienstgeberin einbehalten werden soll.

Jede Änderung des Datenverarbeitungssystems (zB Ergänzung des Systems durch

neue Verfahren, neue Aufgabenstellungen oder neue Programme) bedarf wiederum der

Zustimmung des Betriebsrates. Die bloße Veränderung von Hardwarekomponenten ohne

gleichzeitige Veränderung der Datenbasis, der Programme oder der Verarbeitungszwecke

ist darunter nicht subsumierbar. Personaldatensysteme im Sinn des § 96a ArbVG bedür-

fen zwar der Zustimmung des Betriebsrates, diese Zustimmung kann aber durch die Ent-

scheidung der Schlichtungsstelle ersetzt werden. Fehlt die Zustimmung des Betriebsrates

bzw die Zustimmung der Schlichtungsstelle, so ist ein dennoch eingeführtes Personalda-

tensystem rechtswidrig und rechtsunwirksam.

Die Zustimmung einzelner oder aller ArbeitnehmerInnen kann die Zustimmung des

Betriebsrates nicht ersetzen.

Sollte ausnahmsweise ein Kollektivvertrag die Einführung von Personaldatensystemen

vorsehen/erlauben, dann muss innerbetrieblich keine Zustimmung des Betriebsrates mehr

eingeholt werden, dh keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden.

6.5.3. Sonstige Mitwirkungsrechte

Die Ansatzpunkte für Mitwirkungsrechte der Belegschaft bei der Ermittlung, Verarbei-

tung und Übermittlung von Arbeitnehmerdaten sind vielfältiger Natur. Abgesehen von

den Sonderbestimmungen der §§ 91 Abs 2 und 96a ArbVG handelt es sich um Befugnis-

se, die nicht speziell auf Personaldatensysteme zugeschnitten sind. Die nachfolgende

Aufzählung soll auf einige Mitwirkungsrechte hinweisen, die im Zusammenhang mit

Personaldatensystemen Bedeutung haben können (zur Mitwirkung bei Kontrollmaßnah-

men vgl 6.5.).

Werden bei der Datenermittlung Personalbeurteilungssysteme, die nicht mit der ganz

konkret in Aussicht genommenen unmittelbar bevorstehenden Tätigkeit im Zusammen-

hang stehen oder Personalfragebögen, die nicht nur die allgemeinen Angaben zur Per-

son (zB wissenschaftliche Studie) und Angaben über die fachlichen Voraussetzungen für

die beabsichtigte Verwendung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin betreffen (qualifi-

zierte Fragebögen), verwendet, dann unterliegen sie der notwendigen (zwingenden)

Mitbestimmung nach § 96 Abs 1 Z 2 ArbVG. Dies bedeutet, dass ein qualifizierter Fra-

gebogen nur mit Zustimmung des Betriebsrates eingeführt werden darf, wobei die Zu-

stimmung des Betriebsrates in Form einer Betriebsvereinbarung zu erfolgen hat. Die Zu-

stimmung des Betriebsrates kann auch nicht durch den Spruch einer Schlichtungsstelle

ersetzt werden, gleichgültig, ob der Personalfragebogen automationsunterstützt erfasst

und verwertet wird. Betriebsvereinbarungen über Personalfragebögen von Stellenwer-

berInnen verpflichten jedoch nur den Betriebsinhaber/die Betriebsinhaberin jene Frage-

stellungen vorzulegen, denen der Betriebsrat zugestimmt hat. Eine Verpflichtung für den

Stellenwerber/die Stellenwerberin kann sich aus dieser Betriebsvereinbarung nicht erge-

ben, da er vom persönlichen Geltungsbereich der Betriebsverfassung mangels Arbeit-

Page 16: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

16

nehmerInneneigenschaft nicht erfasst ist. Dasselbe gilt für bereits aus dem Be-

trieb/Unternehmen ausgeschiedene MitarbeiterInnen. Anders stellt sich die Situation

beim Fragebogen für ArbeitnehmerInnen mit aufrechtem Dienstverhältnis dar. Für sie ist

die Betriebsvereinbarung unmittelbar rechtsverbindlich, sodass daraus die Verpflichtung

zur wahrheitsgemäßen Beantwortung des Fragebogens resultiert. Sind hingegen einzelne

Fragen als Eingriffe in Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zu

werten oder aus sonstigen Gründen unzulässig, so beseitigt auch die Zustimmung des

Betriebsrates nicht deren Rechtswidrigkeit.

Für leitende Angestellte kommen Betriebsvereinbarungen generell nicht zur Anwendung,

da diese Personengruppe vom Geltungsbereich der Mitwirkungsrechte (des Betriebsrates)

ausgeschlossen ist. Damit ist für sie auch eine Betriebsvereinbarung über Personalfrage-

bögen unbeachtlich.

Weitere Mitwirkungsrechte können sich insb ergeben aus

§ 92 Abs 1 ArbVG: Monatliche bzw vierteljährliche Beratungen mit dem Betriebsin-

haber/der Betriebsinhaberin über allgemeine Grundsätze der Betriebsführung in so-

zialer, personeller, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht;

§ 108 ArbVG: Wirtschaftliche Informations-, Interventions- und Beratungsrechte;

§ 109 ArbVG: Mitwirkung bei Betriebsänderungen/Sozialplan;

§ 111 ArbVG: Einspruch gegen die Wirtschaftsführung;

§ 97 Abs 1 Z 1 ArbVG: Erzwingbare Mitbestimmung bei allgemeinen Ordnungsvor-

schriften, die das Verhalten der ArbeitnehmerInnen im Betrieb regeln;

§ 97 Abs 1 Z 6 ArbVG: Erzwingbare Mitbestimmung bei Maßnahmen zur zweckent-

sprechenden Benützung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln;

§ 97 Abs 1 Z 6a ArbVG: Erzwingbare Mitbestimmung bei Nachtschwerarbeit;

§ 97 Abs 1 Z 8 u 9 ArbVG: Freiwillige Mitbestimmung bei Maßnahmen und Einrich-

tungen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten, zum Schutz der Gesund-

heit der ArbeitnehmerInnen sowie zur menschengerechten Arbeitsgestaltung.

6.6. Datenschutz und MitarbeiterInnenkontrolle

Die Verwendung von Daten des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zu seiner/ihrer Kon-

trolle ist als besonders sensibel einzustufen, da Zweck und Mittel gleichermaßen Persön-

lichkeitsschutz gefährdendes Potential beinhalten. Das Arbeitsrecht stellt vor allem auf

die Art der Kontrolle ab und kennt unterschiedliche Formen von Beschränkungen.

In erster Linie setzen die gesetzlichen Bestimmungen bei Kontrollmaßnahmen und tech-

nischen Systemen an, die die Menschenwürde berühren.

Hiebei sind drei Formen von Beschränkungen hervorzuheben:

In Betrieben, in denen kein Betriebsrat eingerichtet ist, bedürfen diese Maßnahmen

Page 17: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

17

und Systeme der Zustimmung der einzelnen ArbeitnehmerInnen (§ 10 AVRAG).

Ist ein Betriebsrat eingerichtet, ist die Zustimmung des Betriebsrates im Rahmen ei-

ner Betriebsvereinbarung nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG erforderlich.

Die stärksten Eingriffe enthält das VBG (§ 29n) und das BDG (§ 79e Abs 1) für Bun-

desbedienstete. Diesen Regelungen zufolge ist die Einführung und Verwendung der-

artiger Kontrollmaßnahmen und Systeme generell unzulässig.

Unter „Kontrolle“ werden die Erhebung gewisser Fakten und der Vergleich mit einem

Soll-Zustand verstanden. Unter Kontrollmaßnahmen im Sinn der zitierten Bestimmun-

gen ist die systematische Überwachung von Eigenschaften, Handlungen oder des allge-

meinen Verhaltens von ArbeitnehmerInnen durch den Betriebsinhaber/die Betriebsinha-

berin gemeint. Die Menschenwürde wird nach Ansicht des OGH von einer Kontrollmaß-

nahme oder einem Kontrollsystem dann „berührt“, wenn dadurch die vom Arbeitneh-

mer/von der Arbeitnehmerin in den Betrieb miteingebrachte Privatsphäre kontrolliert

wird. Von der Privatsphäre abgesehen kann aber auch durch die Kontrollintensität der

Arbeitsleistung und des arbeitsbezogenen Verhaltens des Arbeitnehmers/der Arbeitneh-

merin ein Berühren der Menschenwürde bewirkt werden. Dies ist etwa der Fall, wenn die

Kontrolle in übersteigerter Intensität organisiert wird und jenes Maß überschreitet, das für

Arbeitsverhältnisse dieser Art typisch und geboten ist. Eine umfassende Abwägung der

wechselseitigen Interessen hat hiebei stattzufinden (OGH 20.12.2006, 9 ObA 109/06d).

Inwieweit die Kontrolle neuer Informations- und Kommunikationstechnologien der Mit-

bestimmung nach § 96 ArbVG bzw der Zustimmung nach § 10 AVRAG unterliegt, kann

aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten der Ausgestaltung dieser Systeme nur im Einzel-

fall beurteilt werden. Die bloße Anwesenheitskontrolle durch eine Stechuhr wird die

Menschenwürde etwa noch nicht berühren (OLG Wien 20.10.1995, 9 Ra 123/95). Dies

gilt in der Regel auch für die Verwendung von Magnetkarten im Betrieb, solange sie

nicht ein arbeitnehmerbezogenes Bewegungsprofil während des Arbeitstages erlauben

(EA Linz 30.6.1986, Re 122/85; s aber 6.4.2.).

Die Einführung eines elektronischen Telefonkontrollsystems, das die Nummern der an-

gerufenen TeilnehmerInnen systematisch und vollständig den jeweiligen Nebenstellen

zugeordnet erfasst, wurde unter § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG subsumiert, auch wenn durch

Betätigen einer Taste am Telefonapparat hinsichtlich der dann besonders gekennzeichne-

ten Gespräche die Endziffern der Rufnummer im System unterdrückt werden. Bietet der

Dienstgeber/die Dienstgeberin hinsichtlich eines derartigen Telefonkontrollsystems den

Abschluss einer die Persönlichkeitsrechte des Dienstnehmers/der Dienstnehmerin ausrei-

chend wahrenden Betriebsvereinbarung an, kann er/sie – verweigert der Betriebsrat die

Zustimmung – mit dem Vorbringen, die Einführung der Kontrollmaßnahme berühre dann

nicht mehr die Menschenwürde, gemäß § 96a Abs 2 ArbVG die Schlichtungsstelle anru-

fen (s OGH 13.6.2002, 8 ObA 288/01p). Inhaltlich kommt man damit zu einer notwendi-

gen Mitbestimmung mit Zwangsschlichtung im Sinn des § 96a ArbVG (s 6.4.2.).

Kein wesensmäßiger Unterschied ist im Zusammenhang mit der Zustimmungs-

/Mitbestimmungspflicht zwischen überbetrieblicher (Internet) und innerbetrieblicher

Nutzung (Intranet) bzw bei der Versendung von E-Mails vorzunehmen. Entscheidend

Page 18: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

18

ist stets die Intensität der Kontrolle. Ein „Mitlesen“ von E-Mails ohne vorherige Ankün-

digung seitens des Arbeitsgebers/der Arbeitgeberin verletzt generell die Menschenwürde.

Ein Einblick in die Bildschirminhalte bei den einzelnen ArbeitnehmerInnen nach Ankün-

digung wird ebenso wie die Aufzeichnung von Zugriffs- und Bewegungsdaten im Rah-

men der Benützung des Internets der notwendigen Mitbestimmung unterliegen, wenn sie

inhaltlich umfassend und zeitgemäß kaum begrenzt erfolgt. Wird im Unternehmen hin-

gegen eine Verschlüsselungs-Software verwendet, die eine Anonymisierung der Daten

gewährleistet, entfällt insoweit die Mitbestimmungspflicht. Die Frage nach der Intensität

der Kontrolle stellt sich auch bei der Verwendung von GPS (Global Positioning System)

und Lokalisierungsfunktionen von Mobiltelefonen. In all diesen Fällen kann die exakte

Position des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin (zB von AußendienstmitarbeiterInnen,

KundenbetreuerInnen) festgestellt werden. Damit ist häufig nicht nur eine örtliche, son-

dern auch eine Leistungskontrolle verbunden. Permanenz der Kontrolle, Abgleichungs-

möglichkeiten mit anderen ArbeitnehmerInnen, Aufzeichnung der Daten über einen län-

geren Zeitraum, Auswertungen der Daten etc sind Kriterien, deren Zusammentreffen in

diesen Fällen regelmäßig zu einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme iSd § 96 Ar-

bVG führen wird.

Die Abnahme und Verwendung biometrischer Merkmale des Arbeitnehmers/der Ar-

beitnehmerin bergen eine beträchtliche Eingriffs- und Kontrollintensität in sich. Dies gilt

zum Beispiel bei der Verwendung von Fingerprints selbst für die sogenannten „Templa-

tes“ (ohne Rückführbarkeit zum Original-Fingerabdruck). Dementsprechend wurde auch

ein Zeiterfassungssystem, das auf einem biometrischen Fingerscanning beruhte, als mit-

bestimmungspflichtig nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG angesehen (OGH 20.12.2006, 9 ObA

109/06d). Videoüberwachung zum Zweck der MitarbeiterInnenkontrolle ist schon nach §

50a Abs 5 DSG untersagt (s 6.6.).

6.7. Arbeitsverhältnis und Videoüberwachung

Mit der DSG-Novelle 2010 und der Einführung des Abschnitts 9a in das DSG kam es

auch mit der Normierung der Videoüberwachung zu Berührungen und Überschneidungen

mit dem Arbeitsrecht. Nicht nur dass die Generalklauseln der § 50a ff DSG arbeits-

rechtspezifischer Konkretisierungen bedürfen, untersagt § 50a Abs 5 DSG die Video-

überwachung zum Zweck der MitarbeiterInnenkontrolle an Arbeitsstätten.

Unzulässig ist dem DSG zufolge nicht nur die Kontrolle der Leistung, sondern auch die

Kontrolle des sonstigen Verhaltens des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Wenn das

Gesetz von Kontrolle an der Arbeitsstätte spricht, werden „arbeitsplatzferne“ Unter-

nehmensbereiche, die von anderen Personen in gleicher Weise benutzt oder besucht wer-

den (zB firmeneigene Parkplätze) nicht darunter zu subsumieren sein. Ebenso nicht vom

Verbot erfasst werden auch jene Videosysteme sein, bei denen die Kontrolle anderen

Zwecken dient und die Überwachung der MitarbeiterInnen nur einen nicht vermeidbaren

unbedeutenden Nebeneffekt darstellt bzw übergeordneten Interessen (zB Arbeitnehmer-

Innenschutzbelangen) dient.

Page 19: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

19

Selbst wenn eine Videoüberwachung nach DSG zulässig ist, wird regelmäßig eine Be-

triebsvereinbarung nach § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG (s 6.5.) oder zumindest nach § 96a Ar-

bVG (s 6.6.2.) abzuschließen sein. § 50c Abs 1 DSG enthält für Videoüberwachungen

spezielle Melde-/Registrierungspflichten. Regelmäßig unterliegen sie der Vorabkontrolle

im Sinn des § 18 Abs 2 DSG. Betriebsvereinbarungen über Videoüberwachungen sind im

Registrierungsverfahren vorzulegen. Eine solche Vorlagepflicht gilt expressis verbis je-

doch nur für Betriebsvereinbarungen im Sinn des § 96a ArbVG (s 6.4.2.). Analog ist dies

aber auch für Betriebsvereinbarungen gem § 96 Abs 1 Z 3 ArbVG (s 6.5.) zu bejahen

6.8. Datensicherheit als Pflicht der ArbeitnehmerInnen

Arbeitnehmerdatenschutz bedeutet nicht nur Schutz der (ArbeitnehmerInnen-)Daten vor

unzulässiger Verwendung durch den Arbeitgeber/die Arbeitgeberin, sondern auch vor

unzulässiger Verwendung durch andere ArbeitnehmerInnen. Die Bestimmungen zur Da-

tensicherheit in den §§ 14 und 15 DSG sind allgemein ausgestaltet, greifen aber nicht

unwesentlich und spezifisch in den Pflichtenkreis der ArbeitnehmerInnen ein. § 15 Abs 1

DSG verpflichtet ArbeitnehmerInnen und arbeiternehmerähnliche Personen Daten aus

Datenanwendungen, die ihnen ausschließlich aufgrund ihrer berufsmäßigen Beschäfti-

gung anvertraut wurden oder zugänglich geworden sind, geheim zu halten, außer es be-

steht ein zulässiger Grund zur Weitergabe der Daten (Datengeheimnis). Entweder im

Rahmen des Arbeitsvertrages oder im Rahmen einer gesonderten Datenschutzvereinba-

rung sind MitarbeiterInnen zu verpflichten, Daten aus Datenanwendungen nur aufgrund

von Anordnungen zu übermitteln und das Datengeheimnis auch nach Beendigung des

Arbeitsverhältnisses einzuhalten.

Der Dienstgeber/die Dienstgeberin ist schon gem § 14 DSG angehalten alle Mitarbeiter-

Innen über die nach dem DSG und nach innerbetrieblichen Datenschutzvorschriften be-

stehenden Pflichten zu belehren. Darüber hinaus hat er/sie gem § 15 Abs 3 DSG Arbeit-

nehmerInnen über die Folgen einer Verletzung der Datengeheimnisse aufzuklären. Un-

abhängig von dieser Belehrung bzw auch ohne diese Belehrung können jedoch Verlet-

zungen des Datengeheimnisses den Tatbestand arbeitsrechtlicher Entlassungsgründe er-

füllen.

Umgekehrt darf ein Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin keine Nachteile erleiden, wenn er/sie

sich weigert, datenschutzrechtlich unzulässige Datenübermittlungen vorzunehmen (§ 15

Abs 4 DSG; datenschutzrechtliches Benachteiligungsverbot).

7. IKT und ArbeitnehmerInnenschutz

Der sog technische ArbeitnehmerInnenschutz umfasst sämtliche Regelungen, die die Si-

cherheit und den Gesundheitsschutz der ArbeitnehmerInnen bei der Arbeitsleistung ge-

währleisten sollen. Rechtsgrundlage ist vor allem das ASchG und die dazu erlassenen

Verordnungen.

Page 20: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

20

Die Bestimmung des § 67 Abs 2 ASchG enthält eine generelle Verpflichtung des Arbeit-

gebers/der Arbeitgeberin, Bildschirmarbeitsplätze ergonomisch zu gestalten. Bildschirm-

arbeitsplätze sind hiebei solche, bei denen das Bildschirmgerät und die Dateneingabetas-

tatur oder eine sonstige Steuerungseinheit sowie gegebenenfalls ein Informationsträger

eine funktionelle Einheit bilden.

Zu den besonderen Maßnahmen bei Bildschirmarbeit gehört:

Die Evaluierung des Arbeitsplatzes, dh die Überprüfung der besonderen Gefahren im

Zusammenhang mit der Bildschirmarbeit;

Berücksichtigung der sog Software-Ergonomie, dh die Software muss der Tätigkeit

angepasst sein, die Software muss benutzerfreundlich sein, die Systeme müssen den

ArbeitnehmerInnen Angaben über die jeweiligen Abläufe bieten, die Systeme müssen

die Information in einem Format und in einem Tempo anzeigen, das dem Benutzer

angepasst ist.

Nach jeweils 50 Minuten ununterbrochener Bildschirmarbeit muss eine Pause oder

ein Tätigkeitswechsel im Ausmaß von jeweils mindestens 10 Minuten erfolgen. Das

gilt nicht, wenn täglich nicht mehr als zwei Stunden ununterbrochene Bildschirmar-

beit geleistet wird (Bildschirmarbeitspause gem § 10 BildschirmarbeitsVO). Diese

Pausen sind in die Arbeitszeit einzurechnen.

Falls ArbeitnehmerInnen Bildschirmarbeit verrichten, haben sie Anspruch auf Unter-

suchung der Augen und des Sehvermögens.

Falls normale Sehhilfen nicht verwendet werden können, haben ArbeitnehmerInnen

ein Recht auf spezielle Sehhilfen (Bildschirmarbeitsbrille). Die Kosten für die Bild-

schirmarbeitsbrille sind teils vom Arbeitgeber/von der Arbeitgeberin, teils von der

gesetzlichen Sozialversicherung (Krankenversicherungsträger) zu übernehmen.

Grundsätzlich handelt es sich um einen notwendigen Heilbehelf im Sinn des § 138

ASVG, eine Pflichtleistung der Krankenversicherung. Die den Kassentarif überstei-

genden Kosten hat der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin zu begleichen. Jeglicher Kos-

tenersatz beschränkt sich aber auf das medizinisch Indizierte.

8. Belegschaftsorgane als Datenverarbeiter

Falls der Betriebsrat oder sonstige Belegschaftsorgane Daten von Arbeitnehmern oder

sonstige personenbezogene Daten verwenden, haben sie die Verpflichtungen des DSG

einzuhalten. Auftraggeber iSd DSG ist an sich der jeweilige Träger der betriebsverfas-

sungsrechtlichen Befugnisse, dh die Belegschaft bzw die jeweilige Belegschaftsgruppe.

Die Datenverarbeitung des Betriebsrates, des Zentralbetriebsrates etc können nicht der

Datenverarbeitung des Arbeitgebers zugerechnet werden.

Page 21: Ausbildungsreihe DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE/R · Beendigung des zugrundeliegenden Vertragsverhältnisses zulässig sein. Die allge- ... Aus der Sicht der Betriebsratsorganisation ist

21

Abkürzungen:

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, JGS 946

ArbVG Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl 1974/22

ASchG ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl 1994/450

ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl 1955/189

AVRAG Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl 1993/459

AZG Arbeitszeitgesetz, BGBl 1969/461

BDG Beamten-Dienstrechtsgesetz, BGBl 1979/333

DHG Dienstnehmerhaftpflichtgesetz, BGBl 1965/80

DSG 2000 Datenschutzgesetz 2000, BGBl I 1995/165

DS-GVO Datenschutz-Grundverordnung 2016/679, ABl. L119 von 4.5.2016, S. 1-88

EA Einigungsamt

EMRK Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl 1958/210

GlBG Gleichbehandlungsgesetz, BGBl I 2004/66

IKT Informations- und Kommunikationstechnologien

IT-KV Kollektivvertrag für Angestellte von Unternehmen im Bereich Dienstleistun-

gen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik

OGH Oberster Gerichtshof

StGG Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger,

RGBl 1867/142

UrlG Bundesgesetz betreffend die Vereinheitlichung des Urlaubsrechtes und die

Einführung einer Pflegefreistellung, BGBl 1976/76

VBG Vertragsbedienstetengesetz, BGBl 1948/86

VO Verordnung